Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 13 KR 47/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 184/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 54/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der Kläger ist bei der Beklagten freiwilliges Mitglied zur Krankenversicherung und außerdem pflegeversichert.
Mit Schreiben vom 14. April 2016 erteilte der Kläger Auskünfte zu seinen Einkünften und legte den Steuerbescheid für das Jahr 2014 vom 29. Januar 2016 vor, worin er eine Reihe von Angaben geschwärzt hatte. Mit Schreiben vom 2. Mai 2016 forderte die Beklagte außerdem noch den Steuerbescheid für das Jahr 2013 an, den der Kläger in der Folgezeit vorlegte (Steuerbescheid vom 15. Mai 2015) und in dem wiederum eine Reihe von Feststellungen geschwärzt waren.
Durch Bescheid vom 29. Juni 2016 setzte die Beklagte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Juli 2016 ausgehend von der Beitragsbemessungsgrenze auf insgesamt 745,81 EUR fest. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2016 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, die Beklagte sei durch den Beitragsbescheid von ihrer langjährigen Praxis abgewichen, als sie Schwärzungen im Steuerbescheid akzeptiert habe. Der Kläger wies auf die Anforderungen des Datenschutzes und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung hin. Die Durchsetzung der Beitragsforderung der Beklagten durch die Beklagte sei rechtswidrig, sittenwidrig und verstoße gegen das Sozialstaatsgebot. Soweit sie sich auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 9. August 2006 beziehe (B 12 KR 8/06), sei dieses Urteil ebenfalls verfassungswidrig. Aus erzielten Einnahmen können nicht pauschal auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geschlossen werden.
Durch Bescheid vom 17. August 2016 setzte die Beklagte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. August 2016 auf 745,81 EUR fest. Außerdem half sie dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Juni 2016 dahingehend ab, dass die Beitragsberechnung erst ab dem 1. August 2016 neu festgestellt wurde. Gegen den Bescheid vom 17. August 2016 legte der Kläger mit Schreiben vom 22. August 2016 Widerspruch ein.
Durch Bescheid vom 22. November 2016 forderte die Beklagte einen Beitragsrückstand an, gleiches mit Bescheid vom 21. Dezember 2016. Mit weiterem Bescheid vom 23. Dezember 2016 wurden die Beiträge zum 1. Januar 2017 neu berechnet. Gegen die Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Sämtliche Bescheide der Beklagten in diesem Zusammenhang ergingen auch im Namen der Pflegekasse.
Durch Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2017 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. In der Begründung legte die Beklagte dar, dass freiwillig Versicherte verpflichtet seien, der Krankenkasse die für die Beitragsbemessung erforderlichen Nachweise auf Verlangen vorzulegen. Dem sei der Kläger durch die Vorlage der Steuerbescheide von 2013 und 2014 nicht ausreichend nachgekommen, denn diese seien geschwärzt gewesen.
Dagegen hat der Kläger am 2. Februar 2017 bei dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben.
Der Kläger vertritt im Kern die Auffassung, der Maßstab zur Ermittlung der Beitragshöhe gemäß § 240 Abs. 1 S. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes. Maßstab zur Ermittlung dieser Grundsätze sei allein das steuerlich ermittelte Gesamteinkommen. Auch das BSG habe in seiner Entscheidung vom 2. September 2009 (B 12 KR 21/08R) festgestellt, dass Versuche, den Steuerbescheid zu unterlaufen, nicht möglich seien. Sein steuerliches Einkommen habe er jedoch nachgewiesen. Die Beklagte verlange höhere Beiträge als ihm überhaupt – durch das Finanzamt Darmstadt belegt – an Finanzmitteln zum gesamten Lebensunterhalt zur Verfügung stehen würden. Darin sei ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 2. Alt. Grundgesetz (GG) zu sehen. Außerdem sieht der Kläger Verstöße gegen Art. 2 Abs. 1 1. Alt. GG, 14 Abs. 1 S. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Die Vorgehensweise der Beklagten stelle pauschal und ohne Rücksicht auf die konkrete Lebenspraxis darauf ab, dass sämtliche Einnahmen auch verbraucht werden könnten. Dies sei unzulässig, denn auch Einnahmen würden regelmäßig dazu dienen, notwendige Investitionen zu sichern oder gegebenenfalls Einnahmeausfälle auszugleichen. Man könne daher nicht – wie es die Beklagte tue – unterstellen, dass Einnahmen stets zur freien Verwendung zur Verfügung stehen würden. Mit Schreiben vom 3. März 2018 hat der Kläger mitgeteilt, er habe zum Nachweis seiner Einkünfte der Beklagten Anforderung gemäß seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vom 17. Februar 2017 vorgelegt, worin er wieder – wie auch in den Vorjahren – verschiedene Angaben geschwärzt habe. Durch Bescheid vom 27. September 2017 habe die Beklagte die Beiträge ab Oktober 2017 auf 176,52 EUR monatlich reduziert. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf seine Schriftsätze vom 2. Februar 2017, 15. März 2017, 5. Mai 2017, 15. September 2017 und 3. März 2018 (Bl. 1-3, 12-17, 30, 31, 40, 41 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 29. Juni 2016, 17. August 2016, 22. November 2016, 21. Dezember 2016 und 23. Dezember 2016 abzuändern und die Beiträge zu verurteilen, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. August 2016 bis 30. September 2017 anhand der Mindestbemessungsgrenze im Sinne des § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V festzusetzen und überzahlte Beiträge, Säumnis- und Vollstreckungskosten bezüglich dieses Zeitraums zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die in dem zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte würden als laufende beitragspflichtige Einnahmen berücksichtigt, bis ein neuer Steuerbescheid erlassen werde. Dadurch würden die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse in den einzelnen Jahren jeweils zeitversetzt berücksichtigt. Für die Ermittlung der Einnahmen würden der Beklagten keine anderen aussagekräftigen Unterlagen neben dem Einkommensteuerbescheid zur Verfügung stehen. Die reduzierte Beitragserhebung ab Oktober 2017 sei fehlerhaft von Ihrer Seite aus erfolgt. Aus Vertrauensschutzgründen verbleibe es hierbei.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 29. Juni 2016, 17. August 2016, 22. November 2016, 21. Dezember 2016 und 23. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2017 sind rechtmäßig. Der Kläger wird hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. August 2016 bis 30. September 2017 zutreffend festgesetzt.
Ausgangspunkt für die Beitragserhebung bei freiwilligen Mitgliedern ist § 240 Abs. 1 SGB V. Dort wird zum einen festgelegt, dass die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu regeln ist. Zum anderen heißt es, es sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Sofern und solange Mitglieder Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze im Sinne des §§ 223 SGB V. Bezüglich der Beiträge zur Pflegeversicherung verweist § 57 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) auf die Regelungen von § 240 SGB V.
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat durch die Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27. Oktober 2008 (zuletzt geändert am 27. November 2013) dieser gesetzlichen Obliegenheit Rechnung getragen.
§ 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bestimmt, was beitragspflichtige Einnahmen sind: Das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Einnahmen eines selbstständigen Erwerbstätigen werden als Arbeitseinkommen ebenso berücksichtigt, wie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 3 Abs. 1 Buchst. a und 1 b). § 6 Abs. 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler legt fest, wie das Einkommen durch den Versicherten nachzuweisen ist. Für das Arbeitseinkommen und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung schreibt § 6 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 vor, dass diese immer über den aktuellen Einkommenssteuerbescheid nachzuweisen sind.
Die geschwärzten Angaben, die der Kläger in den vorgelegten Steuerbescheiden für 2013 und 2014 vom 15. Mai 2015 und 29. Januar 2016 der Beklagten mitgeteilt hat, genügen diesen Anforderungen nicht. Es werden jeweils nur Einkünfte in ihrer Gesamtheit sowie Kapitaleinkünfte nachgewiesen, die Angaben lassen jedoch keine nachvollziehbare Berechnung zu.
Es entspricht der herrschenden Meinung im Sozialrecht, dass lediglich ein sogenannter horizontaler Verlustausgleich möglich ist (Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB, 240 SGB V Rn. 62 f) d.h. dass innerhalb einer speziellen Einkommensart Verluste und Gewinne gegengerechnet (saldiert) werden können, nicht dagegen – was steuerrechtlich ohne weiteres möglich ist –, ein vertikaler Verlustausgleich zwischen unterschiedlichen Einkunftsarten. Dies hat das BSG in seiner Entscheidung vom 9. August 2006 (B 12 KR 8/06R) zutreffend ausgeführt. Dort heißt es (a.a.O., juris Rn 15): "Die von der Klägerin in der Einkommenserklärung angegebenen Verluste aus der Einkommensart Vermietung und Verpachtung waren nicht beitragsmindernd zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Revision sind diese Verluste weder von den Versorgungsbezügen noch von den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen zur Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen abzuziehen. Anders als im Steuerrecht ist bei der Beitragsbemessung der freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ein vertikaler Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkommensarten damit hier die Saldierung von Kapitaleinkünften mit negativen Einkünften aus Vermietung ausgeschlossen." Das LSG Baden-Württemberg führt in seinem Urteil vom 28. September 2016 (juris, Rn 49, 51) zutreffend aus: "Der Nachweis von Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bei hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigen kann nur durch Einkommensteuerbescheide geführt werden, weil andere Unterlagen als der Einkommenssteuerbescheid nicht geeignet sind, eine für die konkrete Beitragsbemessung verlässliche und für die Vergangenheit abschließende Datenbasis zu liefern. ( ) Nach der Rechtsprechung des BSG sind grundsätzlich auch negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht als beitragsmindernd zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 9. August 2006 – B 12 KR 8/06R – juris Rn. 15). Ein vertikaler Verlustausgleich findet insoweit nicht statt (so auch BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 21/11 R – juris Rn. 28; BSGE, Urteil vom 28. Mai 2015 B 12 KR 12/13 R – juris Rn. 28 ) Denn Einkommen soll vorrangig zur Deckung des Lebensunterhalts eingesetzt werden. Es ist daher zu verhindern, dass mit öffentlichen Mitteln eine Einkunftsart erhalten wird, in der die Verluste überwiegen. Vielmehr ist die unwirtschaftliche Tätigkeit zu beenden. Aus dem Grundsatz der Subsidiarität folgt, dass Verluste aus Erwerbstätigkeit grundsätzlich nicht auf die öffentliche Hand abgewälzt werden dürfen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 17/15 R – juris Rn. 32)." In der Entscheidung vom 2. September 2009 (B 12 KR 21/08R, juris Rn. 16,17) führt das BSG zutreffend aus, die Notwendigkeit, den Einkommenssteuerbescheid zugrunde zu legen, folge hinsichtlich des Nachweises der Höhe der Einnahmen schon aus den Besonderheiten bei der Ermittlung des Gewinns als beitragspflichtige Einnahme. Bei hauptberuflich Selbstständigen könnten die tatsächlich erzielten Einnahmen und insbesondere der Gewinn, anders als bei Arbeitnehmern, in der Regel nur zeitversetzt zugrunde gelegt werden. In seiner Entscheidung vom 30. Oktober 2013 führt das BSG zutreffend aus (B 12 KR 21/11 R), dass Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bei nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung der Beitragsbemessung in der Höhe zugrunde zu legen sind, die sich aus dem sie betreffenden Teil des Einkommensteuerbescheides ergibt, insbesondere ohne einkommensmindernde Berücksichtigung der von dem mit Ihnen zusammen veranlagten Ehepartnern geltend gemachten steuerwirksamen Abzüge.
Die erkennende Kammer folgt dieser Rechtsprechung. Die von dem Kläger vorgelegten Einkommenssteuerbescheide vom 15. Mai 2015 und 29. Januar 2016 tragen dem hingegen nicht Rechnung. Es ist schon nicht erkennbar, welche Einkunftsarten bei dem Kläger bestehen. Aus dem Einkommenssteuerbescheid vom 29. Januar 2016 ist lediglich erkennbar, dass Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer bestanden haben. Ob diese positiv oder negativ gewesen sind, ist ebenso unklar wie der Umstand, ob Einkünfte – positiv oder negativ – aus anderen Einkunftsarten bestanden haben. Es wird lediglich der Gesamtbetrag der Einkünfte mitgeteilt. Im Steuerbescheid für das Jahr 2013 vom 15. Mai 2015 ist ausschließlich die Einkunftsart aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer nicht geschwärzt. Die Höhe der Einkünfte aus dieser Einkunftsart ist jedoch geschwärzt, ebenso die übrigen Einkunftsarten, die bei dem Kläger ganz offensichtlich bestanden haben. Der Gesamtbetrag der Einkünfte wird dann benannt. In beiden Steuerbescheiden werden dann noch die Höhe der Kapitalerträge mitgeteilt. Zwar sind die nicht geschwärzten Gesamteinkünfte des Klägers in beiden Steuerbescheiden gering bzw. negativ. Es ist jedoch nicht erkennbar, ob ein vertikaler Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten bei der steuerrechtlichen Behandlung vorgenommen wurden oder nicht. Selbst bei geringen oder negativen Gesamteinkünften kann keineswegs ausgeschlossen werden, dass der Kläger bei anderen Einkunftsarten gleichwohl hohe Einkünfte erzielt hat, die steuerrechtlich verrechnet wurden, bei der Erhebung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung jedoch hätten herangezogen werden müssen.
Folge dieser unvollständigen Mitteilung ist, dass die Regelung des § 240 Abs. 1 S. 2 2. HS SGB V zur Anwendung kommt. Sofern und solange der Kläger die Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegt, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze im Sinne von § 223 SGB V. Entsprechend hat die Beklagte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berechnet. Fehler bei dieser Berechnung werden vom Kläger nicht gerügt und sind auch für die Kammer nicht ersichtlich.
Dem Umstand, dass die Beklagte in der Vergangenheit und auch wieder ab dem 1. Oktober 2017 geschwärzte Angaben im Steuerbescheid akzeptiert hat, kommt kein Vertrauensschutz für den Kläger zu. Vertrauensschutz in rechtswidriges Verwaltungshandeln ist insoweit nicht schutzwürdig.
Grundrechte des Klägers sieht die Kammer nicht als verletzt an. Selbstverständlich sind die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung, das Sozialstaatsprinzip, die allgemeine Handlungsfreiheit und das Eigentum (Art. 1, 2, 14 und 20 GG) berührt. Die Kammer hält die angewandten Vorschriften jedoch für verfassungsgemäß, ebenso die hierzu ergangene Rechtsprechung der Obergerichte wie oben zitiert.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der Kläger ist bei der Beklagten freiwilliges Mitglied zur Krankenversicherung und außerdem pflegeversichert.
Mit Schreiben vom 14. April 2016 erteilte der Kläger Auskünfte zu seinen Einkünften und legte den Steuerbescheid für das Jahr 2014 vom 29. Januar 2016 vor, worin er eine Reihe von Angaben geschwärzt hatte. Mit Schreiben vom 2. Mai 2016 forderte die Beklagte außerdem noch den Steuerbescheid für das Jahr 2013 an, den der Kläger in der Folgezeit vorlegte (Steuerbescheid vom 15. Mai 2015) und in dem wiederum eine Reihe von Feststellungen geschwärzt waren.
Durch Bescheid vom 29. Juni 2016 setzte die Beklagte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Juli 2016 ausgehend von der Beitragsbemessungsgrenze auf insgesamt 745,81 EUR fest. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2016 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, die Beklagte sei durch den Beitragsbescheid von ihrer langjährigen Praxis abgewichen, als sie Schwärzungen im Steuerbescheid akzeptiert habe. Der Kläger wies auf die Anforderungen des Datenschutzes und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung hin. Die Durchsetzung der Beitragsforderung der Beklagten durch die Beklagte sei rechtswidrig, sittenwidrig und verstoße gegen das Sozialstaatsgebot. Soweit sie sich auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 9. August 2006 beziehe (B 12 KR 8/06), sei dieses Urteil ebenfalls verfassungswidrig. Aus erzielten Einnahmen können nicht pauschal auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geschlossen werden.
Durch Bescheid vom 17. August 2016 setzte die Beklagte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. August 2016 auf 745,81 EUR fest. Außerdem half sie dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Juni 2016 dahingehend ab, dass die Beitragsberechnung erst ab dem 1. August 2016 neu festgestellt wurde. Gegen den Bescheid vom 17. August 2016 legte der Kläger mit Schreiben vom 22. August 2016 Widerspruch ein.
Durch Bescheid vom 22. November 2016 forderte die Beklagte einen Beitragsrückstand an, gleiches mit Bescheid vom 21. Dezember 2016. Mit weiterem Bescheid vom 23. Dezember 2016 wurden die Beiträge zum 1. Januar 2017 neu berechnet. Gegen die Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Sämtliche Bescheide der Beklagten in diesem Zusammenhang ergingen auch im Namen der Pflegekasse.
Durch Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2017 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. In der Begründung legte die Beklagte dar, dass freiwillig Versicherte verpflichtet seien, der Krankenkasse die für die Beitragsbemessung erforderlichen Nachweise auf Verlangen vorzulegen. Dem sei der Kläger durch die Vorlage der Steuerbescheide von 2013 und 2014 nicht ausreichend nachgekommen, denn diese seien geschwärzt gewesen.
Dagegen hat der Kläger am 2. Februar 2017 bei dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben.
Der Kläger vertritt im Kern die Auffassung, der Maßstab zur Ermittlung der Beitragshöhe gemäß § 240 Abs. 1 S. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes. Maßstab zur Ermittlung dieser Grundsätze sei allein das steuerlich ermittelte Gesamteinkommen. Auch das BSG habe in seiner Entscheidung vom 2. September 2009 (B 12 KR 21/08R) festgestellt, dass Versuche, den Steuerbescheid zu unterlaufen, nicht möglich seien. Sein steuerliches Einkommen habe er jedoch nachgewiesen. Die Beklagte verlange höhere Beiträge als ihm überhaupt – durch das Finanzamt Darmstadt belegt – an Finanzmitteln zum gesamten Lebensunterhalt zur Verfügung stehen würden. Darin sei ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 2. Alt. Grundgesetz (GG) zu sehen. Außerdem sieht der Kläger Verstöße gegen Art. 2 Abs. 1 1. Alt. GG, 14 Abs. 1 S. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Die Vorgehensweise der Beklagten stelle pauschal und ohne Rücksicht auf die konkrete Lebenspraxis darauf ab, dass sämtliche Einnahmen auch verbraucht werden könnten. Dies sei unzulässig, denn auch Einnahmen würden regelmäßig dazu dienen, notwendige Investitionen zu sichern oder gegebenenfalls Einnahmeausfälle auszugleichen. Man könne daher nicht – wie es die Beklagte tue – unterstellen, dass Einnahmen stets zur freien Verwendung zur Verfügung stehen würden. Mit Schreiben vom 3. März 2018 hat der Kläger mitgeteilt, er habe zum Nachweis seiner Einkünfte der Beklagten Anforderung gemäß seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vom 17. Februar 2017 vorgelegt, worin er wieder – wie auch in den Vorjahren – verschiedene Angaben geschwärzt habe. Durch Bescheid vom 27. September 2017 habe die Beklagte die Beiträge ab Oktober 2017 auf 176,52 EUR monatlich reduziert. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf seine Schriftsätze vom 2. Februar 2017, 15. März 2017, 5. Mai 2017, 15. September 2017 und 3. März 2018 (Bl. 1-3, 12-17, 30, 31, 40, 41 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 29. Juni 2016, 17. August 2016, 22. November 2016, 21. Dezember 2016 und 23. Dezember 2016 abzuändern und die Beiträge zu verurteilen, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. August 2016 bis 30. September 2017 anhand der Mindestbemessungsgrenze im Sinne des § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V festzusetzen und überzahlte Beiträge, Säumnis- und Vollstreckungskosten bezüglich dieses Zeitraums zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die in dem zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte würden als laufende beitragspflichtige Einnahmen berücksichtigt, bis ein neuer Steuerbescheid erlassen werde. Dadurch würden die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse in den einzelnen Jahren jeweils zeitversetzt berücksichtigt. Für die Ermittlung der Einnahmen würden der Beklagten keine anderen aussagekräftigen Unterlagen neben dem Einkommensteuerbescheid zur Verfügung stehen. Die reduzierte Beitragserhebung ab Oktober 2017 sei fehlerhaft von Ihrer Seite aus erfolgt. Aus Vertrauensschutzgründen verbleibe es hierbei.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 29. Juni 2016, 17. August 2016, 22. November 2016, 21. Dezember 2016 und 23. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2017 sind rechtmäßig. Der Kläger wird hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. August 2016 bis 30. September 2017 zutreffend festgesetzt.
Ausgangspunkt für die Beitragserhebung bei freiwilligen Mitgliedern ist § 240 Abs. 1 SGB V. Dort wird zum einen festgelegt, dass die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu regeln ist. Zum anderen heißt es, es sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Sofern und solange Mitglieder Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze im Sinne des §§ 223 SGB V. Bezüglich der Beiträge zur Pflegeversicherung verweist § 57 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) auf die Regelungen von § 240 SGB V.
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat durch die Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27. Oktober 2008 (zuletzt geändert am 27. November 2013) dieser gesetzlichen Obliegenheit Rechnung getragen.
§ 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bestimmt, was beitragspflichtige Einnahmen sind: Das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Einnahmen eines selbstständigen Erwerbstätigen werden als Arbeitseinkommen ebenso berücksichtigt, wie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 3 Abs. 1 Buchst. a und 1 b). § 6 Abs. 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler legt fest, wie das Einkommen durch den Versicherten nachzuweisen ist. Für das Arbeitseinkommen und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung schreibt § 6 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 vor, dass diese immer über den aktuellen Einkommenssteuerbescheid nachzuweisen sind.
Die geschwärzten Angaben, die der Kläger in den vorgelegten Steuerbescheiden für 2013 und 2014 vom 15. Mai 2015 und 29. Januar 2016 der Beklagten mitgeteilt hat, genügen diesen Anforderungen nicht. Es werden jeweils nur Einkünfte in ihrer Gesamtheit sowie Kapitaleinkünfte nachgewiesen, die Angaben lassen jedoch keine nachvollziehbare Berechnung zu.
Es entspricht der herrschenden Meinung im Sozialrecht, dass lediglich ein sogenannter horizontaler Verlustausgleich möglich ist (Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB, 240 SGB V Rn. 62 f) d.h. dass innerhalb einer speziellen Einkommensart Verluste und Gewinne gegengerechnet (saldiert) werden können, nicht dagegen – was steuerrechtlich ohne weiteres möglich ist –, ein vertikaler Verlustausgleich zwischen unterschiedlichen Einkunftsarten. Dies hat das BSG in seiner Entscheidung vom 9. August 2006 (B 12 KR 8/06R) zutreffend ausgeführt. Dort heißt es (a.a.O., juris Rn 15): "Die von der Klägerin in der Einkommenserklärung angegebenen Verluste aus der Einkommensart Vermietung und Verpachtung waren nicht beitragsmindernd zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Revision sind diese Verluste weder von den Versorgungsbezügen noch von den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen zur Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen abzuziehen. Anders als im Steuerrecht ist bei der Beitragsbemessung der freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ein vertikaler Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkommensarten damit hier die Saldierung von Kapitaleinkünften mit negativen Einkünften aus Vermietung ausgeschlossen." Das LSG Baden-Württemberg führt in seinem Urteil vom 28. September 2016 (juris, Rn 49, 51) zutreffend aus: "Der Nachweis von Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bei hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigen kann nur durch Einkommensteuerbescheide geführt werden, weil andere Unterlagen als der Einkommenssteuerbescheid nicht geeignet sind, eine für die konkrete Beitragsbemessung verlässliche und für die Vergangenheit abschließende Datenbasis zu liefern. ( ) Nach der Rechtsprechung des BSG sind grundsätzlich auch negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht als beitragsmindernd zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 9. August 2006 – B 12 KR 8/06R – juris Rn. 15). Ein vertikaler Verlustausgleich findet insoweit nicht statt (so auch BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 21/11 R – juris Rn. 28; BSGE, Urteil vom 28. Mai 2015 B 12 KR 12/13 R – juris Rn. 28 ) Denn Einkommen soll vorrangig zur Deckung des Lebensunterhalts eingesetzt werden. Es ist daher zu verhindern, dass mit öffentlichen Mitteln eine Einkunftsart erhalten wird, in der die Verluste überwiegen. Vielmehr ist die unwirtschaftliche Tätigkeit zu beenden. Aus dem Grundsatz der Subsidiarität folgt, dass Verluste aus Erwerbstätigkeit grundsätzlich nicht auf die öffentliche Hand abgewälzt werden dürfen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 17/15 R – juris Rn. 32)." In der Entscheidung vom 2. September 2009 (B 12 KR 21/08R, juris Rn. 16,17) führt das BSG zutreffend aus, die Notwendigkeit, den Einkommenssteuerbescheid zugrunde zu legen, folge hinsichtlich des Nachweises der Höhe der Einnahmen schon aus den Besonderheiten bei der Ermittlung des Gewinns als beitragspflichtige Einnahme. Bei hauptberuflich Selbstständigen könnten die tatsächlich erzielten Einnahmen und insbesondere der Gewinn, anders als bei Arbeitnehmern, in der Regel nur zeitversetzt zugrunde gelegt werden. In seiner Entscheidung vom 30. Oktober 2013 führt das BSG zutreffend aus (B 12 KR 21/11 R), dass Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bei nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung der Beitragsbemessung in der Höhe zugrunde zu legen sind, die sich aus dem sie betreffenden Teil des Einkommensteuerbescheides ergibt, insbesondere ohne einkommensmindernde Berücksichtigung der von dem mit Ihnen zusammen veranlagten Ehepartnern geltend gemachten steuerwirksamen Abzüge.
Die erkennende Kammer folgt dieser Rechtsprechung. Die von dem Kläger vorgelegten Einkommenssteuerbescheide vom 15. Mai 2015 und 29. Januar 2016 tragen dem hingegen nicht Rechnung. Es ist schon nicht erkennbar, welche Einkunftsarten bei dem Kläger bestehen. Aus dem Einkommenssteuerbescheid vom 29. Januar 2016 ist lediglich erkennbar, dass Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer bestanden haben. Ob diese positiv oder negativ gewesen sind, ist ebenso unklar wie der Umstand, ob Einkünfte – positiv oder negativ – aus anderen Einkunftsarten bestanden haben. Es wird lediglich der Gesamtbetrag der Einkünfte mitgeteilt. Im Steuerbescheid für das Jahr 2013 vom 15. Mai 2015 ist ausschließlich die Einkunftsart aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer nicht geschwärzt. Die Höhe der Einkünfte aus dieser Einkunftsart ist jedoch geschwärzt, ebenso die übrigen Einkunftsarten, die bei dem Kläger ganz offensichtlich bestanden haben. Der Gesamtbetrag der Einkünfte wird dann benannt. In beiden Steuerbescheiden werden dann noch die Höhe der Kapitalerträge mitgeteilt. Zwar sind die nicht geschwärzten Gesamteinkünfte des Klägers in beiden Steuerbescheiden gering bzw. negativ. Es ist jedoch nicht erkennbar, ob ein vertikaler Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten bei der steuerrechtlichen Behandlung vorgenommen wurden oder nicht. Selbst bei geringen oder negativen Gesamteinkünften kann keineswegs ausgeschlossen werden, dass der Kläger bei anderen Einkunftsarten gleichwohl hohe Einkünfte erzielt hat, die steuerrechtlich verrechnet wurden, bei der Erhebung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung jedoch hätten herangezogen werden müssen.
Folge dieser unvollständigen Mitteilung ist, dass die Regelung des § 240 Abs. 1 S. 2 2. HS SGB V zur Anwendung kommt. Sofern und solange der Kläger die Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegt, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze im Sinne von § 223 SGB V. Entsprechend hat die Beklagte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berechnet. Fehler bei dieser Berechnung werden vom Kläger nicht gerügt und sind auch für die Kammer nicht ersichtlich.
Dem Umstand, dass die Beklagte in der Vergangenheit und auch wieder ab dem 1. Oktober 2017 geschwärzte Angaben im Steuerbescheid akzeptiert hat, kommt kein Vertrauensschutz für den Kläger zu. Vertrauensschutz in rechtswidriges Verwaltungshandeln ist insoweit nicht schutzwürdig.
Grundrechte des Klägers sieht die Kammer nicht als verletzt an. Selbstverständlich sind die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung, das Sozialstaatsprinzip, die allgemeine Handlungsfreiheit und das Eigentum (Art. 1, 2, 14 und 20 GG) berührt. Die Kammer hält die angewandten Vorschriften jedoch für verfassungsgemäß, ebenso die hierzu ergangene Rechtsprechung der Obergerichte wie oben zitiert.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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