S 41 SO 583/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
41
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 41 SO 583/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 19.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.10.2011 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, EUR 440,65 an die Klägerin zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Rechtsträgerin eines nach § 72 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zugelassenen ambulanten Pflegedienstes, der die Pflege der am xxx geborenen und bei der Beklagten im Sozialhilfebezug stehenden Frau xxx (fortan: Hilfeempfängerin) übernommen hat. Sie begehrt die Zahlung von EUR 440,65 für die Pflege der Hilfeempfängerin in der Zeit vom 21.07. bis 31.07.2011, die erst nach dem Tod der Hilfeempfängerin am xxx durch Rechnung vom 17.08.2011 geltend gemacht worden sind.

Mit gegenüber der Hilfeempfängerin ergangenem Bescheid vom 15.07.2007 übernahm die Beklagte ab Erlass des Bescheides die Kosten für die ambulante Pflege durch den Pflegedienst der Klägerin gem. § 65 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Zum Umfang der gewährten Pflegeleistungen verwies die Beklagte auf den Inhalt der unter dem 15.07.2011 der Klägerin erteilten Kostenzusage, von der eine Kopie als Anlage beigefügt und ausdrücklich zum Bestandteil des Bescheides gemacht wurde. Die Vergütung der Pflegeleistungen sollte sich nach der geltenden Vergütungsvereinbarung der Klägerin mit den gesetzlichen Pflegekassen nach § 89 SGB XI richten. Für den Monat Juli 2011 berücksichtigte die Beklagte einen Eigenanteil der Hilfeempfängerin an den Kosten der Pflege in Höhe von EUR 135,-. In dieser Höhe hatte die Hilfeempfängerin für Juli 2011 bereits eine Pflegeaufwandsbeihilfe erhalten, wegen eines Krankenhausaufenthalts aber nicht zur Sicherstellung ihrer Pflege einsetzten müssen. Unter dem 20.07.2011 schlossen die Klägerin und die Hilfeempfängerin eine Vereinbarung über die Erbringung von Pflegeleistungen ab dem 20.07.2011 auf Grundlage der von der Klägerin abgeschlossenen Verträge nach dem SGB XI und des mit den Pflegekassen vereinbarten Leistungskomplexsystems. Am 11.08.2011 verstarb die Hilfeempfängerin. Mit Schreiben vom 17.08.2011 stellte die Klägerin der Beklagten für die der Hilfeempfängerin in der Zeit vom 21.07. bis 31.07.2011 erbrachten Pflegeleistungen i.H.v. EUR 575,65 abzüglich des Eigenanteils der Hilfeempfängerin i.H.v. EUR 135,- insgesamt EUR 440,65 in Rechnung.

Mit Schreiben vom 19.08.2011 teilte die Beklagte mit, dass der Anspruch der Hilfeempfängerin auf die Übernahme der Kosten für die ambulante Pflege mit ihrem Tode geendet habe. Es dürften keine Rechnungen mehr angewiesen werden, auch wenn sich die Rechnungen noch auf einen Zeitpunkt zu Lebzeiten der Hilfeempfängerin bezögen. Die Klägerin selbst hätte – wie sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.07.2010, Az. B 8 SO 13/09 R ergäbe – ebenfalls keinen Anspruch mehr auf den Ausgleich offener Posten.

Mit Schriftsatz vom 02.09.2011 verlangte die Klägerin von der Beklagten, die Rechnung vom 17.08.2011 auszugleichen. Anders als in dem Sachverhalt, der der von der Beklagten zitierten BSG-Entscheidung zugrunde liege, bestehe mit der Kostenzusage der Beklagten vom 15.07.2011 eine selbstständige Kostengarantie. Dies folge insbesondere aus Seite 3 der Kostenzusage. Damit sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zu Gunsten Dritter – nämlich der Hilfeempfängerin – geschlossen worden. Ohne eine solche Kostengarantie wäre die Klägerin auch gar nicht vorleistend tätig geworden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011 wies die Beklagte, die den Schriftsatz vom 02.09.2011 als Widerspruch gegen den ihrer Auffassung nach in dem Schreiben vom 19.08.2011 liegenden Ablehnungsbescheid wertete, als unbegründet zurück. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass Leistungen der Sozialhilfe höchstpersönlicher Natur seien und grundsätzlich mit dem Tode des Hilfeempfängers untergingen. Davon mache § 19 Abs. 6 SGB XII für Einrichtungen wie Alten- und Pflegeheime zwar eine Ausnahme. Diese Norm sei aber nach der Rechtsprechung des BSG auf ambulante Pflegedienstleister wie die Klägerin nicht anwendbar. Ein Anspruch der Klägerin könne sich auch nicht aus der Kostenzusage vom 15.07.2011 ergeben. Solche Kostenzusagen sollten lediglich die zweckentsprechende Verwendung der sozialhilferechtlichen Mittel sicherstellen, begründeten aber grundsätzlich keinen eigenständigen Rechtsanspruch. Jedenfalls habe die Kostenzusage vom 15.07.2011 die Einschränkung enthalten, dass die Leistungen der Beklagten unmittelbar in Rechnung gestellt werden können, soweit die Pflegebedürftigen einen entsprechenden Rechtsanspruch besitze. Gerade dieser Rechtsanspruch habe aber durch den Tod der Hilfeempfängerin geendet.

Unter dem 14.11.20011 hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Schriftsatz vom 02.09.2011. Der Charakter der Kostenzusage vom 15.07.2011 als eine die Beklagte selbstständig verpflichtende Kostengarantie folge insbesondere aus dem Wortlaut der Zusage: "Die Gültigkeit dieser Kostengarantie wird für die Dauer der Abwesenheit ausgesetzt." - "frühere Kostengarantien verlieren hiermit an Gültigkeit". Es handele sich um eine Garantieerklärung, die über eine normale Bewilligung von Leistungen an den Hilfeempfänger hinausgehe. Denn wenn im normalen Geschäftsverkehr von Garantien die Rede sei, so stelle dies eine gesteigerte Haftung dar. Dies sei von der Klägerin vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BSG zu § 19 Abs. 6 SGB XII auch verlangt worden. Kein ambulanter Pflegedienstleister sei mehr bereit, geradezu vorschüssig Pflegeleistungen an Sozialhilfeempfänger zu erbringen, weil ansonsten letztlich er das Risiko des Versterbens der Hilfeempfänger vor Ausgleich offener Rechnungen trage.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 19.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.10.2011 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von EUR 440,65 an sich zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug. Vertiefend führt sie aus, dass sich aus den zitierten Passagen der Kostenzusage vom 15.07.2011 nichts für die Begründung eines eigenständigen Anspruchs der Klägerin ergebe. Entscheidend sei vielmehr der Passus "Soweit der / die Og. einen entsprechenden Rechtsanspruch besitzt und Ihre Leistungen den vorstehenden Ausführungen entsprechen, können diese unmittelbar mit mir abgerechnet werden." Danach sei Voraussetzung für eine Leistungsabrechnung mit der Beklagte, dass die pflegebedürftige Person einen sozialhilferechtlichen Anspruch habe. Gerade dieser Anspruch sei aber mit dem Tode der Hilfeempfängerin untergegangen. Die Klägerin müsse sich deshalb an die gesetzlichen Erben halten. Könne sie ihre Ansprüche auf diesem Wege nicht befriedigen, gehöre dies zu ihrem unternehmerischen Risiko.

Auf Anfrage des Gerichts hat die Beklagte mitgeteilt, dass gegen die Höhe der geltend gemachten Forderung keine Bedenken bestünden, sie sei sachlich und rechnerisch richtig. Mit Verfügung vom 20.02.2012 hat das Gericht einen rechtlichen Hinweis erteilt: Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 75 SGB XII und zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis (Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R) komme ein Anspruch der Klägerin aufgrund eines Schuldbeitritts der Beklagten zu der Verpflichtung der Hilfeempfängerin aus der Vereinbarung über die Erbringung von Pflegeleistungen in Betracht. Außerdem hat das Gericht Kopien der zwischen der Beklagten und der Klägerin geschlossenen Vereinbarungen nach §§ 72, 89 SGB XI beigezogen.

Die Beklagte ist der Auffassung, diese zur stationären Eingliederungshilfe ergangene Rechtsprechung des BSG sei nicht auf Fälle der ambulanten Hilfe zur Pflege übertragbar. Denn in seinem späteren Urteil vom 13.07.2010, Az. B 8 SO 13/09 R habe der 8. Senat des BSG die Frage eines unmittelbaren Zahlungsanspruchs aus einem Schuldbeitritt im Fall eines ambulanten Pflegedienstes schon gar nicht erörtert. Im Hinblick auf die den Nachrang der Sozialhilfe sichernden Vorschriften der §§ 93, 94, 102 SGB XII bestünden auch Bedenken, ambulanten Pflegediensten noch nach dem Tod des Hilfeempfängers Ansprüche gegen einen Sozialhilfeträger aus einem Schuldbeitritt einzuräumen. Denn die §§ 93, 94, 102 SGB XII erlaubten einen Rückgriff durch Anspruchsüberleitung bzw. Inanspruchnahme der Erben auf Kostenersatz nur für zu Lebzeiten des Hilfeempfängers erbrachte Sozialhilfe. Nach dem Tod geleistete Zahlung an einen ambulanten Pflegedienst auf Grundlage eines Schuldbeitritts zu einem Vertrag über Pflegeleistungen erfolgten aber nicht zu Lebzeiten des Hilfeempfängers. Es handele sich außerdem um privatrechtliche Ansprüche und nicht um Sozialhilfe. Letztlich sei deshalb der Nachrang der Sozialhilfe gefährdet. Schließlich liege in § 19 Abs. 6 SGB XII eine abweichende Bestimmung im Sinne von § 75 Abs. 1 Satz 2 2. HS SGB XII. Die auf § 75 SGB XII fußende Rechtsprechung des BSG zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis sei deshalb entgegen § 75 Abs. 1 Satz 2 1. HS SGB XII auf ambulante Dienste wie den der Klägerin nicht anwendbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Für die Klage ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet, obwohl die Kammer den Zahlungsanspruch der Klägerin letztlich auf den zwischen der Klägerin und der Hilfeempfängerin geschlossenen (zivilrechtlichen) Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflegeleistungen vom 20.07.2011 und den Schuldbeitritt der Beklagten zur daraus folgenden zivilrechtlichen Schuld der Hilfeempfängerin stützt (vgl. ausführlich unten). Denn nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen (auch sekundär) in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, sofern wie hier ein Klagebegehren vor dem Hintergrund eines einheitlichen Lebenssachverhalts vorliegt (BSG, Urteil vom 28.03.2000, B 8 KN 3/98 U R, juris-Rn 12 ff. = BSGE 86, 78 m.w.N.; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO-Kommentar, 29. Auflage 2008, § 17 GVG Rn 5 ff. m.w.N.). Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG hat zur Konsequenz, dass das für eine Anspruchsgrundlage zuständige Gericht auch über solche Anspruchsgrundlagen entscheidet, die für sich allein die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit begründen würden (BSG, Beschluss vom 29.09.1994, 3 BS 2/93, juris-Rn 14). Die Klägerin begehrt Zahlung von Pflegekosten i.H.v. EUR 440,65. Hierzu beruft sie sich vorrangig auf die Kostenzusage der Beklagten vom 15.07.2012, in der sie eine Kostengarantie erblickt. Rechtlich ist die Kostengarantie eines Sozialhilfeträgers, die – so die Auffassung der Klägerin – einen selbstständigen Zahlungsanspruch begründet, als abstraktes Schuldanerkenntnis in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Vertrages einzuordnen (vgl. Coseriu, Sozialrecht aktuell 2012, 99, 101; offengelassen von BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 25 m.w.N.), so dass insoweit der Sozialrechtsweg eröffnet ist. Ob auch für die nach Auffassung der Kammer letztlich tragende Anspruchsgrundlage der Rechtsweg zu den Sozialgerichten – und nicht der Zivilrechtsweg – eröffnet ist, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.

Nach Auffassung der Kammer wäre der Sozialrechtsweg aber auch dann eröffnet, wenn die Klägerin ihren Anspruch nicht auf eine "selbstständige Kostengarantie", sondern allein auf ihre vertragliche Vereinbarung mit der Hilfeempfängerin stützte, der die Beklagte nach Auffassung der Kammer durch Schuldbeitritt beigetreten ist (im Ergebnis – ohne nähere Befassung mit der Frage des Rechtswegs – ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.02.2011, Az. L 1 SO 33/09 und Urteil vom 25.11.2010, Az. L 1 SO 8/10; a.A.: Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 96; Coseriu, Sozialrecht aktuell 2012, 99, 100). Zwar trat die Beklagte dadurch einer privatrechtlichen Schuld bei, und müsste die Klägerin zur Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die Hilfeempfängerin selbst vor den Zivilgerichten klagen. Andererseits liegt der an sich zivilrechtlichen Verpflichtung der Beklagten ein Schuldbeitritt zugrunde, der durch den Erlass des Bescheides vom 15.07.2011 erfolgte und seine Grundlage im SGB XII und damit im Öffentlichen Recht hat. Im Übrigen wird in solchen Konstellationen regelmäßig nicht die Auslegung des zivilrechtlichen Vertrags zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer, sondern vielmehr die Frage streitentscheidend sein, ob und ggf. in welchem Umfang der Sozialhilfeträger der zivilrechtlichen Schuld des Hilfeempfängers beigetreten ist. Zu dieser Frage, die aus Sicht der Zivilgerichte nur eine – wenn auch wohl in aller Regel die streitentscheidende – Vorfrage wäre, verhalten sich ausschließlich öffentlich-rechtliche Normen des Sozialhilferechts (§§ 75 ff. SGB XII). Überdies bildet das sozialhilfe- / öffentlich-rechtliche Leistungsrecht – maßgeblich für das so genannte Grundverhältnis zwischen Sozialhilfeträger und Hilfeempfänger – den vorrangigen rechtlichen Maßstab für die übrigen Rechtsbeziehungen im Dreiecksverhältnis von Hilfeempfänger, Sozialhilfeträger und Leistungserbringer und gibt ihnen dadurch ein öffentlich-rechtliches Gepräge. Letzteren Rechtsbeziehungen kommt nämlich – auch im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz der Realisierung der sozialen Rechte der Hilfeempfänger – nur eine dienende Funktion zu (Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, Stand 05.12.2011, § 75 Rn 26 m.w.N.; Bieback, NZS 2007, 505, 506). Schließlich drohte – jedenfalls im Anwendungsbereich des § 19 Abs. 6 SGB XII, d.h. bei Einrichtungen i.S.v. § 13 SGB XII - eine unökonomische Rechtswegzersplitterung, wenn man den Sozialrechtsweg für Ansprüche aus einem Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers nicht für eröffnet halten wollte: Wird die Vergütung bereits bewilligter Leistungen auf Grundlage einer Kostenzusage (Anspruchsgrundlage Schuldbeitritt) und zugleich eine darüber hinausgehende, vor dem Tode des Hilfeempfängers nur (vergeblich) beantragte Leistung (Anspruchsgrundlage § 19 Abs. 6 SGB XII) von der Einrichtung eingeklagt, läge die Zuständigkeit für die Entscheidung über Ansprüche aus dem Schuldbeitritt bei der Zivilgerichtsbarkeit, während für Ansprüche aus § 19 Abs. 6 SGB XII die Sozialgerichtsbarkeit zuständig wäre. Da sich die für beide Ansprüche maßgebliche Vorfrage –Bestehen eines Sozialhilfeanspruchs – nach den öffentlich-rechtlichen Normen des SGB XII richtet, erscheint dies nicht hinnehmbar.

Sofern man ein Vorverfahren vor der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen aus einem selbstständigen Garantievertrag bzw. einem Schuldbeitritt der Beklagten zu einer zivilrechtlich begründeten Verpflichtung der Hilfeempfängerin überhaupt für erforderlich hält (§ 78 Sozialgerichtsgesetz –SGG-), so ist dies jedenfalls ordnungsgemäß durchgeführt worden. In dem Schreiben vom 19.08.2011 liegt zur Überzeugung der Kammer ein Verwaltungsakt. Die nach § 31 SGB X erforderliche Regelung besteht in der Ablehnung der von der Klägerin begehrten Zahlung. Der Widerspruch der Klägerin liegt in deren Schriftsatz vom 02.09.2011, mit dem sie sich inhaltlich gegen den Bescheid vom 19.08.2011 wendet. Das Widerspruchsverfahren wurde schließlich durch Erlass des Widerspruchsbescheids vom 26.10.2011 ordnungsgemäß abgeschlossen.

Die Klage ist auch begründet.

Der Anspruch der Klägerin ist aus dem zwischen ihr und der Hilfeempfängerin geschlossenen Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflegeleistungen vom 20.07.2011 begründet. Die Beklagte ist der durch diesen Vertrag begründeten Zahlungsverpflichtung der Hilfeempfängerin gegenüber der Klägerin durch den gegenüber der Hilfeempfänger ergangenen Bescheid ("Kostenzusage") vom 15.07.2011 im Wege eines kumulativen Schuldbeitritts beigetreten.

Einem an einen Hilfeempfänger gerichteten Verwaltungsakt kommt eine Drittwirkung i.S. eines solchen Schuldbeitritts gegenüber einem Leistungserbringer zu, wenn die Leistungserbringung in einem zwischen Hilfeempfänger, Sozialhilfeträger und Leistungserbringer bestehenden sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis erfolgt (BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 15 ff.; Urteil vom 02.02.2010, Az. B 8 SO 20/08 R; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010, Az. L 1 SO 8/10, juris-Rn 30 ff.; Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, § 75 Rn 41; Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, Stand 05.12.2011, § 75 Rn 28; Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 93 m.w.N.; kritisch u.a. Plagemann, SGb 2010, 157, 161 ff.; Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, zitiert bei RdLH 2010, 67, 69; Dillmann/Dannat, ZfF 2009, 241, 248 jeweils m.w.N.).

Anders als bei der Leistungserbringung "ohne Dreieck", bei der – etwa bei den Kosten der Unterkunft – Leistungsbeziehungen zwischen Hilfeempfänger und Sozialhilfeträger einerseits und Hilfeempfänger und einer dritten Person andererseits bestehen, zeichnet sich ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis gerade durch das Bestehen allseitiger Rechtsbeziehungen aus, die ihre Ursache darin haben, dass der Sozialhilfeträger die Sozialleistung nicht selbst erbringt, sondern sich hierzu Dritter – der so genannten Leistungserbringer – bedient (vgl. § 75 Abs. 2 SGB XII) und zu diesem Zweck bereits im Vorfeld und losgelöst von einem konkreten Leistungsfall (Rahmen-)Vereinbarungen mit den Leistungserbringern trifft (vgl. § 75 Abs. 3 bis 5 SGB XII; zusammenfassend zum Begriff des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses etwa Pattar, Sozialrecht aktuell 2010, 85, 87 f. und Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, Stand 05.12.2011, § 75 Rn 24 ff. jeweils m.w.N.). Es bestehen deshalb Rechtsbeziehungen zwischen Sozialhilfeträger und Hilfeempfänger (öffentlich-rechtliches Grundverhältnis auf Grundlage der Kapitel 3 bis 9 des SGB XII, so genanntes Leistungsrecht), Hilfeempfänger und Leistungserbringer (zivilrechtliches Erfüllungsverhältnis u.a. auf Grundlage des zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer geschlossenen Vertrages), sowie Leistungserbringer und Sozialhilfeträger (öffentlich-rechtliches Leistungsverschaffungsverhältnis auf Grundlage der §§ 75 ff. SGB XII , so genanntes Leistungserbringerrecht).

Innerhalb dieser Beziehungen handelt es sich bei der vom Sozialhilfeträger dem Hilfeempfänger im Grundverhältnis geschuldeten Leistung weder um eine Sach- noch um eine Geldleistung (so aber die wohl überwiegende Meinung zum überkommenen Recht, vgl. die Nachweise bei Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 93), sondern vielmehr um einen Anspruch auf Sachleistungsverschaffung, wie sich aus der Ausgestaltung der Leistungsbeziehungen im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis und insbesondere dem Wortlaut des Gesetzes ergibt (BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 17 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010, Az. L 1 SO 8/10, juris-Rn 31 ff.): § 75 Abs. 4 SGB XII formuliert, dass der Träger der Sozialhilfe Leistungen nur in bestimmten Fällen durch eine Einrichtung erbringen dürfe und § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII spricht ausdrücklich von der "Übernahme der Vergütung", was etwas anderes bedeuten muss als das Auskehren einer Geldleistung an den Hilfeempfänger. Systematisch spricht für diese Auslegung auch, dass die Träger der Sozialhilfe in § 89 Abs. 2 SGB XI als Kostenträger bezeichnet werden, was sie nicht sein könnten, wenn sie dem Hilfeempfänger nur eine reine Geldleistung – durch Auszahlung an den Leistungserbringer – erbrächten (Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 93). Diese Auslegung bedeutet auch kein Unterlaufen des Vorrangs der Geldleistung (§ 10 Abs. 3 SGB XII), denn dieser Vorrang steht gerade unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen innerhalb des SGB XII (Coseriu, Sozialrecht aktuell 2012, 99, 100; Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 94). Überdies entspricht dieses Auslegungsergebnis der Praxis (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn26 m.w.N.): Dem Hilfeempfänger wird durch Bescheid mitgeteilt, dass die Kosten übernommen werden, der Bescheid wird dem Leistungserbringer zur Kenntnisnahme, verbunden mit einer Kostenzusage, übersandt. Der Hilfeempfänger bleibt im Übrigen mehr oder weniger außen vor und nimmt die vom Leistungserbringer erbrachte Leistung entgegen (vgl. Coseriu, Sozialrecht aktuell 2012, 99, 100).

Übernahme der Vergütung i.S.v. § 75 SGB XII bedeutet vor dem Hintergrund des nach dem o.g. nur auf Sachleistungsverschaffung gerichteten Anspruchs des Hilfeempfängers und der Interesen aller an dem Dreiecksverhältnis Beteiligten deshalb Schuldübernahme durch Verwaltungsakt (gegenüber dem Hilfeempfänger) mit Drittwirkung (gegenüber dem Leistungserbringer), in Form eines Schuldbeitritts (kumulative Schuldübernahme). Der Sozialhilfeträger tritt auf diese Weise als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistung bezüglich der im Erfüllungsverhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer begründeten vertraglichen Schuld an die Seite des Hilfeempfängers (BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 17 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010, Az. L 1 SO 8/10, juris-Rn 31 ff.; Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, § 75 Rn 41; Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, Stand 05.12.2011, § 75 Rn 28; Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 93 f. m.w.N.). Der Leistungserbringer erhält dadurch einen weiteren Schuldner, der Sozialhilfeträger u.a. die Möglichkeit, versehentliche Überzahlungen direkt und ohne Umweg über den Hilfeempfänger vom Leistungserbringer zurück zu verlangen (Dillmann/Dannat, ZfF 2009, 241, 251, Fußnote 121; vgl. LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 18.02.2011, Az. L 1 SO 33/09).

Zwischen den Beteiligten und der Hilfeempfängerin bestand ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis: Die Hilfeempfängerin stand bei der Beklagten aufgrund des Bescheides vom 15.07.2011 auch im Hinblick auf Leistungen der Hilfe zur Pflege im Sozialhilfebezug (Grundverhältnis) und hatte zugleich mit der Klägerin unter dem 20.07.2011 einen Vertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen geschlossen (Erfüllungsverhältnis). Zwischen Beklagter und Klägerin (Leistungsverschaffungsverhältnis) bestanden zwar nicht die nach § 75 Abs. 3 SGB XII für die Pflicht zur Übernahme der Vergütung erforderliche Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung. Bei der Klägerin handelt es sich jedoch um eine zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 SGB XI, wie die zwischen der Klägerin und der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassen in Nordrhein-Westfalen – unter Beteiligung der Beklagten als örtlichem Träger der Sozialhilfe (vgl. § 75 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) – getroffenen Vereinbarungen nach §§ 72, 89 SGB XI belegt, auf die die Beklagte im Bescheid an die Hilfeempfängerin vom 15.07.2011 auch ausdrücklich Bezug nimmt. Deshalb ist die Beklagte nach § 75 Abs. 5 SGB XII trotzdem zur Übernahme der Vergütung – im Wege des Schuldbeitritts – für die der Hilfeempfängerin durch die Klägerin erbrachten ambulanten Pflegeleistungen verpflichtet.

Es spricht – anders als etwa bei § 19 Abs. 6 SGB XII (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2010, Az. B 8 SO 13/09 R) – auch nichts gegen eine Erstreckung der vom BSG herausgearbeiteten Auslegung auf ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis, bei dem die Klägerin als Leistungserbringer keine Einrichtung i.S.d. § 13 SGB XII unterhält, sondern einen ambulanten Pflegedienst betreibt. Zwar trifft der Hinweis der Beklagten zu, dass – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung bisher nur Fälle behandelt wurden, bei denen es sich beim Leistungserbringer um eine Einrichtung i.S.v. § 13 SGB XII gehandelt hat (vgl. aber BSG, Urteil vom 22.03.2012, Az. B 8 SO 30/10 R, juris-Rn 16, das von einer Anwendbarkeit seines Auslegungsergebnisses zum Schuldbeitritt auf ambulante Dienste ausgeht, ohne dass es im dort zu entscheidenden Fall darauf angekommen wäre). Der für die Rechtsverhältnisse im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses maßgebliche § 75 SGB XII findet nach seinem Abs. 1 Satz 2 jedoch auch auf Dienste Anwendung, wobei darunter alle Organisationen fallen, die ambulante Leistungen erbringen, insbesondere auch ambulante Pflegedienste (Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 4. Auflage 2012, § 75 Rn 10 m.w.N.). Überdies sieht § 75 Abs. 5 SGB XII Satz 1 ausdrücklich auch die Übernahme der "Vergütung der ambulanten und teilstationären Pflegeleistungen" vor und ist die Grundstruktur des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses bei Einrichtungen und Diensten identisch (Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85 f.).

Zur Überzeugung der Kammer stellt § 19 Abs. 6 SGB XII auch keine grundsätzlich oder auch nur für den Zeitraum nach dem Tode des Hilfeempfängers abweichende, die Anwendung des § 75 SGB XII auf (ambulante) Dienste ausschließende Bestimmung im Sinne von § 75 Abs. 1 Satz 2 2. HS SGB XII dar. § 19 Abs. 6 SGB XII regelt nichts Abweichendes, sondern etwas anderes als § 75 SGB XII: Systematisch gehört § 19 Abs. 6 SGB XII zum Leistungsrecht und regelt das Grundverhältnis zwischen Hilfeempfänger (bzw. seinem Sonderrechtsnachfolger) und Sozialhilfeträger, während § 75 SGB XII dem Leistungserbringerrecht zugehörig ist und das Leistungsverschaffungsverhältnis zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer erfasst. An dieser Einordnung ändert sich auch dadurch nichts, dass § 19 Abs. 6 SGB XII einem vor der Bewilligung von Leistungen durch den Sozialhilfeträger vorleistenden Dritten einen Anspruch einräumt. Denn zu diesem Zweck statuiert § 19 Abs. 6 SGB XII einen besonderen Fall der Sonderrechtsnachfolge im Sinne einer cessio legis (BSG, Urteil vom 13.07.2010, Az. B 8 SO 13/09 R, juris-Rn 11 m.w.N.), so dass der vorleistende Dritte lediglich in die Rechtsstellung des verstorbenen Hilfeempfängers eintritt, nicht aber einen eigenen, selbstständigen Anspruch erwirbt. Anders als in einem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis kommt es deshalb zu keiner eigenständigen rechtlichen Beziehung zwischen dem vorleistenden Dritten und dem Sozialhilfeträger i.S.e. Leistungsverschaffungsverhältnisses, die neben das Grundverhältnis von Sozialhilfeträger und Hilfeempfänger tritt. Vielmehr bleibt es bei einer Leistung "ohne Dreieck", bei der der Dritte lediglich kraft gesetzlicher Anordnung die Stellung des Hilfeempfängers einnimmt. Darüber hinaus erfasst § 75 SGB XII strukturell von § 19 Abs. 6 SGB XII so verschiedenartige Fälle, dass nach dem Dafürhalten der Kammer in § 19 Abs. 6 SGB XII § 75 SGB XII keine abweichende Bestimmung i.S.v. § 75 Abs. 1 Satz 2 2.HS SGB XII liegen kann. So setzt § 75 SGB XII für seine Anwendbarkeit ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis voraus und versetzt den Sozialhilfeträger dann in die Lage, eine an sich ihm obliegende Leistung (e contr. § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) nach deren Bewilligung durch einen Dritten – den Leistungserbringer – zu erbringen. Erfasst werden also gerade nicht die Fälle, in denen – wie bei § 19 Abs. 6 SGB XII – ein Dritter ohne Billigung anstelle des Sozialhilfeträgers vorleistet. Deshalb lässt § 75 SGB XII den Leistungserbringer – anders als § 19 Abs. 6 SGB XII – auch nicht an die Stelle des Hilfebedürftigen treten, mit dem Risiko, dass die Tatbestandsvoraussetzungen ("soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre") nicht vorliegen. Vielmehr gewährt er ihm im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses und nach Erlass eines Bewilligungsbescheids durch den Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers einen zusätzlichen (Gesamt-)Schuldner. In den Fällen des § 75 SGB XII rückt also nicht der Dritte, sondern der Sozialhilfeträger (auch) in die Rechtsstellung des Hilfeempfängers ein. Schließlich liefe § 75 Abs. 1 Satz 2 1. HS SGB XII weitgehend leer, wenn man ambulante Dienste wegen § 19 Abs. 6 SGB XII von der Anwendung der §§ 75 ff. SGB XII ganz oder teilweise ausnehmen wollte.

Dem Anspruch der Klägerin lässt sich auch nicht entgegen halten, dass in dem gegenüber der Hilfeempfängerin am 15.07.2011 erlassenen Bescheid kein Schuldbeitritt zu dem zeitlich später, nämlich erst am 20.07.2011 abgeschlossenen Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflegeleistungen liegen kann. Denn ein Schuldbeitritt kann antizipiert auch für eine künftig entstehende Verpflichtung vereinbart werden, wenn er die übernommene Verpflichtung mit hinreichender Deutlichkeit abgrenzt (Grüneberg, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Auflage 2008, Vor § 414 Rn 2 m.w.N.). Letzteres dürfte im Rahmen der Hilfegewährung bei Hilfe zur Pflege regelmäßig der Fall sein. Denn im Bescheid des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Hilfeempfänger wird regelmäßig ausdrücklich aufgeführt, für welche Pflegeleistungen (Leistungskomplexe / Verbundkomplexe) der Sozialhilfeträger Hilfe gewährt. Dadurch ist aber auch ausdrücklich klargestellt, in welcher Höhe der Sozialhilfeträger der vertraglich begründeten Verpflichtung des Hilfeempfängers gegenüber dem Leistungserbringer beitritt: Nämlich insoweit, als sie durch die in der Kostenzusage aufgeführten Leistungen begründet wird. Auch im hier vorliegenden Fall hat die Beklagte die künftige Verpflichtung, zu der sie beigetreten ist, hinreichend deutlich abgegrenzt, nämlich durch Einbeziehung der der Klägerin erteilten und detaillierter auf den Umfang der bewilligten Pflegeleistung eingehende Kostenzusage in den an die Hilfeempfängerin gerichteten Bescheid. Im Übrigen liefe das vom BSG gewonnene Auslegungsergebnis des Schuldbeitritts im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis in der Praxis weitgehend leer, wollte man einen antizipierten Schuldbeitritt durch den im Verhältnis zum Hilfeempfänger erlassenen Verwaltungsakt nicht für zulässig halten. Denn gerade wegen der wirtschaftlichen Situation der Hilfeempfänger werden diese und der Leistungserbringer vor Erlass der Kostenzusage in Form eines an den Hilfeempfänger gerichteten Verwaltungsaktes eine vertragliche Vereinbarung nicht treffen wollen: Der Hilfeempfänger müsste eine finanzielle Verpflichtung eingehen, von der er weiß, dass er sie ohne die Kostenzusage nicht wird erfüllen können. Und der Leistungserbringer würde sich zur (Vor-)Leistung gegenüber einem Schuldner verpflichten, von dessen Leistungsunfähigkeit für den Fall der nicht erteilten Kostenzusage er sicher ausgehen kann.

Schließlich besteht der Anspruch der Klägerin auch in der geltend gemachten Höhe von EUR 440,65. Die Beteiligten gehen – ebenso wie das Gericht mangels anderslautender Hinweise – übereinstimmend davon aus, dass die Forderung in dieser Höhe von der Klägerin sachlich und rechnerisch zutreffend ermittelt wurde.

Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht durch den Tod der Hilfeempfängerin untergegangen. Denn anders als der (Primär-)Anspruch des Hilfeempfängers gegenüber dem Sozialhilfeträger aus dem SGB XII handelt es sich bei dem Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Vertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen nicht um einen höchstpersönlichen sozialhilferechtlichen, sondern einen privatrechtlichen Anspruch, dem die Beklagte lediglich aufgrund des sozialhilferechtlich durch Verwaltungsakt begründeten Schuldbeitritts als Gesamtschuldner ausgesetzt ist. Der Tod der Hilfeempfängerin vermag deshalb an der selbstständigen, d.h. vom Schicksal der Verpflichtung des Hilfeempfängers unabhängigen (Grüneberg, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Auflage 2008, Vor § 414 Rn 4 und 7) Verpflichtung der Beklagten nichts zu ändern (vgl. § 425 Abs. 1 BGB; den Nicht-Untergang des Anspruchs aus dem Schuldbeitritt voraussetzend auch BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 27; im Ergebnis ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010, Az. L 1 SO 8/10, juris-Rn 35 und Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 4. Auflage 2012, § 19 Rn 30).

Diesem Ergebnis kann nicht entgegen gehalten werden, dass damit dem § 19 Abs. 6 SGB XII kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Denn für § 19 Abs. 6 SGB XII verbleiben weiterhin (auch) die Fälle, in denen der Tod des Hilfeempfängers vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid eintritt (BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 27) und in denen der Leistungserbringer als Rechtsnachfolger des Hilfeempfängers höhere als die bewilligten Leistungen begehrt (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010, Az. L 1 SO 8/10, juris-Rn 36).

Ein Untergang des Anspruchs aus dem Schuldbeitritt bei Versterben des Hilfeempfängers lässt sich auch nicht – wie die Beklagte vorträgt – aus dem Urteil des BSG vom 13.07.2010, Az. B 8 SO 13/09 R herauslesen. Zwar standen dort die Kosten für ambulante Pflegeleistungen nach dem Tod des Hilfeempfängers im Streit und hat das BSG dort – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – die Frage eines unmittelbaren Zahlungsanspruchs aus einem Schuldbeitritt überhaupt nicht erörtert. Das dürfte seine Ursache jedoch darin gehabt haben, dass die dortige Beklagte einen Teil der Kosten entsprechend einer erteilten, aber angefochtene Kostenzusage übernommen hatte. Im Streit standen nur noch Kosten, die von der erteilten Kostenzusage nicht umfasst waren und auf die sich deshalb der Schuldbeitritt nicht erstreckte (BSG, Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 25; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010, A. L 1 SO 8/10, juris-Rn 33; Coseriu, Sozialrecht aktuell 2012, 99, 101), so dass für diesbezügliche Ausführungen des BSG kein Raum war.

Schließlich lässt das Fortbestehen des Anspruchs der Klägerin aus dem Schuldbeitritt trotz des Todes der Hilfeempfängerin auch nicht die den Nachrang der Sozialhilfe sicherstellenden Vorschriften der §§ 93, 94, 102 SGB XII leerlaufen. Sofern die Beklagte mit Blick auf §§ 93, 94 SGB XII vorträgt, der dort geregelte Anspruchsübergang komme nicht mehr zum Zuge, weil es sich bei Leistungen nach dem Tode des Hilfeempfängers nicht mehr um Sozialhilfe, sondern um die Erfüllung eines zivilrechtlichen Anspruchs handelt, ist dem in zweierlei Hinsicht nicht zu Folgen. Zum einen besteht die dem Hilfeempfänger erbrachte Sozialhilfe in der Leistungsverschaffung durch Schuldbeitritt (vgl. BSG, Urteil vom 02.02.2010, Az. B 8 SO 20/08 R, juris-Rn 12; LSG Bayern, Urteil vom 25.11.2010, Az. L 8 SO 136/10, juris-Rn 27) und nicht erst in der Zahlung an den Leistungserbringer. Leistungsverschaffung und Schuldbeitritt finden jedoch zu Lebzeiten des Hilfeempfängers statt, nur ihre Folgen werden nach dessen Tod durch Zahlung an den Leistungserbringer abgewickelt. Zum anderen gehen Ansprüche dem Wortlaut der §§ 93, 94 SGB XII nach nicht im Umfang der geleisteten Sozialhilfe, sondern im Umfang der Aufwendungen des Sozialhilfeträgers für Leistungen der Sozialhilfe über. Wie etwa auch bei der Gewährung von Sachleistungen kann deshalb der mit der Erbringung der Leistung verbundene Aufwand durch den Anspruchsübergang geltend gemacht werden. Als Aufwand der Sachleistungsverschaffung lässt sich aber auch die Zahlung auf Grundlage des Schuldbeitritts zwanglos unter die §§ 93, 94 SGB XII subsumieren und steht der zivilrechtliche Charakter der Zahlung dem nicht entgegen. Wollte man das anders sehen, dürfte der Sozialhilfeträger die für die Erbringung einer Sachleistung nötigen, zivilrechtlich begründeten Verpflichtungen etwa aus Kauf- oder Dienstverträgen im Rahmen der §§ 93, 94 SGB XII ebenfalls nicht als Aufwendungen i.S.v. §§ 93, 94 SGB XII in Ansatz bringen. Den Einwänden der Beklagten mit Blick auf § 102 SGB XII - Kostenersatz durch Erben sei nur für die Kosten der Sozialhilfe zu leisten, die innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden – stehen nach Auffassung der Kammer dieselben Argumente entgegen: Die eigentliche Sozialhilfeleistung – die Sachleistungsverschaffung mit Schuldbeitritt – ist noch vor dem Erbfall erbracht worden. Die zu ihrer Abwicklung nötigen Zahlungen lassen sich im Rahmen des § 102 SGB XII unter den Begriff der Kosten der Sozialhilfe subsumieren. Daneben ist der Nachrang der Sozialhilfe gegenüber Erben des Hilfeempfängers auch durch § 426 Abs. 1 Satz 1 2. HS BGB sichergestellt. Denn in den Vorschriften des Sozialhilferechts dürfte "ein anderes bestimmt" sein als ein Gesamtschuldnerausgleich nach Kopfteilen (§ 426 Abs. 1 Satz 1 1. HS BGB), nämlich eine Ausgleichspflicht der an Stelle des Hilfeempfängers zu Gesamtschuldnern gewordenen Erben in Höhe der vollen, vom Sozialhilfeträger beglichenen Gesamtschuld.

Nachdem der Anspruch der Klägerin bereits aus dem Schuldbeitritt der Beklagten zu dem zwischen der Klägerin und der Hilfeempfängerin geschlossenen Vertrag vom 20.07.2011 begründet ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die von der Beklagten unmittelbar gegenüber der Klägerin erteilte Kostenzusage für ambulante Pflegeleistungen vom 15.07.2011 als selbstständige "Kostengarantie" oder so verstanden werden kann oder muss, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin für die Kosten der ambulanten Pflege im Sinne eines deklaratorischen oder gar abstrakten Schuldanerkenntnisses einstehen wollte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 25, Coseriu, Sozialrecht Aktuell 2012, 99, 100 ff. jeweils m.w.N.).

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin als unterliegende Beteiligte (§ 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-). Das Verfahren unterfällt dem Regelungsbereich des § 197a SGG, weil weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 genannten Personen gehören. Insbesondere ist die Klägerin nicht Leistungsempfängerin im Sinne der Vorschrift. Sie macht ihren Anspruch nicht als Sonderrechtsnachfolgerin der Hilfeempfängerin gestützt auf § 19 Abs. 6 SGB XII geltend (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2010, Az. B 8 SO 13/09 R), sondern berühmt sich eines eigenständigen Anspruchs aus einem selbstständigen Garantievertrag bzw. verfügt über einen eigenständigen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte. Bei diesen Ansprüchen handelt es sich jedoch nicht um (Sozial-)Leistungen i.S.v. § 183 SGG i.V.m. § 11 SGB I (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 10. Auflage 2012, § 183 Rn 6 m.w.N.), sondern um die der Klägerin zustehende Vergütung für die Pflege der Hilfeempfängerin.

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen, weil die Anwendung der Rechtsprechung des BSG zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis (BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R) auf ambulante Dienste bisher – soweit ersichtlich – obergerichtlich noch nicht geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
Saved