S 2 KA 188/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 188/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 92/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2009 wird die Beklagte verurteilt, über den Widerspruch des Klägers gegen den der Beigeladenen erteilten Bescheid vom 10.11.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beteiligten tragen die Gerichtskosten jeweils zu einem Drittel. Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten werden gegeneinan- der aufgehoben.

Tatbestand:

Streitig ist die Drittanfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung.

Die Beigeladene ist eine zur vertragsärztlichen Versorgung in T1 zugelassene Berufsausübungsgemeinschaft von Fachärzten für Innere Medizin, zum Teil mit Schwerpunktbezeichnung Nephrologie (www.dialysezentrum-t.de). Unter dem 02.08.2008 stellten ihre Mitglieder einen Antrag auf Errichtung einer fachärztlich nephrologischen Zweigpraxis mit Dialyse im T2-G-Krankenhaus F zur Verbesserung der wohnortnahen Versorgung in den ländlichen Gebieten des rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreises (Eitorf/Windeck/Ruppichteroth). In den vorhandenen Betriebsstätten in T betreue die Praxis jetzt schon 24 Dialyse-Patienten aus diesen Gemeinden.

Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz ein, welche die Dialyseeinrichtungen ihres nördlichen Bereiches und deren Versorgungsregionen sowie die Auslastung der Praxen mitteilte. Darunter befindet sich eine Hauptpraxis C mit Zweigpraxis B (2 Nephrologen), APS 119. In dieser Praxis würden vereinzelt auch Patienten aus Windeck, Neunkirchen, Waldbröl, Morsbach und Siegen behandelt.

Sodann wandte sich die Beklagte an die Landesverbände der Krankenkassen. Die KV Rheinland-Pfalz habe mitgeteilt, dass sich insbesondere in C eine Dialyse-Praxis mit einer Zweigpraxis in B befinde. Diese Dialyse-Praxis sei jedoch schon zu 100 % ausgelastet, so dass von dort aus keine weiteren Dialyse-Patienten aus den Gemeinden Eitorf, Windeck und Ruppichteroth versorgt werden könnten. Vor diesem Hintergrund würde die Beklagte den Antrag zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyse-Versorgung befürworten. Um Stellungnahme bis zum 07.11.2008 werde gebeten. Sollte bis dahin keine Stellungnahme vorliegen, setze die Beklagte das Einverständnis zu dem vorliegenden Antrag voraus.

Die Landwirtschaftliche Krankenkasse Nordrhein-Westfalen und der Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen befürworteten daraufhin ausdrücklich den Antrag.

Mit Bescheid vom 10.11.2008 erteilte die Beklagte der Beigeladenen ohne nähere Begründung die Genehmigung einer Zweigpraxis in Eitorf, I1str. 0.

Gegen diesen Genehmigungsbescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Dieser ist Facharzt für Innere Medizin und in I2 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen (www.praxis-I3.de). Er beschäftige seit November 2007 zwei Kolleginnen in seiner Praxis, welche auch die Genehmigung zur Durchführung von Blutreinigungsverfahren besäßen. Eine wohnortnahe Versorgung sei auch durch seine freien Kapazitäten gewährleistet. Er dialysiere zurzeit mehr als 30 Kassenpatienten; seine freien Kapazitäten lägen nach den gültigen Richtlinien bei über 60 Patienten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2009, bei dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers eingegangen am 15.09.2009, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Es fehle bereits an seiner Anfechtungsbefugnis.

Hiergegen richtet sich die am 08.10.2009 erhobene Klage.

Der Kläger hält sich für anfechtungsberechtigt. Die Bestimmungen der Qualitätssicherungsvereinbarung für Blutreinigungsverfahren sowie der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV gewährten den Dialyseärzten, denen eine Versorgungsregion zugewiesen sei, grundsätzlich Konkurrenzschutz. Dieser Schutz ergebe sich aus der vom Normgeber für Dialysepraxen geforderten Sicherung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur. Dieses Erfordernis gelte nicht nur für die erstmalige Genehmigung einer Dialysepraxis, sondern auch im Rahmen einer Dialysezweigpraxis. Die von der Beigeladenen beantragte Zweigpraxis befinde sich in der dem Kläger zugewiesenen Versorgungsregion.

Der Genehmigungsbescheid sei zudem rechtswidrig. Eine Verbesserung der wohnortnahen Versorgung der im Zeitpunkt der Antragstellung von der Beigela- denen bereits behandelten Patienten durch die vorgesehene Zweigpraxis im Sinne der Anlage 9.1 Anhang 9.1.5 Abs. 1 a 2. Alt. BMV-Ä/EKV sei nicht ersicht-

lich. Nach dem Wortlaut dieser Regelung dürfe es bei der Prüfung dieser Voraussetzung nicht um künftig - neu zu gewinnende - Patienten gehen, sondern lediglich um Patienten, die sich schon in Behandlung befänden.

Die Beigeladene habe nicht dargelegt, um welche Patienten es sich im Einzelnen handele und wo diese wohnhaft seien. Auch die Beklagte habe in Anbetracht der unzureichenden Nachweise insoweit keine Feststellungen getroffen. Das Genehmigungsverfahren sei insofern unzulänglich durchgeführt worden. Richtigerweise wäre die Beklagte nicht daran vorbeigekommen, dass seine Praxis in I2 in derselben Versorgungsregion liege und - im Gegensatz zu der Praxis der Beigeladenen - Patienten aus dem Umfeld von Eitorf, Windeck oder Ruppichteroth seine Praxis in I2 wesentlich schneller und innerhalb kürzerer Fahrzeiten und für die Kostenträger günstiger erreichten. Er habe auch ausreichende apparative, räumliche und personelle Kapazitäten, um die von der Beigeladenen genannten 30 bzw. 24 dialysepflichtigen Patienten zu versorgen. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme - die Notwendigkeit der Errichtung einer Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung - hätten ebenfalls nicht vorgelegen und würden weder von der Beigeladenen noch von der Beklagten geltend gemacht.

Von den gegenwärtig behandelten 34 Dialyse-Patienten stammten etwa sieben bis acht aus dem Bereich Eitorf, Windeck, Ruppichteroth.

Der Kläger beantragt,

den der Beigeladenen erteilten Bescheid vom 10.11.2008 in der Gestalt des ihm - dem Kläger - erteilten Widerspruchsbescheides vom 25.08.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Anfechtungsberechtigung des Klägers sei auch unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Dialysevereinbarung nicht zu erkennen. Die dort normierten Anforderungen an eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur dienten nicht dem Schutz einzelner Dialysepraxen vor Konkurrenz. Vielmehr sollten systematische Unwirtschaftlichkeiten in der vertragsärztlichen Versorgung vermieden werden, indem sich "unnötige" Neugründungen negativ auf den Auslastungsgrad bestehender Praxen bzw. Einrichtungen auswirkten und insgesamt zu "ungewollten" Leistungsmengensteigerungen führten.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Auch sie bestreitet eine Anfechtungsbefugnis des Klägers. Es fehle an dem notwendigen faktischen Konkurrenzverhältnis zwischen dem Kläger und ihr. Die von ihr behandelten Patienten aus dem gemeinsamen Einzugsbereich machten höchstens 3,95 % (mit sinkender Tendenz) der durchschnittlichen Patientenzahl der Praxis des Klägers aus, was für eine nicht nur geringfügige Schmälerung der Erwerbsmöglichkeiten auf Seiten des Anfechtenden nicht ausreiche. Für die Annahme, dass für die Genehmigung einer Dialyse-Zweigpraxis auch noch die Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 6 Anlage 9 BMV-Ä/EKV-Ä erfüllt sein müssten, finde sich keine rechtliche Grundlage. Diese Bestimmungen regelten sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck allein die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Dialyseversorgungsauftrages. Die Voraussetzungen für die Durchführung bereits erteilter Dialyseversorgungsaufträge in einer Zweigpraxis seien abschließend in § 4 Abs. 3 Anlage 9 BMV-Ä/EKV-Ä i.V.m. Abs. 1 Anhang 9.1.5 zu Anlage 9 BMV-Ä/EKV-Ä geregelt. Der Dialysezweigpraxisgenehmigung liege nicht die Erteilung eines neuen Dialyseversorgungsauftrages zugrunde. Die Genehmigung bewirke lediglich, dass die beantragende Praxis ihren bereits bestehenden Dialyseversorgungsauftrag auch am projektierten Zweigpraxisstandort durchführen dürfe. Neue Behandlungskapazitäten würden also nicht geschaffen, die zu dem bestehenden Angebot hinzukämen.

Die Möglichkeiten des Klägers, weitere Dialysepatienten zu versorgen, seien insbesondere durch die apparativen und räumlichen Gegebenheiten seiner Praxis begrenzt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der Akte S 2 KA 308/10 ER sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Während des Klageverfahrens hat der Kläger einen eigenen Antrag auf Genehmigung einer Dialyse-Zweigpraxis für Herchen (Gemeinde Windeck, Rhein-Sieg-Kreis) gestellt, die in Kooperation mit der B und der M Praxis betrieben werden soll.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Die Auslegungsfrage, ob den einschlägigen Regelungen drittschützende Wirkung entnommen werden kann, ist nicht der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs (des Widerspruchs bzw. der Klage) zuzuordnen. Unzulässig ist ein Rechtsbehelf nur dann, wenn durch den angefochtenen Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechte des Klägers verletzt sein können (st. Rspr von BVerfG, BVerwG und BSG; s. z.B. BVerfGE 83, 182, 196; BVerwGE 112, 51, 54 m.w.N.; BSGE 43, 134, 141; 90, 127, 130). Die Überprüfung im Einzelnen, ob eine Rechtsnorm drittschützenden Charakter hat, erfolgt erst im Rahmen der Begründetheit (s. z.B. BVerwGE 92, 313, 316 f; 112, 51, 54 f; BVerwG NVwZ 2004, 1244, 1246; BSGE 98, 98, 103).

Die Klage ist im Sinne einer Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung auch begründet.

Zwar ist nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R - ein Dritter grundsätzlich nicht berechtigt, die Erteilung der Genehmigung für eine Zweigpraxis anzufechten. Die Genehmigung einer Zweigpraxis gemäß § 24 Abs. 3 Sätze 1 und 2 Ärzte-ZV begründet für den begünstigten Arzt keinen Status, indem sie ihm die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet, sondern erweitert lediglich in tatsächlicher Hinsicht seine Behandlungsmöglichkeiten. Auch ist die dem begünstigten Arzt gewährte Berechtigung, einen zweiten Standort zu unterhalten, nicht nachrangig gegenüber dem Status der an diesem Ort bereits tätigen Ärzte, denn eine Bedarfsprüfung wie bei Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen findet insoweit nicht statt.

Diese für den Regelfall geltenden Erkenntnisse gelten bei der Versorgung chronisch nierenkranker Patienten jedoch nicht uneingeschränkt.

Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV ist die vertragsärztliche Tätigkeit außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit (1.) dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und (2.) die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Für die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten bzw. die Durchführung von Versorgungsaufträgen mit Dialyse gelten darüber hinaus besondere Anforderungen. Diese sind in Anlage 9.1 und deren Anhang 9.1.5 BMV/EKV-Ä geregelt.

Gemäß § 4 Abs. 3 Anlage 9.1 BMV/EKV-Ä bedarf die Durchführung von Versorgungsaufträgen mit Dialyse in einer Zweigpraxis nach den Vorschriften des § 15a BMV/EKV-Ä der Genehmigung oder Ermächtigung. Diese wird erteilt, wenn die in Anhang 9.1.5 BMV/EKV-Ä festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Hierfür sind die Bestimmungen in Abs. 1a und b Anhang 9.1.5 BMV/EKV-Ä maßgeblich. Danach müssen die räumlichen Gegebenheiten in der (Haupt-)Praxis zur Durchführung der Hämodialyse für die zum Zeitpunkt der Antragstellung zu versorgenden Patienten nicht ausreichen (Abs. 1a 1. Alt.) oder es muss die wohnortnahe Versorgung der zum Zeitpunkt der Antragstellung mit Verfahren der Hämodialyse behandelten Patienten durch die projektierte Zweigpraxis verbessert werden (Abs. 1a 2. Alt.). Die projektierte Zweigpraxis muss in der Versorgungsregion der bestehenden Dialysepraxis liegen (Abs. 1b Satz 1). Die Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn die projektierte Zweigpraxis nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, es sei denn, sie ist nach einvernehmlicher Feststellung der Kassenärztlichen Vereinigung und der zuständigen Verbände der Krankenkassen auf Landesebene aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung notwendig (Abs. 1b Satz 2).

Soweit die Partner der Bundesmantelverträge insofern Sonderregelungen für Dialysezweigpraxen getroffen haben, stehen dem die allgemeinen Bestimmungen des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV über Nebenbetriebsstätten nicht entgegen; beide Regelwerke ergänzen sich vielmehr, ohne dass § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV Sperrwirkung für die mantelvertragliche Statuierung zusätzlicher Genehmigungsvoraussetzungen zukäme (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2009 - L 5 KA 2164/08 -).

Die von der Beigeladenen projektierte Zweigpraxis in Eitorf liegt in der Versorgungsregion einer anderen Praxis, nämlich derjenigen des Klägers in I2. Sie durfte nur aus Sicherstellungsgründen nach einvernehmlicher Feststellung mit den Krankenkassenverbänden genehmigt werden.

Eine Anfechtungsberechtigung des Klägers ergibt sich insofern dahin, dass er jedenfalls einen Anspruch auf gerichtliche Nachprüfung hat, ob das in Abs. 1b Satz 2 Anhang 9.1.5 BMV/EKV-Ä normierte Verwaltungsverfahren korrekt durchgeführt worden ist. Dieser Anspruch wurzelt in dem rechtsstaatlichen Grundsatz des fairen Verfahrens (vgl. BVerfGE 38, 105, 111 f.; 57, 250, 274 f.), der auch im Verwaltungsverfahren Anwendung findet (BVerfG, Beschluss vom 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 - NJW 2009, 3417 ff. = AnwBl. 2009, 645 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 18.01.2000 - 1 BvR 321/96 - BVerfGE 101, 397 ff. = BGBl. I 2000, 444). Er steht dem Kläger zu, weil dieser unmittelbar vom Tatbestand der Norm erfasst wird, da seine Praxis in der Versorgungsregion der projektierten Zweigpraxis liegt.

Das Verwaltungsverfahren ist nicht fair, sondern rechtsfehlerhaft durchgeführt worden. Es fehlt jedenfalls an der einvernehmlichen Feststellung der Beklagten und der Krankenkassenverbände, ob die Einrichtung der in Eitorf projektierten Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung notwendig ist.

"Einvernehmen" ist eine Form der Kooperation zwischen den beteiligten Körperschaften, die eine Willensübereinstimmung zwischen entscheidender und beteiligter Stelle erfordert (vgl. BSG, Urteil vom 24.08.1994 - 6 RKa 15/93 - BSGE 75, 37 ff. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 7 zur Abgrenzung Einvernehmen, Benehmen, Anhörung). Das Einvernehmen erfordert als selbstverständliche Voraussetzung eine vollständige und inhaltlich zutreffende Informierung über das Sachproblem. Hieran fehlt es vorliegend entscheidend, weil die Beklagte in ihren Anschreiben an die Landesverbände der Krankenkassen vom 22.10.2008, mit denen diese um Stellungnahme zum Antrag auf Zweigpraxisgenehmigung gebeten wurden, die Praxis des Klägers in I2 mit keinem Wort erwähnt, sondern lediglich auf die Mitteilung der KV Rheinland-Pfalz über die Vollauslastung der Dialyse-Praxis in Altenkirchen hingewiesen hat. Mit einer dergestalt unvollständigen Sachverhaltsmitteilung konnten die Krankenkassenverbände aber keine sachgerechten Erwägungen über die Dialyseversorgung im Umkreis von Eitorf anstellen. Eine verfahrensfehlerfrei zustande gekommene einvernehmliche Feststellung liegt daher nicht vor. Der darauf gestützte Genehmigungsbescheid ist insofern rechtswidrig. Die Beklagte wird daher das Verfahren auf Herstellung des Einvernehmens erneut durchzuführen und über den Widerspruch des Klägers sodann erneut zu entscheiden haben.

Die weitergehende kassatorische Klage ist unbegründet. Selbst wenn dem Kläger eine uneingeschränkte Anfechtungsbefugnis zustehen sollte (so LSG Baden-Württemberg, a.a.O.), hätte die Kammer den Genehmigungsbescheid nicht ersatzlos aufgehoben, sondern ebenfalls nur die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt. Denn bei der Frage, ob und inwieweit Gründe der Sicherstellung der Dialyseversorgung die Einrichtung der projektierten Zweigpraxis notwendig machen, haben die beteiligten Körperschaften - nicht anders als bei der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen und Ermächtigungen - einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Im Falle der Rechtswidrigkeit entsprechender Bescheide ist ebenfalls lediglich zur Neubescheidung zu verurteilen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 02.09.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 ff. = SozR 4-2500 § 101 Nr 7.). Bei dieser Sachlage reicht es aus, allein den dem Kläger erteilten Widerspruchsbescheid aufzuheben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.1999 - 8 B 266/98 - NVwZ 1999, 641; OVG NRW, Urteil vom 14.03.2003 - 12 A 1839/02 - (juris)).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 155 Abs. 1 Sätze 1, 2, 162 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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