Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 89/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 80/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 42/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
Unter Abänderung der Quartalsabrechnung für das Quartal IV/2001 vom 12.04.2002 nebst Belastungsanzeigen vom 08.04.2002 (Schlussabrechnungen für das Jahr 2001 im Bereich der Primär- und Ersatzkassen) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2002 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger die bis zum 18.02.2001 abgerechneten Honorare im Bereich der übrigen Leistungsarten ohne Honorareinbehalte auszuzahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Rechtmäßigkeit von Honorareinbehalten in den Leistungsbereichen Kieferorthopädie (KFO) Zahnersatz (E), Parodontose (PAR) sowie Kieferbruch/Kiefergelenk (KB/KG) (sog. übrige Leistungsarten) für das Jahr 2001.
Für die Zeit ab 01.01.2001 fasste die Beklagte die Bestimmung des § 4 Abs. 1a ihres Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) in der Weise neu, dass für konservierend-chirurgische Behandlungen (KCH) einerseits und für KFO, ZE, PAR sowie KB/KG andererseits Teil(honorar)kontingente gebildet wurden. Für diese Leistungsarten ermittelt die Beklagte jeweils getrennt für den Bereich der Primärkrankenkassen sowie für den Bereich der VdAK/AEV-Krankenkassen quartalsweise kumuliert pro Kalenderjahr für die Vertragszahnärzte die im Rahmen der Honorarverteilung maximal zu vergütenden Honorargrenzen je Fall, bei deren Anwendung unter Bewertung der Leistungen mit dem Vertragspunktwert die zu verteilenden Vergütungsvolumina des jeweiligen Kassenbereiches nicht überschritten werden. Bis zum Erreichen der Teilkontingente nehmen die von den Vertragszahnärzten angeforderten Punkte/DM/EUR-Beträge je Fall mit dem mit den jeweiligen Krankenkassen vereinbarten und von ihnen vergüteten Punktwert an der Honorarverteilung nach Einzelleistungen teil. Für einzelne Behandlungsfälle nicht verbrauchte Punkte/DM/EUR-Beträge werden auf andere Fälle innerhalb der Leistungsart desselben Kassenbereichs übertragen. Die Teilkontingente der übrigen Leistungsarten werden dabei bestimmt durch die Zahl der jeweils abgerechneten Fälle aus der KCH-Abrechnung multipliziert mit Honorargrenzen, die im Bereich der Primärkassen bei 89,- DM und im Ersatzkassenbereich bei 128,- DM je Fall lagen. Diese Neufassung des HVM wurde von der Vertreterversammlung der Beklagten am 17.02.2001 beschlossen und in einer Sonderausgabe des Rheinischen Zahnärzteblattes vom 19.02.2001 bekannt gegeben.
Der Kläger ist als Vertragszahnarzt in B niedergelassen und Mitglied der Beklagten. In Anwendung der Honorarverteilungsregelungen verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 13.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2002 vorläufige Honorareinbehalte bei den übrigen Leistungsarten für das Quartal I/2001 in Höhe von 20.715,81 DM für den Bereich der Primärkassen und von 7.397,54 DM für den Bereich der Ersatzkassen.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Mit der Quartalsabrechnung IV/01 vom 12.04.2001, der die Schlussabrechnung für das Jahr 2001 beigefügt war, in der Gestalt des während des Klageverfahrens erteilten Widerspruchsbescheides vom 04.09.2002 verfügte die Beklagte endgültige Honorareinbehalte bei den übrigen Leistungsarten in Höhe von 29.545,61 DM für den Bereich der Primärkassen und von 2.209,14 DM für den Bereich der Ersatzkassen.
Der Kläger rügt vor allem, die erst am 19.02.2001 bekannt gemachten Ergänzungen des HVM mit Wirkung zum 01.01.2001 verstießen gegen das Rückwirkungsverbot. Dies gelte zumindest für die vor Bekanntgabe des HVM behandelten Fälle. Anders als bei den konservierend-chirurgischen Leistungen würden die Honorare bei den übrigen Leistungsarten monatlich abgerechnet. In den Quartalsabrechnungsbescheiden würden die Honorare zwar noch einmal betragsmäßig aufgeführt; dies stelle jedoch lediglich eine deklaratorische Wiederholung der zuvor abschließend berechneten Beträge dar.
Im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des HVM seien Leistungserbringung und Abrechnung für die Monate Januar (Abgabe der Abrechnung: 15.01.2001) und Februar (Abgabe der Abrechnung: 15.02.2001) bereits abgeschlossen gewesen. Der Kläger habe nicht damit rechnen können, dass die Beklagte für diese Leistungen später rückwirkend Honorargrenzen definieren würde. Vielmehr habe er die Leistungen in der Erwartung erbracht, dass ihm dafür ungekürzte Honorare gezahlt würden. Sein Vertrauen ergebe sich auch daraus, dass der HVM für das Vorjahr ausdrücklich bis zum 31.12.2000 befristet gewesen sei und Honorargrenzen für das Jahr 2000 erst zum 01.04.2000 eingeführt worden seien. Er habe damit gerechnet, dass dies im Jahre 2001 genauso sein würde, zumal zu Beginn des Jahres 2001 eben keine Honorarbegrenzung bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung der Quartalsabrechnung für das Quartal IV/01 vom 12.04.2002 nebst Belastungsanzeigen vom 08.04.2002 (Schlussabrechnungen für das Jahr 2001 im Bereich der Primär- und Ersatzkassen) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2002 die bis zum 18.02.2001 abgerechneten Honorare im Bereich der übrigen Leistungsarten ohne Honorareinbehalte auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und ist der Ansicht, das rückwirkende In-Kraft-Treten für einen Zeitraum von ca. 6 Wochen sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unschädlich. Dies gelte hier vor allem deswegen, weil der HVM eine kumulierende Wirkung entfalte; die letztlich realisierten Einbehalte aufgrund der Kontingente im HVM beträfen die von dem Kläger über das ganze Jahr 2001 abgerechneten Leistungen. Hätte die Beklagte aufgrund eines später in Kraft tretenden Kontingentes in ihrem HVM beispielsweise das erste Quartal unkontingentiert vergüten müssen, wäre erfahrungsgemäß die für die verbleibenden Quartale II - IV/01 zur Verfügung stehende Gesamtvergütung deutlich geringer ausgefallen. Im Übrigen würden auch monatlich abgerechnete Honorare im quartalsbezogen erteilten Honorarbescheid abschließend festgestellt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da diese rechtswidrig sind.
Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid über die Schlussabrechnung 2001, der in vollem Umfang auch die Zeiträume erfasst, die durch die vorläufigen Honorareinbehalte (hier: Quartal I/01) bereits geregelt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.1997 - 6 RKa 21/97 -).
Die In-Kraft-Setzung der Regelung des § 4 Abs. 1a HVM ab 01.01.2001 und damit ihre Anwendung auf die Honoraransprüche für die bis zum 18.02.2001 erbrachten Leistungen der Leistungsbereiche KFO, ZE, PAR und KB/KG verstößt gegen das Verbot einer echten Rückwirkung von Normen. Die Regelung ist in diesem Umfang rechtswidrig.
Die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) abgeleiteten Rückwirkungsgrundsätze sind vom Bundesverfassungsgericht (BverfG) anhand formeller Gesetze herausgearbeitet worden. Sie gelten aber ebenso für untergesetzliche Rechtsnormen, auch für solche des Vertragsarztrechts (vgl. BSGE 81, 86 ff. = SozR 3-2500 § 87 Nr. 18; Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 41/02 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 4). Nach der Rechtsprechung des BVerfG liegt eine echte Rückwirkung dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreift, eine unechte dann, wenn ein Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich Rechtspositionen nachträglich entwertet (BVerfGE 68, 287, 306; 75, 246, 279 f.; 95, 64, 86; 101, 239, 263). Die Zuordnung zur echten oder zur unechten Rückwirkung lässt sich nur im Einzelfall nach dem jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen Tatbestand vornehmen (BVerfGE 30, 392, 402 f). Nach anderer Abgrenzung, die im Regelfall - wie auch hier - zu den gleichen Ergebnissen führt, ist darauf abzustellen, ob eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen oder eine tatbestandliche Rückanknüpfung vorliegt, d.h. ob die Rechtsfolgen einer Rechtsnorm für einen Zeitpunkt eintreten würden, der vor ihrer Verkündung liegt, oder ob der Tatbestand einer Norm für künftige Rechtsfolgen an Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung anknüpft (vgl. z.B. BVerfGE 72, 200, 241 f.; 97, 67, 78 f.; 105, 17, 37 f.).
Vorliegend ist ein Fall echter Rückwirkung wie auch der Rückbewirkung von Rechtsfolgen gegeben. Denn mit der Änderung des § 4 Abs. 1a HVM durch Beschluss der Vertreterversammlung der Beklagten vom 17.02.2001 sollte die bis dahin geltende Vergütung der übrigen Leistungen in voller Höhe aufgehoben und nachträglich auch für die zurückliegende Zeit ab dem 01.01.2001 kontingentiert werden. Die Rechtsfolgen der Rechtsnorm sollten mithin nicht nur für die Zukunft gelten, sondern bereits für einen Zeitpunkt eintreten, der vor ihrer Verkündung lag (Rückbewirkung von Rechtsfolgen), d.h. es wurde in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingegriffen.
Dieser Beurteilung kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der von der Neuregelung des § 4 Abs. 1a HVM betroffene Sachverhalt sei noch nicht abgeschlossen gewesen, sodass nur eine unechte Rückwirkung vorliege. Zwar war die bescheidmäßige Abrechnung für das Quartal I/01 zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung am 17.02.2001 noch nicht erfolgt, denn der Quartalsabrechnungsbescheid erging erst nach Abschluss des Quartals am 13.07.2001. Für die Beurteilung der Rückwirkung als echt oder unecht kommt es jedoch hierauf nicht an. Denn im Bereich der übrigen Leistungsarten gilt nicht durchgängig das das Vertragsarztrecht prägende Quartalsprinzip (vgl. dazu BSGE 89, 90, 95 f. = SozR 3-2500 § 82 Nr. 3). Vielmehr sind diese Leistungen mit Ausnahme der KFO monatlich abzurechnen. So bestimmt § 6 Abs. 1 des Gesamtvertrages vom 06.12.1980, dass die Leistungen nach den Teilen 2 (KB/KG), 4 (PAR) und 5 (ZE) des Bema monatlich bis zu den von den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen bestimmten Terminen abgerechnet werden. In gleicher Weise sieht § 11 Nr. 1 des Zahnarzt-/Ersatzkassenvertrages (EKV-Z) vor, Leistungen nach den Gebührentarifen B (KB/KG), C (ZE) und E (PAR) habe der Vertragszahnarzt monatlich zu dem von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung bestimmten Termin abzurechnen. Auch wenn die allgemeinen Rechtswirkungen einer Quartalsabrechnung (z.B. hinsichtlich der Einhaltung von Fristen für die Durchführung von sachlich-rechnerischen Berichtigungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen) für die Abrechnung der übrigen Leistungsarten Geltung beanspruchen, so ist der für die Beurteilung einer Rückwirkung zugrundezulegende Sachverhalt indes mit der monatlichen Abrechnung der übrigen Leistungsarten abgeschlossen. Insbesondere vermag der HVM die von ihm beabsichtigte Steuerungsfunktion der Leistungsmengenentwicklung (insoweit zum HVM der Beklagten bereits BSG, Urteil vom 03.12.1997 - 6 RKa 21/97 -) nicht mehr zu erfüllen.
Echte Rückwirkungen und die Rückbewirkung von Rechtsfolgen sind nur ausnahmsweise rechtmäßig. Dies ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die bisherige Rechtslage unklar, verworren oder lückenhaft war und der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung vorgenommen hat, wenn eine gerichtlich als rechtswidrig angesehene Regelung durch eine neue ersetzt wird, wenn der Bürger nicht mit dem Fortbestand der Regelung rechnen konnte, wenn überragende Belange des Gemeinwohls deren Beseitigung erforderlich machen oder wenn die Neuregelung nur einen marginalen Eingriff bedeutet (BVerfGE 13, 261, 271 f.; 72, 200, 258-261; 88, 384, 404; 95, 64, 87; 97, 67, 79 f., 81 ff.; 98, 17, 39; 101, 239, 263 f., 266, 268; BSGE 81, 86, 96 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 18; BSG, Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 41/02 R - = SozR 4-2500 § 85 Nr. 4). Vorliegend ist keine dieser Fallgestaltungen gegeben.
Die Vertragszahnärzte, die ab 01.01.2001 Leistungen der Bereiche ZE, PAR und KB/KG erbrachten, mussten nicht mit einer Kontingentierung rechnen. Der HVM für das Vorjahr war ausdrücklich bis zum 31.12.2000 befristet (vgl. die entsprechende Bekanntmachung in der Sonderausgabe des Rheinischen Zahnärzteblattes vom 09.05.2000). Hinweise über sich abzeichnende Kontingentierungen ab 01.01.2001 hat die Beklagte in ihren Informationsdiensten (ID) bis zum In-Kraft-Treten des HVM am 19.02.2001 nicht gegeben, obwohl die Begrenzung der Gesamtvergütung durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 seit dem 01.01.2000 unverändert bestand und die Beklagte diese im Jahre 2000 durch ihren HVM auch umgesetzt hat. Hinzu kommt aus der Sicht des abrechnenden Vertragszahnarztes, dass der HVM für das Jahr 2000 erst mit Wirkung zum II. Quartal 2000 in Kraft getreten war und somit mangels entgegenstehender Hinweise davon ausgegangen werden konnte, dass auch im Jahre 2001 entsprechend verfahren werden sollte.
Überragende Belange des Gemeinwohls erforderten ebenfalls nicht die rückwirkende Kontingentierung der übrigen Leistungsarten. Das Ziel der Verteilung der begrenzten Gesamtvergütung hätte ohne weiteres auch dadurch erreicht werden können, dass - wie im Vorjahr - eine Kontingentierung allein für die Quartale II bis - IV, ggfls. seit In-Kraft-Treten des HVM ab 19.02.2001, eingeführt worden wäre.
Die Neuregelung stellt auch nicht nur einen marginalen Eingriff dar. Der Anlage zur Belastungsanzeige IV/2001 Primärkassen und der Anlage zur Gutschrifts- anzeige IV/2001 VdAK/AEV-Kassen ist insofern durch Interpolation zu entnehmen, dass der Kläger bis zum In-Kraft-Treten des HVM am 19.02.2001 etwa ¼ seiner Honorare des Jahres 2001 bei den übrigen Leistungsarten erzielt hat. Ob und inwieweit diese Abrechnungsergebnisse möglicherweise durch "Verschiebungen" von Leistungen aus dem kontingentierten Quartal IV/00 zustandegekommen sind, ist hierbei unerheblich, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger notwendige Behandlungen im Quartal IV/00 unterlassen und in das Quartal I/01 transferiert hat.
Rechtlich nicht erheblich ist schließlich auch der Einwand der Beklagten, hätte sie aufgrund eines später in Kraft tretenden Kontingentes in ihrem HVM beispielsweise das erste Quartal unkontingentiert vergüten müssen, wäre erfahrungsgemäß die für die verbleibenden Quartale II - IV/01 zur Verfügung stehende Gesamtvergütung deutlich geringer ausgefallen. Zwar hätte die Beklagte dann für diese Quartale die Kontingentgrenzen mit Wahrscheinlichkeit weiter reduzieren müssen; auf die Möglichkeit eines alternativen Verhaltens kommt es insofern aber nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 41/02 R - = SozR 4-2500 § 85 Nr. 4).
Die Beklagte wird somit dem Kläger die bis zum In-Kraft-Treten der Neuregelung des § 4 Abs. 1a HVM am 19.02.2001 erbrachten übrigen Leistungen unkontingentiert zu vergüten haben. Dies gilt auch für die quartalsweise abzurechnenden KFO-Leistungen, die von dem Teilkontingent "übrige Leistungsarten" ebenfalls erfasst sind: Da es sich insofern um ein einheitliches Teilkontingent handelt, welches das Gericht wegen der Satzungsautonomie der Beklagten nicht von sich aus in verschiedene Teile (KFO einerseits sowie ZE, PAR und KB/KG andererseits) aufteilen kann, erstreckt sich die Nichtigkeit des HVM für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 18.02.2001 nach dem Rechtsgedanken des § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf alle von ihm erfassten übrigen Leistungsarten.
Soweit die Kammer die streitbefangene HVM-Regelung für die übrigen Leistungsarten bisher für rechtmäßig erachtet hat (Urteile vom 05.05.2004 - S 2 KA 122/02 - und vom 19.05.2004 - S 2 KA 19/03 -), hält sie diese Rechtsmeinung angesichts einer in der Judikatur des BSG verstärkten Betonung des Vertrauensschutzes der von nachträglichen Belastungen betroffenen Vertrags(zahn)ärzte (BSGE 81, 86, 96 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 18; BSG, Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 41/02 R - = SozR 4-2500 § 85 Nr. 4; zuletzt BSG, Urteil vom 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -) nicht mehr aufrecht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 des 6. Gesetzes zur Änderung des SGG sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Rechtmäßigkeit von Honorareinbehalten in den Leistungsbereichen Kieferorthopädie (KFO) Zahnersatz (E), Parodontose (PAR) sowie Kieferbruch/Kiefergelenk (KB/KG) (sog. übrige Leistungsarten) für das Jahr 2001.
Für die Zeit ab 01.01.2001 fasste die Beklagte die Bestimmung des § 4 Abs. 1a ihres Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) in der Weise neu, dass für konservierend-chirurgische Behandlungen (KCH) einerseits und für KFO, ZE, PAR sowie KB/KG andererseits Teil(honorar)kontingente gebildet wurden. Für diese Leistungsarten ermittelt die Beklagte jeweils getrennt für den Bereich der Primärkrankenkassen sowie für den Bereich der VdAK/AEV-Krankenkassen quartalsweise kumuliert pro Kalenderjahr für die Vertragszahnärzte die im Rahmen der Honorarverteilung maximal zu vergütenden Honorargrenzen je Fall, bei deren Anwendung unter Bewertung der Leistungen mit dem Vertragspunktwert die zu verteilenden Vergütungsvolumina des jeweiligen Kassenbereiches nicht überschritten werden. Bis zum Erreichen der Teilkontingente nehmen die von den Vertragszahnärzten angeforderten Punkte/DM/EUR-Beträge je Fall mit dem mit den jeweiligen Krankenkassen vereinbarten und von ihnen vergüteten Punktwert an der Honorarverteilung nach Einzelleistungen teil. Für einzelne Behandlungsfälle nicht verbrauchte Punkte/DM/EUR-Beträge werden auf andere Fälle innerhalb der Leistungsart desselben Kassenbereichs übertragen. Die Teilkontingente der übrigen Leistungsarten werden dabei bestimmt durch die Zahl der jeweils abgerechneten Fälle aus der KCH-Abrechnung multipliziert mit Honorargrenzen, die im Bereich der Primärkassen bei 89,- DM und im Ersatzkassenbereich bei 128,- DM je Fall lagen. Diese Neufassung des HVM wurde von der Vertreterversammlung der Beklagten am 17.02.2001 beschlossen und in einer Sonderausgabe des Rheinischen Zahnärzteblattes vom 19.02.2001 bekannt gegeben.
Der Kläger ist als Vertragszahnarzt in B niedergelassen und Mitglied der Beklagten. In Anwendung der Honorarverteilungsregelungen verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 13.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2002 vorläufige Honorareinbehalte bei den übrigen Leistungsarten für das Quartal I/2001 in Höhe von 20.715,81 DM für den Bereich der Primärkassen und von 7.397,54 DM für den Bereich der Ersatzkassen.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Mit der Quartalsabrechnung IV/01 vom 12.04.2001, der die Schlussabrechnung für das Jahr 2001 beigefügt war, in der Gestalt des während des Klageverfahrens erteilten Widerspruchsbescheides vom 04.09.2002 verfügte die Beklagte endgültige Honorareinbehalte bei den übrigen Leistungsarten in Höhe von 29.545,61 DM für den Bereich der Primärkassen und von 2.209,14 DM für den Bereich der Ersatzkassen.
Der Kläger rügt vor allem, die erst am 19.02.2001 bekannt gemachten Ergänzungen des HVM mit Wirkung zum 01.01.2001 verstießen gegen das Rückwirkungsverbot. Dies gelte zumindest für die vor Bekanntgabe des HVM behandelten Fälle. Anders als bei den konservierend-chirurgischen Leistungen würden die Honorare bei den übrigen Leistungsarten monatlich abgerechnet. In den Quartalsabrechnungsbescheiden würden die Honorare zwar noch einmal betragsmäßig aufgeführt; dies stelle jedoch lediglich eine deklaratorische Wiederholung der zuvor abschließend berechneten Beträge dar.
Im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des HVM seien Leistungserbringung und Abrechnung für die Monate Januar (Abgabe der Abrechnung: 15.01.2001) und Februar (Abgabe der Abrechnung: 15.02.2001) bereits abgeschlossen gewesen. Der Kläger habe nicht damit rechnen können, dass die Beklagte für diese Leistungen später rückwirkend Honorargrenzen definieren würde. Vielmehr habe er die Leistungen in der Erwartung erbracht, dass ihm dafür ungekürzte Honorare gezahlt würden. Sein Vertrauen ergebe sich auch daraus, dass der HVM für das Vorjahr ausdrücklich bis zum 31.12.2000 befristet gewesen sei und Honorargrenzen für das Jahr 2000 erst zum 01.04.2000 eingeführt worden seien. Er habe damit gerechnet, dass dies im Jahre 2001 genauso sein würde, zumal zu Beginn des Jahres 2001 eben keine Honorarbegrenzung bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung der Quartalsabrechnung für das Quartal IV/01 vom 12.04.2002 nebst Belastungsanzeigen vom 08.04.2002 (Schlussabrechnungen für das Jahr 2001 im Bereich der Primär- und Ersatzkassen) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2002 die bis zum 18.02.2001 abgerechneten Honorare im Bereich der übrigen Leistungsarten ohne Honorareinbehalte auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und ist der Ansicht, das rückwirkende In-Kraft-Treten für einen Zeitraum von ca. 6 Wochen sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unschädlich. Dies gelte hier vor allem deswegen, weil der HVM eine kumulierende Wirkung entfalte; die letztlich realisierten Einbehalte aufgrund der Kontingente im HVM beträfen die von dem Kläger über das ganze Jahr 2001 abgerechneten Leistungen. Hätte die Beklagte aufgrund eines später in Kraft tretenden Kontingentes in ihrem HVM beispielsweise das erste Quartal unkontingentiert vergüten müssen, wäre erfahrungsgemäß die für die verbleibenden Quartale II - IV/01 zur Verfügung stehende Gesamtvergütung deutlich geringer ausgefallen. Im Übrigen würden auch monatlich abgerechnete Honorare im quartalsbezogen erteilten Honorarbescheid abschließend festgestellt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da diese rechtswidrig sind.
Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid über die Schlussabrechnung 2001, der in vollem Umfang auch die Zeiträume erfasst, die durch die vorläufigen Honorareinbehalte (hier: Quartal I/01) bereits geregelt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.1997 - 6 RKa 21/97 -).
Die In-Kraft-Setzung der Regelung des § 4 Abs. 1a HVM ab 01.01.2001 und damit ihre Anwendung auf die Honoraransprüche für die bis zum 18.02.2001 erbrachten Leistungen der Leistungsbereiche KFO, ZE, PAR und KB/KG verstößt gegen das Verbot einer echten Rückwirkung von Normen. Die Regelung ist in diesem Umfang rechtswidrig.
Die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) abgeleiteten Rückwirkungsgrundsätze sind vom Bundesverfassungsgericht (BverfG) anhand formeller Gesetze herausgearbeitet worden. Sie gelten aber ebenso für untergesetzliche Rechtsnormen, auch für solche des Vertragsarztrechts (vgl. BSGE 81, 86 ff. = SozR 3-2500 § 87 Nr. 18; Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 41/02 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 4). Nach der Rechtsprechung des BVerfG liegt eine echte Rückwirkung dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreift, eine unechte dann, wenn ein Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich Rechtspositionen nachträglich entwertet (BVerfGE 68, 287, 306; 75, 246, 279 f.; 95, 64, 86; 101, 239, 263). Die Zuordnung zur echten oder zur unechten Rückwirkung lässt sich nur im Einzelfall nach dem jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen Tatbestand vornehmen (BVerfGE 30, 392, 402 f). Nach anderer Abgrenzung, die im Regelfall - wie auch hier - zu den gleichen Ergebnissen führt, ist darauf abzustellen, ob eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen oder eine tatbestandliche Rückanknüpfung vorliegt, d.h. ob die Rechtsfolgen einer Rechtsnorm für einen Zeitpunkt eintreten würden, der vor ihrer Verkündung liegt, oder ob der Tatbestand einer Norm für künftige Rechtsfolgen an Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung anknüpft (vgl. z.B. BVerfGE 72, 200, 241 f.; 97, 67, 78 f.; 105, 17, 37 f.).
Vorliegend ist ein Fall echter Rückwirkung wie auch der Rückbewirkung von Rechtsfolgen gegeben. Denn mit der Änderung des § 4 Abs. 1a HVM durch Beschluss der Vertreterversammlung der Beklagten vom 17.02.2001 sollte die bis dahin geltende Vergütung der übrigen Leistungen in voller Höhe aufgehoben und nachträglich auch für die zurückliegende Zeit ab dem 01.01.2001 kontingentiert werden. Die Rechtsfolgen der Rechtsnorm sollten mithin nicht nur für die Zukunft gelten, sondern bereits für einen Zeitpunkt eintreten, der vor ihrer Verkündung lag (Rückbewirkung von Rechtsfolgen), d.h. es wurde in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingegriffen.
Dieser Beurteilung kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der von der Neuregelung des § 4 Abs. 1a HVM betroffene Sachverhalt sei noch nicht abgeschlossen gewesen, sodass nur eine unechte Rückwirkung vorliege. Zwar war die bescheidmäßige Abrechnung für das Quartal I/01 zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung am 17.02.2001 noch nicht erfolgt, denn der Quartalsabrechnungsbescheid erging erst nach Abschluss des Quartals am 13.07.2001. Für die Beurteilung der Rückwirkung als echt oder unecht kommt es jedoch hierauf nicht an. Denn im Bereich der übrigen Leistungsarten gilt nicht durchgängig das das Vertragsarztrecht prägende Quartalsprinzip (vgl. dazu BSGE 89, 90, 95 f. = SozR 3-2500 § 82 Nr. 3). Vielmehr sind diese Leistungen mit Ausnahme der KFO monatlich abzurechnen. So bestimmt § 6 Abs. 1 des Gesamtvertrages vom 06.12.1980, dass die Leistungen nach den Teilen 2 (KB/KG), 4 (PAR) und 5 (ZE) des Bema monatlich bis zu den von den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen bestimmten Terminen abgerechnet werden. In gleicher Weise sieht § 11 Nr. 1 des Zahnarzt-/Ersatzkassenvertrages (EKV-Z) vor, Leistungen nach den Gebührentarifen B (KB/KG), C (ZE) und E (PAR) habe der Vertragszahnarzt monatlich zu dem von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung bestimmten Termin abzurechnen. Auch wenn die allgemeinen Rechtswirkungen einer Quartalsabrechnung (z.B. hinsichtlich der Einhaltung von Fristen für die Durchführung von sachlich-rechnerischen Berichtigungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen) für die Abrechnung der übrigen Leistungsarten Geltung beanspruchen, so ist der für die Beurteilung einer Rückwirkung zugrundezulegende Sachverhalt indes mit der monatlichen Abrechnung der übrigen Leistungsarten abgeschlossen. Insbesondere vermag der HVM die von ihm beabsichtigte Steuerungsfunktion der Leistungsmengenentwicklung (insoweit zum HVM der Beklagten bereits BSG, Urteil vom 03.12.1997 - 6 RKa 21/97 -) nicht mehr zu erfüllen.
Echte Rückwirkungen und die Rückbewirkung von Rechtsfolgen sind nur ausnahmsweise rechtmäßig. Dies ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die bisherige Rechtslage unklar, verworren oder lückenhaft war und der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung vorgenommen hat, wenn eine gerichtlich als rechtswidrig angesehene Regelung durch eine neue ersetzt wird, wenn der Bürger nicht mit dem Fortbestand der Regelung rechnen konnte, wenn überragende Belange des Gemeinwohls deren Beseitigung erforderlich machen oder wenn die Neuregelung nur einen marginalen Eingriff bedeutet (BVerfGE 13, 261, 271 f.; 72, 200, 258-261; 88, 384, 404; 95, 64, 87; 97, 67, 79 f., 81 ff.; 98, 17, 39; 101, 239, 263 f., 266, 268; BSGE 81, 86, 96 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 18; BSG, Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 41/02 R - = SozR 4-2500 § 85 Nr. 4). Vorliegend ist keine dieser Fallgestaltungen gegeben.
Die Vertragszahnärzte, die ab 01.01.2001 Leistungen der Bereiche ZE, PAR und KB/KG erbrachten, mussten nicht mit einer Kontingentierung rechnen. Der HVM für das Vorjahr war ausdrücklich bis zum 31.12.2000 befristet (vgl. die entsprechende Bekanntmachung in der Sonderausgabe des Rheinischen Zahnärzteblattes vom 09.05.2000). Hinweise über sich abzeichnende Kontingentierungen ab 01.01.2001 hat die Beklagte in ihren Informationsdiensten (ID) bis zum In-Kraft-Treten des HVM am 19.02.2001 nicht gegeben, obwohl die Begrenzung der Gesamtvergütung durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 seit dem 01.01.2000 unverändert bestand und die Beklagte diese im Jahre 2000 durch ihren HVM auch umgesetzt hat. Hinzu kommt aus der Sicht des abrechnenden Vertragszahnarztes, dass der HVM für das Jahr 2000 erst mit Wirkung zum II. Quartal 2000 in Kraft getreten war und somit mangels entgegenstehender Hinweise davon ausgegangen werden konnte, dass auch im Jahre 2001 entsprechend verfahren werden sollte.
Überragende Belange des Gemeinwohls erforderten ebenfalls nicht die rückwirkende Kontingentierung der übrigen Leistungsarten. Das Ziel der Verteilung der begrenzten Gesamtvergütung hätte ohne weiteres auch dadurch erreicht werden können, dass - wie im Vorjahr - eine Kontingentierung allein für die Quartale II bis - IV, ggfls. seit In-Kraft-Treten des HVM ab 19.02.2001, eingeführt worden wäre.
Die Neuregelung stellt auch nicht nur einen marginalen Eingriff dar. Der Anlage zur Belastungsanzeige IV/2001 Primärkassen und der Anlage zur Gutschrifts- anzeige IV/2001 VdAK/AEV-Kassen ist insofern durch Interpolation zu entnehmen, dass der Kläger bis zum In-Kraft-Treten des HVM am 19.02.2001 etwa ¼ seiner Honorare des Jahres 2001 bei den übrigen Leistungsarten erzielt hat. Ob und inwieweit diese Abrechnungsergebnisse möglicherweise durch "Verschiebungen" von Leistungen aus dem kontingentierten Quartal IV/00 zustandegekommen sind, ist hierbei unerheblich, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger notwendige Behandlungen im Quartal IV/00 unterlassen und in das Quartal I/01 transferiert hat.
Rechtlich nicht erheblich ist schließlich auch der Einwand der Beklagten, hätte sie aufgrund eines später in Kraft tretenden Kontingentes in ihrem HVM beispielsweise das erste Quartal unkontingentiert vergüten müssen, wäre erfahrungsgemäß die für die verbleibenden Quartale II - IV/01 zur Verfügung stehende Gesamtvergütung deutlich geringer ausgefallen. Zwar hätte die Beklagte dann für diese Quartale die Kontingentgrenzen mit Wahrscheinlichkeit weiter reduzieren müssen; auf die Möglichkeit eines alternativen Verhaltens kommt es insofern aber nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 41/02 R - = SozR 4-2500 § 85 Nr. 4).
Die Beklagte wird somit dem Kläger die bis zum In-Kraft-Treten der Neuregelung des § 4 Abs. 1a HVM am 19.02.2001 erbrachten übrigen Leistungen unkontingentiert zu vergüten haben. Dies gilt auch für die quartalsweise abzurechnenden KFO-Leistungen, die von dem Teilkontingent "übrige Leistungsarten" ebenfalls erfasst sind: Da es sich insofern um ein einheitliches Teilkontingent handelt, welches das Gericht wegen der Satzungsautonomie der Beklagten nicht von sich aus in verschiedene Teile (KFO einerseits sowie ZE, PAR und KB/KG andererseits) aufteilen kann, erstreckt sich die Nichtigkeit des HVM für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 18.02.2001 nach dem Rechtsgedanken des § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf alle von ihm erfassten übrigen Leistungsarten.
Soweit die Kammer die streitbefangene HVM-Regelung für die übrigen Leistungsarten bisher für rechtmäßig erachtet hat (Urteile vom 05.05.2004 - S 2 KA 122/02 - und vom 19.05.2004 - S 2 KA 19/03 -), hält sie diese Rechtsmeinung angesichts einer in der Judikatur des BSG verstärkten Betonung des Vertrauensschutzes der von nachträglichen Belastungen betroffenen Vertrags(zahn)ärzte (BSGE 81, 86, 96 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 18; BSG, Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 41/02 R - = SozR 4-2500 § 85 Nr. 4; zuletzt BSG, Urteil vom 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -) nicht mehr aufrecht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 des 6. Gesetzes zur Änderung des SGG sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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