Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 551/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Hierarchischer Aufbau des Operationen- und Prozedurenschlüssels
Bemerkung
1. Der Operationen- und Prozedurenschlüssel ist hierarchisch aufgebaut.
2. Hieraus folgt, dass einer Codierung nicht deswegen der Vorzug zu geben ist, nur weil an an sechster Stelle des OPS-Codes der Zugangsweg (hier \"transanal\") genauer dargestellt
2. Hieraus folgt, dass einer Codierung nicht deswegen der Vorzug zu geben ist, nur weil an an sechster Stelle des OPS-Codes der Zugangsweg (hier \"transanal\") genauer dargestellt
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die stationäre Behandlung der Patientin C. 5.856,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Betrag in Höhe von 8.432,70 EUR für den Zeitraum 08.09.2009 bis 10.09.2009 und aus dem Betrag in Höhe von 5.856,40 EUR seit dem 12.09.2009 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.856,40 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Abrechnung eines Krankenhausaufenthaltes, insbesondere darüber, welche Prozedur zu kodieren ist.
Die bei der Beklagten versicherte Patientin M. C. befand sich vom 01.04.2008 bis zum 09.04.2008 zu einem stationären Aufenthalt in dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus. Sie litt an einem rezidivierenden externen Rektumprolaps. Bei einer Operation am 02.04.2008 erfolgte die transanale Resektion des Rectosigmoids durch eine "Operation nach Altemeier". Hierbei wurde zunächst der faustgroße Rektumprolaps hervorgeholt. In der Folge wurde der herausgetretene Darm (Prolaps) abgeschnitten, wobei sich die untere Resektionsgrenze etwa 2 cm oberhalb der Linea dentata und die obere Resektionsgrenze in der freien Bauchhöhle am Sigmoid befand. Im Anschluss wurde die Anastomose mit einem Stapler ausgeführt. Zur Anwendung kam ein gebogener intraluminaler Stapler. In dem Operationsbericht vom 02.04.2008 wird ein ca. 10 cm langes tubuläres Rektumresektat beschrieben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Operation wird auf den Operationsbericht vom 02.04.2008 Bezug genommen. Bei der pathologisch-histologischen Untersuchung wird ein 5,5 cm messendes Darmresektat, auf der einen Seite von 2,5 cm Durchmesser, am anderen Ende von 4 cm Durchmesser sowie zwei Anastomoseringe bis 2 cm Durchmesser beschrieben.
Mit Rechnung vom 14.04.2008 berechnete die Klägerin der Beklagten den Krankenhausaufenthalt mit insgesamt 8.432,70 EUR, wobei sie die DRG-Fallpauschale G17Z zugrunde legte. Grundlage war unter anderem die Kodierung der Prozedur OPS 5-484.2x. Die Beklagte bezahlte die Rechnung unter dem 05.05.2008 zunächst vollständig. Aufgrund einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen (MDK) vom 14.05.2008 bat die Beklagte die Klägerin, eine neue Rechnung zu senden, da nach Aussage des MDK-Gutachters statt des OPS 5-484.2x der OPS 5-482.b0 zu kodieren sei.
Die Klägerin widersprach dieser Beurteilung mit Schreiben vom 02.06.2008 und 08.01.2009. Bei der Patientin sei eine transanale Rectosigmoidresektion in Form einer Operation nach Altemeier durchgeführt worden. Die Kodierung 5-482.b0 entspreche der STARR-Operation (Rektumsegmentresektion mittels Stapler). Bei der Operation nach Altmeier handele es sich um eine transanale intraperitoneale tubuläre Resektion des Rektums bzw. Rectosigmoids mit Durchtrennung der Paraproctien und Herstellung einer tiefen End-Zu-End-Anastomose. Die Prozedur der zirkulären Rektumsegmentresektion mit Stabler sei davon abzugrenzen. Die Operation sei nur bei großem exteren Rektumprolaps möglich. Der MDK habe unter anderem die histologische Beurteilung herangezogen. Diese sei jedoch nach Fixierung des Resektates erfolgt, wobei bekannt sei, dass Gewebe in Formlin erheblich schrumpfe. Laut Operationsbericht habe aber ein tubuläres Rektumresektat mit einer Länge von 10 cm vorgelegen. In seinen Gutachten vom 01.10.2008 und 11.08.2009 vertratt der MDK weiter die Ansicht, dass vorliegend die OPS 5-482.90 (transanale Segmentresektion des Rektums) zu kodieren sei. Dies entspreche auch dem pathologischen Untersuchungsbefund. Zu beachten sei, dass im OPS 2008 bei der Prozedur 5-484 ein Exklusivum angegeben sei. Die Prozedur sei bei einer transanalen Segmentresektion am Rektum nicht anzugeben. Anzugeben sei vielmehr der OPS 5-482.9 ff.
Am 07.09.2009 verrechnete die Beklagte den vollständigen Rechnungsbetrag in Höhe von 8.432,70 EUR und zahlte am 11.09.2009 lediglich einen Betrag in Höhe von 2.547,45 EUR auf die streitgegenständliche Rechnung.
Am 22.10.2009 hat die Klägerin Klage auf Zahlung des Differenzbetrages abzüglich der Beträge für die Anschubfinanzierung im Sinne von § 140d SGB V erhoben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie für die stationäre Behandlung der Patientin M. C. (Aufnahme-Nr. xxx) weitere 5.856,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Betrag in Höhe von 8.432,70 EUR für den Zeitraum 08.09. bis 10.09.2009 und aus dem Betrag in Höhe von 5.856,40 EUR seit dem 12.09.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie legt ein Gutachten des MDK vom 12.10.2010 vor, in dem es wörtlich heißt: "Die Prozedur 5-482.b0 entspricht nicht einer Rektumsegmentresektion, sondern einer transanalen zirkulären Vollwandexzision. Zur besseren Darstellung der durchgeführten transanalen Operation wurde die Prozedur 5-482.90 (transanale Segmentresektion des Rektums) befürwortet unter Hinweis auf das pathologische Untersuchungspräparat. Bei der Operation am 02.04.2008 wurde also ein Abschnitt (Segment) des Enddarmes (Rektum) über den After als Operationszugang entfernt. Der Terminus Segmentresektion ist bei Dünn- und Dickarmteilentfernungen üblich. Gleichzeitig wurde auf den OPS 2008 verwiesen, wobei der vom Krankenhaus angegebenen Prozedur 5.484.- als Exklusivum (Ausschluss) ausgeführt wird, dass genannte Prozeduren nicht bei transanalen Segmentresektionen am Rektum anzugeben ist".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Patientenakte und der Gerichtsakte verwiesen. Die vorgenannten Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (Leistungs-) klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 5.856,40 EUR,. Die Beklagte hat diesen Betrag zu Unrecht mit einer nachfolgenden stationären Behandlung verrechnet hat. Eine entsprechende Aufrechnungslage hat nicht bestanden, da die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Rückzahlung des entsprechenden Betrages wegen der stationären Behandlung der bei der Beklagten versicherten Patientin C. hat.
Entgegen der Ansicht der Beklagten und des MDK ist die Operation vom 02.04.2008 mit dem OPS 5-484.2 (Rektumresektion unter Sphinktererhaltung, tubuläre Resektion unter Belassen des Paraproktiums) zu kodieren. An der sechsten Stelle ist als Zugang "x" zu kodieren.
Der OPS ist ein überwiegend numerischer, hierarchisch strukturierter Schlüssel. Er ist in Kapitel gegliedert. Die einzelnen Kapitel sind in Gruppen unterteilt, die Gruppen in Kategorien und die Kategorien in bis zu sechsstellige Subkategorien. Die Überschriften der Kapitel, Gruppen (Sub-) Kategorien werden als Klassentitel bezeichnet. Die Überschriften sowie die Beschreibungen, die unter der Überschrift stehen, gelten für alle nachfolgenden Codes bis zur nächsten Überschrift auf gleicher Ebene. Vorliegend sind daher die Überschriften für die Kategorie 5-482 (peranale lokale Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Rektums) sowie 5-484 (Rektumresektion unter Sphinktererhaltung) jeweils für die nachfolgenden Codes zu beachten.
Vorliegend entspricht die am 02.04.2008 durchgeführte Operation einer Rektumresektion nach der Kategorie 5-484. In Abgrenzung zu dem Begriff der lokalen Exzision (Kategorie 5-482) wird bei einer Resektion das Organ weitgehend vollständig bzw. zu einem überwiegenden Teil entfernt. Dies ist bei der vorliegenden Operation der Fall gewesen. Die untere Resektionsgrenze befand sich 2 cm oberhalb der Linea dentata und die obere Resektionsgrenze befand sich am unteren Sigmarand. Damit wurde das Rektum nahezu vollständig entfernt, bis auf ein 2 cm des Rektums oberhalb der Linea dentata, die erforderlich waren, um eine Anastomose durchführen zu können. Dass bei der pathologisch-histologischen Untersuchung nur ein 5,5 cm großes Stück Darmresektat vorgefunden wurde, wurde durch die Operateurin und Oberärztin Dr. med. S. dadurch erklärt, dass die histologische Beurteilung nach Fixierung des Resektates erfolgte und überdies das Gewebe in Formalin erheblich schrumpft. Dieser Erklärung hat der MDK nicht widersprochen. Im Hinblick auf den beschriebenen Operationsvorgang erscheint die Angabe in dem Operationsbericht, in dem von einem 10 cm langen tubulären Rektumresektat die Rede ist, für nachvollziehbar. Darüber hinaus sind zu dem Resektat noch die beiden Anastomoseringe hinzuzuzählen.
Die Operation ist auch nicht durch das Exklusivum unter der Überschrift zu 5-484 ausgenommen. Bei einem Exklusivum handelt es sich um eine Information darüber, wann ein Code nicht anzuwenden ist. Das Exklusivum greift im vorliegenden Fall jedoch nicht ein. Das Exklusivum umfasst die "transanale Segmentresektion am Rektum mit Hinweis auf die Codes 5-482.9 ff. Voraussetzung für die Anwendung des Exklusivum ist jedoch, dass sich die vorgenommene Prozedur unter die Angabe des Exklusivum subsumieren lässt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vorliegend handelt es sich nämlich nicht um eine Segmentresektion am Rektum, sondern eine Resektion des Rektums. Bei den unter der Überschrift 5-482 beschriebenen Eingriffen handelt es sich sämtlich um lokale Eingriffe am Rektum. Die Überschrift (lokale Exzision) ist für sämtliche nachfolgende Codes zu berücksichtigen. Wie bereits beschrieben, handelt es sich vorliegend nicht nur um einen lokalen Eingriff am Rektum , sondern um die Entfernung nahezu des gesamten Rektums ... Sofern die Beklagte auf die Überschrift der Subkategorie 5-482.9 (Vollwandexzision, Segmentresektion) abstellen möchte, so ergibt sich hieraus nichts anderes. Der Begriff Vollwandexzision bedeutet allein, dass alle Darmschichten (die volle Wand) durchschnitten werden und besagt nichts darüber, in welchem Umfange der Darm entnommen wurde. Der Begriff Segmentresektion ist im Lichte der Überschrift (lokale Exzision) auszulegen. Bei der nahezu vollständigen Entfernung des Rektums kann nicht mehr on einem lokalen Eingriff gesprochen werden Ein Segment beschränkt sich dagegen auf ein Stück des Ganzen. Von einem Segment kann nach Ansicht der Kammer nicht mehr die Rede sein, wenn weitaus mehr als die Hälfte des in Rede stehenden Organs entnommen wird. Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Subkategorie 5-482.9 sowie die Subkategorie 5-482.b nur von einer zirkulären bzw. semizirkulären Vollwandexzision spricht. Eine tubuläre Resektion, wie sie unter der Subkategorie 5-484.2 genannt wird, bildet den Operationsvorgang auch in dieser Hinsicht genauer ab. Die Kammer geht in Übereinstimmung mit der Klägerin davon aus, dass durch die Subkategorie 5-482.b eine Operation abgebildet werden soll, die der von der Klägerin beschriebenen STARR-Operation entspricht.
Der Beklagten und dem MDK ist zwar zuzugeben, dass die Zugangswege "peranal" oder "transanal" unter der Überschrift der Kategorie 5-484 nicht explizit genannt werden. Ferner ist auch der Zusatz "mit Stapler" hier nicht aufgeführt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der OPS hierarchisch aufgebaut ist. Die Frage des Zugangs steht vorliegend an der sechsten Stelle des OPS-Codes. Die Frage des Zugangs ist erst dann zu beurteilen, wenn sämtliche andere Stellen des OPS-Codes zutreffen. Wie bereits dargelegt wurde, ist die vorliegende Operation als Rektumresektion nach der Überschrift der Kategorie 5-484 zu beurteilen. Die Frage des Zugangs wird erst an sechster Stelle geregelt. Dass der Zugang in der sechsten Stelle genauer abgebildet werden kann, als bei dem von der Klägerin verwendeten Code führt schon aufgrund des hierarchischen Aufbaus des OPS-Codes nicht dazu, dass insgesamt ein anderer Code zu verwenden ist. Dies gilt um so mehr, als sich der Zugang "transanal" bei dem Code 5-484.2 an sechster Stelle unter "x sonstige" verschlüsseln lässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.856,40 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Abrechnung eines Krankenhausaufenthaltes, insbesondere darüber, welche Prozedur zu kodieren ist.
Die bei der Beklagten versicherte Patientin M. C. befand sich vom 01.04.2008 bis zum 09.04.2008 zu einem stationären Aufenthalt in dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus. Sie litt an einem rezidivierenden externen Rektumprolaps. Bei einer Operation am 02.04.2008 erfolgte die transanale Resektion des Rectosigmoids durch eine "Operation nach Altemeier". Hierbei wurde zunächst der faustgroße Rektumprolaps hervorgeholt. In der Folge wurde der herausgetretene Darm (Prolaps) abgeschnitten, wobei sich die untere Resektionsgrenze etwa 2 cm oberhalb der Linea dentata und die obere Resektionsgrenze in der freien Bauchhöhle am Sigmoid befand. Im Anschluss wurde die Anastomose mit einem Stapler ausgeführt. Zur Anwendung kam ein gebogener intraluminaler Stapler. In dem Operationsbericht vom 02.04.2008 wird ein ca. 10 cm langes tubuläres Rektumresektat beschrieben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Operation wird auf den Operationsbericht vom 02.04.2008 Bezug genommen. Bei der pathologisch-histologischen Untersuchung wird ein 5,5 cm messendes Darmresektat, auf der einen Seite von 2,5 cm Durchmesser, am anderen Ende von 4 cm Durchmesser sowie zwei Anastomoseringe bis 2 cm Durchmesser beschrieben.
Mit Rechnung vom 14.04.2008 berechnete die Klägerin der Beklagten den Krankenhausaufenthalt mit insgesamt 8.432,70 EUR, wobei sie die DRG-Fallpauschale G17Z zugrunde legte. Grundlage war unter anderem die Kodierung der Prozedur OPS 5-484.2x. Die Beklagte bezahlte die Rechnung unter dem 05.05.2008 zunächst vollständig. Aufgrund einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen (MDK) vom 14.05.2008 bat die Beklagte die Klägerin, eine neue Rechnung zu senden, da nach Aussage des MDK-Gutachters statt des OPS 5-484.2x der OPS 5-482.b0 zu kodieren sei.
Die Klägerin widersprach dieser Beurteilung mit Schreiben vom 02.06.2008 und 08.01.2009. Bei der Patientin sei eine transanale Rectosigmoidresektion in Form einer Operation nach Altemeier durchgeführt worden. Die Kodierung 5-482.b0 entspreche der STARR-Operation (Rektumsegmentresektion mittels Stapler). Bei der Operation nach Altmeier handele es sich um eine transanale intraperitoneale tubuläre Resektion des Rektums bzw. Rectosigmoids mit Durchtrennung der Paraproctien und Herstellung einer tiefen End-Zu-End-Anastomose. Die Prozedur der zirkulären Rektumsegmentresektion mit Stabler sei davon abzugrenzen. Die Operation sei nur bei großem exteren Rektumprolaps möglich. Der MDK habe unter anderem die histologische Beurteilung herangezogen. Diese sei jedoch nach Fixierung des Resektates erfolgt, wobei bekannt sei, dass Gewebe in Formlin erheblich schrumpfe. Laut Operationsbericht habe aber ein tubuläres Rektumresektat mit einer Länge von 10 cm vorgelegen. In seinen Gutachten vom 01.10.2008 und 11.08.2009 vertratt der MDK weiter die Ansicht, dass vorliegend die OPS 5-482.90 (transanale Segmentresektion des Rektums) zu kodieren sei. Dies entspreche auch dem pathologischen Untersuchungsbefund. Zu beachten sei, dass im OPS 2008 bei der Prozedur 5-484 ein Exklusivum angegeben sei. Die Prozedur sei bei einer transanalen Segmentresektion am Rektum nicht anzugeben. Anzugeben sei vielmehr der OPS 5-482.9 ff.
Am 07.09.2009 verrechnete die Beklagte den vollständigen Rechnungsbetrag in Höhe von 8.432,70 EUR und zahlte am 11.09.2009 lediglich einen Betrag in Höhe von 2.547,45 EUR auf die streitgegenständliche Rechnung.
Am 22.10.2009 hat die Klägerin Klage auf Zahlung des Differenzbetrages abzüglich der Beträge für die Anschubfinanzierung im Sinne von § 140d SGB V erhoben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie für die stationäre Behandlung der Patientin M. C. (Aufnahme-Nr. xxx) weitere 5.856,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Betrag in Höhe von 8.432,70 EUR für den Zeitraum 08.09. bis 10.09.2009 und aus dem Betrag in Höhe von 5.856,40 EUR seit dem 12.09.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie legt ein Gutachten des MDK vom 12.10.2010 vor, in dem es wörtlich heißt: "Die Prozedur 5-482.b0 entspricht nicht einer Rektumsegmentresektion, sondern einer transanalen zirkulären Vollwandexzision. Zur besseren Darstellung der durchgeführten transanalen Operation wurde die Prozedur 5-482.90 (transanale Segmentresektion des Rektums) befürwortet unter Hinweis auf das pathologische Untersuchungspräparat. Bei der Operation am 02.04.2008 wurde also ein Abschnitt (Segment) des Enddarmes (Rektum) über den After als Operationszugang entfernt. Der Terminus Segmentresektion ist bei Dünn- und Dickarmteilentfernungen üblich. Gleichzeitig wurde auf den OPS 2008 verwiesen, wobei der vom Krankenhaus angegebenen Prozedur 5.484.- als Exklusivum (Ausschluss) ausgeführt wird, dass genannte Prozeduren nicht bei transanalen Segmentresektionen am Rektum anzugeben ist".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Patientenakte und der Gerichtsakte verwiesen. Die vorgenannten Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (Leistungs-) klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 5.856,40 EUR,. Die Beklagte hat diesen Betrag zu Unrecht mit einer nachfolgenden stationären Behandlung verrechnet hat. Eine entsprechende Aufrechnungslage hat nicht bestanden, da die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Rückzahlung des entsprechenden Betrages wegen der stationären Behandlung der bei der Beklagten versicherten Patientin C. hat.
Entgegen der Ansicht der Beklagten und des MDK ist die Operation vom 02.04.2008 mit dem OPS 5-484.2 (Rektumresektion unter Sphinktererhaltung, tubuläre Resektion unter Belassen des Paraproktiums) zu kodieren. An der sechsten Stelle ist als Zugang "x" zu kodieren.
Der OPS ist ein überwiegend numerischer, hierarchisch strukturierter Schlüssel. Er ist in Kapitel gegliedert. Die einzelnen Kapitel sind in Gruppen unterteilt, die Gruppen in Kategorien und die Kategorien in bis zu sechsstellige Subkategorien. Die Überschriften der Kapitel, Gruppen (Sub-) Kategorien werden als Klassentitel bezeichnet. Die Überschriften sowie die Beschreibungen, die unter der Überschrift stehen, gelten für alle nachfolgenden Codes bis zur nächsten Überschrift auf gleicher Ebene. Vorliegend sind daher die Überschriften für die Kategorie 5-482 (peranale lokale Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Rektums) sowie 5-484 (Rektumresektion unter Sphinktererhaltung) jeweils für die nachfolgenden Codes zu beachten.
Vorliegend entspricht die am 02.04.2008 durchgeführte Operation einer Rektumresektion nach der Kategorie 5-484. In Abgrenzung zu dem Begriff der lokalen Exzision (Kategorie 5-482) wird bei einer Resektion das Organ weitgehend vollständig bzw. zu einem überwiegenden Teil entfernt. Dies ist bei der vorliegenden Operation der Fall gewesen. Die untere Resektionsgrenze befand sich 2 cm oberhalb der Linea dentata und die obere Resektionsgrenze befand sich am unteren Sigmarand. Damit wurde das Rektum nahezu vollständig entfernt, bis auf ein 2 cm des Rektums oberhalb der Linea dentata, die erforderlich waren, um eine Anastomose durchführen zu können. Dass bei der pathologisch-histologischen Untersuchung nur ein 5,5 cm großes Stück Darmresektat vorgefunden wurde, wurde durch die Operateurin und Oberärztin Dr. med. S. dadurch erklärt, dass die histologische Beurteilung nach Fixierung des Resektates erfolgte und überdies das Gewebe in Formalin erheblich schrumpft. Dieser Erklärung hat der MDK nicht widersprochen. Im Hinblick auf den beschriebenen Operationsvorgang erscheint die Angabe in dem Operationsbericht, in dem von einem 10 cm langen tubulären Rektumresektat die Rede ist, für nachvollziehbar. Darüber hinaus sind zu dem Resektat noch die beiden Anastomoseringe hinzuzuzählen.
Die Operation ist auch nicht durch das Exklusivum unter der Überschrift zu 5-484 ausgenommen. Bei einem Exklusivum handelt es sich um eine Information darüber, wann ein Code nicht anzuwenden ist. Das Exklusivum greift im vorliegenden Fall jedoch nicht ein. Das Exklusivum umfasst die "transanale Segmentresektion am Rektum mit Hinweis auf die Codes 5-482.9 ff. Voraussetzung für die Anwendung des Exklusivum ist jedoch, dass sich die vorgenommene Prozedur unter die Angabe des Exklusivum subsumieren lässt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vorliegend handelt es sich nämlich nicht um eine Segmentresektion am Rektum, sondern eine Resektion des Rektums. Bei den unter der Überschrift 5-482 beschriebenen Eingriffen handelt es sich sämtlich um lokale Eingriffe am Rektum. Die Überschrift (lokale Exzision) ist für sämtliche nachfolgende Codes zu berücksichtigen. Wie bereits beschrieben, handelt es sich vorliegend nicht nur um einen lokalen Eingriff am Rektum , sondern um die Entfernung nahezu des gesamten Rektums ... Sofern die Beklagte auf die Überschrift der Subkategorie 5-482.9 (Vollwandexzision, Segmentresektion) abstellen möchte, so ergibt sich hieraus nichts anderes. Der Begriff Vollwandexzision bedeutet allein, dass alle Darmschichten (die volle Wand) durchschnitten werden und besagt nichts darüber, in welchem Umfange der Darm entnommen wurde. Der Begriff Segmentresektion ist im Lichte der Überschrift (lokale Exzision) auszulegen. Bei der nahezu vollständigen Entfernung des Rektums kann nicht mehr on einem lokalen Eingriff gesprochen werden Ein Segment beschränkt sich dagegen auf ein Stück des Ganzen. Von einem Segment kann nach Ansicht der Kammer nicht mehr die Rede sein, wenn weitaus mehr als die Hälfte des in Rede stehenden Organs entnommen wird. Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Subkategorie 5-482.9 sowie die Subkategorie 5-482.b nur von einer zirkulären bzw. semizirkulären Vollwandexzision spricht. Eine tubuläre Resektion, wie sie unter der Subkategorie 5-484.2 genannt wird, bildet den Operationsvorgang auch in dieser Hinsicht genauer ab. Die Kammer geht in Übereinstimmung mit der Klägerin davon aus, dass durch die Subkategorie 5-482.b eine Operation abgebildet werden soll, die der von der Klägerin beschriebenen STARR-Operation entspricht.
Der Beklagten und dem MDK ist zwar zuzugeben, dass die Zugangswege "peranal" oder "transanal" unter der Überschrift der Kategorie 5-484 nicht explizit genannt werden. Ferner ist auch der Zusatz "mit Stapler" hier nicht aufgeführt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der OPS hierarchisch aufgebaut ist. Die Frage des Zugangs steht vorliegend an der sechsten Stelle des OPS-Codes. Die Frage des Zugangs ist erst dann zu beurteilen, wenn sämtliche andere Stellen des OPS-Codes zutreffen. Wie bereits dargelegt wurde, ist die vorliegende Operation als Rektumresektion nach der Überschrift der Kategorie 5-484 zu beurteilen. Die Frage des Zugangs wird erst an sechster Stelle geregelt. Dass der Zugang in der sechsten Stelle genauer abgebildet werden kann, als bei dem von der Klägerin verwendeten Code führt schon aufgrund des hierarchischen Aufbaus des OPS-Codes nicht dazu, dass insgesamt ein anderer Code zu verwenden ist. Dies gilt um so mehr, als sich der Zugang "transanal" bei dem Code 5-484.2 an sechster Stelle unter "x sonstige" verschlüsseln lässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved