S 17 SO 183/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
17
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 17 SO 183/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 27/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Kosten für eine Ferienfahrt als Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des Sozialgesetzbuches, Zwölftes Buch (SGB XII).

Der 1953 geborene Kläger leidet einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes Darmstadt-Dieburg vom 5. August 2009 zufolge an einer leichten geistigen Behinderung, einer Alkoholabhängigkeit, einer Fehlernährung sowie an sozialer Isolation. Aufgrund des Zusammenwirkens dieser Krankheiten sei der Kläger als geistig wesentlich behindert im Sinne des Gesetzes anzusehen.

Der Kläger wurde am 14. Dezember 2009 im "Betreuten Wohnen" der Einrichtung D. E Stadt e.V. (nachfolgend D. E-Stadt) aufgenommen. Entsprechend seines Antrags vom 9. Dezember 2009 gewährte ihm der Beklagte hierfür für die Zeit vom 14. Dezember 2009 bis 31. Juli 2010 darlehensweise Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Kontingents von 198 Fachleistungsstunden jährlich (Bescheid vom 21. Januar 2010). Der im Zuge dessen erstellte "Integrierte Hilfeplan" (IHP) vom 7. Dezember 2009 für die Zeit vom 14. Dezember 2009 bis 30. Juni 2010 sieht als Eingliederungshilfe unter anderem die Einbindung des Klägers in den Freizeitbereich des D. E-Stadt durch Gespräche, Motivation zur Teilnahme an den Freizeitaktivitäten und gegebenenfalls Begleitung vor.

Der IHP vom 15. Juni 2010 für die Zeit vom 1. August 2010 bis 30. Juni 2011 nennt als Ziel der Eingliederungshilfe unter anderem, dass der Kontakt des Klägers zu anderen Klienten durch Teilnahme am Freizeitbereich des D. E-Stadt und Begleitung zu anderen kulturellen Veranstaltungen gefördert werden solle.

Mit Bescheid vom 31. August 2010 wurden dem Kläger für die Zeit vom 1. August 2010 bis 30. Juni 2011 durch den Beklagten abermals Leistungen der Eingliederungshilfe für "Betreutes Wohnen" in Form eines Kontingents von 198 Fachleistungsstunden jährlich gewährt.

Am 8. März 2011 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme von Kosten für eine Ferienfahrt nach F-Stadt, die vom 16. Mai 2011 bis 20. Mai 2011 stattfinden sollte. Die voraussichtlichen Kosten bezifferte er dabei mit 345 EUR. Zur Begründung seines Antrags betonte der Kläger die Bedeutung des Freizeitbereichs für die Entwicklung seiner Persönlichkeit und den Stellenwert der Ferienfahrt für die pädagogische Arbeit des D. E Stadt. Als angestrebte pädagogische Ziele nannte er "Abstand gewinnen von den Ereignissen der letzten Zeit", "Stiften sozialer Kontakte innerhalb der Reisegruppe", "positive Erfahrungen sammeln und Lebensfreude wecken" sowie "psychische Stabilisierung durch positive Urlaubserlebnisse".

Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 9. März 2011 ab.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. März 2011 Widerspruch, zu dessen Begründung er sich auf ein beigefügtes Begleitschreiben des D. E-Stadt vom selben Tag bezog.

In dem IHP vom 16. Mai 2011 für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012 heißt es, dass der Kläger einige Bekannte in seinem Wohnort habe. Diese Kontakte nutze er auch für Hilfestellungen. In diesem Jahr nehme der Kläger erstmals an einer Ferienfreizeit des D. E-Stadt teil.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2011 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 abermals Leistungen der Eingliederungshilfe für "Betreutes Wohnen", nunmehr in Form eines Kontingents von 288 Fachleistungsstunden jährlich.

In seinem Schreiben vom 24. Juni 2011 bezifferte der D. E-Stadt die Kosten der Ferienfahrt in F-Stadt abschließend mit 319,39 EUR.

Durch Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Ablehnungsbescheid vom 9. März 2011 zurück. Die Teilnahme an der Ferienfahrt diene nicht der Erfüllung der besonderen Aufgabe der Eingliederungshilfe, weil sie nicht primär darauf ausgerichtet gewesen sei, dass es zu Begegnungen und Umgang mit nichtbehinderten Menschen komme. Diesbezüglich fehle es an einem entsprechenden pädagogischen Konzept. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Ferienfahrt Auswirkungen auf das zukünftige Verhalten des Klägers haben werde.

Am 20. Oktober 2011 hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass der Beklagte bereits aus Vertrauensschutzgründen zur Kostenübernahme verpflichtet sei, da die Ferienfahrt im IHP aufgeführt sei. Dies habe der Beklagte nicht beanstandet und damit die Finanzierung der Ferienfahrt zugesagt. Wolle der Beklagte hiervon abrücken, müsse er sich auf den Bereich der Hilfeplanung verweisen lassen. Der IHP sei Grundlage für die Bewilligung von Eingliederungshilfeleistungen. Sein Vertrauen wirke auf den Zeitpunkt zurück, in dem er mit den Vorbereitungen für die Ferienfahrt begonnen habe. Die Entscheidung des Beklagten verstoße gegen den Grundsatz der bedarfsgerechten Einzelfallhilfe.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 9. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die Kosten für die Ferienfahrt vom 16. Mai 2011 bis 20. Mai 2011 nach F-Stadt in Höhe von 319,39 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er nimmt Bezug auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, dass sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Es sei unerheblich, dass möglicherweise in der Vergangenheit Leistungen für Ferienfahrten durch ihn, den Beklagten, bewilligt worden seien. Zusagen irgendwelcher Art habe er nicht erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die vom Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Bl. 1 bis 168) Bezug genommen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Statthaft ist vorliegend die kombinierte Anfechtung- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 4 i. V. m. § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zwar ist bei Streitigkeiten um Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII regelmäßig die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 i. V. m. § 56 SGG) als so genannte Bescheidungsklage (§ 131 Abs. 3 SGG) die statthafte Klageart. Das beruht darauf, dass der Leistungsberechtigte nach der gesetzlichen Systematik einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob", nicht aber auch auf das "Wie" der Leistungserbringung hat. Denn bei der Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen hat der Sozialhilfeträger nach § 17 Abs. 2 SGB XII über Art und Ausmaß dieser Leistungserbringung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 23. Mai 2012, L 8 SO 640/09, juris Rn. 26 m.w.N.). Beschafft sich jedoch der Leistungsberechtigte die im Streit stehende Leistung selbst oder leistet ein Dritter - wie hier der D. E-Stadt - vor, weil der Sozialhilfeträger entweder nicht rechtzeitig entscheidet oder die Leistung rechtswidrig abgelehnt hat, besteht für die gerichtliche Klärung über Art und Ausmaß der Leistungserbringung gemäß § 17 Abs. 2 SGB XII regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse mehr. Vielmehr ist das Begehren des Leistungsberechtigten ausschließlich auf eine Geldleistung (Kostenerstattung) gerichtet, die allein im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist.

Die Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten in Höhe von 319,39 EUR für die vom 16. Mai 2011 bis 20. Mai 2011 dauernde Ferienfahrt nach F-Stadt hat. Der Bescheid des Beklagten vom 9. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.

Das Begehren des Klägers stützt sich auf §§ 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. §§ 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 7, 58 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX). Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch ist jedenfalls, dass die Ablehnungsentscheidung des Beklagten rechtswidrig ist. Dies ist zu verneinen.

Der Kläger gehört zum leistungsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII, wie der Stellungnahme des Gesundheitsamtes Darmstadt-Dieburg vom 5. August 2009 unschwer zu entnehmen ist. Danach ist der Kläger nicht nur vorübergehend geistig wesentlich behindert, was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht. Das zeigt sich im Übrigen auch daran, dass der Beklagte dem Kläger bereits Leistungen für "Betreutes Wohnen" gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbringt.

Indessen liegen die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen für die Ferienfahrt nach F-Stadt nicht vor. Die Entscheidung des Beklagten über die Einschränkung des Ausmaßes der Leistungsgewährung unter Ausschluss der Übernahme der Kosten für diese Ferienfahrt ist nicht ermessensfehlerhaft, weil er die Vorgaben des § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) eingehalten hat. Nach dieser Vorschrift haben Leistungsträger, die ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, dieses Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Beidem ist der Beklagte nachgekommen.

Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII werden Leistungen nach § 55 Abs. 1 SGB IX erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX bestimmt dabei, dass solche Leistungen insbesondere Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben sind. Nach § 58 SGB IX umfassen die Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben vor allem Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen (Nr. 1) sowie Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen (Nr. 2).

Ausgehend von diesen Grundsätzen können Urlaubsreisen und Ferienfahrten den Zweck der Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen durchaus erfüllen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Juni 2010, L 9 SO 163/10, juris Rn. 31 m.w.N.). Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass jede Urlaubsreise oder Ferienfahrt den Teilhabegedanken der Eingliederungshilfe verwirklicht und folglich vom Sozialhilfeträger zu erbringen ist. Denn für jede einzelne Maßnahme müssen die in § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII normierten Voraussetzungen der Eingliederungshilfe erfüllt sein, mithin nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, die Aussicht bestehen, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII setzt somit nicht nur voraus, dass die konkrete Maßnahme geeignet ist, die Aufgabe der Eingliederungshilfe zu erreichen, sondern knüpft darüber hinaus auch an die Eingliederungsbedürftigkeit des behinderten Menschen an.

Nach Auffassung der Kammer genügt es nicht, den Teilhabegedanke als verwirklicht anzusehen, wenn eine Urlaubsreise oder Ferienfahrt lediglich zu Kontakt mit nichtbehinderten Menschen führt. Das beruht darauf, dass jede Urlaubsreise oder Ferienfahrt in irgendeiner Form und zwangsläufig zum Zusammentreffen von behinderten und nichtbehinderten Menschen führt. Um den Vorgaben des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gerecht zu werden, müssen Begegnung und Umgang zwischen behinderten Menschen und nichtbehinderten Menschen über ein einfaches Aufeinandertreffen beider hinausgehen, weil andernfalls jede Urlaubsreise oder Ferienfahrt aus Mitteln der Sozialhilfe zu erbringen wäre. Die konkrete Maßnahme darf dabei nicht nur darauf gerichtet sein, dass sich behinderte Menschen und nichtbehinderte Menschen begegnen und miteinander umgehen, sondern dass eine solche Kontaktaufnahme und Umgangspflege Auswirkungen auch für das zukünftige Verhalten des behinderten Menschen haben kann. Insoweit muss der Urlaubsreise bzw. Ferienfahrt ein Konzept zugrunde liegen, in dem sozialpädagogische Ziele und Zwecke enthalten sind (vgl. SG Düsseldorf, Urteil vom 12. November 2010, S 17 SO 109/09, juris Rn. 34). Notwendig hierfür ist, dass das geplante Freizeitprogramm eine Förderung der Begegnung mit nichtbehinderten Menschen zulässt und nicht allein auf das Zusammensein behinderter Menschen in ihrer Gemeinschaft ausgerichtet sein darf (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., juris Rn. 36).

Ein derartiges Konzept für die hier im Streit stehende Ferienfahrt nach F-Stadt vermag die Kammer nicht zu erkennen. Das ergibt sich vor allem daraus, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Ferienfahrt in ihrer Tagesgestaltung frei waren und eine verpflichtende Gruppenteilnahme nur bei An- und Abreise erforderlich war. Schon allein vor diesem Hintergrund lassen sich Umgang und Begegnung des Klägers mit nichtbehinderten Menschen keinesfalls sicher planen oder gar steuern. Auch die vom Kläger anlässlich der Antragstellung aufgeführten Gründe für seine Teilnahme an der Ferienfahrt bestätigen, dass es an einem entsprechenden Konzept gefehlt hat, mit dem sichergestellt werden sollte, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt wird. Im Vordergrund der Ferienfahrt hat offenkundig nicht der Eingliederungsgedanke gestanden, was die Ziele "Abstand gewinnen von den Ereignissen der letzten Zeit", "positive Erfahrungen sammeln und Lebensfreude wecken" sowie "psychische Stabilisierung durch positive Urlaubsziele" verdeutlichen. Stattdessen zeigt sich daran, dass es sich im Ergebnis um eine Ferienfahrt mit überwiegendem Erholungscharakter handelte, die nicht in besonderem Maße der Förderung von Kontakten des Klägers zu nichtbehinderten Menschen diente. Hierzu passt auch, dass der Kläger zur Begründung seines Antrags vom 8. März 2011 vorrangig darauf hingewiesen hat, er sei wegen seiner finanziellen Lage schon lange nicht mehr im Urlaub gewesen. In einem sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben der Eingliederungshilfe stand allenfalls das anlässlich der Antragstellung ebenfalls noch genannte Ziel "Stiften sozialer Kontakte innerhalb der Reisegruppe". Aber auch dies genügt vorliegend nicht, um die Ferienfahrt als geeignete Maßnahme im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ansehen zu können. Vielmehr deutet dies darauf hin, dass von vornherein geplant war, während der Ferienfahrt im Wesentlichen gemeinsame Aktivitäten der Kunden des D. E-Stadt durchzuführen mit dem Ziel, soziale Kontakte innerhalb der Gemeinschaft aufzubauen und zu stärken. Ein solches Ansinnen mag zwar durchaus wünschenswert sein. Es führt allerdings dazu, dass die Kontaktaufnahme zu dritten, nichtbehinderten Menschen während der streitbefangenen Ferienfahrt geradezu ausgeschlossen gewesen sein dürfte. Allein die Teilnahme des Klägers an der Teilhabegruppe reicht deshalb nicht aus, um dem Eingliederungsgedanken im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gerecht zu werden (aA LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2012, L 7 SO 1525/10, juris Rn. 23). Daher kommt es nicht darauf an, dass dem Kläger die Erfahrung der Gruppensituation mit der Reisegruppe - mithin in erster Linie der Kontakt mit den anderen behinderten Teilnehmerinnen und Teilnehmern - wichtig gewesen sei. Diese Einschätzung des D. E Stadt konterkariert geradezu den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch.

Der fehlende Eingliederungsgedanke zeigt sich auch daran, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Ferienfahrt weitgehend unter sich geblieben sind, selbst wenn nicht sämtliche Mitglieder der Reisegruppe stets geschlossen an den einzelnen, ihnen angebotenen Freizeitaktivitäten teilgenommen haben. Hierauf kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass letztlich keine Unternehmungen stattgefunden haben, anlässlich derer der Kontakt der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu nichtbehinderten Menschen gezielt gefördert wurde. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass für den Kläger zumindest bei bestimmten Aktivitäten wie beispielsweise dem abendlichen Kneipenbummel oder den Besuchen des Bistros der Jugendherberge die theoretische Möglichkeit bestand, auch den Kontakt zu nichtbehinderten Menschen zu suchen. Ob es hierzu tatsächlich gekommen ist, bedarf keiner weitergehenden Aufklärung. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre dies eher zufällig und beiläufig geschehen und hätte gerade nicht auf einem bestimmten und von vornherein verfolgten Eingliederungskonzept beruht. In Anbetracht dessen kann von einer Förderung im Sinne des Eingliederungsgedankens des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII keine Rede sein.

Im Übrigen bestätigt auch der tatsächliche Ablauf der Ferienfahrt das hier gefundene Ergebnis. Denn soweit ersichtlich, hatte der Kläger Kontakt mit nichtbehinderten Menschen überwiegend während der "Raucherpausen" im Eingangsbereich der Jugendherberge. Inwiefern diese Kontaktaufnahme Auswirkungen auch für sein zukünftiges Verhalten gehabt hat, erschließt sich dabei ebenso wenig wie darin ein bestimmtes Eingliederungskonzept zu erkennen ist. Das gilt umso mehr, als nicht nachvollziehbar ist, inwieweit es hierzu der Ferienfahrt nach F-Stadt bedurfte.

Dem Kläger ist zuzugestehen, dass sich ein mehrtägiger Aufenthalt an einem anderen Ort regelmäßig positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung des behinderten Menschen auswirkt. Hierbei handelt es sich allerdings um einen bloßen Nebeneffekt, ohne dass dabei ein spezifisches, die Eingliederung des behinderten Menschen in das Leben der Gemeinschaft förderndes Konzept erkennbar ist.

Ungeachtet dessen kann die Kammer nicht erkennen, inwiefern der Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum überhaupt eingliederungsbedürftig gewesen sein könnte. Die in der amtsärztlichen Stellungnahme vom 5. August 2009 noch diagnostizierte soziale Isolation des Klägers muss offenkundig als überholt angesehen werden. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleien, dass aufgrund seiner Lebensführung, die durch ein selbständiges Wohnen geprägt wird, zwangsläufig regelmäßig ein Kontakt auch mit nichtbehinderten Menschen verbunden ist, selbst wenn dieser Kontakt möglicherweise nur oberflächlicher und geschäftsmäßiger Natur ist. Entscheidend ist, dass der Kläger zu der Zeit, als die Ferienfahrt nach F-Stadt stattgefunden hatte, bereits in einem gewissen Umfang an dem Leben in der Gemeinschaft teilnahm. Das geht insbesondere aus der im IHP vom 16. Mai 2011 getroffenen Feststellung hervor, dass der Kläger in seinem Wohnort einige Bekannte hat und er die Kontakte zu ihnen auch für Hilfestellungen nützt. Dies bestätigt, dass der Kläger nicht unbedingt auf weitergehende Eingliederungsmaßnahmen in Form einer Ferienfahrt angewiesen war. Dass seine Eingliederung in das Leben der Gesellschaft möglicherweise noch hätte intensiviert werden können, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Maßgeblich ist allein, dass der Teilhabebedarf des Klägers im Sinne eines Mindestmaßes gedeckt war. Denn dann ist das Ziel der steuerfinanzierten Eingliederungshilfe bereits erreicht, nämlich dem Leistungsberechtigten auch in sozialer und kultureller Hinsicht die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (§ 1 Satz 1 SGB XII). Eine darüber hinausgehende Eingliederung oder gar bestmögliche Eingliederung des Leistungsberechtigten durch Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII ist damit von vornherein ausgeschlossen.

Zu Unrecht meint der Kläger schließlich, dass er auf eine Leistungserbringung durch den Beklagten habe vertrauen dürfen. Ungeachtet der weiteren Voraussetzungen scheitert ein derartiger Vertrauensschutz bereits daran, dass der Kläger erstmals im Jahr 2011 an einer vom D. E-Stadt angebotenen Ferienfahrt teilgenommen hat. Ein etwaiges Vertrauen durch in der Vergangenheit gewährte Eingliederungshilfeleistungen zur Durchführung von Ferienfahrt konnte sich daher gerade in seiner Person nicht bilden. Im Übrigen vermag die Kammer nicht zu erkennen, inwiefern aus Hilfeplänen, die der Ermittlung des Bedarfs an Fachleistungsstunden für das Betreute Wohnen (§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX) dienen, ein Vertrauenstatbestand in Bezug auf die Übernahme von Reisekosten begründet wird. Das gilt umso mehr, als die hier geltend gemachten Reisekosten für Unterkunft, Bahnfahrt, Versicherung, Eintrittsgelder und Fahrtkosten vor Ort gerade nicht behinderungsbedingt sind. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hat, dass er einen bestimmten Anteil der ihm gewährten Fachleistungsstunden für die Ferienfahrt nach F-Stadt habe einsetzen müssen, rechtfertigt dies kein anderes, für ihn günstigeres Ergebnis. Denn wenn schon die Kosten der Ferienfahrt nicht vom Beklagten als Leistung der Eingliederungshilfe zu erbringen sind, so muss dies erst Recht für die zwecks "Betreuten Wohnens" gewährten Fachleistungsstunden gelten. Ist der Einsatz von Fachleistungsstunden zur Durchführung der Ferienfahrt damit nicht von § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gedeckt, mithin rechtswidrig, kann der Kläger daraus keine für ihn günstige Rechtsposition ableiten.

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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