Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
40
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 40 U 216/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines weiteren Gesundheits-erstschadens und über Leistungen nach einem Arbeitsunfall.
Unter dem 11. November 2009 meldete sich der Kläger telefonisch bei der Beklagten und gab an, er habe am 17. September 2009 auf einer Baustelle in D. einen Arbeitsunfall erlitten. Hierbei schilderte er, er sei im Keller auf einem Gerüst gestolpert, ausgerutscht und von einer Abdeckung ca. 10 cm tief gefallen. Hierbei habe er sich die linke Schulter verletzt. Er sei einige Tage später erst zum Arzt gegangen. Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden, weil er Rentner sei.
Die weiteren Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass der Kläger für den Förderverein der T. tätig gewesen sei. Auf ein Schreiben der Beklagten vom 1. Dezember 2009 teilte der Kläger mit, er sei auf einer Abdeckung im Boden, im Keller gestolpert und gerutscht und mit beiden Armen nach vorn gestürzt. Hierbei sei er auf beide Handflächen links dann rechts dann links aufgekommen. Das Schultergelenk sei seitlich verdreht und es habe kaum eine Schwellung vorgelegen.
Vom 7. Dezember 2009 bis 10. Dezember 2009 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der Klinik F. in H ... In einem Bericht wird ausgeführt, dass sich eine arthroskopische Schulteroperation mit Rekonstruktion der Rotatorenmanschette und der postoperative Verlauf sich ohne wesentliche Probleme gestaltet haben. Unter dem 12. Dezember 2009 berichten die behandelnden Ärzte, der Kläger habe seit 17. September 2009 Schmerzen in der linken Schulter. Damals akuter Beginn nach Sturz. Der Kläger sei auf einer Abdeckung auf dem Boden im Keller gestolpert, Sturz nach vorne und habe sich mit beiden Armen aufgefangen. Direkt im Anschluss habe er Schmerzen verspürt, Schmerzen auch beim Einwärts drehen. Arbeitsgefühle wurden verneint. Bisher keine anderen ärztlichen Kontakte wegen der Schulter.
Unter dem 28. Januar 2010 nahm der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. S. (Chirurg-Unfallchirurg), in der Weise Stellung, dass er der Auffassung war, dass die hier beschriebene Unfallschilderung nicht geeignet sei, eine Rotatoren-manschettenruptur wesentlich zu verursachen. Die beschriebenen Veränderungen in der Kernspintomographie vom 30. Oktober 2009 würden außer der Rotatorenmanschettenverletzung und der AC-Gelenksarthrose mit Osteo-phytenbildung keinen Hinweis auf eine traumatisch bedingte Schädigung im Bereich der linken Schulter zeigen. Der Nachweis einer Schulterverletzung durch das Ereignis sei nicht zu führen. Die beschriebenen Veränderungen seien als unfallunabhängig anzusehen.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2010 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 17. September 2009 als Arbeitsunfall an und führte weiter aus, Leistungen würden bis einschließlich 30. Oktober 2009 erbracht. Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der festgestellten Schädigung der Rotatorenmanschette sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Der geschilderte Unfallhergang sei nicht geeignet, den festgestellten Körperschaden rechtlich wesentlich zu verursachen. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden daher aufgrund des Unfallereignisses vom 17. September 2009 bis zum 30. Oktober 2009 (Datum der Kernspin-tomographie) erbracht.
Mit Schreiben vom 1. März 2010 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein. Die Ausführungen der Beklagten seien nicht zutreffend. Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallhergang und dem Schaden in seiner linken Schulter sei gegeben.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine ärztliche Stellungnahme des erstbehandelnden Arztes Dr. J. ein. Dieser teilte mit, der Kläger sei dort am 18. September 2009 vormittags erstmals behandelt worden. Zum Unfallhergang führte er aus, der Kläger habe berichtet angefahren worden und nach vorne gestürzt zu sein. Es sei eine Ruptur der Rotatorenmanschette links diagnostiziert worden. Im Weiteren wurde richtig gestellt, dass der Kläger nicht angefahren worden sei, sondern auf der Baustelle gestürzt wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zusammengefasst führte die Beklagte aus, anhand des MRT-Befundes vom 30. Oktober 2009 sei eine deutliche Verschleißumformung im Schultergelenk links beim Kläger festgestellt worden. Der operative Befund am 8. Dezember 2009 habe dieses ebenfalls bestätigt, sodass ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Schaden (Rotatoren-manschettenschaden) nicht bestehen würde. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe daher nicht.
Der Kläger hat am 22. Juli 2010 dagegen Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen und ist der Auffassung, der Schaden, insbesondere der Rotatorenmanschettenschaden im Bereich der linken Schulter sei dem Ereignis vom 17. September 2009 zuzurechnen.
In seiner Klageschrift führt der Kläger zum Unfallhergang weiter aus, er sei auf der Baustelle ins Stolpern geraten. An dieser Stelle haben auf zwei Blöcken zwei Lüftungshauben aus Glas gestanden, auf welche er sich mit zunehmender Geschwindigkeit zu bewegte. Um einen Aufprall in auf das Glas zu vermeiden, habe er sich teils um die eigene Achse gedreht und sei aus seiner Fallrichtung an den Lüftungshauben vorbei gekommen. Dabei habe er sich mit der linken, rechten und wieder linken Hand abgestützt und sei mit der Schulter in das Kantholz gefallen, welches er vorher getragen habe. Es wäre ihm nicht möglich gewesen, ohne fremde Hilfe aufzustehen. Nach seiner Auffassung sei der Unfallhergang daher geeignet, eine Schädigung im Bereich der linken Schulter – der Rotatorenmanschette – zu verursachen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen (sinngemäß gefasst), den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2010 abzuändern und festzustellen, dass die Veränderungen in der linken Schulter beim Kläger, insbesondere der Rotatorenmanschettenschaden, ein Gesundheitserstschaden des Unfallereignisses vom 17. September 2009 ist und dem Kläger daher Leistungen über den 30. Oktober 2009 hinaus von der Beklagten zu erbringen sind. Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes medizinische Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte und die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen.
Auf Veranlassung des Gerichts hat der Facharzt für Chirurgie-Unfallchirurgie Dr. D1 unter dem 25. Oktober 2012 ein fachchirurgisches Gutachten erstellt. Zum Unfallhergang gab der Kläger beim Sachverständigen an, er sei beim Aufräumen einer Baustelle gestolpert und hatte dabei ein Kantholz unter dem Arm. Um nicht in eine Glasabdeckung zu fallen, habe er sich seitlich abgerollt. Auf spezielle Nachfrage seitens des Gutachters habe der Kläger erklärt, er habe dabei die Arme nach vorne gestreckt. Der Kläger gibt hierbei ergänzend an, dass die Drehrichtung zur Abwehr nach links in Fallrichtung gewesen sei. Ein Schulteranprall gegen den vorher getragenen Balken sei ebenfalls geschehen. Der Gutachter weist unter anderem darauf hin, dass in den Erklärungen des Klägers angegeben wurde, dass zuvor keinerlei Beschwerden in beiden Schultergelenken bestanden haben. Auffällig sei aber, dass ebenfalls ein Unfall mit Beteiligung des rechten Schultergelenkes mit gleicher Folge (Supraspinatussehnenruptur) aufgetreten sei. Unter diesem Aspekt sei tatsächlich von erheblichen degenerativen Veränderungen, die als stumme Schadensanlagen zu werten seien, auszugehen.
Zusammengefasst führte Gutachter aus, zum Zeitpunkt des Unfallereignisses vom 17. September 2009 seien degenerative Veränderungen der Schultergelenke beidseits im Bereich der Rotatorenmanschette anzunehmen. Ebenfalls sei eine Schulterprellung aufgetreten. Das Unfallgeschehen sei nur für die Schulterprellung ursächlich. Die später festgestellten Sehnensansatzeinrisse seien nicht durch das Unfallgeschehen zu verantworten. Diese Schädigungen seien unter Würdigung des Kernspintomogramms als degenerative Veränderung zu werten. Weiterhin bestehen arthrotischen Veränderungen des AC-Gelenkes, die insbesondere im Bereich der Supraspinatussehne zusätzliche Schäden setzen würden. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe höchstens für 14 Tage bestanden. Behandlungsbedürftigkeit könne für eine Woche angenommen werden. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch das Unfallereignis sei nicht eingetreten.
Auf Veranlassung des Gerichts hat der Facharzt für Chirurgie-Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. T. unter dem 1. April 2015 ein weiteres chirurgisches Gutachten erstattet. Zum Unfallhergang führt er aus, der Kläger habe angegeben, er sei mit einem Balken links und zusätzlichem Werkzeug im rechten Arm und auch einer Säge im rechten Arm in einen Schacht am Boden, der ca. 50 cm breit und 40 cm tief war, eingebrochen. Er stürzte dabei nach vorne und drohte in ein kleines Glasdach zu stürzen, drehte sich und prallte dann mit den nach vorn gehaltenen Armen nach links auf den Boden. Wie die Hände dabei positioniert waren, könne er nicht mehr sagen. Der Sachverständige führt zusammengefasst aus, dass der Ereignisablauf, so wie er relativ konstant in der Beurteilungsgrundlage und auch während der Begutachtungen vom Kläger geschildert worden sei, eine Gefährdungsrelevanz für die linke Rotatorenmanschette nicht habe. Im vorliegenden Fall sei sicher auszuschließen, dass durch das Sturzereignis eine knöcherne Verletzung bzw. eine Verrenkung des Schultergelenkes eingetreten sei. Der Sturz auf den abgestützten linken Arm bzw. gegebenenfalls der Sturz auch auf das linke Schultergelenk, könne maximal zu einer Prellung des linken Schultergelenkes führen. Bei einem direkten Sturz auf den abstützenden Arm bzw. auf das Schultergelenk ist die Rotatorenmanschette nicht primär verletzungsgefährdet.
Um die Rotatorenmanschette zu verletzen, bedarf es weiterer Faktoren, die durch einen Sturz auf einen abstützende Arm biomechanisch nicht zu erklären sind. Gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenläsion sprechen dementsprechend beim Kläger die erhobenen Befunde sowie auch vor allem der biomechanische Geschehensablauf. Das Ereignis vom 17. September 2009 war nicht ursächlich, um Schäden an der linken Rotatorenmanschette beim Kläger zu verursachen. Das Ereignis war weder ursächlich noch teilursächlich für die Veränderungen, die als krankhaft im Sinne der Gesundheitsstörung am linken Schultergelenk einzuschätzen sind. Die Gesundheitsstörung am linken Schultergelenk wären wahrscheinlich auch ohne das Unfallereignis durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis zur selben Zeit und in annähernd gleichem Ausmaß eingetreten. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bzw. Behandlungsbedürftigkeit aufgrund einer Schulterprellung ist für einen Zeitraum von maximal 4-6 Wochen anzunehmen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit hat zu keinem Zeitpunkt durch Unfallfolgen vorgelegen.
Zu den beiden Gutachten trägt der Kläger ergänzend vor, es sei notwendig und von Bedeutung anzumerken, dass der Hergang des Unfallereignisses, das heißt der Verlauf des Sturzes des Klägers, nicht in der Exaktheit und mit den Dimensionen den gutachterlichen Betrachtungen zu Grunde gelegt wurden, welche aus den Schilderungen des Klägers – nicht zuletzt auch in seiner Stellungnahme – zwingend abzuleiten waren, um den tatsächlichen "biomechanischen Geschehensablauf" zutreffend rekonstruieren zu können. Der Kläger hatte in seiner Darstellung zum Unfallereignis stets darauf hingewiesen, dass es im Zuge des Sturzes nicht zu einem Abstützen mit den Händen/Armen gekommen war, sondern ein nicht (mehr) kontrollierbarer Aufprall der Hände/Arme auf dem Boden stattgefunden hatte, was bedeutet, dass die biomechanische Krafteinwirkung eben auch nicht kontrolliert und linear die Hände/Arme traf, sondern der obere Bewegungsapparat des Klägers, namentlich das linke Schultergelenk, von einer insofern mehrdimensionalen biomechanischen Krafteinwirkung betroffen war. Ein solcher Aufprall ist hinsichtlich der biomechanischen Krafteinwirkung gerade auch auf ein Schultergelenk, und hier die Rotatorenmanschette, nicht vergleichbar mit dem Fall eines Körpers nach vorne auf ihn abfallende bzw. abstützende Hände. Es kommt bei einem Sturz, wie er vorbestehend beschrieben wurde und das in Rede stehende Unfallereignis des Klägers kennzeichnete, zu einer andersartigen, deutlich stärkeren und massiv auf den Körper, namentlich den Gelenksapparat, einwirkenden biomechanischen Kraftentfaltung. Dabei spielt eine besondere Rolle, dass der Körper (des Klägers) nicht geradlinig und kontrolliert durch den Aufprall auf dem Boden abgebremst wurde, sondern in einer Konstellation der Verwindung. Es sind unter einer solchen Annahme völlig andere, weitergehende und schwere traumatische Verletzungsfolgen denkbar und typisch, als bei einem Sturzgeschehen, bei dem der Aufprall durch das Abstützen mit den Händen abgemildert werde. Die medizinischen Sachverständigen haben übereinstimmend dies nicht so, wie der Kläger meint, zu Grunde gelegt. Insofern sei unter Berücksichtigung des Sturzverlaufes in seinen sämtlichen Dimensionen gerade nicht auszuschließen, sondern im Gegenteil sehr wahrscheinlich, dass es beim Aufprall zu einer – möglicherweise nur sehr kurzzeitigen – Verschränkung des Schultergelenkes und dadurch wiederum zu der in Rede stehenden Verletzung der Rotatorenmanschette gekommen sei. Berücksichtigt man diesen Verlauf und die sich daraus ergebenden Zusammenhänge, so liegen exakt jene "weiteren Faktoren" vor, die nach Aussage des Sachverständigen Dr. T. geeignet seien, die Verletzung der Rotatorenmanschette des Schultergelenkes des Klägers – biomechanisch zu erklären.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der Erörterung und Entscheidungsfindung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (vgl. § 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Anfechtungs-, Feststellungs- und Verpflichtungsklage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Es kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Läsion der Rotatorenmanschette beim Kläger durch das Ereignis am 17. September 2009 objektiv verursacht wurde. Die haftungsbegründende Kausalität kann für diesen Gesundheitsschaden nicht positiv festgestellt werden.
Nach § 102 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf die Feststellung aller Gesundheitsschäden, die als Folge von Arbeitsunfällen im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII eingetreten sind. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge", also unter anderem nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung. Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv (1. Kausalitätsstufe) und rechtlich wesentlich (2. Kausalitätsstufe) verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 24. Juli 2012, Az.: B 2 U 23/11 R, nach juris).
Es kann nach diesen Grundsätzen nicht festgestellt werden, dass die Beschwerden im rechten Schulterbereich des Klägers, die im zeitlichen Zusammenhang zu dem Unfallereignis am 17. September 2009 in Erscheinung getreten sind und bei ihm Schmerzen verursacht haben, objektiv durch das einwirkende Ereignis verursacht wurde.
Der Rechtsbegriff des "Unfalls" ist bei der Prüfung eines Arbeitsunfalls in 3 Schritte zu unterteilen.
Es ist zu prüfen, ob
1. ein zeitlich begrenztes von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vorgelegen hat (äußeres-einwirkendes Unfallereignis),
2. ein Gesundheitserstschaden (zeitnah) eingetreten ist und 3. dieser Gesundheitserstschaden durch das einwirkende Unfallereignis nach der Theorie der wesentlichen Bedingungen wesentlich verursacht wurde (haftungsbegründende Kausalität).
Das einwirkende Unfallereignis und der Gesundheitserstschaden sind im Sinne des Vollbeweises also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Der kausale (naturwissenschaftliche) Zusammenhang zwischen dem einwirkenden Ereignis und dem Gesundheitserstschaden muss nur hinreichend wahrscheinlich sein, d.h. es muss mehr dafür als dagegen sprechen.
Das Ereignis vom 17. September 2009 stellt ein einwirkendes Ereignis dar. Die Kammer stellt nach den diversen Unfallschilderungen des Klägers fest, dass der Kläger (zusammengefasst) am 17. September 2009 im Keller auf der Baustelle mit beiden Armen nach vorne stürzte und sich dabei drehte, dann mit den nach vorne gehaltenen Armen nach links auf den Boden prallte. Hierbei ist er auf beide Handflächen links dann rechts dann links aufgekommen. Diese Hergangs-schilderungen spiegeln sich in allen Äußerungen des Klägers zum Unfallereignis wider. Die einzelnen Abweichungen sind in Bezug auf die Biomechanik, die Krafteinwirkung/Zugwirkung auf die – vier - Sehnen der Rotatorenmanschette, nicht von erheblicher Bedeutung. Der Kläger hatte im zeitlichen Zusammenhang auch über Beschwerden im linken Schulterbereich geklagt, so dass auch ein Gesundheits-erst-schaden festzustellen ist.
Es fehlt vorliegend aber an der haftungsbegründenden Kausalität. Das vom Kläger geschilderte einwirkende Ereignis hat den geltend gemachten Gesundheitsschaden bereits nach dem aktuellen medizinischen Erfahrungswissen objektiv nicht verursacht. Die Krafteinwirkung des festgestellten Unfallereignisses weist biomechanisch keine Zugbelastung auf die geschädigten Sehnen im Bereich der Schulter auf. Die objektive Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeiten von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten/Verletzungen zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der Unfallsenat des Bundessozialgericht (BSG) hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es dabei nicht um die Ablösung der für das Sozialrecht kennzeichnenden individualisierenden und konkretisierenden Kausalitätsbetrachtung durch einen generalisierenden, besondere Umstände des Einzelfalls außer Betracht lassenden Maßstab geht, sondern um die Bekräftigung des allgemeinen beweisrechtlichen Grundsatzes, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (vgl. BSG Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 = SGb 2007, 242 ff; Rz. 17 nach Juris). Auf der ersten Kausalitätsstufe ist insoweit (vorab) festzustellen, ob nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, die konkrete Einwirkung generell oder allgemein geeignet war, den Gesundheitserstschaden (oder Tod) zu verursachen. Das konkrete Unfallereignis als Anknüpfungstatsache (Wirkursache) muss im Vollbeweis festgestellt werden. Auch die "generelle Geeignetheit" des Unfallereignisses ist positiv festzustellen. In den Fällen, in denen sich medizinische Sachverständige darüber "streiten", ob ein Unfallereignis generell geeignet ist, ist es daher die originäre Aufgabe des Versicherungsträgers, bzw. abschließend des Tatsachengerichts, darüber zu entscheiden, welcher konkrete Unfallhergang als Wirkursache zu Grunde zu legen ist, und ob dieses Ereignis generell geeignet ist. Der naturwissenschaftliche Erfahrungsstand, der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang über die generelle Eignung, ist dabei ebenfalls positiv festzustellen. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 13. November 2012 – B 2 U 19/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 46 = BSGE 112, 177-188 = NJW 2013, 3676-3680; Rz. 67 nach Juris). Kann die generelle Eignung nicht festgestellt werden, geht dies nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zulasten des Versicherten.
Das Gericht folgt bei den Feststellungen zur "Geeignetheit" des Unfallereignisses im vorliegenden Fall den Ausführungen der gerichtlich bestellten Gutachter Dr. D1 und Dr. T., die zutreffend den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand über die objektive (naturwissenschaftliche) Verursachung berücksichtigt haben. Eine naturwissenschaftliche Krafteinwirkung auf die vier Sehnen der Rotatorenmanschette hat nicht vorgelegen. Die vom Kläger geschilderten Abläufe des Hergangs im Keller und dem folgend von der Kammer festgestellten Unfallereignis ist vom tatsächlichen Geschehensablauf her plausibel und nachvollziehbar, stellt aber biomechanisch keine Gefährdung für die Sehnen der Rotatorenmanschette dar, denn es fehlt an einer überfallartigen Zugbewegung, als Störfaktor in der Bewegung, der die Sehnen tatsächlich gefährden und schädigen konnte. Insoweit liegt ein ungeeigneter Unfallhergang vor, der nach geltender medizinischer Lehrmeinung kein Verletzungspotenzial medizinisch-wissenschaftlicher bzw. biomechanischer Art aufweist.
Die Ausführungen der Sachverständigen stehen im Einklang mit der herrschenden wissenschaftlich-medizinischen Lehrmeinung, welche traumatischen Ereignisse geeignet sind, ursächlich im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre eine Rotatorenmanschettenruptur zu verursachen. Hierzu wird in Schönberger/ Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 410ff) ausgeführt, dass ein Riss bzw. Teileinriss der Supraspinatussehne, d.h. der Riss der Rotatorenmanschette, durchaus traumatisch bedingt sein kann. Ein Sturz auf den ausgetreckten Arm ist aber ungeeignet.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines weiteren Gesundheits-erstschadens und über Leistungen nach einem Arbeitsunfall.
Unter dem 11. November 2009 meldete sich der Kläger telefonisch bei der Beklagten und gab an, er habe am 17. September 2009 auf einer Baustelle in D. einen Arbeitsunfall erlitten. Hierbei schilderte er, er sei im Keller auf einem Gerüst gestolpert, ausgerutscht und von einer Abdeckung ca. 10 cm tief gefallen. Hierbei habe er sich die linke Schulter verletzt. Er sei einige Tage später erst zum Arzt gegangen. Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden, weil er Rentner sei.
Die weiteren Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass der Kläger für den Förderverein der T. tätig gewesen sei. Auf ein Schreiben der Beklagten vom 1. Dezember 2009 teilte der Kläger mit, er sei auf einer Abdeckung im Boden, im Keller gestolpert und gerutscht und mit beiden Armen nach vorn gestürzt. Hierbei sei er auf beide Handflächen links dann rechts dann links aufgekommen. Das Schultergelenk sei seitlich verdreht und es habe kaum eine Schwellung vorgelegen.
Vom 7. Dezember 2009 bis 10. Dezember 2009 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der Klinik F. in H ... In einem Bericht wird ausgeführt, dass sich eine arthroskopische Schulteroperation mit Rekonstruktion der Rotatorenmanschette und der postoperative Verlauf sich ohne wesentliche Probleme gestaltet haben. Unter dem 12. Dezember 2009 berichten die behandelnden Ärzte, der Kläger habe seit 17. September 2009 Schmerzen in der linken Schulter. Damals akuter Beginn nach Sturz. Der Kläger sei auf einer Abdeckung auf dem Boden im Keller gestolpert, Sturz nach vorne und habe sich mit beiden Armen aufgefangen. Direkt im Anschluss habe er Schmerzen verspürt, Schmerzen auch beim Einwärts drehen. Arbeitsgefühle wurden verneint. Bisher keine anderen ärztlichen Kontakte wegen der Schulter.
Unter dem 28. Januar 2010 nahm der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. S. (Chirurg-Unfallchirurg), in der Weise Stellung, dass er der Auffassung war, dass die hier beschriebene Unfallschilderung nicht geeignet sei, eine Rotatoren-manschettenruptur wesentlich zu verursachen. Die beschriebenen Veränderungen in der Kernspintomographie vom 30. Oktober 2009 würden außer der Rotatorenmanschettenverletzung und der AC-Gelenksarthrose mit Osteo-phytenbildung keinen Hinweis auf eine traumatisch bedingte Schädigung im Bereich der linken Schulter zeigen. Der Nachweis einer Schulterverletzung durch das Ereignis sei nicht zu führen. Die beschriebenen Veränderungen seien als unfallunabhängig anzusehen.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2010 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 17. September 2009 als Arbeitsunfall an und führte weiter aus, Leistungen würden bis einschließlich 30. Oktober 2009 erbracht. Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der festgestellten Schädigung der Rotatorenmanschette sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Der geschilderte Unfallhergang sei nicht geeignet, den festgestellten Körperschaden rechtlich wesentlich zu verursachen. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden daher aufgrund des Unfallereignisses vom 17. September 2009 bis zum 30. Oktober 2009 (Datum der Kernspin-tomographie) erbracht.
Mit Schreiben vom 1. März 2010 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein. Die Ausführungen der Beklagten seien nicht zutreffend. Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallhergang und dem Schaden in seiner linken Schulter sei gegeben.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine ärztliche Stellungnahme des erstbehandelnden Arztes Dr. J. ein. Dieser teilte mit, der Kläger sei dort am 18. September 2009 vormittags erstmals behandelt worden. Zum Unfallhergang führte er aus, der Kläger habe berichtet angefahren worden und nach vorne gestürzt zu sein. Es sei eine Ruptur der Rotatorenmanschette links diagnostiziert worden. Im Weiteren wurde richtig gestellt, dass der Kläger nicht angefahren worden sei, sondern auf der Baustelle gestürzt wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zusammengefasst führte die Beklagte aus, anhand des MRT-Befundes vom 30. Oktober 2009 sei eine deutliche Verschleißumformung im Schultergelenk links beim Kläger festgestellt worden. Der operative Befund am 8. Dezember 2009 habe dieses ebenfalls bestätigt, sodass ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Schaden (Rotatoren-manschettenschaden) nicht bestehen würde. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe daher nicht.
Der Kläger hat am 22. Juli 2010 dagegen Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen und ist der Auffassung, der Schaden, insbesondere der Rotatorenmanschettenschaden im Bereich der linken Schulter sei dem Ereignis vom 17. September 2009 zuzurechnen.
In seiner Klageschrift führt der Kläger zum Unfallhergang weiter aus, er sei auf der Baustelle ins Stolpern geraten. An dieser Stelle haben auf zwei Blöcken zwei Lüftungshauben aus Glas gestanden, auf welche er sich mit zunehmender Geschwindigkeit zu bewegte. Um einen Aufprall in auf das Glas zu vermeiden, habe er sich teils um die eigene Achse gedreht und sei aus seiner Fallrichtung an den Lüftungshauben vorbei gekommen. Dabei habe er sich mit der linken, rechten und wieder linken Hand abgestützt und sei mit der Schulter in das Kantholz gefallen, welches er vorher getragen habe. Es wäre ihm nicht möglich gewesen, ohne fremde Hilfe aufzustehen. Nach seiner Auffassung sei der Unfallhergang daher geeignet, eine Schädigung im Bereich der linken Schulter – der Rotatorenmanschette – zu verursachen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen (sinngemäß gefasst), den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2010 abzuändern und festzustellen, dass die Veränderungen in der linken Schulter beim Kläger, insbesondere der Rotatorenmanschettenschaden, ein Gesundheitserstschaden des Unfallereignisses vom 17. September 2009 ist und dem Kläger daher Leistungen über den 30. Oktober 2009 hinaus von der Beklagten zu erbringen sind. Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes medizinische Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte und die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen.
Auf Veranlassung des Gerichts hat der Facharzt für Chirurgie-Unfallchirurgie Dr. D1 unter dem 25. Oktober 2012 ein fachchirurgisches Gutachten erstellt. Zum Unfallhergang gab der Kläger beim Sachverständigen an, er sei beim Aufräumen einer Baustelle gestolpert und hatte dabei ein Kantholz unter dem Arm. Um nicht in eine Glasabdeckung zu fallen, habe er sich seitlich abgerollt. Auf spezielle Nachfrage seitens des Gutachters habe der Kläger erklärt, er habe dabei die Arme nach vorne gestreckt. Der Kläger gibt hierbei ergänzend an, dass die Drehrichtung zur Abwehr nach links in Fallrichtung gewesen sei. Ein Schulteranprall gegen den vorher getragenen Balken sei ebenfalls geschehen. Der Gutachter weist unter anderem darauf hin, dass in den Erklärungen des Klägers angegeben wurde, dass zuvor keinerlei Beschwerden in beiden Schultergelenken bestanden haben. Auffällig sei aber, dass ebenfalls ein Unfall mit Beteiligung des rechten Schultergelenkes mit gleicher Folge (Supraspinatussehnenruptur) aufgetreten sei. Unter diesem Aspekt sei tatsächlich von erheblichen degenerativen Veränderungen, die als stumme Schadensanlagen zu werten seien, auszugehen.
Zusammengefasst führte Gutachter aus, zum Zeitpunkt des Unfallereignisses vom 17. September 2009 seien degenerative Veränderungen der Schultergelenke beidseits im Bereich der Rotatorenmanschette anzunehmen. Ebenfalls sei eine Schulterprellung aufgetreten. Das Unfallgeschehen sei nur für die Schulterprellung ursächlich. Die später festgestellten Sehnensansatzeinrisse seien nicht durch das Unfallgeschehen zu verantworten. Diese Schädigungen seien unter Würdigung des Kernspintomogramms als degenerative Veränderung zu werten. Weiterhin bestehen arthrotischen Veränderungen des AC-Gelenkes, die insbesondere im Bereich der Supraspinatussehne zusätzliche Schäden setzen würden. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe höchstens für 14 Tage bestanden. Behandlungsbedürftigkeit könne für eine Woche angenommen werden. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch das Unfallereignis sei nicht eingetreten.
Auf Veranlassung des Gerichts hat der Facharzt für Chirurgie-Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. T. unter dem 1. April 2015 ein weiteres chirurgisches Gutachten erstattet. Zum Unfallhergang führt er aus, der Kläger habe angegeben, er sei mit einem Balken links und zusätzlichem Werkzeug im rechten Arm und auch einer Säge im rechten Arm in einen Schacht am Boden, der ca. 50 cm breit und 40 cm tief war, eingebrochen. Er stürzte dabei nach vorne und drohte in ein kleines Glasdach zu stürzen, drehte sich und prallte dann mit den nach vorn gehaltenen Armen nach links auf den Boden. Wie die Hände dabei positioniert waren, könne er nicht mehr sagen. Der Sachverständige führt zusammengefasst aus, dass der Ereignisablauf, so wie er relativ konstant in der Beurteilungsgrundlage und auch während der Begutachtungen vom Kläger geschildert worden sei, eine Gefährdungsrelevanz für die linke Rotatorenmanschette nicht habe. Im vorliegenden Fall sei sicher auszuschließen, dass durch das Sturzereignis eine knöcherne Verletzung bzw. eine Verrenkung des Schultergelenkes eingetreten sei. Der Sturz auf den abgestützten linken Arm bzw. gegebenenfalls der Sturz auch auf das linke Schultergelenk, könne maximal zu einer Prellung des linken Schultergelenkes führen. Bei einem direkten Sturz auf den abstützenden Arm bzw. auf das Schultergelenk ist die Rotatorenmanschette nicht primär verletzungsgefährdet.
Um die Rotatorenmanschette zu verletzen, bedarf es weiterer Faktoren, die durch einen Sturz auf einen abstützende Arm biomechanisch nicht zu erklären sind. Gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenläsion sprechen dementsprechend beim Kläger die erhobenen Befunde sowie auch vor allem der biomechanische Geschehensablauf. Das Ereignis vom 17. September 2009 war nicht ursächlich, um Schäden an der linken Rotatorenmanschette beim Kläger zu verursachen. Das Ereignis war weder ursächlich noch teilursächlich für die Veränderungen, die als krankhaft im Sinne der Gesundheitsstörung am linken Schultergelenk einzuschätzen sind. Die Gesundheitsstörung am linken Schultergelenk wären wahrscheinlich auch ohne das Unfallereignis durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis zur selben Zeit und in annähernd gleichem Ausmaß eingetreten. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bzw. Behandlungsbedürftigkeit aufgrund einer Schulterprellung ist für einen Zeitraum von maximal 4-6 Wochen anzunehmen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit hat zu keinem Zeitpunkt durch Unfallfolgen vorgelegen.
Zu den beiden Gutachten trägt der Kläger ergänzend vor, es sei notwendig und von Bedeutung anzumerken, dass der Hergang des Unfallereignisses, das heißt der Verlauf des Sturzes des Klägers, nicht in der Exaktheit und mit den Dimensionen den gutachterlichen Betrachtungen zu Grunde gelegt wurden, welche aus den Schilderungen des Klägers – nicht zuletzt auch in seiner Stellungnahme – zwingend abzuleiten waren, um den tatsächlichen "biomechanischen Geschehensablauf" zutreffend rekonstruieren zu können. Der Kläger hatte in seiner Darstellung zum Unfallereignis stets darauf hingewiesen, dass es im Zuge des Sturzes nicht zu einem Abstützen mit den Händen/Armen gekommen war, sondern ein nicht (mehr) kontrollierbarer Aufprall der Hände/Arme auf dem Boden stattgefunden hatte, was bedeutet, dass die biomechanische Krafteinwirkung eben auch nicht kontrolliert und linear die Hände/Arme traf, sondern der obere Bewegungsapparat des Klägers, namentlich das linke Schultergelenk, von einer insofern mehrdimensionalen biomechanischen Krafteinwirkung betroffen war. Ein solcher Aufprall ist hinsichtlich der biomechanischen Krafteinwirkung gerade auch auf ein Schultergelenk, und hier die Rotatorenmanschette, nicht vergleichbar mit dem Fall eines Körpers nach vorne auf ihn abfallende bzw. abstützende Hände. Es kommt bei einem Sturz, wie er vorbestehend beschrieben wurde und das in Rede stehende Unfallereignis des Klägers kennzeichnete, zu einer andersartigen, deutlich stärkeren und massiv auf den Körper, namentlich den Gelenksapparat, einwirkenden biomechanischen Kraftentfaltung. Dabei spielt eine besondere Rolle, dass der Körper (des Klägers) nicht geradlinig und kontrolliert durch den Aufprall auf dem Boden abgebremst wurde, sondern in einer Konstellation der Verwindung. Es sind unter einer solchen Annahme völlig andere, weitergehende und schwere traumatische Verletzungsfolgen denkbar und typisch, als bei einem Sturzgeschehen, bei dem der Aufprall durch das Abstützen mit den Händen abgemildert werde. Die medizinischen Sachverständigen haben übereinstimmend dies nicht so, wie der Kläger meint, zu Grunde gelegt. Insofern sei unter Berücksichtigung des Sturzverlaufes in seinen sämtlichen Dimensionen gerade nicht auszuschließen, sondern im Gegenteil sehr wahrscheinlich, dass es beim Aufprall zu einer – möglicherweise nur sehr kurzzeitigen – Verschränkung des Schultergelenkes und dadurch wiederum zu der in Rede stehenden Verletzung der Rotatorenmanschette gekommen sei. Berücksichtigt man diesen Verlauf und die sich daraus ergebenden Zusammenhänge, so liegen exakt jene "weiteren Faktoren" vor, die nach Aussage des Sachverständigen Dr. T. geeignet seien, die Verletzung der Rotatorenmanschette des Schultergelenkes des Klägers – biomechanisch zu erklären.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der Erörterung und Entscheidungsfindung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (vgl. § 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Anfechtungs-, Feststellungs- und Verpflichtungsklage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Es kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Läsion der Rotatorenmanschette beim Kläger durch das Ereignis am 17. September 2009 objektiv verursacht wurde. Die haftungsbegründende Kausalität kann für diesen Gesundheitsschaden nicht positiv festgestellt werden.
Nach § 102 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf die Feststellung aller Gesundheitsschäden, die als Folge von Arbeitsunfällen im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII eingetreten sind. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge", also unter anderem nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung. Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv (1. Kausalitätsstufe) und rechtlich wesentlich (2. Kausalitätsstufe) verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 24. Juli 2012, Az.: B 2 U 23/11 R, nach juris).
Es kann nach diesen Grundsätzen nicht festgestellt werden, dass die Beschwerden im rechten Schulterbereich des Klägers, die im zeitlichen Zusammenhang zu dem Unfallereignis am 17. September 2009 in Erscheinung getreten sind und bei ihm Schmerzen verursacht haben, objektiv durch das einwirkende Ereignis verursacht wurde.
Der Rechtsbegriff des "Unfalls" ist bei der Prüfung eines Arbeitsunfalls in 3 Schritte zu unterteilen.
Es ist zu prüfen, ob
1. ein zeitlich begrenztes von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vorgelegen hat (äußeres-einwirkendes Unfallereignis),
2. ein Gesundheitserstschaden (zeitnah) eingetreten ist und 3. dieser Gesundheitserstschaden durch das einwirkende Unfallereignis nach der Theorie der wesentlichen Bedingungen wesentlich verursacht wurde (haftungsbegründende Kausalität).
Das einwirkende Unfallereignis und der Gesundheitserstschaden sind im Sinne des Vollbeweises also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Der kausale (naturwissenschaftliche) Zusammenhang zwischen dem einwirkenden Ereignis und dem Gesundheitserstschaden muss nur hinreichend wahrscheinlich sein, d.h. es muss mehr dafür als dagegen sprechen.
Das Ereignis vom 17. September 2009 stellt ein einwirkendes Ereignis dar. Die Kammer stellt nach den diversen Unfallschilderungen des Klägers fest, dass der Kläger (zusammengefasst) am 17. September 2009 im Keller auf der Baustelle mit beiden Armen nach vorne stürzte und sich dabei drehte, dann mit den nach vorne gehaltenen Armen nach links auf den Boden prallte. Hierbei ist er auf beide Handflächen links dann rechts dann links aufgekommen. Diese Hergangs-schilderungen spiegeln sich in allen Äußerungen des Klägers zum Unfallereignis wider. Die einzelnen Abweichungen sind in Bezug auf die Biomechanik, die Krafteinwirkung/Zugwirkung auf die – vier - Sehnen der Rotatorenmanschette, nicht von erheblicher Bedeutung. Der Kläger hatte im zeitlichen Zusammenhang auch über Beschwerden im linken Schulterbereich geklagt, so dass auch ein Gesundheits-erst-schaden festzustellen ist.
Es fehlt vorliegend aber an der haftungsbegründenden Kausalität. Das vom Kläger geschilderte einwirkende Ereignis hat den geltend gemachten Gesundheitsschaden bereits nach dem aktuellen medizinischen Erfahrungswissen objektiv nicht verursacht. Die Krafteinwirkung des festgestellten Unfallereignisses weist biomechanisch keine Zugbelastung auf die geschädigten Sehnen im Bereich der Schulter auf. Die objektive Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeiten von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten/Verletzungen zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der Unfallsenat des Bundessozialgericht (BSG) hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es dabei nicht um die Ablösung der für das Sozialrecht kennzeichnenden individualisierenden und konkretisierenden Kausalitätsbetrachtung durch einen generalisierenden, besondere Umstände des Einzelfalls außer Betracht lassenden Maßstab geht, sondern um die Bekräftigung des allgemeinen beweisrechtlichen Grundsatzes, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (vgl. BSG Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 = SGb 2007, 242 ff; Rz. 17 nach Juris). Auf der ersten Kausalitätsstufe ist insoweit (vorab) festzustellen, ob nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, die konkrete Einwirkung generell oder allgemein geeignet war, den Gesundheitserstschaden (oder Tod) zu verursachen. Das konkrete Unfallereignis als Anknüpfungstatsache (Wirkursache) muss im Vollbeweis festgestellt werden. Auch die "generelle Geeignetheit" des Unfallereignisses ist positiv festzustellen. In den Fällen, in denen sich medizinische Sachverständige darüber "streiten", ob ein Unfallereignis generell geeignet ist, ist es daher die originäre Aufgabe des Versicherungsträgers, bzw. abschließend des Tatsachengerichts, darüber zu entscheiden, welcher konkrete Unfallhergang als Wirkursache zu Grunde zu legen ist, und ob dieses Ereignis generell geeignet ist. Der naturwissenschaftliche Erfahrungsstand, der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang über die generelle Eignung, ist dabei ebenfalls positiv festzustellen. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 13. November 2012 – B 2 U 19/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 46 = BSGE 112, 177-188 = NJW 2013, 3676-3680; Rz. 67 nach Juris). Kann die generelle Eignung nicht festgestellt werden, geht dies nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zulasten des Versicherten.
Das Gericht folgt bei den Feststellungen zur "Geeignetheit" des Unfallereignisses im vorliegenden Fall den Ausführungen der gerichtlich bestellten Gutachter Dr. D1 und Dr. T., die zutreffend den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand über die objektive (naturwissenschaftliche) Verursachung berücksichtigt haben. Eine naturwissenschaftliche Krafteinwirkung auf die vier Sehnen der Rotatorenmanschette hat nicht vorgelegen. Die vom Kläger geschilderten Abläufe des Hergangs im Keller und dem folgend von der Kammer festgestellten Unfallereignis ist vom tatsächlichen Geschehensablauf her plausibel und nachvollziehbar, stellt aber biomechanisch keine Gefährdung für die Sehnen der Rotatorenmanschette dar, denn es fehlt an einer überfallartigen Zugbewegung, als Störfaktor in der Bewegung, der die Sehnen tatsächlich gefährden und schädigen konnte. Insoweit liegt ein ungeeigneter Unfallhergang vor, der nach geltender medizinischer Lehrmeinung kein Verletzungspotenzial medizinisch-wissenschaftlicher bzw. biomechanischer Art aufweist.
Die Ausführungen der Sachverständigen stehen im Einklang mit der herrschenden wissenschaftlich-medizinischen Lehrmeinung, welche traumatischen Ereignisse geeignet sind, ursächlich im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre eine Rotatorenmanschettenruptur zu verursachen. Hierzu wird in Schönberger/ Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 410ff) ausgeführt, dass ein Riss bzw. Teileinriss der Supraspinatussehne, d.h. der Riss der Rotatorenmanschette, durchaus traumatisch bedingt sein kann. Ein Sturz auf den ausgetreckten Arm ist aber ungeeignet.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
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