S 6 R 64/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 64/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Der Streitwert wird endgültig auf 484,85 EUR festgesetzt.

Gründe:

1. Gemäß § 161 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 197a Abs. 1 Satz 1 3. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht durch Beschluss über die Kosten des Verfahrens, nachdem das Verfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärung und damit auf andere Weise als durch Urteil beendet worden ist.

Die Entscheidung ist gem. § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, insbesondere den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu treffen. Billigem Ermessen entspricht es, i.d.R. der Partei die Kosten aufzuerlegen, die im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre (BVerwGE 46, 217). Zu berücksichtigen sind ferner besondere Kostenregelungen, wie etwa § 155 Abs. 4 VwGO. Diese Vorschrift kann angewendet werden, wenn ein Beteiligter durch sein Verhalten unter Außerachtlassung der erforderlichen und ihm zumutbaren Sorgfalt einem anderen Beteiligten Kosten verursacht hat, die nicht erforderlich waren (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 197a Rdn. 18).

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hält das Gericht die Kostentragungspflicht der Klägerin insgesamt für angemessen.

a) Die Klage war sowohl hinsichtlich des Hauptantrages (Zahlungsklage) (dazu aa)) als auch hinsichtlich des Hilfsantrags (Auskunftsklage) (dazu bb)) von Anfang an unbegründet.

aa) Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Zahlung von 485,85 Euro gegen die Beklagte aus § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI.

Nach § 118 Abs. 3 SGB VI gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Postgiroamt oder einem anderen Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

Auch wenn die Voraussetzungen des § 118 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI vorlagen, weil die Altersrente des Leistungsberechtigten (zuletzt monatlich 185,56 Euro) nach dem Tode des Leistungsberechtigten am 20.07.2007 für die Monate August bis November 2007 (insgesamt 742,24 Euro) wegen des Wegfalls des Rentenanspruchs zum 31.07.2007 gemäß § 102 Abs. 5 SGB VI zu Unrecht überwiesen und vom Postrentenservice am 22.11.2007 als zu Unrecht erbracht zurück gefordert wurde, war die Beklagte nicht zur Erstattung eines über die bereits gezahlten 257,39 Euro hinaus gehenden Betrages verpflichtet, denn sie konnte sich erfolgreich auf den Auszahlungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen.

Bei Eingang des Rückforderungsverlangens am 22.11.2007 war ein Guthaben in Höhe von 229,33 Euro auf dem Konto des Leistungsberechtigten vorhanden, das die Beklagte entsprechend den Vorgaben von § 118 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz SGB VI erstattet hat. Darüber hinaus hat sie - aus welchen Gründen auch immer - weitere 28,06 Euro an die Beklagte zurück gezahlt. In Höhe des verbleibenden und von der Klägerin klageweise geltend gemachten Betrages von 484,85 Euro (742,24 Euro abzüglich 257,39 Euro), der allein von der Beklagten gefordert werden könnte, war bereits über einen der Rentenleistung "entsprechenden Betrag" anderweitig verfügt worden.

(1) Dabei ist es allerdings entgegen der offensichtlich von der Beklagten vertretenen Auffassung - jedenfalls bei einem Konto, dass sich, wie hier, im für den Auszahlungseinwand relevanten Zeitraum durchgehend im Haben befand - nicht entscheidend, ob im Zeitraum zwischen der Gutschrift der ersten Rente und dem Eingang des Rückforderungsverlangens Verfügungen erfolgt sind, die in der Summe den Betrag der überwiesenen Rente übersteigen. Es kommt vielmehr darauf an, ob es sich um Verfügungen über den (nicht: einen) dem Wert der überwiesenen Rente "entsprechenden Betrag" (sog. Schutzbetrag) handelt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.04.2007, Az.: B 4 R 89/06 R Rn. 53).

(a) Der Begriff des "entsprechenden Betrages" im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI erschließt sich aus dem systematischen Zusammenhang zwischen dem Rücküberweisungsanspruch gegen das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 SGB VI und der Rückzahlungspflicht des Verfügenden bzw. Empfängers nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI. Der Rücküberweisungsanspruch nach § 118 Abs. 3 SGB VI ist vorrangig, d.h. ein Anspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI besteht nur, soweit sich die Bank auf den Einwand anderweitiger Verfügung berufen kann und die Rücküberweisung auch nicht aus einem Guthaben erfolgen kann (§ 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI), wobei irrelevant ist, ob sich das vorhandene Guthaben aus der Rentenzahlung oder zwischenzeitlichen Gutschriften ergibt (so eindeutig Bundessozialgericht, Urteil vom 26.04.2007, Az.: B 4 R 89/06 R Rn. 53). Haftgrund nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI ist deshalb der Umstand, dass der Betreffende insoweit die vorrangige Pflicht der Bank beseitigt hat. Verfügender über "entsprechenden Betrag" bzw. Empfänger des "entsprechenden Betrages" im Sinne von § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI ist deshalb jeder, der ein auf dem Konto vorhandenes Guthaben unter den Betrag der überwiesenen Rente (Schutzbetrag) gesenkt hat und dadurch die Verpflichtung der Bank nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI zum Erlöschen gebracht hat, jeweils aber nur, soweit er dies getan hat (so eindeutig BSG, Urteil vom 11.12.2002, Az.: B 5 RJ 42/01 R; Urteil vom 13.12.2005, Az.: B 4 RA 28/05 R unter II. 3. c) aa), bb) und d)). Dies kam in der ursprünglichen Fassung des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI durch Art. 1 Nr. 20 des Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15.12.1995 (BGBl. I, 1824) ("Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind die Personen, die die Geldleistung in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, so daß dieser nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird, dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet.") deutlicher zum Ausdruck. Die Neufassung der Vorschrift durch Art. 8 Nr. 6 des Hüttenknapschaftlichen Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetzes (HzvNG) vom 21.06.2002 sollte insoweit jedoch keine Änderung bringen (deutlich in diesem Sinne BT-Drucks. 14/9007, S. 36).

Dementsprechend liegt eine anderweitige Verfügung im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz SGB VI nur vor, wenn und soweit ein auf dem Konto vorhandenes Guthaben unter den Schutzbetrag gesenkt wurde, wobei, wenn, wie hier, die Rente über mehrere Monate nach dem Tod des Leistungsberechtigten zu Unrecht überwiesen wurde, der jeweilige, sich im Monat der betreffenden Verfügung ergebende Schutzbetrag maßgeblich ist. Für den nachrangigen Anspruch aus § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI bedeutet dies, dass bei mehreren Verfügenden bzw. Empfänger jeder (nur) in Höhe des Betrages in Anspruch genommen werden kann, um den gerade durch ihn die Verpflichtung der Bank nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI beseitigt wurde.

(b) Folgerichtig ist aus Rechtgründen davon auszugehen, dass Verfügungen zunächst aus dem bei Renteneingang vorhandenen Guthaben und aus Gutschriften, die vor der betreffenden Verfügung zwischen dem Eingang der Rente und dem Eingang des Rückforderungsverlangens auf dem Konto erfolgt sind (im Folgenden: zwischenzeitliche Gutschriften) und keinem § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI entsprechenden Rückforderungsvorbehalt unterliegen, erfolgen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 29.11.2007, Az.: B 13 R 40/05 R Rn. 17; für ein im Haben befindliches Konto offensichtlich ebenso Bundessozialgericht, Anfragebeschlüsse vom 22.04.2008, Az.: B 5a/4 R 65/07 R Rn. 34 und Az.: B 5a R 120/07 Rn. 40).

Ferner folgt aus den vorstehenden Erwägungen, dass bei mehreren Verfügungen zwischen der Gutschrift der ersten Rente und dem Eingang des Rückforderungsverlangens diejenigen Verfügungen den Auszahlungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz SGB VI begründen, die jeweils zuletzt vor Eingang des Rückforderungsverlangens das Konto den Schutzbetrag gesenkt haben. Für den nachrangigen Anspruch aus § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI bedeutet dies, dass stets derjenige Empfänger oder Verfügende vorrangig in Anspruch zu nehmen ist, der zuletzt vor Eingang des Rückforderungsverlangens über das Konto verfügt hat und das Guthaben (in weitergehendem Maße) unter den Schutzbetrag gesenkt hat. Sodann ist derjenige nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI verpflichtet, der davor für eine Minderung der Rücküberweisungspflicht der Bank gesorgt hat, usw.

(c) Dies gilt entgegen der Auffassung der Klägerin unabhängig davon, ob und in welcher Höhe zwischenzeitlich Gutschriften erfolgt sind. Zwischenzeitlich Gutschriften wirken sich vielmehr wie folgt aus: Sie erhöhen (vorübergehend) die Verpflichtung der Bank nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI, da sie zu einer zwischenzeitlichen Erhöhung des Guthabens führen. Erfolgt nach der zwischenzeitlichen Gutschrift ein bankübliches Geschäft, das zu einer (weiteren) Absenkung des Guthabens unter den Schutzbetrag führt, beseitigt diese Verfügung insoweit die Rücküberweisungspflicht der Bank, so dass es sich nach den obigen Ausführungen um eine im Sinne von § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI haftungsbegründende Verfügung handelt. Es bleibt deshalb dabei, dass der zuletzt Verfügende primär nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in Anspruch zu nehmen ist. Für diejenigen, die vor der zwischenzeitlichen Gutschrift eine Verfügung getätigt haben oder zu deren Gunsten eine solche vorgenommen wurde, die ebenfalls ein (damals) vorhandenes Guthaben unter den Schutzbetrag abgesenkt hat, bleibt als Haftungsbetrag nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nur der Betrag bis maximal zur Höhe des Verfügungsbetrages übrig, der unter Berücksichtigung der Rücküberweisungspflicht der Bank und der Verpflichtung des zeitlich letzten Verfügenden bzw. Empfängers verbleibt.

In der Sache entlasten damit zwischenzeitliche Gutschriften diejenigen, die vor der Gutschrift das Konto unter den Schutzbetrag abgesenkt haben und zwar vornehmlich denjenigen, der zuerst in den Schutzbetrag eingegriffen hat. Diese Rechtsfolge ergibt sich letztlich daraus, dass § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI eine Rücküberweisungspflicht der Bank auch dann vorsieht, wenn zwar der gesamte Rentenbetrag weitergeleitet wurde, aber durch zwischenzeitliche Gutschriften wiederum ein Guthaben auf dem Konto vorhanden ist. Erfolgt nach einer in den Schutzbetrag eingreifenden Verfügung eine weitere Gutschrift und geht unmittelbar danach das Rückforderungsverlangen des Rentenversicherungsträgers ein, muss derjenige, der zuvor das vorhandene Guthaben unter den Schutzbetrag gesenkt hat, nur den Betrag nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI erstatten, der nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI nicht von der Bank gefordert werden kann.

Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese entlastende Wirkung einer zwischenzeitlichen Gutschrift zugunsten desjenigen, der vor der zwischenzeitlichen Gutschrift verfügt hat, entfallen soll, wenn nach der zwischenzeitlichen Gutschrift ein weiteres bankübliches Zahlungsgeschäft erfolgt, dass das Guthaben auf dem Konto wiederum oder in weitergehendem Maße unter den Wert des Schutzbetrages absenkt. Vielmehr ist gerade im Hinblick auf denjenigen, der die zwischenzeitliche Gutschrift, einen Teil davon oder sogar mehr weiterleitet bzw. an den dies erfolgt, der oben genannte Haftgrund des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI einschlägig, da die vorrangige Verpflichtung der Bank beseitigt wird.

Der notwendige enge Zusammenhang der Bereicherung des letzten Verfügenden bzw. Empfängers mit dem Wert der zu Unrecht überwiesenen Rente (vgl. BSG a.a.O.) wird auch in dem Fall, in dem vor der zwischenzeitlichen Gutschrift der Betrag der Rente ganz oder teilweise weitergeleitet wurde, dadurch hergestellt, dass § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI einen zivilrechtliche Bestimmungen überlagernden öffentlich-rechtlichen Rücküberweisungsanspruch gegen die Bank auch hinsichtlich solcher Guthaben begründet, die gar nicht aus der zu Unrecht überwiesenen Rente stammen, und damit in der Sache solange von einem auf dem Konto vorhandenen Betrag der zu Unrecht überwiesenen Rente ausgeht, wie noch ein Guthaben auf dem Konto vorhanden ist. In der Sache erstreckt § 118 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz SGB VI den Vorbehalt nach § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI auf das auf dem Konto befindliche Guthaben unabhängig davon, aus welchen Gutschriften es sich ergibt (so eindeutig Bundessozialgericht, Urteil vom 26.04.2007, Az.: B 4 R 89/06 R Rn. 53). Dies verkennt die Klägerin in ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 23.12.2008.

(2) (a) Ausgehend von diesen Grundsätzen begründen hier folgende Verfügungen den Auszahlungseinwand der Beklagten hinsichtlich des eingeklagten Betrages von 484,85 Euro:

Auszahlung in Höhe von 50,- Euro am Geldautomaten mittels EC-Karte und persönlicher Geheimzahl (PIN) des kontoverfügungsberechtigten E. am 01.11.2007. Diese erfolgte nach Gutschrift der Rente für November 2007 bei einem Kontostand von 261,78 Euro und griff in voller Höhe (weiter) in den Schutzbetrag ein, der zu diesem Zeitpunkt 742,24 Euro (= Betrag aller bis zu diesem Zeitpunkt überwiesenen Renten) betrug. Auszahlung in Höhe von 100,- Euro am Geldautomaten mittels EC-Karte und persönlicher Geheimzahl (PIN) des kontoverfügungsberechtigten E. am 31.10.2007. Diese erfolgte nach Gutschrift der Rente für November 2007, die zwar ebenfalls am 31.10.2007 erfolgte, jedoch offensichtlich zu einem früheren Zeitpunkt geschah, bei einem Kontostand von 361,78 Euro und griff in voller Höhe (weiter) in den Schutzbetrag ein, der zu diesem Zeitpunkt 742,24 Euro (= Betrag aller bis zu diesem Zeitpunkt überwiesenen Renten) betrug. Auszahlung in Höhe von 100,- Euro am Geldautomaten mittels EC-Karte und persönlicher Geheimzahl (PIN) des kontoverfügungsberechtigten E. am 26.10.2007. Diese erfolgte nach Gutschrift der Rente für Oktober 2007 bei einem Kontostand von 168,66 Euro und griff in voller Höhe (weiter) in den Schutzbetrag ein, der zu diesem Zeitpunkt 556,68 Euro (= Betrag aller bis zu diesem Zeitpunkt überwiesenen Renten) betrug. Auszahlung in Höhe von 500,- Euro am Geldautomaten mittels EC-Karte und persönlicher Geheimzahl (PIN) des kontoverfügungsberechtigten E. am 16.10.2007. Diese erfolgte nach Gutschrift der Rente für Oktober 2007 bei einem Kontostand von 668,66 Euro. Sie griff jedoch nur in Höhe von 398,02 Euro in den Schutzbetrag ein, der zu diesem Zeitpunkt 556,68 Euro (= Betrag aller bis zu diesem Zeitpunkt überwiesenen Renten) betrug, und begründete auch nur insoweit den Auszahlungseinwand. In Höhe von 101,98 Euro erfolgte diese Verfügung aus dem übrigen auf dem Konto vorhandenen Guthaben.

Insgesamt ergeben sich damit anderweitige Verfügungen über den "entsprechenden Betrag" in Höhe von 648,02 Euro, die den eingeklagten Betrag übersteigen.

(b) Dass es sich um wirksame und im Rahmen von § 118 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz SGB VI relevante Verfügungen handelte, ist in Anbetracht des Umstandes, dass sie offensichtlich von einer kontoverfügungsberechtigten Person vorgenommen wurden, nicht zweifelhaft (vgl. im Übrigen Bundessozialgericht, Urteil vom 22.04.2008, Az.: B 5a/4 R 79/06 R, zu Barabhebungen am Geldautomaten mittels EC-Karte und PIN des Verstorbenen durch unbekannte Personen).

(c) Bei der Berechnung des Schutzbetrages ist dabei nur der Betrag der streitgegenständlichen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen, denn nur diese unterliegt gemäß § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI einem öffentlich-rechtlichen Vorbehalt. Die Zahlungen der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien, die in Höhe von 107,56 Euro monatlich für die Monate August, September, November und Dezember 2007 und in Höhe von 215,12 Euro für Oktober 2007 vom Postrentenservice ebenfalls nach dem Tode des Leistungsberechtigten weiter geleistet worden sind, sind demgegenüber als "normale" Gutschriften zu behandeln, da keine Rechtsvorschrift ersichtlich ist, die diese Zahlungen unter einen öffentlich-rechtlichen Rückforderungsvorbehalt stellt. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob, wie die Klägerin mit guten Gründen meint, im Rahmen der Prüfung des Auszahlungseinwands nach § 118 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz SGB VI ein "Gesamtschutzbetrag" aus allen Leistungen, die einem § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI entsprechenden Rückforderungsvorbehalt unterliegen, zu bilden ist.

(3) Die Beklagte war auch nicht zur Rücküberweisung eines weiteren Betrages von 23,87 Euro wegen Verstoßes gegen das Befriedigungsverbot gemäß § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI verpflichtet, auch wenn sie am 30.09.2007 Kontführungsgebühren und Zinsen in Höhe von 17,87 Euro und am 05.10.2007 Entgelt für die Postbank-Card in Höhe von 6,- Euro abgebucht hat. Es kann dahinstehen, ob § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI die Berufung auf den Auszahlungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI schlechthin ausschließt, soweit die Bank den überwiesenen Betrag zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet hat (so in der Sache die bisherige Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts, vgl. z.B. Urteil vom 13.12.2005, Az.:B 4 RA 28/05 R m.w.N.), oder nur dazu führt, dass die unter Verstoß gegen das Befriedigungsverbot vorgenommene Verfügung selbst nicht als "anderweitige Verfügung" im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz SGB VI anzusehen ist (so nunmehr der 5. Senat des Bundessozialgerichts, Anfragebeschlüsse vom 22.04.2008, Az.: B 5a R 120/07 R und B 5a R 65/07 R). In jedem Fall hat die Beklagte nicht gegen das Befriedigungsverbot gemäß § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI verstoßen, da sie mit den genannten Abbuchungen nicht in den Schutzbetrag eingegriffen hat und deshalb nicht "den überwiesenen Betrag" zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet hat.

Für den Begriff des "überwiesenen Betrages" im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI gelten die Ausführungen zum Begriff des "entsprechenden Betrages" im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI entsprechend. Dementsprechend verwendet das Geldinstitut, soweit sich das Konto im Haben befindet, den "überwiesenen Betrag" zur Befriedigung eigener Forderungen, soweit es durch eine Abbuchung zu eigenen Gunsten, z.B. von Zinsen und Kontoführungebühren, das auf dem Konto befindliche Guthaben unter den Betrag der überwiesenen Rente gesenkt hat.

Durch die Abbuchungen vom 30.09.2007 und 05.10.2007 hat die Beklagte das auf dem Konto befindliche Guthaben nicht unter den Betrag der bis zu diesem Zeitpunkt überwiesenen Rente gesenkt. Die Abbuchungen erfolgten jeweils nach Gutschrift der Rente für Oktober 2007 bei einem Kontostand von 692,53 Euro bzw. 674,66 Euro Haben. Der Schutzbetrag betrug zu diesem Zeitpunkt 556,68 Euro, so dass die Abbuchungen in der Sache aus dem übrigen auf dem Konto vorhandenen Guthaben, zu dem, wie bereits ausgeführt, auch die Zahlungen der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien gehörten, erfolgten.

bb) Die Klage war auch hinsichtlich des Hilfsantrages von Anfang unbegründet.

Nach § 118 Abs. 4 Satz 4 SGB VI a.F. bzw. § 118 Abs. 4 Satz 3 SGB VI n.F. hat das Geldinstitut, das sich auf den Entreicherungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI beruft, der überweisenden Stelle auf Verlangen Name und Anschrift des Empfängers oder Verfügenden oder etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Diese Auskunftspflicht hat die Beklagte in den Schreiben vom 22.11.2007 vor Klageerhebung vollständig erfüllt. In diesem Schreiben hat sie alle nach den Ausführungen zu aa) (2) für die Erhebung des Auszahlungseinwands relevanten Verfügungen genannt sowie Name und Anschrift des Kontoverfügungsberechtigten, der die entsprechenden Barabhebungen offensichtlich mit seiner EC-Karte vorgenommen hat, angegeben.

Entgegen der Auffassung der Klägerin normiert § 118 Abs. 4 Satz 4 SGB VI a.F. bzw. § 118 Abs. 4 Satz 3 SGB VI n.F. keine Pflicht zur vollständigen Auskunft über sämtliche Kontobewegungen einschließlich aller Gutschriften. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem sachlichen Zusammenhang dieser Vorschrift mit dem Einwand anderweitiger Verfügung gemäß § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI und ihrem Sinn und Zweck, ein Vorgehen des Rentenversicherungsträgers gegen den Verfügenden oder Empfänger nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI zu ermöglichen. Der Rentenversicherungsträger benötigt, wenn sich, wie hier, das Konto des Leistungsberechtigten im Zeitpunkt des Eingangs der nach dem Tod noch überwiesenen Rente, im Zeitpunkt der relevanten Verfügungen und von dort an durchgehend bis zum Eingang des Rückforderungsverlangens im Haben befindet, keine Angaben darüber, ob und in welcher Höhe zwischen dem Eingang der Rente und dem Eingang des Rückforderungsverlangens Gutschriften auf dem Konto erfolgt sind, die keinem § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI entsprechenden Rückforderungsvorbehalt unterliegen, um zu ermitteln, wen er in welchem Umfang nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in Anspruch nehmen kann. Vielmehr hat sich der Rentenversicherungsträger bei mehreren Verfügenden bzw. Empfängern in Höhe des jeweiligen Verfügungsbetrages an die jeweiligen Personen in umgekehrter Reihenfolge, beginnend mit demjenigen, der zuletzt vor Eingang des Rückforderungsverlangens das Konto den Schutzbetrag gesenkt hat, zu halten, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe zwischenzeitlich Gutschriften erfolgt sind. Insoweit wird auf die Ausführungen zu aa) (1) sowie auf die Ausführungen in dem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 08.12.2008, Az.: S 6 R 16/08, veröffentlicht bei juris, Bezug genommen.

Die Beklagte hat auch nicht deshalb eine unvollständige oder unrichtige Auskunft erteilt, weil sie weder die zu ihren Gunsten erfolgten Verfügungen vom 30.09.2007 und 05.10.2007 noch die am 15.08.2007 erfolgte Lastschrift zu Gunsten der GEZ Köln in Höhe von 51,09 Euro angegeben hat. Diese Verfügungen waren nach den Ausführungen zu aa) (2) und (3) nicht relevant, da sie nicht zu einem Verstoß gegen das Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI führten und auch den Auszahlungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI und damit eine Haftung des Empfängers nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht begründen konnten.

b) Eine Belastung der Klägerin mit den Kosten des Verfahrens erscheint auch unter Berücksichtigung der Maßstäbe des § 155 Abs. 4 VwGO als angemessen. Insbesondere kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, Veranlassung zu dem Rechtsstreit gegeben zu haben. Ein solches Verschulden auf Seiten der Beklagten kommt etwa in Betracht, wenn diese der Klägerin auf ein Rückforderungsbegehren nicht die notwendigen Informationen zukommen lässt. Wie bereits ausgeführt, gehört die Angabe sämtlicher Kontobewegungen bei einem durchgehend im Haben befindlichen Konto jedoch nicht zu den notwendigen Informationen. Es bestanden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat. Es ist letztlich die Klägerin, die durch ihr Beharren auf einer weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung übereinstimmenden Auffassung zur Reichweite des Auskunftsanspruchs nach § 118 Abs. 4 Satz 4 SGB VI a.F. bzw. § 118 Abs. 4 Satz 3 SGB VI n.F. die Durchführungen dieses und zahlreicher weiterer Verfahren vor dem Sozialgericht veranlasst und sogar durch das Beharren auf einer gerichtlichen Kostenentscheidung höhere Gerichtskosten (vgl. Ziffer 7110, 7111 Nr. 4 Kostenverzeichnis zum GKG), die letztlich die Versichertengemeinschaft belasten, verursacht hat.

2. Der Streitwert ergibt sich aus § 63 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 197a Abs.1 S.1 1. Halbsatz SGG.
Rechtskraft
Aus
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