Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 110/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Verwaltungskosten.
Der Kläger ist Facharzt für Allgemeinmedizin und in L niedergelassen. Er ist ausschließlich privatärztlich tätig und wird zum Notfalldienst herangezogen, der gemeinsam von der Beklagten und der Ärztekammer Nordrhein organisiert wird.
Unter dem 29.09.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Erlass der Verwaltungskosten für konventionelle Abrechnung. In den Abrechnungsbescheiden stelle ihm die Beklagte Verwaltungsgebühren in Rechnung, die bei einem Einsatz der EDV nicht angefallen wären. Voraussetzung für die EDV-Abrechnung sei eine technische Ausrüstung, die er nicht vorhalte. Für seine privatärztliche Tätigkeit benötige er weder ein Kartenlesegerät noch sei er im Besitz einer Software für die Kassenabrechnung. Aus diesem Umstand dürfe ihm bei der Abrechnung kein finanzieller Nachteil entstehen.
Mit Bescheid vom 22.11.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Mit der Teil-nahme am Notfalldienst mache der Kläger einen Honoraranspruch gegen sie geltend. Damit unterwerfe er sich gleichzeitig den Regularien, die für ihre Mit-glieder Gültigkeit hätten. In § 11 Abs. 2 des Honorarverteilungsvertrages (HVV) zwischen der Beklagten und den Krankenkassenverbänden sei geregelt, dass von der Honorarzahlung die von der Vertreterversammlung der Beklagten be-schlossenen Verwaltungskostenbeiträge in Abzug gebracht würden. Im Falle der papiergebundenen Abrechnung betrage der Verwaltungskostensatz 3,5 %.
Diesem Bescheid widersprach der Kläger. Es stelle sich die Frage, ob die Be-klagte für die ausschließlich privatärztlich tätigen Ärzte, die sich nur über den Notdienst Honoraransprüche gegenüber der Beklagten verdienten, eine Sonderregelung finden könnte. Aufgrund des geringen Volumens sei der Einsatz einer Abrechnungssoftware ökonomisch nicht vertretbar, so dass sich die Frage stelle, inwieweit ein um 25 % höherer Verwaltungskostensatz für diese Gruppe gerechtfertigt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Gemäß § 13 Abs. 2 ihrer Satzung erhebe sie zur Deckung der Verwaltungskosten von den über sie abrechnenden Leistungserbringern grundsätzlich einen einheitlichen Vomhundertsatz der über sie abgerechneten Beträge (Bei-trag). Zur Deckung der Verwaltungskosten des Geschäftsjahres 2008 sei für die nicht per Diskette abrechnenden Mitglieder ein Verwaltungskostensatz von 3,5 % des Arztumsatzes festgelegt worden.
Hiergegen richtet sich die am 02.06.2009 erhobene Klage.
Der Kläger widersetzt sich nicht seiner grundsätzlichen Beteiligung an den Ver-waltungskosten für die Abrechnung der Notfallbehandlungen. In der Konsequenz der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 09.09.2009 - L 11 (10) KA 62/07 -) liege es aber, dass eine pauschalisierende Beteiligung an den Verwaltungskosten für die Abrechnung der Notfallbehandlungen rechtswidrig sei. Stattdessen habe sich die Beteiligung der Ärzte an den tatsächlichen Kosten zu orientieren. Die Beklagte hätte daher - unter Benennung von Zahlen über die konkreten Abrechnungskosten bei Notfallbehandlungen - darlegen und beweisen müssen, dass die Kosten für die Bearbeitung der von ihm eingereichten Abrechnungen tatsächlich um 25 % über denjenigen der übrigen Ärzte lägen. Angesichts des hohen jährlichen Aufwandes für eine EDV-Hard- und Software verstoße der höhere Verwaltungskostensatz für die konventionelle Abrechnung der im Notfalldienst erbrachten Leistungen durch Privatärzte gegenüber Vertragsärzten auch gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des gegen ihn erlassenen Bescheides vom 20.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2009, zugegangen am 30. April 2009, zu verpflichten, bei der Ho-norarabrechnung der von ihm geleisteten Notfalldienste nur einen Ver-waltungskostenansatz in Höhe von 2,8 % des Arztumsatzes zu erheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig.
Aus bundesrechtlichen Vorgaben ergebe sich, dass Notfallleistungen von nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten dem Grund und der
Höhe nach gemäß den Rechtsvorschriften zu vergüten seien, die für die Honorierung vertragsärztlicher Notfallbehandlungen gälten. Danach gelte auch für die klägerische Praxis der erhöhte Verwaltungskostensatz für die nicht per Diskette abrechnenden Vertragsärzte.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt die Kammer Bezug auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt hatten (§ 124 Abs. 2 des Sozial-gerichtsgesetzes (SGG)).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da diese nicht rechtswidrig sind.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 51/02 R - im einzelnen den bundesrechtlichen Grundsatz dargestellt, dass die Notfallleistungen von nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten dem Grunde und der Höhe nach gemäß den Rechtsvorschriften zu vergüten sind, die für die Honorierung vertragsärztlicher Notfallbehandlungen gelten. Aus diesem Grundsatz ist unmittelbar abzuleiten, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) berechtigt ist, die Zahlungen an Nichtvertragsärzte ebenso wie die Zahlungen an Vertragsärzte um einen angemessenen Betrag für Ver-waltungskosten zu kürzen. Diese Berechtigung besteht prinzipiell unabhängig von entsprechenden Regelungen im HVV der jeweiligen KV.
Die Einbeziehung der Notfallbehandlungen durch Nichtvertragsärzte in die Ho-norierungsverantwortung der KV hat zur Konsequenz, dass auch Nichtvertragsärzte von den Dienstleistungen der KV profitieren, ohne ihr anzugehören. Damit sind für Nichtvertragsärzte erhebliche Vorteile verbunden. Ihnen bleibt im Anschluss an die durchgeführten Notfallbehandlungen die Auseinandersetzung mit den behandelten Patienten bzw. mit deren Krankenkasse oder anderen Kostenträgern über die Vergütung erspart. Die bundesweit für die Abrechnung von vertragsärztlichen Leistungen entwickelten Vordrucke bzw. elektronischen Abrechnungshilfen können auch von nicht zugelassenen Leistungserbringern genutzt werden und vereinfachen die Abrechnung erheblich. Alle Notfallleistungen eines Nichtvertragsarztes sind gegenüber einer einzigen Stelle ungeachtet des Aufenthalts- bzw. Wohnortes des einzelnen Patienten und des Sitzes des für diesen zuständigen Kostenträgers zentral abzurechnen. Insolvenzprobleme bestehen nicht, weil die KV als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein stets leistungsfähiger Schuldner ist. Die Leistungsabrechnung erfolgt schließlich auf Grund eines Regelwerks, das die Vertragspartner der vertragsärztlichen Versor-gung auf Bundesebene vereinbart haben und dessen einheitliche Handhabung in der gesamten Bundesrepublik Deutschland prinzipiell gewährleistet ist. Diese Vorteile kann ein Nichtvertragsarzt nur nutzen, weil eine leistungsfähige KV be-steht. Deren Verwaltungstätigkeit wird aus Beiträgen der Mitglieder finanziert, die diese über Verwaltungskostenanteile ihrer Vergütungen aufbringen. Da ge-setzliche Vorschriften über die anteilige Finanzierung der Verwaltungskosten der Abrechnung von Notfallbehandlungen zum Beispiel durch die Krankenkassen oder durch einen Staatszuschuss nicht bestehen, können diese Kosten nur entweder von den Vertragsärzten als den Mitgliedern der KV oder von den Leis-tungserbringern aufgebracht werden, die von den Verwaltungsleistungen der KV als Außenstehende einen Nutzen haben. Allein das Letztere ist sachgerecht.
Dabei ist der konkrete Satz von 3,5 % für "Papierabrechner", auf den die Beklagte die Verwaltungskostenumlage festgelegt hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Obergrenze zulässiger Belastung ergibt sich entsprechend allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts aus dem Kostendeckungsprinzip. Demgemäß darf eine KV von ihren Mitgliedern (bzw. - wie hier - auch von am Notfalldienst teilnehmenden Nichtvertragsärzten) Finanzmittel nur insoweit fordern, als sie diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Die KV hat die hiernach umlegbaren Kosten grundsätzlich nach einem einheitlichen Maßstab auf alle Beitragspflichtigen umzulegen. Dabei bedarf es keiner genauen Bemessung des beitragsrechtlichen Vorteils. Ausreichend sind insoweit Schätzungen und Vermutungen sowie vergröberte Pauschalierungen. Die Höhe der Beiträge darf gemäß dem Äquivalenzprinzip lediglich nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil bzw. der Vorteilsmöglichkeit stehen, den bzw. die sie abgelten sollen. Die Beiträge dürfen die Beitragspflichtigen nur insoweit unterschiedlich belasten, als dies dem ver-schiedenen Maß an Vorteilen bzw. Vorteilsmöglichkeiten entspricht. Dement-sprechend setzt die Erhebung besonderer Abgaben nur von einem Teil der Bei-tragspflichtigen voraus, dass den dazu Herangezogenen aus der Inanspruch-nahme von Leistungen oder Einrichtungen der KV besondere Vorteile erwachsen (dazu im einzelnen BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - m.w.N.).
Diesen Anforderungen tragen die insoweit anwendbaren Satzungsbestimmungen der Beklagten über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel Rechnung. Gemäß § 13 Nr. 2 der Satzung kann die Vertreterversammlung für bestimmte Fälle aufgrund eines geringeren Aufwandes einen verminderten Beitrag sowie bei besonderen Aufwendungen einen erhöhten Beitrag beschließen. Die Diffe-renzierung der Verwaltungskostensätze nach "Papierabrechnern" (3,5 %) und EDV-Abrechnern (2,8 %) rechtfertigt sich aus dem höheren Verwaltungsaufwand, der mit der konventionellen Abrechnung verbunden ist. Die Abrechnungsscheine nach Muster 19 der Vordruckvereinbarung sind manuell zu erfassen oder zu scannen und in die EDV der Beklagten einzugeben. Hierzu ist zusätzliches Personal für die Datenerfassung und -eingabe, für eine Scan-Nachbearbeitung sowie für eine zumindest stichprobenhafte Kontrolle auf Fehlerfreiheit erforderlich. Hinzu treten Sachaufwendungen für mehr Räumlichkeiten, größere Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie ggf. für Scanner, deren Wartung und PCs für Scanner. Wenn die Beklagte diese Mehrkosten durch einen um 25 % höheren Verwaltungskostensatz auffängt, ist bei zulässiger vergröberter Pauschalierung ein Missverhältnis nicht zu erkennen. Einer trennscharfen betriebswirtschaftlichen Analyse der Kostenstrukturen bedarf es insofern nicht.
In ihrem Quartalskonto/Abrechnungsbescheid vom 28.10.2008 für das Quartal 2/2008 gibt die Beklagte den Hinweis: "Bei einer Abrechnung per EDV hätten Sie folgenden Betrag eingespart: 56,02 EUR". Soweit die Beklagte mit dem erhöhten Verwaltungskostenbeitrag neben der reinen Kostendeckung auch verhal-tenslenkende Ziele verfolgen sollte, etwa das Ziel einer Verwaltungsvereinfachung, wäre auch dies rechtlich unbedenklich. Dazu gehört insbesondere auch die Erleichterung der Verarbeitung großer Mengen von Daten, wie sie im Zusammenhang mit der einzelleistungsbezogenen vertragsärztlichen Abrechnung anfallen. Es ist deshalb grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ein Interesse daran hat, ihre Mitglieder dazu zu bewegen, ihre Abrechnungen nur mehr mit dem Computer zu erstellen und die Daten über Disketten oder andere Datenträger an ihre Abrechnungsstellen zu übermitteln (Bayer. LSG, Urteil vom 30.01.2008 - L 12 KA 228/05 -).
Das gilt auch für den Kläger. Diesem wird freigestellt, ob er weiterhin konventionell auf Papier abrechnet oder sich einer EDV-Anlage bedient. Einen Zwang, die Abrechnung der Notfallleistungen per CD oder Diskette oder online bei der Beklagten einzureichen, sehen die Abrechnungsbestimmungen nicht vor. Wenn der Kläger nach eigener Kosten-Nutzen-Analyse zu dem Ergebnis gelangt, von einer EDV-Abrechnungslegung aus wirtschaftlichen Gründen abzusehen, muss er allerdings auch die hieraus erwachsenden Konsequenzen tragen. Denn die Kehrseite seines wirtschaftlichen Vorteils ist der bei der Beklagten entstehende wirtschaftliche Nachteil durch Mehraufwand der konventionellen Abrechnung. Um diesen abzufangen, dürfen die Verwaltungskosten entsprechend erhöht werden.
Das von dem Kläger zitierte Urteil des LSG NRW vom 09.09.2009 - L 11 (10) KA 62/07 - steht der höheren Verwaltungskostenpauschale für "Papierabrechner" nicht entgegen. Diese Entscheidung befasst sich nicht mit der Abrechnung der im Notfalldienst erbrachten ärztlichen Leistungen, sondern mit der Frage, ob und inwieweit Nichtvertragsärzte zur Finanzierung der Notfalleinrichtungen (Notfalldienstpraxis) herangezogen werden dürfen. Darum geht es hier jedoch bereits deshalb nicht, weil der angefochtene Bescheid den Kläger insoweit nicht belastet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Verwaltungskosten.
Der Kläger ist Facharzt für Allgemeinmedizin und in L niedergelassen. Er ist ausschließlich privatärztlich tätig und wird zum Notfalldienst herangezogen, der gemeinsam von der Beklagten und der Ärztekammer Nordrhein organisiert wird.
Unter dem 29.09.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Erlass der Verwaltungskosten für konventionelle Abrechnung. In den Abrechnungsbescheiden stelle ihm die Beklagte Verwaltungsgebühren in Rechnung, die bei einem Einsatz der EDV nicht angefallen wären. Voraussetzung für die EDV-Abrechnung sei eine technische Ausrüstung, die er nicht vorhalte. Für seine privatärztliche Tätigkeit benötige er weder ein Kartenlesegerät noch sei er im Besitz einer Software für die Kassenabrechnung. Aus diesem Umstand dürfe ihm bei der Abrechnung kein finanzieller Nachteil entstehen.
Mit Bescheid vom 22.11.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Mit der Teil-nahme am Notfalldienst mache der Kläger einen Honoraranspruch gegen sie geltend. Damit unterwerfe er sich gleichzeitig den Regularien, die für ihre Mit-glieder Gültigkeit hätten. In § 11 Abs. 2 des Honorarverteilungsvertrages (HVV) zwischen der Beklagten und den Krankenkassenverbänden sei geregelt, dass von der Honorarzahlung die von der Vertreterversammlung der Beklagten be-schlossenen Verwaltungskostenbeiträge in Abzug gebracht würden. Im Falle der papiergebundenen Abrechnung betrage der Verwaltungskostensatz 3,5 %.
Diesem Bescheid widersprach der Kläger. Es stelle sich die Frage, ob die Be-klagte für die ausschließlich privatärztlich tätigen Ärzte, die sich nur über den Notdienst Honoraransprüche gegenüber der Beklagten verdienten, eine Sonderregelung finden könnte. Aufgrund des geringen Volumens sei der Einsatz einer Abrechnungssoftware ökonomisch nicht vertretbar, so dass sich die Frage stelle, inwieweit ein um 25 % höherer Verwaltungskostensatz für diese Gruppe gerechtfertigt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Gemäß § 13 Abs. 2 ihrer Satzung erhebe sie zur Deckung der Verwaltungskosten von den über sie abrechnenden Leistungserbringern grundsätzlich einen einheitlichen Vomhundertsatz der über sie abgerechneten Beträge (Bei-trag). Zur Deckung der Verwaltungskosten des Geschäftsjahres 2008 sei für die nicht per Diskette abrechnenden Mitglieder ein Verwaltungskostensatz von 3,5 % des Arztumsatzes festgelegt worden.
Hiergegen richtet sich die am 02.06.2009 erhobene Klage.
Der Kläger widersetzt sich nicht seiner grundsätzlichen Beteiligung an den Ver-waltungskosten für die Abrechnung der Notfallbehandlungen. In der Konsequenz der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 09.09.2009 - L 11 (10) KA 62/07 -) liege es aber, dass eine pauschalisierende Beteiligung an den Verwaltungskosten für die Abrechnung der Notfallbehandlungen rechtswidrig sei. Stattdessen habe sich die Beteiligung der Ärzte an den tatsächlichen Kosten zu orientieren. Die Beklagte hätte daher - unter Benennung von Zahlen über die konkreten Abrechnungskosten bei Notfallbehandlungen - darlegen und beweisen müssen, dass die Kosten für die Bearbeitung der von ihm eingereichten Abrechnungen tatsächlich um 25 % über denjenigen der übrigen Ärzte lägen. Angesichts des hohen jährlichen Aufwandes für eine EDV-Hard- und Software verstoße der höhere Verwaltungskostensatz für die konventionelle Abrechnung der im Notfalldienst erbrachten Leistungen durch Privatärzte gegenüber Vertragsärzten auch gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des gegen ihn erlassenen Bescheides vom 20.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2009, zugegangen am 30. April 2009, zu verpflichten, bei der Ho-norarabrechnung der von ihm geleisteten Notfalldienste nur einen Ver-waltungskostenansatz in Höhe von 2,8 % des Arztumsatzes zu erheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig.
Aus bundesrechtlichen Vorgaben ergebe sich, dass Notfallleistungen von nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten dem Grund und der
Höhe nach gemäß den Rechtsvorschriften zu vergüten seien, die für die Honorierung vertragsärztlicher Notfallbehandlungen gälten. Danach gelte auch für die klägerische Praxis der erhöhte Verwaltungskostensatz für die nicht per Diskette abrechnenden Vertragsärzte.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt die Kammer Bezug auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt hatten (§ 124 Abs. 2 des Sozial-gerichtsgesetzes (SGG)).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da diese nicht rechtswidrig sind.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 24.09.2003 - B 6 KA 51/02 R - im einzelnen den bundesrechtlichen Grundsatz dargestellt, dass die Notfallleistungen von nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten dem Grunde und der Höhe nach gemäß den Rechtsvorschriften zu vergüten sind, die für die Honorierung vertragsärztlicher Notfallbehandlungen gelten. Aus diesem Grundsatz ist unmittelbar abzuleiten, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) berechtigt ist, die Zahlungen an Nichtvertragsärzte ebenso wie die Zahlungen an Vertragsärzte um einen angemessenen Betrag für Ver-waltungskosten zu kürzen. Diese Berechtigung besteht prinzipiell unabhängig von entsprechenden Regelungen im HVV der jeweiligen KV.
Die Einbeziehung der Notfallbehandlungen durch Nichtvertragsärzte in die Ho-norierungsverantwortung der KV hat zur Konsequenz, dass auch Nichtvertragsärzte von den Dienstleistungen der KV profitieren, ohne ihr anzugehören. Damit sind für Nichtvertragsärzte erhebliche Vorteile verbunden. Ihnen bleibt im Anschluss an die durchgeführten Notfallbehandlungen die Auseinandersetzung mit den behandelten Patienten bzw. mit deren Krankenkasse oder anderen Kostenträgern über die Vergütung erspart. Die bundesweit für die Abrechnung von vertragsärztlichen Leistungen entwickelten Vordrucke bzw. elektronischen Abrechnungshilfen können auch von nicht zugelassenen Leistungserbringern genutzt werden und vereinfachen die Abrechnung erheblich. Alle Notfallleistungen eines Nichtvertragsarztes sind gegenüber einer einzigen Stelle ungeachtet des Aufenthalts- bzw. Wohnortes des einzelnen Patienten und des Sitzes des für diesen zuständigen Kostenträgers zentral abzurechnen. Insolvenzprobleme bestehen nicht, weil die KV als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein stets leistungsfähiger Schuldner ist. Die Leistungsabrechnung erfolgt schließlich auf Grund eines Regelwerks, das die Vertragspartner der vertragsärztlichen Versor-gung auf Bundesebene vereinbart haben und dessen einheitliche Handhabung in der gesamten Bundesrepublik Deutschland prinzipiell gewährleistet ist. Diese Vorteile kann ein Nichtvertragsarzt nur nutzen, weil eine leistungsfähige KV be-steht. Deren Verwaltungstätigkeit wird aus Beiträgen der Mitglieder finanziert, die diese über Verwaltungskostenanteile ihrer Vergütungen aufbringen. Da ge-setzliche Vorschriften über die anteilige Finanzierung der Verwaltungskosten der Abrechnung von Notfallbehandlungen zum Beispiel durch die Krankenkassen oder durch einen Staatszuschuss nicht bestehen, können diese Kosten nur entweder von den Vertragsärzten als den Mitgliedern der KV oder von den Leis-tungserbringern aufgebracht werden, die von den Verwaltungsleistungen der KV als Außenstehende einen Nutzen haben. Allein das Letztere ist sachgerecht.
Dabei ist der konkrete Satz von 3,5 % für "Papierabrechner", auf den die Beklagte die Verwaltungskostenumlage festgelegt hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Obergrenze zulässiger Belastung ergibt sich entsprechend allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts aus dem Kostendeckungsprinzip. Demgemäß darf eine KV von ihren Mitgliedern (bzw. - wie hier - auch von am Notfalldienst teilnehmenden Nichtvertragsärzten) Finanzmittel nur insoweit fordern, als sie diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Die KV hat die hiernach umlegbaren Kosten grundsätzlich nach einem einheitlichen Maßstab auf alle Beitragspflichtigen umzulegen. Dabei bedarf es keiner genauen Bemessung des beitragsrechtlichen Vorteils. Ausreichend sind insoweit Schätzungen und Vermutungen sowie vergröberte Pauschalierungen. Die Höhe der Beiträge darf gemäß dem Äquivalenzprinzip lediglich nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil bzw. der Vorteilsmöglichkeit stehen, den bzw. die sie abgelten sollen. Die Beiträge dürfen die Beitragspflichtigen nur insoweit unterschiedlich belasten, als dies dem ver-schiedenen Maß an Vorteilen bzw. Vorteilsmöglichkeiten entspricht. Dement-sprechend setzt die Erhebung besonderer Abgaben nur von einem Teil der Bei-tragspflichtigen voraus, dass den dazu Herangezogenen aus der Inanspruch-nahme von Leistungen oder Einrichtungen der KV besondere Vorteile erwachsen (dazu im einzelnen BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - m.w.N.).
Diesen Anforderungen tragen die insoweit anwendbaren Satzungsbestimmungen der Beklagten über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel Rechnung. Gemäß § 13 Nr. 2 der Satzung kann die Vertreterversammlung für bestimmte Fälle aufgrund eines geringeren Aufwandes einen verminderten Beitrag sowie bei besonderen Aufwendungen einen erhöhten Beitrag beschließen. Die Diffe-renzierung der Verwaltungskostensätze nach "Papierabrechnern" (3,5 %) und EDV-Abrechnern (2,8 %) rechtfertigt sich aus dem höheren Verwaltungsaufwand, der mit der konventionellen Abrechnung verbunden ist. Die Abrechnungsscheine nach Muster 19 der Vordruckvereinbarung sind manuell zu erfassen oder zu scannen und in die EDV der Beklagten einzugeben. Hierzu ist zusätzliches Personal für die Datenerfassung und -eingabe, für eine Scan-Nachbearbeitung sowie für eine zumindest stichprobenhafte Kontrolle auf Fehlerfreiheit erforderlich. Hinzu treten Sachaufwendungen für mehr Räumlichkeiten, größere Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie ggf. für Scanner, deren Wartung und PCs für Scanner. Wenn die Beklagte diese Mehrkosten durch einen um 25 % höheren Verwaltungskostensatz auffängt, ist bei zulässiger vergröberter Pauschalierung ein Missverhältnis nicht zu erkennen. Einer trennscharfen betriebswirtschaftlichen Analyse der Kostenstrukturen bedarf es insofern nicht.
In ihrem Quartalskonto/Abrechnungsbescheid vom 28.10.2008 für das Quartal 2/2008 gibt die Beklagte den Hinweis: "Bei einer Abrechnung per EDV hätten Sie folgenden Betrag eingespart: 56,02 EUR". Soweit die Beklagte mit dem erhöhten Verwaltungskostenbeitrag neben der reinen Kostendeckung auch verhal-tenslenkende Ziele verfolgen sollte, etwa das Ziel einer Verwaltungsvereinfachung, wäre auch dies rechtlich unbedenklich. Dazu gehört insbesondere auch die Erleichterung der Verarbeitung großer Mengen von Daten, wie sie im Zusammenhang mit der einzelleistungsbezogenen vertragsärztlichen Abrechnung anfallen. Es ist deshalb grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ein Interesse daran hat, ihre Mitglieder dazu zu bewegen, ihre Abrechnungen nur mehr mit dem Computer zu erstellen und die Daten über Disketten oder andere Datenträger an ihre Abrechnungsstellen zu übermitteln (Bayer. LSG, Urteil vom 30.01.2008 - L 12 KA 228/05 -).
Das gilt auch für den Kläger. Diesem wird freigestellt, ob er weiterhin konventionell auf Papier abrechnet oder sich einer EDV-Anlage bedient. Einen Zwang, die Abrechnung der Notfallleistungen per CD oder Diskette oder online bei der Beklagten einzureichen, sehen die Abrechnungsbestimmungen nicht vor. Wenn der Kläger nach eigener Kosten-Nutzen-Analyse zu dem Ergebnis gelangt, von einer EDV-Abrechnungslegung aus wirtschaftlichen Gründen abzusehen, muss er allerdings auch die hieraus erwachsenden Konsequenzen tragen. Denn die Kehrseite seines wirtschaftlichen Vorteils ist der bei der Beklagten entstehende wirtschaftliche Nachteil durch Mehraufwand der konventionellen Abrechnung. Um diesen abzufangen, dürfen die Verwaltungskosten entsprechend erhöht werden.
Das von dem Kläger zitierte Urteil des LSG NRW vom 09.09.2009 - L 11 (10) KA 62/07 - steht der höheren Verwaltungskostenpauschale für "Papierabrechner" nicht entgegen. Diese Entscheidung befasst sich nicht mit der Abrechnung der im Notfalldienst erbrachten ärztlichen Leistungen, sondern mit der Frage, ob und inwieweit Nichtvertragsärzte zur Finanzierung der Notfalleinrichtungen (Notfalldienstpraxis) herangezogen werden dürfen. Darum geht es hier jedoch bereits deshalb nicht, weil der angefochtene Bescheid den Kläger insoweit nicht belastet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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