Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 471/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Ultraschallleistungen für die Anwendungsbereiche Untersuchung der Bewegungsorgane ohne Säuglingshüfte und Untersuchungen der Säuglingshüfte.
Der Kläger ist seit 2004 als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin in B niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seinen im Januar 2010 gestellten Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Durchführung der genannten Ultraschallleistungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2010 ab, weil diese Leistungen für Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin fachfremd seien. Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs machte der Kläger im Wesentlichen geltend, der EBM, der als Bundesrecht dem Landesrecht vorgehe, lege in der Präambel zu Kapitel 27 fest, dass bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen von Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin auch Leistungen der Abschnitte 34.2 und 33 berechnungsfähig seien. Vor dem Hintergrund dieser Regelung könne nicht angenommen werden, dass ein Ausschluss der Ärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin von Röntgen- und Sonographieleistungen sachgerecht sei. Anderenfalls würde man dem Bundesgesetzgeber vorwerfen, er würde im EBM sachwidrige Abrechnungsmöglichkeiten eröffnen. Im EBM die fraglichen Leistungen für die entsprechenden Fachärzte als berechnungsfähig einzustufen und sie andererseits als fachfremd zu bezeichnen, sei widersprüchlich, wobei der Widerspruch zu Gunsten des Bundesrechts aufzulösen sei. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Ausschluss der Vergütung fachfremder Leistungen nicht ohne jegliche Einschränkung gelte und z. B. die regelmäßige Erbringung einer bestimmten fachfremden Untersuchung dann gestattet sei, wenn auf andere Weise die ordnungsgemäße Durchführung einer dem Vertragsarzt obliegenden Untersuchung nicht möglich sei. So müsse der Kläger im Rahmen der postoperativen Rehabilitation eines Patienten untersuchen können, ob beispielsweise ein Wundhämatom oder ähnliches vorliege, um eine entsprechende Verordnung bzw. Behandlung einzuleiten. Ein weiteres Beispiel sei die Rehabilitation eines Osteoporosepatienten mit Wirbelkörperfraktur, bei dem durch die Röntgenbildkontrolle die Stabilität der Wirbelkörper geprüft werden müsse. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2010 im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid zurück. Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage, zu deren Begründung im Wesentlichen auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen wird. Ergänzend macht der Kläger geltend, die Weiterbildungsordnung, die im Zeitpunkt der Erlangung der Facharztanerkennung und der vertragsärztlichen Zulassung des Klägers Gültigkeit gehabt hat, habe auch die Vermittlung und den Erwerb von Kenntnissen über die Diagnostik vorgesehen. Da die Diagnostik im Gegensatz zur jetzigen Weiterbildungsordnung nicht eingeschränkt gewesen sei, hätten hierzu auch Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen gehört.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Ultraschallleistungen für die Anwendungsgebiete Untersuchung der Bewegungsorgane (ohne Säuglingshüfte) und Untersuchung der Säuglingshüften zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil dieser nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die beantragte Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik für die genannten Anwendungsbereiche zu Recht abgelehnt.
Rechtsgrundlage für die Erteilung der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik sind die Bestimmungen der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Ultraschalldiagnostik (Ultraschall-Vereinbarung). Nach deren § 3 Abs. 1 ist die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erst nach Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Ultraschall-Vereinbarung ist die Genehmigung für einen oder mehrere Anwendungsbereiche sowie für eine oder mehrere Anwendungsklassen zu erteilen, wenn der Arzt die entsprechenden fachlichen und apparativen Voraussetzungen nach den Abschnitten B und C im Einzelnen erfüllt. Ob beim Kläger aufgrund seiner Weiterbildung auch als Orthopäde das Vorhandensein der entsprechenden fachlichen Voraussetzungen und in der Praxis, in der der Kläger in Berufsausübungsgemeinschaft mit einem als Facharzt für Orthopädie zugelassenen Kollegen tätig ist, das Vorliegen der entsprechenden apparativen Voraussetzungen anzunehmen ist, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Denn eine Genehmigung zur systematischen Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik für die genannten Anwendungsbereiche kann dem Kläger, der ausschließlich als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin zugelassen ist, deshalb nicht erteilt werden, weil diese für einen Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin fachfremd sind. Die Bindung des Arztes an die Grenzen des Fachgebietes, für das er zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, ist, unabhängig davon, dass dieses Erfordernis dort nicht ausdrücklich normiert ist, auch bei der Erteilung von Genehmigungen nach den Qualitätssicherungsvereinbarungen zu beachten (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08.11.2006 – L 5 KA 1894/05 – und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25.05.2009 – L 3 KA 28/08 -). Die berufsrechtliche Verpflichtung eines eine Gebietsbezeichnung führenden Arztes, seine Tätigkeit auf dieses Fachgebiet zu beschränken, folgt aus den entsprechenden Regelungen der Heilberufs- und Kammergesetze der Länder bzw. der auf der Grundlage von Ermächtigungen in diesen Gesetzen erlassenen Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern. Sie gilt auch für die Tätigkeit des Arztes in der vertragsärztlichen Versorgung. Auch hierbei ist er an die Grenzen seines Fachgebietes gebunden, weshalb er für Leistungen außerhalb des Fachgebietes keinen Honoraranspruch gegen die Kassenärztliche Vereinigung hat (Bundessozialgericht, Urteile vom 11.10.2006 – B 6 KA 46/05 R -, vom 22.03.2006 – B 6 KA 75/04 R - und vom 08.09.2004 – B 6 KA 32/03 R-).
Ob eine Leistung fachgebietszugehörig oder fachfremd ist, beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (a.a.O.) nach Inhalt und Ziel der Weiterbildung für das jeweilige Fachgebiet entsprechend der Weiterbildungsordnung. Nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein umfasst der Weiterbildungsinhalt im Gebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin allein den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in den Grundlagen der Diagnostik von Rehabilitation erfordernden Krankheiten, Verletzungen und Störungen und deren Verlaufskontrolle, wobei als definierte Untersuchungsverfahren lediglich spezielle Verfahren der rehabilitativen Diagnostik, zum Beispiel sensomotorische Tests, Leistungs-, Verhaltens- und Funktionsdiagnostiktests, neuropsychologische Tests, festgelegt werden. Anders als etwa für die Weiterbildung im Gebiet der Orthopädie, für das die sonographischen Untersuchungen der Bewegungsorgane einschließlich Arthrosonographien, auch bei Säuglingen, ausdrücklich als definierte Untersuchungsverfahren ausgewiesen sind, gehört die Ultraschalldiagnostik damit nicht zum Kern des Fachgebiets der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Kläger seine Weiterbildung unter Geltung der früheren Fassung der Weiterbildungsordnung absolviert hat. Unabhängig davon, ob deren Berücksichtigung rechtlich überhaupt in Betracht kommen kann, ist auch unter Zugrundelegung der früheren Fassung der Weiterbildungsordnung nicht davon auszugehen, dass sonographische Untersuchungen dem Gebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin zuzurechnen gewesen seien. Denn auch die frühere Fassung der Weiterbildungsordnung sah die Vermittlung und den Erwerb von eingehenden Kenntnissen Erfahrungen und Fertigkeiten in der Sonographie des Gebietes z. B. für die orthopädische Weiterbildung vor, nicht aber für diejenige zum Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin. Für letztere sah auch die frühere Fassung der Weiterbildungsordnung lediglich die Vermittlung und den Erwerb von Kenntnissen über die Beurteilung der muskulären und artikulären Funktionen des Bewegungssystems einschließlich der Bewertung bildgehender Verfahren vor. Dementsprechend hatten auch die Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zum Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin nicht die Durchführung, sondern allein die Befundbewertung von 500 Röntgenbildern des Bewegungsapparates vorgesehen und sonographische Untersuchungen dagegen nicht erwähnt.
Einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Ultraschalluntersuchungen kann der Kläger auch nicht daraus herleiten, dass der EBM den Ärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin eine entsprechende Abrechnungsmöglichkeit eröffnen würde, die nicht durch die Annahme, die Leistungen seien fachfremd, eingeschränkt werden dürfte. Zur Klarstellung ist insoweit zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Bestimmungen des EBM nicht um bundesgesetzliche Regelungen handelt. Der EBM wird vielmehr von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch den Bewertungsausschuss als Bestandteil der Bundesmantelverträge vereinbart (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG V), sodass sich die Frage nach einem Konkurrenzverhältnis zwischen Bundesgesetzen und Landesgesetzen nicht stellt. Dementsprechend ist auch in der Gesetzgebung anerkannt, dass die landesrechtlichen Regelungen über die Fachgebietszugehörigkeit von Leistungen durch Bestimmungen des EBM keine Änderungen erfahren können (vgl. nur Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Darüber hinaus ist auch ein Widerspruch zwischen den landesrechtlichen Regelungen und den Bestimmungen des EBM nicht zu erkennen. Nr. 5 der Präambel zu Kapitel 27 EBM sieht zwar vor, dass bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen von Ärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin auch Leistungen der diagnostischen Radiologie und der Ultraschalldiagnostik berechnungsfähig sind. Nr. 6 der Präambel stellt jedoch klar, dass unter anderem auch die berufsrechtliche Verpflichtung zur grundsätzlichen Beschränkung auf das jeweilige Gebiet bei der Berechnung der in Nr. 5 genannten Gebührenordnungspositionen zu beachten ist. Die Präambel zu Kapitel 27 EBM eröffnet die Abrechnungsmöglichkeit von Ultraschalluntersuchungen danach nur unter dem Vorbehalt, dass die landesrechtlichen Bestimmungen über die Fachgebietszugehörigkeit dem nicht entgegen stehen.
Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht deshalb geboten, weil es sich bei den Ultraschalluntersuchungen der genannten Anwendungsbereiche lediglich um sogenannte Adnexleistungen zu anderen fachgebietszugehörigen Leistungen handeln würde. Unter einer Adnexleistung ist eine gebietsfremde Leistung zu verstehen, die im konkreten Behandlungsfall in einem engen medizinisch-persönlichen Zusammenhang mit einer gebietskonformen Leistung steht und im Rahmen eines einheitlichen Behandlungsvorganges notwendig ist. Auch die vom Kläger insoweit im Widerspruchsverfahren dargelegten Beispiele erschließen jedoch nicht, weshalb Ultraschalluntersuchungen im Rahmen eines einheitlichen Behandlungsvorganges zur Erbringung der gebietszugehörigen Leistungen erforderlich und die Einschaltung zur Ultraschalldiagnostik berechtigter Ärzte deshalb ausgeschlossen sein sollte.
Auch verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz bestehen nicht. Die Beschränkungen der Fachgebiete sind rechtmäßig, soweit die betroffenen Leistungen für das Fachgebiet nicht wesentlich und nicht prägend sind, die Abgrenzung vom fachlich medizinischen Standpunkt aus sachgerecht ist und der Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage finden kann (BSG, Urteil vom 08.09.2004 – B 6 KA 32/03 R -) Diese Vorgaben sind für die Leistungen der Ultraschalldiagnostik der genannten Anwendungsbereiche im Hinblick auf das nach seinem Zulassungsstatus für den Kläger maßgebliche, wesentlich nicht auf eine diagnostische, sondern vielmehr therapeutische Tätigkeit ausgerichtete Gebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin nach Auffassung der Kammer ohne weiteres zu bejahen. Weder sind diese Leistungen für das Fachgebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin wesentlich oder gar prägend, noch ist der Kläger daran gehindert, mit der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage finden zu können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Ultraschallleistungen für die Anwendungsbereiche Untersuchung der Bewegungsorgane ohne Säuglingshüfte und Untersuchungen der Säuglingshüfte.
Der Kläger ist seit 2004 als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin in B niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seinen im Januar 2010 gestellten Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Durchführung der genannten Ultraschallleistungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2010 ab, weil diese Leistungen für Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin fachfremd seien. Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs machte der Kläger im Wesentlichen geltend, der EBM, der als Bundesrecht dem Landesrecht vorgehe, lege in der Präambel zu Kapitel 27 fest, dass bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen von Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin auch Leistungen der Abschnitte 34.2 und 33 berechnungsfähig seien. Vor dem Hintergrund dieser Regelung könne nicht angenommen werden, dass ein Ausschluss der Ärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin von Röntgen- und Sonographieleistungen sachgerecht sei. Anderenfalls würde man dem Bundesgesetzgeber vorwerfen, er würde im EBM sachwidrige Abrechnungsmöglichkeiten eröffnen. Im EBM die fraglichen Leistungen für die entsprechenden Fachärzte als berechnungsfähig einzustufen und sie andererseits als fachfremd zu bezeichnen, sei widersprüchlich, wobei der Widerspruch zu Gunsten des Bundesrechts aufzulösen sei. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Ausschluss der Vergütung fachfremder Leistungen nicht ohne jegliche Einschränkung gelte und z. B. die regelmäßige Erbringung einer bestimmten fachfremden Untersuchung dann gestattet sei, wenn auf andere Weise die ordnungsgemäße Durchführung einer dem Vertragsarzt obliegenden Untersuchung nicht möglich sei. So müsse der Kläger im Rahmen der postoperativen Rehabilitation eines Patienten untersuchen können, ob beispielsweise ein Wundhämatom oder ähnliches vorliege, um eine entsprechende Verordnung bzw. Behandlung einzuleiten. Ein weiteres Beispiel sei die Rehabilitation eines Osteoporosepatienten mit Wirbelkörperfraktur, bei dem durch die Röntgenbildkontrolle die Stabilität der Wirbelkörper geprüft werden müsse. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2010 im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid zurück. Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage, zu deren Begründung im Wesentlichen auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen wird. Ergänzend macht der Kläger geltend, die Weiterbildungsordnung, die im Zeitpunkt der Erlangung der Facharztanerkennung und der vertragsärztlichen Zulassung des Klägers Gültigkeit gehabt hat, habe auch die Vermittlung und den Erwerb von Kenntnissen über die Diagnostik vorgesehen. Da die Diagnostik im Gegensatz zur jetzigen Weiterbildungsordnung nicht eingeschränkt gewesen sei, hätten hierzu auch Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen gehört.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Ultraschallleistungen für die Anwendungsgebiete Untersuchung der Bewegungsorgane (ohne Säuglingshüfte) und Untersuchung der Säuglingshüften zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil dieser nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die beantragte Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik für die genannten Anwendungsbereiche zu Recht abgelehnt.
Rechtsgrundlage für die Erteilung der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik sind die Bestimmungen der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Ultraschalldiagnostik (Ultraschall-Vereinbarung). Nach deren § 3 Abs. 1 ist die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erst nach Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Ultraschall-Vereinbarung ist die Genehmigung für einen oder mehrere Anwendungsbereiche sowie für eine oder mehrere Anwendungsklassen zu erteilen, wenn der Arzt die entsprechenden fachlichen und apparativen Voraussetzungen nach den Abschnitten B und C im Einzelnen erfüllt. Ob beim Kläger aufgrund seiner Weiterbildung auch als Orthopäde das Vorhandensein der entsprechenden fachlichen Voraussetzungen und in der Praxis, in der der Kläger in Berufsausübungsgemeinschaft mit einem als Facharzt für Orthopädie zugelassenen Kollegen tätig ist, das Vorliegen der entsprechenden apparativen Voraussetzungen anzunehmen ist, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Denn eine Genehmigung zur systematischen Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik für die genannten Anwendungsbereiche kann dem Kläger, der ausschließlich als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin zugelassen ist, deshalb nicht erteilt werden, weil diese für einen Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin fachfremd sind. Die Bindung des Arztes an die Grenzen des Fachgebietes, für das er zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, ist, unabhängig davon, dass dieses Erfordernis dort nicht ausdrücklich normiert ist, auch bei der Erteilung von Genehmigungen nach den Qualitätssicherungsvereinbarungen zu beachten (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08.11.2006 – L 5 KA 1894/05 – und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25.05.2009 – L 3 KA 28/08 -). Die berufsrechtliche Verpflichtung eines eine Gebietsbezeichnung führenden Arztes, seine Tätigkeit auf dieses Fachgebiet zu beschränken, folgt aus den entsprechenden Regelungen der Heilberufs- und Kammergesetze der Länder bzw. der auf der Grundlage von Ermächtigungen in diesen Gesetzen erlassenen Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern. Sie gilt auch für die Tätigkeit des Arztes in der vertragsärztlichen Versorgung. Auch hierbei ist er an die Grenzen seines Fachgebietes gebunden, weshalb er für Leistungen außerhalb des Fachgebietes keinen Honoraranspruch gegen die Kassenärztliche Vereinigung hat (Bundessozialgericht, Urteile vom 11.10.2006 – B 6 KA 46/05 R -, vom 22.03.2006 – B 6 KA 75/04 R - und vom 08.09.2004 – B 6 KA 32/03 R-).
Ob eine Leistung fachgebietszugehörig oder fachfremd ist, beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (a.a.O.) nach Inhalt und Ziel der Weiterbildung für das jeweilige Fachgebiet entsprechend der Weiterbildungsordnung. Nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein umfasst der Weiterbildungsinhalt im Gebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin allein den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in den Grundlagen der Diagnostik von Rehabilitation erfordernden Krankheiten, Verletzungen und Störungen und deren Verlaufskontrolle, wobei als definierte Untersuchungsverfahren lediglich spezielle Verfahren der rehabilitativen Diagnostik, zum Beispiel sensomotorische Tests, Leistungs-, Verhaltens- und Funktionsdiagnostiktests, neuropsychologische Tests, festgelegt werden. Anders als etwa für die Weiterbildung im Gebiet der Orthopädie, für das die sonographischen Untersuchungen der Bewegungsorgane einschließlich Arthrosonographien, auch bei Säuglingen, ausdrücklich als definierte Untersuchungsverfahren ausgewiesen sind, gehört die Ultraschalldiagnostik damit nicht zum Kern des Fachgebiets der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Kläger seine Weiterbildung unter Geltung der früheren Fassung der Weiterbildungsordnung absolviert hat. Unabhängig davon, ob deren Berücksichtigung rechtlich überhaupt in Betracht kommen kann, ist auch unter Zugrundelegung der früheren Fassung der Weiterbildungsordnung nicht davon auszugehen, dass sonographische Untersuchungen dem Gebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin zuzurechnen gewesen seien. Denn auch die frühere Fassung der Weiterbildungsordnung sah die Vermittlung und den Erwerb von eingehenden Kenntnissen Erfahrungen und Fertigkeiten in der Sonographie des Gebietes z. B. für die orthopädische Weiterbildung vor, nicht aber für diejenige zum Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin. Für letztere sah auch die frühere Fassung der Weiterbildungsordnung lediglich die Vermittlung und den Erwerb von Kenntnissen über die Beurteilung der muskulären und artikulären Funktionen des Bewegungssystems einschließlich der Bewertung bildgehender Verfahren vor. Dementsprechend hatten auch die Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zum Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin nicht die Durchführung, sondern allein die Befundbewertung von 500 Röntgenbildern des Bewegungsapparates vorgesehen und sonographische Untersuchungen dagegen nicht erwähnt.
Einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Ultraschalluntersuchungen kann der Kläger auch nicht daraus herleiten, dass der EBM den Ärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin eine entsprechende Abrechnungsmöglichkeit eröffnen würde, die nicht durch die Annahme, die Leistungen seien fachfremd, eingeschränkt werden dürfte. Zur Klarstellung ist insoweit zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Bestimmungen des EBM nicht um bundesgesetzliche Regelungen handelt. Der EBM wird vielmehr von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch den Bewertungsausschuss als Bestandteil der Bundesmantelverträge vereinbart (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG V), sodass sich die Frage nach einem Konkurrenzverhältnis zwischen Bundesgesetzen und Landesgesetzen nicht stellt. Dementsprechend ist auch in der Gesetzgebung anerkannt, dass die landesrechtlichen Regelungen über die Fachgebietszugehörigkeit von Leistungen durch Bestimmungen des EBM keine Änderungen erfahren können (vgl. nur Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Darüber hinaus ist auch ein Widerspruch zwischen den landesrechtlichen Regelungen und den Bestimmungen des EBM nicht zu erkennen. Nr. 5 der Präambel zu Kapitel 27 EBM sieht zwar vor, dass bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen von Ärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin auch Leistungen der diagnostischen Radiologie und der Ultraschalldiagnostik berechnungsfähig sind. Nr. 6 der Präambel stellt jedoch klar, dass unter anderem auch die berufsrechtliche Verpflichtung zur grundsätzlichen Beschränkung auf das jeweilige Gebiet bei der Berechnung der in Nr. 5 genannten Gebührenordnungspositionen zu beachten ist. Die Präambel zu Kapitel 27 EBM eröffnet die Abrechnungsmöglichkeit von Ultraschalluntersuchungen danach nur unter dem Vorbehalt, dass die landesrechtlichen Bestimmungen über die Fachgebietszugehörigkeit dem nicht entgegen stehen.
Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht deshalb geboten, weil es sich bei den Ultraschalluntersuchungen der genannten Anwendungsbereiche lediglich um sogenannte Adnexleistungen zu anderen fachgebietszugehörigen Leistungen handeln würde. Unter einer Adnexleistung ist eine gebietsfremde Leistung zu verstehen, die im konkreten Behandlungsfall in einem engen medizinisch-persönlichen Zusammenhang mit einer gebietskonformen Leistung steht und im Rahmen eines einheitlichen Behandlungsvorganges notwendig ist. Auch die vom Kläger insoweit im Widerspruchsverfahren dargelegten Beispiele erschließen jedoch nicht, weshalb Ultraschalluntersuchungen im Rahmen eines einheitlichen Behandlungsvorganges zur Erbringung der gebietszugehörigen Leistungen erforderlich und die Einschaltung zur Ultraschalldiagnostik berechtigter Ärzte deshalb ausgeschlossen sein sollte.
Auch verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz bestehen nicht. Die Beschränkungen der Fachgebiete sind rechtmäßig, soweit die betroffenen Leistungen für das Fachgebiet nicht wesentlich und nicht prägend sind, die Abgrenzung vom fachlich medizinischen Standpunkt aus sachgerecht ist und der Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage finden kann (BSG, Urteil vom 08.09.2004 – B 6 KA 32/03 R -) Diese Vorgaben sind für die Leistungen der Ultraschalldiagnostik der genannten Anwendungsbereiche im Hinblick auf das nach seinem Zulassungsstatus für den Kläger maßgebliche, wesentlich nicht auf eine diagnostische, sondern vielmehr therapeutische Tätigkeit ausgerichtete Gebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin nach Auffassung der Kammer ohne weiteres zu bejahen. Weder sind diese Leistungen für das Fachgebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin wesentlich oder gar prägend, noch ist der Kläger daran gehindert, mit der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage finden zu können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved