Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 KR 241/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 341/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 12/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zahlung eines Krankenhausaufenthaltes inklusive vorstationärer Behandlung des bei der Beklagten gegen Krankheit versicherten D. in Höhe von insgesamt 8.165,91 EUR.
Die Klägerin betreibt das im Krankenhausplan des Landes Hessen auch für den Bereich der Chirurgie zugelassene Krankenhaus. Nach Untersuchung am 29.06.2006 erfolgte dort während des stationären Aufenthaltes vom 04. bis 08.07.2006 Herrn D., geb. 1930 (künftig: Versicherter) eine Bandscheibenoperation, wofür die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 09.07.2006 – unter Anwendung der DRG-Ziffer I09C - insgesamt 8.165,91 EUR in Rechnung stellte.
Tatsächlich wurde die Operation von dem niedergelassenen Neurochirurgen Dr. E. durchgeführt, wobei offen bleiben musste, ob dieser auf der Basis eines (schriftlichen) Vertrages mit dem Krankenhaus dort tätig geworden war. Denn die Klägerin hat trotz ausdrücklicher Aufforderung keinerlei schriftliche Vereinbarung vorgelegt. Offenbar hatte die Klägerin vorher keine solchen Bandscheibenoperationen durchgeführt.
Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme, gestützt auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen vom 14.05.2007 im wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Klägerin - zumindest für das Jahr 2006 - nicht die Voraussetzungen für die Leistungserbringung von Bandscheibenoperation erfüllen würde. Im Einzelnen wird darin ausgeführt, dass in der Vergangenheit bisher keine Leistungen für Bandscheibenoperationen durch das A-krankenhaus A-Stadt erbracht worden seien und deshalb hierfür auch keine Leistungen in den Budget-Verhandlungen vereinbart worden wären. Eine Klärung und Abstimmung der möglichen erweiterten Leistungsstruktur sei nur konform mit der Regionalplanung und der regionalen Krankenhauskonferenz Südhessens umzusetzen, zumal die Versorgung der Versicherten durch den bestehenden Vertrag zur Integrierten Versorgung mit dem Landesverband Niedergelassener Neurochirurgen sichergestellt sei.
Für das Jahr 2007 wurde - trotz dieser Stellungnahme - inzwischen eine Einigung zwischen der Klägerin und den Kostenträgern auch bezüglich der Durchführung von "Operationen eines lumbalen Bandscheibenvorfalls" erzielt.
Mit der am 11.07.2007 beim hiesigen Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Kosten für den stationären Aufenthalt des Versicherten vom 04. bis 08.07.2006 einschließlich einer vorstationären Behandlung am 29.06.2006 in Höhe von insgesamt 8.165,91 EUR und begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Leistung erbracht worden sei und der Beklagten auch ordnungsgemäß in Rechnung gestellt worden wäre. Die Verweigerung einer Kostenübernahme unter Bezugnahme auf die Empfehlung des Landesverbandes Hessen der Betriebskrankenkassen widerspräche der gesetzlichen Verpflichtung, zumal die Vereinbarung von bestimmten Fallpauschalen in den Pflegesatz- /bzw. Budgetverhandlungen keine Voraussetzung für eine Abrechenbarkeit darstelle. Im Übrigen sei das A-krankenhaus A-Stadt als Plankrankenhaus gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes auch berechtigt, Leistungen der Chirurgie zu erbringen, worunter - gemäß der für Hessen geltenden Weiterbildungsverordnung - auch die hier strittige Operation zähle. Denn es handele sich um die Durchführung eines operativen Eingriffs beim Vorliegen einer chirurgischen Erkrankung, die auch die Behandlungen des Stütz- und Bewegungssystems abdecke. Genausowenig könne die Zahlung des Entgelts auf der Basis der DRG I09C mit dem Argument verweigert werden, dass zu fordern sei, dass "regelhaft eine neurologische Befundkontrolle im Sinne eines Aufnahmebefundes präoperativ zu erheben" sei, dass "Verbesserungsbedarf ... in einer exakt strukturierten Schulung und Anweisung des Pflegepersonals gesehen werde, auf welche Besonderheiten und ggf. Früh-/Symptome bei möglichen Komplikationen zu achten sei" und dass "ein klares Programm zu physiotherapeutischen Nachbehandlung und zur Art der Remobilisation erarbeitet und transparent gemacht werden" sollte.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Beklagte zu verurteilen, für die stationäre Behandlung des Versicherten D. im Juli 2006 insgesamt 8.165,91 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht dagegen geltend, dass die Klägerin gemäß dem Gutachten des MDK Oberursel vom 14.05.2007 noch bestimmte Voraussetzungen für die Erbringung von Bandscheibenoperationen zu erfüllen gehabt hätte, die jedenfalls vor dem 01.01.2007 noch offen gewesen seien. Denn neben der für zwingend gehaltenen neurologischen Befundkontrolle sei für das Jahr 2006 auch in der postoperativen Nachbetreuung und der Vorbereitung noch Verbesserungsbedarf gesehen worden, insbesondere im Bereich einer exakt strukturierten Schulung und Anweisung des Pflegepersonals. Im Übrigen habe noch kein klares Programm zur physiotherapeutischen Nachbehandlung und zur Art der Remobilisation vorgelegen. Daher komme eine Kostenerstattung für die in den Leistungskatalog bei den Budget-Verhandlungen noch nicht aufgenommenen Bandscheibenoperationen auch nicht in Betracht. Ganz abgesehen davon, dass eine Erweiterung der bisherigen Leistungsstruktur eines Krankenhauses nur konform mit der Regionalplanung und der regionalen Krankenhauskonferenz Südhessen erfolgen könne. Die Einführung von neuen Leistungen im Krankenhaus und die damit einhergehenden Mehraufwendungen im stationären Bereich könnten ohne Absprache und Koordinierung mit den Kostenträgern daher nicht hingenommen werden. Gemäß der mit der Klägerin getroffenen Budgetvereinbarung 2006 wären keine neurochirurgischen Leistungen vereinbart worden, zumal eine Genehmigung durch den Regierungspräsidenten erst für das Jahr 2007 erfolgt sei.
Die Kammer hat die Klägerin aufgefordert, den mit dem operierenden Arzt Dr. E. geschlossenen Vertrag über die Erbringung neurochirurgischer Leistungen vorzulegen, dem die Klägerin trotz Erinnerung nicht nachgekommen ist. Vielmehr hat diese über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 20.10.2008 erklärt, dass mit dem operierenden Arzt Dr. E. kein Anstellungsvertrag geschlossen worden sei, so dass dieser auch nicht als Arbeitnehmer des Krankenhauses tätig geworden sei.
Bezüglich des weiteren Sachvortrags der Beteiligten und den Einzelheiten in den erwähnten Unterlagen wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Krankenhausakte der Klägerin sowie die Gerichtsakte, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2011 waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als reine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da sich die Beteiligten nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis gegenüberstehen, weshalb zwischen ihnen zur Regelung der Vergütung auch keine Bescheide erteilt werden können (vgl. ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Urteile vom 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R und vom 13.12.2001 B 3 KR 11/01 R).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung der am 05.08.2006 der Beklagten in Rechnung gestellten Behandlungskosten für den bei der Beklagten krankenversicherten Herrn D. für den stationären Aufenthalt vom 04. bis 09.07.2006 zu.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin wäre allein § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie dem nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen bestehenden Krankenhausbehandlungsvertrag. Danach steht der Klägerin jedoch kein Zahlungsanspruch zu, weil die mit Rechnung vom 05.08.2006 abgerechnete und mit der hiesigen Zahlungsklage geltend gemachte Leistung nicht von ihr erbracht worden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe etwa Urteile vom 18.09.2008 - B 3 KR 15/07 R und vom 16.12.2008 - B 1 KR 10/08 R), der sich die erkennende Kammer anschließt, entsteht zwar die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser i.S.d. § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht nämlich ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des KHEntgG und der Bundespflegesetzverordnung (BPflV) in den zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abgeschlossenen Verträgen beruht. Dabei kann ein Leistungsanspruch nur für tatsächlich auf der Grundlage erbrachte Leistungen geltend gemacht werden. Dagegen steht dem Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse des Versicherten weder ein Vergütungsanspruch für eine möglicherweise ambulant durchgeführte Operation noch für einen stationären Krankenhausaufenthalt zu, wenn die den Krankenhausaufenthalt als Hauptleistung bestimmende Operation durch einen niedergelassenen (Vertrags-)Arzt erbracht wird, der nicht zugleich Angestellter des Krankenhauses ist, aber - ohne selbst Belegarzt zu sein - ähnlich einem Belegarzt sowohl die Verordnung der Krankenhausbehandlung und damit die Einweisung als auch die operative Leistung im Krankenhaus erbringt (Fortführung und Erweiterung der Urteile des LSG Sachsen vom 30.04.2008 - L 1 KR 103/07 und SG Kassel vom 24.11.2010 S 12 KR 167/10).
Der die Operation während des stationären Aufenthaltes des Versicherten im A krankenhaus A-Stadt durchführende Arzt Dr. E., hat, unabhängig davon ob er selbst überhaupt zur vertragsärztlichen Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen ist oder nicht, offenbar nicht auf Weisung der Klägerin gehandelt, da nach dem eigenen - unwiderlegten - Vortrag der Klägerin dieser nicht zu ihr in einem Arbeitsverhältnis stand und auch nicht im Rahmen dessen in ihrem Namen tätig geworden ist. Insoweit hat die Klägerin auch nicht durch einen eigenen Arzt die von ihr abgerechnete Leistung erbracht.
Die Kammer konnte im übrigen mangels Vorlage der - sicherlich schriftlich fixierten - Rechtsgrundlage der Tätigkeit des Operateurs auch nicht entscheiden, ob Herr Dr. E. aus anderen Gründen berechtigt gewesen wäre, im Namen der Klägerin zu handeln und quasi als deren Erfüllungsgehilfe - die stattgefundene Operation hätte vornehmen dürfen. Ob diese dann ihrerseits von der Zustimmung des Versicherten zum operativen Eingriff durch die Klinik noch gedeckt wäre, kann an dieser Stelle offen bleiben.
Als Leistungen des Krankenhauses sind jedoch grundsätzlich nur solche Leistungen anzusehen, die das Krankenhaus durch eigenes Personal erbringt, nicht aber die Leistungen selbständiger Dritter. Denn Krankenhäuser sind, was unmittelbar aus § 107 Abs. 1 SGB V abzuleiten ist, Einrichtungen, in denen personelle und sächliche Mittel zur Verwirklichung besonderer Zwecke organisatorisch zusammengefasst sind. Dementsprechend müssen sie über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen (§ 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), wozu insbesondere das jederzeit verfügbare, ärztliche, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technische Personal gehört (§ 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Hieraus folgt der Grundsatz, dass das Krankenhaus die Leistungen der Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V, die es auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringt, durch eigenes Personal durchführen lassen muss, also durch Personen, die in ihre Arbeitsorganisation derart eingegliedert sind, dass sie für die Behandlung jederzeit verfügbar sind und vor allem auch dem Weisungsrecht des Krankenhauses unterliegen (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 30.04.2008 - LK 1 KR 103/07 - mit weiterer Begründung).
Folglich darf ein Krankenhaus, um einen Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zu erwerben, die Hauptleistung nicht durch einen niedergelassenen Arzt durchführen lassen, sondern muss hierzu seine eigenen Ärzte heranziehen, also solche mit denen sie einen Arbeitsvertrag geschlossen hat.
Nach alle dem erwirbt das Krankenhaus keinen Vergütungsanspruch gegen die (gesetzliche) Krankenkasse, wenn es - sei es in Form des ambulanten Operierens nach dem AOP-Vertrag (dazu LSG Sachsen, a.a.O.) oder im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in ihrem Räumen (so ausdrücklich auch SG Kassel, Urteil vom 24.11.2010 S 12 KR 176/10) - die medizinisch notwendige Behandlung (hier: Bandscheiben-Operation) durch einen niedergelassenen Vertragsarzt oder gar durch einen zur vertragsärztlichen Versorgung erst gar nicht zugelassenen Arzt erbringen lässt. Stünde es, wie es die Rechtsauffassung der Klägerin suggeriert, dem Krankenhaus frei, durch wen es die Operation erbringen lässt und könnte damit jede geeignete Person oder Einrichtung damit beauftragen, widerspräche es den Steuerungswirkungen, die im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung jede Zulassung zur Leistungserbringung hat. Dann hätte auf die in § 115 b Abs. 2 Satz 3 SGB V verankerte Mitteilungspflicht an die Zulassungsausschüsse verzichtet werden können. Ganz abgesehen davon, dass dies auf eine Umgehung der vertragsärztlichen Pflichten hinausliefe.
Daher stehen der Klägerin die Kosten der von Dr. E. erbrachten Operation ebenso wenig zu wie mögliche Kosten des stationären Aufenthaltes. Denn wie dem hier anzuwendenden DRG-System zu entnehmen ist, werden auch die mit der Operation verbundenen Nebenleistungen, wie hier etwa die nicht unmittelbar durch die ärztliche Operation angefallenen Kosten, des stationären Aufenthaltes allein an die ärztliche Hauptleistung angebunden (hier: DRG I09C = Wirbelkörperfusion ohne äußerst schwere oder schwere CC), so dass dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Hauptleistung nicht durch das Krankenhaus bzw. die Ärzte des Krankenhauses erbracht wird, auch die damit im Zusammenhang stehenden Leistungen wie anteile Kosten am Pflegepersonal, an der Nutzung von Apparaten, an Einrichtungen des Krankenhauses nicht von der gesetzlichen Krankenkasse zu vergüten sind.
Da somit der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der im Zusammenhang mit der Operation stehenden Behandlungskosten gemäß DRG I09C zusteht, war die darauf gerichtete (Leistungs-)Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, weil die von der Klägerin am 11.07.2007 eingereichte Klage ohne Erfolg geblieben ist.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zahlung eines Krankenhausaufenthaltes inklusive vorstationärer Behandlung des bei der Beklagten gegen Krankheit versicherten D. in Höhe von insgesamt 8.165,91 EUR.
Die Klägerin betreibt das im Krankenhausplan des Landes Hessen auch für den Bereich der Chirurgie zugelassene Krankenhaus. Nach Untersuchung am 29.06.2006 erfolgte dort während des stationären Aufenthaltes vom 04. bis 08.07.2006 Herrn D., geb. 1930 (künftig: Versicherter) eine Bandscheibenoperation, wofür die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 09.07.2006 – unter Anwendung der DRG-Ziffer I09C - insgesamt 8.165,91 EUR in Rechnung stellte.
Tatsächlich wurde die Operation von dem niedergelassenen Neurochirurgen Dr. E. durchgeführt, wobei offen bleiben musste, ob dieser auf der Basis eines (schriftlichen) Vertrages mit dem Krankenhaus dort tätig geworden war. Denn die Klägerin hat trotz ausdrücklicher Aufforderung keinerlei schriftliche Vereinbarung vorgelegt. Offenbar hatte die Klägerin vorher keine solchen Bandscheibenoperationen durchgeführt.
Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme, gestützt auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen vom 14.05.2007 im wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Klägerin - zumindest für das Jahr 2006 - nicht die Voraussetzungen für die Leistungserbringung von Bandscheibenoperation erfüllen würde. Im Einzelnen wird darin ausgeführt, dass in der Vergangenheit bisher keine Leistungen für Bandscheibenoperationen durch das A-krankenhaus A-Stadt erbracht worden seien und deshalb hierfür auch keine Leistungen in den Budget-Verhandlungen vereinbart worden wären. Eine Klärung und Abstimmung der möglichen erweiterten Leistungsstruktur sei nur konform mit der Regionalplanung und der regionalen Krankenhauskonferenz Südhessens umzusetzen, zumal die Versorgung der Versicherten durch den bestehenden Vertrag zur Integrierten Versorgung mit dem Landesverband Niedergelassener Neurochirurgen sichergestellt sei.
Für das Jahr 2007 wurde - trotz dieser Stellungnahme - inzwischen eine Einigung zwischen der Klägerin und den Kostenträgern auch bezüglich der Durchführung von "Operationen eines lumbalen Bandscheibenvorfalls" erzielt.
Mit der am 11.07.2007 beim hiesigen Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Kosten für den stationären Aufenthalt des Versicherten vom 04. bis 08.07.2006 einschließlich einer vorstationären Behandlung am 29.06.2006 in Höhe von insgesamt 8.165,91 EUR und begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Leistung erbracht worden sei und der Beklagten auch ordnungsgemäß in Rechnung gestellt worden wäre. Die Verweigerung einer Kostenübernahme unter Bezugnahme auf die Empfehlung des Landesverbandes Hessen der Betriebskrankenkassen widerspräche der gesetzlichen Verpflichtung, zumal die Vereinbarung von bestimmten Fallpauschalen in den Pflegesatz- /bzw. Budgetverhandlungen keine Voraussetzung für eine Abrechenbarkeit darstelle. Im Übrigen sei das A-krankenhaus A-Stadt als Plankrankenhaus gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes auch berechtigt, Leistungen der Chirurgie zu erbringen, worunter - gemäß der für Hessen geltenden Weiterbildungsverordnung - auch die hier strittige Operation zähle. Denn es handele sich um die Durchführung eines operativen Eingriffs beim Vorliegen einer chirurgischen Erkrankung, die auch die Behandlungen des Stütz- und Bewegungssystems abdecke. Genausowenig könne die Zahlung des Entgelts auf der Basis der DRG I09C mit dem Argument verweigert werden, dass zu fordern sei, dass "regelhaft eine neurologische Befundkontrolle im Sinne eines Aufnahmebefundes präoperativ zu erheben" sei, dass "Verbesserungsbedarf ... in einer exakt strukturierten Schulung und Anweisung des Pflegepersonals gesehen werde, auf welche Besonderheiten und ggf. Früh-/Symptome bei möglichen Komplikationen zu achten sei" und dass "ein klares Programm zu physiotherapeutischen Nachbehandlung und zur Art der Remobilisation erarbeitet und transparent gemacht werden" sollte.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Beklagte zu verurteilen, für die stationäre Behandlung des Versicherten D. im Juli 2006 insgesamt 8.165,91 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht dagegen geltend, dass die Klägerin gemäß dem Gutachten des MDK Oberursel vom 14.05.2007 noch bestimmte Voraussetzungen für die Erbringung von Bandscheibenoperationen zu erfüllen gehabt hätte, die jedenfalls vor dem 01.01.2007 noch offen gewesen seien. Denn neben der für zwingend gehaltenen neurologischen Befundkontrolle sei für das Jahr 2006 auch in der postoperativen Nachbetreuung und der Vorbereitung noch Verbesserungsbedarf gesehen worden, insbesondere im Bereich einer exakt strukturierten Schulung und Anweisung des Pflegepersonals. Im Übrigen habe noch kein klares Programm zur physiotherapeutischen Nachbehandlung und zur Art der Remobilisation vorgelegen. Daher komme eine Kostenerstattung für die in den Leistungskatalog bei den Budget-Verhandlungen noch nicht aufgenommenen Bandscheibenoperationen auch nicht in Betracht. Ganz abgesehen davon, dass eine Erweiterung der bisherigen Leistungsstruktur eines Krankenhauses nur konform mit der Regionalplanung und der regionalen Krankenhauskonferenz Südhessen erfolgen könne. Die Einführung von neuen Leistungen im Krankenhaus und die damit einhergehenden Mehraufwendungen im stationären Bereich könnten ohne Absprache und Koordinierung mit den Kostenträgern daher nicht hingenommen werden. Gemäß der mit der Klägerin getroffenen Budgetvereinbarung 2006 wären keine neurochirurgischen Leistungen vereinbart worden, zumal eine Genehmigung durch den Regierungspräsidenten erst für das Jahr 2007 erfolgt sei.
Die Kammer hat die Klägerin aufgefordert, den mit dem operierenden Arzt Dr. E. geschlossenen Vertrag über die Erbringung neurochirurgischer Leistungen vorzulegen, dem die Klägerin trotz Erinnerung nicht nachgekommen ist. Vielmehr hat diese über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 20.10.2008 erklärt, dass mit dem operierenden Arzt Dr. E. kein Anstellungsvertrag geschlossen worden sei, so dass dieser auch nicht als Arbeitnehmer des Krankenhauses tätig geworden sei.
Bezüglich des weiteren Sachvortrags der Beteiligten und den Einzelheiten in den erwähnten Unterlagen wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Krankenhausakte der Klägerin sowie die Gerichtsakte, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2011 waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als reine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da sich die Beteiligten nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis gegenüberstehen, weshalb zwischen ihnen zur Regelung der Vergütung auch keine Bescheide erteilt werden können (vgl. ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Urteile vom 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R und vom 13.12.2001 B 3 KR 11/01 R).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung der am 05.08.2006 der Beklagten in Rechnung gestellten Behandlungskosten für den bei der Beklagten krankenversicherten Herrn D. für den stationären Aufenthalt vom 04. bis 09.07.2006 zu.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin wäre allein § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie dem nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen bestehenden Krankenhausbehandlungsvertrag. Danach steht der Klägerin jedoch kein Zahlungsanspruch zu, weil die mit Rechnung vom 05.08.2006 abgerechnete und mit der hiesigen Zahlungsklage geltend gemachte Leistung nicht von ihr erbracht worden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe etwa Urteile vom 18.09.2008 - B 3 KR 15/07 R und vom 16.12.2008 - B 1 KR 10/08 R), der sich die erkennende Kammer anschließt, entsteht zwar die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser i.S.d. § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht nämlich ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des KHEntgG und der Bundespflegesetzverordnung (BPflV) in den zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abgeschlossenen Verträgen beruht. Dabei kann ein Leistungsanspruch nur für tatsächlich auf der Grundlage erbrachte Leistungen geltend gemacht werden. Dagegen steht dem Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse des Versicherten weder ein Vergütungsanspruch für eine möglicherweise ambulant durchgeführte Operation noch für einen stationären Krankenhausaufenthalt zu, wenn die den Krankenhausaufenthalt als Hauptleistung bestimmende Operation durch einen niedergelassenen (Vertrags-)Arzt erbracht wird, der nicht zugleich Angestellter des Krankenhauses ist, aber - ohne selbst Belegarzt zu sein - ähnlich einem Belegarzt sowohl die Verordnung der Krankenhausbehandlung und damit die Einweisung als auch die operative Leistung im Krankenhaus erbringt (Fortführung und Erweiterung der Urteile des LSG Sachsen vom 30.04.2008 - L 1 KR 103/07 und SG Kassel vom 24.11.2010 S 12 KR 167/10).
Der die Operation während des stationären Aufenthaltes des Versicherten im A krankenhaus A-Stadt durchführende Arzt Dr. E., hat, unabhängig davon ob er selbst überhaupt zur vertragsärztlichen Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen ist oder nicht, offenbar nicht auf Weisung der Klägerin gehandelt, da nach dem eigenen - unwiderlegten - Vortrag der Klägerin dieser nicht zu ihr in einem Arbeitsverhältnis stand und auch nicht im Rahmen dessen in ihrem Namen tätig geworden ist. Insoweit hat die Klägerin auch nicht durch einen eigenen Arzt die von ihr abgerechnete Leistung erbracht.
Die Kammer konnte im übrigen mangels Vorlage der - sicherlich schriftlich fixierten - Rechtsgrundlage der Tätigkeit des Operateurs auch nicht entscheiden, ob Herr Dr. E. aus anderen Gründen berechtigt gewesen wäre, im Namen der Klägerin zu handeln und quasi als deren Erfüllungsgehilfe - die stattgefundene Operation hätte vornehmen dürfen. Ob diese dann ihrerseits von der Zustimmung des Versicherten zum operativen Eingriff durch die Klinik noch gedeckt wäre, kann an dieser Stelle offen bleiben.
Als Leistungen des Krankenhauses sind jedoch grundsätzlich nur solche Leistungen anzusehen, die das Krankenhaus durch eigenes Personal erbringt, nicht aber die Leistungen selbständiger Dritter. Denn Krankenhäuser sind, was unmittelbar aus § 107 Abs. 1 SGB V abzuleiten ist, Einrichtungen, in denen personelle und sächliche Mittel zur Verwirklichung besonderer Zwecke organisatorisch zusammengefasst sind. Dementsprechend müssen sie über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen (§ 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), wozu insbesondere das jederzeit verfügbare, ärztliche, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technische Personal gehört (§ 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Hieraus folgt der Grundsatz, dass das Krankenhaus die Leistungen der Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V, die es auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringt, durch eigenes Personal durchführen lassen muss, also durch Personen, die in ihre Arbeitsorganisation derart eingegliedert sind, dass sie für die Behandlung jederzeit verfügbar sind und vor allem auch dem Weisungsrecht des Krankenhauses unterliegen (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 30.04.2008 - LK 1 KR 103/07 - mit weiterer Begründung).
Folglich darf ein Krankenhaus, um einen Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zu erwerben, die Hauptleistung nicht durch einen niedergelassenen Arzt durchführen lassen, sondern muss hierzu seine eigenen Ärzte heranziehen, also solche mit denen sie einen Arbeitsvertrag geschlossen hat.
Nach alle dem erwirbt das Krankenhaus keinen Vergütungsanspruch gegen die (gesetzliche) Krankenkasse, wenn es - sei es in Form des ambulanten Operierens nach dem AOP-Vertrag (dazu LSG Sachsen, a.a.O.) oder im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in ihrem Räumen (so ausdrücklich auch SG Kassel, Urteil vom 24.11.2010 S 12 KR 176/10) - die medizinisch notwendige Behandlung (hier: Bandscheiben-Operation) durch einen niedergelassenen Vertragsarzt oder gar durch einen zur vertragsärztlichen Versorgung erst gar nicht zugelassenen Arzt erbringen lässt. Stünde es, wie es die Rechtsauffassung der Klägerin suggeriert, dem Krankenhaus frei, durch wen es die Operation erbringen lässt und könnte damit jede geeignete Person oder Einrichtung damit beauftragen, widerspräche es den Steuerungswirkungen, die im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung jede Zulassung zur Leistungserbringung hat. Dann hätte auf die in § 115 b Abs. 2 Satz 3 SGB V verankerte Mitteilungspflicht an die Zulassungsausschüsse verzichtet werden können. Ganz abgesehen davon, dass dies auf eine Umgehung der vertragsärztlichen Pflichten hinausliefe.
Daher stehen der Klägerin die Kosten der von Dr. E. erbrachten Operation ebenso wenig zu wie mögliche Kosten des stationären Aufenthaltes. Denn wie dem hier anzuwendenden DRG-System zu entnehmen ist, werden auch die mit der Operation verbundenen Nebenleistungen, wie hier etwa die nicht unmittelbar durch die ärztliche Operation angefallenen Kosten, des stationären Aufenthaltes allein an die ärztliche Hauptleistung angebunden (hier: DRG I09C = Wirbelkörperfusion ohne äußerst schwere oder schwere CC), so dass dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Hauptleistung nicht durch das Krankenhaus bzw. die Ärzte des Krankenhauses erbracht wird, auch die damit im Zusammenhang stehenden Leistungen wie anteile Kosten am Pflegepersonal, an der Nutzung von Apparaten, an Einrichtungen des Krankenhauses nicht von der gesetzlichen Krankenkasse zu vergüten sind.
Da somit der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der im Zusammenhang mit der Operation stehenden Behandlungskosten gemäß DRG I09C zusteht, war die darauf gerichtete (Leistungs-)Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, weil die von der Klägerin am 11.07.2007 eingereichte Klage ohne Erfolg geblieben ist.
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