S 10 KR 1922/02

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 KR 1922/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um weitere Kostenübernahme in Höhe von insgesamt 3.656,07 EUR. für Behandlungsmaßnahmen, die bei der Ehefrau des Klägers im Rahmen einer künstlichen Befruchtung nach der In-vitro-Fertilisations(IVF)- und der Intracytoplasmatischen Spermieninjektions(ICSI)-Methode entstanden sind

Während die Ehefrau des Klägers privat krankenversichert ist, ist der Kläger bei der Beklagten (gesetzlich) krankenversichert und beantragte wegen unerfülltem Kinderwunsch im Oktober 2001 die Übernahme einer IFV/ICSI-Behandlung, da die mehrfachen Untersuchungen bei ihm eine Fertilitätsstörung ergeben hatten, während alle Untersuchungen bei seiner Ehefrau ohne Befund geblieben seien. Der Antrag ging über die auch von der Beklagten gewährten - Behandlungskosten für seine unmittelbare Behandlung hinaus und betraf auch die notwendigen, insbesondere medikamentösen Behandlungen seiner Ehefrau, da deren private Krankenversicherung eine Kostenübernahme im Hinblick auf die alleinige Ursache durch den Kläger ablehnte.

Während die Beklagte mit Bescheiden vom 16.11.2001 und 07.03.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2002 die Kostenübernahme der Hodenbiopsie, der Spermienpräparation und Kapazitation nach TESE sowie die intrazystoplasmatische Spermien-Injektion selbst übernahm, lehnte sie die unmittelbar durch notwendige Behandlungen bei der Ehefrau des Klägers entstandenen Kosten, insbesondere die Erstattung der Medikamente, ab.

Hiergegen richtet sich die am 30.09.2002 beim hiesigen Gericht erhobene Klage, mit der der Kläger im Wesentlichen geltend macht, dass die Beklagte zu Unrecht eine Kostenübernahme der zur Vorbereitung der künstlichen Befruchtung notwendigen Behandlungskosten der Ehefrau abgelehnt hat. Denn die gesetzliche Krankenversicherung kenne, im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung, Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft als eine Leistung eigener Art an, die nicht an einem regelwidrigen Körperzustand des Versicherten anknüpfe, sondern sicherstellen soll, dass bei bestehendem Kinderwunsch die Infertilität des (verheirateten) Paares auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse überwunden werden soll. Da eine Inanspruchnahme der privaten Krankenversicherung der Ehefrau des Klägers ausscheide, weil diese gesund ist, müssten sämtliche Kosten der medizinisch notwendigen Heilbehandlung von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, die notwendig sind, um dem Kinderwunsch des Paares - soweit dies medizinisch möglich ist - nachzukommen. Zwar hätten sich die Spitzenverbände der Krankenversicherungen intern geeinigt, dass - soweit beide Ehepartner in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, die Kosten von der Krankenkasse der versicherten Ehefrau zu übernehmen seien, jedoch dürfe dies nicht zu Lasten der privat Versicherten führen. So habe das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 03.04.2001 in dem Fall, dass nur der Ehemann Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung ist und wegen ihm eine künstliche Befruchtung notwendig ist, ausgeführt, dass die notwendige Behandlung im Ergebnis nicht versagt werden darf, nur weil bei dem männlichen Partner keine medizinischen Leistungen anfallen und sowohl die IVF als auch die ICSI als extrakorporale Leistungen der Frau zugerechnet würden. Dem Gesetzgeber schwebte mit der Sonderregelung des § 27 a SGB V offenbar vor, Leistungsansprüche nicht einzuschränken, sondern unabhängig von der Verursachung eine Zuweisung vorzunehmen, weshalb Abs. 3 allein eine klarstellende Funktion dann zukomme, wenn der Ehegatte nicht in derselben Krankenkasse versichert oder nur einer der Ehegatten in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sei.

Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 16.11.2001 und 07.03.2002 beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere Kosten in Höhe von 3.656,07 EUR zu erstatten,
hilfsweise,
die Sprungrevision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Sprungrevision zuzulassen.

Sie vertritt dagegen die Auffassung, dass sie im Falle der Behandlung durch künstliche Befruchtung nur diejenigen Kosten zu übernehmen habe, die bei ihrem Versicherten entstehen, also im vorliegenden Fall die Untersuchung des Mannes, die Prüfung der Spermienqualität, die Aufbereitung des Samens und den HIV-Test. Maßnahmen, die ausschließlich zugunsten der Ehefrau des Klägers erfolgen, insbesondere die Kosten der zur Optimierung des Eisprungs notwendigen Medikamente, wie auch die Kosten der Ei- Entnahme sind als Kosten zur Behandlung der Ehefrau des Klägers nicht von ihr zu tragen. So habe auch das Bundessozialgericht im Urteil vom 03.04.2001 klargestellt, dass der Versicherte (hier: Kläger) die zur extrakorporalen Befruchtung notwendigen medizinischen Leistungen mit Ausnahme der bei seiner Ehefrau anfallenden Maßnahmen von seiner Krankenkasse verlangen könne. Sie stützt sich dabei auf die Ausführungen des Bundesversicherungsamtes vom 05.08.2002, wonach bei der CSI von der gesetzlichen Krankenversicherung in Fällen, in denen ein Ehepartner privat versichert und der andere Ehepartner in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist, die Kosten für die Maßnahmen zu übernehmen sind, die unmittelbar am Körper des Versicherten durchgeführt werden, sowie die Kosten, die im Rahmen der extrakorporalen Befruchtung anfallen. Die Einheitlichkeit des Versicherungsfalles der Kinderlosigkeit zwinge nicht dazu, die unmittelbar dem, nicht gesetzlich krankenversicherten Ehegatten zuzuordnenden Maßnahmen auch in den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung zu übernehmen. Dies entspräche auch der Regelung des § 27a Abs. 3 SGB V, wonach die Krankenkasse nur die Kosten der Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft zu übernehmen hat, die bei ihrem Versicherten durchgeführt werden. Demzufolge hat in den Fällen, in denen die Ehefrau privat versichert ist, die gesetzliche Krankenkasse auch nur die Kosten für die bei ihrem Versicherten anfallenden Leistungen zu übernehmen. Demzufolge bestehe auch kein Anspruch auf Kostenübernahme derjenigen, bei der Ehefrau durchgeführten Maßnahmen, worunter sowohl die IVF als auch die erforderlichen Medikamentenkosten fielen.

Bezüglich des weiteren Sachvortrags der Beteiligten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten und die Gerichtsakte, die beide Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2004 waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Bescheide der Beklagten vom 16.11.2001 und 07.03.2002 beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2002 sind nicht zu beanstanden. Darin hat die Beklagte zu Recht die Kosten der künstlichen Befruchtung mittels IVF/ICSI auf die Untersuchungen des Mannes (Prüfung der Spermienqualität, Aufbereitung des Samens, HIV-Test) beschränkt und die unmittelbar im Zusammenhang mit der Ehefrau des Klägers stehenden Behandlungskosten, insbesondere für die Medikamente zur Ovulations- Timing, zur Down-Regulation, zur Hormunbehandlung und für die Gelbkörperphase abgelehnt.

Nach § 11 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, Die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), haben Versicherte Anspruch auf Leistung zur Verhütung von, Krankheiten und von deren Verschlimmerung, zur Früherkennung von Krankheiten sowie zur Behandlung einer Krankheit. Dabei müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach § 27a umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn

1. diese Maßnahmen nach fachärztlicher Feststellung erforderlich sind,
2. nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, dass durch die Maßnahme eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme dreimal ohne Erfolg durchgeführt worden ist,
3. die Personen, die die Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind,
4. ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und
5. sich die Ehegatten vor Durchführung der Maßnahme von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst durchführt, über eine solche Behandlung unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte haben unterrichten lassen und der Arzt sie an einen der Ärzte oder eine der Einrichtungen überwiesen hat, denen eine Genehmigung erteilt worden ist.

Der Anspruch auf Sachleistungen wird dabei begrenzt auf Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben sowie bei weiblichen Versicherten, die das 40. und bei männlichen Versicherten, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 27a Abs. 3 Satz 1 SGB V).

Damit wird ein eigenständiger Versicherungsfall begründet, der auch dem gesunden Ehegatten gegen seine Kasse einen Anspruch einräumt. Die gesetzliche Krankenversicherung darf demnach Leistungen der künstlichen Befruchtung ihrem Versicherten nicht mit der Begründung versagen, dass bei ihm keine krankhafte Störung vorliege, wegen der die künstliche Befruchtung durchgeführt wird (BSG, Urteil vom 03.04.2001 - B 1 KR 22/00 R). Diese Regelung unterscheidet sich maßgeblich von dem Leistungskatalog der privaten Krankenversicherung, wo es keine gesonderte Regelungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung gibt, sondern auch dort nur darauf abgestellt wird, ob die Ursache des nicht auf natürlichem Wege zu erfüllenden Kinderwunsches durch den privat Versicherten "verursacht" wird. Entsprechend hat die private Krankenversicherung der Ehefrau des Klägers die Übernahme der bei ihr entstandenen, jedoch auf der Fertilitätsstörung des Klägers beruhenden Behandlungskosten abgelehnt.

Gestützt auf diese teils gesetzlichen, teils erst durch die Rechtsprechung konkretisierten Grundsätze, denen sich die erkennende Kammer ausdrücklich anschließt, steht dem Kläger kein weiterer Anspruch auf Kostenübernahme iHv. 3.656,07 EUR zu. Dass der Kläger und seine Ehefrau dabei die gesetzlichen Voraussetzungen des § 27a SGB V erfüllen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, weshalb die Beklagte auch in den angegriffenen Bescheiden grundsätzlich ihre Leistungspflicht für die durchgeführte künstliche Befruchtung (IVF/ICSI) anerkannt hat. Denn die IVF/ICSI-Behandlung war nach ärztlicher Feststellung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderlich, erfolgte unter Verwendung der Ei- und Samenzellen des miteinander verheirateten Ehepaares (Kläger und seine Ehefrau) und bot hinreichende Aussicht auf Herbeiführung der Schwangerschaft. Dies lässt sich nicht zuletzt damit begründen, dass tatsächlich eine Schwangerschaft eintrat und ein Kind geboren wurde.

Dass sich die Beklagte mit ihrer Entscheidung zu teilweisen Kostenübernahme gegen den Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 01.10.1997 gestellt hatte, mit dem die ICSSI "bis auf Weiteres nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre", ist unschädlich, da auch die erkennende Kammer den Ausschluss dieser Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht für rechtswidrig hält (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2001 - B 1 KR 40/00 - R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 31.01.03 - L 4 KR 3130/02; LSG Niedersachsen, Urteil vom 23.02.2000 - L 4 KR 130/98; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.08.2001 - L 5 NZB - KR 7/01, LSG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 23.10.2003 - L 5 KR 50/03; anderer Auffassung für den Bereich der Beihilferegelungen Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.03.2001 - 2 C 36/00 sowie OVG Saarland, Urteil vom 06.05.2003 - 1 R 11/02).

Die grundsätzliche Pflicht zur Leistung der Krankenbehandlung im Falle nicht auf natürlichem Wege erfüllbaren Kinderwunsches im Sinne des § 27a SGB V sagt jedoch nichts darüber aus, ob die gesetzliche Krankenkasse sämtliche Kosten der Behandlung zu tragen hat, insbesondere ob sie auch für solche Kosten Einzustehen hat, die durch die Behandlung der, nicht bei ihr versicherten Person bedingt sind (vgl. zum Ausschluss der sogenannten Krypto-Konservierung BSG, Urteil vom 25. mai 2000 - B 8 KN 3/99 KR R). Zwar trifft die gesetzliche Krankenversicherung die Leistungspflicht selbst dann, wenn die Ursache für den auf natürlichem Wege nicht zu erreichenden Kinderwunsch nicht in der Person des bei ihr Versicherten liegt (vgl. SG Regensburg, Urteil vom 24.09.03 - S 2 KR 191/03; SG Dortmund, Urteil vom 24.06.03 - S 13 KR 43/03; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.10.03 L 5 KR 50/03). Denn § 27a SGB V knüpft die Leistungspflicht nicht an einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand ihres Mitgliedes, sondern ausschließlich an die ungewollte Kinderlosigkeit des Ehepaares und die daraus resultierende Notwendigkeit einer künstlichen Befruchtung an. Dementsprechend wird allein vorausgesetzt, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Herbeiführung der gewünschten Schwangerschaft erforderlich und Erfolg versprechend sind, ohne dass es auf die Umstände, die die Fertilität verursachen und insbesondere, ob überhaupt eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne vorliegt, ankommt (BSG, Urteil vom 03.04.2001 - B 1 KR 22/00 R). Dies bedeutet jedoch nur, dass die Eintrittspflicht der Krankenkasse unabhängig davon gegeben ist, ob die Fertilitätsstörung bei ihrem Versicherten vorliegt.

Entgegen der Auffassung des Klägers kann aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 03.04.2001 (B 1 KR 22/00 R) jedoch nicht abgeleitet werden, dass die damit eintrittspflichtige Krankenkasse sämtliche Kosten der künstlichen Befruchtung zu übernehmen hätte, unabhängig davon, bei wem die Behandlungsmaßnamen durchgeführt worden sind. Vielmehr hat die Beklagte zutreffend entschieden, dass - unabhängig davon, bei wem die Fertilitätsstörung vorliegt - die Krankenkasse nur für diejenigen Kosten aufzukommen hat, die bei ihrem Versicherten entstanden und die zwingend für die Invitro- Fertilisation sowie der Implantation des befruchteten Eies notwendig sind. Damit scheidet jedoch die Übernahme solcher Kosten aus, die ausschließlich am Körper seiner Ehefrau, insbesondere zur Optimierung des Eisprungs, vorzunehmen waren. Entsprechend hat das Bundessozialgericht am 03.04.2001 (B 1 KR 22/00 R) auch entschieden, dass die Krankenkasse im Grundsatz alle zur extrakorporalen Befruchtung notwendigen medizinischen Leistungen "mit Ausnahme der bei der Ehefrau vorzunehmenden Maßnahmen" von seiner Krankenkasse verlangen kann. Mit dieser Einschränkung auf dem Leistungssektor wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass die Krankenkasse nur das Risiko von Behandlungsmaßnahmen abzudecken hat, die bei der Behandlung von seinem Versicherten entstanden sind (so auch im Ergebnis SG Karlsruhe, Urteil vom 04.04.2003 S 3 KR 4449/02; SG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.03.2003 - S 30/KR 3287/02; so auch ausdrücklich die Rechtsauffassung des Bundesversicherungsamtes gegenüber der Beklagten vom 05.08.2002)

Auch wenn die Spitzenverbände der (gesetzlichen) Krankenkassen sich zum Zwecke der Verwaltunsvereinfachung darauf verständigt haben, dass für den Fall, dass beide Ehepartner gesetzlich krankenversichert sind, die Krankenkasse der Ehefrau sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit dem Einsatz der künstlichen Befruchtung in Form der IVF/ICSI entstanden sind, zu übernehmen hat und dies aus praktischen und ökonomischen Gründen auch sinnvoll erscheint, rechtfertigt dies nicht die Pflicht der gesetzlichen Krankenkasse immer auch dann eintreten zu müssen, wenn die Kosten - wie hier - nicht von einer anderen Krankenkasse, sei sie gesetzlich oder privat, übernommen werden.

Die in § 27 a Abs. 3 SGB V aufgenommene Beschränkung auf Übernahme der Kosten für Maßnahmen, die bei Ihrem Versicherten durchgeführt werden, kann nur so verstanden werden, da sie sich nur so mit den Strukturprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung deckt. Denn nach § 11 Abs. 1 iVm § 27 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung nur soweit diese bei Ihnen notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dieses Prinzip kommt auch darin zum Ausdruck, dass selbst im Rahmen der Familienversicherung (§ 10 SGB V) jedem danach mitversicherten Familienangehörigen ein eigener Anspruch auf Leistungen zusteht.

Die Beschränkung der gesetzlichen Krankenversicherung in Fällen der künstlichen Befruchtung nur solche Kosten zu tragen/zu übernehmen, die unmittelbar am Körper ihres Versicherten durchgeführt werden sowie die Kosten, die im Rahmen der extrakorporalen Befruchtung anfallen, ist auch unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbes gerechtfertigt. Denn aufgrund der heutigen Gesetzeslage stehen die gesetzlichen Krankenversicherungen auch im Wettbewerb mit den privaten Krankenversicherungen, weshalb eine gesetzliche Regelung, die einseitig die gesetzlichen Krankenkassen belastet, mit dem Gedanken eines fairen Wettbewerbes nicht in Einklang zu bringen ist.

Wie oben dargelegt, hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 27 a SGB V (nur) die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, die Kosten der künstlichen Befruchtung bei ihrem Versicherten selbst dann zu übernehmen, wenn die für die Notwendigkeit der Behandlung ursächliche Fertilitätsstörung gar nicht durch ihn verursacht wird. Dem gegenüber leisten die privaten Versicherungen, wie im vorliegenden Fall deutlich wird, nur dann, wenn die Fertilitätsstörung auch tatsächlich bei ihrem Mitglied entsteht. Würde man die gesetzlichen Krankenkassen und Ersatzkassen darüber hinaus noch im Rahmen des § 27 a SGB V dazu verpflichten, nicht nur die Kosten ihres Mitgliedes sondern sämtliche Kosten dann zu übernehmen, wenn eine andere (z. B. die private) Krankenversicherung keine Leistung erbringt, würde dies zu einem deutlichen Wettbewerbsnachteil führen. Denn die Kosten einer künstlichen Befruchtung haben selbstverständlich unmittelbare Auswirkungen auf den Beitragssatz der Krankenkassen, so dass sich die privaten Krankenkassen in den Fällen, in denen die Fertilitätsstörung nicht bei ihrem privaten Mitglied liegt, immer zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung befeien könnten. Entsprechend niedriger könnten sie ihre Beiträge kalkulieren.

Aus dem o. g. ergibt sich, dass die Beklagte zu Recht die Kosten der mit der künstlichen Befruchtung (IVF/ICSI-Methode) verbundenen Maßnahmen nur insoweit zu tragen haben, als es sich um Kosten für Maßnahmen handelt, die unmittelbar am Körper des Versicherten durchgeführt werden sowie um solche Maßnahmen, die im Rahmen der extrakorporalen Befruchtung anfallen. Ausgeschlossen sind damit sämtliche Kosten für Maßnahmen, die unmittelbar bei der Ehefrau des Klägers vorzunehmen sind. Damit erweisen sich die Bescheide der Beklagten vom 16.11.2001 und 07.03.2002 beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2002 im Einklang mit der Sach- und Rechtslage, so dass die hiergegen erhobene Klage keinen Erfolg haben konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.

Die Kammer hat die Sprungrevision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, zumal beide Beteiligten im Falle des Unterliegens entsprechende Anträge gestellt haben und die Urteile des Bundessozialgerichts vom 03.04.2001 (B 1 KR 22/00 R und B 1 KR 40/00 R) die hier strittige Rechtsfrage nicht eindeutig beantwortet haben.
Rechtskraft
Aus
Saved