Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 3 AS 3167/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. 3. Die Berufung wird nicht zugelassen. &8195;
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme des Zusatzbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum Februar bis August 2010.
Die Klägerin ist versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie war zunächst langjähriges Mitglied der DAK. An speziellen Behandlungsprogrammen oder Versorgungsformen dieser Krankenkasse nahm sie nicht teil. Seit Februar 2010 erhebt die DAK einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag nach § 242 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Krankenversicherung (SGB V) in Höhe von 8 Euro monatlich. Hierüber wurde die Klägerin mit einem "im Februar 2010" datierten Schreiben der DAK informiert, das auf der Rückseite auf das Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V hinwies. Ohne vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen, wechselte die Klägerin mit Wirkung zum September 2010 zur TK, die keinen Zusatzbeitrag erhebt.
Die Klägerin erhält laufend Arbeitslosengeld II nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Grundlage der Leistungsgewährung im streitbefangenen Zeitraum waren für Februar bis April 2010 der Bewilligungsbescheid vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Dezember 2009 und für Mai bis August 2010 der Bewilligungsbescheid vom 14. April 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. August 2010.
Am 24. Juni 2010 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten, den von der DAK erhobenen Zusatzbeitrag rückwirkend ab Februar 2010 zu übernehmen. Dies wurde mit Bescheid vom 29. Juni 2010 abgelehnt. Den nicht weiter begründeten Widerspruch der Klägerin wies die Rechtsvorgängerin des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2010 zurück. Der Zusatzbeitrag könne nur übernommen werden, wenn der Wechsel in eine Krankenkasse, die keinen Zusatzbeitrag erhebe, eine besondere Härte bedeuten würde. Für die Dauer der Kündigungsfrist müsse der Zusatzbeitrag nicht übernommen werden.
Mit ihrer am 27. August 2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehr weiter. Medizinische Gründe für den Verbleib in der DAK hätten nicht vorgelegen. Sie sei aber finanziell nicht in der Lage, den Zusatzbeitrag bis zum Kassenwechsel zu tragen. Die Rechtsvorgängerin des Beklagten habe sie nicht auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen, so dass die letztlich ausgesprochene Kündigung erst zum 1. September 2010 wirksam geworden sei. Im Übrigen sei die Erhebung des Zusatzbeitrags durch die DAK unwirksam, weil die Kasse nicht deutlich genug auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen habe. Die Beiladung der DAK werde daher angeregt.
Die Klägerin beantragt nach Lage der Akten sinngemäß, den Bescheid vom 29. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Dezember 2009 und des Bewilligungsbescheids vom 14. April 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. August 2010 für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis zum 31. August 2010 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 8 Euro monatlich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt nach Lage der Akten, die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und ergänzt, der Kassenwechsel habe für die Klägerin schon nach eigenem Vorbringen keine besondere Härte bedeutet.
Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtige. Die Beteiligten haben jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten liegen vor.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind gehört worden.
II. Die Klägerin hat ausdrücklich nur einen Anspruch auf erneute Entscheidung über die Übernahme des kassenindividuellen Zusatzbeitrags geltend gemacht. Bei einer am Meistbegünstigungsprinzip orientierten Auslegung (s. zur Bestimmung des Streitgegenstands durch Auslegung nur Keller, in Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 123 Rn. 3), begehrt sie jedoch für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis zum 31. August 2010 die Gewährung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 8 Euro monatlich.
1. Der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Übernahme eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags ist kein eigenständiger, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden könnte (aA SG Freiburg, Urt. v. 31. Aug. 2010, S 14 AS 3578/10; SG Neuruppin, Gerichtsbescheid v. 30. Nov. 2010, S 26 AS 1166/10, beide Entscheidungen nur unter juris.de). Ebenso wie bei den Zuschüssen zur privaten Krankenversicherung (s. dazu, dass insoweit kein abtrennbarer Streitgegenstand vorliegt, BSG, Urt. v. 18. Jan. 2011, B 4 AS 108/10 R, ZFSH/SGB 2011, 266), hängt die Entscheidung über die Übernahme des kassenindividuellen Zusatzbeitrags vom Bestehen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld ab. Nur für Bezieher dieser Leistungen kann der Zusatzbeitrag übernommen werden, so dass eine vollständige Prüfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld zu erfolgen hat. Der Bescheid vom 29. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2010 muss daher so verstanden werden, dass die Rechtsvorgängerin des Beklagten es ablehnte, der Klägerin wegen des geschuldeten Zusatzbeitrags höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Februar 2010 bis August 2010 zu gewähren, als ihr bislang bewilligt worden waren. Der Bewilligungsbescheid vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Dezember 2009 und der Bescheid vom 14. April 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. August 2010 bilden daher mit dem ausdrücklich angefochtenen Bescheid vom 29. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2010 eine Einheit (s. zur vergleichbaren Konstellation, in der um die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung gestritten wird, BSG Urt. v. 24. Febr. 2011, B 14 AS 49/10 R, SGb 2011, 207).
2. Bei einer Gesamtwürdigung des klägerischen Vortrags ergibt sich zudem, dass eine Verpflichtungsklage nicht bloß in Form der Verpflichtungsbescheidungsklage gewollt ist. Wenn die Entscheidung über die Übernahme des Zusatzbeitrags nicht zu beanstanden sein sollte, die Klägerin aber aus einem anderen Rechtsgrund Anspruch auf höhere Leistungen haben sollte, möchte sie diese auch direkt zugesprochen haben. II. Die so verstandene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist durch die Entscheidung der Rechtsvorgängerin des Beklagten nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Sie hat keinen Anspruch auf um 8 Euro höhere monatliche Leistungen für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis zum 31. August 2010.
1. Als Anspruchsgrundlage kommt vor allem § 26 Abs. 4 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann die durch den Beklagten vertretene Bundesagentur für Arbeit den kassenindividuellen Zusatzbeitrag für Bezieher von Arbeitslosengeld II übernehmen, für die der Wechsel der Krankenkasse eine besondere Härte bedeuten würde. Bereits diese Tatbestandsvoraussetzung ist in der Person der Klägerin nicht erfüllt, so dass der Rechtsvorgängerin des Beklagten Ermessen nicht eröffnet war. Den Beziehern von Arbeitslosengeld II ist es grundsätzlich zumutbar, die Krankenkasse zu wechseln, wenn ihre bisherige Kasse erstmalig einen Zusatzbeitrag erhebt oder diesen erhöht und sie diese zusätzliche Belastung selbst nicht tragen möchten (vgl. Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-WSG vom 1. Februar 2007, BT-Drs. 16/4247, S. 60). Ein Krankenkassenwechsel bedeutet nur dann eine besondere Härte, wenn er dem Versicherten nicht zugemutet werden kann. Das sind insbesondere Fälle, in denen der Betroffene etwa aufgrund eines speziellen Behandlungsprogramms oder einer besonderen Versorgungsform, die nur seine Kasse anbietet, ein nachvollziehbares Interesse hat, bei seiner bisherigen Kasse zu bleiben (vgl. nochmals Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-WSG vom 1. Februar 2007, aaO). An besonderen Programmen oder Versorgungsformen der DAK nahm die Klägerin indes nicht teil. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass ihr ein Wechsel aus anderen Gründen nicht abverlangt werden konnte. Ihr alsbaldiger Wechsel zur TK zeigt im Gegenteil, dass der Klägerin auch nach eigener Einschätzung ein Verlassen der bisherigen Krankenkasse möglich und zumutbar war.
2. Die Klägerin kann sich ebenso wenig auf die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1, 3, 4/09, Abs. 204ff., BGBl. I 2010, 193) angeordneten Härtefallregelung bzw. auf den ab dem 3. Juni 2010 geltenden § 21 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung berufen. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Zusatzbeitrag begründete schon keinen laufenden Bedarf, da die Klägerin ihn nur während eines vorübergehenden Zeitraums von 7 Monaten zu zahlen hatte. Zudem ist ein Anspruch auf zusätzliche Leistungen erst gegeben, wenn der Bedarf so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen – einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen – das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet (vgl. BVerfG, Urt. vom 9. Febr. 2010, 1 BvL 1, 3, 4/09, Abs. 208, BGBl. I 2010, 193). Das vermag das Gericht bei einem Betrag, der gerundet 2,2 Prozent der der Klägerin seinerzeit gewährten Regelleistung entsprach, nicht zu erkennen (s. dazu, dass bei einem Zusatzbeitrag von 8 Euro kein erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichender Bedarf beststeht, bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25. Febr. 2011, L 19 AS 2146/10 B). Da schon die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen, lässt das Gericht dahin stehen, ob die Härtefallregelung überhaupt neben § 26 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung Anwendung findet (verneinend SG Neuruppin, Gerichtsbescheid v. 30. Nov. 2010, S 26 AS 1166/10, nur unter juris.de).
3. Die Klägerin kann die begehrten Leistungen schließlich nicht über einen sozial-rechtlichen Herstellungsanspruch erhalten. Dieser hat unter anderem zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (vgl. §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil), verletzt hat (s. zu den Anspruchsvoraussetzungen aus jüngerer Zeit nur BSG Urt. v. 18. Jan. 2011, B 4 AS 99/10 R, SozR 4-4200 § 37 Nr. 5). Hieran mangelt es. Der Rechtsvorgängerin des Beklagten oblag es nicht, die Klägerin auf das Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V hinzuweisen, das seinen Rechtsgrund allein im Sozialrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer damaligen Krankenkasse hatte. Dies gilt umso mehr, als das Schreiben der DAK, das die Erhebung des Zusatzbeitrags ankündigte, einen Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht enthielt. Sofern die Klägerin diesen Hinweis als nicht ausreichend erachtet, steht es ihr frei, etwaige Ansprüche auf Rückzahlung des erhobenen Zusatzbeitrags oder auf Schadensersatz unmittelbar gegenüber der DAK geltend zu machen. Insbesondere wegen dieser Rechtsschutzmöglichkeit (die von der Klägerin bislang nicht ergriffen zu sein scheint), hat das Gericht von einer (einfachen) Beiladung der DAK abgesehen.
III. Das Verfahren ist für die Klägerin gerichtskostenfrei. Die Entscheidung zur den außergerichtlichen Kosten beruht auf dem Rechtsgedanken des § 193 Abs. 1 und SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin unterlegen ist und die Aufwendungen der Beklagten nicht erstattungsfähig sind.
IV. Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs. 1 in Verbindung mit § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstands mit maximal 56 Euro (8 Euro multipliziert mit 7) 750 Euro nicht übersteigen würde und auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind. Zulassungsgründe, § 144 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme des Zusatzbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum Februar bis August 2010.
Die Klägerin ist versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie war zunächst langjähriges Mitglied der DAK. An speziellen Behandlungsprogrammen oder Versorgungsformen dieser Krankenkasse nahm sie nicht teil. Seit Februar 2010 erhebt die DAK einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag nach § 242 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Krankenversicherung (SGB V) in Höhe von 8 Euro monatlich. Hierüber wurde die Klägerin mit einem "im Februar 2010" datierten Schreiben der DAK informiert, das auf der Rückseite auf das Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V hinwies. Ohne vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen, wechselte die Klägerin mit Wirkung zum September 2010 zur TK, die keinen Zusatzbeitrag erhebt.
Die Klägerin erhält laufend Arbeitslosengeld II nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Grundlage der Leistungsgewährung im streitbefangenen Zeitraum waren für Februar bis April 2010 der Bewilligungsbescheid vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Dezember 2009 und für Mai bis August 2010 der Bewilligungsbescheid vom 14. April 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. August 2010.
Am 24. Juni 2010 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten, den von der DAK erhobenen Zusatzbeitrag rückwirkend ab Februar 2010 zu übernehmen. Dies wurde mit Bescheid vom 29. Juni 2010 abgelehnt. Den nicht weiter begründeten Widerspruch der Klägerin wies die Rechtsvorgängerin des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2010 zurück. Der Zusatzbeitrag könne nur übernommen werden, wenn der Wechsel in eine Krankenkasse, die keinen Zusatzbeitrag erhebe, eine besondere Härte bedeuten würde. Für die Dauer der Kündigungsfrist müsse der Zusatzbeitrag nicht übernommen werden.
Mit ihrer am 27. August 2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehr weiter. Medizinische Gründe für den Verbleib in der DAK hätten nicht vorgelegen. Sie sei aber finanziell nicht in der Lage, den Zusatzbeitrag bis zum Kassenwechsel zu tragen. Die Rechtsvorgängerin des Beklagten habe sie nicht auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen, so dass die letztlich ausgesprochene Kündigung erst zum 1. September 2010 wirksam geworden sei. Im Übrigen sei die Erhebung des Zusatzbeitrags durch die DAK unwirksam, weil die Kasse nicht deutlich genug auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen habe. Die Beiladung der DAK werde daher angeregt.
Die Klägerin beantragt nach Lage der Akten sinngemäß, den Bescheid vom 29. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Dezember 2009 und des Bewilligungsbescheids vom 14. April 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. August 2010 für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis zum 31. August 2010 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 8 Euro monatlich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt nach Lage der Akten, die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und ergänzt, der Kassenwechsel habe für die Klägerin schon nach eigenem Vorbringen keine besondere Härte bedeutet.
Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtige. Die Beteiligten haben jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten liegen vor.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind gehört worden.
II. Die Klägerin hat ausdrücklich nur einen Anspruch auf erneute Entscheidung über die Übernahme des kassenindividuellen Zusatzbeitrags geltend gemacht. Bei einer am Meistbegünstigungsprinzip orientierten Auslegung (s. zur Bestimmung des Streitgegenstands durch Auslegung nur Keller, in Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 123 Rn. 3), begehrt sie jedoch für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis zum 31. August 2010 die Gewährung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 8 Euro monatlich.
1. Der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Übernahme eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags ist kein eigenständiger, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden könnte (aA SG Freiburg, Urt. v. 31. Aug. 2010, S 14 AS 3578/10; SG Neuruppin, Gerichtsbescheid v. 30. Nov. 2010, S 26 AS 1166/10, beide Entscheidungen nur unter juris.de). Ebenso wie bei den Zuschüssen zur privaten Krankenversicherung (s. dazu, dass insoweit kein abtrennbarer Streitgegenstand vorliegt, BSG, Urt. v. 18. Jan. 2011, B 4 AS 108/10 R, ZFSH/SGB 2011, 266), hängt die Entscheidung über die Übernahme des kassenindividuellen Zusatzbeitrags vom Bestehen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld ab. Nur für Bezieher dieser Leistungen kann der Zusatzbeitrag übernommen werden, so dass eine vollständige Prüfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld zu erfolgen hat. Der Bescheid vom 29. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2010 muss daher so verstanden werden, dass die Rechtsvorgängerin des Beklagten es ablehnte, der Klägerin wegen des geschuldeten Zusatzbeitrags höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Februar 2010 bis August 2010 zu gewähren, als ihr bislang bewilligt worden waren. Der Bewilligungsbescheid vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Dezember 2009 und der Bescheid vom 14. April 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. August 2010 bilden daher mit dem ausdrücklich angefochtenen Bescheid vom 29. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2010 eine Einheit (s. zur vergleichbaren Konstellation, in der um die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung gestritten wird, BSG Urt. v. 24. Febr. 2011, B 14 AS 49/10 R, SGb 2011, 207).
2. Bei einer Gesamtwürdigung des klägerischen Vortrags ergibt sich zudem, dass eine Verpflichtungsklage nicht bloß in Form der Verpflichtungsbescheidungsklage gewollt ist. Wenn die Entscheidung über die Übernahme des Zusatzbeitrags nicht zu beanstanden sein sollte, die Klägerin aber aus einem anderen Rechtsgrund Anspruch auf höhere Leistungen haben sollte, möchte sie diese auch direkt zugesprochen haben. II. Die so verstandene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist durch die Entscheidung der Rechtsvorgängerin des Beklagten nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Sie hat keinen Anspruch auf um 8 Euro höhere monatliche Leistungen für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis zum 31. August 2010.
1. Als Anspruchsgrundlage kommt vor allem § 26 Abs. 4 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann die durch den Beklagten vertretene Bundesagentur für Arbeit den kassenindividuellen Zusatzbeitrag für Bezieher von Arbeitslosengeld II übernehmen, für die der Wechsel der Krankenkasse eine besondere Härte bedeuten würde. Bereits diese Tatbestandsvoraussetzung ist in der Person der Klägerin nicht erfüllt, so dass der Rechtsvorgängerin des Beklagten Ermessen nicht eröffnet war. Den Beziehern von Arbeitslosengeld II ist es grundsätzlich zumutbar, die Krankenkasse zu wechseln, wenn ihre bisherige Kasse erstmalig einen Zusatzbeitrag erhebt oder diesen erhöht und sie diese zusätzliche Belastung selbst nicht tragen möchten (vgl. Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-WSG vom 1. Februar 2007, BT-Drs. 16/4247, S. 60). Ein Krankenkassenwechsel bedeutet nur dann eine besondere Härte, wenn er dem Versicherten nicht zugemutet werden kann. Das sind insbesondere Fälle, in denen der Betroffene etwa aufgrund eines speziellen Behandlungsprogramms oder einer besonderen Versorgungsform, die nur seine Kasse anbietet, ein nachvollziehbares Interesse hat, bei seiner bisherigen Kasse zu bleiben (vgl. nochmals Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-WSG vom 1. Februar 2007, aaO). An besonderen Programmen oder Versorgungsformen der DAK nahm die Klägerin indes nicht teil. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass ihr ein Wechsel aus anderen Gründen nicht abverlangt werden konnte. Ihr alsbaldiger Wechsel zur TK zeigt im Gegenteil, dass der Klägerin auch nach eigener Einschätzung ein Verlassen der bisherigen Krankenkasse möglich und zumutbar war.
2. Die Klägerin kann sich ebenso wenig auf die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1, 3, 4/09, Abs. 204ff., BGBl. I 2010, 193) angeordneten Härtefallregelung bzw. auf den ab dem 3. Juni 2010 geltenden § 21 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung berufen. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Zusatzbeitrag begründete schon keinen laufenden Bedarf, da die Klägerin ihn nur während eines vorübergehenden Zeitraums von 7 Monaten zu zahlen hatte. Zudem ist ein Anspruch auf zusätzliche Leistungen erst gegeben, wenn der Bedarf so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen – einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen – das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet (vgl. BVerfG, Urt. vom 9. Febr. 2010, 1 BvL 1, 3, 4/09, Abs. 208, BGBl. I 2010, 193). Das vermag das Gericht bei einem Betrag, der gerundet 2,2 Prozent der der Klägerin seinerzeit gewährten Regelleistung entsprach, nicht zu erkennen (s. dazu, dass bei einem Zusatzbeitrag von 8 Euro kein erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichender Bedarf beststeht, bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25. Febr. 2011, L 19 AS 2146/10 B). Da schon die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen, lässt das Gericht dahin stehen, ob die Härtefallregelung überhaupt neben § 26 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung Anwendung findet (verneinend SG Neuruppin, Gerichtsbescheid v. 30. Nov. 2010, S 26 AS 1166/10, nur unter juris.de).
3. Die Klägerin kann die begehrten Leistungen schließlich nicht über einen sozial-rechtlichen Herstellungsanspruch erhalten. Dieser hat unter anderem zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (vgl. §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil), verletzt hat (s. zu den Anspruchsvoraussetzungen aus jüngerer Zeit nur BSG Urt. v. 18. Jan. 2011, B 4 AS 99/10 R, SozR 4-4200 § 37 Nr. 5). Hieran mangelt es. Der Rechtsvorgängerin des Beklagten oblag es nicht, die Klägerin auf das Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V hinzuweisen, das seinen Rechtsgrund allein im Sozialrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer damaligen Krankenkasse hatte. Dies gilt umso mehr, als das Schreiben der DAK, das die Erhebung des Zusatzbeitrags ankündigte, einen Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht enthielt. Sofern die Klägerin diesen Hinweis als nicht ausreichend erachtet, steht es ihr frei, etwaige Ansprüche auf Rückzahlung des erhobenen Zusatzbeitrags oder auf Schadensersatz unmittelbar gegenüber der DAK geltend zu machen. Insbesondere wegen dieser Rechtsschutzmöglichkeit (die von der Klägerin bislang nicht ergriffen zu sein scheint), hat das Gericht von einer (einfachen) Beiladung der DAK abgesehen.
III. Das Verfahren ist für die Klägerin gerichtskostenfrei. Die Entscheidung zur den außergerichtlichen Kosten beruht auf dem Rechtsgedanken des § 193 Abs. 1 und SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin unterlegen ist und die Aufwendungen der Beklagten nicht erstattungsfähig sind.
IV. Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs. 1 in Verbindung mit § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstands mit maximal 56 Euro (8 Euro multipliziert mit 7) 750 Euro nicht übersteigen würde und auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind. Zulassungsgründe, § 144 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.
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