S 33 KA 104/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 104/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, trägt der Kläger.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Beendigung eines Verfahrens zur Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes.

Der Kläger wie auch der Beigeladene zu 8) sind als Fachärzte für Augenheilkunde in F niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Nachdem der Beklagte dem Antrag des Beigeladenen zu 8) gemäß § 103 Abs. 3 a SGB V auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens mit Beschluss vom 23.04.2014 entsprochen hatte, schrieb die zu 7) beigeladene L W O den Vertragsarztsitz des Beigeladenen zu 8) gemäß § 103 Abs. 4 SGB V im Rheinischen Ärzteblatt 6/2014 aus. Für die Nachbesetzung bewarb sich unter anderem der Kläger, verbunden mit dem Antrag, die Beschäftigung einer angestellten Ärztin zur Weiterführung der Praxis zu genehmigen. Im Nachbesetzungsverfahren fand sodann am 20.08.2014 vor dem Beklagten ein Termin statt, in dem die Sache vertagt wurde. Nachfolgend nahm der Beigeladene zu 8) mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 04.11.2014 den Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes zurück, worauf hin der Beklagte das Verfahren als erledigt behandelte und einen für den 12.11.2014 angesetzten neuen Termin absagte. Dem Widersprach der Kläger unter Beantragung von Akteneinsicht, die der Beklagte ablehnte.

Im Februar 2015 hat sodann das MVZ der Klinik E die Genehmigung der Beschäftigung des Beigeladenen zu 8) als angestellter Arzt beantragt und dieser den Verzicht auf seine Zulassung unter dem Vorbehalt erklärt, dass die beantragte Anstellung bestandskräftig genehmigt wird.

Der Kläger, der weiterhin die Übernahme des Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 8) im Wege der Nachbesetzung anstrebt, hat daraufhin Klage erhoben. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, das eingeleitete Nachbesetzungsverfahren sei nicht erledigt, da der Beigeladene zu 8) nach der bestandskräftigen Entscheidung des Beklagten über die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens den dahin gehenden Antrag nicht mehr wirksam habe zurücknehmen können. Die bisherige Rechtsprechung, nach der der Vertragsarzt seinen Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes und Auswahl eines geeigneten Bewerbers bis zur Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses bzw. bis zur Bestandskraft des dem Ausschreibungsantrag stattgebenden Verwaltungsakts wirksam zurücknehmen können sollte, könne nach der zum 01.01.2012 eingeführten Neuregelung des § 103 Abs. 3 a SGB V nicht mehr aufrechterhalten werden. Denn der nach § 103 Abs. 3 a Satz 1 SGB V statthafte Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens richte sich allein auf die Ausschreibung selbst. Sei dem bestandkräftig stattgegeben worden, könne der Ausschreibungsantrag nicht mehr zurück genommen werden.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass sich das Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz des Beigeladenen zu 8) nicht durch die Rücknahme des Antrags mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 04.11.2014 erledigt hat, 2. dem Beklagten zu untersagen, aufgrund einer von Herrn G außerhalb des zu 1. genannten Nachbesetzungsverfahrens abgegebenen Verzichtserklärung auf dessen Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung die Beendigung von dessen Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung festzustellen, oder die Wirksamkeit einer solchen Verzichtserklärung sonst wie anzuerkennen, solange das zu 1. angegebene Nachbesetzungsverfahren nicht beendet ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Beigelade zu 8) habe den Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens für seinen Vertragsarztsitz vor der Auswahlentscheidung wirksam zurücknehmen können.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge und haben sich auch in der Sache nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat die Streitsache verhandeln und entscheiden können, obwohl im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.10.2016 für die Beigeladenen niemand erschienen ist, weil diese ordnungsgemäß mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Verhandlung und Entscheidung der Streitsache auch in ihrer Abwesenheit vom Termin benachrichtigt worden sind.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen, dass eine Anrufung des Berufungsausschusses nicht stattgefunden hat. § 103 Abs. 3 a Satz 11 SGB V sieht vor, dass im Rahmen des Verfahrens über die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ein Vorverfahren nicht stattfindet. Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch dann, wenn der Zulassungsausschuss die Fortsetzung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnt.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass sich das Verfahren über die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 8) nicht erledigt habe und infolge dessen auch nicht auf die begehrte Unterlassungsverpflichtung. Denn das Nachbesetzungsverfahren hat mit der Rücknahme des Antrags des Beigeladenen zu 8) seine Erledigung gefunden. Die Erklärung des Beigeladenen zu 8) vom 04.11.2014 bezog sich zwar auf die Rücknahme eines Antrags auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes, diese Erklärung ist bei verständiger Würdigung jedoch als Rücknahme des Antrags auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens auszulegen (vgl. auch LSG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 16.11.2015 – L 11 KA 42/15 B ER – juris, Rdnr. 62). Die Rücknahme dieses Antrags konnte vom Beigeladenen zu 8) auch wirksam erklärt werden, insbesondere hatte der Kläger zuvor keine Rechte erworben, die dem entgegenstehen könnten. Nach der ständigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung zu den Regelungen des § 103 Abs. 4 SGB V in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung kann der Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, zur Nachbesetzung durch einen geeigneten Bewerber jedenfalls bis zur Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses zurück genommen werden. Der Überlegung des Klägers, dass diese Rechtsprechung auf die ab 01.01.2012 geltende Rechtslage nicht zu übertragen sei, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. § 103 Abs. 3 a SGB V in der ab 01.01.2012 geltenden Fassung sieht vor, dass vor einer Ausschreibung des Vertragsarztsitzes durch die Kassenärztliche Vereinigung gemäß § 103 Abs. 4 SGB V zunächst der Zulassungsausschuss auf Antrag darüber entscheidet, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz stattfindet; der Antrag kann abgelehnt werden, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist, wobei in diesem Fall die Kassenärztliche Vereinigung eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts der Praxis zu zahlen hat. Aus dem Umstand, dass wegen dieser Rechtsänderung der Antrag nicht mehr auf eine Ausschreibung durch die Kassenärztliche Vereinigung zum Zwecke der Nachbesetzung beschränkt sein kann, sondern ein vorgeschalteter Antrag an den Zulassungsausschuss auf Entscheidung über die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens erforderlich geworden ist, ergeben sich indes keine weitergehenden Rechte der Bewerber. Die Rechtsänderung zielt allein darauf ab, das Instrumentarium zum Abbau von Überversorgungen zu erweitern und führt dazu, dass bei positiver Entscheidung des Zulassungsausschusses der Zustand eintritt, der vor der Rechtsänderung bestanden hatte. Weshalb hieraus eine Beschränkung des Rechts des abgabewilligen Arztes erfolgen sollte, das Nachbesetzungsverfahren durch Rücknahme des Antrags zu beenden, ist ebenso wenig ersichtlich, wie dass sich vor der Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses eine geänderte Rechtsposition der Bewerber ergeben würde. Diese rechtliche Einschätzung hat das Landessozialgericht Nordrhein Westfalen (a.a.O., Rdnr. 63-66) im vorangegangenen Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes bestätigt und ausführlich dargelegt, dass das Verfahren über die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens keinerlei Schutzwirkung zu Gunsten Dritter entfaltet.

Die Frage, ob, wie das Landessozialgericht im Weiteren dargelegt hat, das Nachbesetzungsverfahren seine Erledigung auch in Ansehung des bestandskräftigen Durchführungsbeschlusses zudem dadurch gefunden hat, dass der Beigeladene zu 8) im Februar 2015 auf die Zulassung zu Gunsten einer Anstellung verzichtet hat, kann daher offen bleiben.

Eine andere Beurteilung ergibt sich zur Überzeugung der Kammer auch nicht aus der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen und von Arztstellen in Medizinischen Versorgungszentren (Urteile vom 23.03.2016 – B 6 KA 9/15 R – und vom 15.06.2016 – B 6 KA 21/15 R -). Soweit man mit dem Kläger davon ausgehen wollte, dass der Rücknahme des Antrags auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens keine schutzwürdigen Motive zugrunde gelegen haben, könnten sich hieraus nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts allenfalls Auswirkungen auf einen Anspruch des Beigeladenen zu 8) auf ein erneutes Nachbesetzungsverfahren oder gegebenenfalls auch auf den Anspruch des MVZ der Klinik E auf eine eventuelle Nachbesetzung der angestellten Stelle des Beigeladenen zu 8) haben. Eine Einschränkung des Rechts des abgabewilligen Arztes, ein erstmals eingeleitetes Verfahren zur Nachbesetzung seines Vertragsarztsitzes bis zur Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses durch Rücknahme des Antrags zu erledigen, vermag die Kammer den genannten Entscheidungen indes nicht zu entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
Rechtskraft
Aus
Saved