Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 14 R 465/10
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Die fünf Qualifikationsgruppen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers als Eingliederungsmodell die
Verhältnisse des Beitrittsgebietes auf der Grundlage der Ausbildungsstrukturen in der ehemaligen DDR
spiegeln (BT-Drucks. 197/91) und orientieren sich daher nicht an der Bewertung durch die Handelskammer.
Zur Einstufung eines Elektrotechnikers und Berufsschullehrers in der praktischen Lehrausbildung, der in der
Sehuecmhwaloigreten: Sowjetunion beschäftigt war, in eine Qualifikationsgruppe
Verhältnisse des Beitrittsgebietes auf der Grundlage der Ausbildungsstrukturen in der ehemaligen DDR
spiegeln (BT-Drucks. 197/91) und orientieren sich daher nicht an der Bewertung durch die Handelskammer.
Zur Einstufung eines Elektrotechnikers und Berufsschullehrers in der praktischen Lehrausbildung, der in der
Sehuecmhwaloigreten: Sowjetunion beschäftigt war, in eine Qualifikationsgruppe
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 7. Dezember 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 verurteilt, die Altersrente des Klägers unter Abänderung des Bescheides vom 26. Februar 1997 in der Gestalt des Bescheides vom 19. August 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 unter Einstufung seiner Beschäftigungszeiten vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI neu festzustellen und dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 2004 höhere Altersrente zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer höheren Altersrente.
Der am 1936 in der früheren Sowjetunion geborene Kläger besuchte bis 1953 die Schule mit dem Abschluss einer Sieben-Jahres-Schule. Anschließend arbeitete er in einer Kolchose und als Traktorist, schließlich seit 1957 als Elektriker. Er absolvierte von 1962 bis 1966 am Industrie-Pädagogischen Technikum ... ein Studium der Fachrichtung Elektroausrüstung von Industriebetrieben und -anlagen zum Elektrotechniker. Ausweislich seines Arbeitsbuches erhielt er am 29. Juni 1966 die Zuerkennung der 4. Lohngruppe als Elektromonteur. Am 15. Juli 1966 erhielt er seinen Fachschulabschluss. Vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 war er als "Meister in der praktischen Lehrausbildung" an der Städtischen Technischen Berufsschule in ... beschäftigt. Am 2. Dezember 1975 wurde er als Elektromonteur mit der 5. Lohngruppe eingestellt und erhielt am 26. Dezember 1975 die Zuerkennung der 6. Lohngruppe. Danach arbeitete er auf dem Bau und auf einer Kolchose. Am 2. Juni 1989 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Mit Bescheid vom 26. Februar 1991 erkannte die Handelskammer Hamburg die vom Kläger in der Sowjetunion erworbene Ausbildung zum Elektrotechniker als gleichwertig mit dem Abschlusszeugnis im Ausbildungsberuf Energieanlagentechniker an.
Mit Bescheid vom 26. Februar 1997 gewährte die Beklagte ihm eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. Januar 1997 in Höhe von damals DM 1.090,00 monatlich. Die in der Sowjetunion zurückgelegten Beitragszeiten vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 stufte sie als Tatbestände gleichgestellter Pflichtbeitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) unter Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 5 in der Anlage 13 zum SGB VI (ungelernte und angelernte Arbeitnehmer) ein. Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger Widerspruch mit dem Begehren, in eine höhere Qualifikationsgruppe eingestuft zu werden. Dem Widerspruch wurde mit Bescheid vom 19. August 1998 insoweit abgeholfen, als die o. g. Zeit in der Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) statt 5 angerechnet wurde. Der Kläger trug daraufhin vor, dass ihm als Fachschulabsolvent nicht die Qualifikationsgruppe 4, sondern 2 zuzuerkennen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers insoweit ab. Von einer Fachschulausbildung sei bisher nicht die Rede gewesen. Entsprechende Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Die von ihm vor dem Sozialgericht Lübeck erhobene Klage (S 4 RJ 13/99) nahm der Kläger am 28. Juni 2000 zurück.
Am 23. September 2008 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag hinsichtlich der Einstufung der Zeiträume vom 1. Juni 1953 bis 16. Oktober 1958, vom 24. März bis 28. April 1961 und vom 16. August 1966 bis 22. August 1975. Die erstgenannten Zeiträume seien dem Wirtschaftsbereich 22 der Anlage 14 zum SGB VI zuzuordnen und der letztgenannte Zeitraum in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen. Ausweislich seines Diplomzeugnisses habe er im Herkunftsland ein Fachstudium am Pädagogischen Technikum, einer mittleren Fachschule, durchlaufen und dieses am 1. Juli 1966 als Elektrotechniker abgeschlossen.
Die Beklagte stellte die Altersrente des Klägers mit Bescheid vom 10. Februar 2009 wegen der Zuordnung der im Überprüfungsantrag genannten Zeiträume zum Wirtschaftsbereich 14 neu fest. Für die Zeit ab 1. März 2009 ergab sich eine monatliche Rente in Höhe von EUR 697,76. Die Nachzahlung für die Zeit ab 1. Januar 2004 betrug EUR 432,12. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab, weil insoweit neue rechtserhebliche Tatsachen nicht geltend gemacht worden seien.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 16. Februar 2009 Widerspruch. In der Zeit vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 habe er eine seiner Fachschulausbildung entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Im Juli 2009 reichte er außerdem aktuelle Nachweise über seine in der Sowjetunion ausgeübten Beschäftigungen ein.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2009 stellte die Beklagte die Rente erneut neu fest, weil aufgrund der vorgelegten Bescheinigungen diverse Zeiten nun nicht mehr als nur glaubhaft gemacht, sondern als nachgewiesen angerechnet werden konnten. Für die Zeit ab 1. Januar 2010 ergab sich eine monatliche Rente in Höhe von EUR 820,96. Die Nachzahlung für die Zeit ab 1. Januar 2005 betrug EUR 6.043,31.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe keine Fachschulprüfung im Sinne der Qualifikationsgruppe 2 vorzuweisen. Die von ihm absolvierte Ausbildung entspreche ausweislich des vorliegenden Bescheides der Handelskammer Hamburg nicht einer Technikerausbildung, sondern führe lediglich zu einem Abschluss, der einem Facharbeiter entspreche.
Dagegen hat der Kläger am 16. September 2010 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Durch seine Ausbildung sei er in der Sowjetunion befähigt gewesen, als Lehrer an Berufsschulen zu arbeiten. Diese Tätigkeit habe er vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 ausgeübt. Die vorgenommene Bewertung der Handelskammer Hamburg sei nicht maßgeblich. Vielmehr sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die Verhältnisse im Herkunftsland abzustellen. Aus seinem Arbeitsbuch sei die Berufsbezeichnung "Meister für die betriebliche Ausbildung" zu entnehmen.
Der Kläger beantragt nach Aktenlage sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 7. Dezember 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 zu verurteilen, die Altersrente des Klägers unter Abänderung des Bescheides vom 26. Februar 1997 in der Gestalt des Bescheides vom 19. August 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 unter Einstufung seiner Beschäftigungszeiten vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI neu festzustellen und dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 2004 höhere Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Auch unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Herkunftsland verbleibe es bei der vorgenommenen Einstufung. Der Begriff Meister sei in der Sowjetunion regelmäßig nicht als Qualifikationsbezeichnung, sondern als Funktionsbezeichnung verwendet worden.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des Sozialgerichts Lübeck S 4 RJ 13/99, S 16 RJ 26/01 und S 16 R 1373/06 beigezogen und zusammen mit der Prozessakte S 14 R 465/10 zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht. Es hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gem. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vor der Entscheidung gehört worden.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 7. Dezember 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 ist insoweit rechtswidrig, als der Überprüfungsantrag des Klägers abgelehnt wurde, und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die teilweise Rücknahme des Rentenbescheides vom 26. Februar 1997 in der Gestalt des Bescheides vom 19. August 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 gemäß § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) liegen vor. Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei Erlass des Rentenbescheides wurde das Recht unrichtig angewandt.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente mit einer Einstufung seiner Beschäftigungszeiten vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI. Die Beklagte hat im Rentenbescheid festgestellt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum die Tatbestände von nach § 15 FRG gleichgestellten Beitragszeiten erfüllt hat. Die Bewertung dieser Zeiten richtet sich nach § 22 Abs. 1 FRG in Verbindung mit § 256 b SGB VI u. a. nach den Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI. Zu Unrecht hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger im genannten Zeitraum nur die Voraussetzungen für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 und nicht die Voraussetzungen für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 erfüllt.
Die Anlage 13 zum SGB VI kennt die fünf Qualifikationsgruppen der Hochschulabsolventen (Gruppe 1), der Fachschulabsolventen (Gruppe 2), der Meister (Gruppe 3), der Facharbeiter (Gruppe 4) und der an- und ungelernten Tätigkeiten (Gruppe 5). Nach der in der Anlage 13 zum SGB VI vorangestellten allgemeinen Definition der Qualifikationsgruppen sind Versicherte in eine der nachstehenden Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikations-merkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen.
Die Qualifikation eines Facharbeiters im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 ist nach der gesetzlichen Definition bei den Personen gegeben, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist.
Zur Qualifikationsgruppe 3 gehören Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen bzw. denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde.
Zur Qualifikationsgruppe 2 gehören Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist (Nr.1), Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist (Nr. 2), Personen, die in staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen (Nr.3) und technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung Techniker führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem Techniker gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet führten.
Die fünf Qualifikationsstufen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers als Eingliederungsmodell die Verhältnisse des Beitrittsgebiets auf der Grundlage der Ausbildungsstrukturen in der ehemaligen DDR spiegeln (Bundestags-Drucksache 197/91). Die Einstufung von Versicherten in die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 richtet sich nach folgendem Maßstab: Ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation ist unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems zu ermitteln, welcher Qualifikationsgruppe diese berufliche Ausbildung und Qualifikation - übertragen auf die Verhältnisse der DDR - materiell entspricht. Denn die Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsgruppen in der Anlage 13 zum SGB VI sind dem System der beruflichen Bildung der DDR entnommen. Der Gesetzgeber hat insoweit die vor der Wiedervereinigung maßgebende Orientierung an den Erwerbs-verhältnissen der alten Bundesländer aufgegeben und stellt auf diejenigen der DDR ab. Dies vermeidet Ungleichbehandlungen der Aus- und Übersiedler mit Bewohnern des Beitrittsgebiets. Eine Orientierung an den Erwerbsverhältnissen der DDR ist zudem deshalb sachgerecht, weil die Wirtschafts- und Sozialverhältnisse der Herkunftsländer in Osteuropa eher mit denen der DDR übereinstimmten als mit denen der alten Bundesländer (vgl. BSG 17. April 2008 - B 13 R 99/07 R und 30. Juli 2008 - B 5a R 114/07 R, SozR 4-5050 § 22 Nr. 8).
Der Kläger erfüllt im streitigen Zeitraum die Qualifikationsmerkmale der Gruppe 2. Denn die von ihm von 1962 bis 1966 in der Sowjetunion absolvierte Ausbildung zum Elektrotechniker entsprach einer DDR-Fachschulausbildung. Das von ihm durchlaufene Studium der Fachrichtung Elektroausrüstung von Industriebetrieben und -anlagen am ist als mittlere Berufsbildung auf "Technikerniveau" einzuordnen. Ganz überwiegend wurde die mittlere Berufsbildung an Fachschulen, die auch als Technikum bezeichnet wurden, erworben (vgl. Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, DAngVers 10/95, S. 354, 361). Der Technikertitel war der am häufigsten vorkommende Ausbildungsabschluss dieses Niveaus. Zugelassen zum Studium an diesen Schulen waren Schüler, die die Sieben-Jahres-Schule abgeschlossen hatten. Die Ausbildungsdauer betrug im Unterschied zu den Technischen Fachschulen der unteren Berufsausbildung bei Vollzeitunterricht drei bis vier Jahre. Ausgebildet wurde gehobenes Fachpersonal u. a. in den Bereichen Technik und Pädagogik, das regelmäßig in die Lohnstufen fünf und sechs eingruppiert wurde (vgl. Müller, a. a. O.). Diese Voraussetzungen treffen auf die Ausbildung des Klägers zu. Der Kläger erwarb nach Absolvierung der Sieben-Jahres-Schule und vierjährigem Studium am Technikum den Abschluss als Elektrotechniker. Der Kläger übte im streitigen Zeitraum als Berufsschullehrer auch eine dieser Qualifikation entsprechende Beschäftigung aus. Zwar wurde er kurz vor seinem Abschluss nur in die Lohnstufe 4 eingruppiert. Wann genau die Zuerkennung der Lohngruppe 5 erfolgte, ergibt sich aus dem Arbeitsbuch des Klägers nicht. Als Berufsschullehrer in der praktischen Lehrausbildung gehörte er jedoch zum gehobenen Fachpersonal des Produktionsbereiches und war nicht lediglich ein qualifizierter Arbeiter, der im Übrigen in der Eingangsstufe zunächst in der Lohngruppe 3 einzustufen gewesen wäre. Dass der Kläger zu späterer Zeit in seinem Herkunftsland auch weniger qualifizierte Arbeiten übernahm, ist für die Einstufung der Tätigkeit als Berufsschullehrer ohne Bedeutung.
Die vom Kläger in der Sowjetunion absolvierte mittlere Berufsbildung auf Technikerniveau entsprach einer DDR-Fachschulausbildung wie sie die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI voraussetzt. Zunächst war die generelle Gleichstellung der beiden Fachschulabschlüsse in Art. 3 des Äquivalenz-Abkommens zwischen der DDR und der UdSSR geregelt (vgl. Müller, a. a. O., S. 363). Ein Unterschied besteht lediglich insoweit als die mittlere Berufsbildung in der Sowjetunion meist eine berufliche Erstausbildung war, während in der DDR der Fachschulausbildung bereits eine berufliche Grundausbildung (Facharbeiter) voran gegangen war. Auswirkungen auf die Einstufung in die Qualifikationsgruppen ergeben sich daraus jedoch nicht (vgl. Müller, a. a. O.). Denn es gab auch in der DDR Fachschulausbildungen (im nichttechnischen Bereich), die keine vorangegangene Berufsausbildung forderten und diese wurden in der DDR nicht anders eingestuft als die (im technischen Bereich), die eine solche voraussetzten. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass zur Qualifikationsgruppe 2 auch die DDR-Techniker gehören, die im Vergleich zu "echten" Fachschülern ebenfalls ein geringeres Ausbildungsniveau aufwiesen (vgl. Müller, a. a. O.).
Da der Kläger mithin in seinem Herkunftsland gleichwertige Fähigkeiten erworben hat wie ein Fachschulabsolvent und tatsächlich im streitigen Zeitraum eine Tätigkeit auf Fachschulabsolventenniveau ausgeübt hat, ist er im streitigen Zeitraum in die Qualifikationsgruppe 2 einzustufen.
Nach § 44 Abs. 4 SGB X sind die Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor dem Überprüfungsantrag zu erbringen. Da der Kläger den Antrag im September 2008 stellte, sind die erhöhten Rentenleistungen für die Zeit ab 1. Januar 2004 zu erbringen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Richterin am Sozialgericht
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer höheren Altersrente.
Der am 1936 in der früheren Sowjetunion geborene Kläger besuchte bis 1953 die Schule mit dem Abschluss einer Sieben-Jahres-Schule. Anschließend arbeitete er in einer Kolchose und als Traktorist, schließlich seit 1957 als Elektriker. Er absolvierte von 1962 bis 1966 am Industrie-Pädagogischen Technikum ... ein Studium der Fachrichtung Elektroausrüstung von Industriebetrieben und -anlagen zum Elektrotechniker. Ausweislich seines Arbeitsbuches erhielt er am 29. Juni 1966 die Zuerkennung der 4. Lohngruppe als Elektromonteur. Am 15. Juli 1966 erhielt er seinen Fachschulabschluss. Vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 war er als "Meister in der praktischen Lehrausbildung" an der Städtischen Technischen Berufsschule in ... beschäftigt. Am 2. Dezember 1975 wurde er als Elektromonteur mit der 5. Lohngruppe eingestellt und erhielt am 26. Dezember 1975 die Zuerkennung der 6. Lohngruppe. Danach arbeitete er auf dem Bau und auf einer Kolchose. Am 2. Juni 1989 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Mit Bescheid vom 26. Februar 1991 erkannte die Handelskammer Hamburg die vom Kläger in der Sowjetunion erworbene Ausbildung zum Elektrotechniker als gleichwertig mit dem Abschlusszeugnis im Ausbildungsberuf Energieanlagentechniker an.
Mit Bescheid vom 26. Februar 1997 gewährte die Beklagte ihm eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. Januar 1997 in Höhe von damals DM 1.090,00 monatlich. Die in der Sowjetunion zurückgelegten Beitragszeiten vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 stufte sie als Tatbestände gleichgestellter Pflichtbeitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) unter Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 5 in der Anlage 13 zum SGB VI (ungelernte und angelernte Arbeitnehmer) ein. Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger Widerspruch mit dem Begehren, in eine höhere Qualifikationsgruppe eingestuft zu werden. Dem Widerspruch wurde mit Bescheid vom 19. August 1998 insoweit abgeholfen, als die o. g. Zeit in der Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) statt 5 angerechnet wurde. Der Kläger trug daraufhin vor, dass ihm als Fachschulabsolvent nicht die Qualifikationsgruppe 4, sondern 2 zuzuerkennen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers insoweit ab. Von einer Fachschulausbildung sei bisher nicht die Rede gewesen. Entsprechende Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Die von ihm vor dem Sozialgericht Lübeck erhobene Klage (S 4 RJ 13/99) nahm der Kläger am 28. Juni 2000 zurück.
Am 23. September 2008 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag hinsichtlich der Einstufung der Zeiträume vom 1. Juni 1953 bis 16. Oktober 1958, vom 24. März bis 28. April 1961 und vom 16. August 1966 bis 22. August 1975. Die erstgenannten Zeiträume seien dem Wirtschaftsbereich 22 der Anlage 14 zum SGB VI zuzuordnen und der letztgenannte Zeitraum in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen. Ausweislich seines Diplomzeugnisses habe er im Herkunftsland ein Fachstudium am Pädagogischen Technikum, einer mittleren Fachschule, durchlaufen und dieses am 1. Juli 1966 als Elektrotechniker abgeschlossen.
Die Beklagte stellte die Altersrente des Klägers mit Bescheid vom 10. Februar 2009 wegen der Zuordnung der im Überprüfungsantrag genannten Zeiträume zum Wirtschaftsbereich 14 neu fest. Für die Zeit ab 1. März 2009 ergab sich eine monatliche Rente in Höhe von EUR 697,76. Die Nachzahlung für die Zeit ab 1. Januar 2004 betrug EUR 432,12. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab, weil insoweit neue rechtserhebliche Tatsachen nicht geltend gemacht worden seien.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 16. Februar 2009 Widerspruch. In der Zeit vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 habe er eine seiner Fachschulausbildung entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Im Juli 2009 reichte er außerdem aktuelle Nachweise über seine in der Sowjetunion ausgeübten Beschäftigungen ein.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2009 stellte die Beklagte die Rente erneut neu fest, weil aufgrund der vorgelegten Bescheinigungen diverse Zeiten nun nicht mehr als nur glaubhaft gemacht, sondern als nachgewiesen angerechnet werden konnten. Für die Zeit ab 1. Januar 2010 ergab sich eine monatliche Rente in Höhe von EUR 820,96. Die Nachzahlung für die Zeit ab 1. Januar 2005 betrug EUR 6.043,31.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe keine Fachschulprüfung im Sinne der Qualifikationsgruppe 2 vorzuweisen. Die von ihm absolvierte Ausbildung entspreche ausweislich des vorliegenden Bescheides der Handelskammer Hamburg nicht einer Technikerausbildung, sondern führe lediglich zu einem Abschluss, der einem Facharbeiter entspreche.
Dagegen hat der Kläger am 16. September 2010 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Durch seine Ausbildung sei er in der Sowjetunion befähigt gewesen, als Lehrer an Berufsschulen zu arbeiten. Diese Tätigkeit habe er vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 ausgeübt. Die vorgenommene Bewertung der Handelskammer Hamburg sei nicht maßgeblich. Vielmehr sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die Verhältnisse im Herkunftsland abzustellen. Aus seinem Arbeitsbuch sei die Berufsbezeichnung "Meister für die betriebliche Ausbildung" zu entnehmen.
Der Kläger beantragt nach Aktenlage sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 7. Dezember 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 zu verurteilen, die Altersrente des Klägers unter Abänderung des Bescheides vom 26. Februar 1997 in der Gestalt des Bescheides vom 19. August 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 unter Einstufung seiner Beschäftigungszeiten vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI neu festzustellen und dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 2004 höhere Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Auch unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Herkunftsland verbleibe es bei der vorgenommenen Einstufung. Der Begriff Meister sei in der Sowjetunion regelmäßig nicht als Qualifikationsbezeichnung, sondern als Funktionsbezeichnung verwendet worden.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des Sozialgerichts Lübeck S 4 RJ 13/99, S 16 RJ 26/01 und S 16 R 1373/06 beigezogen und zusammen mit der Prozessakte S 14 R 465/10 zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht. Es hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gem. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vor der Entscheidung gehört worden.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 7. Dezember 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 ist insoweit rechtswidrig, als der Überprüfungsantrag des Klägers abgelehnt wurde, und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die teilweise Rücknahme des Rentenbescheides vom 26. Februar 1997 in der Gestalt des Bescheides vom 19. August 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 gemäß § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) liegen vor. Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei Erlass des Rentenbescheides wurde das Recht unrichtig angewandt.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente mit einer Einstufung seiner Beschäftigungszeiten vom 16. August 1966 bis 22. August 1975 in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI. Die Beklagte hat im Rentenbescheid festgestellt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum die Tatbestände von nach § 15 FRG gleichgestellten Beitragszeiten erfüllt hat. Die Bewertung dieser Zeiten richtet sich nach § 22 Abs. 1 FRG in Verbindung mit § 256 b SGB VI u. a. nach den Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI. Zu Unrecht hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger im genannten Zeitraum nur die Voraussetzungen für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 und nicht die Voraussetzungen für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 erfüllt.
Die Anlage 13 zum SGB VI kennt die fünf Qualifikationsgruppen der Hochschulabsolventen (Gruppe 1), der Fachschulabsolventen (Gruppe 2), der Meister (Gruppe 3), der Facharbeiter (Gruppe 4) und der an- und ungelernten Tätigkeiten (Gruppe 5). Nach der in der Anlage 13 zum SGB VI vorangestellten allgemeinen Definition der Qualifikationsgruppen sind Versicherte in eine der nachstehenden Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikations-merkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen.
Die Qualifikation eines Facharbeiters im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 ist nach der gesetzlichen Definition bei den Personen gegeben, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist.
Zur Qualifikationsgruppe 3 gehören Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen bzw. denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde.
Zur Qualifikationsgruppe 2 gehören Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist (Nr.1), Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist (Nr. 2), Personen, die in staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen (Nr.3) und technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung Techniker führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem Techniker gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet führten.
Die fünf Qualifikationsstufen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers als Eingliederungsmodell die Verhältnisse des Beitrittsgebiets auf der Grundlage der Ausbildungsstrukturen in der ehemaligen DDR spiegeln (Bundestags-Drucksache 197/91). Die Einstufung von Versicherten in die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 richtet sich nach folgendem Maßstab: Ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation ist unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems zu ermitteln, welcher Qualifikationsgruppe diese berufliche Ausbildung und Qualifikation - übertragen auf die Verhältnisse der DDR - materiell entspricht. Denn die Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsgruppen in der Anlage 13 zum SGB VI sind dem System der beruflichen Bildung der DDR entnommen. Der Gesetzgeber hat insoweit die vor der Wiedervereinigung maßgebende Orientierung an den Erwerbs-verhältnissen der alten Bundesländer aufgegeben und stellt auf diejenigen der DDR ab. Dies vermeidet Ungleichbehandlungen der Aus- und Übersiedler mit Bewohnern des Beitrittsgebiets. Eine Orientierung an den Erwerbsverhältnissen der DDR ist zudem deshalb sachgerecht, weil die Wirtschafts- und Sozialverhältnisse der Herkunftsländer in Osteuropa eher mit denen der DDR übereinstimmten als mit denen der alten Bundesländer (vgl. BSG 17. April 2008 - B 13 R 99/07 R und 30. Juli 2008 - B 5a R 114/07 R, SozR 4-5050 § 22 Nr. 8).
Der Kläger erfüllt im streitigen Zeitraum die Qualifikationsmerkmale der Gruppe 2. Denn die von ihm von 1962 bis 1966 in der Sowjetunion absolvierte Ausbildung zum Elektrotechniker entsprach einer DDR-Fachschulausbildung. Das von ihm durchlaufene Studium der Fachrichtung Elektroausrüstung von Industriebetrieben und -anlagen am ist als mittlere Berufsbildung auf "Technikerniveau" einzuordnen. Ganz überwiegend wurde die mittlere Berufsbildung an Fachschulen, die auch als Technikum bezeichnet wurden, erworben (vgl. Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, DAngVers 10/95, S. 354, 361). Der Technikertitel war der am häufigsten vorkommende Ausbildungsabschluss dieses Niveaus. Zugelassen zum Studium an diesen Schulen waren Schüler, die die Sieben-Jahres-Schule abgeschlossen hatten. Die Ausbildungsdauer betrug im Unterschied zu den Technischen Fachschulen der unteren Berufsausbildung bei Vollzeitunterricht drei bis vier Jahre. Ausgebildet wurde gehobenes Fachpersonal u. a. in den Bereichen Technik und Pädagogik, das regelmäßig in die Lohnstufen fünf und sechs eingruppiert wurde (vgl. Müller, a. a. O.). Diese Voraussetzungen treffen auf die Ausbildung des Klägers zu. Der Kläger erwarb nach Absolvierung der Sieben-Jahres-Schule und vierjährigem Studium am Technikum den Abschluss als Elektrotechniker. Der Kläger übte im streitigen Zeitraum als Berufsschullehrer auch eine dieser Qualifikation entsprechende Beschäftigung aus. Zwar wurde er kurz vor seinem Abschluss nur in die Lohnstufe 4 eingruppiert. Wann genau die Zuerkennung der Lohngruppe 5 erfolgte, ergibt sich aus dem Arbeitsbuch des Klägers nicht. Als Berufsschullehrer in der praktischen Lehrausbildung gehörte er jedoch zum gehobenen Fachpersonal des Produktionsbereiches und war nicht lediglich ein qualifizierter Arbeiter, der im Übrigen in der Eingangsstufe zunächst in der Lohngruppe 3 einzustufen gewesen wäre. Dass der Kläger zu späterer Zeit in seinem Herkunftsland auch weniger qualifizierte Arbeiten übernahm, ist für die Einstufung der Tätigkeit als Berufsschullehrer ohne Bedeutung.
Die vom Kläger in der Sowjetunion absolvierte mittlere Berufsbildung auf Technikerniveau entsprach einer DDR-Fachschulausbildung wie sie die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI voraussetzt. Zunächst war die generelle Gleichstellung der beiden Fachschulabschlüsse in Art. 3 des Äquivalenz-Abkommens zwischen der DDR und der UdSSR geregelt (vgl. Müller, a. a. O., S. 363). Ein Unterschied besteht lediglich insoweit als die mittlere Berufsbildung in der Sowjetunion meist eine berufliche Erstausbildung war, während in der DDR der Fachschulausbildung bereits eine berufliche Grundausbildung (Facharbeiter) voran gegangen war. Auswirkungen auf die Einstufung in die Qualifikationsgruppen ergeben sich daraus jedoch nicht (vgl. Müller, a. a. O.). Denn es gab auch in der DDR Fachschulausbildungen (im nichttechnischen Bereich), die keine vorangegangene Berufsausbildung forderten und diese wurden in der DDR nicht anders eingestuft als die (im technischen Bereich), die eine solche voraussetzten. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass zur Qualifikationsgruppe 2 auch die DDR-Techniker gehören, die im Vergleich zu "echten" Fachschülern ebenfalls ein geringeres Ausbildungsniveau aufwiesen (vgl. Müller, a. a. O.).
Da der Kläger mithin in seinem Herkunftsland gleichwertige Fähigkeiten erworben hat wie ein Fachschulabsolvent und tatsächlich im streitigen Zeitraum eine Tätigkeit auf Fachschulabsolventenniveau ausgeübt hat, ist er im streitigen Zeitraum in die Qualifikationsgruppe 2 einzustufen.
Nach § 44 Abs. 4 SGB X sind die Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor dem Überprüfungsantrag zu erbringen. Da der Kläger den Antrag im September 2008 stellte, sind die erhöhten Rentenleistungen für die Zeit ab 1. Januar 2004 zu erbringen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Richterin am Sozialgericht
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