Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 1029/17 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
ohne
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), insbesondere um das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II zwischen der Antragstellerin zu 2. (Frau A.) und dem Zeugen Herr G.
Die 1983 geborene Antragstellerin zu 2. ist die Mutter der Antragsteller zu 3. (Herr A., geboren 2002 in Rumänien) und zu 1. (A., geboren 2005 in Rumänien). Die jeweiligen Väter sind nach Angaben der Antragstellerin zu 2. unbekannt. Die Antragsteller zu 1.-3. haben die rumänische Staatsbürgerschaft. Die Antragstellerin erhält derzeit für ihre beiden Kinder von in Höhe von jeweils 192,00 EUR.
Der Bruder der Antragstellerin zu 2., Herr M., ist ein guter Freund des Zeugen G. Er reiste zeitlich vor der Antragstellerin in die Bundesrepublik Deutschland ein (der genaue Zeitpunkt ist dem Gericht nicht bekannt) und arbeitete seit 2010 oder 2011 bei der F. AG zusammen mit dem Zeugen G. Hierbei entwickelte sich eine Freundschaft, die nach den Bekundungen des Zeugen G. bis heute besteht. Wo sich der Bruder derzeit aufhält, ist dem Gericht nicht bekannt. Der Zeuge G. (geboren 1971, deutscher Staatsbürger) ist nach eigenen Angaben vor vier Jahren, also im Jahr 2013, geschieden worden und hat mit seiner Ex-Ehefrau zwei Kinder (17 und 19 Jahre alt, beide wohnhaft in J-Stadt bei der Mutter). Er arbeitet als Angestellter in Vollzeit bei der F. AG und im Rahmen eines Minijobs bei der Firma I. GmbH. Zudem ist er selbständig als Elektrotechniker tätig und ist Eigentümer eines Wohnhauses in der P-Straße in G-Stadt. Eine Wohnung in diesem Wohnhaus bewohnt er nach eigenen Angaben selbst, die restlichen Wohnungen sind vermietet. Nach den Bekundungen des Zeugen G. bestehen Schulden gegenüber seiner Ex-Ehefrau, sein Gehalt bei der F. AG (ca. 2.400,00 - 2.500,00 EUR brutto) sei bis auf dem pfändungsfreien Betrag gepfändet, so dass er von der F. AG monatlich lediglich etwa 1.006,00 EUR erhalte.
Die Antragstellerin zu 2. gab an, sie sei zunächst mit ihren beiden Kindern zu ihrem Bruder nach J-Stadt gezogen. Ihrem Lebenslauf ist zu entnehmen, dass sie im März 2011 bis April 2015 als Servicekraft bei dem Restaurant H. in J-Stadt beschäftigt gewesen ist (Bl. 10127 der Verwaltungsakte). Sie habe dann eine eigene Wohnung gesucht und habe im Jahr 2012 eine Wohnung in der F-Straße in J-Stadt gefunden. Diese Wohnung habe sie nur deshalb anmieten können, weil der Zeuge G. den Mietvertrag als Mieter mit unterzeichnet habe. Dies habe er aus Freundschaft getan, um ihr und den Kindern zu helfen. In dem Mietvertrag zwischen dem Vermieter Herr R. und der Antragstellerin zu 2. sowie dem Zeugen G. ist vereinbart gewesen, dass 2 Personen in die Mietsache einziehen. Die Wohnung befand sich im 3. Obergeschoss links und bestand aus 2 Zimmern, einer Küche, einer Diele/Flur, einem Bad und einem Kellerraum. Die Kinder der Antragstellerin sind in dem Mietvertrag nicht erwähnt. (Mietvertrag vom 1.3.2012 auf Bl. 10204 der Verwaltungsakte).
Die Antragstellerin zu 2. war im Zeitraum vom 2.5.2015 bis 14.2.2016 bei dem J. in J Stadt und Umgebung e.V. (J.) angestellt (Arbeitsvertrag vom 30.4.2015, Bl. 126-128 der Gerichtsakte). Im Zeitraum vom 15.2.2016 bis 31.1.2017 war sie bei der Firma R. GmbH in Teilzeit angestellt. Der Arbeitsvertrag war befristet bis zum 31.1.2017, es wurde ein Bruttogehalt von 1.300,00 EUR monatlich vereinbart (Bl. 68-70 der Gerichtsakte). Die Antragsteller zu 1.-3. fanden in der A-Straße in A-Stadt eine neue Wohnung (Erdgeschosswohnung) mit dreieinhalb Zimmern, einem Bad mit WC, 2 Terrassen, einer Küche und einem Kellerraum. Die Größe der Wohnung beträgt ca. 96 m², die beheizte Wohnfläche beträgt 90 m². Der Mietvertrag ist von der Vermieterin Frau W. und der Antragstellerin zu 2. sowie dem Zeugen G. am 14.3.2016 unterzeichnet worden (vgl. Wohnungsabnahmeprotokoll vom 1.6.2016, Bl. 10038 der Verwaltungsakte). In dem Wohnungsabnahmeprotokoll wurden der Zeuge G. und die Antragstellerin ebenfalls als Mieter bezeichnet. Ausweislich des Mietvertrags belief sich die Kaution auf 2.175,00 EUR. Die Gesamtzahl der Personen, die die Wohnung bewohnen, war in dem Mietvertrag mit 4 Personen angegeben (Bl. 10036 der Verwaltungsakte). Ausweislich der Vermieterbescheinigung betragen die Kaltmiete 725,00 EUR, die Nebenkostenvorauszahlung 225,00 EUR und der Haushaltsstrom 100,00 EUR monatlich (Bl. 10119 der Verwaltungsakte). Nach Angabe der Antragstellerin zu 2. habe der Zeuge G. diesen Mietvertrag als Mieter mitunterzeichnet, da sie mit ihrem geringen Gehalt bei der Firma R. den Mietvertrag ansonsten nicht hätte abschließen können. Nach Bekundung des Zeugen G. hat er die Kaution i.H.v. 2174,00 EUR in bar an die Vermieterin gezahlt.
Die Antragsteller zu 1.-3. sind am 31.5.2016 in die Wohnung in der A-Straße in A-Stadt eingezogen und haben sich ausweislich der Meldebestätigung der Stadt A-Stadt vom 11.4.2017 dort zum 1.6.2016 amtlich gemeldet (Bl. 10112 der Verwaltungsakte). Der Zeuge G. ist ausweislich der Meldebestätigung der Stadt A-Stadt vom 19.4.2017 seit dem 1.7.2016 mit Hauptwohnsitz in der A-Straße in A-Stadt amtlich gemeldet (Bl. 10206 der Verwaltungsakte).
Zwischenzeitlich ist der Arbeitsvertrag der Antragstellerin zu 2. mit der Firma R. zum 31.1.2017 ausgelaufen und wurde nicht verlängert. Sie erhielt im Anschluss von der Bundesagentur für Arbeit Frankfurt Arbeitslosengeld I seit 1.2.2017 bis zum 30.11.2017 i.H.v. 17,61 EUR (528,30 EUR monatlich), wobei im Zeitraum vom 1.2.17 bis 7.2.17 und vom 10.3.17 – 16.3.17 eine Sperrzeit verhängt wurde wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung (vgl. Änderungsbescheid der BA vom 23.5.2017, Bl. 74 ff. der Gerichtsakte).
Die Antragstellerin zu 2. beantragte am 7.4.2017 für sich und ihre beiden Kinder Leistungen nach dem SGB II. Sie gab in der Anlage KdU (Kosten der Unterkunft) an, dass eine weitere Person, der Zeuge G., in ihrer Unterkunft lebe (Bl. 10084 der Verwaltungsakte).
Daraufhin forderte der Antragsgegner mit Schreiben vom 28.6.2017 und 4.8.2017 zur Bearbeitung des Antrags verschiedene Unterlagen von der Antragstellerin und dem Zeugen G. an, da er unter Hinweis auf die Vermutungsregelung in § 7 Abs. 3a SGB II davon ausging, dass eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt.
Im weiteren Verlauf legte die Antragstellerin zu 2. Kontoauszüge ihres Girokontos bei der X. Bank, Konto IBAN: DE XX, für den Zeitraum vom 1.3.2017 bis 28.4.2017 vor (Bl. 10160 bis 10175 der Verwaltungsakte). Daraus ist ersichtlich, dass am 15.3.2017 ein Zahlungseingang i.H.v. 377,20 EUR von der Firma I. GmbH mit dem Betreff Lohn/Gehalt gebucht wurde. Ebenso wurde am 13.4.2017 das Minijob-Gehalt des Zeugen G. i.H.v. 433,78 EUR auf dem Girokonto der Antragstellerin gutgeschrieben. Am 8.3.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 950,00 EUR an die Vermieterin W. mit dem Verwendungszweck "Miete und " überwiesen. Am 19.4.2017 wurden unter demselben Verwendungszweck 950,00 EUR an die Vermieterin überwiesen. Am 3.4.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 67,84 EUR unter dem Verwendungszweck "Strom und " überwiesen. Der Empfänger ist namentlich nicht aufgeführt. Am 13.3.2017 wurde eine Überweisung an einen Herrn W. unter Angabe des Verwendungszwecks "Garten 10sdat G." i.H.v. 15,84 EUR getätigt. Am 13.3.2017 wurde eine Überweisung an die K. unter dem Verwendungszweck " G. Nr. xxx11" i.H.v. 164,45 EUR getätigt. Am 16.3.2017 wurde zudem eine Überweisung an die Stadt Frankfurt getätigt unter dem Verwendungszweck " G. Akten xxx2". Des Weiteren wurde am 8.3.2017 ein Betrag i.H.v. 500,00 EUR eingezahlt. Am 13.3.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 380,00 EUR eingezahlt. Am 3.4.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 950,00 EUR eingezahlt. Am 19.4.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 500,00 EUR eingezahlt.
Die Antragstellerin zu 2. legte zwei Schreiben vom 1.5.2017 vor, in welchen sie mitteilte, dass sie sich von Frau M. 500,00 EUR, von Frau T. 500,00 EUR, von ihrem Mitbewohner Herr S. 380,00 EUR und von Herr E. insgesamt 750,00 EUR geliehen und dieses Geld auf Ihr Konto eingezahlt habe, um die Miete und die Nebenkosten bezahlen zu können. Es sei vereinbart worden, dass sie das Geld zurückzahle, wenn sie vom Arbeitsamt Geld bekomme (Bl. 10177 f. der Verwaltungsakte).
Gegenüber dem Antragsgegner teilte die Antragstellerin zu 2. mit Schreiben vom 1.5.2017 mit, der Zeuge G. sei ihr Mitbewohner und habe ein eigenes Zimmer, Küche und WC würden gemeinsam benutzt. Er bezahle seinen Mietanteil i.H.v. 237,50 EUR monatlich und überweise das Geld immer am Monatsersten an den Hauptmieter (Bl. 10181 der Verwaltungsakte). Die Antragstellerin zu 2. legte zudem einen Untermietvertrag zwischen ihr und dem Zeugen G. vor. Daraus geht hervor, dass sie als Hauptmieterin dem Zeugen G. eine 3 Zimmer-Wohnung in der A-Straße in A-Stadt mit 96 m² Wohnfläche vermietet. Die Miete beträgt monatlich 725,00 EUR zzgl. 225,00 EUR Nebenkosten, Gesamt 950,00 Euro mit Mietbeginn zum 1.6.2016. Der Untermietvertrag wurde von der Antragstellerin zu 2. und dem Zeugen G. am 11.5.2017 unterzeichnet (Bl. 10144 - 10149 der Verwaltungsakte).
Am 29.6.2017 führte der Antragsgegner durch einen Mitarbeiter, Herrn S., einen morgendlichen Hausbesuch durch. In dem Protokoll vom 30.6.2017 ist festgehalten, der Zeuge G. sei morgens im Wohnzimmer angetroffen worden, er habe einen verschlafenen Eindruck vorgespielt und laut gegähnt. Er habe angegeben, er habe auf der Couch geschlafen, habe aber Jeans und ein normales Oberteil getragen. Die Antragstellerin zu 2. habe angegeben, das Schlafzimmer allein zu nutzen. Auf dem Bett habe Bettzeug für eine Person gelegen, bezogen mit derselben Bettwäsche, die auch der Zeuge G. benutze. Der Kleiderschrank werde von beiden benutzt und stehe im Schlafzimmer. Die männlichen Kleidungsstücke darin seien von ihrem Bruder. In der Küche werde alles gemeinsam benutzt, Wäsche werde zusammen gewaschen (Bl. 1021 f. der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 3.8.2017 teilte der Prozessbevollmächtigte dem Antragsgegner mit, der Zeuge G. lebe nicht mit den Antragsteller zu 1.-3. zusammen, sondern besuche die Antragstellerin zu 2. nur gelegentlich. Er sei überwiegend wohnhaft in G-Stadt. Schon gar nicht habe zwischen den Partnern eine Beziehung bestanden, indem der gemeinsame Lebensunterhalt im Vordergrund stand, da der Zeuge G. für seine beiden unterhaltsberechtigten Kinder einstehen müsse und überdies für ihn seine eigenen Bedürfnisse im Vordergrund standen. Bei den Bekleidungsstücken im Kleiderschrank handele es sich um Kleidungsstücke des Bruders der Antragstellerin zu 2., der Anfang des Jahres nach Rumänien verreist sei. Dass Wäsche hin und wieder gemeinsam gewaschen oder gemeinsam gekocht und Geschirr verwendet wurde, sei dem Umstand zu verdanken, dass der Zeuge G. gelegentlich zu Besuch gewesen sei. Eine Verantwortungsgemeinschaft und somit eine Bedarfsgemeinschaft entstehe daraus nicht. Im Übrigen sei die Antragstellerin zu 2. nicht hinreichend der deutschen Sprache mächtig (Bl. 10213 f. der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 7.9.2017, adressiert an die Antragstellerin zu 2. und den Zeugen G., versagte der Antragsgegner die Leistungen nach dem SGB II wegen fehlender Mitwirkung (Bl. 1 0223 der Verwaltungsakte). Dagegen legte die Antragstellerin zu 2. mit anwaltlichem Schreiben vom 19.9.2017 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Zeuge G. sei seit dem 17.6.2017 mit Hauptwohnsitz in G-Stadt gemeldet. Beigelegt war eine amtliche Meldebestätigung für die Änderung der Hauptwohnung, ausgestellt von der Stadt G-Stadt am 8.8.2017 (Bl. 10230 der Verwaltungsakte). Daraus geht hervor, dass der Zeuge G. am 8.8.2017 seinen alleinigen Wohnsitz zum 17.6.2017 in die P-Straße in G-Stadt umgemeldet hat.
Mit Bescheid vom 4.10.2017, adressiert an die Antragstellerin zu 2. und den Zeugen G., lehnte der Antragsgegner den Bewilligungsantrag vom 7.4.2017 wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit ab. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, er gehe weiterhin von einer Bedarfsgemeinschaft aus. Die mit Schreiben vom 4.8.2017 angeforderten Unterlagen seien nicht eingereicht worden, so dass die Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II nicht nachgewiesen sei (Bl. 10248 der Verwaltungsakte).
Der dagegen mit anwaltlichem Schreiben vom 2.11.2017 eingelegte Widerspruch ist derzeit noch nicht beschieden.
Die Antragsteller zu 1.-3. haben zwischenzeitlich am 16.11.2017 den Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem hiesigen Gericht beantragt.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Zeuge G. unterhalte die Wohnung in A-Stadt nur als Nebenwohnung und halte sich dort auch nur gelegentlich auf. Seine Hauptwohnung (Eigentumswohnung) befinde sich in der P-Straße in G-Stadt. Er habe die Antragstellerin zu 2. nur gelegentlich in verschiedenen alltäglichen Angelegenheiten unterstützt. Zwischenzeitlich seien Mietschulden i.H.v. 2.100,00 EUR aufgelaufen. Vorgelegt wurde ein Schreiben der Vermieterin Frau W. vom 18.10.2017 (Bl. 28 der Gerichtsakte). Das Schreiben ist an die Antragstellerin zu 2. gerichtet und nachrichtlich auch an den Zeugen G., beide unter der Adresse A-Straße in A-Stadt. Daraus geht hervor, die Antragstellerin zu 2. habe die fehlenden Mietanteile von 700,00 EUR monatlich nicht gezahlt. Der Mitmieter Herr G. habe für August, September und Oktober 2017 jeweils 250,00 EUR in bar bezahlt und gesagt, sie würde die noch ausstehende Miete - sobald sie Geld erhalte - begleichen. Eine Zahlung sei bisher nicht erfolgt, die Mietschulden betragen 2.100,00 EUR. Es wurde eine Zahlungsfrist bis zum 30.10.2017 gesetzt und auf das Kündigungsrecht der Vermieterin bei weiteren unpünktlichen Mietzahlung hingewiesen.
Die Antragsteller zu 1.-3. beantragen (sinngemäß),
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern zu 1.-3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Regelleistung zzgl. Unterkunftskosten in Höhe von 700,00 EUR ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen G. zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt er aus, der Antragstellerin zu 2. und der Zeuge G. bildeten eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Der Wille, füreinander einzustehen und Verantwortung zu tragen, könne hier aufgrund des langjährigen Zusammenlebens nach § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II vermutet werden. Diese gesetzliche Vermutung sei bisher nicht widerlegt worden. Im Übrigen sei es nicht nachvollziehbar, weshalb das Gehalt des Zeugen G. aus dem Minijob auf das Konto der Antragstellerin überwiesen werde. Zudem hätte die Antragstellerin die deutlich zu große und teure Wohnung im Sinne der angemessenen KdU gar nicht allein anmieten können. Der Zeuge G. habe auch durch die Übernahme der Mieten für Mai, Juni, Juli 2017 gezeigt, dass er für die Antragstellerin zu 2. nach wie vor einsteht. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass er damit auch eigene zivilrechtliche Verpflichtungen erfülle.
Das Gericht hat unter anderem Kontoauszüge der Antragstellerin zu 2. seit dem 1.3.2017 bis laufend angefordert. Die Antragstellerin hat daraufhin Kontoauszüge Ihres Girokontos bei der X. Bank für den Zeitraum vom 1.3.2016 bis 29.4.2016 (wohl versehentlich) sowie eine Umsatzanzeige für den Zeitraum vom 1.3.2017 bis 27.11.2017 vorgelegt (Bl. 78-96 der Gerichtsakte).
Das Gericht hat mit den Beteiligten am 18.12.2017 einen Erörterungstermin durchgeführt und durch Vernehmung des Zeugen G. Beweis erhoben. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei ist grundsätzlich eine Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig. Im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist dies jedoch dann möglich, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 31 m.w.N.). Eine einstweilige Anordnung kann daher nur erlassen werden, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und wegen des Nichterfüllens dieses Anspruchs schwere und anders nicht abwendbare Nachteile drohen (Anordnungsgrund). Nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen. Grundsätzlich darf dabei eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht erfolgen. Lediglich ausnahmsweise kann es erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst ein zumutbarer und angemessener Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragssteller unzumutbar wäre. Die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes setzt voraus, dass substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht wird, dass ein Eilverfahren notwendig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden.
Daran gemessen haben die Antragsteller zu 1.-3. weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller zu 2. und 3. sind zwar grundsätzlich leistungsberechtigt im Sinne der §§ 19 ff. i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 SGB II, der 12jährige Antragsteller zu 1. hat nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II grundsätzlich Anspruch auf Sozialgeld. Insbesondere greift der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c) SGB II nicht, da die Antragstellerin zu 2. nach mehr als einem Jahr sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit freizügigkeitsberechtigt im Sinne von § 2 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU ist. Zudem dürfte den Antragstellern zu 1.-3. nach einem mehr als fünfjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zudem nach § 4a FreizügG/EU ein Daueraufenthaltsrecht zustehen. Jedoch ist die Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II der Antragsteller zu 1.-3. Vorliegend nicht nachgewiesen. Ein Anordnungsanspruch wurde mangels Einkommens- und Vermögensnachweises betreffend den Zeugen G. zur Überzeugung des Gerichts nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller zu 1.-3. und den Zeugen G. treffen diesbezüglich Mitwirkungspflichten, denn das Gericht geht vorliegend von einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 2. und dem Zeugen G. aus.
Eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und somit auch die Zugehörigkeit des Partners zur Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II liegt nur dann vor, wenn der Partner der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzungen) und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung).
Zu Punkt 1.
Die Antragstellerin zu 2. und der Zeuge G. kennen sich seit etwa 6-7 Jahren und haben seit dem 1.3.2012 gemeinsam bereits zwei Wohnungen angemietet (ab dem 1.3.2012 die Wohnung in der F-Straße in J-Stadt, seit dem 1.6.2016 die derzeit bewohnte Wohnung in A-Stadt). Beide waren in der Vergangenheit auch amtlich mit Erstwohnsitz unter der jeweiligen Wohnanschrift in J-Stadt und A-Stadt gemeldet. Sie behaupten beide, sie seien kein Paar bzw. keine Partner, sondern nur freundschaftlich (platonisch) verbunden.
Das Gericht hält die Antragstellerin zu 2. und den Zeugen G. dennoch derzeit für Partner im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II, denn das Gesetz stellt nicht auf das Bestehen von wechselseitigen Gefühlen wie Liebe ab, noch verlangt es eine sexuelle Beziehung. Eine sog. eheähnliche Gemeinschaft ist eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt, sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehung in einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht (Schoch in LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 7, Rn. 76 mwN). Dem Gericht ist nicht bekannt, dass die Antragstellerin zu 2. oder der Zeuge G. einen anderen LebensgefährtIn seit 2012 bis heute gehabt haben oder haben. Der Zeuge G. hat bekundet, er sei seit 4 Jahren geschieden, so dass das Gericht davon ausgeht, dass das Trennungsjahr im Jahr 2012 begonnen hat. Das Gericht hat nach der durchgeführten Beweisaufnahme den Eindruck, dass sich der Zeuge G. gegenüber der Antragstellerin zu 2. und ihren Kindern verpflichtet und verbunden fühlt und es auch aus Eigeninteresse durch das Mitunterzeichnen des Mietvertrags ermöglicht hat, eine derart große und kostenintensive Wohnung mit 2 Terrassen in A-Stadt anzumieten. Zudem hat er nach eigenen Angaben 700,00 EUR monatlich und damit die auf die Antragsteller entfallenden Anteile im Hinblick auf das Wohnen (Miete, Wasser, Heizung, Haushaltsstrom etc.) im Mai, Juni und Juli 2017 übernommen, ohne den Anteil der Antragsteller zu 1.-3. von der Antragstellerin zu 2. nachträglich einzufordern. Auch die Bekundungen, dass er der Antragstellerin immer mal wieder Geld gegeben hat und es nicht ernsthaft zurückfordert, lassen den Schluss zu, dass er sich für sie verantwortlich fühlt. Dies ist ein ganz eindeutiger Fakt, der für eine eheähnliche Lebensgemeinschaft spricht. Auch die räumliche Aufteilung, wie sie geschildert wurde, führt nicht zwingend dazu, von einer Trennung der Partner oder von einer bloßen Wohngemeinschaft auszugehen. Das Gericht hat bereits Zweifel daran, dass das Schlafzimmer tatsächlich nicht von dem Zeugen G. mit genutzt wird, dies kann jedoch dahinstehen, da wie bereits ausgeführt, eine körperliche Nähebeziehung nicht zwingende Voraussetzungen für eine Partnerschaft ist. Auffällig ist jedoch, dass die Wohnung in A-Stadt aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer und einem kleineren Zimmer besteht. Den Schilderungen des Ermittlungsdienstes ist nicht zu entnehmen, wo sich das Schlafzimmer der beiden Kinder befindet; das Gericht geht daher vielmehr nach allgemeiner Lebenserfahrung davon aus, dass sich - entgegen des Vortrags der Antragstellerin zu 2. - das Kinderzimmer in dem kleinen Zimmer (16 qm – Zimmer) befindet. Im Übrigen hätte es – wenn man den Bekundungen des Zeugen G. folgen würde – ausgereicht, wenn er als Bürge nach §§ 765 ff. BGB für den Ausfall der Mietzinses etc. eingetreten wäre. Es ist durchaus üblich, dass ein nicht solventer Mieter mithilfe eines Bürgen (bzw. ein Elternteil eines Studenten) einen Mietvertrag abschließen kann. Stattdessen hat er sich gemeinschaftlich mit der Antragstellerin zu 2. nach § 421 BGB verpflichtet, den vollen Mietzins sowie alle weiteren Ansprüche der Vermieterin im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis zu erfüllen. Dass er die Kaution allein getragen hat, obwohl die Antragstellerin damals noch ihr Gehalt bei der Firma R. erhielt, belegt eindeutig, dass er nicht nur als Bürge auftreten wollte. Auch die erstmals im gerichtlichen Verfahren erwähnte angebliche Hausmeistertätigkeit des Zeugen wiederspricht den Bestätigungen der Vermieterin, sie habe in der Vergangenheit für August, September und Oktober 2017 einen Betrag i.H.v. 250,00 EUR von dem Zeugen G. erhalten.
Zu Punkt 2.
An dem Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehen nach Durchführung der Beweisaufnahme keinerlei ernsthafte Zweifel. Nach dem eigenem Vortrag der Antragstellerin zu 2. und den Bekundungen des Zeugen G. besteht unstreitig eine Wohngemeinschaft. Es sind auch laut dem Ermittlungsdienst beide Nachnamen am Klingelschild und am Briefkasten zu finden. Das bloße Ummelden des Erst-Wohnsitzes hat keinerlei materiell-rechtliche Wirkung und kann lediglich ein Indiz für den Schwerpunkt des Aufenthaltsorts einer Person sein. Bemerkenswert ist, dass die Ummeldung erst erfolgt ist, nachdem der Antragsgegner Nachfragen zu den Wohnverhältnissen gestellt hat. Auch die Bekundungen des Zeugen G., er habe sein Gewerbe aus praktischen Gründen in A-Stadt angemeldet und ausgeübt, ist nicht nachvollziehbar. Sollte er sich elektrische Ersatzteile liefern lassen wollen, so ist aus steuerrechtlichen Gründen für das Finanzamt lediglich die Rechnungsadresse (Sitz des Gewerbes) von Interesse, nicht die Lieferadresse. Eine Wohngemeinschaft ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass nachträglich während des laufenden Verwaltungsverfahrens ein Untermietvertrag geschlossen wurde. Zum einen ist dieser Untermietvertrag vom 11.05.2017 in sich nicht schlüssig, da die gesamte Wohnung an den Zeugen G. zum Gesamtmietzins von 950,00 EUR vermietet wurde. Zum anderen handelt es sich um ein unzulässiges In-Sich-Geschäft, da der Zeuge G. selbst rechtlich Hauptmieter ist und gleichzeitig Untermieter sein soll. In dem Erörterungstermin teilte die Antragstellerin zu 2. dazu mit, sie habe im Internet einen solchen Untermietvertrag ausgedruckt, als man ihr im Jobcenter sagte, bloße Mitbewohner hätten meistens einen Untermietvertrag. Damit ist erwiesen, dass auf beiden Seiten auch kein ernsthafter Rechtsbindungswille bei der Unterzeichnung des Untermietvertrags vorlag.
Eine Wirtschaftsgemeinschaft ist gegeben, wenn die Haushaltsführung und das Bestreiten der Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgt, wobei es nicht zwingend auf gleichwertige Beiträge ankommt. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie diese zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens aufteilen (s. BSG, Urteil v. 23.08.2012, Az. B 4 AS 34/12 R – juris; BSGE 111, 250 – 257). Einer Wirtschaftsgemeinschaft steht nicht entgegen, dass die Partner an keinem Gegenstand in der Wohnung Miteigentum haben (Hessisches LSG, Beschluss v. 21.06.2013, L 9 AS 103/13 B ER-juris). Wie bereits ausgeführt, beteiligt sich der Zeuge G. erheblich an den Mietzahlungen für die gemeinsam angemietete Wohnung. Daraus ist zu schließen, dass der Zeuge G. für die Antragstellerin zu 2. wirtschaftlich Verantwortung übernimmt. Dass er nach eigenen Bekundungen in Zukunft kein Geld mehr schenkungsweise - aber darlehensweise - zur Verfügung stellen würde, spricht nicht gegen eine Wirtschaftsgemeinschaft, zumal das Gericht nicht davon überzeugt ist, dass der Zeuge G. ernsthaft Darlehensverträge mit der Antragstellerin zu 2. abschließt. So konnte er sich bei der Vernehmung zunächst nicht an ein Darlehen aus März 2017 i.H.v. 380,00 EUR erinnern, welches die Antragstellerin zu 2. angeblich bis zum 12.12.2017 zurückzahlen sollte (vgl. das vom Zeugen G. unterzeichnete Schreiben auf Bl. 10237 der Verwaltungsakte). Zudem hat nach anfänglichem Zögern im Endeffekt bei der Vernehmung doch zugegeben, dass er ihr in der Vergangenheit Geld für den täglichen Bedarf gegeben hat, ohne sich zu merken, wann und wieviel Geld es war. Auch die Tatsache, dass er sein Gehalt aus dem Minijob bei der I. GmbH auf das Girokonto der Antragstellerin zu 2. bei der X. Bank hat überweisen lassen, spricht für eine Wirtschaftsgemeinschaft. Zudem hat die Antragstellerin zu 2. für den Zeugen G. Überweisungen von ihrem Girokonto getätigt, so dass der Vortrag, es liege keine Wirtschaftsgemeinschaft vor, nicht glaubhaft ist.
Zu Punkt 3.
Für das subjektive Element eines wechselseitigen Willens Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, normiert § 7 Abs. 3a SGB II eine sog. Vermutungsregelung. Danach wird der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 2 SGB II), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (§ 7 Abs. 3a Nr. 3 SGB II) oder befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen (§ 7 Abs. 3a Nr. 4 SGB II). Nur beim Vorliegen eines dieser Kriterien, erst recht mehrerer dieser in § 7 Abs. 3a SGB II abschließend aufgeführten Sachverhalte (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende BT-Drs 16/1410 S. 19, zu Nr. 7 Buchst. b) wird vermutet, dass die Partner den wechselseitigen Willen haben, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Diese Vermutung kann jedoch vom Betroffenen widerlegt werden, indem er darlegt und nachweist, dass keiner der in § 7 Abs. 3a SGB II aufgeführten Sachverhalte vorliegt oder die Vermutung durch andere Umstände entkräftet wird (s. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 16.01.2007, Az. L 13 AS 3747/06 – juris, Rn. 6). Im umgekehrten Fall, wenn also der Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a SGB II nicht eingreift, trifft den Leistungsträger die Darlegungslast für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im konkreten Fall.
Vorliegend greift die Vermutungsregelung allein aufgrund des langjährigen Zusammenlebens. Die Vermutung konnte in dem durchgeführten Erörterungstermin nach informatorischer Anhörung der Antragstellerin und Vernehmung des Zeugen G. letztlich nicht widerlegt werden. Nicht zuletzt spricht für die Vermutung auch, dass sich im Kleiderschrank, der im Schlafzimmer steht, männliche Kleidungsstücke fanden. Bei einer bloßen Wohngemeinschaft ist dies völlig unüblich. Der Vortrag, es seien Kleidungsstücke des Bruders, der seit längerem nicht mehr in Deutschland sei, ist nicht glaubhaft. Zudem hätte auch der Bruder der Antragstellerin zu 2. dabei helfen können, eine Wohnung anzumieten, da er nach den Bekundungen des Zeugen G. ebenfalls bei der F. AG angestellt war und bereits im Jahr 2010 oder 2011 eine eigene Wohnung in J-Stadt angemietet hatte.
Der Zeuge G. verfügt über Einkommen aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei der F. AG, aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma I. GmbH, aus selbständiger Tätigkeit als Elektrotechniker, aus angeblicher Hausmeistertätigkeit bei der Vermieterin Frau W. (mietfreies Wohnen als Surrogat für Erwerbstätigkeit) sowie aus Vermietung. Zudem hat er Vermögen in Form von Grundbesitz in G-Stadt sowie einen PKW, dessen Wert dem Gericht nicht bekannt ist. Die genauen Einkommens- und Vermögenverhältnisse wurden gegenüber dem Antragsgegner und dem Gericht nicht offen gelegt. Im Rahmen der Zeugenvernehmung hat das Gericht davon abgesehen, den Zeugen G. hierzu detailliert zu befragen, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I durch eine Zeugenvernehmung zu ersetzen. Festzuhalten ist, dass der Zeuge G. nach dem derzeitigen Stand als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu werten ist und daher - falls weiterhin Leistungen nach dem SGB II begehrt werden - seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen zu legen hat. Sollten die Antragsteller zu 1.-3. weiterhin Leistungen nach dem SGB II begehren, ist ihnen anzuraten, sich allein eine angemessene Wohnung zu suchen. Bereits in dem Erörterungstermin wurde die Antragstellerin zu 2. darauf hingewiesen, dass die Richtlinie für die Bemessung angemessener Unterkunftskosten für den Landkreis Darmstadt-Dieburg im Internet zu finden ist. Angemerkt sei, dass die angemessene Wohnfläche für 3 Personen bei 75 qm liegt (für jede weitere Person 10 qm mehr) und die angemessene Kaltmiete danach beispielsweise in A-Stadt monatlich 553,50 EUR zzgl. Neben- und Heizkosten beträgt.
In Anbetracht dieser Erwägungen ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden. Ein Anordnungsgrund ist ebenso nicht glaubhaft gemacht worden, zumal die Antragstellerin zu 2. vorrangig gehalten ist, bei der Antragstellung auf Unterhaltsvorschuss mitzuwirken und sich weiterhin um Arbeit (möglichst in Vollzeit, da die Kinder bereits 12 und 15 Jahre alt sind) zu bemühen. Vor diesem Hintergrund ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), insbesondere um das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II zwischen der Antragstellerin zu 2. (Frau A.) und dem Zeugen Herr G.
Die 1983 geborene Antragstellerin zu 2. ist die Mutter der Antragsteller zu 3. (Herr A., geboren 2002 in Rumänien) und zu 1. (A., geboren 2005 in Rumänien). Die jeweiligen Väter sind nach Angaben der Antragstellerin zu 2. unbekannt. Die Antragsteller zu 1.-3. haben die rumänische Staatsbürgerschaft. Die Antragstellerin erhält derzeit für ihre beiden Kinder von in Höhe von jeweils 192,00 EUR.
Der Bruder der Antragstellerin zu 2., Herr M., ist ein guter Freund des Zeugen G. Er reiste zeitlich vor der Antragstellerin in die Bundesrepublik Deutschland ein (der genaue Zeitpunkt ist dem Gericht nicht bekannt) und arbeitete seit 2010 oder 2011 bei der F. AG zusammen mit dem Zeugen G. Hierbei entwickelte sich eine Freundschaft, die nach den Bekundungen des Zeugen G. bis heute besteht. Wo sich der Bruder derzeit aufhält, ist dem Gericht nicht bekannt. Der Zeuge G. (geboren 1971, deutscher Staatsbürger) ist nach eigenen Angaben vor vier Jahren, also im Jahr 2013, geschieden worden und hat mit seiner Ex-Ehefrau zwei Kinder (17 und 19 Jahre alt, beide wohnhaft in J-Stadt bei der Mutter). Er arbeitet als Angestellter in Vollzeit bei der F. AG und im Rahmen eines Minijobs bei der Firma I. GmbH. Zudem ist er selbständig als Elektrotechniker tätig und ist Eigentümer eines Wohnhauses in der P-Straße in G-Stadt. Eine Wohnung in diesem Wohnhaus bewohnt er nach eigenen Angaben selbst, die restlichen Wohnungen sind vermietet. Nach den Bekundungen des Zeugen G. bestehen Schulden gegenüber seiner Ex-Ehefrau, sein Gehalt bei der F. AG (ca. 2.400,00 - 2.500,00 EUR brutto) sei bis auf dem pfändungsfreien Betrag gepfändet, so dass er von der F. AG monatlich lediglich etwa 1.006,00 EUR erhalte.
Die Antragstellerin zu 2. gab an, sie sei zunächst mit ihren beiden Kindern zu ihrem Bruder nach J-Stadt gezogen. Ihrem Lebenslauf ist zu entnehmen, dass sie im März 2011 bis April 2015 als Servicekraft bei dem Restaurant H. in J-Stadt beschäftigt gewesen ist (Bl. 10127 der Verwaltungsakte). Sie habe dann eine eigene Wohnung gesucht und habe im Jahr 2012 eine Wohnung in der F-Straße in J-Stadt gefunden. Diese Wohnung habe sie nur deshalb anmieten können, weil der Zeuge G. den Mietvertrag als Mieter mit unterzeichnet habe. Dies habe er aus Freundschaft getan, um ihr und den Kindern zu helfen. In dem Mietvertrag zwischen dem Vermieter Herr R. und der Antragstellerin zu 2. sowie dem Zeugen G. ist vereinbart gewesen, dass 2 Personen in die Mietsache einziehen. Die Wohnung befand sich im 3. Obergeschoss links und bestand aus 2 Zimmern, einer Küche, einer Diele/Flur, einem Bad und einem Kellerraum. Die Kinder der Antragstellerin sind in dem Mietvertrag nicht erwähnt. (Mietvertrag vom 1.3.2012 auf Bl. 10204 der Verwaltungsakte).
Die Antragstellerin zu 2. war im Zeitraum vom 2.5.2015 bis 14.2.2016 bei dem J. in J Stadt und Umgebung e.V. (J.) angestellt (Arbeitsvertrag vom 30.4.2015, Bl. 126-128 der Gerichtsakte). Im Zeitraum vom 15.2.2016 bis 31.1.2017 war sie bei der Firma R. GmbH in Teilzeit angestellt. Der Arbeitsvertrag war befristet bis zum 31.1.2017, es wurde ein Bruttogehalt von 1.300,00 EUR monatlich vereinbart (Bl. 68-70 der Gerichtsakte). Die Antragsteller zu 1.-3. fanden in der A-Straße in A-Stadt eine neue Wohnung (Erdgeschosswohnung) mit dreieinhalb Zimmern, einem Bad mit WC, 2 Terrassen, einer Küche und einem Kellerraum. Die Größe der Wohnung beträgt ca. 96 m², die beheizte Wohnfläche beträgt 90 m². Der Mietvertrag ist von der Vermieterin Frau W. und der Antragstellerin zu 2. sowie dem Zeugen G. am 14.3.2016 unterzeichnet worden (vgl. Wohnungsabnahmeprotokoll vom 1.6.2016, Bl. 10038 der Verwaltungsakte). In dem Wohnungsabnahmeprotokoll wurden der Zeuge G. und die Antragstellerin ebenfalls als Mieter bezeichnet. Ausweislich des Mietvertrags belief sich die Kaution auf 2.175,00 EUR. Die Gesamtzahl der Personen, die die Wohnung bewohnen, war in dem Mietvertrag mit 4 Personen angegeben (Bl. 10036 der Verwaltungsakte). Ausweislich der Vermieterbescheinigung betragen die Kaltmiete 725,00 EUR, die Nebenkostenvorauszahlung 225,00 EUR und der Haushaltsstrom 100,00 EUR monatlich (Bl. 10119 der Verwaltungsakte). Nach Angabe der Antragstellerin zu 2. habe der Zeuge G. diesen Mietvertrag als Mieter mitunterzeichnet, da sie mit ihrem geringen Gehalt bei der Firma R. den Mietvertrag ansonsten nicht hätte abschließen können. Nach Bekundung des Zeugen G. hat er die Kaution i.H.v. 2174,00 EUR in bar an die Vermieterin gezahlt.
Die Antragsteller zu 1.-3. sind am 31.5.2016 in die Wohnung in der A-Straße in A-Stadt eingezogen und haben sich ausweislich der Meldebestätigung der Stadt A-Stadt vom 11.4.2017 dort zum 1.6.2016 amtlich gemeldet (Bl. 10112 der Verwaltungsakte). Der Zeuge G. ist ausweislich der Meldebestätigung der Stadt A-Stadt vom 19.4.2017 seit dem 1.7.2016 mit Hauptwohnsitz in der A-Straße in A-Stadt amtlich gemeldet (Bl. 10206 der Verwaltungsakte).
Zwischenzeitlich ist der Arbeitsvertrag der Antragstellerin zu 2. mit der Firma R. zum 31.1.2017 ausgelaufen und wurde nicht verlängert. Sie erhielt im Anschluss von der Bundesagentur für Arbeit Frankfurt Arbeitslosengeld I seit 1.2.2017 bis zum 30.11.2017 i.H.v. 17,61 EUR (528,30 EUR monatlich), wobei im Zeitraum vom 1.2.17 bis 7.2.17 und vom 10.3.17 – 16.3.17 eine Sperrzeit verhängt wurde wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung (vgl. Änderungsbescheid der BA vom 23.5.2017, Bl. 74 ff. der Gerichtsakte).
Die Antragstellerin zu 2. beantragte am 7.4.2017 für sich und ihre beiden Kinder Leistungen nach dem SGB II. Sie gab in der Anlage KdU (Kosten der Unterkunft) an, dass eine weitere Person, der Zeuge G., in ihrer Unterkunft lebe (Bl. 10084 der Verwaltungsakte).
Daraufhin forderte der Antragsgegner mit Schreiben vom 28.6.2017 und 4.8.2017 zur Bearbeitung des Antrags verschiedene Unterlagen von der Antragstellerin und dem Zeugen G. an, da er unter Hinweis auf die Vermutungsregelung in § 7 Abs. 3a SGB II davon ausging, dass eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt.
Im weiteren Verlauf legte die Antragstellerin zu 2. Kontoauszüge ihres Girokontos bei der X. Bank, Konto IBAN: DE XX, für den Zeitraum vom 1.3.2017 bis 28.4.2017 vor (Bl. 10160 bis 10175 der Verwaltungsakte). Daraus ist ersichtlich, dass am 15.3.2017 ein Zahlungseingang i.H.v. 377,20 EUR von der Firma I. GmbH mit dem Betreff Lohn/Gehalt gebucht wurde. Ebenso wurde am 13.4.2017 das Minijob-Gehalt des Zeugen G. i.H.v. 433,78 EUR auf dem Girokonto der Antragstellerin gutgeschrieben. Am 8.3.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 950,00 EUR an die Vermieterin W. mit dem Verwendungszweck "Miete und " überwiesen. Am 19.4.2017 wurden unter demselben Verwendungszweck 950,00 EUR an die Vermieterin überwiesen. Am 3.4.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 67,84 EUR unter dem Verwendungszweck "Strom und " überwiesen. Der Empfänger ist namentlich nicht aufgeführt. Am 13.3.2017 wurde eine Überweisung an einen Herrn W. unter Angabe des Verwendungszwecks "Garten 10sdat G." i.H.v. 15,84 EUR getätigt. Am 13.3.2017 wurde eine Überweisung an die K. unter dem Verwendungszweck " G. Nr. xxx11" i.H.v. 164,45 EUR getätigt. Am 16.3.2017 wurde zudem eine Überweisung an die Stadt Frankfurt getätigt unter dem Verwendungszweck " G. Akten xxx2". Des Weiteren wurde am 8.3.2017 ein Betrag i.H.v. 500,00 EUR eingezahlt. Am 13.3.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 380,00 EUR eingezahlt. Am 3.4.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 950,00 EUR eingezahlt. Am 19.4.2017 wurde ein Betrag i.H.v. 500,00 EUR eingezahlt.
Die Antragstellerin zu 2. legte zwei Schreiben vom 1.5.2017 vor, in welchen sie mitteilte, dass sie sich von Frau M. 500,00 EUR, von Frau T. 500,00 EUR, von ihrem Mitbewohner Herr S. 380,00 EUR und von Herr E. insgesamt 750,00 EUR geliehen und dieses Geld auf Ihr Konto eingezahlt habe, um die Miete und die Nebenkosten bezahlen zu können. Es sei vereinbart worden, dass sie das Geld zurückzahle, wenn sie vom Arbeitsamt Geld bekomme (Bl. 10177 f. der Verwaltungsakte).
Gegenüber dem Antragsgegner teilte die Antragstellerin zu 2. mit Schreiben vom 1.5.2017 mit, der Zeuge G. sei ihr Mitbewohner und habe ein eigenes Zimmer, Küche und WC würden gemeinsam benutzt. Er bezahle seinen Mietanteil i.H.v. 237,50 EUR monatlich und überweise das Geld immer am Monatsersten an den Hauptmieter (Bl. 10181 der Verwaltungsakte). Die Antragstellerin zu 2. legte zudem einen Untermietvertrag zwischen ihr und dem Zeugen G. vor. Daraus geht hervor, dass sie als Hauptmieterin dem Zeugen G. eine 3 Zimmer-Wohnung in der A-Straße in A-Stadt mit 96 m² Wohnfläche vermietet. Die Miete beträgt monatlich 725,00 EUR zzgl. 225,00 EUR Nebenkosten, Gesamt 950,00 Euro mit Mietbeginn zum 1.6.2016. Der Untermietvertrag wurde von der Antragstellerin zu 2. und dem Zeugen G. am 11.5.2017 unterzeichnet (Bl. 10144 - 10149 der Verwaltungsakte).
Am 29.6.2017 führte der Antragsgegner durch einen Mitarbeiter, Herrn S., einen morgendlichen Hausbesuch durch. In dem Protokoll vom 30.6.2017 ist festgehalten, der Zeuge G. sei morgens im Wohnzimmer angetroffen worden, er habe einen verschlafenen Eindruck vorgespielt und laut gegähnt. Er habe angegeben, er habe auf der Couch geschlafen, habe aber Jeans und ein normales Oberteil getragen. Die Antragstellerin zu 2. habe angegeben, das Schlafzimmer allein zu nutzen. Auf dem Bett habe Bettzeug für eine Person gelegen, bezogen mit derselben Bettwäsche, die auch der Zeuge G. benutze. Der Kleiderschrank werde von beiden benutzt und stehe im Schlafzimmer. Die männlichen Kleidungsstücke darin seien von ihrem Bruder. In der Küche werde alles gemeinsam benutzt, Wäsche werde zusammen gewaschen (Bl. 1021 f. der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 3.8.2017 teilte der Prozessbevollmächtigte dem Antragsgegner mit, der Zeuge G. lebe nicht mit den Antragsteller zu 1.-3. zusammen, sondern besuche die Antragstellerin zu 2. nur gelegentlich. Er sei überwiegend wohnhaft in G-Stadt. Schon gar nicht habe zwischen den Partnern eine Beziehung bestanden, indem der gemeinsame Lebensunterhalt im Vordergrund stand, da der Zeuge G. für seine beiden unterhaltsberechtigten Kinder einstehen müsse und überdies für ihn seine eigenen Bedürfnisse im Vordergrund standen. Bei den Bekleidungsstücken im Kleiderschrank handele es sich um Kleidungsstücke des Bruders der Antragstellerin zu 2., der Anfang des Jahres nach Rumänien verreist sei. Dass Wäsche hin und wieder gemeinsam gewaschen oder gemeinsam gekocht und Geschirr verwendet wurde, sei dem Umstand zu verdanken, dass der Zeuge G. gelegentlich zu Besuch gewesen sei. Eine Verantwortungsgemeinschaft und somit eine Bedarfsgemeinschaft entstehe daraus nicht. Im Übrigen sei die Antragstellerin zu 2. nicht hinreichend der deutschen Sprache mächtig (Bl. 10213 f. der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 7.9.2017, adressiert an die Antragstellerin zu 2. und den Zeugen G., versagte der Antragsgegner die Leistungen nach dem SGB II wegen fehlender Mitwirkung (Bl. 1 0223 der Verwaltungsakte). Dagegen legte die Antragstellerin zu 2. mit anwaltlichem Schreiben vom 19.9.2017 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Zeuge G. sei seit dem 17.6.2017 mit Hauptwohnsitz in G-Stadt gemeldet. Beigelegt war eine amtliche Meldebestätigung für die Änderung der Hauptwohnung, ausgestellt von der Stadt G-Stadt am 8.8.2017 (Bl. 10230 der Verwaltungsakte). Daraus geht hervor, dass der Zeuge G. am 8.8.2017 seinen alleinigen Wohnsitz zum 17.6.2017 in die P-Straße in G-Stadt umgemeldet hat.
Mit Bescheid vom 4.10.2017, adressiert an die Antragstellerin zu 2. und den Zeugen G., lehnte der Antragsgegner den Bewilligungsantrag vom 7.4.2017 wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit ab. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, er gehe weiterhin von einer Bedarfsgemeinschaft aus. Die mit Schreiben vom 4.8.2017 angeforderten Unterlagen seien nicht eingereicht worden, so dass die Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II nicht nachgewiesen sei (Bl. 10248 der Verwaltungsakte).
Der dagegen mit anwaltlichem Schreiben vom 2.11.2017 eingelegte Widerspruch ist derzeit noch nicht beschieden.
Die Antragsteller zu 1.-3. haben zwischenzeitlich am 16.11.2017 den Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem hiesigen Gericht beantragt.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Zeuge G. unterhalte die Wohnung in A-Stadt nur als Nebenwohnung und halte sich dort auch nur gelegentlich auf. Seine Hauptwohnung (Eigentumswohnung) befinde sich in der P-Straße in G-Stadt. Er habe die Antragstellerin zu 2. nur gelegentlich in verschiedenen alltäglichen Angelegenheiten unterstützt. Zwischenzeitlich seien Mietschulden i.H.v. 2.100,00 EUR aufgelaufen. Vorgelegt wurde ein Schreiben der Vermieterin Frau W. vom 18.10.2017 (Bl. 28 der Gerichtsakte). Das Schreiben ist an die Antragstellerin zu 2. gerichtet und nachrichtlich auch an den Zeugen G., beide unter der Adresse A-Straße in A-Stadt. Daraus geht hervor, die Antragstellerin zu 2. habe die fehlenden Mietanteile von 700,00 EUR monatlich nicht gezahlt. Der Mitmieter Herr G. habe für August, September und Oktober 2017 jeweils 250,00 EUR in bar bezahlt und gesagt, sie würde die noch ausstehende Miete - sobald sie Geld erhalte - begleichen. Eine Zahlung sei bisher nicht erfolgt, die Mietschulden betragen 2.100,00 EUR. Es wurde eine Zahlungsfrist bis zum 30.10.2017 gesetzt und auf das Kündigungsrecht der Vermieterin bei weiteren unpünktlichen Mietzahlung hingewiesen.
Die Antragsteller zu 1.-3. beantragen (sinngemäß),
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern zu 1.-3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Regelleistung zzgl. Unterkunftskosten in Höhe von 700,00 EUR ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen G. zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt er aus, der Antragstellerin zu 2. und der Zeuge G. bildeten eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Der Wille, füreinander einzustehen und Verantwortung zu tragen, könne hier aufgrund des langjährigen Zusammenlebens nach § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II vermutet werden. Diese gesetzliche Vermutung sei bisher nicht widerlegt worden. Im Übrigen sei es nicht nachvollziehbar, weshalb das Gehalt des Zeugen G. aus dem Minijob auf das Konto der Antragstellerin überwiesen werde. Zudem hätte die Antragstellerin die deutlich zu große und teure Wohnung im Sinne der angemessenen KdU gar nicht allein anmieten können. Der Zeuge G. habe auch durch die Übernahme der Mieten für Mai, Juni, Juli 2017 gezeigt, dass er für die Antragstellerin zu 2. nach wie vor einsteht. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass er damit auch eigene zivilrechtliche Verpflichtungen erfülle.
Das Gericht hat unter anderem Kontoauszüge der Antragstellerin zu 2. seit dem 1.3.2017 bis laufend angefordert. Die Antragstellerin hat daraufhin Kontoauszüge Ihres Girokontos bei der X. Bank für den Zeitraum vom 1.3.2016 bis 29.4.2016 (wohl versehentlich) sowie eine Umsatzanzeige für den Zeitraum vom 1.3.2017 bis 27.11.2017 vorgelegt (Bl. 78-96 der Gerichtsakte).
Das Gericht hat mit den Beteiligten am 18.12.2017 einen Erörterungstermin durchgeführt und durch Vernehmung des Zeugen G. Beweis erhoben. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei ist grundsätzlich eine Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig. Im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist dies jedoch dann möglich, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 31 m.w.N.). Eine einstweilige Anordnung kann daher nur erlassen werden, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und wegen des Nichterfüllens dieses Anspruchs schwere und anders nicht abwendbare Nachteile drohen (Anordnungsgrund). Nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen. Grundsätzlich darf dabei eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht erfolgen. Lediglich ausnahmsweise kann es erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst ein zumutbarer und angemessener Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragssteller unzumutbar wäre. Die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes setzt voraus, dass substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht wird, dass ein Eilverfahren notwendig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden.
Daran gemessen haben die Antragsteller zu 1.-3. weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller zu 2. und 3. sind zwar grundsätzlich leistungsberechtigt im Sinne der §§ 19 ff. i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 SGB II, der 12jährige Antragsteller zu 1. hat nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II grundsätzlich Anspruch auf Sozialgeld. Insbesondere greift der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c) SGB II nicht, da die Antragstellerin zu 2. nach mehr als einem Jahr sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit freizügigkeitsberechtigt im Sinne von § 2 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU ist. Zudem dürfte den Antragstellern zu 1.-3. nach einem mehr als fünfjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zudem nach § 4a FreizügG/EU ein Daueraufenthaltsrecht zustehen. Jedoch ist die Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II der Antragsteller zu 1.-3. Vorliegend nicht nachgewiesen. Ein Anordnungsanspruch wurde mangels Einkommens- und Vermögensnachweises betreffend den Zeugen G. zur Überzeugung des Gerichts nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller zu 1.-3. und den Zeugen G. treffen diesbezüglich Mitwirkungspflichten, denn das Gericht geht vorliegend von einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 2. und dem Zeugen G. aus.
Eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und somit auch die Zugehörigkeit des Partners zur Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II liegt nur dann vor, wenn der Partner der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzungen) und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung).
Zu Punkt 1.
Die Antragstellerin zu 2. und der Zeuge G. kennen sich seit etwa 6-7 Jahren und haben seit dem 1.3.2012 gemeinsam bereits zwei Wohnungen angemietet (ab dem 1.3.2012 die Wohnung in der F-Straße in J-Stadt, seit dem 1.6.2016 die derzeit bewohnte Wohnung in A-Stadt). Beide waren in der Vergangenheit auch amtlich mit Erstwohnsitz unter der jeweiligen Wohnanschrift in J-Stadt und A-Stadt gemeldet. Sie behaupten beide, sie seien kein Paar bzw. keine Partner, sondern nur freundschaftlich (platonisch) verbunden.
Das Gericht hält die Antragstellerin zu 2. und den Zeugen G. dennoch derzeit für Partner im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II, denn das Gesetz stellt nicht auf das Bestehen von wechselseitigen Gefühlen wie Liebe ab, noch verlangt es eine sexuelle Beziehung. Eine sog. eheähnliche Gemeinschaft ist eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt, sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehung in einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht (Schoch in LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 7, Rn. 76 mwN). Dem Gericht ist nicht bekannt, dass die Antragstellerin zu 2. oder der Zeuge G. einen anderen LebensgefährtIn seit 2012 bis heute gehabt haben oder haben. Der Zeuge G. hat bekundet, er sei seit 4 Jahren geschieden, so dass das Gericht davon ausgeht, dass das Trennungsjahr im Jahr 2012 begonnen hat. Das Gericht hat nach der durchgeführten Beweisaufnahme den Eindruck, dass sich der Zeuge G. gegenüber der Antragstellerin zu 2. und ihren Kindern verpflichtet und verbunden fühlt und es auch aus Eigeninteresse durch das Mitunterzeichnen des Mietvertrags ermöglicht hat, eine derart große und kostenintensive Wohnung mit 2 Terrassen in A-Stadt anzumieten. Zudem hat er nach eigenen Angaben 700,00 EUR monatlich und damit die auf die Antragsteller entfallenden Anteile im Hinblick auf das Wohnen (Miete, Wasser, Heizung, Haushaltsstrom etc.) im Mai, Juni und Juli 2017 übernommen, ohne den Anteil der Antragsteller zu 1.-3. von der Antragstellerin zu 2. nachträglich einzufordern. Auch die Bekundungen, dass er der Antragstellerin immer mal wieder Geld gegeben hat und es nicht ernsthaft zurückfordert, lassen den Schluss zu, dass er sich für sie verantwortlich fühlt. Dies ist ein ganz eindeutiger Fakt, der für eine eheähnliche Lebensgemeinschaft spricht. Auch die räumliche Aufteilung, wie sie geschildert wurde, führt nicht zwingend dazu, von einer Trennung der Partner oder von einer bloßen Wohngemeinschaft auszugehen. Das Gericht hat bereits Zweifel daran, dass das Schlafzimmer tatsächlich nicht von dem Zeugen G. mit genutzt wird, dies kann jedoch dahinstehen, da wie bereits ausgeführt, eine körperliche Nähebeziehung nicht zwingende Voraussetzungen für eine Partnerschaft ist. Auffällig ist jedoch, dass die Wohnung in A-Stadt aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer und einem kleineren Zimmer besteht. Den Schilderungen des Ermittlungsdienstes ist nicht zu entnehmen, wo sich das Schlafzimmer der beiden Kinder befindet; das Gericht geht daher vielmehr nach allgemeiner Lebenserfahrung davon aus, dass sich - entgegen des Vortrags der Antragstellerin zu 2. - das Kinderzimmer in dem kleinen Zimmer (16 qm – Zimmer) befindet. Im Übrigen hätte es – wenn man den Bekundungen des Zeugen G. folgen würde – ausgereicht, wenn er als Bürge nach §§ 765 ff. BGB für den Ausfall der Mietzinses etc. eingetreten wäre. Es ist durchaus üblich, dass ein nicht solventer Mieter mithilfe eines Bürgen (bzw. ein Elternteil eines Studenten) einen Mietvertrag abschließen kann. Stattdessen hat er sich gemeinschaftlich mit der Antragstellerin zu 2. nach § 421 BGB verpflichtet, den vollen Mietzins sowie alle weiteren Ansprüche der Vermieterin im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis zu erfüllen. Dass er die Kaution allein getragen hat, obwohl die Antragstellerin damals noch ihr Gehalt bei der Firma R. erhielt, belegt eindeutig, dass er nicht nur als Bürge auftreten wollte. Auch die erstmals im gerichtlichen Verfahren erwähnte angebliche Hausmeistertätigkeit des Zeugen wiederspricht den Bestätigungen der Vermieterin, sie habe in der Vergangenheit für August, September und Oktober 2017 einen Betrag i.H.v. 250,00 EUR von dem Zeugen G. erhalten.
Zu Punkt 2.
An dem Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehen nach Durchführung der Beweisaufnahme keinerlei ernsthafte Zweifel. Nach dem eigenem Vortrag der Antragstellerin zu 2. und den Bekundungen des Zeugen G. besteht unstreitig eine Wohngemeinschaft. Es sind auch laut dem Ermittlungsdienst beide Nachnamen am Klingelschild und am Briefkasten zu finden. Das bloße Ummelden des Erst-Wohnsitzes hat keinerlei materiell-rechtliche Wirkung und kann lediglich ein Indiz für den Schwerpunkt des Aufenthaltsorts einer Person sein. Bemerkenswert ist, dass die Ummeldung erst erfolgt ist, nachdem der Antragsgegner Nachfragen zu den Wohnverhältnissen gestellt hat. Auch die Bekundungen des Zeugen G., er habe sein Gewerbe aus praktischen Gründen in A-Stadt angemeldet und ausgeübt, ist nicht nachvollziehbar. Sollte er sich elektrische Ersatzteile liefern lassen wollen, so ist aus steuerrechtlichen Gründen für das Finanzamt lediglich die Rechnungsadresse (Sitz des Gewerbes) von Interesse, nicht die Lieferadresse. Eine Wohngemeinschaft ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass nachträglich während des laufenden Verwaltungsverfahrens ein Untermietvertrag geschlossen wurde. Zum einen ist dieser Untermietvertrag vom 11.05.2017 in sich nicht schlüssig, da die gesamte Wohnung an den Zeugen G. zum Gesamtmietzins von 950,00 EUR vermietet wurde. Zum anderen handelt es sich um ein unzulässiges In-Sich-Geschäft, da der Zeuge G. selbst rechtlich Hauptmieter ist und gleichzeitig Untermieter sein soll. In dem Erörterungstermin teilte die Antragstellerin zu 2. dazu mit, sie habe im Internet einen solchen Untermietvertrag ausgedruckt, als man ihr im Jobcenter sagte, bloße Mitbewohner hätten meistens einen Untermietvertrag. Damit ist erwiesen, dass auf beiden Seiten auch kein ernsthafter Rechtsbindungswille bei der Unterzeichnung des Untermietvertrags vorlag.
Eine Wirtschaftsgemeinschaft ist gegeben, wenn die Haushaltsführung und das Bestreiten der Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgt, wobei es nicht zwingend auf gleichwertige Beiträge ankommt. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie diese zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens aufteilen (s. BSG, Urteil v. 23.08.2012, Az. B 4 AS 34/12 R – juris; BSGE 111, 250 – 257). Einer Wirtschaftsgemeinschaft steht nicht entgegen, dass die Partner an keinem Gegenstand in der Wohnung Miteigentum haben (Hessisches LSG, Beschluss v. 21.06.2013, L 9 AS 103/13 B ER-juris). Wie bereits ausgeführt, beteiligt sich der Zeuge G. erheblich an den Mietzahlungen für die gemeinsam angemietete Wohnung. Daraus ist zu schließen, dass der Zeuge G. für die Antragstellerin zu 2. wirtschaftlich Verantwortung übernimmt. Dass er nach eigenen Bekundungen in Zukunft kein Geld mehr schenkungsweise - aber darlehensweise - zur Verfügung stellen würde, spricht nicht gegen eine Wirtschaftsgemeinschaft, zumal das Gericht nicht davon überzeugt ist, dass der Zeuge G. ernsthaft Darlehensverträge mit der Antragstellerin zu 2. abschließt. So konnte er sich bei der Vernehmung zunächst nicht an ein Darlehen aus März 2017 i.H.v. 380,00 EUR erinnern, welches die Antragstellerin zu 2. angeblich bis zum 12.12.2017 zurückzahlen sollte (vgl. das vom Zeugen G. unterzeichnete Schreiben auf Bl. 10237 der Verwaltungsakte). Zudem hat nach anfänglichem Zögern im Endeffekt bei der Vernehmung doch zugegeben, dass er ihr in der Vergangenheit Geld für den täglichen Bedarf gegeben hat, ohne sich zu merken, wann und wieviel Geld es war. Auch die Tatsache, dass er sein Gehalt aus dem Minijob bei der I. GmbH auf das Girokonto der Antragstellerin zu 2. bei der X. Bank hat überweisen lassen, spricht für eine Wirtschaftsgemeinschaft. Zudem hat die Antragstellerin zu 2. für den Zeugen G. Überweisungen von ihrem Girokonto getätigt, so dass der Vortrag, es liege keine Wirtschaftsgemeinschaft vor, nicht glaubhaft ist.
Zu Punkt 3.
Für das subjektive Element eines wechselseitigen Willens Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, normiert § 7 Abs. 3a SGB II eine sog. Vermutungsregelung. Danach wird der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 2 SGB II), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (§ 7 Abs. 3a Nr. 3 SGB II) oder befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen (§ 7 Abs. 3a Nr. 4 SGB II). Nur beim Vorliegen eines dieser Kriterien, erst recht mehrerer dieser in § 7 Abs. 3a SGB II abschließend aufgeführten Sachverhalte (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende BT-Drs 16/1410 S. 19, zu Nr. 7 Buchst. b) wird vermutet, dass die Partner den wechselseitigen Willen haben, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Diese Vermutung kann jedoch vom Betroffenen widerlegt werden, indem er darlegt und nachweist, dass keiner der in § 7 Abs. 3a SGB II aufgeführten Sachverhalte vorliegt oder die Vermutung durch andere Umstände entkräftet wird (s. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 16.01.2007, Az. L 13 AS 3747/06 – juris, Rn. 6). Im umgekehrten Fall, wenn also der Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a SGB II nicht eingreift, trifft den Leistungsträger die Darlegungslast für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im konkreten Fall.
Vorliegend greift die Vermutungsregelung allein aufgrund des langjährigen Zusammenlebens. Die Vermutung konnte in dem durchgeführten Erörterungstermin nach informatorischer Anhörung der Antragstellerin und Vernehmung des Zeugen G. letztlich nicht widerlegt werden. Nicht zuletzt spricht für die Vermutung auch, dass sich im Kleiderschrank, der im Schlafzimmer steht, männliche Kleidungsstücke fanden. Bei einer bloßen Wohngemeinschaft ist dies völlig unüblich. Der Vortrag, es seien Kleidungsstücke des Bruders, der seit längerem nicht mehr in Deutschland sei, ist nicht glaubhaft. Zudem hätte auch der Bruder der Antragstellerin zu 2. dabei helfen können, eine Wohnung anzumieten, da er nach den Bekundungen des Zeugen G. ebenfalls bei der F. AG angestellt war und bereits im Jahr 2010 oder 2011 eine eigene Wohnung in J-Stadt angemietet hatte.
Der Zeuge G. verfügt über Einkommen aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei der F. AG, aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma I. GmbH, aus selbständiger Tätigkeit als Elektrotechniker, aus angeblicher Hausmeistertätigkeit bei der Vermieterin Frau W. (mietfreies Wohnen als Surrogat für Erwerbstätigkeit) sowie aus Vermietung. Zudem hat er Vermögen in Form von Grundbesitz in G-Stadt sowie einen PKW, dessen Wert dem Gericht nicht bekannt ist. Die genauen Einkommens- und Vermögenverhältnisse wurden gegenüber dem Antragsgegner und dem Gericht nicht offen gelegt. Im Rahmen der Zeugenvernehmung hat das Gericht davon abgesehen, den Zeugen G. hierzu detailliert zu befragen, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I durch eine Zeugenvernehmung zu ersetzen. Festzuhalten ist, dass der Zeuge G. nach dem derzeitigen Stand als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu werten ist und daher - falls weiterhin Leistungen nach dem SGB II begehrt werden - seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen zu legen hat. Sollten die Antragsteller zu 1.-3. weiterhin Leistungen nach dem SGB II begehren, ist ihnen anzuraten, sich allein eine angemessene Wohnung zu suchen. Bereits in dem Erörterungstermin wurde die Antragstellerin zu 2. darauf hingewiesen, dass die Richtlinie für die Bemessung angemessener Unterkunftskosten für den Landkreis Darmstadt-Dieburg im Internet zu finden ist. Angemerkt sei, dass die angemessene Wohnfläche für 3 Personen bei 75 qm liegt (für jede weitere Person 10 qm mehr) und die angemessene Kaltmiete danach beispielsweise in A-Stadt monatlich 553,50 EUR zzgl. Neben- und Heizkosten beträgt.
In Anbetracht dieser Erwägungen ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden. Ein Anordnungsgrund ist ebenso nicht glaubhaft gemacht worden, zumal die Antragstellerin zu 2. vorrangig gehalten ist, bei der Antragstellung auf Unterhaltsvorschuss mitzuwirken und sich weiterhin um Arbeit (möglichst in Vollzeit, da die Kinder bereits 12 und 15 Jahre alt sind) zu bemühen. Vor diesem Hintergrund ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
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