Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
35
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 AL 89/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Mit der Vereinbarung einer durchschnittlichen monatliche Arbeitszeit von 60,67 Stunden und der Festlegung des Ausgleichs von Überschreitungen der wöchentlichen Stundenzeit auf ein Arbeitszeitkonto ist der Arbeitsvertrag von vornherein darauf angelegt, da
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld wegen Überschreitens der Kurzzeitigkeitsgrenze streitig.
Der 1967 geborene Kläger war von 1990 bis Februar 2003 als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld bis einschließlich Juni 2003 war der Kläger im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätig. Nach erneuter Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld vom 01.12.2003 bis 25.04.2004 wurde der Kläger als Facharbeiter im Hochbau bei A-Bau versicherungspflichtig beschäftigt. Die Beschäftigung lief, mit Unterbrechung vom 22.12.2004 bis 06.02.2005, bis 30.11.2005. Nach erneuter Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld vom 01.12.2005 bis 25.04.2006 war der Kläger vom 26.04.2006 bis 19.01.2007 als Maurer bei B. beschäftigt. Ab 20.01.2007 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Die Beklagte bewilligte ihm Arbeitslosengeld in Höhe von 908,40 EUR monatlich.
Mit Veränderungsmitteilung vom 18.06.2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, er werde ab 18.06.2007 bis 30.11.2007 eine Tätigkeit als Lager- und Versandarbeiter bei R. mit einem Beschäftigungsumfang von weniger als 15 Stunden aufnehmen. In der Folge legte der Kläger die vom Arbeitgeber ausgefüllten Nebenverdienstbescheinigungen nach § 313 SGB III vor. In der Nebenverdienstbescheinigung für Juni 2007 hat der Arbeitgeber für den Zeitraum 18.06.2007 bis 30.06.2007 28,89 Arbeitsstunden angegeben. Die Frage: "Wurde eine Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang – 15 Stunden und mehr wöchentlich – übertragen?" wurde durch den Arbeitgeber verneint. Auf Grund des mitgeteilten Nettolohnes von 185,84 EUR hob die Beklagte die Entscheidung über Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 18.06.2007 bis 30.06.2007 wegen Nebeneinkommens teilweise in Höhe von 20,40 EUR auf (Erstattungsbescheid vom 23.07.2007). In der Nebeneinkommensbescheinigung für Juli 2007 gab der Arbeitgeber für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.07.2007 34,13 Arbeitsstunden an und bestätigte ein Bruttoeinkommen von 303,07 EUR. Die Frage der Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze wurde verneint. Mit Erstattungsbescheid vom 28.08.2007 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 01.07.2007 bis 31.07.2007 wegen Nebeneinkommens teilweise in Höhe von 138,00 EUR auf. Mit Veränderungsmitteilung vom 02.10.2007 teilte der Kläger die Aufnahme einer Tätigkeit als Produktionsarbeiter ab 01.10.2007 bis voraussichtlich 29.02.2008 bei R. mit.
Der Arbeitgeber gab in der Nebenverdienstbescheinigung für den Monat August 2007 60,67 Arbeitsstunden bei einem Bruttoentgelt von 718,91 EUR an. Für den Monat September 2007 teilte der Arbeitgeber in der Nebenverdienstbescheinigung Arbeitsstunden von 60,67 bei einem Bruttoentgelt von 389,51 EUR mit. Nachdem der Kläger im Schreiben vom 23.10.2007 die Nebeneinkommensbescheinigungen für August und September 2007 eingereicht und Nachfragen zu den Werbungskosten stellte, wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 29.10.2007 an den Arbeitgeber R. und bat darum, die tatsächlich geleisteten Stunden pro Kalenderwoche aufzuschlüsseln. Der Beklagten wurde die Entgeltabrechnung vom 06.10.2007 mit An- und Abwesenheitsstunden übersandt. Danach hat der Kläger in der Woche vom 18.06.2007 bis 24.06.2007 15,13 Wochenstunden, in der Woche vom 25.06.2007 bis 01.07.2007 14,6 Stunden, in der 27. und 28. Kalenderwoche 14,0 Stunden, in der Woche vom 16.07.2007 bis 22.07.2007 15,05 Stunden, in der Woche vom 23.07.2007 bis 29.07.2007 21,93 Stunden, in der Woche vom 30.07.2007 bis 05.08.2007 20,10 Stunden, in der Woche vom 06.08.2007 bis 12.08.2007 27,30 Stunden, in der Woche vom 13.08.2007 32,34 Stunden, in der Woche vom 20.08.2007 bis 26.08.2007 14,31 Stunden und in der Woche vom 27.08.2007 bis 02.09.2007 35,32 Stunden gearbeitet. In den Folgewochen, vom 03.09.2007 bis 30.09.2007, hat der Kläger in der Kalenderwoche 14,06 Stunden, 14,00 Stunden, 12,65 Stunden und 12,58 Stunden gearbeitet. Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 07.11.2007 an, da Arbeitslosengeld ab 18.06.2007 in Höhe von 2.972,00 EUR zu Unrecht gezahlt worden sei. Der Kläger habe in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden und sei daher nicht mehr arbeitslos.
Mit Änderungsbescheid vom 07.11.2007 bewilligte die Beklagte befristet Arbeitslosengeld vom 01.06.2007 bis 17.06.2007 und gab zur Begründung als Rechtsgrundlage § 48 SGB X an. Der Anspruch ende zum 18.06.2007 wegen Aufnahme einer Beschäftigung. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 22.11.2007 Widerspruch eingelegt und zur Begründung vorgetragen, er habe einen Arbeitsvertrag für gewerbliche Mitarbeiter in geringfügiger Beschäftigung aufgenommen. Im Durchschnitt seien 60,67 Stunden monatlich erbracht worden. Das entspreche durchschnittlich 14 Stunden/Woche. Der Arbeitsvertrag sei der Beklagten vorgelegt worden. Der Kläger sei bei Meldung der Nebentätigkeit von der Beklagten nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass sein Vertrag zu einer Einstellung des Arbeitslosengeldes führt. Die Beklagte habe ihre Beratungspflicht verletzt. Auch habe er erstmalig eine Nebentätigkeit aufgenommen. Die Beklagte habe auch die vorgelegten Nebeneinkommensbescheinigungen nicht beanstandet. Im August 2007 sei es zu Problemen bei der Abrechnung der Stunden, bedingt durch die Urlaubszeit, gekommen. Der Kläger ist der Auffassung, er habe der Bundesagentur in jeder Stunde zur Vermittlung zur Verfügung gestanden. Durch seine Einsatzbereitschaft habe er ab 01.10.2007 eine Vollbeschäftigung bei R. Mit Erstattungsbescheid vom 08.01.2008 wurde der Kläger zur Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von 2,972,00 EUR aufgefordert.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 11.01.2008). Zur Begründung verwies die Beklagte auf die §§ 118, 119 SGB III und den Begriff der Arbeitslosigkeit. Der Kläger habe ab Montag, 18.06.2007 (Beginn der Beschäftigungswoche), in einem mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis gestanden und sei somit nicht mehr arbeitslos gewesen. Auch in den Wochen dazwischen, in welchen die Beschäftigung die Kurzzeitigkeitsgrenze nicht überschreitet, bestehe Mangels fehlender Arbeitslosmeldung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Beklagte stützt die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III. Der Kläger hätte wissen müssen oder zumindest leicht erkennen können, dass der Leistungsanspruch weggefallen war. Das Merkblatt für Arbeitslose enthalte ausführliche Hinweise zu Fragen der Arbeitslosigkeit.
Mit der hiergegen am 04.02.2008 eingelegten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbegehren weiter. Er trägt zunächst vor, er sei im streitigen Zeitraum arbeitslos im Sinne von § 118 SGB III gewesen. Der Kläger verweist hierzu auf den Arbeitsvertrag mit R. Nach § 3 betrage die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 14 Stunden. Der Ausgleich erfolge über ein Arbeitszeitkonto. Dem Kläger sei vom Arbeitgeber mitgeteilt worden, dass der Artikel "Regelungen" von der Beklagten regelmäßig anerkannt werde. Der Arbeitsvertrag sei der Beklagten vorgelegt worden. Der Kläger habe somit davon ausgehen können, dass die Beschäftigung in dieser Form von der Beklagten gebilligt wird. Es handele sich bei den für den Zeitraum vom 18.06.2007 bis 22.06.2007 ermittelten 15,13 Stunden um eine unbedeutende Abweichung. Der Auffassung der Beklagten, dass es für die Berechnung auf die Beschäftigungswoche, nicht auf die Kalenderwoche ankommen soll, könne nicht gefolgt werden. Der Kläger verweist auf § 119 Abs. 3 SGB III, wonach gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer nicht berücksichtigt würden. Für die Monate Juni und Juli 2007 habe die Beklagte bereits mit Änderungsbescheiden und in Kenntnis aller Umstände entschieden. Insoweit sei eine Selbstbindung der Verwaltung eingetreten. Im August 2007 sei der Kläger durch den Arbeitgeber veranlasst worden, mehr als die vereinbarten 60,67 Stunden (tatsächlich 117,61 Stunden) zu arbeiten. Die Nebenverdienstbescheinigungen seien ohne Mitwirkung des Klägers erstellt worden. Dem Kläger sei keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Er wusste nicht und konnte nicht vermuten, dass der Anspruch wegfallen würde. Der Kläger verweist auf das Merkblatt, das oberflächlich, ungenau und nicht aussagekräftig sei. Auch werde nicht erklärt, was bei unentgeltlich geleisteten Arbeitsstunden bzw. bei einem Arbeitszeitkonto passiert. Der Kläger und auch seine Ehefrau hätten versucht, sich über die Hinzuverdienstgrenzen zu informieren. Hierzu gab der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, seine Ehefrau habe bei der Beklagten, bei der Hotline, angerufen. Seine Frau habe die Antwort gekriegt: "Wir dürfen keine Auskunft geben.". Sowohl der Kläger als auch die Ehefrau hätten mit bestem Wissen und Gewissen versucht, die erforderliche Sorgfalt walten zu lassen.
Der Kläger beantragt:
Die Bescheide vom 07.11.2007 und 08.01.2008 der Agentur für Arbeit Pirna, Geschäftsstelle Freital, in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2008 auf-zuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Anlässlich der persönlichen Vorsprache des Klägers am 22.06.2007 sei die Beklagte davon ausgegangen, dass eine Nebentätigkeit von unter 15 Wochenstunden bei R. aufgenommen wurde. Ausgehend von den zeitlichen Angaben von unter 15 Stunden seien zunächst die Nebenverdienstbescheinigungen ausgewertet worden, zumal die Frage der Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden in beiden Bescheinigungen (Juni/Juli 2007) verneint wurde. Infolge der Angaben des Klägers, auch zu Werbungskosten, sei es zu einer telefonischen Nachfrage beim Arbeitgeber und zur Feststellung des Arbeitszeitkontos gekommen. Die vorgetragenen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeiten seien nach Auffassung der Beklagten nicht maßgebend. Auszugehen sei von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit. Ob diese nun vergütet oder einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben wird, sei ohne Belang. Die Beklagte übersendet die vorhandenen Beratervermerke, die eine persönliche Vorsprache des Klägers am 22.06.2007 sowie eine persönliche Vorsprache unter Abgabe der Nebenverdienstbescheinigungen am 17.07.2007 beinhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Leistungsakte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet. Der Änderungsbescheid vom 07.11.2007 und der Erstattungsbescheid vom 08.01.2008, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 11.01.2008, verletzen den Kläger nicht rechtswidrig in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat für den Zeitraum vom 18.06.2007 bis 30.09.2007 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Beklagte durfte daraufhin die Leistung mit Ablauf des 17.06.2007 einstellen und überzahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 2.972,00 EUR vom Kläger zurückfordern.
Die Voraussetzungen der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 18.06.2007 liegen vor. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – hier die Bewilligung von Arbeitslosengeld - für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakt für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III).
Eine wesentliche Änderung ist hier eingetreten, da der Kläger eine Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufgenommen und damit für eine Arbeitsvermittlung durch die Beklagte nicht mehr zur Verfügung gestanden hat (§§ 118 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 119 Abs. 1 Nr. 1, 119 Abs. 3 SGB III).
Anspruch auf Arbeitslosengeld haben Arbeitnehmer, die u.a. arbeitslos sind (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der u.a. vorübergehend in keinem Beschäftigungsverhältnis steht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Mehrere Beschäftigungen werden zusammengerechnet (§ 119 Abs. 3 SGB III). Aus diesen Regelungen ist im rechtlich zulässigen Umkehrschluss zu entnehmen, dass eine 15 Stunden und mehr wöchentlich umfassende Beschäftigung den Tatbestand der Beschäftigungslosigkeit und damit der Arbeitslosigkeit ausschließt. Eine Beschäftigung ist kurzzeitig, wenn sie auf weniger als 15 Stunden wöchentlich beschränkt ist. Maßgebend ist grundsätzlich die Arbeitszeit als die Zeitspanne, während der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, seine Arbeitskraft dem ArbG zur Verfügung zu stellen (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 12. Aufl. § 45 Rdnr. 53).
Der Kläger hat, wie sich aus der Entgeltabrechnung und den darin vermerkten An- und Abwesenheitsstunden des Arbeitgebers R. ergibt, bereits in seiner ersten Beschäftigungswoche vom 18.06.2007 bis 24.06.2007 eine Beschäftigung von 15,13 Stunden aufgenommen. Damit lag eine kurzzeitige Beschäftigung nicht mehr vor. Da der Kläger die Beschäftigung am Montag, dem 18.06.2007, aufgenommen hat, ist insoweit auch unerheblich, ob die Kalender- oder die Beschäftigungswoche maßgebend ist. Vorliegend ist die Beschäftigungswoche des Klägers identisch mit der Kalenderwoche, so dass dieser Gesichtspunkt nicht entscheidungserheblich ist.
Von den insgesamt 15 Wochen, in denen der Kläger auf Grund seines Arbeitsvertrages vom 15.06.2007 für den Arbeitgeber R. tätig wurde, wurde die Kurzzeitigkeitsgrenze in sieben Wochen (vom 18.06.2007 bis 24.06.2007, vom 16.07.2007 bis 22.07.2007, vom 23.07.2007 bis 29.07.2007, vom 30.07.2007 bis 05.08.2007, vom 06.08.2007 bis 12.08.2007, vom 13.08.2007 bis 19.08.2007 und vom 27.08.2007 bis 02.09.2007) überschritten. In den Wochen dazwischen wurde die Kurzzeitigkeitsgrenze von unter 15 Wochenstunden eingehalten. Es handelt sich bei den geschilderten Überschreitungen nicht lediglich um gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer i.S.v. § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III, wobei beide Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. Brand in Niesel SGB III-Kommentar, § 118 RdNr. 27). Gelegentlich ist eine Abweichung, wenn sie nicht vorhersehbar war und sich innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses nicht wiederholt (vgl. Brand in Niesel a.a.O., sowie BSG SozR 4100 § 115 Nr. 2). Ausgangspunkt für die Frage, ob eine Überschreitung gelegentlich und dabei vorhersehbar ist, ist insbesondere die gewählte vertragliche Vereinbarung (vgl. BSG, Urteile vom 29.10.2008, B 11 AL 44/07 R; B 11 AL 52/07 R, zitiert nach JURIS). Vorliegend haben die Arbeitsvertragsparteien eine durchschnittliche monatliche Arbeitszeit von 60,67 Stunden vereinbart (§ 3 des Arbeitsvertrages). Der Arbeitsvertrag führt in § 3 weiter aus, dass die tatsächliche Lage der Arbeitszeit an die des Einsatzbetriebes angepasst wird. Zum Ausgleich der monatlichen Abweichungen zwischen der vereinbarten individuellen regelmäßigen Arbeitszeit und der tatsächlichen Arbeitszeit im Einsatzbetrieb werde ein Arbeitszeitkonto eingerichtet. Der Ausgleich von Zeitkonto-Plusstunden erfolge in einsatzfreien Zeiten durch Freizeit. Der Ausgleich des Zeitkontos finde dergestalt statt, dass die jeweils zuerst aufgebauten Stunden in dem tarifvertraglich festgelegten Ausgleichszeitraum ausgeglichen sein müssen. Mit den Festlegungen eines Ausgleichs von Überschreitungen in der wöchentlichen Stundenzeit auf ein Arbeitszeitkonto war der Arbeitsvertrag von vornherein darauf angelegt, dass die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten werden kann, und diese Überschreitungen in den Folgewochen ausgeglichen werden. Damit war den Vertragsparteien schon bei Beginn des Arbeitsverhältnisses bewusst, dass die wöchentliche Arbeitszeit, auf die § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III abstellt, von Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an überschritten werden kann. Dass die erfolgten Überschreitungen der zulässigen Wochenarbeitszeit von unter 15 Stunden entsprechend des Arbeitsvertrages dann in den Folgewochen ausgeglichen werden sollten, ist insoweit unerheblich (vgl. zum Ganzen BSG, Urteile vom 29.10.2008, B 11 AL 44/07 R; B 11 AL 52/07 R,). Insbesondere kommt es nicht auf eine Durchschnittsberechnung an. Es ist somit unerheblich, dass die Kurzzeitigkeitsgrenze im Durchschnitt hinsichtlich des Zeitraumes vom 18.06.2007 bis 30.09.2007 nicht überschritten wurde. Die hierzu immer wieder zitierte Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes, die auf Durchschnittswerte abstellt, (z. B. Urteil vom 22.08.1984, SozR 4100 § 102 Nr. 6; Urteil vom 15.05.1985, 7 R AR 22/84; Urteil vom 15.06.1988, 7 R AR 12/87) betraf nicht die Definition des Versicherungsfalles der Arbeitslosigkeit (entsprechend §§ 118, 119 SGB III), sondern die Frage, ob der betroffene Kläger für einen geltend gemachten Leistungsanspruch die erforderliche Anwartschaftszeit durch eine beitragspflichtige Beschäftigung erfüllt hat. Die dortige Rechtssprechung ist auf die hier erforderliche Prüfung des Begriffs der Arbeitslosigkeit nicht übertragbar (so BSG, Urteile vom 29.10.2008 B 11 AL 44/07 R; B 11 AL 52/07 R,). Da somit hier die Überschreitungen der Wochenarbeitszeit bereits bei Vertragsabschluss vorhersehbar waren, scheidet bereits begrifflich eine "gelegentliche" Abweichung im Sin-ne von § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III aus.
Schließlich waren die Überschreitungen auch nicht "von geringer Dauer". Der Begriff "von geringer Dauer" ist auf die Gesamtdauer der kurzzeitigen Beschäftigung zu beziehen. Wird diese auf unbestimmte Zeit ausgeübt, so ist jedenfalls ein Zeitraum bis zu 3 Wochen, bei monatlicher Abrechnung bis zu einem Monat, als von geringer Dauer anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1988, Az. 11/7 RAr 41/87). Dies gilt jedenfalls bei Beschäftigungen von einem Jahr und ist vorliegend somit nicht einschlägig. Bei einem Beschäftigungsverhältnis von bis zu 12 Wochen kann die Überschreitung bis zu einem Viertel ausmachen (Brand in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 119 Rdnr. 32). Hier lief die Beschäftigung über einen Zeitraum von 15 Wochen (18.06.2007 bis 30.09.2007). Überschreitungen lagen in sieben Wochen vor, und damit im fast der Hälfte der Beschäftigungszeit. Somit liegt auch das Erfordernis der Überschreitung "von geringer Dauer" nicht vor.
Nicht entscheidend ist, aus welchen Gründen die Überschreitungen jeweils erfolgten. So kann der Vortrag des Klägers, die Überschreitungen seien insbesondere im August 2007 durch Urlaubsvertretungen erforderlich geworden, die festgestellten Überschreitungen der Kurzzeitigkeitsgrenze weder widerlegen noch entschuldigen. Auch, dass der Arbeitgeber die Überschreitungen angeordnet hat oder dem Kläger den Eindruck vermittelt hat, die Überschreitungen seien im Hinblick auf seinen Arbeitslosengeldbezug unschädlich, ist für die Bewertung der Beschäftigungslosigkeit unerheblich. Somit hat der Kläger bereits bei Aufnahme der Beschäftigung ab 18.06.2007 die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten. Beschäftigungslosigkeit und damit Arbeitslosigkeit lagen ab 18.06.2007 nicht mehr vor.
Durch die Aufnahme einer Beschäftigung von mehr als 15 Wochenstunden entfällt nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III gleichzeitig die Wirkung der nach § 122 SGB III erforderlichen Arbeitslosmeldung. Die Wirkung der Meldung erlischt insbesondere mit der Aufnahme einer Beschäftigung, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III). Nachdem der Kläger sich, nachdem die Kurzzeitigkeitsgrenze jeweils überschritten war, nicht erneut bei der Beklagten arbeitslos gemeldet hat, entfällt die Wirkung der Arbeitslosmeldung auch für die Wochen, in denen die Kurzzeitigkeitsgrenze nicht überschritten wurde. Danach war Arbeitslosengeld nicht nur in den Wochen weggefallen, in denen tatsächlich die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten wurde, sondern auch in den Wochen dazwischen bzw. danach, da eine erneute persönliche Ar-beitslosmeldung nicht erfolgte.
Schließlich lagen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vor. Danach soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Die danach geforderte Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Leistungsempfängers bezieht sich auf den Wegfall des Anspruchs. Hier hätte der Kläger bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können und müssen, dass auf Grund der gehäuften Überschreitungen der Kurzzeitigkeitsgrenze der Anspruch auf Arbeitslosengeld weggefallen war, da Arbeitslosigkeit nicht mehr bestanden hat. Dies ergibt sich aus dem dem Kläger bei Arbeitslosmeldung ausgehändigten Merkblatt. In dem Merkblatt wird unter Ziffer 2.3 darauf verwiesen, dass für den Bezug von Arbeitslosengeld Beschäftigungslosigkeit vorliegen muss. Danach ist beschäftigungslos auch, wer eine weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung als Arbeitnehmer oder Tätigkeit als Selbständiger oder mithelfender Familienangehöriger ausübt. Der Anspruch entfällt z. B., "wenn der Umfang der aufgenommenen Beschäftigung oder Tätigkeit 15 Stunden in der Kalenderwoche erreicht bzw. übersteigt". In dem Merkblatt, das nach Auffassung der Kammer insoweit auch aussagekräftig ist, wird somit eindeutig auf den maßgeblichen Gesichtspunkt verwiesen. Danach lag mindestens eine Sorgfaltspflichtverletzung bzw. grobe Fahrlässigkeit auf Seiten des Klägers vor. Das BSG hat zum Begriff der groben Fahrlässigkeit bei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X entschieden, dass sie vorliegt, wenn der Leistungsempfänger aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen sicher den Wegfall des Anspruchs hätte erkennen können (Urteil vom 25.01.1994 - 7 RAr 14/93 - SozR 3-1300 § 48 Nr. 32). Grob fahrlässig ist im Allgemeinen das Außerachtlassen von gesetzlichen oder Verwaltungs-Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wurde, es sei denn, dass der Betroffene nach seiner Persönlichkeitsstruktur und seinem Bildungsstand die Vorschriften nicht verstanden hat (sogenannter subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 20.09.1977 - 8/12 RKg 8/76 - SozR 5870 § 13 Nr. 2; Sächs. LSG, Urteil vom 04.03.2004, L 2 AL 182/03 zitiert nach JURIS). Nach dem Eindruck, den die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhand-lung vom Kläger gewonnen hat, war dieser in der Lage, den Inhalt des Merkblattes und die Bedeutung, insbesondere der Kurzzeitigkeitsgrenze, zu verstehen. Somit war der Kläger hinsichtlich des Behaltendürfens des Arbeitslosengeldes nicht vertrauensschutzwürdig.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Kläger nicht bekannt gewesen sein soll, dass mit Aufnahme einer Beschäftigung von 15 Stunden die Woche oder mehr Arbeitslosigkeit weggefallen ist und für den Anspruch eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich ist. Auch insoweit bietet das dem Kläger ausgehändigte Merkblatt hinreichende Informationen. Aus dem Vermerk ("Bei Nichtanzeige oder verspäteter Anzeige einer Be-schäftigung oder Tätigkeit, die die Arbeitslosigkeit entfallen lässt, können Sie die Leistun-gen erst wieder nach erneuter Arbeitslosmeldung beziehen.") ist für den verständigen Leistungsempfänger zu entnehmen, dass nach einem Überschreiten der Kurzzeitigkeitsgrenze eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich ist, um Arbeitslosengeld rechtmäßig zu erhalten. Sofern sich der Kläger insgesamt darauf bezieht, dass er sich auf die Äußerungen des Ar-beitgebers verlassen hat, stellt auch dies eine Sorgfaltspflichtverletzung dar. Dabei ist auch nicht maßgeblich, dass der Beklagten der Arbeitsvertrag zu Beginn der Nebenbeschäftigung vorgelegt wurde. Schließlich war aus dem Arbeitsvertrag die konkrete Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze sowie die Zeiträume, in welchen die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten werden, nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat auch die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X gewahrt, wonach die Behörde bei einer Aufhebung der Leistungsbewilligung ab Änderung der Verhältnisse dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun muss, welche die Aufhebung auch für die Vergangenheit rechtfertigen. Der Änderungsbescheid vom 07.11.2007 wahrt, ebenso wie der Erstattungsbescheid vom 08.11.2008, ausgehend vom Eingang der Entgeltabrechnungen mit den An- und Abwesenheitsstunden sowie insbesondere ausgehend von der Anhörung vom 07.11.2007 die Jahresfrist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte bereits mit Erlass der Erstattungsbescheide vom 23.07.2007 und 28.08.2007 Arbeitslosengeld bereits für die Monate Juni 2007 und Juli 2007 teilweise aufgehoben und Leistungen zurückgefordert hat. Die Frage, ob durch Erlass dieser beiden Erstattungsbescheide eine "Selbstbindung der Verwaltung" eingetreten ist, kann offen bleiben, da die für die Monate Juni 2007 und Juli 2007 vom Arbeitgeber ausgefüllten Nebenverdienstbescheinigungen jedenfalls fehlerhaft waren. Beide Bescheinigungen gaben eine Gesamtarbeitszeit an. Dabei wurde für Juni 2007 (18.06.2007 bis 30.06.2007) Arbeitsstunden von insgesamt 28,89 und für Juli 2007 (01.07.2007 bis 31.07.2007) Arbeitsstunden von 34,13 angegeben. Nach den Hinweisen für den Arbeitgeber ist die Arbeitszeit jeweils als Wochenarbeitszeit anzugeben. Lediglich in den Fällen, in denen die Tätigkeit länger als eine Kalenderwoche dauerte, und die gelei-steten Arbeitsstunden in jeder Kalenderwoche gleichhoch waren, kann auch der gesamte Zeitraum der Tätigkeit eingetragen werden (Ausfüllhinweise unter Ziffer 3). In anderen Fällen (nichtgleichbleibende Stundenzahl) sind die Eintragungen nach Kalenderwochen getrennt vorzunehmen. Die Nebenverdienstbescheinigungen waren insoweit fehlerhaft ausgefüllt, da, wie festgestellt, die geleisteten Arbeitsstunden nicht in jeder Kalenderwoche gleichhoch waren und deshalb die Eintragungen nach Kalenderwoche getrennt vorzunehmen gewesen wären. Darüber hinaus wurden in beiden Nebenverdienstbescheinigungen Angaben falsch getätigt. Die Frage: "Wurde eine Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang – 15 Stunden und mehr wöchentlich – übertragen?" wurde mit "Nein" beantwortet. Nachdem auf Grund der Abrechnung der An- und Abwesenheitsstunden klar ist, dass die Grenze von unter 15 Stunden/Woche sowohl im Juni 2007 wie auch im Juli 2007 teilweise überschritten wurde, lagen insoweit fehlerhaft ausgefüllte Nebenverdienstbescheinigungen vor. Nachdem erst mit Vorlage der An- Abwesenheitsstunden die maßgeblichen Tatsachen bei der Beklagten hinreichend bekannt waren, durfte diese nunmehr innerhalb der Jahresfrist ab Kenntnis erneut über die Leistungsansprüche entscheiden.
Danach war die Klage mit der Kostenfolge des § 193 Abs. 1 SGG abzuweisen.
Die Berufung ist auf Grund des Beschwerdewertes Kraft Gesetzes zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld wegen Überschreitens der Kurzzeitigkeitsgrenze streitig.
Der 1967 geborene Kläger war von 1990 bis Februar 2003 als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld bis einschließlich Juni 2003 war der Kläger im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätig. Nach erneuter Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld vom 01.12.2003 bis 25.04.2004 wurde der Kläger als Facharbeiter im Hochbau bei A-Bau versicherungspflichtig beschäftigt. Die Beschäftigung lief, mit Unterbrechung vom 22.12.2004 bis 06.02.2005, bis 30.11.2005. Nach erneuter Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld vom 01.12.2005 bis 25.04.2006 war der Kläger vom 26.04.2006 bis 19.01.2007 als Maurer bei B. beschäftigt. Ab 20.01.2007 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Die Beklagte bewilligte ihm Arbeitslosengeld in Höhe von 908,40 EUR monatlich.
Mit Veränderungsmitteilung vom 18.06.2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, er werde ab 18.06.2007 bis 30.11.2007 eine Tätigkeit als Lager- und Versandarbeiter bei R. mit einem Beschäftigungsumfang von weniger als 15 Stunden aufnehmen. In der Folge legte der Kläger die vom Arbeitgeber ausgefüllten Nebenverdienstbescheinigungen nach § 313 SGB III vor. In der Nebenverdienstbescheinigung für Juni 2007 hat der Arbeitgeber für den Zeitraum 18.06.2007 bis 30.06.2007 28,89 Arbeitsstunden angegeben. Die Frage: "Wurde eine Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang – 15 Stunden und mehr wöchentlich – übertragen?" wurde durch den Arbeitgeber verneint. Auf Grund des mitgeteilten Nettolohnes von 185,84 EUR hob die Beklagte die Entscheidung über Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 18.06.2007 bis 30.06.2007 wegen Nebeneinkommens teilweise in Höhe von 20,40 EUR auf (Erstattungsbescheid vom 23.07.2007). In der Nebeneinkommensbescheinigung für Juli 2007 gab der Arbeitgeber für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.07.2007 34,13 Arbeitsstunden an und bestätigte ein Bruttoeinkommen von 303,07 EUR. Die Frage der Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze wurde verneint. Mit Erstattungsbescheid vom 28.08.2007 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 01.07.2007 bis 31.07.2007 wegen Nebeneinkommens teilweise in Höhe von 138,00 EUR auf. Mit Veränderungsmitteilung vom 02.10.2007 teilte der Kläger die Aufnahme einer Tätigkeit als Produktionsarbeiter ab 01.10.2007 bis voraussichtlich 29.02.2008 bei R. mit.
Der Arbeitgeber gab in der Nebenverdienstbescheinigung für den Monat August 2007 60,67 Arbeitsstunden bei einem Bruttoentgelt von 718,91 EUR an. Für den Monat September 2007 teilte der Arbeitgeber in der Nebenverdienstbescheinigung Arbeitsstunden von 60,67 bei einem Bruttoentgelt von 389,51 EUR mit. Nachdem der Kläger im Schreiben vom 23.10.2007 die Nebeneinkommensbescheinigungen für August und September 2007 eingereicht und Nachfragen zu den Werbungskosten stellte, wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 29.10.2007 an den Arbeitgeber R. und bat darum, die tatsächlich geleisteten Stunden pro Kalenderwoche aufzuschlüsseln. Der Beklagten wurde die Entgeltabrechnung vom 06.10.2007 mit An- und Abwesenheitsstunden übersandt. Danach hat der Kläger in der Woche vom 18.06.2007 bis 24.06.2007 15,13 Wochenstunden, in der Woche vom 25.06.2007 bis 01.07.2007 14,6 Stunden, in der 27. und 28. Kalenderwoche 14,0 Stunden, in der Woche vom 16.07.2007 bis 22.07.2007 15,05 Stunden, in der Woche vom 23.07.2007 bis 29.07.2007 21,93 Stunden, in der Woche vom 30.07.2007 bis 05.08.2007 20,10 Stunden, in der Woche vom 06.08.2007 bis 12.08.2007 27,30 Stunden, in der Woche vom 13.08.2007 32,34 Stunden, in der Woche vom 20.08.2007 bis 26.08.2007 14,31 Stunden und in der Woche vom 27.08.2007 bis 02.09.2007 35,32 Stunden gearbeitet. In den Folgewochen, vom 03.09.2007 bis 30.09.2007, hat der Kläger in der Kalenderwoche 14,06 Stunden, 14,00 Stunden, 12,65 Stunden und 12,58 Stunden gearbeitet. Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 07.11.2007 an, da Arbeitslosengeld ab 18.06.2007 in Höhe von 2.972,00 EUR zu Unrecht gezahlt worden sei. Der Kläger habe in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden und sei daher nicht mehr arbeitslos.
Mit Änderungsbescheid vom 07.11.2007 bewilligte die Beklagte befristet Arbeitslosengeld vom 01.06.2007 bis 17.06.2007 und gab zur Begründung als Rechtsgrundlage § 48 SGB X an. Der Anspruch ende zum 18.06.2007 wegen Aufnahme einer Beschäftigung. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 22.11.2007 Widerspruch eingelegt und zur Begründung vorgetragen, er habe einen Arbeitsvertrag für gewerbliche Mitarbeiter in geringfügiger Beschäftigung aufgenommen. Im Durchschnitt seien 60,67 Stunden monatlich erbracht worden. Das entspreche durchschnittlich 14 Stunden/Woche. Der Arbeitsvertrag sei der Beklagten vorgelegt worden. Der Kläger sei bei Meldung der Nebentätigkeit von der Beklagten nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass sein Vertrag zu einer Einstellung des Arbeitslosengeldes führt. Die Beklagte habe ihre Beratungspflicht verletzt. Auch habe er erstmalig eine Nebentätigkeit aufgenommen. Die Beklagte habe auch die vorgelegten Nebeneinkommensbescheinigungen nicht beanstandet. Im August 2007 sei es zu Problemen bei der Abrechnung der Stunden, bedingt durch die Urlaubszeit, gekommen. Der Kläger ist der Auffassung, er habe der Bundesagentur in jeder Stunde zur Vermittlung zur Verfügung gestanden. Durch seine Einsatzbereitschaft habe er ab 01.10.2007 eine Vollbeschäftigung bei R. Mit Erstattungsbescheid vom 08.01.2008 wurde der Kläger zur Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von 2,972,00 EUR aufgefordert.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 11.01.2008). Zur Begründung verwies die Beklagte auf die §§ 118, 119 SGB III und den Begriff der Arbeitslosigkeit. Der Kläger habe ab Montag, 18.06.2007 (Beginn der Beschäftigungswoche), in einem mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis gestanden und sei somit nicht mehr arbeitslos gewesen. Auch in den Wochen dazwischen, in welchen die Beschäftigung die Kurzzeitigkeitsgrenze nicht überschreitet, bestehe Mangels fehlender Arbeitslosmeldung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Beklagte stützt die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III. Der Kläger hätte wissen müssen oder zumindest leicht erkennen können, dass der Leistungsanspruch weggefallen war. Das Merkblatt für Arbeitslose enthalte ausführliche Hinweise zu Fragen der Arbeitslosigkeit.
Mit der hiergegen am 04.02.2008 eingelegten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbegehren weiter. Er trägt zunächst vor, er sei im streitigen Zeitraum arbeitslos im Sinne von § 118 SGB III gewesen. Der Kläger verweist hierzu auf den Arbeitsvertrag mit R. Nach § 3 betrage die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 14 Stunden. Der Ausgleich erfolge über ein Arbeitszeitkonto. Dem Kläger sei vom Arbeitgeber mitgeteilt worden, dass der Artikel "Regelungen" von der Beklagten regelmäßig anerkannt werde. Der Arbeitsvertrag sei der Beklagten vorgelegt worden. Der Kläger habe somit davon ausgehen können, dass die Beschäftigung in dieser Form von der Beklagten gebilligt wird. Es handele sich bei den für den Zeitraum vom 18.06.2007 bis 22.06.2007 ermittelten 15,13 Stunden um eine unbedeutende Abweichung. Der Auffassung der Beklagten, dass es für die Berechnung auf die Beschäftigungswoche, nicht auf die Kalenderwoche ankommen soll, könne nicht gefolgt werden. Der Kläger verweist auf § 119 Abs. 3 SGB III, wonach gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer nicht berücksichtigt würden. Für die Monate Juni und Juli 2007 habe die Beklagte bereits mit Änderungsbescheiden und in Kenntnis aller Umstände entschieden. Insoweit sei eine Selbstbindung der Verwaltung eingetreten. Im August 2007 sei der Kläger durch den Arbeitgeber veranlasst worden, mehr als die vereinbarten 60,67 Stunden (tatsächlich 117,61 Stunden) zu arbeiten. Die Nebenverdienstbescheinigungen seien ohne Mitwirkung des Klägers erstellt worden. Dem Kläger sei keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Er wusste nicht und konnte nicht vermuten, dass der Anspruch wegfallen würde. Der Kläger verweist auf das Merkblatt, das oberflächlich, ungenau und nicht aussagekräftig sei. Auch werde nicht erklärt, was bei unentgeltlich geleisteten Arbeitsstunden bzw. bei einem Arbeitszeitkonto passiert. Der Kläger und auch seine Ehefrau hätten versucht, sich über die Hinzuverdienstgrenzen zu informieren. Hierzu gab der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, seine Ehefrau habe bei der Beklagten, bei der Hotline, angerufen. Seine Frau habe die Antwort gekriegt: "Wir dürfen keine Auskunft geben.". Sowohl der Kläger als auch die Ehefrau hätten mit bestem Wissen und Gewissen versucht, die erforderliche Sorgfalt walten zu lassen.
Der Kläger beantragt:
Die Bescheide vom 07.11.2007 und 08.01.2008 der Agentur für Arbeit Pirna, Geschäftsstelle Freital, in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2008 auf-zuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Anlässlich der persönlichen Vorsprache des Klägers am 22.06.2007 sei die Beklagte davon ausgegangen, dass eine Nebentätigkeit von unter 15 Wochenstunden bei R. aufgenommen wurde. Ausgehend von den zeitlichen Angaben von unter 15 Stunden seien zunächst die Nebenverdienstbescheinigungen ausgewertet worden, zumal die Frage der Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden in beiden Bescheinigungen (Juni/Juli 2007) verneint wurde. Infolge der Angaben des Klägers, auch zu Werbungskosten, sei es zu einer telefonischen Nachfrage beim Arbeitgeber und zur Feststellung des Arbeitszeitkontos gekommen. Die vorgetragenen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeiten seien nach Auffassung der Beklagten nicht maßgebend. Auszugehen sei von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit. Ob diese nun vergütet oder einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben wird, sei ohne Belang. Die Beklagte übersendet die vorhandenen Beratervermerke, die eine persönliche Vorsprache des Klägers am 22.06.2007 sowie eine persönliche Vorsprache unter Abgabe der Nebenverdienstbescheinigungen am 17.07.2007 beinhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Leistungsakte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet. Der Änderungsbescheid vom 07.11.2007 und der Erstattungsbescheid vom 08.01.2008, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 11.01.2008, verletzen den Kläger nicht rechtswidrig in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat für den Zeitraum vom 18.06.2007 bis 30.09.2007 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Beklagte durfte daraufhin die Leistung mit Ablauf des 17.06.2007 einstellen und überzahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 2.972,00 EUR vom Kläger zurückfordern.
Die Voraussetzungen der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 18.06.2007 liegen vor. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – hier die Bewilligung von Arbeitslosengeld - für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakt für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III).
Eine wesentliche Änderung ist hier eingetreten, da der Kläger eine Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufgenommen und damit für eine Arbeitsvermittlung durch die Beklagte nicht mehr zur Verfügung gestanden hat (§§ 118 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 119 Abs. 1 Nr. 1, 119 Abs. 3 SGB III).
Anspruch auf Arbeitslosengeld haben Arbeitnehmer, die u.a. arbeitslos sind (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der u.a. vorübergehend in keinem Beschäftigungsverhältnis steht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Mehrere Beschäftigungen werden zusammengerechnet (§ 119 Abs. 3 SGB III). Aus diesen Regelungen ist im rechtlich zulässigen Umkehrschluss zu entnehmen, dass eine 15 Stunden und mehr wöchentlich umfassende Beschäftigung den Tatbestand der Beschäftigungslosigkeit und damit der Arbeitslosigkeit ausschließt. Eine Beschäftigung ist kurzzeitig, wenn sie auf weniger als 15 Stunden wöchentlich beschränkt ist. Maßgebend ist grundsätzlich die Arbeitszeit als die Zeitspanne, während der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, seine Arbeitskraft dem ArbG zur Verfügung zu stellen (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 12. Aufl. § 45 Rdnr. 53).
Der Kläger hat, wie sich aus der Entgeltabrechnung und den darin vermerkten An- und Abwesenheitsstunden des Arbeitgebers R. ergibt, bereits in seiner ersten Beschäftigungswoche vom 18.06.2007 bis 24.06.2007 eine Beschäftigung von 15,13 Stunden aufgenommen. Damit lag eine kurzzeitige Beschäftigung nicht mehr vor. Da der Kläger die Beschäftigung am Montag, dem 18.06.2007, aufgenommen hat, ist insoweit auch unerheblich, ob die Kalender- oder die Beschäftigungswoche maßgebend ist. Vorliegend ist die Beschäftigungswoche des Klägers identisch mit der Kalenderwoche, so dass dieser Gesichtspunkt nicht entscheidungserheblich ist.
Von den insgesamt 15 Wochen, in denen der Kläger auf Grund seines Arbeitsvertrages vom 15.06.2007 für den Arbeitgeber R. tätig wurde, wurde die Kurzzeitigkeitsgrenze in sieben Wochen (vom 18.06.2007 bis 24.06.2007, vom 16.07.2007 bis 22.07.2007, vom 23.07.2007 bis 29.07.2007, vom 30.07.2007 bis 05.08.2007, vom 06.08.2007 bis 12.08.2007, vom 13.08.2007 bis 19.08.2007 und vom 27.08.2007 bis 02.09.2007) überschritten. In den Wochen dazwischen wurde die Kurzzeitigkeitsgrenze von unter 15 Wochenstunden eingehalten. Es handelt sich bei den geschilderten Überschreitungen nicht lediglich um gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer i.S.v. § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III, wobei beide Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. Brand in Niesel SGB III-Kommentar, § 118 RdNr. 27). Gelegentlich ist eine Abweichung, wenn sie nicht vorhersehbar war und sich innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses nicht wiederholt (vgl. Brand in Niesel a.a.O., sowie BSG SozR 4100 § 115 Nr. 2). Ausgangspunkt für die Frage, ob eine Überschreitung gelegentlich und dabei vorhersehbar ist, ist insbesondere die gewählte vertragliche Vereinbarung (vgl. BSG, Urteile vom 29.10.2008, B 11 AL 44/07 R; B 11 AL 52/07 R, zitiert nach JURIS). Vorliegend haben die Arbeitsvertragsparteien eine durchschnittliche monatliche Arbeitszeit von 60,67 Stunden vereinbart (§ 3 des Arbeitsvertrages). Der Arbeitsvertrag führt in § 3 weiter aus, dass die tatsächliche Lage der Arbeitszeit an die des Einsatzbetriebes angepasst wird. Zum Ausgleich der monatlichen Abweichungen zwischen der vereinbarten individuellen regelmäßigen Arbeitszeit und der tatsächlichen Arbeitszeit im Einsatzbetrieb werde ein Arbeitszeitkonto eingerichtet. Der Ausgleich von Zeitkonto-Plusstunden erfolge in einsatzfreien Zeiten durch Freizeit. Der Ausgleich des Zeitkontos finde dergestalt statt, dass die jeweils zuerst aufgebauten Stunden in dem tarifvertraglich festgelegten Ausgleichszeitraum ausgeglichen sein müssen. Mit den Festlegungen eines Ausgleichs von Überschreitungen in der wöchentlichen Stundenzeit auf ein Arbeitszeitkonto war der Arbeitsvertrag von vornherein darauf angelegt, dass die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten werden kann, und diese Überschreitungen in den Folgewochen ausgeglichen werden. Damit war den Vertragsparteien schon bei Beginn des Arbeitsverhältnisses bewusst, dass die wöchentliche Arbeitszeit, auf die § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III abstellt, von Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an überschritten werden kann. Dass die erfolgten Überschreitungen der zulässigen Wochenarbeitszeit von unter 15 Stunden entsprechend des Arbeitsvertrages dann in den Folgewochen ausgeglichen werden sollten, ist insoweit unerheblich (vgl. zum Ganzen BSG, Urteile vom 29.10.2008, B 11 AL 44/07 R; B 11 AL 52/07 R,). Insbesondere kommt es nicht auf eine Durchschnittsberechnung an. Es ist somit unerheblich, dass die Kurzzeitigkeitsgrenze im Durchschnitt hinsichtlich des Zeitraumes vom 18.06.2007 bis 30.09.2007 nicht überschritten wurde. Die hierzu immer wieder zitierte Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes, die auf Durchschnittswerte abstellt, (z. B. Urteil vom 22.08.1984, SozR 4100 § 102 Nr. 6; Urteil vom 15.05.1985, 7 R AR 22/84; Urteil vom 15.06.1988, 7 R AR 12/87) betraf nicht die Definition des Versicherungsfalles der Arbeitslosigkeit (entsprechend §§ 118, 119 SGB III), sondern die Frage, ob der betroffene Kläger für einen geltend gemachten Leistungsanspruch die erforderliche Anwartschaftszeit durch eine beitragspflichtige Beschäftigung erfüllt hat. Die dortige Rechtssprechung ist auf die hier erforderliche Prüfung des Begriffs der Arbeitslosigkeit nicht übertragbar (so BSG, Urteile vom 29.10.2008 B 11 AL 44/07 R; B 11 AL 52/07 R,). Da somit hier die Überschreitungen der Wochenarbeitszeit bereits bei Vertragsabschluss vorhersehbar waren, scheidet bereits begrifflich eine "gelegentliche" Abweichung im Sin-ne von § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III aus.
Schließlich waren die Überschreitungen auch nicht "von geringer Dauer". Der Begriff "von geringer Dauer" ist auf die Gesamtdauer der kurzzeitigen Beschäftigung zu beziehen. Wird diese auf unbestimmte Zeit ausgeübt, so ist jedenfalls ein Zeitraum bis zu 3 Wochen, bei monatlicher Abrechnung bis zu einem Monat, als von geringer Dauer anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1988, Az. 11/7 RAr 41/87). Dies gilt jedenfalls bei Beschäftigungen von einem Jahr und ist vorliegend somit nicht einschlägig. Bei einem Beschäftigungsverhältnis von bis zu 12 Wochen kann die Überschreitung bis zu einem Viertel ausmachen (Brand in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 119 Rdnr. 32). Hier lief die Beschäftigung über einen Zeitraum von 15 Wochen (18.06.2007 bis 30.09.2007). Überschreitungen lagen in sieben Wochen vor, und damit im fast der Hälfte der Beschäftigungszeit. Somit liegt auch das Erfordernis der Überschreitung "von geringer Dauer" nicht vor.
Nicht entscheidend ist, aus welchen Gründen die Überschreitungen jeweils erfolgten. So kann der Vortrag des Klägers, die Überschreitungen seien insbesondere im August 2007 durch Urlaubsvertretungen erforderlich geworden, die festgestellten Überschreitungen der Kurzzeitigkeitsgrenze weder widerlegen noch entschuldigen. Auch, dass der Arbeitgeber die Überschreitungen angeordnet hat oder dem Kläger den Eindruck vermittelt hat, die Überschreitungen seien im Hinblick auf seinen Arbeitslosengeldbezug unschädlich, ist für die Bewertung der Beschäftigungslosigkeit unerheblich. Somit hat der Kläger bereits bei Aufnahme der Beschäftigung ab 18.06.2007 die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten. Beschäftigungslosigkeit und damit Arbeitslosigkeit lagen ab 18.06.2007 nicht mehr vor.
Durch die Aufnahme einer Beschäftigung von mehr als 15 Wochenstunden entfällt nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III gleichzeitig die Wirkung der nach § 122 SGB III erforderlichen Arbeitslosmeldung. Die Wirkung der Meldung erlischt insbesondere mit der Aufnahme einer Beschäftigung, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III). Nachdem der Kläger sich, nachdem die Kurzzeitigkeitsgrenze jeweils überschritten war, nicht erneut bei der Beklagten arbeitslos gemeldet hat, entfällt die Wirkung der Arbeitslosmeldung auch für die Wochen, in denen die Kurzzeitigkeitsgrenze nicht überschritten wurde. Danach war Arbeitslosengeld nicht nur in den Wochen weggefallen, in denen tatsächlich die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten wurde, sondern auch in den Wochen dazwischen bzw. danach, da eine erneute persönliche Ar-beitslosmeldung nicht erfolgte.
Schließlich lagen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vor. Danach soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Die danach geforderte Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Leistungsempfängers bezieht sich auf den Wegfall des Anspruchs. Hier hätte der Kläger bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können und müssen, dass auf Grund der gehäuften Überschreitungen der Kurzzeitigkeitsgrenze der Anspruch auf Arbeitslosengeld weggefallen war, da Arbeitslosigkeit nicht mehr bestanden hat. Dies ergibt sich aus dem dem Kläger bei Arbeitslosmeldung ausgehändigten Merkblatt. In dem Merkblatt wird unter Ziffer 2.3 darauf verwiesen, dass für den Bezug von Arbeitslosengeld Beschäftigungslosigkeit vorliegen muss. Danach ist beschäftigungslos auch, wer eine weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung als Arbeitnehmer oder Tätigkeit als Selbständiger oder mithelfender Familienangehöriger ausübt. Der Anspruch entfällt z. B., "wenn der Umfang der aufgenommenen Beschäftigung oder Tätigkeit 15 Stunden in der Kalenderwoche erreicht bzw. übersteigt". In dem Merkblatt, das nach Auffassung der Kammer insoweit auch aussagekräftig ist, wird somit eindeutig auf den maßgeblichen Gesichtspunkt verwiesen. Danach lag mindestens eine Sorgfaltspflichtverletzung bzw. grobe Fahrlässigkeit auf Seiten des Klägers vor. Das BSG hat zum Begriff der groben Fahrlässigkeit bei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X entschieden, dass sie vorliegt, wenn der Leistungsempfänger aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen sicher den Wegfall des Anspruchs hätte erkennen können (Urteil vom 25.01.1994 - 7 RAr 14/93 - SozR 3-1300 § 48 Nr. 32). Grob fahrlässig ist im Allgemeinen das Außerachtlassen von gesetzlichen oder Verwaltungs-Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wurde, es sei denn, dass der Betroffene nach seiner Persönlichkeitsstruktur und seinem Bildungsstand die Vorschriften nicht verstanden hat (sogenannter subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 20.09.1977 - 8/12 RKg 8/76 - SozR 5870 § 13 Nr. 2; Sächs. LSG, Urteil vom 04.03.2004, L 2 AL 182/03 zitiert nach JURIS). Nach dem Eindruck, den die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhand-lung vom Kläger gewonnen hat, war dieser in der Lage, den Inhalt des Merkblattes und die Bedeutung, insbesondere der Kurzzeitigkeitsgrenze, zu verstehen. Somit war der Kläger hinsichtlich des Behaltendürfens des Arbeitslosengeldes nicht vertrauensschutzwürdig.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Kläger nicht bekannt gewesen sein soll, dass mit Aufnahme einer Beschäftigung von 15 Stunden die Woche oder mehr Arbeitslosigkeit weggefallen ist und für den Anspruch eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich ist. Auch insoweit bietet das dem Kläger ausgehändigte Merkblatt hinreichende Informationen. Aus dem Vermerk ("Bei Nichtanzeige oder verspäteter Anzeige einer Be-schäftigung oder Tätigkeit, die die Arbeitslosigkeit entfallen lässt, können Sie die Leistun-gen erst wieder nach erneuter Arbeitslosmeldung beziehen.") ist für den verständigen Leistungsempfänger zu entnehmen, dass nach einem Überschreiten der Kurzzeitigkeitsgrenze eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich ist, um Arbeitslosengeld rechtmäßig zu erhalten. Sofern sich der Kläger insgesamt darauf bezieht, dass er sich auf die Äußerungen des Ar-beitgebers verlassen hat, stellt auch dies eine Sorgfaltspflichtverletzung dar. Dabei ist auch nicht maßgeblich, dass der Beklagten der Arbeitsvertrag zu Beginn der Nebenbeschäftigung vorgelegt wurde. Schließlich war aus dem Arbeitsvertrag die konkrete Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze sowie die Zeiträume, in welchen die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten werden, nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat auch die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X gewahrt, wonach die Behörde bei einer Aufhebung der Leistungsbewilligung ab Änderung der Verhältnisse dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun muss, welche die Aufhebung auch für die Vergangenheit rechtfertigen. Der Änderungsbescheid vom 07.11.2007 wahrt, ebenso wie der Erstattungsbescheid vom 08.11.2008, ausgehend vom Eingang der Entgeltabrechnungen mit den An- und Abwesenheitsstunden sowie insbesondere ausgehend von der Anhörung vom 07.11.2007 die Jahresfrist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte bereits mit Erlass der Erstattungsbescheide vom 23.07.2007 und 28.08.2007 Arbeitslosengeld bereits für die Monate Juni 2007 und Juli 2007 teilweise aufgehoben und Leistungen zurückgefordert hat. Die Frage, ob durch Erlass dieser beiden Erstattungsbescheide eine "Selbstbindung der Verwaltung" eingetreten ist, kann offen bleiben, da die für die Monate Juni 2007 und Juli 2007 vom Arbeitgeber ausgefüllten Nebenverdienstbescheinigungen jedenfalls fehlerhaft waren. Beide Bescheinigungen gaben eine Gesamtarbeitszeit an. Dabei wurde für Juni 2007 (18.06.2007 bis 30.06.2007) Arbeitsstunden von insgesamt 28,89 und für Juli 2007 (01.07.2007 bis 31.07.2007) Arbeitsstunden von 34,13 angegeben. Nach den Hinweisen für den Arbeitgeber ist die Arbeitszeit jeweils als Wochenarbeitszeit anzugeben. Lediglich in den Fällen, in denen die Tätigkeit länger als eine Kalenderwoche dauerte, und die gelei-steten Arbeitsstunden in jeder Kalenderwoche gleichhoch waren, kann auch der gesamte Zeitraum der Tätigkeit eingetragen werden (Ausfüllhinweise unter Ziffer 3). In anderen Fällen (nichtgleichbleibende Stundenzahl) sind die Eintragungen nach Kalenderwochen getrennt vorzunehmen. Die Nebenverdienstbescheinigungen waren insoweit fehlerhaft ausgefüllt, da, wie festgestellt, die geleisteten Arbeitsstunden nicht in jeder Kalenderwoche gleichhoch waren und deshalb die Eintragungen nach Kalenderwoche getrennt vorzunehmen gewesen wären. Darüber hinaus wurden in beiden Nebenverdienstbescheinigungen Angaben falsch getätigt. Die Frage: "Wurde eine Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang – 15 Stunden und mehr wöchentlich – übertragen?" wurde mit "Nein" beantwortet. Nachdem auf Grund der Abrechnung der An- und Abwesenheitsstunden klar ist, dass die Grenze von unter 15 Stunden/Woche sowohl im Juni 2007 wie auch im Juli 2007 teilweise überschritten wurde, lagen insoweit fehlerhaft ausgefüllte Nebenverdienstbescheinigungen vor. Nachdem erst mit Vorlage der An- Abwesenheitsstunden die maßgeblichen Tatsachen bei der Beklagten hinreichend bekannt waren, durfte diese nunmehr innerhalb der Jahresfrist ab Kenntnis erneut über die Leistungsansprüche entscheiden.
Danach war die Klage mit der Kostenfolge des § 193 Abs. 1 SGG abzuweisen.
Die Berufung ist auf Grund des Beschwerdewertes Kraft Gesetzes zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
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