Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KR 627/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 11/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
(1.) Der Erlass eines Bescheides über Beitrags- und Umlageforderungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aber vor der Anmeldung der Forderungen zur Tabelle und ihrer Prüfung durch den Verwalter ist auch unter Geltung der Insolvenzordnung unzuläss
I. Der Bescheid vom 13.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte darin eine unbeschränkte Beitrags- und Umlageforderung in Höhe von 618,71 EUR festgestellt hat. Der Bescheid wird dahin gehend geändert, dass die Schuldnerin des Klägers hierfür nur als Gesamtschuldnerin neben der Schuldnerin des Beigeladenen zu 3 haftet. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Feststellungsklage der Beklagten wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Beitrags- und Umlageforderung durch den Bescheid vom 13.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 in der Fassung der Ziffer I der Entscheidungsformel nach Grund und Betrag festgestellt ist. Die Feststellung des Rangs der Forderungen bleibt den Beigeladenen zu 5 und zu 7 als Einzugsstellen vorbehalten.
III. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 85 v.H. und die Beklagte zu 15 v.H. IV. Der Streitwert wird auf 60,00 EUR festgesetzt. V. Die Berufung ist zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen im Ergebnis einer Betriebsprüfung.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. GmbH (Handelsregister B des Amtsgerichts D. Nr. 0000X). Die Beigeladenen zu 1 und zu 2 waren im Prüfzeitraum bei der B. GmbH als Arbeitnehmer beschäftigt. Der Beigeladene zu 3 verwaltet das Vermögen der ebenfalls in Insolvenz befindlichen L. GmbH (Handelsregister B des Amtsgerichts D. Nr. 0000Y).
Das Insolvenzverfahren über die B. GmbH wurde am 26.11.2007 eröffnet. Am 01.02.2008 führte die Beklagte für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 25.11.2007 eine Betriebsprüfung des Bereichs Bau der B. GmbH durch. Mit Bescheid vom 13.02.2008 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger Sozialversicherungsbeitrags- und Umlageforderungen zu Gunsten der zu 5 und zu 7 beigeladenen Einzugsstellen in Höhe von insgesamt 618,71 EUR aus dem Beschäftigungszeitraum vom 01.04. 2007 bis zum 16.11.2007 fest.
Den hiergegen am 17.03.2008 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, die B. GmbH habe die beigeladenen Arbeitnehmer ab dem 01.04.2007 der L. GmbH ohne Genehmigung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz überlassen. Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge sei die L. GmbH als Entleiherin, weil die Arbeitnehmerüberlassung illegal gewesen sei. Die L. GmbH habe die Löhne der Arbeitnehmer der B. GmbH, anfänglich auch die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer, im Wesentlichen direkt gezahlt. Im August und September 2007 seien weder von der L. GmbH noch von der B. GmbH Beiträge entrichtet worden. Das Arbeitsentgelt hätten die Arbeitnehmer bis September 2007 von der L. GmbH erhalten.
Im Juni 2008 meldeten die zu 5 und zu 7 beigeladenen Einzugsstellen die von der Beklagten festgesetzten Nachforderungen zur Tabelle an. Mit Schreiben vom 17.12.2008 wies der Kläger die Forderungsanmeldungen zurück.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 13.02.2008 mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2009 zurück. Der Leiharbeitsvertrag sei, weil die Überlassung illegal gewesen sei, gem. § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam gewesen; es gelte ein Arbeitsertrag zwischen Entleiher und Arbeitnehmer als zu Stande gekommen (§ 10 Abs. 1 AÜG). Den Entleiher treffe deshalb die Zahlungspflicht für die Sozialversicherungsbeiträge (§ 28e Abs. 1 SGB IV). Zahle allerdings der Verleiher wenigstens teilweise das Arbeitsentgelt, liege ein faktisches Arbeitsverhältnis als Grundlage für eine eigene Beitragsschuld des Verleihers vor (§ 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Ver- und Entleiher hafteten als Gesamtschuldner (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV). Da die B. GmbH die Löhne gezahlt habe, sei sie Beitragsschuldnerin.
Hiergegen richtet sich die am 15.12.2009 eingegangene Klage vom 09.12.2009. Der Kläger macht geltend, unstreitig liege eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vor und sei die L. GmbH zur Beitragszahlung verpflichtet. Eine Zahlungspflicht der B. GmbH sei daneben nicht entstanden. Schuldner sei allein die L. GmbH. Die B. GmbH sei eine reine Beschäftigungsgesellschaft ohne eigene Betriebsmittel und Aufträge gewesen, die L. GmbH habe dagegen nicht über eigene Arbeitnehmer verfügt. Sie habe die Aufträge akquiriert und die Leistungen erbracht und sich hierzu der Arbeitnehmer der B. GmbH bedient. § 28e Abs. 2 SGB IV sei nicht einschlägig. Der Verleiher schulde nach § 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV Beiträge nur für das tatsächlich selbst gezahlte Entgelt für den jeweiligen Entgeltzeitraum. Für die Beigeladenen zu 1 und zu 2 seien im Prüfzeitraum keine Überweisungen vom Konto der B. GmbH gebucht worden. Üblicherweise habe die L. GmbH die Löhne und Beiträge für die überlassenen Arbeitnehmer gezahlt. Allein die Bestimmung "für B. GmbH" bei den Lohnüberweisungen mache die Zahlungen der L. GmbH noch nicht zu Zahlungen der B. GmbH. Die L. GmbH habe vielmehr auf eine eigene Schuld gezahlt. Es finde sich keine Anweisung der B. GmbH, dass die L. GmbH in ihrem Auftrag Zahlungen vornehmen solle. Darüber hinaus entspreche eine eigene Zahlungsverpflichtung der L. GmbH der Wertung des Gesetzes, wonach die Arbeitsverträge auf den illegalen Entleiher übergehen, der auch die damit zusammenhängenden Pflichten tragen müsse. Für die Monate Oktober und November 2007 hätten die Arbeitnehmer Insolvenzgeld erhalten. Selbst wenn die B. GmbH Entgelte gezahlt hätte, schulde die L. GmbH die Beiträge vorrangig. Trotz der Gesamtschuld müsse in der Insolvenz des Verleihers der solvente Entleiher primär in Anspruch genommen werden. Die am 01.06.2011 mit Schreiben vom 19.05.2011 erhobene Widerklage der Beklagten, die Ansprüche der beigeladenen Einzugsstellen aus dem Bescheid vom 13.02.2008 als Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle festzustellen, sei unzulässig. Die Betriebsprüfungsbehörde sei für die Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle nicht zuständig. Die Feststellung müssten die Einzugsstellen betreiben. Es sei schon fraglich, ob ein Prüfbescheid der Betriebsprüfungsbehörde überhaupt als Titel anerkannt werden könne. Neben der Forderungsanmeldung und ggf. der Feststellung durch die Einzugsstellen sei hierfür kein Raum.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 13.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 aufzuheben
sowie
den Feststellungsantrag der Beklagten abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abweisung der Klage festzustellen, dass aus der Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV mit Bescheid vom 13.02.2008 ein Anspruch zur Eintragung in die Insolvenztabelle als Insolvenzforderung in Höhe von 302,25 EUR zu Gunsten der Beigeladenen zu 7 und in Höhe von 313,46 EUR zu Gunsten der Beigeladenen zu 5 als Einzugsstellen besteht.
Bei den Lohnzahlungen im Prüfzeitraum handele es sich um Zahlungen der B. GmbH; diese habe die Beschäftigten über die L. GmbH bezahlt. Die auf Feststellung zur Tabelle gerichtete Widerklage beruhe auf §§ 179, 184 und 185 InsO.
Am 18.10.2010 wurde auch über das Vermögen der L. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Sozialgericht hat den Insolvenzverwalter als Beigeladenen zu 3 zum Verfahren hinzugezogen.
Der Beigeladene zu 3 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die L. GmbH habe nicht auf eine eigene Entgeltverpflichtung leisten wollen, sondern als Zahlstelle für die B. GmbH fungiert.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Der Beigeladene zu 1 hat jedoch Kopien seines Arbeitsvertrags mit der B. GmbH, der Lohnabrechnungen der B. GmbH für die Monate April bis November 2007 sowie der Kontoauszüge mit den Lohnbuchungen für die Monate Mai bis September 2007 (Zahlungsgrund: "L. für B. GmbH") eingereicht.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 13.02.2008 war anfänglich rechtswidrig. Das Verfahren, die Forderung nach Insolvenzeröffnung vor oder zugleich mit der Anmeldung als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle durch einen an den Insolvenzverwalter gerichteten Verwaltungsakt festzustellen, war unzulässig. Insolvenzforderungen sind nach Maßgabe der §§ 174 ff. InsO zur Tabelle anzumelden. Dies gilt auch für Geldforderungen der Sozialversicherungsträger wie etwa Beitragsforderungen oder Nebenforderungen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens durch Verwaltungsakt festgesetzt werden. Soweit über eine solche Forderung nicht bereits vor der Verfahrenseröffnung ein Verwaltungsakt ergangen ist, darf er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Anmeldung der Forderung zur Tabelle und Prüfung der Forderung nicht ergehen. Der vor dem Widerspruch des Klägers erlassene Bescheid war wegen der zu diesem Zeitpunkt fehlenden Befugnis zum Erlass eines Feststellungsbescheides ursprünglich rechtswidrig und wäre schon aus diesem Grund aufzuheben gewesen (vgl. zur Rechtslage unter Geltung der Konkursordnung: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.05.2001, Az. B 12 KR 32/00 R, juris Rn. 14 f.; Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.07.1997, Az. I R 11/97, juris Rn. 10).
Die anfängliche Rechtswidrigkeit des Betriebsprüfungsbescheides vom 13.02.2008 ist nachträglich geheilt worden. Wie der Kläger mit Schreiben vom 02.12.2010 (Bl. 80 der Sozialgerichtsakte) bestätigt hat, haben die zu 5 und zu 7 beigeladenen Einzugsstellen nach Erlass des Betriebsprüfungsbescheides vom 13.02.2008 die darin ausgewiesenen Forderungen als Insolvenzforderung (§ 38 InsO) zur Tabelle angemeldet und hat der Kläger die Forderungen mit Tabellenauszügen vom 22.11.2010 in voller Höhe bestritten. Im Ergebnis ist der Bescheid damit so zu beurteilen, als ob die Beklagte ihn nach dem Prüfungstermin erlassen hätte. Er ist nunmehr nicht mehr wegen fehlender Befugnis zum Erlass eines Feststellungsbescheides aufzuheben. Denn die Beklagte hat die Befugnis, eine im Prüfungstermin bestrittene Insolvenzforderung durch Bescheid festzustellen; sie könnte den Feststellungsbescheid, wenn der frühere Bescheid aufgehoben würde, umgehend neu erlassen. Sie ist nicht verpflichtet, diese Forderung durch Feststellungsklage vor dem Sozialgericht geltend zu machen. Dies ergibt sich aus § 179 Abs. 1 und § 185 Satz 1 InsO. Danach bleibt es den Gläubigern streitig gebliebener Forderungen überlassen, deren Feststellung gegen die Bestreitenden zu betreiben. Ist für die Feststellung einer Forderung der Rechtsweg zum ordentlichen Gericht nicht gegeben, so ist die Feststellung bei dem zuständigen anderen Gericht zu betreiben oder von der zuständigen Verwaltungsbehörde vorzunehmen (vgl. zur Rechtslage unter Geltung der Konkursordnung: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.05.2001, Az. B 12 KR 32/00 R, juris Rn. 16). Die Feststellung der Forderung obliegt somit gemäß § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO auch in der Insolvenz des Beitragsschuldners der zuständigen Verwaltungsbehörde, das heißt den Sozialversicherungsträgern bzw. den Einzugsstellen und Betriebsprüfungsbehörden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18.12.2003, Az. B 11 AL 37/03 R, juris Rn. 13 f.; Urteil vom 17.05.2001, Az. B 12 KR 32/00 R, juris Rn. 16).
Die Beklagte ist für die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle nach Grund und Höhe zuständig. Allerdings liegt die Befugnis zur Feststellung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags durch Verwaltungsakt innerhalb wie auch außerhalb des Insolvenzverfahrens nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV grundsätzlich bei den Einzugsstellen, die dabei zugleich in Prozessstandschaft für die anderen Träger der Sozialversicherung handeln. Jedoch erlassen abweichend hiervon die Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs. 5 SGB X nicht. Die Befugnis der Betriebsprüfungsbehörden, an Stelle der Einzugsstellen Verwaltungsakte im Ergebnis einer Betriebsprüfung zu erlassen, bleibt auch in der Insolvenz des Arbeitgebers unberührt. Die in § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV angeordnete gesetzliche Prozessstandschaft der Betriebsprüfungsbehörden ist insoweit nicht eingeschränkt, sondern gilt auch im behördlichen Feststellungsverfahren nach § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO fort. Schutzwürdige Interessen der Gläubiger stehen dem nicht entgegen.
Bei den Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV handelt es sich um ein spezielles Instrument zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Berechnung und Abführung der Sozialversicherungsbeiträge im Außendienst (§ 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV: "beim Arbeitgeber"), das seit der Übertragung der Prüfkompetenzen von den Einzugsstellen auf die Rentenversicherungsträger durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 30.06.1995 (BGBl. I S. 890) Letzteren ausschließlich zur Verfügung steht. Den Einzugsstellen verbleibt zwar die Überwachung des Beitragseinzugs und des Meldeverfahrens, einen speziellen Außenprüfdienst halten indessen nur die mit der Betriebsprüfung betrauten Rentenversicherungsträger vor. § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO unterwirft auch in der Insolvenz des Arbeitgebers die verbindliche Feststellung der angemeldeten Beitrags- und Umlageforderungen dem öffentlich-rechtlichen Regime der Beitragsfeststellung. Es gelten das Prinzip der materiellen Wahrheit und der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die mit der Beitragserhebung befassten Stellen haben sich dabei aller zur sachlich-rechnerisch richtigen Forderungsfeststellung verfügbaren Instrumente zu bedienen. Dies schließt auch in der Insolvenz des Arbeitgebers den Einsatz des Außenprüfdienstes mit ein, zumal sich gerade im Falle des unternehmerischen Bankrotts und ggf. der Einstellung des Geschäftsbetriebs die für die Beitragsermittlung maßgeblichen Umstände oftmals nur vor Ort verlässlich feststellen lassen werden. Im arbeitsteiligen Gefüge der Beitragsverwaltung hat der Gesetzgeber die Durchführung der Betriebsprüfungen mit der Zuständigkeit für den Erlass der das Ergebnis der Prüfung feststellenden Bescheide verknüpft. Betriebsprüfungsbehörden und Einzugsstellen stehen insoweit nicht im Verhältnis der Konkurrenz, sondern ihre Zuständigkeiten ergänzen einander (zur Zuständigkeitsaufteilung in Folge des Krankenkassenwahlrechts: Deutscher Bundestag, Drucksache 13/1205, S. 6). Die Berechtigung der Betriebsprüfungsbehörden, nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV Bescheide über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in den Zweigen der Sozialversicherung zu erlassen, schließt deshalb auch die Befugnis ein, in der Insolvenz des Arbeitgebers auf Grund einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB IV an Stelle der Einzugsstelle Grund und Höhe einer angemeldeten und vom Verwalter bestrittenen Beitrags- und Umlageforderungen gemäß § 185 Satz 1 InsO durch Bescheid festzustellen.
Allerdings beschränkt sich im Rahmen des § 185 Satz 1 InsO ebenso wie außerhalb des Insolvenzverfahrens die Übertragung der Zuständigkeiten von den Einzugsstellen auf die die Betriebsprüfungsbehörden gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nur auf die Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragshöhe, das heißt von Grund und Höhe der Beitrags- und Umlageforderungen. Mangels gesetzlicher Grundlage für eine darüber hinaus gehende Prozessstandsschaft muss die Vollstreckung und Beitreibung der nach Grund und Höhe von den Betriebsprüfungsbehörden festgesetzten Forderungen den Einzugsstellen vorbehalten bleiben (§ 28h Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Deshalb ist im Insolvenzverfahren die Beklagte für die Feststellung der Forderungen nur hinsichtlich Grund und Betrag im Sinne des § 181 InsO zuständig. Weigert sich der Verwalter, den Rang der durch Verwaltungsakt der Betriebsprüfungsbehörde nach Grund und Höhe festgesetzten Forderung (z.B. als Insolvenzforderung) anzuerkennen, so bleibt die Feststellung der Rangstelle gegenüber dem Verwalter ggf. den Einzugsstellen in einem gesonderten Verfahren überlassen, in dem die Beteiligten allerdings an die Feststellungen der Betriebsprüfungsbehörde zu Grund und Betrag der Forderung gebunden sind. Die Kammer ist sich klar darüber, dass diese Abschichtung der Zuständigkeiten für die Feststellung der Forderungen nach Grund und Höhe einerseits und der Rangstelle andererseits nicht praktikabel ist. Sie ergibt sich jedoch daraus, dass § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV lediglich Feststellungen zum materiellen Grund und Inhalt der Beitragsansprüche den Betriebsprüfungsbehörden überträgt und die zur Realisierung dieser Forderungen in Konkurrenz mit anderen Gläubigern erforderliche Rangbestimmung bei den für die Beitreibung nach § 28h Abs. 1 Satz 2 SGB IV zuständigen Einzugsstellen verbleibt. Das Gesetz trägt den Besonderheiten der Betriebsprüfung in der Insolvenz des Arbeitgebers zwar nicht durch spezielle Regelungen Rechnung. Das Regelungsgefüge ist indessen objektiv lückenlos. Das Gericht sieht sich deshalb an einer abweichenden Handhabung gehindert.
Zutreffend hat die Beklagte die noch offenen Beitrags- und Umlageforderungen gegenüber dem Kläger festgestellt. Schuldner der Forderungen ist nach § 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV neben der L. GmbH auch die B. GmbH.
Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist, so hat er gemäß § 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die B. GmbH als Verleiherin hat den Beigeladenen zu 1 und zu 2 wenigstens Teile des Arbeitsentgelts gezahlt. Die von der L. GmbH überwiesenen Lohnzahlungen sind der B. GmbH als Leistung zuzurechnen. Die L. GmbH fungierte dabei als Zahlstelle der B. GmbH.
Wer Leistender ist, bestimmt sich im Ausgangspunkt aus der Sicht des Empfängers, hier der Beigeladenen zu 1 und zu 2. Die vom vertraglichen Anspruchsgefüge abweichenden Rechtsfolgen des § 9 Nr. 1 AÜG und des § 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV müssen dabei hinweggedacht werden; maßgeblich für die Bestimmung des Leistungsverhältnisses ist der von den Beteiligten angenommene, wenn auch fehlerhafte, Rechtsgrund. Aus Sicht der Arbeitnehmer schuldete die B. GmbH als Arbeitgeber die Löhne, während mit der L. GmbH kein Arbeitsvertrag als Grundlage für Lohnansprüche bestand. Gegenüber den Arbeitnehmern hat die B. GmbH die Löhne abgerechnet. Der Zusatz "L. für B. GmbH" konnte aus Empfängersicht nur so verstanden werden, dass die L. GmbH damit keine eigene Verbindlichkeit gegenüber den Arbeitnehmern befriedigte, sondern namens und auf Rechnung der B. GmbH handelte. Entsprechend § 329 BGB ist bei der Erfüllungsübernahme eine Leistung nur im Verhältnis zwischen dem die Erfüllungshandlung ausführenden Dritten und dem Schuldner einerseits sowie zwischen Schuldner und Empfänger andererseits zu vermuten. Der Schuldner (hier die B. GmbH) leistet also an den Gläubiger (die Beigeladenen zu 1 und 2) durch den Zahlenden (die L. GmbH). Soweit die L. am Zustandekommen dieser Leistungsbestimmung mitgewirkt hat, muss sich die B. GmbH gegenüber den Arbeitnehmern und damit auch der Kläger gegenüber der Beklagten und den Einzugsstellen hieran festhalten lassen. Denn sowohl die ungenehmigte Überlassung der Leiharbeitnehmer als auch die die Auszahlung der Löhne durch die L. für die B. GmbH ist Ausdruck des von beiden Gesellschaften mitgetragenen arbeitsteiligen Auftretens nach außen als komplementäre Teile einer beiden Unternehmensträgern übergeordneten unternehmerischen Einheit. Hierzu bedurfte es keiner ausdrücklichen Anweisung zwischen beiden Gesellschaften. Das Bindeglied der Willensbildung, welche die wechselseitige Zurechnung der Leistungsbestimmung trägt, liegt in der Person des Prokuristen der B. GmbH und Geschäftsführers der L. GmbH, H. J. U ... Dieser war in beiden Unternehmen mit Einzelvertretungsbefugnis nach außen ausgestattet und fungierte nach den übereinstimmenden Erkenntnissen des Klägers und des Beigeladenen zu 3 als faktischer alleiniger Geschäftsführer beider Unternehmen. Mit Rücksicht auf diese rechtliche und tatsächliche Verbindung beider Unternehmen wirkt die Erklärung der L. GmbH, die Löhne für die B. GmbH ausgezahlt zu haben, zugleich für und gegen Letztere.
Es bedarf keiner abschließenden Überprüfung, ob die L. GmbH den Beigeladenen zu 1 und zu 2 die Entgelte, aus denen die Beklagte die im Betriebsprüfungsbescheid vom 13.02.2008 festgesetzten Beitrags- und Umlageforderungen berechnet hat, tatsächlich in vollem Umfang als Leistung der B. GmbH ausgezahlt hat. Fest steht, dass sie wenigstens Teile des Arbeitslohns für die B. GmbH entrichtet hat. Auch bei bloßen Teilzahlungen des Verleihers auf die nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksamen Entgeltansprüche der Leiharbeitnehmer erstreckt sich die Beitragspflicht des Verleihers nach § 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV auf die aus dem gesamten (vermeintlichen) Entgeltanspruch sich ergebenden Beiträge. Denn bereits durch den Teilvollzug des nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksamen Arbeitsvertrages wird das dadurch vollzogene faktische Arbeitsverhältnis insgesamt für die Beitragserhebung maßgeblich und ist den Beiträgen in Anlehnung an das Entstehungsprinzip (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.11.1985, Az. 12 RK 51/83, und Urteil vom 30.08.1994, Az. 12 RK 59/92) zu Grunde zu legen.
Allerdings hat die Insolvenzmasse der B. GmbH nicht uneingeschränkt für die Erfüllung der Beitragsverbindlichkeit einzustehen. Gemäß § 28e Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz SGB IV und § 10 Abs. 3 Satz 2 AÜG haften Ver- und Entleiher insoweit als Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass Zahlungen aus der Masse eines Schuldners mit befreiender Wirkung auf die streitgegenständlichen Forderungen auch zu Gunsten des anderen Schuldners anzurechnen sind (§ 421 Satz 1, § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Verknüpfung der Forderungen schränkt die Haftung der B. GmbH ein und ist deshalb unter Abänderung der angefochtenen Bescheide ausdrücklich dem Verfügungssatz hinzuzufügen.
Ein Rangverhältnis der gegen die B. GmbH als Verleiher einerseits und der gegen die L. GmbH als Entleiher andererseits gerichteten Forderungen, das der Kläger den Einzugsstellen entgegen halten könnte, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die gesetzliche Gesamtschuld ordnet vielmehr einen Gleichrang gerade an. Die Frage, ob im Innenverhältnis zwischen Ver- und Entleiher hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge ein Gesamtschuldnerausgleich erfolgt oder ob insoweit die Beitragslast der alleinigen Vergütungspflicht des Entleihers folgt (vgl. zum Wertersatzanspruch des Lohn zahlenden Verleihers gegen den Entleiher: Bundsgerichtshof, Urteil vom 18.07.2000, Az. X ZR 62/98), berührt nicht das Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern des Gesamtsozialversicherungsbeitrags.
Die auf Feststellung zur Insolvenztabelle gerichtete Widerklage der Beklagten ist überwiegend unzulässig, im Übrigen unbegründet. Der Beklagten fehlt für die Feststellung von Grund und Höhe der Beitrags- und Umlageforderungen das Feststellungsinteresse. Insoweit ist der Gegenstand des Feststellungsantrags identisch mit dem Verfügungssatz des streitgegenständlichen Betriebsprüfungsbescheides und deshalb bereits von der Klage umfasst. Die materielle Bindungswirkung des Bescheides ersetzt die mit der Widerklage angestrebte Feststellung zur Tabelle. An den Inhalt des Bescheides ist der Kläger im Ergebnis des vorliegenden Verfahrens gegenüber den beigeladenen Einzugsstellen gebunden. Lediglich die im Widerklageantrag ausdrücklich begehrte Feststellung des Ranges der Forderungen nach § 38 InsO ist nicht Gegenstand des Bescheides und der Klage. Insoweit ist die Feststellungsklage aber unbegründet, weil der Beklagten die Aktivlegitimation für Rangfeststellungen fehlt. Denn § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB V bietet keine Grundlage für eine Zuständigkeit der Betriebsprüfungsbehörden, an Stelle der Einzugsstellen Entscheidungen zu treffen, die über die Feststellung von Grund und Höhe der Beiträge hinausgehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 VwGO. Da die Klage nur hinsichtlich der Aufnahme eines Gesamtschuldnervorbehalts Erfolg hat und die Feststellungswiderklage der Beklagten im Wesentlichen nur wegen der Identität mit der - materiell überwiegend zu Gunsten der Beklagten entschiedenen - Klage zu verwerfen war, hat die Kammer die Anteile des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens zwischen Kläger und Beklagter im Verhältnis 3 zu 17 zu Gunsten Letzterer gewichtet.
Über die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen hat die Kammer keine Entscheidung getroffen; ein Umkehrschluss aus § 162 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ist insoweit nicht angebracht.
Den gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG nach der sich aus dem Klageantrag ergebenden Bedeutung der Sache festzusetzenden Streitwert hat die Kammer hier nicht an Hand des Nominalbetrags der streitgegenständlichen Forderung (§ 52 Abs. 3 GKG) bemessen. Statt dessen hat sie entsprechend § 182 und § 185 Satz 3 InsO nur einen Quotenbruchteil des Forderungsbetrags angesetzt. Gemäß § 182 InsO bestimmt sich der Wert des Streitgegenstands einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Zwar ist die Klage nicht direkt auf die Feststellung einer Forderung zur Tabelle gerichtet; dieses Klagebegehren hat erst die Beklagte mit ihrer Feststellungswiderklage ins Verfahren eingeführt. Die Klage richtet sich jedoch gegen einen Bescheid, mit dem gemäß § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO die Beklagte als zuständige Verwaltungsbehörde die Feststellung vorgenommen hat, weil die Heilung des zunächst unzulässigen Beitragsfestsetzungsbescheides sich aus der Feststellungsbefugnis der Behörde § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO ergibt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.05.2001, Az. B 12 KR 32/00 R, juris Rn. 16). Inwieweit die Beklagte für eine solche Feststellung zuständig war, ist für die Streitwertbestimmung unerheblich, weil diese Frage im Rahmen der Hautsacheentscheidung zu klären ist. Wird der in Folge der Heilung als Feststellungsbescheid fungierende Betriebsprüfungsbescheid mit der Klage angefochten, steht die sozialgerichtliche Überprüfung der behördlichen Feststellung einer "Feststellung bei einem anderen Gericht" gleich. Gemäß § 185 Satz 3 InsO richtet sich deshalb auch in diesem Fall die Berechnung des Streitwertes für das gerichtliche Verfahren nach § 182 InsO. Sachlich zutreffend ist zwar der Einwand der Bevollmächtigten des Klägers, dass im Falle des Klageerfolgs - das heißt, wenn die Feststellung zur Tabelle aufgehoben wird - die Masse in voller Höhe und nicht nur mit der Verteilungsquote um die angemeldeten Beitragsverbindlichkeiten entlastet wird. Dies trifft jedoch in allen Fällen des § 182 und des § 185 Satz 3 InsO zu. Gleichwohl hat der Gesetzgeber beim Streit über die Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle den im Falle der Feststellung auf die festgestellte Forderung entfallenden Verteilungsbetrag für maßgeblich erklärt. Diese gesetzgeberische Entscheidung muss wegen der Spiegelbildlichkeit der Verfahrenskonstellation für die Klage eines Gläubigers auf unmittelbare gerichtliche Feststellung einer bestrittenen Forderung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 InsO ebenso gelten wie für die hier vorliegenden Klage des Insolvenzverwalters gegen eine behördliche Feststellung nach § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO. Mangels bezifferbarer Angaben zu der zu erwartenden Verteilungsquote hat das Gericht als Verteilungsquote im Sinne des § 182 InsO pauschal einen Bruchteil von 10 v.H. der streitgegenständlichen Forderung dem Streitwert zu Grunde gelegt und auf volle 10,00 EUR aufgerundet. Der auf Feststellung gerichteten Widerklage hat sie wegen der Identität des Streitgegenstandes mit der Klage keinen gesonderten Streitwert beigemessen (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
Die Kammer hat die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, ob und in welchem Umfang die Betriebsprüfungsbehörden an Stelle der Einzugsstellen befugt sind, in der Insolvenz des Arbeitgebers Beitrags- und Umlageforderungen gegenüber dem Insolvenzverwalter nach § 185 Satz 1 InsO festzustellen.
II. Die Feststellungsklage der Beklagten wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Beitrags- und Umlageforderung durch den Bescheid vom 13.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 in der Fassung der Ziffer I der Entscheidungsformel nach Grund und Betrag festgestellt ist. Die Feststellung des Rangs der Forderungen bleibt den Beigeladenen zu 5 und zu 7 als Einzugsstellen vorbehalten.
III. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 85 v.H. und die Beklagte zu 15 v.H. IV. Der Streitwert wird auf 60,00 EUR festgesetzt. V. Die Berufung ist zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen im Ergebnis einer Betriebsprüfung.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. GmbH (Handelsregister B des Amtsgerichts D. Nr. 0000X). Die Beigeladenen zu 1 und zu 2 waren im Prüfzeitraum bei der B. GmbH als Arbeitnehmer beschäftigt. Der Beigeladene zu 3 verwaltet das Vermögen der ebenfalls in Insolvenz befindlichen L. GmbH (Handelsregister B des Amtsgerichts D. Nr. 0000Y).
Das Insolvenzverfahren über die B. GmbH wurde am 26.11.2007 eröffnet. Am 01.02.2008 führte die Beklagte für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 25.11.2007 eine Betriebsprüfung des Bereichs Bau der B. GmbH durch. Mit Bescheid vom 13.02.2008 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger Sozialversicherungsbeitrags- und Umlageforderungen zu Gunsten der zu 5 und zu 7 beigeladenen Einzugsstellen in Höhe von insgesamt 618,71 EUR aus dem Beschäftigungszeitraum vom 01.04. 2007 bis zum 16.11.2007 fest.
Den hiergegen am 17.03.2008 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, die B. GmbH habe die beigeladenen Arbeitnehmer ab dem 01.04.2007 der L. GmbH ohne Genehmigung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz überlassen. Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge sei die L. GmbH als Entleiherin, weil die Arbeitnehmerüberlassung illegal gewesen sei. Die L. GmbH habe die Löhne der Arbeitnehmer der B. GmbH, anfänglich auch die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer, im Wesentlichen direkt gezahlt. Im August und September 2007 seien weder von der L. GmbH noch von der B. GmbH Beiträge entrichtet worden. Das Arbeitsentgelt hätten die Arbeitnehmer bis September 2007 von der L. GmbH erhalten.
Im Juni 2008 meldeten die zu 5 und zu 7 beigeladenen Einzugsstellen die von der Beklagten festgesetzten Nachforderungen zur Tabelle an. Mit Schreiben vom 17.12.2008 wies der Kläger die Forderungsanmeldungen zurück.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 13.02.2008 mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2009 zurück. Der Leiharbeitsvertrag sei, weil die Überlassung illegal gewesen sei, gem. § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam gewesen; es gelte ein Arbeitsertrag zwischen Entleiher und Arbeitnehmer als zu Stande gekommen (§ 10 Abs. 1 AÜG). Den Entleiher treffe deshalb die Zahlungspflicht für die Sozialversicherungsbeiträge (§ 28e Abs. 1 SGB IV). Zahle allerdings der Verleiher wenigstens teilweise das Arbeitsentgelt, liege ein faktisches Arbeitsverhältnis als Grundlage für eine eigene Beitragsschuld des Verleihers vor (§ 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Ver- und Entleiher hafteten als Gesamtschuldner (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV). Da die B. GmbH die Löhne gezahlt habe, sei sie Beitragsschuldnerin.
Hiergegen richtet sich die am 15.12.2009 eingegangene Klage vom 09.12.2009. Der Kläger macht geltend, unstreitig liege eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vor und sei die L. GmbH zur Beitragszahlung verpflichtet. Eine Zahlungspflicht der B. GmbH sei daneben nicht entstanden. Schuldner sei allein die L. GmbH. Die B. GmbH sei eine reine Beschäftigungsgesellschaft ohne eigene Betriebsmittel und Aufträge gewesen, die L. GmbH habe dagegen nicht über eigene Arbeitnehmer verfügt. Sie habe die Aufträge akquiriert und die Leistungen erbracht und sich hierzu der Arbeitnehmer der B. GmbH bedient. § 28e Abs. 2 SGB IV sei nicht einschlägig. Der Verleiher schulde nach § 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV Beiträge nur für das tatsächlich selbst gezahlte Entgelt für den jeweiligen Entgeltzeitraum. Für die Beigeladenen zu 1 und zu 2 seien im Prüfzeitraum keine Überweisungen vom Konto der B. GmbH gebucht worden. Üblicherweise habe die L. GmbH die Löhne und Beiträge für die überlassenen Arbeitnehmer gezahlt. Allein die Bestimmung "für B. GmbH" bei den Lohnüberweisungen mache die Zahlungen der L. GmbH noch nicht zu Zahlungen der B. GmbH. Die L. GmbH habe vielmehr auf eine eigene Schuld gezahlt. Es finde sich keine Anweisung der B. GmbH, dass die L. GmbH in ihrem Auftrag Zahlungen vornehmen solle. Darüber hinaus entspreche eine eigene Zahlungsverpflichtung der L. GmbH der Wertung des Gesetzes, wonach die Arbeitsverträge auf den illegalen Entleiher übergehen, der auch die damit zusammenhängenden Pflichten tragen müsse. Für die Monate Oktober und November 2007 hätten die Arbeitnehmer Insolvenzgeld erhalten. Selbst wenn die B. GmbH Entgelte gezahlt hätte, schulde die L. GmbH die Beiträge vorrangig. Trotz der Gesamtschuld müsse in der Insolvenz des Verleihers der solvente Entleiher primär in Anspruch genommen werden. Die am 01.06.2011 mit Schreiben vom 19.05.2011 erhobene Widerklage der Beklagten, die Ansprüche der beigeladenen Einzugsstellen aus dem Bescheid vom 13.02.2008 als Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle festzustellen, sei unzulässig. Die Betriebsprüfungsbehörde sei für die Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle nicht zuständig. Die Feststellung müssten die Einzugsstellen betreiben. Es sei schon fraglich, ob ein Prüfbescheid der Betriebsprüfungsbehörde überhaupt als Titel anerkannt werden könne. Neben der Forderungsanmeldung und ggf. der Feststellung durch die Einzugsstellen sei hierfür kein Raum.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 13.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 aufzuheben
sowie
den Feststellungsantrag der Beklagten abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abweisung der Klage festzustellen, dass aus der Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV mit Bescheid vom 13.02.2008 ein Anspruch zur Eintragung in die Insolvenztabelle als Insolvenzforderung in Höhe von 302,25 EUR zu Gunsten der Beigeladenen zu 7 und in Höhe von 313,46 EUR zu Gunsten der Beigeladenen zu 5 als Einzugsstellen besteht.
Bei den Lohnzahlungen im Prüfzeitraum handele es sich um Zahlungen der B. GmbH; diese habe die Beschäftigten über die L. GmbH bezahlt. Die auf Feststellung zur Tabelle gerichtete Widerklage beruhe auf §§ 179, 184 und 185 InsO.
Am 18.10.2010 wurde auch über das Vermögen der L. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Sozialgericht hat den Insolvenzverwalter als Beigeladenen zu 3 zum Verfahren hinzugezogen.
Der Beigeladene zu 3 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die L. GmbH habe nicht auf eine eigene Entgeltverpflichtung leisten wollen, sondern als Zahlstelle für die B. GmbH fungiert.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Der Beigeladene zu 1 hat jedoch Kopien seines Arbeitsvertrags mit der B. GmbH, der Lohnabrechnungen der B. GmbH für die Monate April bis November 2007 sowie der Kontoauszüge mit den Lohnbuchungen für die Monate Mai bis September 2007 (Zahlungsgrund: "L. für B. GmbH") eingereicht.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 13.02.2008 war anfänglich rechtswidrig. Das Verfahren, die Forderung nach Insolvenzeröffnung vor oder zugleich mit der Anmeldung als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle durch einen an den Insolvenzverwalter gerichteten Verwaltungsakt festzustellen, war unzulässig. Insolvenzforderungen sind nach Maßgabe der §§ 174 ff. InsO zur Tabelle anzumelden. Dies gilt auch für Geldforderungen der Sozialversicherungsträger wie etwa Beitragsforderungen oder Nebenforderungen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens durch Verwaltungsakt festgesetzt werden. Soweit über eine solche Forderung nicht bereits vor der Verfahrenseröffnung ein Verwaltungsakt ergangen ist, darf er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Anmeldung der Forderung zur Tabelle und Prüfung der Forderung nicht ergehen. Der vor dem Widerspruch des Klägers erlassene Bescheid war wegen der zu diesem Zeitpunkt fehlenden Befugnis zum Erlass eines Feststellungsbescheides ursprünglich rechtswidrig und wäre schon aus diesem Grund aufzuheben gewesen (vgl. zur Rechtslage unter Geltung der Konkursordnung: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.05.2001, Az. B 12 KR 32/00 R, juris Rn. 14 f.; Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.07.1997, Az. I R 11/97, juris Rn. 10).
Die anfängliche Rechtswidrigkeit des Betriebsprüfungsbescheides vom 13.02.2008 ist nachträglich geheilt worden. Wie der Kläger mit Schreiben vom 02.12.2010 (Bl. 80 der Sozialgerichtsakte) bestätigt hat, haben die zu 5 und zu 7 beigeladenen Einzugsstellen nach Erlass des Betriebsprüfungsbescheides vom 13.02.2008 die darin ausgewiesenen Forderungen als Insolvenzforderung (§ 38 InsO) zur Tabelle angemeldet und hat der Kläger die Forderungen mit Tabellenauszügen vom 22.11.2010 in voller Höhe bestritten. Im Ergebnis ist der Bescheid damit so zu beurteilen, als ob die Beklagte ihn nach dem Prüfungstermin erlassen hätte. Er ist nunmehr nicht mehr wegen fehlender Befugnis zum Erlass eines Feststellungsbescheides aufzuheben. Denn die Beklagte hat die Befugnis, eine im Prüfungstermin bestrittene Insolvenzforderung durch Bescheid festzustellen; sie könnte den Feststellungsbescheid, wenn der frühere Bescheid aufgehoben würde, umgehend neu erlassen. Sie ist nicht verpflichtet, diese Forderung durch Feststellungsklage vor dem Sozialgericht geltend zu machen. Dies ergibt sich aus § 179 Abs. 1 und § 185 Satz 1 InsO. Danach bleibt es den Gläubigern streitig gebliebener Forderungen überlassen, deren Feststellung gegen die Bestreitenden zu betreiben. Ist für die Feststellung einer Forderung der Rechtsweg zum ordentlichen Gericht nicht gegeben, so ist die Feststellung bei dem zuständigen anderen Gericht zu betreiben oder von der zuständigen Verwaltungsbehörde vorzunehmen (vgl. zur Rechtslage unter Geltung der Konkursordnung: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.05.2001, Az. B 12 KR 32/00 R, juris Rn. 16). Die Feststellung der Forderung obliegt somit gemäß § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO auch in der Insolvenz des Beitragsschuldners der zuständigen Verwaltungsbehörde, das heißt den Sozialversicherungsträgern bzw. den Einzugsstellen und Betriebsprüfungsbehörden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18.12.2003, Az. B 11 AL 37/03 R, juris Rn. 13 f.; Urteil vom 17.05.2001, Az. B 12 KR 32/00 R, juris Rn. 16).
Die Beklagte ist für die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle nach Grund und Höhe zuständig. Allerdings liegt die Befugnis zur Feststellung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags durch Verwaltungsakt innerhalb wie auch außerhalb des Insolvenzverfahrens nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV grundsätzlich bei den Einzugsstellen, die dabei zugleich in Prozessstandschaft für die anderen Träger der Sozialversicherung handeln. Jedoch erlassen abweichend hiervon die Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs. 5 SGB X nicht. Die Befugnis der Betriebsprüfungsbehörden, an Stelle der Einzugsstellen Verwaltungsakte im Ergebnis einer Betriebsprüfung zu erlassen, bleibt auch in der Insolvenz des Arbeitgebers unberührt. Die in § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV angeordnete gesetzliche Prozessstandschaft der Betriebsprüfungsbehörden ist insoweit nicht eingeschränkt, sondern gilt auch im behördlichen Feststellungsverfahren nach § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO fort. Schutzwürdige Interessen der Gläubiger stehen dem nicht entgegen.
Bei den Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV handelt es sich um ein spezielles Instrument zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Berechnung und Abführung der Sozialversicherungsbeiträge im Außendienst (§ 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV: "beim Arbeitgeber"), das seit der Übertragung der Prüfkompetenzen von den Einzugsstellen auf die Rentenversicherungsträger durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 30.06.1995 (BGBl. I S. 890) Letzteren ausschließlich zur Verfügung steht. Den Einzugsstellen verbleibt zwar die Überwachung des Beitragseinzugs und des Meldeverfahrens, einen speziellen Außenprüfdienst halten indessen nur die mit der Betriebsprüfung betrauten Rentenversicherungsträger vor. § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO unterwirft auch in der Insolvenz des Arbeitgebers die verbindliche Feststellung der angemeldeten Beitrags- und Umlageforderungen dem öffentlich-rechtlichen Regime der Beitragsfeststellung. Es gelten das Prinzip der materiellen Wahrheit und der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die mit der Beitragserhebung befassten Stellen haben sich dabei aller zur sachlich-rechnerisch richtigen Forderungsfeststellung verfügbaren Instrumente zu bedienen. Dies schließt auch in der Insolvenz des Arbeitgebers den Einsatz des Außenprüfdienstes mit ein, zumal sich gerade im Falle des unternehmerischen Bankrotts und ggf. der Einstellung des Geschäftsbetriebs die für die Beitragsermittlung maßgeblichen Umstände oftmals nur vor Ort verlässlich feststellen lassen werden. Im arbeitsteiligen Gefüge der Beitragsverwaltung hat der Gesetzgeber die Durchführung der Betriebsprüfungen mit der Zuständigkeit für den Erlass der das Ergebnis der Prüfung feststellenden Bescheide verknüpft. Betriebsprüfungsbehörden und Einzugsstellen stehen insoweit nicht im Verhältnis der Konkurrenz, sondern ihre Zuständigkeiten ergänzen einander (zur Zuständigkeitsaufteilung in Folge des Krankenkassenwahlrechts: Deutscher Bundestag, Drucksache 13/1205, S. 6). Die Berechtigung der Betriebsprüfungsbehörden, nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV Bescheide über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in den Zweigen der Sozialversicherung zu erlassen, schließt deshalb auch die Befugnis ein, in der Insolvenz des Arbeitgebers auf Grund einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB IV an Stelle der Einzugsstelle Grund und Höhe einer angemeldeten und vom Verwalter bestrittenen Beitrags- und Umlageforderungen gemäß § 185 Satz 1 InsO durch Bescheid festzustellen.
Allerdings beschränkt sich im Rahmen des § 185 Satz 1 InsO ebenso wie außerhalb des Insolvenzverfahrens die Übertragung der Zuständigkeiten von den Einzugsstellen auf die die Betriebsprüfungsbehörden gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nur auf die Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragshöhe, das heißt von Grund und Höhe der Beitrags- und Umlageforderungen. Mangels gesetzlicher Grundlage für eine darüber hinaus gehende Prozessstandsschaft muss die Vollstreckung und Beitreibung der nach Grund und Höhe von den Betriebsprüfungsbehörden festgesetzten Forderungen den Einzugsstellen vorbehalten bleiben (§ 28h Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Deshalb ist im Insolvenzverfahren die Beklagte für die Feststellung der Forderungen nur hinsichtlich Grund und Betrag im Sinne des § 181 InsO zuständig. Weigert sich der Verwalter, den Rang der durch Verwaltungsakt der Betriebsprüfungsbehörde nach Grund und Höhe festgesetzten Forderung (z.B. als Insolvenzforderung) anzuerkennen, so bleibt die Feststellung der Rangstelle gegenüber dem Verwalter ggf. den Einzugsstellen in einem gesonderten Verfahren überlassen, in dem die Beteiligten allerdings an die Feststellungen der Betriebsprüfungsbehörde zu Grund und Betrag der Forderung gebunden sind. Die Kammer ist sich klar darüber, dass diese Abschichtung der Zuständigkeiten für die Feststellung der Forderungen nach Grund und Höhe einerseits und der Rangstelle andererseits nicht praktikabel ist. Sie ergibt sich jedoch daraus, dass § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV lediglich Feststellungen zum materiellen Grund und Inhalt der Beitragsansprüche den Betriebsprüfungsbehörden überträgt und die zur Realisierung dieser Forderungen in Konkurrenz mit anderen Gläubigern erforderliche Rangbestimmung bei den für die Beitreibung nach § 28h Abs. 1 Satz 2 SGB IV zuständigen Einzugsstellen verbleibt. Das Gesetz trägt den Besonderheiten der Betriebsprüfung in der Insolvenz des Arbeitgebers zwar nicht durch spezielle Regelungen Rechnung. Das Regelungsgefüge ist indessen objektiv lückenlos. Das Gericht sieht sich deshalb an einer abweichenden Handhabung gehindert.
Zutreffend hat die Beklagte die noch offenen Beitrags- und Umlageforderungen gegenüber dem Kläger festgestellt. Schuldner der Forderungen ist nach § 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV neben der L. GmbH auch die B. GmbH.
Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist, so hat er gemäß § 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die B. GmbH als Verleiherin hat den Beigeladenen zu 1 und zu 2 wenigstens Teile des Arbeitsentgelts gezahlt. Die von der L. GmbH überwiesenen Lohnzahlungen sind der B. GmbH als Leistung zuzurechnen. Die L. GmbH fungierte dabei als Zahlstelle der B. GmbH.
Wer Leistender ist, bestimmt sich im Ausgangspunkt aus der Sicht des Empfängers, hier der Beigeladenen zu 1 und zu 2. Die vom vertraglichen Anspruchsgefüge abweichenden Rechtsfolgen des § 9 Nr. 1 AÜG und des § 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV müssen dabei hinweggedacht werden; maßgeblich für die Bestimmung des Leistungsverhältnisses ist der von den Beteiligten angenommene, wenn auch fehlerhafte, Rechtsgrund. Aus Sicht der Arbeitnehmer schuldete die B. GmbH als Arbeitgeber die Löhne, während mit der L. GmbH kein Arbeitsvertrag als Grundlage für Lohnansprüche bestand. Gegenüber den Arbeitnehmern hat die B. GmbH die Löhne abgerechnet. Der Zusatz "L. für B. GmbH" konnte aus Empfängersicht nur so verstanden werden, dass die L. GmbH damit keine eigene Verbindlichkeit gegenüber den Arbeitnehmern befriedigte, sondern namens und auf Rechnung der B. GmbH handelte. Entsprechend § 329 BGB ist bei der Erfüllungsübernahme eine Leistung nur im Verhältnis zwischen dem die Erfüllungshandlung ausführenden Dritten und dem Schuldner einerseits sowie zwischen Schuldner und Empfänger andererseits zu vermuten. Der Schuldner (hier die B. GmbH) leistet also an den Gläubiger (die Beigeladenen zu 1 und 2) durch den Zahlenden (die L. GmbH). Soweit die L. am Zustandekommen dieser Leistungsbestimmung mitgewirkt hat, muss sich die B. GmbH gegenüber den Arbeitnehmern und damit auch der Kläger gegenüber der Beklagten und den Einzugsstellen hieran festhalten lassen. Denn sowohl die ungenehmigte Überlassung der Leiharbeitnehmer als auch die die Auszahlung der Löhne durch die L. für die B. GmbH ist Ausdruck des von beiden Gesellschaften mitgetragenen arbeitsteiligen Auftretens nach außen als komplementäre Teile einer beiden Unternehmensträgern übergeordneten unternehmerischen Einheit. Hierzu bedurfte es keiner ausdrücklichen Anweisung zwischen beiden Gesellschaften. Das Bindeglied der Willensbildung, welche die wechselseitige Zurechnung der Leistungsbestimmung trägt, liegt in der Person des Prokuristen der B. GmbH und Geschäftsführers der L. GmbH, H. J. U ... Dieser war in beiden Unternehmen mit Einzelvertretungsbefugnis nach außen ausgestattet und fungierte nach den übereinstimmenden Erkenntnissen des Klägers und des Beigeladenen zu 3 als faktischer alleiniger Geschäftsführer beider Unternehmen. Mit Rücksicht auf diese rechtliche und tatsächliche Verbindung beider Unternehmen wirkt die Erklärung der L. GmbH, die Löhne für die B. GmbH ausgezahlt zu haben, zugleich für und gegen Letztere.
Es bedarf keiner abschließenden Überprüfung, ob die L. GmbH den Beigeladenen zu 1 und zu 2 die Entgelte, aus denen die Beklagte die im Betriebsprüfungsbescheid vom 13.02.2008 festgesetzten Beitrags- und Umlageforderungen berechnet hat, tatsächlich in vollem Umfang als Leistung der B. GmbH ausgezahlt hat. Fest steht, dass sie wenigstens Teile des Arbeitslohns für die B. GmbH entrichtet hat. Auch bei bloßen Teilzahlungen des Verleihers auf die nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksamen Entgeltansprüche der Leiharbeitnehmer erstreckt sich die Beitragspflicht des Verleihers nach § 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV auf die aus dem gesamten (vermeintlichen) Entgeltanspruch sich ergebenden Beiträge. Denn bereits durch den Teilvollzug des nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksamen Arbeitsvertrages wird das dadurch vollzogene faktische Arbeitsverhältnis insgesamt für die Beitragserhebung maßgeblich und ist den Beiträgen in Anlehnung an das Entstehungsprinzip (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.11.1985, Az. 12 RK 51/83, und Urteil vom 30.08.1994, Az. 12 RK 59/92) zu Grunde zu legen.
Allerdings hat die Insolvenzmasse der B. GmbH nicht uneingeschränkt für die Erfüllung der Beitragsverbindlichkeit einzustehen. Gemäß § 28e Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz SGB IV und § 10 Abs. 3 Satz 2 AÜG haften Ver- und Entleiher insoweit als Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass Zahlungen aus der Masse eines Schuldners mit befreiender Wirkung auf die streitgegenständlichen Forderungen auch zu Gunsten des anderen Schuldners anzurechnen sind (§ 421 Satz 1, § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Verknüpfung der Forderungen schränkt die Haftung der B. GmbH ein und ist deshalb unter Abänderung der angefochtenen Bescheide ausdrücklich dem Verfügungssatz hinzuzufügen.
Ein Rangverhältnis der gegen die B. GmbH als Verleiher einerseits und der gegen die L. GmbH als Entleiher andererseits gerichteten Forderungen, das der Kläger den Einzugsstellen entgegen halten könnte, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die gesetzliche Gesamtschuld ordnet vielmehr einen Gleichrang gerade an. Die Frage, ob im Innenverhältnis zwischen Ver- und Entleiher hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge ein Gesamtschuldnerausgleich erfolgt oder ob insoweit die Beitragslast der alleinigen Vergütungspflicht des Entleihers folgt (vgl. zum Wertersatzanspruch des Lohn zahlenden Verleihers gegen den Entleiher: Bundsgerichtshof, Urteil vom 18.07.2000, Az. X ZR 62/98), berührt nicht das Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern des Gesamtsozialversicherungsbeitrags.
Die auf Feststellung zur Insolvenztabelle gerichtete Widerklage der Beklagten ist überwiegend unzulässig, im Übrigen unbegründet. Der Beklagten fehlt für die Feststellung von Grund und Höhe der Beitrags- und Umlageforderungen das Feststellungsinteresse. Insoweit ist der Gegenstand des Feststellungsantrags identisch mit dem Verfügungssatz des streitgegenständlichen Betriebsprüfungsbescheides und deshalb bereits von der Klage umfasst. Die materielle Bindungswirkung des Bescheides ersetzt die mit der Widerklage angestrebte Feststellung zur Tabelle. An den Inhalt des Bescheides ist der Kläger im Ergebnis des vorliegenden Verfahrens gegenüber den beigeladenen Einzugsstellen gebunden. Lediglich die im Widerklageantrag ausdrücklich begehrte Feststellung des Ranges der Forderungen nach § 38 InsO ist nicht Gegenstand des Bescheides und der Klage. Insoweit ist die Feststellungsklage aber unbegründet, weil der Beklagten die Aktivlegitimation für Rangfeststellungen fehlt. Denn § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB V bietet keine Grundlage für eine Zuständigkeit der Betriebsprüfungsbehörden, an Stelle der Einzugsstellen Entscheidungen zu treffen, die über die Feststellung von Grund und Höhe der Beiträge hinausgehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 VwGO. Da die Klage nur hinsichtlich der Aufnahme eines Gesamtschuldnervorbehalts Erfolg hat und die Feststellungswiderklage der Beklagten im Wesentlichen nur wegen der Identität mit der - materiell überwiegend zu Gunsten der Beklagten entschiedenen - Klage zu verwerfen war, hat die Kammer die Anteile des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens zwischen Kläger und Beklagter im Verhältnis 3 zu 17 zu Gunsten Letzterer gewichtet.
Über die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen hat die Kammer keine Entscheidung getroffen; ein Umkehrschluss aus § 162 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ist insoweit nicht angebracht.
Den gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG nach der sich aus dem Klageantrag ergebenden Bedeutung der Sache festzusetzenden Streitwert hat die Kammer hier nicht an Hand des Nominalbetrags der streitgegenständlichen Forderung (§ 52 Abs. 3 GKG) bemessen. Statt dessen hat sie entsprechend § 182 und § 185 Satz 3 InsO nur einen Quotenbruchteil des Forderungsbetrags angesetzt. Gemäß § 182 InsO bestimmt sich der Wert des Streitgegenstands einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Zwar ist die Klage nicht direkt auf die Feststellung einer Forderung zur Tabelle gerichtet; dieses Klagebegehren hat erst die Beklagte mit ihrer Feststellungswiderklage ins Verfahren eingeführt. Die Klage richtet sich jedoch gegen einen Bescheid, mit dem gemäß § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO die Beklagte als zuständige Verwaltungsbehörde die Feststellung vorgenommen hat, weil die Heilung des zunächst unzulässigen Beitragsfestsetzungsbescheides sich aus der Feststellungsbefugnis der Behörde § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO ergibt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.05.2001, Az. B 12 KR 32/00 R, juris Rn. 16). Inwieweit die Beklagte für eine solche Feststellung zuständig war, ist für die Streitwertbestimmung unerheblich, weil diese Frage im Rahmen der Hautsacheentscheidung zu klären ist. Wird der in Folge der Heilung als Feststellungsbescheid fungierende Betriebsprüfungsbescheid mit der Klage angefochten, steht die sozialgerichtliche Überprüfung der behördlichen Feststellung einer "Feststellung bei einem anderen Gericht" gleich. Gemäß § 185 Satz 3 InsO richtet sich deshalb auch in diesem Fall die Berechnung des Streitwertes für das gerichtliche Verfahren nach § 182 InsO. Sachlich zutreffend ist zwar der Einwand der Bevollmächtigten des Klägers, dass im Falle des Klageerfolgs - das heißt, wenn die Feststellung zur Tabelle aufgehoben wird - die Masse in voller Höhe und nicht nur mit der Verteilungsquote um die angemeldeten Beitragsverbindlichkeiten entlastet wird. Dies trifft jedoch in allen Fällen des § 182 und des § 185 Satz 3 InsO zu. Gleichwohl hat der Gesetzgeber beim Streit über die Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle den im Falle der Feststellung auf die festgestellte Forderung entfallenden Verteilungsbetrag für maßgeblich erklärt. Diese gesetzgeberische Entscheidung muss wegen der Spiegelbildlichkeit der Verfahrenskonstellation für die Klage eines Gläubigers auf unmittelbare gerichtliche Feststellung einer bestrittenen Forderung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 InsO ebenso gelten wie für die hier vorliegenden Klage des Insolvenzverwalters gegen eine behördliche Feststellung nach § 185 Satz 1 Alt. 2 InsO. Mangels bezifferbarer Angaben zu der zu erwartenden Verteilungsquote hat das Gericht als Verteilungsquote im Sinne des § 182 InsO pauschal einen Bruchteil von 10 v.H. der streitgegenständlichen Forderung dem Streitwert zu Grunde gelegt und auf volle 10,00 EUR aufgerundet. Der auf Feststellung gerichteten Widerklage hat sie wegen der Identität des Streitgegenstandes mit der Klage keinen gesonderten Streitwert beigemessen (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
Die Kammer hat die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, ob und in welchem Umfang die Betriebsprüfungsbehörden an Stelle der Einzugsstellen befugt sind, in der Insolvenz des Arbeitgebers Beitrags- und Umlageforderungen gegenüber dem Insolvenzverwalter nach § 185 Satz 1 InsO festzustellen.
Rechtskraft
Aus
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