Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KR 577/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Erweist sich nachträglich die Krankenkasse auf Grund eines gesetzlichen Krankenversicherungsverhältnisses für die Krankenbehandlung eines Sozialhilfeempfängers als leistungszuständig, kann sie der Forderung des Sozialhilfeträgers auf Rückerstattung der ih
I. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Aufwendungen in Höhe von 115.309,16 EUR, die der Kläger der Beklagten für die Krankenbehandlung von Frau A.R. und deren Söhnen I.R. und R.R. im Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2009 gemäß § 264 Abs. 7 Satz 1 und 2 SGB V erstattet hat, zurückzuerstatten.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
III. Der Streitwert wird auf 115.309,16 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision ist zugelassen.
Tatbestand:
Der klagende Landkreis begehrt als örtlicher Träger der Sozialhilfe von der beklagten Krankenkasse die Rückerstattung der Erstattungen, die er in den Jahren 2006 bis 2009 zum Ausgleich der Aufwendungen für die Krankenbehandlung der Leistungsberechtigten A.R. und deren Söhne I. und R.R. gezahlt hat.
Die Leistungsberechtigten bezogen bis zum 28.02.2002 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und vom 01.03.2002 bis zum 31.12.2004 Sozialhilfe. Die Absicherung gegen Krankheit gewährleistete die AOK Sachsen (nach Vereinigung mit der AOK Thüringen ab dem 01.01.2008: AOK PLUS, die Beklagte; fortan einheitlich als "Beklagte" bezeichnet).
Am 05.10.2004 beantragte die Leistungsberechtigte A.R. bei der SGB II-Arbeitsgemeinschaft R. Arbeitslosengeld II. Dabei gab sie an, mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig zu sein.
Vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 gewährte die SGB II-Arbeitsgemeinschaft der Leistungsberechtigten antragsgemäß Arbeitslosengeld II. Die Leistungsberechtigte A.R. war in dieser Zeit bei der Beklagten pflichtkrankenversichert, ihre Söhne I. und R.R. waren familienversichert.
Im Januar 2006 stellte die SGB II-Arbeitsgemeinschaft die Zahlung des Arbeitslosengeldes II mit Wirkung zum 01.01.2006 ein. Die Leistungsberechtigte beantragte Hilfe zum Lebensunterhalt beim Kreissozialamt des Klägers. Dieser bewilligte ihr ab dem 01.01.2006 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung gemäß §§ 27 ff. SGB XII.
Die Absicherung im Krankheitsfall übernahm vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2009 gemäß § 264 Abs. 2 SGB V die Beklagte im Auftrage des Klägers. Die Beklagte rechnete die von ihr erbrachten Leistungen gegenüber dem Kläger quartalsweise ab, der die Aufwendungen nach § 264 Abs. 7 SGB V erstattete. Insgesamt beliefen sich die Erstattungen für die von der Beklagten verauslagte Krankenbehandlung der Leistungsberechtigten A.R. und deren Söhne I. und R.R. einschließlich der Verwaltungskostenpauschale gemäß § 264 Abs. 7 Satz 2 SGB V auf 115.423,04 EUR.
Parallel hierzu beantragte die Leistungsberechtigte A.R. am 10.02.2006 bei der Beklagten die freiwillige Mitgliedschaft rückwirkend ab dem 01.01.2006. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21.04.2006 den Antrag auf freiwillige Krankenversicherung mit der Begründung ab, wegen aufgehobener Erwerbsfähigkeit sei der Vorbezug von Arbeitslosengeld II ab dem 01.01.2005 rechtswidrig gewesen. Die Leistungsberechtigte erfülle deshalb nicht die Voraussetzungen für die freiwillige Krankenversicherung.
Gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 21.04.2006 erhob die Leistungsberechtigte A.R. am 24.05.2006 Widerspruch.
Mit nachstehendem Schreiben vom 02.06.2006 meldete der Kläger am 07.06.2006 Erstattungsansprüche bei der Beklagten an:
"Anmeldung eines Erstattungs-/Ersatzanspruches
zu Geschäftszeichen: VSNR 242 7112 524
Frau A.R., geboren am
wohnhaft ,
erhält seit 01.01.2006 bis auf Weiteres
von hier Leistungen nach den Bestimmungen des SGB XII.
Aus den gegen den dortigen Leistungsträger bestehenden Ansprüchen des Hilfeempfängers wird hiermit gemäß § 102 SGB X in Verbindung mit § 114 SGB XII der Erstattungs-/Ersatzanspruch angemeldet und Ersatz der Aufwendungen aus den von Ihnen zu zahlenden Leistungen bis zur Höhe der Kosten der Sozialhilfe für den Hilfeempfänger selbst und bis zur Höhe der Kosten der Hilfe zum Lebensunterhalt, die gleichzeitig seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten und seinen minderjährigen unverheirateten Kindern gewährt wird, geltend gemacht.
Das bedeutet, dass Sie laufende Zahlungen an den Hilfeempfänger erst dann leisten können, wenn das Erstattungs-/Ersatzanspruchsverfahren abgeschlossen ist, wovon Sie unterrichtet werden.
Sie werden gebeten,
&61599; vor Auszahlung einer laufenden Leistung oder der Nachzahlung an den Berechtigten die endgültige Höhe der beanspruchten Forderung zu erfragen,
&61599; gleichzeitig mitzuteilen, ab wann und in welcher Höhe laufende Zahlungen zu leisten sind,
&61599; umgehend Nachricht zu geben, wenn gemäß § 42 Abs. 1 SGB - Allgemeiner Teil - Vorschusszahlungen geleistet werden bzw. zu leisten sind."
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Leistungsberechtigten A.R. gegen den Bescheid vom 21.04.2006 mit der Begründung zurück, dass die Zeit des wegen Erwerbsfähigkeit materiell rechtswidrigen Arbeitslosengeld II-Bezugs nicht als Vorversicherungszeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz SGB V berücksichtigungsfähig sei. Gegen den Bescheid vom 21.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2008 erhob die Leistungsberechtigte am 16.04.2008 beim Sozialgericht Dresden Klage mit dem Ziel, ihre Mitgliedschaft als freiwillig Krankenversicherte bei der Beklagten ab dem 01.01.2006 feststellen zu lassen (Az. S 39 KR 191/08). Der Kläger war zum Verfahren beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2009 erkannte die Beklagte den Anspruch der Leistungsberechtigten auf freiwillige Mitgliedschaft mit Wirkung ab dem 01.01.2006 an.
Mit am 21.01.2010 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 19.01.2010 meldete der Kläger nochmals Erstattungsansprüche bei der Beklagten an. Das Schreiben ist wie folgt formuliert:
"Anmeldung eines Erstattungs-/Ersatzanspruches gem. §§ 103 ff SGB X
Ihre VSNR: 242 7112 524
Frau A.R., geboren am
wohnhaft
erhielt seit 01.02.2006-31.01.2009
von hier Leistungen nach den Bestimmungen des SGB°XII (Hilfe bei Krankheit § 48 i.V.[m.] § 264 SGB V).
Frau R. klagte gegen die Ablehnung ihres Antrages auf freiwillige Mitgliedschaft bei AOK Plus. Nunmehr liegt der Schriftsatz vom 22.11.2009 vor. Aus den gegen den dortigen Leistungsträger bestehenden Ansprüchen des Leistungsempfängers wird hiermit gemäß §§ 103, 104 SGB X in Verbindung mit § 114 SGB XII der Erstattungs-/Ersatzanspruch angemeldet und Ersatz der Aufwendungen aus den von Ihnen zu zahlenden Leistungen bis zur Höhe der Kosten der Sozialhilfe für den Leistungsberechtigten [gefordert]. Der Erstattungsanspruch gilt ebenfalls für die Personen, die mit dem Leistungsberechtigten in einem Haushalt leben (nicht getrennt lebende Ehegatten und minderjährige, unverheiratete Kinder) in Höhe der Kosten der Sozialhilfe gemäß den Bestimmungen des SGB XII.
Das bedeutet, dass Sie laufende Zahlungen an den Leistungsberechtigten erst dann leisten können, wenn das Erstattungs-/Ersatzanspruchsverfahren abgeschlossen ist, wovon Sie unterrichtet werden.
Sie werden gebeten,
&61599; vor Auszahlung einer laufenden Leistung oder der Nachzahlung an den Berechtigten die endgültige Höhe der beanspruchten Forderung zu erfragen,
&61599; gleichzeitig mitzuteilen, ab wann und in welcher Höhe laufende Zahlungen zu leisten sind,
&61599; umgehend Nachricht zu geben, wenn gemäß § 42 Abs. 1 SGB - Allgemeiner Teil - Vorschusszahlungen geleistet werden bzw. zu leisten sind."
Mit am 02.02.2010 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 29.01.2010 bezifferte der Kläger die Höhe der - auf § 104 SGB X in Verbindung mit § 114 SGB XII - gestützten Erstattungsansprüche unter Hinweis auf die für die Leistungsberechtigte A.R. und deren Söhne I. und R.R. vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2009 "gemäß § 48 SGB XII in Verbindung mit § 48 [meint offenbar § 264] SGB V" gewährten "Krankenhilfe" auf 115.423,04 EUR.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 25.03.2010, vom 13.04.2010 und vom 06.08.2010 die Erstattungsforderung des Klägers unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.06.2009, Az. B 1 KR 21/08 R, ab. Die Erstattungsansprüche seien mit dem Schreiben vom 02.06.2006 nicht wirksam geltend gemacht worden, sondern erst mit dem Schreiben vom 29.01.2010, das heißt nach Ablauf der Ausschlussfrist gemäß § 111 Satz 1 und 2 SGB X. Erstattungsfähig seien deshalb nur die Leistungen, die vor dem 03.02.2009 erbracht wurden. Dem Schreiben vom 02.06.2006 fehle jeglicher Hinweis auf Anlass, Art und Umfang der vom Kläger erbrachten Leistungen. Hinsichtlich des Beginns der Ausschlussfrist komme es nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 22.12.2009 im Verfahren Az. S 39 KR 191/08 an, als der Kläger vom tatsächlichen Vollzug der freiwilligen Mitgliedschaft Kenntnis erlangte. Der Streitgegenstand jenes Verfahrens sei dem Kläger von Anfang an bekannt gewesen, so dass dieser in der Lage gewesen sei, trotz des offenen Verfahrensausganges seine Ansprüche bereits früher anzumelden. Selbst wenn der Erstattungsberechtigte erst nach Ablauf der ab Erbringung der Leistungen gerechneten Ausschlussfrist Kenntnis von seiner Erstattungsberechtigung erlange, sei die Ausschlussfrist nach § 111 Satz 1 SGB X anzuwenden. (Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 16.03.2010, Az. B 2 U 4/09 R).
Mit seiner am 01.12.2010 beim Sozialgericht Dresden eingegangenen Klage vom 29.11.2010 verfolgt der Kläger den Anspruch auf Rückerstattung der gemäß § 264 Abs. 7 SGB V der Beklagten gezahlten Erstattungsbeträge weiter. Der Erstattungsanspruch sei nicht gemäß § 111 SGB X durch Zeitablauf untergegangen.
Der Fristablauf sei unbeachtlich, weil die Beklagte in schwerwiegender Weise gegen ihre Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem Kläger verstoßen habe. Auslöser für die Vorleistung des Klägers und damit für die Entstehung des streitgegenständlichen Erstattungsanspruchs sei allein die rechtswidrige Verweigerung einer freiwilligen Krankenversicherung für die Leistungsberechtigte durch die Beklagte gewesen. Die Beklagte könne sich nun nicht auf ihr rechtswidriges Verhalten berufen. Anderenfalls würde sie aufgrund der rechtswidrigen Verzögerung des Vollzugs der freiwilligen Mitgliedschaft besser stehen, als wenn sie die freiwillige Krankenversicherung unverzüglich durchgeführt und die Behandlungskosten in eigener Zuständigkeit getragen hätte. Das Risiko des im Ergebnis erfolglosen Bestreitens des Anspruchs der Leistungsberechtigten A.R. auf freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung habe allein die Beklagte zu tragen. Zudem habe erst das Anerkenntnis des Anspruchs der Leistungsberechtigten auf freiwillige Mitgliedschaft die rechtliche Grundlage für den Erstattungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte geschaffen. Die Beklagte habe die freiwillige Mitgliedschaft der Leistungsberechtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22.12.2009 vorbehaltlos anerkannt. Sie könne nun nicht ohne Verstoß gegen Treu und Glauben ihre daraus resultierende Erstattungspflicht gegenüber dem Kläger in Abrede stellen.
Zudem spezifiziere bereits die Anmeldung des Klägers vom 02.06.2006 die der Erstattung unterliegenden Leistungen umfassend dahingehend, dass alle nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch gewährten Leistungen hierunter fallen. Dies umfasse zwanglos auch die zum Vollzug der Hilfe bei Krankheit an die Beklagte geleisteten Erstattungszahlungen des Klägers nach § 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 7 SGB V. Das Schreiben vom 02.06.2006 wahre damit die Ausschlussfrist nach § 111 SGB X.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die im Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2009 übernommenen Leistungen aus der Hilfe bei Krankheit in Verbindung mit der Übernahme von Krankenbehandlung von A.R. und deren Söhnen I. und R.R. in Höhe von 115.309,16 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Anmeldung vom 02.06.2006 wahre die Ausschlussfrist nicht. § 111 Satz 1 SGB X setze das unbedingte Einfordern der Leistung voraus. Das bloße vorsorgliche Anmelden von Erstattungsansprüchen genüge nicht, um den Fristablauf aufzuhalten. Das Schreiben vom 02.06.2006 spezifiziere nicht die der Erstattung unterliegenden Leistungen. Es beziehe sich nur auf Hilfe zum Lebensunterhalt und nicht auf Hilfe bei Krankheit. Zudem sei die Übernahme der Krankenbehandlung durch die Krankenkasse im Auftrag des Sozialhilfeträgers nach § 264 SGB V von der Hilfe bei Krankheit gemäß § 48 Satz 1 SGB XII abzugrenzen und gehe jener vor. Die Anmeldung von "Leistungen nach dem SGB XII" erfasse deshalb nicht die Erstattungen gemäß § 264 Abs. 7 SGB V.
Die Beklagte habe im Verfahren Az. S 39 KR 191/08 den Anspruch der Leistungsberechtigten auf freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt. Hiervon seien die daran erst anknüpfenden Erstattungsansprüche des Sozialhilfeträgers zu unterscheiden. Das Anerkenntnis der Beklagten habe Letztere nicht mit umfasst. Die Kostenträgerschaft des Sozialhilfeträgers für die in seinem Auftrag von der Krankenkasse übernommene Krankenbehandlung nach § 264 SGB V sei im Verhältnis zum Leistungsberechtigten als Sozialleistung des Sozialhilfeträgers anzusehen, die den Anwendungsbereich der §§ 102 ff. SGB X und damit auch die Ausschlussregelung des § 111 SGB X eröffne. Die vorliegende Konstellation gleiche der Zahlung von Geldleistungen für einen Verletzten durch die Krankenkasse im Auftrage der Berufsgenossenschaft vor der abschließenden Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Auch in diesem Fall sei § 111 SGB X anwendbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22.05.2013 sowie auf die Verwaltungsakten der Beteiligten, insbesondere die Quartalsaufstellung der nach § 264 Abs. 7 SGB V durch den Kläger der Beklagten erstatteten Aufwendungen sowie die Schreiben des Klägers vom 02.06.2006, vom 19.01.2010 und vom 29.01.2010 (Blatt 1 bis 71, Blatt 85, Blatt 82 und Blatt 91 bis 92 der Verwaltungsakte der Beklagten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Rückerstattung der gemäß § 264 Abs. 7 SGB V gezahlten Erstattungsbeträge. Die Beklagte kann der Klageforderung nicht die Versäumung der zwölfmonatigen Ausschlussfrist nach § 111 SGB X entgegen halten.
Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt hier nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Betracht. Die Vorschriften des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch über Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander im zweiten Abschnitt des dritten Titels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (§§ 102 ff. SGB X) sind nicht einschlägig. Auf Grund der systematischen Stellung des § 111 SGB X im selben Abschnitt des Gesetzes ist damit auch dessen Anwendung ausgeschlossen.
Die Erstattung der Aufwendungen einer Krankenkasse für die Übernahme der Krankenbehandlung gemäß § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 48 Satz 2 SGB XII auf Grundlage des § 264 Abs. 7 SGB V stellt für sich betrachtet keine Sozialleistung des Sozialhilfeträgers im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB I dar.
Das Bundessozialgericht hat durch Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 23/07 R, juris Rn. 19 ff., bereits geklärt, dass es sich bei der Kostenerstattung nach § 264 Abs. 7 SGB V für die von der Krankenkasse gewährten Leistungen nicht um die Gewährung einer Sozialleistung des Sozialhilfeträgers handelt. Das Bundessozialgericht hat dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass dem Hilfeempfänger, der in der Situation des § 264 Abs. 7 Satz 1 SGB V die zu Grunde liegende Leistung im Zeitpunkt der Fälligkeit des Erstattungsanspruchs bereits als Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) erhalten habe, die Erstattung weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu Gute komme; sie stelle sich für ihn rechtlich nicht als vorteilhaft, sondern als neutral dar und vermöge nicht der Verwirklichung seiner sozialen Rechte zu dienen. Sozialleistungsqualität im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB I komme vielmehr der von der Krankenkasse erbrachten Behandlungsleistung zu.
Dies schließt allerdings nicht aus, die Behandlungsleistung selbst, wenn sie im Rahmen des § 264 SGB V erbracht wird, dem Sozialhilfeträger als eigene Sozialleistung zuzurechnen und daran die Erstattungspflicht nach §§ 102 ff. SGB X mit der Ausschlussfrist gemäß § 111 SGB X zu knüpfen, wie die Beklagte geltend macht. Das Bundessozialgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 28.10.2008 (a.a.O., juris Rn. 21) ausdrücklich offen gelassen.
Rechtlich erscheint es durchaus denkbar, die nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V im Auftrag (§ 93 SGB X) und zu Lasten (§ 264 Abs. 7 SGB V) des Sozialhilfeträgers von der Krankenkasse übernommene Krankenbehandlung zugleich als Leistung des Sozialhilfeträgers zu interpretieren, konkret als eine spezielle Form der Hilfe bei Krankheit, die nach § 48 Satz 2 SGB XII als eigenständiger Weg der Leistungsgewährung neben die Möglichkeit der unmittelbaren Gewährung von Krankenhilfe gemäß § 48 Satz 1 SGB XII tritt. Erweist sich im Nachhinein die Krankenkasse auf Grund eines gesetzlichen Krankenversicherungsverhältnisses als allein leistungszuständig, müsste sie dem Sozialhilfeträger dessen Vorleistungen als Sozialleistung des unzuständigen Trägers erstatten (hier: nach § 105 Abs. 1 SGB X); damit wäre auch der Anwendungsbereich § 111 SGB X eröffnet.
So wie sich die Krankenkasse zur Erfüllung ihrer Sachleistungsverpflichtung gegenüber dem Leistungsberechtigten unabhängiger Leistungserbringer bedient, wäre danach die Krankenkasse ihrerseits als Vollzugsorgan einer dem Sozialhilfeträger zuzurechnenden Sozialleistung - Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V - anzusehen.
Im Sinne der Rechtsaufassung der Beklagten hatte bereits das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, in Anknüpfung an das Zuständigkeitsgefüge des Sozialgesetzbuch und die Auftraggeberstellung des Sozialhilfeträgers die von der Krankenkasse erbrachte Krankenbehandlung dem Sozialhilfeträger zugerechnet und allein diesem die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorbehalten (a.a.O., juris Rn. 24 und 26 f.).
Diese Auffassung ist indessen nicht zwingend. Es handelt sich bei dem Erstattungsanspruch nach § 264 Abs. 7 SGB V um eine spezialgesetzliche Ausformung des Aufwendungsersatzanspruchs des Beauftragten nach § 93 in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X (Bundessozialgericht, Urteil vom 21.12.2011, Az. B 12 KR 21/10 R, juris Rn. 31; Urteil vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, juris Rn. 12; Urteil vom 17.06.2008, Az. B 1 KR 30/07 R, juris Rn. 10; offen gelassen in Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 23/07 R, juris Rn. 23). Das Bestehen eines gesetzlichen Vertretungs- oder Auftragsverhältnisses zwischen den Trägern ist zwar eine notwendige (Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 23/07 R, juris Rn. 22), allein aber noch nicht hinreichende Voraussetzung für eine solche Zurechnung der von einem Sozialleistungsträger erbrachten Leistung zum Auftraggeber.
Ebenso wenig lassen sich dem allgemeinen Zuständigkeitsgefüge des Sozialgesetzbuchs konkrete Aussagen zur Zurechnung der Krankenbehandlung als Sozialhilfeleistung entnehmen, wenn nicht einmal die spezielle Vorschrift des § 48 SGB XII erkennen lässt, ob es sich bei der in Satz 2 unter Bezug genommenen Übernahme der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V um eine spezielle Form der Krankenhilfe des Sozialhilfeträgers oder um eine originäre - wenn auch nicht von den Aufgaben der Sozialversicherung umfasste - Leistung der Krankenkasse handelt. Das gilt entsprechend für die Ableitung der Leistungszuständigkeit aus dem bestehenden Auftragsverhältnis. Die Krankenkasse kann die Krankenbehandlung im Auftrag entweder in eigener Zuständigkeit oder in Erfüllung der fremden Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers erbringen; die zuletzt genannte Lösung setzt ein Auftragsverhältnis zwingend voraus, die zuerst genannte steht ihm nicht entgegen. Der Schluss vom Bestehen eines Auftragsverhältnisses auf die Leistungszuständigkeit allein des Auftraggebers ist als sog. Petitio principii unzulässig. Die primäre Rechtsbeziehung zwischen Leistungsberechtigtem und Sozialleistungsträger kann schließlich nicht ergebnisorientiert aus den in §§ 102 bis 119 SGB X geregelten Sekundärrechtsbeziehungen deduziert werden; denn diese setzen eine Sozialleistung bereits voraus.
Die Kammer schließt hier eine Zurechnung der von der Krankenkasse gewährten Krankenbehandlung als Krankenhilfeleistung des Sozialhilfeträgers aus. Vielmehr handelt es sich bei der Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V ausschließlich um eine Sozialleistung der Krankenkasse.
Ausschlag gebend hierfür ist zunächst die Sicht des Leistungsberechtigten, der die Krankenbehandlung als Sachleistung der Krankenkasse in Anspruch nimmt. Da im Falle der Gewährung von Krankenbehandlung dem Grunde nach ein Sozialleistungsverhältnis im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB I auf jeden Fall vorliegt und nur fraglich ist, ob die Sozialleistung im Verhältnis zum Leistungsberechtigten dem Sozialhilfeträger, der Krankenkasse oder etwa beiden kumulierend zuzurechnen ist, hat die Betrachtung zwangsläufig vom "gesicherten Ende" des Leistungsverhältnisses - also vom Empfänger der Sozialleistung - auszugehen.
In seiner Entscheidung vom 17.06.2008, Az. B 1 KR 30/07 R, hat das Bundessozialgericht im Zusammenhang mit der Qualifizierung des Rechtsverhältnisses als Auftrags auf den Wortlaut des § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V hingewiesen, wonach die Krankenbehandlung der nicht versicherten Leistungsberechtigten von der Krankenkasse "übernommen" wird (Bundessozialgericht, a.a.O., juris Rn. 13). Diese Formulierung legt bereits ein Eintreten der Krankenkasse in die Leistungszuständigkeit des Sozialhilfeträgers im Verhältnis gegenüber dem Versicherten nahe. Im Außenverhältnis wird die Zuständigkeit der Krankenkasse als Verantwortliche für Sachleistungsgewährung durch die Aushändigung einer Krankenversicherungskarte der jeweiligen Krankenkasse dokumentiert (Bundessozialgericht, ebd.).
Die leistungsrechtliche Gleichstellung der nicht versicherten Sozialhilfeempfänger wird schließlich dadurch in Konsequenz vollzogen, dass die Sozialhilfeempfänger ihre Ansprüche auf Hilfe bei Krankheit gegenüber der von ihnen gewählten Krankenkasse unmittelbar geltend machen können, nicht aber gegenüber dem Sozialhilfeträger (Bundessozialgericht, a.a.O., juris Rn. 18; Urteil vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, juris Rn. 19). Gerade in ihrer leistungsrechtlichen Passivlegitimation unterscheidet sich die Krankenkasse, welche die Krankenbehandlung kraft Auftrags in eigener Zuständigkeit an Stelle des Sozialhilfeträgers erbringt, von einem Leistungserbringer, der nur als Erfüllungsgehilfe der Krankenkasse in das zwischen Krankenkasse und Leistungsberechtigtem bestehende Sozialleistungsverhältnis einbezogen wird.
Kann aber der Leistungsberechtigte die Krankenbehandlung wie ein Versicherter tatsächlich nur von der Krankenkasse erlangen und rechtlich nur bei ihr einfordern sowie den Anspruch auf die Leistung nicht gegenüber dem Sozialhilfeträger durchsetzen, so handelt es sich im Außenverhältnis um eine Sozialleistung der Krankenkasse. Von der Kostenträgerschaft der Sozialhilfeträgers im Hintergrund (§ 264 Abs. 7 SGB V) ist der Leistungsberechtigte vollständig abgekoppelt. Im Verhältnis zum Berechtigten bleibt damit faktisch nichts, was es noch rechtfertigen würde, von einer Leistung des Sozialhilfeträgers zu sprechen.
Auch der Hinweis der Beklagten auf die Erstattung von im Auftrage der Berufsgenossenschaft durch die Krankenkasse vorläufig erbrachten Leistungen greift nicht durch. Jene Konstellation ist mit der streitgegenständlichen nicht vergleichbar. Zahlt die Krankenkasse nach einem Unfall, aber vor dessen abschließender Anerkennung als Arbeitsunfall gemäß § 189 SGB VII als Beauftragte des Unfallversicherungsträgers Verletztengeld als vorläufige Leistung (§ 43 Abs. 1 SGB I), so fungiert die Krankenkasse ausschließlich als Zahlstelle für eine Leistung des Unfallversicherungsträgers. Sie erbringt, solange nicht feststeht, dass kein Arbeitsunfall vorlag (dann § 107 Abs. 1 SGB X), keine eigene Leistung. Die Voraussetzungen für die Entstehung eines Erstattungsanspruches nach § 102 Abs. 1 SGB X, an den die Ausschlussfrist nach § 111 SGB X anknüpfen kann, sind damit erfüllt. Wie sich die Konkurrenz zwischen dem Erstattungsanspruch nach § 102 Abs. 1 SGB V und dem Anspruch des Unfallversicherungsträgers auf Rückerstattung der Erstattungsbeträge nach § 91 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 und 3 SGB X beurteilt, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.
Zu erwägen bliebe damit allenfalls, ob nicht die Krankenkasse neben ihrer originären Leistungspflicht nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V zugleich als Vollzugsorgan eine "auch fremde" Leistung des Sozialhilfeträgers erbringt, die Krankenbehandlung hier also nicht nur der Beklagten, sondern zusätzlich auch dem Kläger zuzurechnen ist (im gegenteiligen Sinne: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, juris Rn. 26, das offen gelassen hat, ob bei Übernahme der Krankenbehandlung ob dem Sozialhilfeträger auch die Krankenkasse Sozialleistungen erbringt).
Die Kammer vermag sich der Konstruktion dieser "doppelten Sozialleistungsnatur" der Krankenbehandlung jedoch nicht anschließen. Eine solche Kumulation rechtlich zweier Sozialleistungen in ein und der selben tatsächlichen Leistung, zu denen in der Person des Leistungsberechtigten die Rechtsbeziehung zum Leistungserbringer im Rahmen des gesetzlichen Sachleistungssystems noch hinzutritt, verkompliziert unnötig die Rechtslage. Der Leistungsberechtigte sähe sich letztlich einer Kaskade rechtlicher Beziehungen in einem vierpoligen Verhältnis ausgesetzt.
Dabei lässt sich das Gericht in erster Linie von dem heuristischen Grundsatz leiten, dass die zur Subsumtion des Sachverhaltes heranzuziehenden Obersätze möglichst sparsam heranzuziehen sind sowie einerseits zu einer eindeutigen Rechtsfolge führen und andererseits hinsichtlich der an die Wahl des Obersatzes knüpfenden Rechtsfolgen auch nicht über den Regelungsbedarf der konkret zu beurteilenden Konstellation hinausschießen sollen (zur Einfachheit als Rechtsprinzip bereits Justinian, Iust. Inst., lib. II tit. 23 § 7; vgl. unter erkenntnistheoretischer Sicht auch den Artikel de.wikipedia.org/wiki/Ockhams Rasiermesser). Würde allein, um zu klären, nach welchen Rechtsnormen sich die Rückerstattung des Erstattungsbetrages nach § 264 Abs. 7 SGB V richtet, die Anzahl der in ein und dem selben Sozialleistungsfall miteinander verknüpften Sozialleistungsverhältnisse vervielfacht, würde dieses Prinzip verletzt. Denn die aus der Annahme eines zusätzlichen Sozialleistungsverhältnisses resultierenden Rechtsfolgen werden weder zur Ermittlung einer eindeutigen Lösung im vorliegenden Fall benötigt, noch lassen sich die Konsequenzen dieser Annahme für andere Fallkonstellationen überschauen.
Zu dem selben Ergebnis führt die freilich etwas verkürzende Überlegung, dass, wenn die §§ 102 ff. SGB X, insbesondere § 111 SGB X, schon nicht auf die Erstattungsforderung nach § 264 Abs. 7 SGB X anwendbar sind (so Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2012, Az. L 2 SO 2371/11, Revision anhängig beim Bundessozialgericht, Az. B 1 KR 56/12 R; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.12.2012, Az. L 2 SO 2960/12, Revision anhängig beim Bundessozialgericht unter dem Az. B 8 SO 4/13 R; Sozialgericht Hamburg, Urteil vom 25.05.2012, Az. S 49 KR 902/10), dann dies für die Rückerstattung dieser Erstattungsforderung erst recht gelten muss.
Sind mangels Sozialleistungsqualität der Krankenbehandlungsleistung für den Kläger die §§ 102 ff. SGB X nicht einschlägig, so richtet sich die Rückabwicklung der Aufwandserstattung nach den allgemeinen Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (in diesem Sinne anscheinend auch Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 23/07 R, juris Rn. 27 am Ende). § 111 SGB X gilt hierfür nicht.
Der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung ist nicht verjährt. Zwar gilt § 113 SGB V über die Verjährung von Erstattungsansprüchen ebenso wie § 111 SGB X wegen der Einbettung beider Normen in die Vorschriften über die Erstattung von Sozialleistungen nicht unmittelbar. Für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Klägers gilt aber ergebnisgleich die allgemeine sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren (Gesamtanalogie, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2005, Az. B 3 KR 32/04 R, juris Rn. 13; Urteil vom 30.09.1993, Az. 4 RA 6/92, juris Rn. 18 f.; Urteil vom 28.02.2007, Az. B 3 KR 12/06 R, juris Rn. 25; Urteil vom 17.11.1999, Az. B 6 KA 14/99 R, juris Rn. 46).
Die Verjährung begann in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 1 SGB I und des § 113 Abs. 1 SGB X auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch mit Ablauf des Jahres 2006 zu laufen und hätte zum Ablaufe des Jahres 2010 geendet. Sie wurde jedoch in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 SGB I und des § 113 Abs. 2 SGB X in Verbindung mit § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die sozialrechtliche Rechtshängigkeit der Klage mit deren Anhängigkeit am 01.12.2010 gehemmt (jeweils Gesamtanalogie: vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.02.2007, Az. B 3 KR 12/06 R, juris Rn. 26; Urteil vom 17.11.1999, Az. B 6 KA 14/99 R, juris Rn. 47; Urteil vom 17.11.1999, Az. B 6 KA 14/99 R, juris Rn. 48).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VWGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 3, § 43 Abs. 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Höhe der streitgegenständlichen Hauptforderung festgesetzt.
Die Kammer hat auf Antrag der Beklagten die Revision gemäß § 161 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zur Klärung der Frage zugelassen, ob für die Rückerstattung der Erstattungszahlungen gemäß § 264 Abs. 7 SGB V die Vorschriften der §§ 102 ff. SGB X, insbesondere die Ausschlussfrist gemäß § 111 SGB X, gelten. Die Frage ist nach der Darstellung der Beklagten für eine noch unbestimmte Vielzahl Verfahren von grundsätzlicher Bedeutung. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, das die Vorfrage der Leistungszurechnung in den nicht tragenden Teilen der Urteilsbegründung anders als die Kammer beantwortet (a.a.O., juris Rn. 24, 26 f.), hatte im Kontext einer Aufrechnung die Aktivlegitimation und die fragliche Verpflichtung der beauftragten Krankenkasse zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten zum Gegenstand. Eine höchstrichterliche Klärung ist auch in den anhängigen Revisionsverfahren, Az. B 1 KR 56/12 R und Az. B 8 SO 4/13 R nicht absehbar, weil diese die Anwendbarkeit der genannten Regelungen auf die Erstattungsforderung nach § 264 Abs. 7 SGB X, das heißt die umgekehrte Konstellation, betreffen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
III. Der Streitwert wird auf 115.309,16 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision ist zugelassen.
Tatbestand:
Der klagende Landkreis begehrt als örtlicher Träger der Sozialhilfe von der beklagten Krankenkasse die Rückerstattung der Erstattungen, die er in den Jahren 2006 bis 2009 zum Ausgleich der Aufwendungen für die Krankenbehandlung der Leistungsberechtigten A.R. und deren Söhne I. und R.R. gezahlt hat.
Die Leistungsberechtigten bezogen bis zum 28.02.2002 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und vom 01.03.2002 bis zum 31.12.2004 Sozialhilfe. Die Absicherung gegen Krankheit gewährleistete die AOK Sachsen (nach Vereinigung mit der AOK Thüringen ab dem 01.01.2008: AOK PLUS, die Beklagte; fortan einheitlich als "Beklagte" bezeichnet).
Am 05.10.2004 beantragte die Leistungsberechtigte A.R. bei der SGB II-Arbeitsgemeinschaft R. Arbeitslosengeld II. Dabei gab sie an, mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig zu sein.
Vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 gewährte die SGB II-Arbeitsgemeinschaft der Leistungsberechtigten antragsgemäß Arbeitslosengeld II. Die Leistungsberechtigte A.R. war in dieser Zeit bei der Beklagten pflichtkrankenversichert, ihre Söhne I. und R.R. waren familienversichert.
Im Januar 2006 stellte die SGB II-Arbeitsgemeinschaft die Zahlung des Arbeitslosengeldes II mit Wirkung zum 01.01.2006 ein. Die Leistungsberechtigte beantragte Hilfe zum Lebensunterhalt beim Kreissozialamt des Klägers. Dieser bewilligte ihr ab dem 01.01.2006 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung gemäß §§ 27 ff. SGB XII.
Die Absicherung im Krankheitsfall übernahm vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2009 gemäß § 264 Abs. 2 SGB V die Beklagte im Auftrage des Klägers. Die Beklagte rechnete die von ihr erbrachten Leistungen gegenüber dem Kläger quartalsweise ab, der die Aufwendungen nach § 264 Abs. 7 SGB V erstattete. Insgesamt beliefen sich die Erstattungen für die von der Beklagten verauslagte Krankenbehandlung der Leistungsberechtigten A.R. und deren Söhne I. und R.R. einschließlich der Verwaltungskostenpauschale gemäß § 264 Abs. 7 Satz 2 SGB V auf 115.423,04 EUR.
Parallel hierzu beantragte die Leistungsberechtigte A.R. am 10.02.2006 bei der Beklagten die freiwillige Mitgliedschaft rückwirkend ab dem 01.01.2006. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21.04.2006 den Antrag auf freiwillige Krankenversicherung mit der Begründung ab, wegen aufgehobener Erwerbsfähigkeit sei der Vorbezug von Arbeitslosengeld II ab dem 01.01.2005 rechtswidrig gewesen. Die Leistungsberechtigte erfülle deshalb nicht die Voraussetzungen für die freiwillige Krankenversicherung.
Gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 21.04.2006 erhob die Leistungsberechtigte A.R. am 24.05.2006 Widerspruch.
Mit nachstehendem Schreiben vom 02.06.2006 meldete der Kläger am 07.06.2006 Erstattungsansprüche bei der Beklagten an:
"Anmeldung eines Erstattungs-/Ersatzanspruches
zu Geschäftszeichen: VSNR 242 7112 524
Frau A.R., geboren am
wohnhaft ,
erhält seit 01.01.2006 bis auf Weiteres
von hier Leistungen nach den Bestimmungen des SGB XII.
Aus den gegen den dortigen Leistungsträger bestehenden Ansprüchen des Hilfeempfängers wird hiermit gemäß § 102 SGB X in Verbindung mit § 114 SGB XII der Erstattungs-/Ersatzanspruch angemeldet und Ersatz der Aufwendungen aus den von Ihnen zu zahlenden Leistungen bis zur Höhe der Kosten der Sozialhilfe für den Hilfeempfänger selbst und bis zur Höhe der Kosten der Hilfe zum Lebensunterhalt, die gleichzeitig seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten und seinen minderjährigen unverheirateten Kindern gewährt wird, geltend gemacht.
Das bedeutet, dass Sie laufende Zahlungen an den Hilfeempfänger erst dann leisten können, wenn das Erstattungs-/Ersatzanspruchsverfahren abgeschlossen ist, wovon Sie unterrichtet werden.
Sie werden gebeten,
&61599; vor Auszahlung einer laufenden Leistung oder der Nachzahlung an den Berechtigten die endgültige Höhe der beanspruchten Forderung zu erfragen,
&61599; gleichzeitig mitzuteilen, ab wann und in welcher Höhe laufende Zahlungen zu leisten sind,
&61599; umgehend Nachricht zu geben, wenn gemäß § 42 Abs. 1 SGB - Allgemeiner Teil - Vorschusszahlungen geleistet werden bzw. zu leisten sind."
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Leistungsberechtigten A.R. gegen den Bescheid vom 21.04.2006 mit der Begründung zurück, dass die Zeit des wegen Erwerbsfähigkeit materiell rechtswidrigen Arbeitslosengeld II-Bezugs nicht als Vorversicherungszeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz SGB V berücksichtigungsfähig sei. Gegen den Bescheid vom 21.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2008 erhob die Leistungsberechtigte am 16.04.2008 beim Sozialgericht Dresden Klage mit dem Ziel, ihre Mitgliedschaft als freiwillig Krankenversicherte bei der Beklagten ab dem 01.01.2006 feststellen zu lassen (Az. S 39 KR 191/08). Der Kläger war zum Verfahren beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2009 erkannte die Beklagte den Anspruch der Leistungsberechtigten auf freiwillige Mitgliedschaft mit Wirkung ab dem 01.01.2006 an.
Mit am 21.01.2010 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 19.01.2010 meldete der Kläger nochmals Erstattungsansprüche bei der Beklagten an. Das Schreiben ist wie folgt formuliert:
"Anmeldung eines Erstattungs-/Ersatzanspruches gem. §§ 103 ff SGB X
Ihre VSNR: 242 7112 524
Frau A.R., geboren am
wohnhaft
erhielt seit 01.02.2006-31.01.2009
von hier Leistungen nach den Bestimmungen des SGB°XII (Hilfe bei Krankheit § 48 i.V.[m.] § 264 SGB V).
Frau R. klagte gegen die Ablehnung ihres Antrages auf freiwillige Mitgliedschaft bei AOK Plus. Nunmehr liegt der Schriftsatz vom 22.11.2009 vor. Aus den gegen den dortigen Leistungsträger bestehenden Ansprüchen des Leistungsempfängers wird hiermit gemäß §§ 103, 104 SGB X in Verbindung mit § 114 SGB XII der Erstattungs-/Ersatzanspruch angemeldet und Ersatz der Aufwendungen aus den von Ihnen zu zahlenden Leistungen bis zur Höhe der Kosten der Sozialhilfe für den Leistungsberechtigten [gefordert]. Der Erstattungsanspruch gilt ebenfalls für die Personen, die mit dem Leistungsberechtigten in einem Haushalt leben (nicht getrennt lebende Ehegatten und minderjährige, unverheiratete Kinder) in Höhe der Kosten der Sozialhilfe gemäß den Bestimmungen des SGB XII.
Das bedeutet, dass Sie laufende Zahlungen an den Leistungsberechtigten erst dann leisten können, wenn das Erstattungs-/Ersatzanspruchsverfahren abgeschlossen ist, wovon Sie unterrichtet werden.
Sie werden gebeten,
&61599; vor Auszahlung einer laufenden Leistung oder der Nachzahlung an den Berechtigten die endgültige Höhe der beanspruchten Forderung zu erfragen,
&61599; gleichzeitig mitzuteilen, ab wann und in welcher Höhe laufende Zahlungen zu leisten sind,
&61599; umgehend Nachricht zu geben, wenn gemäß § 42 Abs. 1 SGB - Allgemeiner Teil - Vorschusszahlungen geleistet werden bzw. zu leisten sind."
Mit am 02.02.2010 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 29.01.2010 bezifferte der Kläger die Höhe der - auf § 104 SGB X in Verbindung mit § 114 SGB XII - gestützten Erstattungsansprüche unter Hinweis auf die für die Leistungsberechtigte A.R. und deren Söhne I. und R.R. vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2009 "gemäß § 48 SGB XII in Verbindung mit § 48 [meint offenbar § 264] SGB V" gewährten "Krankenhilfe" auf 115.423,04 EUR.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 25.03.2010, vom 13.04.2010 und vom 06.08.2010 die Erstattungsforderung des Klägers unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.06.2009, Az. B 1 KR 21/08 R, ab. Die Erstattungsansprüche seien mit dem Schreiben vom 02.06.2006 nicht wirksam geltend gemacht worden, sondern erst mit dem Schreiben vom 29.01.2010, das heißt nach Ablauf der Ausschlussfrist gemäß § 111 Satz 1 und 2 SGB X. Erstattungsfähig seien deshalb nur die Leistungen, die vor dem 03.02.2009 erbracht wurden. Dem Schreiben vom 02.06.2006 fehle jeglicher Hinweis auf Anlass, Art und Umfang der vom Kläger erbrachten Leistungen. Hinsichtlich des Beginns der Ausschlussfrist komme es nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 22.12.2009 im Verfahren Az. S 39 KR 191/08 an, als der Kläger vom tatsächlichen Vollzug der freiwilligen Mitgliedschaft Kenntnis erlangte. Der Streitgegenstand jenes Verfahrens sei dem Kläger von Anfang an bekannt gewesen, so dass dieser in der Lage gewesen sei, trotz des offenen Verfahrensausganges seine Ansprüche bereits früher anzumelden. Selbst wenn der Erstattungsberechtigte erst nach Ablauf der ab Erbringung der Leistungen gerechneten Ausschlussfrist Kenntnis von seiner Erstattungsberechtigung erlange, sei die Ausschlussfrist nach § 111 Satz 1 SGB X anzuwenden. (Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 16.03.2010, Az. B 2 U 4/09 R).
Mit seiner am 01.12.2010 beim Sozialgericht Dresden eingegangenen Klage vom 29.11.2010 verfolgt der Kläger den Anspruch auf Rückerstattung der gemäß § 264 Abs. 7 SGB V der Beklagten gezahlten Erstattungsbeträge weiter. Der Erstattungsanspruch sei nicht gemäß § 111 SGB X durch Zeitablauf untergegangen.
Der Fristablauf sei unbeachtlich, weil die Beklagte in schwerwiegender Weise gegen ihre Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem Kläger verstoßen habe. Auslöser für die Vorleistung des Klägers und damit für die Entstehung des streitgegenständlichen Erstattungsanspruchs sei allein die rechtswidrige Verweigerung einer freiwilligen Krankenversicherung für die Leistungsberechtigte durch die Beklagte gewesen. Die Beklagte könne sich nun nicht auf ihr rechtswidriges Verhalten berufen. Anderenfalls würde sie aufgrund der rechtswidrigen Verzögerung des Vollzugs der freiwilligen Mitgliedschaft besser stehen, als wenn sie die freiwillige Krankenversicherung unverzüglich durchgeführt und die Behandlungskosten in eigener Zuständigkeit getragen hätte. Das Risiko des im Ergebnis erfolglosen Bestreitens des Anspruchs der Leistungsberechtigten A.R. auf freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung habe allein die Beklagte zu tragen. Zudem habe erst das Anerkenntnis des Anspruchs der Leistungsberechtigten auf freiwillige Mitgliedschaft die rechtliche Grundlage für den Erstattungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte geschaffen. Die Beklagte habe die freiwillige Mitgliedschaft der Leistungsberechtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22.12.2009 vorbehaltlos anerkannt. Sie könne nun nicht ohne Verstoß gegen Treu und Glauben ihre daraus resultierende Erstattungspflicht gegenüber dem Kläger in Abrede stellen.
Zudem spezifiziere bereits die Anmeldung des Klägers vom 02.06.2006 die der Erstattung unterliegenden Leistungen umfassend dahingehend, dass alle nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch gewährten Leistungen hierunter fallen. Dies umfasse zwanglos auch die zum Vollzug der Hilfe bei Krankheit an die Beklagte geleisteten Erstattungszahlungen des Klägers nach § 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 7 SGB V. Das Schreiben vom 02.06.2006 wahre damit die Ausschlussfrist nach § 111 SGB X.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die im Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2009 übernommenen Leistungen aus der Hilfe bei Krankheit in Verbindung mit der Übernahme von Krankenbehandlung von A.R. und deren Söhnen I. und R.R. in Höhe von 115.309,16 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Anmeldung vom 02.06.2006 wahre die Ausschlussfrist nicht. § 111 Satz 1 SGB X setze das unbedingte Einfordern der Leistung voraus. Das bloße vorsorgliche Anmelden von Erstattungsansprüchen genüge nicht, um den Fristablauf aufzuhalten. Das Schreiben vom 02.06.2006 spezifiziere nicht die der Erstattung unterliegenden Leistungen. Es beziehe sich nur auf Hilfe zum Lebensunterhalt und nicht auf Hilfe bei Krankheit. Zudem sei die Übernahme der Krankenbehandlung durch die Krankenkasse im Auftrag des Sozialhilfeträgers nach § 264 SGB V von der Hilfe bei Krankheit gemäß § 48 Satz 1 SGB XII abzugrenzen und gehe jener vor. Die Anmeldung von "Leistungen nach dem SGB XII" erfasse deshalb nicht die Erstattungen gemäß § 264 Abs. 7 SGB V.
Die Beklagte habe im Verfahren Az. S 39 KR 191/08 den Anspruch der Leistungsberechtigten auf freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt. Hiervon seien die daran erst anknüpfenden Erstattungsansprüche des Sozialhilfeträgers zu unterscheiden. Das Anerkenntnis der Beklagten habe Letztere nicht mit umfasst. Die Kostenträgerschaft des Sozialhilfeträgers für die in seinem Auftrag von der Krankenkasse übernommene Krankenbehandlung nach § 264 SGB V sei im Verhältnis zum Leistungsberechtigten als Sozialleistung des Sozialhilfeträgers anzusehen, die den Anwendungsbereich der §§ 102 ff. SGB X und damit auch die Ausschlussregelung des § 111 SGB X eröffne. Die vorliegende Konstellation gleiche der Zahlung von Geldleistungen für einen Verletzten durch die Krankenkasse im Auftrage der Berufsgenossenschaft vor der abschließenden Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Auch in diesem Fall sei § 111 SGB X anwendbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22.05.2013 sowie auf die Verwaltungsakten der Beteiligten, insbesondere die Quartalsaufstellung der nach § 264 Abs. 7 SGB V durch den Kläger der Beklagten erstatteten Aufwendungen sowie die Schreiben des Klägers vom 02.06.2006, vom 19.01.2010 und vom 29.01.2010 (Blatt 1 bis 71, Blatt 85, Blatt 82 und Blatt 91 bis 92 der Verwaltungsakte der Beklagten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Rückerstattung der gemäß § 264 Abs. 7 SGB V gezahlten Erstattungsbeträge. Die Beklagte kann der Klageforderung nicht die Versäumung der zwölfmonatigen Ausschlussfrist nach § 111 SGB X entgegen halten.
Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt hier nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Betracht. Die Vorschriften des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch über Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander im zweiten Abschnitt des dritten Titels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (§§ 102 ff. SGB X) sind nicht einschlägig. Auf Grund der systematischen Stellung des § 111 SGB X im selben Abschnitt des Gesetzes ist damit auch dessen Anwendung ausgeschlossen.
Die Erstattung der Aufwendungen einer Krankenkasse für die Übernahme der Krankenbehandlung gemäß § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 48 Satz 2 SGB XII auf Grundlage des § 264 Abs. 7 SGB V stellt für sich betrachtet keine Sozialleistung des Sozialhilfeträgers im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB I dar.
Das Bundessozialgericht hat durch Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 23/07 R, juris Rn. 19 ff., bereits geklärt, dass es sich bei der Kostenerstattung nach § 264 Abs. 7 SGB V für die von der Krankenkasse gewährten Leistungen nicht um die Gewährung einer Sozialleistung des Sozialhilfeträgers handelt. Das Bundessozialgericht hat dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass dem Hilfeempfänger, der in der Situation des § 264 Abs. 7 Satz 1 SGB V die zu Grunde liegende Leistung im Zeitpunkt der Fälligkeit des Erstattungsanspruchs bereits als Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) erhalten habe, die Erstattung weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu Gute komme; sie stelle sich für ihn rechtlich nicht als vorteilhaft, sondern als neutral dar und vermöge nicht der Verwirklichung seiner sozialen Rechte zu dienen. Sozialleistungsqualität im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB I komme vielmehr der von der Krankenkasse erbrachten Behandlungsleistung zu.
Dies schließt allerdings nicht aus, die Behandlungsleistung selbst, wenn sie im Rahmen des § 264 SGB V erbracht wird, dem Sozialhilfeträger als eigene Sozialleistung zuzurechnen und daran die Erstattungspflicht nach §§ 102 ff. SGB X mit der Ausschlussfrist gemäß § 111 SGB X zu knüpfen, wie die Beklagte geltend macht. Das Bundessozialgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 28.10.2008 (a.a.O., juris Rn. 21) ausdrücklich offen gelassen.
Rechtlich erscheint es durchaus denkbar, die nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V im Auftrag (§ 93 SGB X) und zu Lasten (§ 264 Abs. 7 SGB V) des Sozialhilfeträgers von der Krankenkasse übernommene Krankenbehandlung zugleich als Leistung des Sozialhilfeträgers zu interpretieren, konkret als eine spezielle Form der Hilfe bei Krankheit, die nach § 48 Satz 2 SGB XII als eigenständiger Weg der Leistungsgewährung neben die Möglichkeit der unmittelbaren Gewährung von Krankenhilfe gemäß § 48 Satz 1 SGB XII tritt. Erweist sich im Nachhinein die Krankenkasse auf Grund eines gesetzlichen Krankenversicherungsverhältnisses als allein leistungszuständig, müsste sie dem Sozialhilfeträger dessen Vorleistungen als Sozialleistung des unzuständigen Trägers erstatten (hier: nach § 105 Abs. 1 SGB X); damit wäre auch der Anwendungsbereich § 111 SGB X eröffnet.
So wie sich die Krankenkasse zur Erfüllung ihrer Sachleistungsverpflichtung gegenüber dem Leistungsberechtigten unabhängiger Leistungserbringer bedient, wäre danach die Krankenkasse ihrerseits als Vollzugsorgan einer dem Sozialhilfeträger zuzurechnenden Sozialleistung - Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V - anzusehen.
Im Sinne der Rechtsaufassung der Beklagten hatte bereits das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, in Anknüpfung an das Zuständigkeitsgefüge des Sozialgesetzbuch und die Auftraggeberstellung des Sozialhilfeträgers die von der Krankenkasse erbrachte Krankenbehandlung dem Sozialhilfeträger zugerechnet und allein diesem die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorbehalten (a.a.O., juris Rn. 24 und 26 f.).
Diese Auffassung ist indessen nicht zwingend. Es handelt sich bei dem Erstattungsanspruch nach § 264 Abs. 7 SGB V um eine spezialgesetzliche Ausformung des Aufwendungsersatzanspruchs des Beauftragten nach § 93 in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X (Bundessozialgericht, Urteil vom 21.12.2011, Az. B 12 KR 21/10 R, juris Rn. 31; Urteil vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, juris Rn. 12; Urteil vom 17.06.2008, Az. B 1 KR 30/07 R, juris Rn. 10; offen gelassen in Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 23/07 R, juris Rn. 23). Das Bestehen eines gesetzlichen Vertretungs- oder Auftragsverhältnisses zwischen den Trägern ist zwar eine notwendige (Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 23/07 R, juris Rn. 22), allein aber noch nicht hinreichende Voraussetzung für eine solche Zurechnung der von einem Sozialleistungsträger erbrachten Leistung zum Auftraggeber.
Ebenso wenig lassen sich dem allgemeinen Zuständigkeitsgefüge des Sozialgesetzbuchs konkrete Aussagen zur Zurechnung der Krankenbehandlung als Sozialhilfeleistung entnehmen, wenn nicht einmal die spezielle Vorschrift des § 48 SGB XII erkennen lässt, ob es sich bei der in Satz 2 unter Bezug genommenen Übernahme der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V um eine spezielle Form der Krankenhilfe des Sozialhilfeträgers oder um eine originäre - wenn auch nicht von den Aufgaben der Sozialversicherung umfasste - Leistung der Krankenkasse handelt. Das gilt entsprechend für die Ableitung der Leistungszuständigkeit aus dem bestehenden Auftragsverhältnis. Die Krankenkasse kann die Krankenbehandlung im Auftrag entweder in eigener Zuständigkeit oder in Erfüllung der fremden Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers erbringen; die zuletzt genannte Lösung setzt ein Auftragsverhältnis zwingend voraus, die zuerst genannte steht ihm nicht entgegen. Der Schluss vom Bestehen eines Auftragsverhältnisses auf die Leistungszuständigkeit allein des Auftraggebers ist als sog. Petitio principii unzulässig. Die primäre Rechtsbeziehung zwischen Leistungsberechtigtem und Sozialleistungsträger kann schließlich nicht ergebnisorientiert aus den in §§ 102 bis 119 SGB X geregelten Sekundärrechtsbeziehungen deduziert werden; denn diese setzen eine Sozialleistung bereits voraus.
Die Kammer schließt hier eine Zurechnung der von der Krankenkasse gewährten Krankenbehandlung als Krankenhilfeleistung des Sozialhilfeträgers aus. Vielmehr handelt es sich bei der Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V ausschließlich um eine Sozialleistung der Krankenkasse.
Ausschlag gebend hierfür ist zunächst die Sicht des Leistungsberechtigten, der die Krankenbehandlung als Sachleistung der Krankenkasse in Anspruch nimmt. Da im Falle der Gewährung von Krankenbehandlung dem Grunde nach ein Sozialleistungsverhältnis im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB I auf jeden Fall vorliegt und nur fraglich ist, ob die Sozialleistung im Verhältnis zum Leistungsberechtigten dem Sozialhilfeträger, der Krankenkasse oder etwa beiden kumulierend zuzurechnen ist, hat die Betrachtung zwangsläufig vom "gesicherten Ende" des Leistungsverhältnisses - also vom Empfänger der Sozialleistung - auszugehen.
In seiner Entscheidung vom 17.06.2008, Az. B 1 KR 30/07 R, hat das Bundessozialgericht im Zusammenhang mit der Qualifizierung des Rechtsverhältnisses als Auftrags auf den Wortlaut des § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V hingewiesen, wonach die Krankenbehandlung der nicht versicherten Leistungsberechtigten von der Krankenkasse "übernommen" wird (Bundessozialgericht, a.a.O., juris Rn. 13). Diese Formulierung legt bereits ein Eintreten der Krankenkasse in die Leistungszuständigkeit des Sozialhilfeträgers im Verhältnis gegenüber dem Versicherten nahe. Im Außenverhältnis wird die Zuständigkeit der Krankenkasse als Verantwortliche für Sachleistungsgewährung durch die Aushändigung einer Krankenversicherungskarte der jeweiligen Krankenkasse dokumentiert (Bundessozialgericht, ebd.).
Die leistungsrechtliche Gleichstellung der nicht versicherten Sozialhilfeempfänger wird schließlich dadurch in Konsequenz vollzogen, dass die Sozialhilfeempfänger ihre Ansprüche auf Hilfe bei Krankheit gegenüber der von ihnen gewählten Krankenkasse unmittelbar geltend machen können, nicht aber gegenüber dem Sozialhilfeträger (Bundessozialgericht, a.a.O., juris Rn. 18; Urteil vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, juris Rn. 19). Gerade in ihrer leistungsrechtlichen Passivlegitimation unterscheidet sich die Krankenkasse, welche die Krankenbehandlung kraft Auftrags in eigener Zuständigkeit an Stelle des Sozialhilfeträgers erbringt, von einem Leistungserbringer, der nur als Erfüllungsgehilfe der Krankenkasse in das zwischen Krankenkasse und Leistungsberechtigtem bestehende Sozialleistungsverhältnis einbezogen wird.
Kann aber der Leistungsberechtigte die Krankenbehandlung wie ein Versicherter tatsächlich nur von der Krankenkasse erlangen und rechtlich nur bei ihr einfordern sowie den Anspruch auf die Leistung nicht gegenüber dem Sozialhilfeträger durchsetzen, so handelt es sich im Außenverhältnis um eine Sozialleistung der Krankenkasse. Von der Kostenträgerschaft der Sozialhilfeträgers im Hintergrund (§ 264 Abs. 7 SGB V) ist der Leistungsberechtigte vollständig abgekoppelt. Im Verhältnis zum Berechtigten bleibt damit faktisch nichts, was es noch rechtfertigen würde, von einer Leistung des Sozialhilfeträgers zu sprechen.
Auch der Hinweis der Beklagten auf die Erstattung von im Auftrage der Berufsgenossenschaft durch die Krankenkasse vorläufig erbrachten Leistungen greift nicht durch. Jene Konstellation ist mit der streitgegenständlichen nicht vergleichbar. Zahlt die Krankenkasse nach einem Unfall, aber vor dessen abschließender Anerkennung als Arbeitsunfall gemäß § 189 SGB VII als Beauftragte des Unfallversicherungsträgers Verletztengeld als vorläufige Leistung (§ 43 Abs. 1 SGB I), so fungiert die Krankenkasse ausschließlich als Zahlstelle für eine Leistung des Unfallversicherungsträgers. Sie erbringt, solange nicht feststeht, dass kein Arbeitsunfall vorlag (dann § 107 Abs. 1 SGB X), keine eigene Leistung. Die Voraussetzungen für die Entstehung eines Erstattungsanspruches nach § 102 Abs. 1 SGB X, an den die Ausschlussfrist nach § 111 SGB X anknüpfen kann, sind damit erfüllt. Wie sich die Konkurrenz zwischen dem Erstattungsanspruch nach § 102 Abs. 1 SGB V und dem Anspruch des Unfallversicherungsträgers auf Rückerstattung der Erstattungsbeträge nach § 91 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 und 3 SGB X beurteilt, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.
Zu erwägen bliebe damit allenfalls, ob nicht die Krankenkasse neben ihrer originären Leistungspflicht nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V zugleich als Vollzugsorgan eine "auch fremde" Leistung des Sozialhilfeträgers erbringt, die Krankenbehandlung hier also nicht nur der Beklagten, sondern zusätzlich auch dem Kläger zuzurechnen ist (im gegenteiligen Sinne: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, juris Rn. 26, das offen gelassen hat, ob bei Übernahme der Krankenbehandlung ob dem Sozialhilfeträger auch die Krankenkasse Sozialleistungen erbringt).
Die Kammer vermag sich der Konstruktion dieser "doppelten Sozialleistungsnatur" der Krankenbehandlung jedoch nicht anschließen. Eine solche Kumulation rechtlich zweier Sozialleistungen in ein und der selben tatsächlichen Leistung, zu denen in der Person des Leistungsberechtigten die Rechtsbeziehung zum Leistungserbringer im Rahmen des gesetzlichen Sachleistungssystems noch hinzutritt, verkompliziert unnötig die Rechtslage. Der Leistungsberechtigte sähe sich letztlich einer Kaskade rechtlicher Beziehungen in einem vierpoligen Verhältnis ausgesetzt.
Dabei lässt sich das Gericht in erster Linie von dem heuristischen Grundsatz leiten, dass die zur Subsumtion des Sachverhaltes heranzuziehenden Obersätze möglichst sparsam heranzuziehen sind sowie einerseits zu einer eindeutigen Rechtsfolge führen und andererseits hinsichtlich der an die Wahl des Obersatzes knüpfenden Rechtsfolgen auch nicht über den Regelungsbedarf der konkret zu beurteilenden Konstellation hinausschießen sollen (zur Einfachheit als Rechtsprinzip bereits Justinian, Iust. Inst., lib. II tit. 23 § 7; vgl. unter erkenntnistheoretischer Sicht auch den Artikel de.wikipedia.org/wiki/Ockhams Rasiermesser). Würde allein, um zu klären, nach welchen Rechtsnormen sich die Rückerstattung des Erstattungsbetrages nach § 264 Abs. 7 SGB V richtet, die Anzahl der in ein und dem selben Sozialleistungsfall miteinander verknüpften Sozialleistungsverhältnisse vervielfacht, würde dieses Prinzip verletzt. Denn die aus der Annahme eines zusätzlichen Sozialleistungsverhältnisses resultierenden Rechtsfolgen werden weder zur Ermittlung einer eindeutigen Lösung im vorliegenden Fall benötigt, noch lassen sich die Konsequenzen dieser Annahme für andere Fallkonstellationen überschauen.
Zu dem selben Ergebnis führt die freilich etwas verkürzende Überlegung, dass, wenn die §§ 102 ff. SGB X, insbesondere § 111 SGB X, schon nicht auf die Erstattungsforderung nach § 264 Abs. 7 SGB X anwendbar sind (so Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2012, Az. L 2 SO 2371/11, Revision anhängig beim Bundessozialgericht, Az. B 1 KR 56/12 R; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.12.2012, Az. L 2 SO 2960/12, Revision anhängig beim Bundessozialgericht unter dem Az. B 8 SO 4/13 R; Sozialgericht Hamburg, Urteil vom 25.05.2012, Az. S 49 KR 902/10), dann dies für die Rückerstattung dieser Erstattungsforderung erst recht gelten muss.
Sind mangels Sozialleistungsqualität der Krankenbehandlungsleistung für den Kläger die §§ 102 ff. SGB X nicht einschlägig, so richtet sich die Rückabwicklung der Aufwandserstattung nach den allgemeinen Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (in diesem Sinne anscheinend auch Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 23/07 R, juris Rn. 27 am Ende). § 111 SGB X gilt hierfür nicht.
Der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung ist nicht verjährt. Zwar gilt § 113 SGB V über die Verjährung von Erstattungsansprüchen ebenso wie § 111 SGB X wegen der Einbettung beider Normen in die Vorschriften über die Erstattung von Sozialleistungen nicht unmittelbar. Für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Klägers gilt aber ergebnisgleich die allgemeine sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren (Gesamtanalogie, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2005, Az. B 3 KR 32/04 R, juris Rn. 13; Urteil vom 30.09.1993, Az. 4 RA 6/92, juris Rn. 18 f.; Urteil vom 28.02.2007, Az. B 3 KR 12/06 R, juris Rn. 25; Urteil vom 17.11.1999, Az. B 6 KA 14/99 R, juris Rn. 46).
Die Verjährung begann in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 1 SGB I und des § 113 Abs. 1 SGB X auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch mit Ablauf des Jahres 2006 zu laufen und hätte zum Ablaufe des Jahres 2010 geendet. Sie wurde jedoch in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 SGB I und des § 113 Abs. 2 SGB X in Verbindung mit § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die sozialrechtliche Rechtshängigkeit der Klage mit deren Anhängigkeit am 01.12.2010 gehemmt (jeweils Gesamtanalogie: vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.02.2007, Az. B 3 KR 12/06 R, juris Rn. 26; Urteil vom 17.11.1999, Az. B 6 KA 14/99 R, juris Rn. 47; Urteil vom 17.11.1999, Az. B 6 KA 14/99 R, juris Rn. 48).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VWGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 3, § 43 Abs. 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Höhe der streitgegenständlichen Hauptforderung festgesetzt.
Die Kammer hat auf Antrag der Beklagten die Revision gemäß § 161 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zur Klärung der Frage zugelassen, ob für die Rückerstattung der Erstattungszahlungen gemäß § 264 Abs. 7 SGB V die Vorschriften der §§ 102 ff. SGB X, insbesondere die Ausschlussfrist gemäß § 111 SGB X, gelten. Die Frage ist nach der Darstellung der Beklagten für eine noch unbestimmte Vielzahl Verfahren von grundsätzlicher Bedeutung. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.09.2010, Az. B 1 KR 4/10 R, das die Vorfrage der Leistungszurechnung in den nicht tragenden Teilen der Urteilsbegründung anders als die Kammer beantwortet (a.a.O., juris Rn. 24, 26 f.), hatte im Kontext einer Aufrechnung die Aktivlegitimation und die fragliche Verpflichtung der beauftragten Krankenkasse zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten zum Gegenstand. Eine höchstrichterliche Klärung ist auch in den anhängigen Revisionsverfahren, Az. B 1 KR 56/12 R und Az. B 8 SO 4/13 R nicht absehbar, weil diese die Anwendbarkeit der genannten Regelungen auf die Erstattungsforderung nach § 264 Abs. 7 SGB X, das heißt die umgekehrte Konstellation, betreffen.
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