S 6 KR 632/11

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 KR 632/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten. 3. Der Streitwert wird auf 1.591,20 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.

Die bei der Beklagten krankenversicherte R.W. (geb. XXXXX1940, i.F.: Patientin) wurde zunächst in der Zeit vom 30.06.2008 bis zum 08.07.2008 in einem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus vollstationär behandelt: Diagnostiziert war eine bursitis praepatellaris; die Therapie bestand in einer Resektion des betroffenen Schleimbeutels sowie der begleitenden Gabe von Antibiotika (aufgrund einer festgestellten Infektion mit Staphylokokken bei multiplen Resistenzen). Am 10.07.2008 wurde die Patientin erneut aufgenommen und bis zum 15.07.2008 stationär behandelt. Festgestellt wurde diesmal eine fluktuierende Schwellung der betroffenen Körperregion. Durchgeführt wurden ein Debridement, tägliche Verbandswechsel und eine offenbar engmaschigere Therapie mit Antibiotika.

Die Klägerin forderte von der Beklagten mit Rechnung vom 22.07.2008 – versandt am 26.08.2008 – eigens für den Aufenthalt der Patientin vom 10. bis zum 15.07.2008 einen Betrag von 1594,80 Euro. Die Beklagte beauftragte am 13.10.2008 den MDK mit einer Überprüfung und teilte dies – nach eigenen Angaben – der Klägerin mit. Gestützt auf das Gutachten des MDK vom 13.11.2009 verrechnete sie den zunächst gezahlten Rechnungsbetrag im Januar 2010 mit einer anderen offenen Rechnung mit der Begründung, die Fallpauschalen seien für beide Aufenthalte zusammenzufassen, da es sich um eine Wiederaufnahme infolge von Komplikationen gehandelt habe.

&8195; Am 15.06.2011 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie führt aus, die Wiederaufnahme der Patientin sei nicht in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses gefallen. Bereits der MDK habe eine Verantwortung des Krankenhauses für die aufgetretene Komplikation verneint und die Frage letztlich als eine rechtliche angesehen. Tatsächlich sei die Komplikation erst nach der Entlassung der Patientin aufgetreten und durch die Klägerin weder vorhersehbar noch vermeidbar und somit auch nicht zu verantworten gewesen. Schicksalhafte Komplikationen führten nicht zur Zusammenführung der Fallpauschalen. Eine ähnliche Auslegung der Fallpauschalenvereinbarung habe inzwischen auch das SG Landshut und des SG Köln vorgenommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.591,20 Euro nebst fünf Prozent Zinsen seit dem 25.01.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, der Sinn der einschlägigen Regelungen liege darin, dass der gesamte Behandlungsverlauf in einer Fallpauschale abgerechnet werde. Eine zweite Fallpauschale komme nur dann in Betracht, wenn die erste Behandlung medizinisch abgeschlossen sei. Das Auftreten von Komplikationen spreche indes deutlich für das Gegenteil. Hierzu gehörten auch schicksalhaft aufgetretene operationsimmanente Komplikationen, die als normales Risiko nach einem Eingriff unabwendbar seien. In den Verantwortungsbereich eines Krankenhauses fielen auch solche Komplikationen, die nicht auf Fehlverhalten des Krankenhauspersonals beruhten. Die eigens eingefügte Bezugnahme auf den Verantwortungsbereichs des Krankenhauses in der Fallpauschalenvereinbarung 2008 (FPV 2008) solle Krankenhäuser vor den Folgen mangelnder Compliance sowie vor einer falschen Fortführung der Behandlung im ambulanten Bereich schützen. Eine umgekehrte Beschränkung auf Komplikationen infolge von Behandlungsfehlern sei nicht gewollt und auch nicht vereinbart worden, denn dann hätte die Formulierung anders ausfallen müssen.

Zur Frage einer möglichen Präklusion medizinischer Einwendungen führt die Beklagte aus, die vollständigen Daten (sog. "§301-Daten") für den ersten Aufenthalt der Patientin hätten erst am 15.08.2008 vorgelegen, so dass auch erst ab diesem Tag mit der Prüfung einer Fallpauschalenzusammenführung habe begonnen werden können. Ausweislich einer Gesprächsnotiz vom 09.09.2008 sei mit einer Mitarbeiterin der Klägerin vereinbart worden, dass eine Begutachtung durch den MDK stattfinden solle.

Die Klägerin bestreitet in ihrer Replik, dass ein solches Gespräch stattgefunden habe. Die von der Beklagten genannte Mitarbeiterin der Klägerin habe sich am 09.09.2008 in Urlaub befunden. Von der Beauftragung des MDK habe die Klägerin auch erst im Dezember 2008 erfahren, insbesondere sei ein auf den 13.10.2008 datierendes Schreiben erst am 18.12.2008 bei der Klägerin eingegangen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogenen Akten beider Beteiligter verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als Leistungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung des Krankenhausaufenthalts vom 10.07.2008 bis zum 15.07.2008 unter Zugrundelegung einer eigenen Fallpauschale, denn Fallpauschalen für die beiden Krankenhausaufenthalte der Patientin waren zusammenzufassen (dazu unter B). Die Beklagte ist mit ihrem diesbezüglichen Vortrag auch nicht etwa präkludiert (dazu unter C). Ein Anspruch auf höhere Vergütung nach einer einheitlichen Fallpauschale ist mangels einer berichtigten Rechnung bislang nicht fällig.

A.) Anspruchsgrundlage ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch der versicherten Patientin sowie weiter i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz, KHEntgG) und schließlich der FPV 2008.

B.) Die Fallpauschalen für die beiden Krankenhausaufenthalte der Patientin vom 30.06.2008 bis zum 08.07.2008 und vom 10. bis zum 15.07.2008 waren zusammenzufassen.

I.) Werden Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen, § 8 Abs. 5 Satz 1 KHEntgG. Näheres regelt § 2 FPV 2008: Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008 hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine (einheitliche) Fallpauschale vorzunehmen, wenn Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden Komplikation in Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung wieder aufgenommen werden.

II.) Die Wiederaufnahme erfolgte innerhalb der einschlägigen oberen Grenzverweildauer von hier 32 Tagen und die zur Wiederaufnahme führende Komplikation fiel auch in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008.

1.) Der Begriff des Verantwortungsbereichs im Sinne der Vorschrift (und ihrer Nachfolgerregelungen in den Jahren danach) wird in der Rechtsprechung unterschiedlich ausgelegt: Während das LSG Rheinland-Pfalz insoweit eine ursächliche Beziehung zwischen der vom Krankenhaus durchgeführten Leistung und dem Eintritt einer zur Wiederaufnahme des Patienten führenden unerwünschten Folge ("Komplikation") der Behandlung genügen lässt (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.08.2011, L 5 KR 248/10), setzt insbesondere das SG Köln (Urteil vom 16.08.2011, S 29 KR 1075/10) den in § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008 (bzw. 2009) implizierten Begriff der Verantwortung unter Hinweis auf Aristoteles im Ergebnis mit Vertretenmüssen gleich. Das SG Landshut (Urteil vom 26.05.2011, S 1 KR 223/09) betont, dass die Feststellung eines rein schicksalhaften Ereignisses noch keine hinreichende Aussage enthalte, wonach die Komplikation in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses falle.

2.) Die Kammer versteht den Begriff des Verantwortungsbereichs als Abgrenzungskriterium gegenüber solchen zur Wiederaufnahme führenden Komplikationen, deren Ursache im Verhalten des Patienten oder eines Dritten (insbesondere des ambulant weiterbehandelnden Arztes) liegt (eine Abgrenzung gegenüber Umständen, deren Ursache nicht die zuvor behandelte Erkrankung ist, erfolgt bereits durch die Tatbestandsmerkmale "Komplikation" und "Zusammenhang"). Schicksalhafte Komplikationen fallen somit jedoch gerade in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008.

a) Einen allgemeingültigen (sozial-) rechtlichen Verantwortungsbegriff gibt es nicht. Insbesondere sieht das Gericht keinen rechtlichen Anhaltspunkt dafür, dass Verantwortung stets mit Vertretenmüssen i.S.d. § 276 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Sinne einer "Haftung" für Vorsatz und Fahrlässigkeit gleichzusetzen wäre. Zunächst ließe eine Gleichsetzung von Verantwortung und Vertretenmüssen an sich noch keinen verlässlichen Schluss zu, denn auch nach § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine weitergehende Haftung kraft Vereinbarung oder dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses möglich. Insbesondere aber erscheint die Übernahme von Kriterien des (Arzt-) Haftungsrechts auf das Leistungserbringungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse schon wegen der Verschiedenartigkeit der Regelungsmaterien alles andere als zwingend. Während das Arzthaftungsrecht danach fragt, ob die dem Patienten geschuldete ärztliche Behandlung in einer dem fachärztlichen Standard zuwiderlaufenden Weise, also fehlerhaft, erbracht worden ist (BGH, Urteil vom 08.07.2003, VI ZR 304/02, NJW 2003, 2827), dient die Abrechnung mithilfe von Fallpauschalen der Umsetzung eines durchgängigen, leistungsorientierten und pauschalierenden Vergütungssystems, in dem das Entgelt von der Leistung abhängt (vgl. etwa OLG Oldenburg, Urteil vom 21.01.2009, 5 U 24/08). Hierbei können Verschuldensgesichtspunkte eine Rolle spielen (so dürfte der Kunstfehler eines Krankenhausarztes sicher in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008 fallen), sie taugen jedoch nicht als ausschlaggebendes Abgrenzungskriterium (auch das Tatbestandsmerkmal der Komplikation setzt auch nicht etwa eine nicht lege artis erfolgte Behandlung voraus: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.06.2010, L 5 KR 232/09).

b) Im Anwendungsbereich der FPV, wo die Besonderheit hinzukommt, dass es die Rechtsanwender selbst in der Hand haben, Unklarheiten des Wortlauts für die Zukunft zu beseitigen (BSG, Urteil vom 19.08.2008, B 3 KR 15/07 R, Rn. 18 m.w.N.), ist überdies eine strenge Wortlautinterpretation ohne weitere Bewertungen und Abwägungen geboten (vgl. BSG, a.a.O., aus neuerer Zeit LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.06.2011, L 4 KR 21/10). Eine solche strenge Wortlautinterpretation hat indes gerade zu berücksichtigen, dass die FPV, hätte sie den Verantwortungsbereich des Krankenhaus unter Rückgriff auf Gesichtspunkte des Vertretenmüssens bestimmen wollen, sich der insoweit üblichen Rechtsterminologie hätte bedienen können und müssen (gegen eine Beschränkung auf Verschulden auch SG Landshut, Urteil vom 26.05.2011, S 1 KR 223/09).

c) Lässt sich allerdings der Begriff "Verantwortungsbereich" i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV nicht unter Rückgriff auf ein Verschulden seitens des Krankenhauses bestimmen, so bleibt aus Sicht der Kammer nur eine Interpretation, wonach die Vorschrift der Abgrenzung von im weiteren Sinne ätiologisch zu verstehenden Risikosphären dienen soll, d.h. zur Abgrenzung gegenüber Umständen, die gleichsam von außen in den Heilungsverlauf eingreifen. Dies sind insbesondere mangelnde Compliance sowie Fehler des ambulant weiterbehandelnden Arztes (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.08.2011, L 5 KR 248/10). Eine schicksalhaft eingetretene Komplikation im Sinne eines schicksalhaft nicht zufriedenstellenden Heilungsverlaufs ist der Risikosphäre des Krankenhauses zuzuordnen, denn in ihr realisiert sich "nur" das typische Lebensrisiko, dass eine Behandlung - für das Krankenhaus unvorhersehbar - bei verschiedenen Patienten verschieden gut anschlägt.

C.) Die Einwendungen der Beklagten gegen die Zugrundelegung einer eigenen Fallpauschale für den Aufenthalt vom 10. bis zum 15.07.2008 bleiben auch nicht etwa wegen Verletzung der Frist aus § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V unberücksichtigt.

I.) Bei einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ist eine Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der erbrachten Leistung durch den MDK zeitnah durchzuführen, § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V. Die Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen, § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V.

II.) § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V wird in der Rechtsprechung überwiegend als Ausschlussfrist verstanden (BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 1 KN 3/08 KR R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 15, Rn. 37, obiter dictum; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.09.2009, L 5 KR 81/09; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13.07.2011, L 1 KR 501/10, juris, Rn. 41 ff.), nach deren Ablauf Prüfungen durch den MDK (bzw. den SMD) "unzulässig" (so wörtlich BT-Drucksache 16/3100 S. 171) sind und die Krankenkasse keine medizinischen Einwendungen mehr vorbringen kann (so ausdrücklich LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O., weiterhin SG Darmstadt, Urteil vom 20.05.2010, S 18 KR 344/08, juris, Rn. 20; SG Dortmund, Urteil vom 22.07.2011, S 8 KR 140/09, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de; Urteil der Kammer vom 25.07.2011, S 6 KR 151/11, juris). § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V enthält insoweit eine punktuell vom sozialprozessualen Amtsermittlungsgrundsatz abweichende Ausschlusswirkung, die insbesondere - schon um die Vorschrift nicht im Ergebnis leerlaufen zu lassen - auch im gerichtlichen Verfahren gilt (auch hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O., SG Darmstadt, a.a.O.). Auch das Urteil des BSG vom 16.12.2008 (B 1 KN 3/08 KR R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 15) steht dieser Sichtweise nicht entgegen, denn im dort entschiedenen Fall war § 275 Abs. 1c SGB V mangels Rückwirkung nicht einschlägig (BSG, a.a.O. = juris, Rn. 37).

III.) Diese Präklusionswirkung betrifft allerdings nicht auch die rechtliche Frage nach der Auslegung des Begriffs "Verantwortungsbereich des Krankenhauses" i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008.

1.) Erfasst werden von der Präklusionswirkung der Vorschrift all diejenigen tatsächlichen Umstände, die einer Überprüfung durch den MDK zugänglich sind, d.h. diejenigen Umstände, die auch das Gericht nur nach Heranziehung medizinischen Sachverstandes zu klären vermag (vgl. bereits Urteile der Kammer vom 25.07.2011, S 6 KR 151/11, und vom 28.11.2011, S 6 KR 1006/11, beide juris). Die Auslegung von Rechtsfragen obliegt dem MDK hingegen nicht. Die - dies hat auch der MDK in seinem Gutachten vom 13.11.2009 zutreffend erkannt - rechtliche Frage nach der Auslegung des Begriffs "Verantwortungsbereich" gehört hierzu nicht.

2.) Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass rechtliche Erwägungen zum Verantwortungsbegriff i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008 eine medizinische Vorprüfung dahingehend voraussetzen, ob überhaupt eine Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung zur Wiederaufnahme geführt hat (§ 8 Abs. 5 Satz 1 KHEntgG, § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008). Allerdings schlägt eine Präklusion hinsichtlich dieser medizinischen Prüfung (zur Begrenzung der Präklusionswirkung auf medizinischen Einwendungen vgl. oben unter II) nicht auch auf rechtliche Einwendungen durch, die auf einem zwischen den Beteiligten unstreitigen medizinischen Sachstand aufbauen. Ob dies möglicherweise der Fall wäre, wenn es für den Begriff der Verantwortung i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2008 auf Verschulden ankäme und dieses Verschulden streitig ist, braucht die Kammer angesichts ihrer Auslegung des Verantwortungsbegriffs als verschuldensunabhängig (siehe oben unter B) nicht zu entscheiden. Eine weitergehende Auslegung von § 275 Abs. 1c SGB V liefe Gefahr, aus einer punktuellen Präklusionsregelung eine generelle Ausschlussfrist zu machen, nach der das Gericht sogar einen unstreitigen Sachverhalt nicht berücksichtigen dürfte. Eine derart weitgehende Auslegung läuft dem Wesen der Präklusion zuwider und wird auch vom Wortlaut des § 275 Abs. 1c SGB V nicht gedeckt.

D.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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