Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AL 107/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2007 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.07.2008 Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von 32,12 EUR monatlich zu bewilligen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).
Die Klägerin ist 34 Jahre alt. Nach dem Abitur 1993 zog sie bei ihren Eltern aus und gründete einen eigenen Haushalt. Sie absolvierte zunächst ein soziales Jahr und nahm im Jahr 1995 ein Studium der Sonderpädagogik auf. Dieses Studium wurde von den Eltern finanziert. Die Eltern stellten im Laufe der Zeit die Zahlungen ein. Im Jahr 2004 gab die Klägerin das Studium auf, ohne einen Studienabschluss erreicht zu haben.
Am 01.08.2007 begann die Klägerin eine zweijährige Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel. Sie beantragte bei der Beklagten im Juli 2007 die Bewilligung von BAB. Im Antragsformular ist vom Sachbearbeiter der Beklagten ein Betrag von 30,- EUR für entstehende Fahrtkosten eingetragen. Der Arbeitgeber bestätigte eine verkürzte Ausbildung in der Zeit vom 01.08.2007 bis 31.07.2009. Im ersten Ausbildungsjahr erhält die Klägerin 604,- EUR monatlich an Ausbildungsvergütung und im zweiten Ausbildungsjahr ab Juli 2008 monatlich 672,- EUR. Der Arbeitgeber bescheinigte darüber hinaus einmalige Zahlungen während der Ausbildungszeit im Dezember 2007 in Höhe von 278,61 EUR, im Mai 2008 in Höhe von 668,67 EUR und im November 2008 in Höhe von 420,- EUR. Die Eltern der Klägerin legten als Nachweis für ihr Einkommen ihre jeweiligen Rentenbescheide vor.
Mit Bescheid vom 29.08.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung von BAB ab. Der mögliche Anspruch auf BAB liege unter 10,- EUR monatlich. Ein so geringer Anspruch sei nach den gesetzlichen Regelungen (§ 75 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -SGB III) nicht auszuzahlen. Der Bedarf der Klägerin betrage monatlich 548 EUR und ihr zu berücksichtigendes Einkommen 545,55 EUR.
Die Klägerin legte Widerspruch ein und verwies auf ihre monatlichen Aufwendungen für Miete und für die Tilgung eines Kredits. Sie verstehe die Berechnung ihres anzurechnenden Einkommens nicht. Nach ihrer monatlichen Gehaltsabrechnung erhalte sie weniger als den von der Beklagten berücksichtigten Anrechnungsbetrag.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Sie erläuterte, dass bei der Berechnung eines Anspruchs auf BAB die Höhe des Bedarfs für Unterkunft, Fahrtkosten zur Ausbildungsstelle sowie für Arbeitskleidung gesetzlich pauschal festgelegt sei. Die Höhe der individuellen Lebenshaltungskosten sei nicht entscheidungserheblich. Das anzurechnende Einkommen der Klägerin sei auf der Basis der durchschnittlichen Ausbildungsvergütung im gesamten Bewilligungszeitraum vom 01.08.2007 bis 31.07.2009 inklusive der Einmalleistungen zu ermitteln.
Die Klägerin hat am 21.11.2007 Klage erhoben. Sie legt mehrere Gehaltsabrechnungen für einzelne Monate des ersten Ausbildungsjahres vor. In den Monaten ohne Einmalzahlungen erhält die Klägerin von ihrem Ausbildungsbetrieb monatliche Auszahlungsbeträge von 414,96 EUR bzw. 446,66 EUR. Dabei wird vom gesetzlichen Nettoentgelt unter anderem der Betrag für das Jobticket in Höhe von 32,- EUR monatlich abgezogen. Darüber hinaus werden zum Teil weitere firmenbezogene Beiträge unmittelbar durch den Arbeitgeber abgeführt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass zusätzliche Freibeträge zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.08.2007 Berufsausbildungsbeihilfe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihrer Ansicht nach ist es aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität rechtmäßig, den Anspruch auf BAB auf der Grundlage eines durchschnittlichen Einkommens für einen Gesamtzeitraum von zwei Jahren zu berechnen. Die vom Gericht für zutreffend erachtete differenzierte Berechnung nach der Höhe der Ausbildungsvergütung in den einzelnen Ausbildungsjahren widerspreche der behördeninternen Dienstanweisung. Auch wenn die Klägerin im ersten Ausbildungsjahr ihren Bedarf durch das tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen nicht decken könne, sei aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität wie in den Dienstanweisungen vorgegeben, zu verfahren. Die von ihr vorgenommene Art der Berechnung des durchschnittlichen Einkommens der Auszubildenden während der Ausbildungszeit werde seit Jahren so gehandhabt.
Zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2007 beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid ist rechtswidrig. Die Klägerin hat für das erste Ausbildungsjahr einen Anspruch auf die Bewilligung von BAB. Die Differenz zwischen dem Gesamtbedarf der Klägerin und ihrem im ersten Ausbildungsjahr anzurechnenden Einkommen liegt über dem Betrag von 10,- EUR monatlich. Einkommen der Eltern der Klägerin ist nicht anzurechnen.
Die Klägerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für eine BAB gemäß § 59 SGB III. Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer beruflichen Ausbildung, wenn
1.die berufliche Ausbildung förderungsfähig ist,
2.sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind und
3.die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedars für den Lebensunterhalt, die Fahrtkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
Die Klägerin gehört als Deutsche mit einem Alter von über 18 Jahren zu dem förderungsfähigen Personenkreis (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 und § 64 SGB III). Die berufliche Ausbildung der Klägerin zur Kauffrau im Einzelhandel ist gemäß § 60 Abs. 1 SGB III förderungsfähig. Da die Klägerin zuvor nach dem Abitur neun Jahre studiert hat, ohne das Studium abzuschließen, handelt es sich auch um die erstmalige Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (§ 60 Abs. 2 S. 1 SGB III). Der Klägerin stehen im ersten Ausbildungsjahr nicht die erforderlichen Mittel zur Deckung ihres Gesamtbedarfs zur Verfügung. Der zu berücksichtigende monatliche Bedarf der Klägerin beträgt 550,- EUR. Die Beklagte hat den Gesamtbedarf der Klägerin um 2 EUR zu niedrig festgesetzt. Die Beträge für Lebenshaltungskosten von Auszubildenden richten sich nach § 65 Abs. 1 SGB III, der auf die Regelungen des Bundesausbildungsförderungs-gesetzes (BAföG) verweist. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG ist für Unterkunft und Lebenshaltungskosten ein Bedarf von 310,- EUR gesetzlich festgelegt. Dieser Betrag ist um 133 EUR monatlich zu erhöhen, da die Klägerin außerhalb des elterlichen Haushalts wohnt (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG). Neben diesem Gesamtbetrag von 443,- EUR wird ein weiterer Erhöhungsbetrag von 64,- EUR hinzugerechnet (nach § 13 Abs. 3 BAföG), wenn wie hier bei der Klägerin Mietkosten und Nebenkosten nachweislich den Betrag von 133,- EUR monatlich übersteigen.
Zu diesem Bedarf von 507,- EUR für die Lebenshaltungskosten kommt eine Pauschale von 11,- EUR für die Arbeitskleidung der Auszubildenden hinzu gemäß § 68 Abs. 3 SGB III. Als Fahrtkosten sind gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 1 SGB III die Kosten von 32,- EUR monatlich für das Jobticket zu berücksichtigen. Die Beklagte hat lediglich 30,- EUR für Fahrtkosten angesetzt, weil diese Summe vom Sachbearbeiter im Antragsformular bei Antragsabgabe eingetragen worden war. Inzwischen ist durch die Gehaltsabrechnungen nachgewiesen, dass der Arbeitgeber monatlich 32,- EUR für das Jobticket unmittelbar von der Ausbildungsvergütung der Klägerin einbehält und abführt. Dadurch ist ein um 2 EUR höherer Bedarf nachgewiesen als von der Beklagten errechnet. Die tatsächlichen Mietkosten und sonstige Aufwendungen (z.B. Kreditraten) sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Dazu fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
Auf den Gesamtbedarf der Klägerin ist ihr Einkommen anzurechnen (§ 71 Abs 1 SGB III). Das Einkommen der Eltern ist nicht entscheidungserheblich, da keine Unterhaltspflicht mehr für die inzwischen 34-jährige Tochter besteht. Nach § 71 Abs 5 SGB III ist Einkommen der Eltern nicht anzurechnen, soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht oder dieser verwirkt ist. Eltern sind nach § 1610 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet, die Ausbildung ihres Kindes zu finanzieren. Diese Unterhaltspflicht besteht in der Regel nur für die Erstausbildung. Soweit die Ausbildung, hier das Studium der Klägerin, nicht zügig und zielgerichtet betrieben wird, erlischt die Unterhaltspflicht der Eltern. Die Kinder sind ihren Eltern gegenüber verpflichtet, ihren Lebensunterhalt selbst durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen, wenn sie die von den Eltern finanzierte Ausbildung nicht erfolgreich beenden. Die Klägerin, die neun Jahre studiert hat, ohne einen Studienabschluss zu erreichen, ist wegen ihrer Erwerbsobliegenheit ihren Eltern gegenüber nicht mehr unterhaltsberechtigt.
Das monatliche Einkommen der Klägerin reicht zur Deckung ihres (pauschalen) Gesamtbedarfs im ersten Ausbildungsjahr nicht aus. Dem Gesamtbedarf von 550 EUR monatlich steht im ersten Ausbildungsjahr ein monatlich anzurechnendes Einkommen von 517,88 EUR gegenüber. Die Beklagte hat den Anrechnungsbetrag nicht zutreffend berechnet. Sie hat aus der geringeren Ausbildungsvergütung des ersten Ausbildungsjahres und der höheren des zweiten Ausbildungsjahres ein einheitliches durchschnittliches monatliches Einkommen errechnet. Dieses Einkommen wird von der Beklagten im ersten Ausbildungsjahr bedarfsmindernd berücksichtigt, obwohl es im ersten Ausbildungsjahr in dieser Höhe der Klägerin nicht für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Die Beklagte wendet mit dieser durch behördeninterne Dienstanweisungen vorgegebenen Berechnungsmethode die Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen der Auszubildenden nicht nach deren Sinn und Zweck an. Die Berufsausbildungsbeihilfe soll den ungedeckten pauschalen Bedarf von Auszubildenden sichern. Das Prinzip der Unterhaltssicherung ist für den Geltungsbereich des § 59 SGB III bestimmend (vgl BSG Urteil vom 28.11.2007 Az: B 11a AL 47/06 R, SozR 4 - 4300 § 71 Nr.3). Die Berechnungsmethode der Beklagten widerspricht dem Prinzip der Unterhaltssicherung. Die Klägerin kann einen fiktiven Einkommensanteil nicht für ihren Bedarf im ersten Ausbildungsjahr einsetzen. Die Dienstanweisungen der Beklagten sind rechtswidrig, soweit sie die Anrechnung eines einheitlichen Durchschnittseinkommens für den gesamten Bewilligungszeitraum der BAB vorgeben, ohne zeitliche Differenzierung nach den vorhersehbaren dauerhaften Einkommenssteigerungen in den einzelnen Ausbildungsjahren.
Die gesetzlichen Regelungen zur BAB sind nach Sinn und Zweck des Gesetzes auszulegen und anzuwenden. Der Gesamtbedarf des Auszubildenden ist nur gesichert, wenn absehbare Einkommenssteigerungen erst ab dem Zeitpunkt der Einkommensänderung bedarfsmindernd angerechnet werden. Einmalzahlungen sind auf den jeweiligen Zeitraum, für den sie erbracht werden, aufzuteilen. Grundlage für die Entscheidung des Gerichts ist die allgemeine Auslegungsregel des § 2 Abs 2 zweiter Halbsatz Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Danach ist bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Zu diesen sozialen Rechten gehört auch die Förderung der Ausbildung, wenn die hierfür erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen (§ 3 Abs 1 SGB I). Die Beklagte vernichtet den Anspruch der Klägerin auf BAB für das erste Ausbildungsjahr, indem sie die höhere Ausbildungsvergütung des zweiten Ausbildungsjahres als Einkommensanteil im ersten Ausbildungsjahr anrechnet. Die Beklagte verstößt gegen § 2 Abs 2 zweiter Halbsatz SGB I.
Aufgrund der Verweisung für die BAB in § 71 Abs 2 S 1 SGB III richten sich die Ermittlung des Einkommens, dessen Anrechnung und die Freibeträge grundsätzlich nach den Vorschriften des Vierten Abschnitts des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen. Einige Bestimmungen der BAB im SGB III enthalten jedoch ausdrücklich vom BAföG abweichende Berechnungsvorschriften (vgl § 71 Abs 2 Satz 2 SGB III). Die gesetzlichen Bestimmungen des BAföG und der BAB sehen vor, dass ein Durchschnittseinkommen des Leistungsempfängers für den Bewilligungszeitraum ermittelt und auf den Bedarf angerechnet wird. Bei der Einkommensanrechnung gibt es zwei wesentliche Unterschiede in beiden Leistungssystemen. Insoweit sind die beiden Förderleistungen nicht angeglichen. Dies betrifft zum einen den Bewilligungszeitraum und zum anderen die Einkommensprognose bei der BAB. Soweit durch den Verweis auf Bestimmungen des BAföG wegen fehlender Systemkompatibilität nicht die gewollte Harmonisierung der Bestimmungen herbeigeführt wird, ist eine modifiziete Anwendung der Regelungen des BAföG geboten im Sinne einer teleologischen Reduktion ( BSG Urteil vom 30.06.2005, Az: B 7a/7 AL 74/04 R in SozR 4-4300 § 71 Nr 1, NZS 2006, 434ff).
Nach § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III in Verbindung mit § 22 Abs 1 Satz 1 BAföG sind für die Anrechnung des Einkommens der Auszubildenden die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum maßgebend, die im Zeitpunkt der Antragstellung absehbar sind. Da es beim BAföG und der BAB unterschiedliche Bewilligungszeiträume gibt, werden zur Einkommensermittlung für diese Leistungen unterschiedliche Zeiträume herangezogen. Das BAföG geht von einem durchschnittlichen Einkommen auf der Grundlage eines Jahreseinkommens aus (Bewilligungszeitraum in der Regel ein Jahr gemäß § 50 Abs 3 BAföG; Monatseinkommen ist ein Zwölftel des Jahreseinkommens nach § 24 Abs 4 BAföG). Gemäß der Sonderregelung in § 73 Abs 1 Satz 2 SGB III umfaßt der Bewilligungszeitraum der BAB in der Regel bei beruflicher Ausbildung 18 Monate. Da der übliche Bewilligungszeitraum der BAB über ein Jahr hinausgeht und sich die Ausbildungsvergütung in weiteren Ausbildungsjahren erhöht, wird zwangsläufig bis zur Einkommensänderung ein nicht existentes Einkommen des Auszubildenden angerechnet. Es bleibt demnach ein aktueller Bedarf des Auszubildenden bis zur Erhöhung der Ausbildungsvergütung im nächsten Ausbildungsjahr ungedeckt, weil rechnerisch tatsächlich (noch) nicht zufließendes Einkommen berücksichtigt wird. Der Nachteil der Berechnungsweise für den ersten Bewilligungsabschnitt wirkt sich als Vorteil im zweiten Bewilligungsabschnitt aus, wenn sich dann ein entsprechend höherer Anspruch auf BAB ergibt (so die Fallgestaltung im Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2008 Az: L 4 AL 310/06, in dem wegen dieses Vorteils eine Beschwer der Auszubildenden verneint wurde). Die Berechnungsweise der Beklagten ist für Auszubildende ausschließlich ungünstig, wenn wie im Fall der Klägerin, bei einer anderen Berechnungsart lediglich im ersten nicht aber im zweiten Ausbildungsjahr ein Anspruch auf BAB bestünde.
Bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen der BAB ist das Ziel der Bedarfsdeckung zu beachten. Dieser Zweck der Sozialleistung wird nur gewährleistet, wenn für den Bewilligungszeitraum das vorhersehbare durchschnittliche Einkommen der verschiedenen Ausbildungsjahre jeweils dem pauschalen Gesamtbedarf gegenübergestellt wird. Bei einer solchen Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen wird die typischerweise unterschiedliche Einkommenssituation von BaföG-Berechtigten und Auszubildenden berücksichtigt. Leistungsempfänger nach dem BAföG erhalten für ihre Ausbildung üblicherweise keine eigene Vergütung von der Ausbildungsstätte. Sie erzielen Einkommen durch anderweitige Erwerbstätigkeiten (zB Ferienjob während der Semesterferien). Vom BAföG-Berechtigten wird erwartet, dass auch unregelmäßig erzieltes Einkommen (zB in der vorlesungsfreien Zeit) eingesetzt wird, den Bedarf einkunftsloser Perioden zu decken (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, Kommentar 4. Aufl. 2005, § 22 Rnr 4). Für einen Anspruch nach dem BAföG ist das tatsächliche Einkommen der Berechtigten (Schüler und Studenten) während des Bewilligungszeitraums (§ 22 Abs 1 Satz 1 BAföG) maßgeblich. Diese Methode der aktuellen Einkommensbetrachtung im Bewilligungszeitraum verfolgt in erster Linie den Zweck, den Bedarf und das eigene Einkommen des Berechtigten so eng wie möglich aufeinander abzustimmen (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, aaO Rn 2). Dieses Ziel wird demgegenüber bei der BAB durch die Berechnung eines einheitlichen Durchschnittseinkommens während eines längeren Bewilligungszeitraums gerade vereitelt, weil Auszubildende von ihrem Ausbilder regelmäßig eine sich jährlich steigernde Ausbildungsvergütung erhalten.
Das Ziel, die Verwaltungstätigkeit zu vereinfachen, rechtfertigt nicht die anspruchsausschließende Berechnungsweise der Beklagten. Vom Gesetzgeber wurde übersehen, dass der längere Bewilligungszeitraum der BAB mögliche Ansprüche von Auszubildenden regelmäßig verringert oder beseitigt, wenn ein Durchsschnittseinkommen mit künftigen Einkommensanteilen bedarfsmindernd angerechnet wird. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, ist § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III nach Sinn und Zweck der Leistung auszulegen.
Gemäß der genannten Vorschrift ist bei der BAB anders als beim BAföG nicht das tatsächliche, sondern das zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung absehbare Einkommen des Auszubildenden der Einkommensanrechnung zugrunde zu legen. Die Gesetzesbegründung zu § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III verdeutlicht, dass eine Neuberechnung der Leistungsbewilligung wegen zwischenzeitlicher Änderungen der Ausbildungsvergütung (zB wegen Tariferhöhungen) entfallen soll ( BT-Drucks 13/4941 S 166,167). Absehbare Änderungen bis zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung sind zu berücksichtigen (§ 71 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB III). Der Gesetzgeber ging davon aus, dass bei Übernahme der BAföG-Regelung, die das Einkommen im Bewilligungszeitraum zugrunde legt, in nahezu allen Fällen der BAB wegen der Tarifänderungen im Laufe eines Jahres eine Neuberechnung der BAB und ein zweiter Bewilligungssbescheid erforderlich wäre (vgl BT-Drucks aaO). Die nicht bis zur Leistungsbewilligung vorauszusehenden Änderungen in den Einkommensverhältnissen während des laufenden Bewilligungszeitraums sind nach der Wertung des Gesetzgebers in typisierender und pauschalierender Weise vernachlässigbar (BSG Urteil vom 28.11.2007, Az: B 11a AL 47/06 R). Diese Regelung fordert von der Behörde eine zukunftsbezogene Prognoseentscheidung. Diese Prognoseentscheidung bleibt auch dann rechtmäßig, wenn sich die Einkommensverhältnisse der Auszubildenden nach der Bewilligung ändern und hinter dem ursprünglich errechneten Restbedarf zurück bleiben oder darüber hinaus gehen, ohne dass dies vorauszusehen war (vgl. BSG Urteil vom 28.11.2007 Az: B 11a AL 47/06 R; BSGE 70, 226 = SozR. 3-4100 § 45 Nr. 2; Schmidt in Eicher/Schlegel, SGG III § 71 RdNr. 68) ...
Das Ziel der Einsparung von Verwaltungsaufwand wird auch gewährleistet, wenn eine Entscheidung getroffen wird, die das absehbare Durchschnittseinkommen für die einzelnen Ausbildungsjahre zeitlich gestaffelt berücksichtigt. Die Differenzierung der Einkommensanrechnung auf der Grundlage der absehbaren Einkommenssteigerungen erfordert keinen wesentlichen Verwaltungsaufwand. Es sind während eines laufenden Bewilligungsabschnitts keine aufwändigen Neuberechnungen vorzunehmen. Es entstehen der Verwaltung keine Berechnungsschwierigkeiten, da die Ausbildungsvergütungen der künftigen Ausbildungsjahre bereits durch die Ausbilder bescheinigt werden. Die unterschiedliche Höhe der Ausbildungsvergütung steht in den einzelnen Ausbildungsjahren von vornherein fest und wirkt sich auf den jeweils aktuellen (pauschalen) Bedarf aus und kann bei Erlass des Bescheides der Berechnung zugrunde gelegt werden. Maßgeblich sind für die BAB die wirtschaftlichen Verhältnisse der Auszubildenden, die zur Zeit der Antragstellung (bzw bis zur Bewilligungsentscheidung) nachweisbar sind (vgl BSG Urteil vom 28.11.2007 aaO Rz 19). Es ist bei der BAB kein einheitliches Durchschnittseinkommen von mehr als einem Jahr zu berechnen, sondern das in den einzelnen Ausbildungsjahren vorhersehbare Durchschnittseinkommen. § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III sieht ausdrücklich eine gesonderte Berechnung vor unter Berücksichtigung von Einkommensänderungen ( LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.03.2008, Az: L 4 AL 310/06; vgl hierzu auch Fuchsloch in Gagel, SGB III, Kommentar, § 71 Rdnr. 69 f ). Durchschnittsbeträge ergeben sich durch die Berücksichtigung der jeweiligen Einmalzahlungen für die einzelnen Ausbildungsjahre.
Das anzurechnende monatliche Einkommen der Klägerin beträgt für das erste Ausbildungsjahr 517,88 EUR. Dieser Betrag errechnet sich wie folgt: Die Klägerin hat während des ersten Ausbildungsjahres ein Jahreseinkommen von 7916,65 EUR brutto. Es setzt sich zusammen aus der monatlichen Ausbildungsvergütung von 604 EUR (12 x 604 EUR = 7248 EUR). Dazu kommt die Einmalzahlung vom Dezember 2007 in Höhe von 278,61 EUR. Die Einmalzahlung im Mai 2008 von 668,67 EUR ergibt verteilt auf ein Jahr einen anteiligen monatlichen Betrag von 55,72 EUR. Für das erste Ausbildungsjahr berücksichtigt die Kammer sieben Monatsbeträge für die Monate Januar bis Ende Juli 2008 ( 55,72 EUR x 7 = 390,04). Geteilt durch 12 Monate führt das Jahreseinkommen zu einem Bruttoeinkommen von 659,72 EUR monatlich. Davon sind monatlich abzuziehen pauschal 21,5 % für Sozialversicherungsbeiträge (§ 21 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG), somit 141,84 EUR (1.702,08 EUR jährlich). Es verbleibt ein monatliches Nettoeinkommen von 517,88 EUR. Freibeträge sind von diesem Einkommen nicht abzuziehen. Einkommen des Auszubildenden ist in voller Höhe anzurechnen (§ 23 Abs 3 BAföG iVm § 71 Abs 2 Satz 1 SGB III). Freibeträge nach der Sonderregelung des § 73 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III kommen nicht in Betracht. Diese setzen voraus, dass die Vermittlung einer geeigneten Ausbildungsstelle nur bei Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts der Eltern möglich ist. Die Klägerin ist nicht wegen der Ausbildungsstelle aus dem Elternhaus weggezogen. Sie hatte sich bereits seit etwa 14 Jahren vom Elternhaus gelöst.
Ausgehend vom pauschalen monatlichen Gesamtbedarf der Klägerin von 550 EUR errechnet sich im ersten Ausbildungsjahr ein monatlicher Anspruch auf BAB in Höhe von 32,12 EUR. Für das zweite Ausbildungsjahr ergibt sich aufgrund der höheren Ausbildungsvergütung kein Leistungsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Soweit ersichtlich, existiert noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berechnung des Durchschnittseinkommens von Auszubildenden bei Einkommenssteigerungen während eines Bewilligungszeitraums von mehr als einem Jahr. Es wurde bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob die in den Dienstanweisungen der Beklagten vorgegebene Berechnung rechtmäßig ist.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).
Die Klägerin ist 34 Jahre alt. Nach dem Abitur 1993 zog sie bei ihren Eltern aus und gründete einen eigenen Haushalt. Sie absolvierte zunächst ein soziales Jahr und nahm im Jahr 1995 ein Studium der Sonderpädagogik auf. Dieses Studium wurde von den Eltern finanziert. Die Eltern stellten im Laufe der Zeit die Zahlungen ein. Im Jahr 2004 gab die Klägerin das Studium auf, ohne einen Studienabschluss erreicht zu haben.
Am 01.08.2007 begann die Klägerin eine zweijährige Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel. Sie beantragte bei der Beklagten im Juli 2007 die Bewilligung von BAB. Im Antragsformular ist vom Sachbearbeiter der Beklagten ein Betrag von 30,- EUR für entstehende Fahrtkosten eingetragen. Der Arbeitgeber bestätigte eine verkürzte Ausbildung in der Zeit vom 01.08.2007 bis 31.07.2009. Im ersten Ausbildungsjahr erhält die Klägerin 604,- EUR monatlich an Ausbildungsvergütung und im zweiten Ausbildungsjahr ab Juli 2008 monatlich 672,- EUR. Der Arbeitgeber bescheinigte darüber hinaus einmalige Zahlungen während der Ausbildungszeit im Dezember 2007 in Höhe von 278,61 EUR, im Mai 2008 in Höhe von 668,67 EUR und im November 2008 in Höhe von 420,- EUR. Die Eltern der Klägerin legten als Nachweis für ihr Einkommen ihre jeweiligen Rentenbescheide vor.
Mit Bescheid vom 29.08.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung von BAB ab. Der mögliche Anspruch auf BAB liege unter 10,- EUR monatlich. Ein so geringer Anspruch sei nach den gesetzlichen Regelungen (§ 75 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -SGB III) nicht auszuzahlen. Der Bedarf der Klägerin betrage monatlich 548 EUR und ihr zu berücksichtigendes Einkommen 545,55 EUR.
Die Klägerin legte Widerspruch ein und verwies auf ihre monatlichen Aufwendungen für Miete und für die Tilgung eines Kredits. Sie verstehe die Berechnung ihres anzurechnenden Einkommens nicht. Nach ihrer monatlichen Gehaltsabrechnung erhalte sie weniger als den von der Beklagten berücksichtigten Anrechnungsbetrag.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Sie erläuterte, dass bei der Berechnung eines Anspruchs auf BAB die Höhe des Bedarfs für Unterkunft, Fahrtkosten zur Ausbildungsstelle sowie für Arbeitskleidung gesetzlich pauschal festgelegt sei. Die Höhe der individuellen Lebenshaltungskosten sei nicht entscheidungserheblich. Das anzurechnende Einkommen der Klägerin sei auf der Basis der durchschnittlichen Ausbildungsvergütung im gesamten Bewilligungszeitraum vom 01.08.2007 bis 31.07.2009 inklusive der Einmalleistungen zu ermitteln.
Die Klägerin hat am 21.11.2007 Klage erhoben. Sie legt mehrere Gehaltsabrechnungen für einzelne Monate des ersten Ausbildungsjahres vor. In den Monaten ohne Einmalzahlungen erhält die Klägerin von ihrem Ausbildungsbetrieb monatliche Auszahlungsbeträge von 414,96 EUR bzw. 446,66 EUR. Dabei wird vom gesetzlichen Nettoentgelt unter anderem der Betrag für das Jobticket in Höhe von 32,- EUR monatlich abgezogen. Darüber hinaus werden zum Teil weitere firmenbezogene Beiträge unmittelbar durch den Arbeitgeber abgeführt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass zusätzliche Freibeträge zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.08.2007 Berufsausbildungsbeihilfe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihrer Ansicht nach ist es aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität rechtmäßig, den Anspruch auf BAB auf der Grundlage eines durchschnittlichen Einkommens für einen Gesamtzeitraum von zwei Jahren zu berechnen. Die vom Gericht für zutreffend erachtete differenzierte Berechnung nach der Höhe der Ausbildungsvergütung in den einzelnen Ausbildungsjahren widerspreche der behördeninternen Dienstanweisung. Auch wenn die Klägerin im ersten Ausbildungsjahr ihren Bedarf durch das tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen nicht decken könne, sei aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität wie in den Dienstanweisungen vorgegeben, zu verfahren. Die von ihr vorgenommene Art der Berechnung des durchschnittlichen Einkommens der Auszubildenden während der Ausbildungszeit werde seit Jahren so gehandhabt.
Zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2007 beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid ist rechtswidrig. Die Klägerin hat für das erste Ausbildungsjahr einen Anspruch auf die Bewilligung von BAB. Die Differenz zwischen dem Gesamtbedarf der Klägerin und ihrem im ersten Ausbildungsjahr anzurechnenden Einkommen liegt über dem Betrag von 10,- EUR monatlich. Einkommen der Eltern der Klägerin ist nicht anzurechnen.
Die Klägerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für eine BAB gemäß § 59 SGB III. Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer beruflichen Ausbildung, wenn
1.die berufliche Ausbildung förderungsfähig ist,
2.sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind und
3.die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedars für den Lebensunterhalt, die Fahrtkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
Die Klägerin gehört als Deutsche mit einem Alter von über 18 Jahren zu dem förderungsfähigen Personenkreis (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 und § 64 SGB III). Die berufliche Ausbildung der Klägerin zur Kauffrau im Einzelhandel ist gemäß § 60 Abs. 1 SGB III förderungsfähig. Da die Klägerin zuvor nach dem Abitur neun Jahre studiert hat, ohne das Studium abzuschließen, handelt es sich auch um die erstmalige Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (§ 60 Abs. 2 S. 1 SGB III). Der Klägerin stehen im ersten Ausbildungsjahr nicht die erforderlichen Mittel zur Deckung ihres Gesamtbedarfs zur Verfügung. Der zu berücksichtigende monatliche Bedarf der Klägerin beträgt 550,- EUR. Die Beklagte hat den Gesamtbedarf der Klägerin um 2 EUR zu niedrig festgesetzt. Die Beträge für Lebenshaltungskosten von Auszubildenden richten sich nach § 65 Abs. 1 SGB III, der auf die Regelungen des Bundesausbildungsförderungs-gesetzes (BAföG) verweist. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG ist für Unterkunft und Lebenshaltungskosten ein Bedarf von 310,- EUR gesetzlich festgelegt. Dieser Betrag ist um 133 EUR monatlich zu erhöhen, da die Klägerin außerhalb des elterlichen Haushalts wohnt (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG). Neben diesem Gesamtbetrag von 443,- EUR wird ein weiterer Erhöhungsbetrag von 64,- EUR hinzugerechnet (nach § 13 Abs. 3 BAföG), wenn wie hier bei der Klägerin Mietkosten und Nebenkosten nachweislich den Betrag von 133,- EUR monatlich übersteigen.
Zu diesem Bedarf von 507,- EUR für die Lebenshaltungskosten kommt eine Pauschale von 11,- EUR für die Arbeitskleidung der Auszubildenden hinzu gemäß § 68 Abs. 3 SGB III. Als Fahrtkosten sind gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 1 SGB III die Kosten von 32,- EUR monatlich für das Jobticket zu berücksichtigen. Die Beklagte hat lediglich 30,- EUR für Fahrtkosten angesetzt, weil diese Summe vom Sachbearbeiter im Antragsformular bei Antragsabgabe eingetragen worden war. Inzwischen ist durch die Gehaltsabrechnungen nachgewiesen, dass der Arbeitgeber monatlich 32,- EUR für das Jobticket unmittelbar von der Ausbildungsvergütung der Klägerin einbehält und abführt. Dadurch ist ein um 2 EUR höherer Bedarf nachgewiesen als von der Beklagten errechnet. Die tatsächlichen Mietkosten und sonstige Aufwendungen (z.B. Kreditraten) sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Dazu fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
Auf den Gesamtbedarf der Klägerin ist ihr Einkommen anzurechnen (§ 71 Abs 1 SGB III). Das Einkommen der Eltern ist nicht entscheidungserheblich, da keine Unterhaltspflicht mehr für die inzwischen 34-jährige Tochter besteht. Nach § 71 Abs 5 SGB III ist Einkommen der Eltern nicht anzurechnen, soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht oder dieser verwirkt ist. Eltern sind nach § 1610 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet, die Ausbildung ihres Kindes zu finanzieren. Diese Unterhaltspflicht besteht in der Regel nur für die Erstausbildung. Soweit die Ausbildung, hier das Studium der Klägerin, nicht zügig und zielgerichtet betrieben wird, erlischt die Unterhaltspflicht der Eltern. Die Kinder sind ihren Eltern gegenüber verpflichtet, ihren Lebensunterhalt selbst durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen, wenn sie die von den Eltern finanzierte Ausbildung nicht erfolgreich beenden. Die Klägerin, die neun Jahre studiert hat, ohne einen Studienabschluss zu erreichen, ist wegen ihrer Erwerbsobliegenheit ihren Eltern gegenüber nicht mehr unterhaltsberechtigt.
Das monatliche Einkommen der Klägerin reicht zur Deckung ihres (pauschalen) Gesamtbedarfs im ersten Ausbildungsjahr nicht aus. Dem Gesamtbedarf von 550 EUR monatlich steht im ersten Ausbildungsjahr ein monatlich anzurechnendes Einkommen von 517,88 EUR gegenüber. Die Beklagte hat den Anrechnungsbetrag nicht zutreffend berechnet. Sie hat aus der geringeren Ausbildungsvergütung des ersten Ausbildungsjahres und der höheren des zweiten Ausbildungsjahres ein einheitliches durchschnittliches monatliches Einkommen errechnet. Dieses Einkommen wird von der Beklagten im ersten Ausbildungsjahr bedarfsmindernd berücksichtigt, obwohl es im ersten Ausbildungsjahr in dieser Höhe der Klägerin nicht für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Die Beklagte wendet mit dieser durch behördeninterne Dienstanweisungen vorgegebenen Berechnungsmethode die Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen der Auszubildenden nicht nach deren Sinn und Zweck an. Die Berufsausbildungsbeihilfe soll den ungedeckten pauschalen Bedarf von Auszubildenden sichern. Das Prinzip der Unterhaltssicherung ist für den Geltungsbereich des § 59 SGB III bestimmend (vgl BSG Urteil vom 28.11.2007 Az: B 11a AL 47/06 R, SozR 4 - 4300 § 71 Nr.3). Die Berechnungsmethode der Beklagten widerspricht dem Prinzip der Unterhaltssicherung. Die Klägerin kann einen fiktiven Einkommensanteil nicht für ihren Bedarf im ersten Ausbildungsjahr einsetzen. Die Dienstanweisungen der Beklagten sind rechtswidrig, soweit sie die Anrechnung eines einheitlichen Durchschnittseinkommens für den gesamten Bewilligungszeitraum der BAB vorgeben, ohne zeitliche Differenzierung nach den vorhersehbaren dauerhaften Einkommenssteigerungen in den einzelnen Ausbildungsjahren.
Die gesetzlichen Regelungen zur BAB sind nach Sinn und Zweck des Gesetzes auszulegen und anzuwenden. Der Gesamtbedarf des Auszubildenden ist nur gesichert, wenn absehbare Einkommenssteigerungen erst ab dem Zeitpunkt der Einkommensänderung bedarfsmindernd angerechnet werden. Einmalzahlungen sind auf den jeweiligen Zeitraum, für den sie erbracht werden, aufzuteilen. Grundlage für die Entscheidung des Gerichts ist die allgemeine Auslegungsregel des § 2 Abs 2 zweiter Halbsatz Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Danach ist bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Zu diesen sozialen Rechten gehört auch die Förderung der Ausbildung, wenn die hierfür erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen (§ 3 Abs 1 SGB I). Die Beklagte vernichtet den Anspruch der Klägerin auf BAB für das erste Ausbildungsjahr, indem sie die höhere Ausbildungsvergütung des zweiten Ausbildungsjahres als Einkommensanteil im ersten Ausbildungsjahr anrechnet. Die Beklagte verstößt gegen § 2 Abs 2 zweiter Halbsatz SGB I.
Aufgrund der Verweisung für die BAB in § 71 Abs 2 S 1 SGB III richten sich die Ermittlung des Einkommens, dessen Anrechnung und die Freibeträge grundsätzlich nach den Vorschriften des Vierten Abschnitts des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen. Einige Bestimmungen der BAB im SGB III enthalten jedoch ausdrücklich vom BAföG abweichende Berechnungsvorschriften (vgl § 71 Abs 2 Satz 2 SGB III). Die gesetzlichen Bestimmungen des BAföG und der BAB sehen vor, dass ein Durchschnittseinkommen des Leistungsempfängers für den Bewilligungszeitraum ermittelt und auf den Bedarf angerechnet wird. Bei der Einkommensanrechnung gibt es zwei wesentliche Unterschiede in beiden Leistungssystemen. Insoweit sind die beiden Förderleistungen nicht angeglichen. Dies betrifft zum einen den Bewilligungszeitraum und zum anderen die Einkommensprognose bei der BAB. Soweit durch den Verweis auf Bestimmungen des BAföG wegen fehlender Systemkompatibilität nicht die gewollte Harmonisierung der Bestimmungen herbeigeführt wird, ist eine modifiziete Anwendung der Regelungen des BAföG geboten im Sinne einer teleologischen Reduktion ( BSG Urteil vom 30.06.2005, Az: B 7a/7 AL 74/04 R in SozR 4-4300 § 71 Nr 1, NZS 2006, 434ff).
Nach § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III in Verbindung mit § 22 Abs 1 Satz 1 BAföG sind für die Anrechnung des Einkommens der Auszubildenden die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum maßgebend, die im Zeitpunkt der Antragstellung absehbar sind. Da es beim BAföG und der BAB unterschiedliche Bewilligungszeiträume gibt, werden zur Einkommensermittlung für diese Leistungen unterschiedliche Zeiträume herangezogen. Das BAföG geht von einem durchschnittlichen Einkommen auf der Grundlage eines Jahreseinkommens aus (Bewilligungszeitraum in der Regel ein Jahr gemäß § 50 Abs 3 BAföG; Monatseinkommen ist ein Zwölftel des Jahreseinkommens nach § 24 Abs 4 BAföG). Gemäß der Sonderregelung in § 73 Abs 1 Satz 2 SGB III umfaßt der Bewilligungszeitraum der BAB in der Regel bei beruflicher Ausbildung 18 Monate. Da der übliche Bewilligungszeitraum der BAB über ein Jahr hinausgeht und sich die Ausbildungsvergütung in weiteren Ausbildungsjahren erhöht, wird zwangsläufig bis zur Einkommensänderung ein nicht existentes Einkommen des Auszubildenden angerechnet. Es bleibt demnach ein aktueller Bedarf des Auszubildenden bis zur Erhöhung der Ausbildungsvergütung im nächsten Ausbildungsjahr ungedeckt, weil rechnerisch tatsächlich (noch) nicht zufließendes Einkommen berücksichtigt wird. Der Nachteil der Berechnungsweise für den ersten Bewilligungsabschnitt wirkt sich als Vorteil im zweiten Bewilligungsabschnitt aus, wenn sich dann ein entsprechend höherer Anspruch auf BAB ergibt (so die Fallgestaltung im Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2008 Az: L 4 AL 310/06, in dem wegen dieses Vorteils eine Beschwer der Auszubildenden verneint wurde). Die Berechnungsweise der Beklagten ist für Auszubildende ausschließlich ungünstig, wenn wie im Fall der Klägerin, bei einer anderen Berechnungsart lediglich im ersten nicht aber im zweiten Ausbildungsjahr ein Anspruch auf BAB bestünde.
Bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen der BAB ist das Ziel der Bedarfsdeckung zu beachten. Dieser Zweck der Sozialleistung wird nur gewährleistet, wenn für den Bewilligungszeitraum das vorhersehbare durchschnittliche Einkommen der verschiedenen Ausbildungsjahre jeweils dem pauschalen Gesamtbedarf gegenübergestellt wird. Bei einer solchen Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen wird die typischerweise unterschiedliche Einkommenssituation von BaföG-Berechtigten und Auszubildenden berücksichtigt. Leistungsempfänger nach dem BAföG erhalten für ihre Ausbildung üblicherweise keine eigene Vergütung von der Ausbildungsstätte. Sie erzielen Einkommen durch anderweitige Erwerbstätigkeiten (zB Ferienjob während der Semesterferien). Vom BAföG-Berechtigten wird erwartet, dass auch unregelmäßig erzieltes Einkommen (zB in der vorlesungsfreien Zeit) eingesetzt wird, den Bedarf einkunftsloser Perioden zu decken (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, Kommentar 4. Aufl. 2005, § 22 Rnr 4). Für einen Anspruch nach dem BAföG ist das tatsächliche Einkommen der Berechtigten (Schüler und Studenten) während des Bewilligungszeitraums (§ 22 Abs 1 Satz 1 BAföG) maßgeblich. Diese Methode der aktuellen Einkommensbetrachtung im Bewilligungszeitraum verfolgt in erster Linie den Zweck, den Bedarf und das eigene Einkommen des Berechtigten so eng wie möglich aufeinander abzustimmen (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, aaO Rn 2). Dieses Ziel wird demgegenüber bei der BAB durch die Berechnung eines einheitlichen Durchschnittseinkommens während eines längeren Bewilligungszeitraums gerade vereitelt, weil Auszubildende von ihrem Ausbilder regelmäßig eine sich jährlich steigernde Ausbildungsvergütung erhalten.
Das Ziel, die Verwaltungstätigkeit zu vereinfachen, rechtfertigt nicht die anspruchsausschließende Berechnungsweise der Beklagten. Vom Gesetzgeber wurde übersehen, dass der längere Bewilligungszeitraum der BAB mögliche Ansprüche von Auszubildenden regelmäßig verringert oder beseitigt, wenn ein Durchsschnittseinkommen mit künftigen Einkommensanteilen bedarfsmindernd angerechnet wird. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, ist § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III nach Sinn und Zweck der Leistung auszulegen.
Gemäß der genannten Vorschrift ist bei der BAB anders als beim BAföG nicht das tatsächliche, sondern das zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung absehbare Einkommen des Auszubildenden der Einkommensanrechnung zugrunde zu legen. Die Gesetzesbegründung zu § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III verdeutlicht, dass eine Neuberechnung der Leistungsbewilligung wegen zwischenzeitlicher Änderungen der Ausbildungsvergütung (zB wegen Tariferhöhungen) entfallen soll ( BT-Drucks 13/4941 S 166,167). Absehbare Änderungen bis zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung sind zu berücksichtigen (§ 71 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB III). Der Gesetzgeber ging davon aus, dass bei Übernahme der BAföG-Regelung, die das Einkommen im Bewilligungszeitraum zugrunde legt, in nahezu allen Fällen der BAB wegen der Tarifänderungen im Laufe eines Jahres eine Neuberechnung der BAB und ein zweiter Bewilligungssbescheid erforderlich wäre (vgl BT-Drucks aaO). Die nicht bis zur Leistungsbewilligung vorauszusehenden Änderungen in den Einkommensverhältnissen während des laufenden Bewilligungszeitraums sind nach der Wertung des Gesetzgebers in typisierender und pauschalierender Weise vernachlässigbar (BSG Urteil vom 28.11.2007, Az: B 11a AL 47/06 R). Diese Regelung fordert von der Behörde eine zukunftsbezogene Prognoseentscheidung. Diese Prognoseentscheidung bleibt auch dann rechtmäßig, wenn sich die Einkommensverhältnisse der Auszubildenden nach der Bewilligung ändern und hinter dem ursprünglich errechneten Restbedarf zurück bleiben oder darüber hinaus gehen, ohne dass dies vorauszusehen war (vgl. BSG Urteil vom 28.11.2007 Az: B 11a AL 47/06 R; BSGE 70, 226 = SozR. 3-4100 § 45 Nr. 2; Schmidt in Eicher/Schlegel, SGG III § 71 RdNr. 68) ...
Das Ziel der Einsparung von Verwaltungsaufwand wird auch gewährleistet, wenn eine Entscheidung getroffen wird, die das absehbare Durchschnittseinkommen für die einzelnen Ausbildungsjahre zeitlich gestaffelt berücksichtigt. Die Differenzierung der Einkommensanrechnung auf der Grundlage der absehbaren Einkommenssteigerungen erfordert keinen wesentlichen Verwaltungsaufwand. Es sind während eines laufenden Bewilligungsabschnitts keine aufwändigen Neuberechnungen vorzunehmen. Es entstehen der Verwaltung keine Berechnungsschwierigkeiten, da die Ausbildungsvergütungen der künftigen Ausbildungsjahre bereits durch die Ausbilder bescheinigt werden. Die unterschiedliche Höhe der Ausbildungsvergütung steht in den einzelnen Ausbildungsjahren von vornherein fest und wirkt sich auf den jeweils aktuellen (pauschalen) Bedarf aus und kann bei Erlass des Bescheides der Berechnung zugrunde gelegt werden. Maßgeblich sind für die BAB die wirtschaftlichen Verhältnisse der Auszubildenden, die zur Zeit der Antragstellung (bzw bis zur Bewilligungsentscheidung) nachweisbar sind (vgl BSG Urteil vom 28.11.2007 aaO Rz 19). Es ist bei der BAB kein einheitliches Durchschnittseinkommen von mehr als einem Jahr zu berechnen, sondern das in den einzelnen Ausbildungsjahren vorhersehbare Durchschnittseinkommen. § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III sieht ausdrücklich eine gesonderte Berechnung vor unter Berücksichtigung von Einkommensänderungen ( LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.03.2008, Az: L 4 AL 310/06; vgl hierzu auch Fuchsloch in Gagel, SGB III, Kommentar, § 71 Rdnr. 69 f ). Durchschnittsbeträge ergeben sich durch die Berücksichtigung der jeweiligen Einmalzahlungen für die einzelnen Ausbildungsjahre.
Das anzurechnende monatliche Einkommen der Klägerin beträgt für das erste Ausbildungsjahr 517,88 EUR. Dieser Betrag errechnet sich wie folgt: Die Klägerin hat während des ersten Ausbildungsjahres ein Jahreseinkommen von 7916,65 EUR brutto. Es setzt sich zusammen aus der monatlichen Ausbildungsvergütung von 604 EUR (12 x 604 EUR = 7248 EUR). Dazu kommt die Einmalzahlung vom Dezember 2007 in Höhe von 278,61 EUR. Die Einmalzahlung im Mai 2008 von 668,67 EUR ergibt verteilt auf ein Jahr einen anteiligen monatlichen Betrag von 55,72 EUR. Für das erste Ausbildungsjahr berücksichtigt die Kammer sieben Monatsbeträge für die Monate Januar bis Ende Juli 2008 ( 55,72 EUR x 7 = 390,04). Geteilt durch 12 Monate führt das Jahreseinkommen zu einem Bruttoeinkommen von 659,72 EUR monatlich. Davon sind monatlich abzuziehen pauschal 21,5 % für Sozialversicherungsbeiträge (§ 21 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG), somit 141,84 EUR (1.702,08 EUR jährlich). Es verbleibt ein monatliches Nettoeinkommen von 517,88 EUR. Freibeträge sind von diesem Einkommen nicht abzuziehen. Einkommen des Auszubildenden ist in voller Höhe anzurechnen (§ 23 Abs 3 BAföG iVm § 71 Abs 2 Satz 1 SGB III). Freibeträge nach der Sonderregelung des § 73 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III kommen nicht in Betracht. Diese setzen voraus, dass die Vermittlung einer geeigneten Ausbildungsstelle nur bei Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts der Eltern möglich ist. Die Klägerin ist nicht wegen der Ausbildungsstelle aus dem Elternhaus weggezogen. Sie hatte sich bereits seit etwa 14 Jahren vom Elternhaus gelöst.
Ausgehend vom pauschalen monatlichen Gesamtbedarf der Klägerin von 550 EUR errechnet sich im ersten Ausbildungsjahr ein monatlicher Anspruch auf BAB in Höhe von 32,12 EUR. Für das zweite Ausbildungsjahr ergibt sich aufgrund der höheren Ausbildungsvergütung kein Leistungsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Soweit ersichtlich, existiert noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berechnung des Durchschnittseinkommens von Auszubildenden bei Einkommenssteigerungen während eines Bewilligungszeitraums von mehr als einem Jahr. Es wurde bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob die in den Dienstanweisungen der Beklagten vorgegebene Berechnung rechtmäßig ist.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved