S 2 KA 95/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 95/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Unter Aufhebung des Beschlusses vom 17.07.2007 wird der Beklagte verurteilt, die Beschäftigung von Frau Zahnärztin M, Tallee 00, 00000 L1, als angestellte Zahnärztin in der Praxis des Klägers zu genehmigen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Erteilung einer Genehmigung zur Beschäftigung einer angestellten Zahnärztin.

Der Kläger ist als Zahnarzt in L2 niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist Mitglied des Vorstandes der Mc Zahn AG, X. Seit dem 25.05.2007 beschäftigt er mit Genehmigung den Zahnarzt L3 als einzigen angestellten Zahnarzt.

Frau M ist approbierte Zahnärztin und mit Wirkung vom 03.04.2007 in das Zahnarztregister der Beigeladenen zu 8) eingetragen. Vom 03.05.2007 bis 31.07.2007 war sie als Vertreterin in der Praxis des Klägers tätig.

Unter dem 20.02.2007, beim Zulassungsausschuss eingegangen am 01.03.2007, beantragte der Kläger privatschriftlich die Genehmigung der Beschäftigung der Zahnärztin M als angestellte Zahnärztin in seiner Praxis. Unterlagen waren diesem Antrag nicht beigefügt. Der Zulassungsausschuss teilte dem Kläger mit Schreiben vom 02.03.2007 unter Beifügung eines entsprechenden Antragsvordrucks das Fehlen der Unterlagen - Registerauszug, Arbeitsvertrag - mit und wies darauf hin, dass Zahnärztin M erst kassenzahnärztlich tätig werden könne, wenn die entsprechende Genehmigung des Zulassungsausschusses vorliege. Zudem wies er ausdrücklich darauf hin, dass ab dem 01.01.2007 die Eintragung in das Zahnarztregister auch für die Genehmigung von angestellten Zahnärzten zwingende Voraussetzung sei. Zahnärztin M sei nicht im Register der KZV Nordrhein eingetragen.

Daraufhin beantragte der Kläger unter dem 06.03.2007, eingegangen am 20.03.2007, auf dem entsprechenden Formular die Genehmigung zur Beschäftigung der Zahnärztin M als angestellte Zahnärztin, wobei er den Arbeitsbeginn mit dem 20.02.2007 angab. Seinem Antrag fügte er einen Arbeitsvertrag bei, nach dessen § 1 Zahnärztin M mit Wirkung vom 20.02.2007 als angestellte Zahnärztin (Arbeitnehmer) in die Praxis eintrete. Nach § 11 werde dieser Vertrag nur wirksam, wenn die für die Anstellung des Arbeitnehmers erforderliche Genehmigung von der zuständigen KZV (nach § 32 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV)) erteilt worden sei.

Mit Schreiben vom 26.03.2007 an Zahnärztin M bestätigte der Zulassungsausschuss den Eingang des Genehmigungsantrages und teilte ihr dabei mit, dass aufgrund des erst am 20.03.2007 eingegangenen Antrages eine Entscheidung erst in seiner Sitzung am 25.04.2007 erfolgen könne. Eine rückwirkende Genehmigung sei ausgeschlossen.

In der Sitzung des Zulassungsausschusses vom 25.04.2007 gab Zahnärztin M auf Befragen an, dass sie seit 20.02.2007 in der Praxis des Klägers tätig sei und gesetzlich krankenversicherte Patienten behandele. Sie habe seit diesem Zeitpunkt voll behandelt, also das gesamte Spektrum der Zahnmedizin angeboten. Ihr sei zwar bekannt, dass eine Tätigkeit als angestellte Zahnärztin erst zu dem Zeitpunkt aufgenommen werden könne, zu welchem die dazu erforderliche Genehmigung erteilt worden sei. Man hätte ihr jedoch in der Praxis des Klägers gesagt, dass es in Ordnung sei, wenn sie vor Genehmigung anfinge. Es sei mit der KZV so abgesprochen. Der Antrag wäre eingereicht worden und von daher könne sie vorab schon die Tätigkeit aufnehmen.

Mit Bescheid vom14.06.2007 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag des Klägers auf Genehmigung zur Beschäftigung der Zahnärztin M als an- gestellte Zahnärztin ab: Zahnärztin M sei als anzustellende Zahnärztin zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung ungeeignet, weil sie ohne Genehmigung der Anstellung wissentlich entgegen ausdrücklichem Hinweis gesetzlich versicherte Patienten bereits seit 20.02.2007 behandelt habe.

Einen hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Beschluss vom 17.07.2007 als unbegründet zurück:

Der Genehmigung der Anstellung eines Zahnarztes komme statusbildender Charakter zu, was eine rückwirkende Ausgestaltung ausschließe. Bei Zahnärztin M lägen schwerwiegende Mängel vor, die ihre Ungeeignetheit zur Teilnahme am System der vertragszahnärztlichen Versorgung als angestellte Zahnärztin erwiesen hätten und es jedenfalls derzeit geböten, die Genehmigung zur Anstellung abzulehnen. In § 11 des am 19.02.2007 abgeschlossenen Arbeitsvertrages sei ausdrücklich geregelt, dass dieser Vertrag nur wirksam werde, wenn die für die Anstellung des Arbeitnehmers erforderliche Genehmigung erteilt worden sei. Hieraus habe sie zwanglos entnehmen können, dass sie die bei dem Kläger als Vertragszahnarzt in Aussicht genommene Position als angestellte Zahnärztin im Sinne der Zahnärzte-ZV, auf die auch in § 11 des Vertrages ausdrücklich hingewiesen werde, erst nach Erteilung der Genehmigung ausüben dürfe, wenn der aufschiebend bedingte Arbeitsvertrag überhaupt rechtswirksam geworden sei. Gleichwohl habe sie bereits seit 20.02.2007 gesetzlich krankenversicherte Patienten in vollem Umfang behandelt. Damit habe sie bewusst die Rechtslage ignoriert und sich wissentlich und willentlich in rechtswidriger Weise Eingang in das System der vertragszahnärztlichen Versorgung verschafft, indem sie Sachleistungen zu Lasten der gesetzlichen Kostenträger erbracht habe, zu denen sie überhaupt nicht befugt gewesen sei. Hierbei handele es sich um ein schwerwiegendes Fehlverhalten, weil es offenbare, dass sie nicht gewillt sei, sich gesetzlichen Regelungen entsprechend zu ver halten, sich vielmehr leichtfertig darüber hinwegsetze. Dabei könne sie auch die behauptete Zusicherung des Klägers, es sei so in Ordnung, nicht exkulpieren. Denn es habe ihr eine eigenständige Prüfpflicht oblegen.

Jedenfalls aber, als Zahnärztin M nach Erhalt des Schreibens des Zulassungsausschusses vom 26.03.2007, in dem unmissverständlich zum Ausdruck gekommen sei, dass eine rückwirkende Genehmigung der Anstellung ausgeschlossen sei, dessen ungeachtet gleichwohl die Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten fortgesetzt habe, habe sie eklatant die gesetzlichen Regelungen des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung missachtet, an dem sie teilnehmen wolle, und sich damit als ungeeignet erwiesen.

Hiergegen richtet sich die am 19.07.2007 erhobene Klage.

Der Kläger ist der Ansicht, die vor Genehmigung des Anstellungsverhältnisses begonnene Tätigkeit stelle zwar einen Ordnungsverstoß dar, der zur Nichtvergütung der von der Zahnärztin M erbrachten Leistungen führe. Weitere Folgen könne dieser Verstoß aber nicht haben, insbesondere lasse er keinen Rückschluss auf einen schwerwiegenden Charaktermangel zu, der die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung gefährde. Die anzustellende Zahnärztin habe den vorzeitigen Beginn ihrer Arbeitstätigkeit im Antragsformular offengelegt, diese Tätigkeit ohne Ausflüchte in der Sitzung des Zulassungsausschusses eingeräumt, sich somit wahrheitsgemäß verhalten, nicht gelogen und nicht betrogen.

Hinzu komme, dass die Rechtsgrundsätze über die statusbildende und nicht rückwirkend mögliche Genehmigung nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) folgten und einem nicht ständig im Sozialrecht Tätigen nur nach intensiver Befassung mit der Materie erkennbar würden. Das der Zahnärztin M überreichte Formblatt habe keine besondere Warn- und Hinweisfunktion und insbesondere keinen Hinweis darauf, dass eine vorzeitige Arbeitsaufnahme disziplinarische Folgen oder gar die Feststellung der Ungeeignetheit haben könne. Auch das Schreiben des Zulassungsausschusses vom 26.03.2007 sei kein Individualschreiben gewesen, sondern ein allgemeines Formularschreiben ohne besondere Warn- und Hinweisfunktion. Der privatrechtliche Arbeitsvertrag habe keine zulassungsrechtliche Relevanz und habe die Vertragsparteien nicht daran gehindert, stillschweigend eine frühere Arbeitsaufnahme zu vereinbaren.

Im Übrigen sei Zahnärztin M vor Erteilung der Genehmigung nicht Mitglied des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung gewesen und habe nicht gegen Vertragsarztrecht verstoßen können.

Die Erteilung der Genehmigung selbst sei schließlich nur eine Formsache gewesen, da alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung dessen Beschlusses vom 17.07.2007 zu verurteilen, die Beschäftigung von Zahnärztin M, Tallee 00, 00000 L1, als angestellte Zahnärztin in seiner Praxis zu genehmigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die bewusste Missachtung der eindeutigen Rechtslage, auf die mehrfach eindeutig hingewiesen worden sei, lasse eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der

Kostenträger mit der anzustellenden Zahnärztin nicht möglich erscheinen. Wer schon vor Eintritt in das System, dem er angehören wolle, dessen Regeln bewusst missachte, könne kein Vertrauen schaffen, das unerlässliche Voraussetzung für dessen Funktionsfähigkeit sei. Die Genehmigung zur Anstellung wegen Ungeeignetheit der Zahnärztin M für die angestrebte Tätigkeit sei daher zu Recht abgelehnt worden. Anderenfalls würde durch die begehrte Erteilung der Genehmigung der bewusst zu Unrecht in Anspruch genommene Status für die Zukunft legitimiert und das Verbot der Rückwirkung weitgehend unterlaufen.

Die Beigeladenen stellen keine Sachanträge.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der Akte S 2 KA 94/07 KA ER sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Obwohl für die Beigeladenen zu 1) bis 8) in der mündlichen Verhandlung am 12.09.2007 niemand erschienen war, konnte die Kammer verhandeln und entscheiden, da auf diese Möglichkeit in den form- und fristgerecht zugestellten Terminbenachrichtigungen hingewiesen worden ist.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger ist durch den Bescheid des Beklagten, der allein den Gegenstand des Rechtsstreits bildet (vgl. BSG, Urteile vom 09.03.1994 - 6 RKa 5/92 -; vom 20.09.1995 - 6 RKa 63/94 -; BSGE 72, 214), beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da dieser rechtswidrig ist.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Genehmigung zur Beschäftigung der Zahnärztin M als angestellte Zahnärztin, da alle Voraussetzungen hierfür erfüllt sind und Gegenrechte nicht bestehen.

Nach § 103 Abs. 8 SGB V in der ab 01.04.2007 geltenden Fassung gelten die Vorschriften über Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung nicht für Zahnärzte. Bedarfsplanungsrecht steht der Anstellung somit nicht entgegen.

Gemäß § 32b Abs. 1 Satz 2 Zahnärzte-ZV i.V.m. § 4 Abs. 1 BMV-Z, § 8 Abs. 3 EKV-Z in den Fassungen ab 01.07.2007 können am Vertragszahnarztsitz zwei vollzeitbeschäftigte Zahnärzte angestellt werden. Der Kläger beschäftigt bislang nur einen angestellten Zahnarzt, Herrn L3, so dass die Anstellung von Zahnärztin M auch durch Bundesmantelvertragsrecht nicht gehindert wird.

Zahnärztin M ist approbierte Zahnärztin und in das Zahnarztregister der Beigeladenen zu 8) eingetragen; alle dem Antrag beizufügenden Unterlagen (§ 32b Abs. 2 i.V.m. § 18 Abs. 2 bis 4 Zahnärzte-ZV) liegen vor.

Zahnärztin M ist auch nicht ungeeignet für die Tätigkeit als angestellte Zahnärztin. Gemäß § 32b Abs. 2 Satz 3 Zahnärzte-ZV gilt § 21 entsprechend. Nach § 21 ist ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis ein Zahnarzt mit geistigen oder sonstigen in seiner Person liegenden schwerwiegenden Mängeln, insbesondere ein Zahnarzt, der innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung rauschgiftsüchtig oder trunksüchtig war. Hinderungsgründe dieser Art sieht die Kammer nicht.

Ob ein Zahnarzt in diesem Sinne ungeeignet ist, ist keine Ermessensfrage. Der Begriff der Ungeeignetheit ist vielmehr ein unbestimmter, gerichtlich voll nachprüfbarer Rechtsbegriff (BayLSG, Urteil vom 02.12.1981 - L 12/Ka 27/81 -).

Außerhalb der exemplarisch genannten Rauschgift- und Trunksucht und der damit vergleichbaren Medikamentenabhängigkeit (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.01.2004 - L 5 KA 4663/03 ER-B), die hier unstreitig nicht vorliegen, können sich schwerwiegende Mängel vor allem aus charakterlichen Defiziten ergeben, die ihren Ausdruck in einem entsprechenden Fehlverhalten finden, oder in gröblichen Pflichtverletzungen begründet sein (z.B. Pflichtverstöße kriminellen Charakters wie Urkundenfälschung und Diebstahl (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.03.1998 - L 5 KA 313/98 ER-B; SG Düsseldorf, Urteil vom 04.09.2002 - S 2 KA 10/02 -); sexuelle Verfehlungen an Patientinnen (BayLSG, Urteil vom 19.07.1995 - L 12 Ka 63/93 -); erhebliche Verschuldung trotz ausreichender Einkünfte (BSG, Urteil vom 10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R; BayLSG, Urteil vom 16.04.1980 - L 12/Ka 4/77 -); unsachliche und überzogene Angriffe gegen das Vertragsarztsystem (BSG, Urteil vom 08.07.1981 - 6 RKa 17/80 -; LSG NRW, Beschluss vom 04.09.2006 - L 10 B 2/06 KA ER); keine peinlich genaue Leistungsabrechnung (Bay. LSG, Urteil vom 12.12.1980 - L 12/Ka 11/78 -)). Schwerwiegende Mängel im Sinne des § 21 Zahnärzte-ZV können sich auch aus einem früheren ärztlichen Verhalten außerhalb einer vertragsärztlichen Tätigkeit ergeben, insbesondere im Zusammenhang mit der Beantragung der Anstellungsgenehmigung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.1999 - L 5 KA 566/98 -).

Vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)) ist bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Ungeeignetheit" jedoch ein restriktiver Maßstab anzulegen. Die Versagung der Anstellungsgenehmigung ist nur dann zulässig, wenn die Mängel so beschaffen sind, dass sie die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragszahn ärztlichen Versorgung gefährden. Dies ist dann anzunehmen, wenn durch die Art und Schwere des Verstoßes das Vertrauensverhältnis zwischen dem Zahnarzt, der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen derart gestört ist, dass eine Zusammenarbeit nicht möglich erscheint.

Das ist hier nicht zu erkennen. Zahnärztin M hat zwar objektiv ab 20.02.2007 Leistungen im System der vertragszahnärztlichen Versorgung erbracht, obwohl sie diesem System noch nicht angehörte und die Leistungen nicht erbringen durfte. Die Genehmigung nach § 32b Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV hat statusbegründenden Charakter und wirkt erst ab Wirksamwerden des Bescheides des Zulassungsausschusses; eine Rückverlagerung ist im Hinblick auf die Auswirkungen, die mit der Anstellung des Zahnarztes verbunden sind, ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 20.09.1995 - 6 RKa 37/94 -; vgl. auch BSG, Urteil vom 28.03.2007 - B 6 KA 30/06 R -). Vor dem 03.04.2007 konnte die erforderliche Genehmigung auch nicht erteilt werden, weil Zahnärztin M erst mit Wirkung ab diesem Tage in das Zahnarztregister der Beigeladenen zu 8) eingetragen wurde. Der Nachweis der Eintragung in das Zahnarztregister ist seit dem 01.01.2007 aber Voraussetzung für die Anstellung (§ 95 Abs. 9 Satz 1 SGB V).

Für die Annahme eines schwerwiegenden Mangels reicht das objektiv rechtswidrige Verhalten von Zahnärztin M jedoch nicht aus. Denn ihr Verschulden ist nach Ansicht der Kammer nicht als so hoch zu bewerten, dass es eine Ungeeignetheit begründen könnte.

Der am 19.01.2007 geschlossene zivilrechtliche Arbeitsvertrag nennt in seinem § 1 den 20.02.2007 als Eintrittsdatum der Zahnärztin M in die Praxis. Er steht zwar gemäß § 11 unter dem Vorbehalt des Wirksamwerdens erst nach Erteilung der Anstellungsgenehmigung. In der gelebten Wirklichkeit hatte jedoch der Kläger als Praxisinhaber die Arbeitsleistung der Zahnärztin M ent gegengenommen. Ihm hätte als ihr Vertragspartner die Verpflichtung oblegen, ihre auf die Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten entfallende Arbeitsleistung bis zu einer wirksamen Genehmigung zurückzuweisen. Dies gilt vor allem deshalb, weil ihn der Zulassungsausschuss mit Schreiben vom 02.03.2007 darauf hingewiesen hatte, dass Zahnärztin M erst kassenzahnärztlich tätig werden könne, wenn die entsprechende Genehmigung des Zulassungsausschusses vorliege. Stattdessen hat der Kläger der Zahnärztin M unwidersprochen zu verstehen gegeben, es sei in Ordnung, wenn sie vor Genehmigung anfinge. Es sei mit der KZV so abgesprochen. Der Antrag wäre eingereicht worden und von daher könne sie vorab schon die Tätigkeit aufnehmen. In dieser Lage hätte sich Zahnärztin M zwar durch Rücksprache mit der Genehmigungsbehörde Klarheit über die Rechtslage verschaffen müssen, zumal in dem ihr bekannten Merkblatt darauf hingewiesen wurde, die Genehmigung bewirke, dass der angestellte Zahnarzt frühestens ab dem Tage nach der Beschlussfassung (Sitzung) beschäftigt werden könne. Dass sie diese notwendige Information unterlassen und die Arbeit fortgesetzt hat, begründet aber keine schwerwiegenden Eignungsmängel.

Dies gilt auch nicht im Hinblick darauf, dass der Zahnärztin M durch Schreiben des Zulassungsausschusses vom 26.03.2007 mitgeteilt worden war, aufgrund des erst am 20.03.2007 eingegangenen Antrages könne eine Entscheidung erst in der Sitzung am 25.04.2007 erfolgen. Eine rückwirkende Genehmigung sei ausgeschlossen. Für einen juristischen Laien erschließen sich hieraus nicht mit hinreichender Deutlichkeit die nachteiligen Rechtsfolgen einer vorzeitigen Arbeitsaufnahme. Dies gilt vor allem deshalb, weil der anzustellende Zahnarzt eben gerade kein Beteiligter am Genehmigungsverfahren ist und ihm gegenüber die Zulassungsgremien auch keine Entscheidung treffen. Von daher vermag er bei der rechtliche Einordnung des Wirksamkeitszeitpunktes der Genehmigung die Tragweite seines Handelns nicht ohne Weiteres zuverlässig zu überblicken. Hätte der Zulassungsausschuss, dem der Beginn der Arbeitsaufnahme zum 20.02.2007 aus dem Formularantrag frühzeitig bekannt war, das der Zahnärztin M nunmehr vorgeworfene Fehlverhalten sicher verhindern wollen, hätte er ihr mit einem deutlichen individuellen Hinweis die weitere Fortsetzung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ausdrücklich untersagen müssen.

Insgesamt ist das Verhalten der Zahnärztin M zwar nicht billigenswert und mögliche Rechtsirrtümer sind nicht unvermeidbar gewesen. Zu einer Ungeeignetheit, die das vertragszahnärztliche System gefährdet und eine weitere Zusammenarbeit mit ihr ausschließt, hat sich dieses Verhalten aber nicht verdichtet.

Der Umstand, dass der Kläger die Zahnärztin M bereits ab 20.02.2007 vertragszahnärztlich beschäftigt hat, obwohl ihm selbst ebenfalls bekannt war, dass die Anstellungsgenehmigung erst ab der Entscheidung des Zulassungsausschusses Wirkung entfaltet, bringt seinen Genehmigungsanspruch nicht aus dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium oder ähnlichen Rechtsgedanken zu Fall. Auf die Genehmigung besteht ein Rechtsanspruch. Die Anspruchsvoraussetzungen hat der Kläger weder erschlichen noch treuwidrig herbeigeführt, denn sie sind weitgehend von seiner Person unabhängig und liegen objektiv vor. Die vertragszahnärztliche Beschäftigung der Zahnärztin M vor Erteilung der Anstellungsgenehmigung stellt zwar eine Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten dar. Dies mag ggf. eine disziplinarrechtliche Prüfung nach sich ziehen. An dem Anspruch auf Erteilung der Anstellungsgenehmigung ändert sein Verhalten indes nichts. Dass der Kläger schließlich wegen seines Fehlverhaltens selbst für die Ausübung der Kassenpraxis und damit die Anstellung der Zahnärztin M ungeeignet sei, führt der Bescheid nicht an und war von der Kammer somit nicht zu beurteilen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 155 Abs. 1, 2, 162 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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