Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
29
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 29 KR 152/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind von der Beklagten zu 1/7 zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der von ihr ab dem 01.10.2010 zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge.
Die am xxxxxxxxxxxxx geborene Klägerin ist bei der Beklagten freiwillig kranken- und pflegeversichert. Ihr am xxxxxxxxxxx geborener Ehemann, der privat krankenversichert ist, bezieht als Bundeswehrangehöriger monatliche Bezüge in Höhe von 4.799,00 EUR brutto. Im gemeinsamen Haushalt der Eheleute leben drei leibliche Kinder des Ehegatten, die mit Beihilfeanspruch privat krankenversichert sind und denen die Klägerin gegenüber nicht unterhaltsverpflichtet ist.
Mit Bescheiden vom 21.01.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge der Klägerin zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2008 in Höhe von 120,10 EUR und 14,08 EUR fest. Dabei wurden die eigenen beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin und die Bruttoeinnahmen des Ehegatten – begrenzt auf die Hälfte der Gesamteinnahmen – zugrundegelegt. Ein Kürzungsbetrag in Höhe von 3.106,25 EUR für fünf unterhaltsberechtigte Kinder wurde bei der Beitragsberechnung berücksichtigt.
Mit Einkommenserklärung vom 19.08.2010 erklärte die Klägerin, dass seit 2002 in ihrem Haushalt drei eigenständig versicherte Kinder des Ehegatten leben, denen ausschließlich er unterhaltsberechtigt ist.
Mit Bescheid vom 16.09.2010 änderte die Beklagte die Höhe der ab dem 01.07.2010 zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf monatlich insgesamt 312,69 EUR ab. Sie legte dabei beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1.875,00 EUR zugrunde. Gemäß § 240 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 2 Abs. 4 der "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008, in Kraft getreten am 01.01.2009, seien die Bruttoeinnahmen des Ehegatten zu berücksichtigen. Ein Kürzungsbetrag für gemeinsame, unterhaltsberechtigte Kinder wurde nicht in Ansatz gebracht.
Mit Schreiben vom 24.09.2010 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie vertrat die Ansicht, dass keine Veränderungen eingetreten seien, die eine Beitragserhöhung rechtfertigten. In den Einkünften ihres Ehegatten seien Leistungen enthalten (Ortszuschlag, Familienzuschlag, Kindergeld), die er nur für seine leiblichen Kinder bekomme.
Mit Schreiben vom 04.10.2010 erläuterte die Beklagte, dass eine Kürzung des Einkommens des Ehegatten aufgrund seiner Unterhaltsverpflichtungen nicht erfolgen könne, da es sich nicht um gemeinsame, unterhaltsberechtigte Kinder handele. Da die entsprechenden Angaben bezüglich der unterhaltsberechtigten Kinder auch in der Vergangenheit gemacht worden seien, die Beklagte aber irrtümlich weiterhin die Freibeträge vom Gesamteinkommen abgezogen habe, sei die Beklagte bereit, auf eine ab dem 01.01.2009 rückwirkende Änderung der Beitragseinstufung zu verzichten.
Mit Schreiben vom 25.10.2010 vertrat die Klägerin die Ansicht, dass der Vorschrift des § 240 Abs. 5 SGB V die gesetzgeberische Entscheidung zugrunde liege, eine Ausweitung der Berücksichtigung von Kindern anzustreben. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Berechnungsweise seien Familien mit Kindern deutlich schlechter gestellt als solche ohne Kinder.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück und nahm inhaltlich auf ihre Ausführungen im Schreiben vom 04.10.2010 Bezug.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 17.02.2012 mit Wirkung zum 01.01.2012 monatliche Beiträge in Höhe von insgesamt 330,25 EUR (284,96 EUR Krankenversicherung, 37,29 EUR Pflegeversicherung; 8,00 EUR Zusatzbeitrag) fest, ohne die im Haushalt der Klägerin lebenden Kinder des Ehegatten beitragsmindernd zu berücksichtigen.
Bereits am 03.02.2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wendet sich gegen die Beitragshöhe und führt aus, dass die unterhaltsberechtigten Kinder des Ehegatten, die nicht gemeinsame Kinder sind, bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen seien. Die Nichtberücksichtigung dieser Kinder sei verfassungswidrig. Eine Differenzierung nach den im Haushalt lebenden gemeinsamen, unterhaltsberechtigten Kindern und im Haushalt lebenden nicht gemeinsamen, unterhaltsberechtigten Kindern lediglich des Ehegatten, dessen Einkommen zur Beitragsfestsetzung herangezogen wird, stelle einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung der minderjährigen Kinder dar. Im Falle einer etwaigen Berechnung eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin gegen ihren Ehemann seien sowohl die unterhaltsberechtigten, gemeinsamen Kinder als auch die unterhaltsberechtigten, nicht gemeinsamen Kinder des Ehegatten in gleicher Weise mittels einer Abzugsposition vom Einkommen des Ehegatten bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Es liege eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Kinder vor, die mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar sei. Darüber hinaus verletze diese Differenzierung den besonderen Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem könne nicht damit begegnet werden, dass möglicherweise hinsichtlich der nicht gemeinsamen, unterhaltsberechtigten Kinder, welche im Haushalt leben, noch ein anderer Elternteil unterhaltspflichtig ist. Einerseits ändere dies nichts an der Unterhaltspflicht des Ehegatten der Klägerin, dessen Einkommen alleine herangezogen wird; hinzukomme, dass keineswegs feststehe, dass überhaupt ein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil vorhanden oder auch durchsetzbar sei.
Mit Beschluss vom 06.12.2011 hat das Gericht das Verfahren, soweit es sich auf die Festsetzung von Beiträgen zur Pflegeversicherung bezieht, abgetrennt.
Im Verhandlungstermin am 09.03.2012 hat die Beklagte den Bescheid vom 16.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 in der Fassung des Bescheides vom 17.02.2012 aufgehoben, soweit Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum 01.07.2010 bis 30.09.2010 festgesetzt worden sind.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 16.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 in der Fassung des Bescheides vom 17.02.2012 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 09.03.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 16.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 in der Fassung des Bescheides vom 17.02.2012 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 09.03.2012 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG (Sozialgerichtsgesetz) beschwert, da er rechtmäßig ist. Die Beklagte war berechtigt, die Beitragshöhe mit Wirkung für die Zeit ab dem 01.10.2010 neu festzusetzen.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich bedeutet in diesem Zusammenhang rechtserheblich. Vorausgesetzt wird also eine solche Änderung, die zur Folge hat, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt so nicht (mehr) hätte erlassen dürfen (vgl. Steinwedel, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 70. Ergänzungslieferung 2011, § 48 SGB X Rn. 13).
Hinsichtlich der Bescheide vom 21.01.2008, mit denen die Beitragshöhe ohne zeitliche Befristung festgesetzt wurde, ist eine wesentliche Änderung in dem vorgenannten Sinne durch eine zum 01.01.2009 eingetretene Rechtsänderung eingetreten.
Bis zum 31.12.2008 regelte § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 15 der DAK-Satzung (i.d.F. vom 27.08.2008) die Beitragsbemessung. Bei nicht oder nur geringfügig erwerbstätigen Mitgliedern, deren Ehegatte oder Lebenspartner nicht einer gesetzlichen Krankenversicherung angehörte, setzten sich die beitragspflichtigen Einnahmen aus den eigenen Einnahmen und den nachzuweisenden Bruttoeinnahmen des Ehegatten zusammen. Gemäß § 15 Abs. 6 DAK-Satzung wurde der Betrag um ein Viertel der monatlichen Bezugsgröße gekürzt, soweit andere Unterhaltsberechtigte vorhanden waren. Diese Kürzung erfolgte auch für Kinder, denen nur der privat versicherte Ehegatte unterhaltsverpflichtet war.
Seit dem 01.01.2009 wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach den vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler gehören zu den beitragspflichtigen Einnahmen alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung (§ 3 Abs. 1 Satz 1). § 2 Abs. 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bestimmt bei Mitgliedern, deren Ehegatte oder Lebenspartner nach dem LPartG nicht einer Krankenkasse (§ 4 Abs. 2 SGB V) angehört, dass sich die beitragspflichtigen Einnahmen aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners zusammensetzen. Von den Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners ist für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, 1. für das eine Familienversicherung nur wegen der Regelung des § 10 Abs. 3 SGB V nicht besteht, monatlich ein Betrag in Höhe von einem Drittel; 2. für das eine Familienversicherung besteht, monatlich ein Betrag in Höhe von einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV abzusetzen (§ 240 Abs. 5 SGB V). Für die Beitragsbemessung werden nacheinander die eigenen Einnahmen des Mitglieds und die Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners bis zur Hälfte der sich aus der nach Satz 1 und 2 ergebenden Summe der Einnahmen, höchstens bis zu einem Betrag in Höhe der halben Beitragsbemessungsgrenze, berücksichtigt. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, 1. wenn die Einnahmen des Mitglieds die halbe Beitragsbemessungsgrenze oder die Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners übersteigen, 2. wenn die Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt leben (§ 1361 BGB).
Nach Maßgabe dieser Bestimmungen ist die im Bescheid vom 16.09.2010 festgesetzte Beitragshöhe nicht zu beanstanden. Die Klägerin verfügt über keine eigenen Einnahmen. Ihr Ehegatte, der nicht gesetzlich krankenversichert ist, verfügt über monatliche Einnahmen in Höhe von 4.799,00 EUR. Sie haben keine gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder. Anders als noch unter der Geltung des § 15 Abs. 6 DAK-Satzung, der der Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 21.01.2008 zugrunde lag, finden die unterhaltsberechtigten Kinder des Ehegatten ab dem 01.01.2009 keine beitragsmindernde Berücksichtigung mehr. Bezüglich der einzelnen Berechnungsschritte, die im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht in Streit stehen, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 240 Abs. 5 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 4 SGB V der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass auch Kinder des Ehegatten, denen die Klägerin nicht unterhaltsverpflichtet ist, bei der Beitragsberechnung mindernd in Ansatz zu bringen sind. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Die Gerichte sind zwar gehalten, sich um eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzesrechts zu bemühen. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es, dem Willen des Gesetzgebers im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen so weit wie möglich Rechnung zu tragen. Er fordert mithin eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, soweit diese durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Einem nach Wortlaut eindeutigen Gesetz darf nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 30.03.2004, Az.: 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01; BVerfG, Beschluss vom 03.06.1992, Az.: 2 BvR 1041/88, 2 BvR 78/89; BVerfG, Beschluss vom 11.06.1980, Az.: 1 PBvU 1/79).
Auch die Voraussetzungen für die Vorlage des Rechtstreits zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art. 100 GG sind nicht gegeben. Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass die auf den vorliegenden Fall anzuwendende einfachgesetzliche Vorschrift des § 240 Abs. 5 SGB V gegen das Grundgesetz verstößt und hierdurch Grundrechte der Klägerin verletzt sind.
§ 240 Abs. 5 SGB V verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
Art. 6 Abs. 1 GG gebietet als verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.07.2002, Az.: 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01). Als Grundsatznorm lässt sich ihm eine allgemeine Pflicht des Staates zur Förderung der Familie durch geeignete Maßnahmen entnehmen (vgl. BVerfG, Urteil vom 03.04.2001, Az.: 1 BvR 1629/94). Das geht jedoch nicht so weit, dass der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen finanziell zu entlasten. Dem Gesetzgeber steht Gestaltungsfreiheit bei der Entscheidung darüber zu, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will. Aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip lässt sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990, Az.: 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86). Dies gilt auch für die Ausgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. m.w.N. aus der Rspr. BVerfG, Urteil vom 12.02.2003, Az.: 1 BvR 624/01). Dem Minderbelastungsgedanken hat der Gesetzgeber im Krankenversicherungsrecht beispielsweise durch die Einführung einer Familienversicherung nach § 10 SGB V Rechnung getragen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.08.2004, Az.: L 11 KR 899/04). Darüber hinaus wird solchen durch Kinder entstehenden Belastungen der Familie durch allgemeine Regelungen des Familienlastenausgleichs im Kindergeldrecht und im Steuerrecht Rechnung getragen. Soweit hierdurch nicht alle kinderbedingten wirtschaftlichen Belastungen beseitigt werden, liegt hierin kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG, denn die in dieser Verfassungsnorm enthaltene Verpflichtung des Staates geht nicht so weit, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen (vgl. m.w.N. BSG, Urteil vom 29.06.1993, Az.: 12 RK 92/92). Art. 6 Abs. 1 GG postuliert keine allumfassende Minderbelastung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990, Az.: 1 BvL 20/84).
§ 240 Abs. 5 GG steht in Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 12.02.2003, Az.: 1 BvR 624/01). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen – wie im Rahmen des krankenversicherungsrechtlichen Beitragsrechts nach § 240 SGB V - ist er allerdings grundsätzlich berechtigt, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen (BVerfG, Beschluss vom 22.05.2001, Az.: 1 BvL 4/96).
Auch verstößt § 240 Abs. 5 SGB V nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG. Ein Verstoß liegt erst vor, wenn die gewährte Hilfe für Familien nicht den Anforderungen sozialer Gerechtigkeit entspricht, sei es dass der Kreis der Empfänger einer bestimmten staatlichen Leistung sachwidrig abgegrenzt ist oder dass bei einer Gesamtbetrachtung der soziale Schutz einer ins Gewicht fallenden Gruppe vernachlässigt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.1975, Az.: 1 BvL 4/74). Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und trägt dem im Verhandlungstermin am 09.03.2012 abgegebenen Teilerkanntnis der Beklagten Rechnung.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der von ihr ab dem 01.10.2010 zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge.
Die am xxxxxxxxxxxxx geborene Klägerin ist bei der Beklagten freiwillig kranken- und pflegeversichert. Ihr am xxxxxxxxxxx geborener Ehemann, der privat krankenversichert ist, bezieht als Bundeswehrangehöriger monatliche Bezüge in Höhe von 4.799,00 EUR brutto. Im gemeinsamen Haushalt der Eheleute leben drei leibliche Kinder des Ehegatten, die mit Beihilfeanspruch privat krankenversichert sind und denen die Klägerin gegenüber nicht unterhaltsverpflichtet ist.
Mit Bescheiden vom 21.01.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge der Klägerin zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2008 in Höhe von 120,10 EUR und 14,08 EUR fest. Dabei wurden die eigenen beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin und die Bruttoeinnahmen des Ehegatten – begrenzt auf die Hälfte der Gesamteinnahmen – zugrundegelegt. Ein Kürzungsbetrag in Höhe von 3.106,25 EUR für fünf unterhaltsberechtigte Kinder wurde bei der Beitragsberechnung berücksichtigt.
Mit Einkommenserklärung vom 19.08.2010 erklärte die Klägerin, dass seit 2002 in ihrem Haushalt drei eigenständig versicherte Kinder des Ehegatten leben, denen ausschließlich er unterhaltsberechtigt ist.
Mit Bescheid vom 16.09.2010 änderte die Beklagte die Höhe der ab dem 01.07.2010 zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf monatlich insgesamt 312,69 EUR ab. Sie legte dabei beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1.875,00 EUR zugrunde. Gemäß § 240 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 2 Abs. 4 der "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008, in Kraft getreten am 01.01.2009, seien die Bruttoeinnahmen des Ehegatten zu berücksichtigen. Ein Kürzungsbetrag für gemeinsame, unterhaltsberechtigte Kinder wurde nicht in Ansatz gebracht.
Mit Schreiben vom 24.09.2010 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie vertrat die Ansicht, dass keine Veränderungen eingetreten seien, die eine Beitragserhöhung rechtfertigten. In den Einkünften ihres Ehegatten seien Leistungen enthalten (Ortszuschlag, Familienzuschlag, Kindergeld), die er nur für seine leiblichen Kinder bekomme.
Mit Schreiben vom 04.10.2010 erläuterte die Beklagte, dass eine Kürzung des Einkommens des Ehegatten aufgrund seiner Unterhaltsverpflichtungen nicht erfolgen könne, da es sich nicht um gemeinsame, unterhaltsberechtigte Kinder handele. Da die entsprechenden Angaben bezüglich der unterhaltsberechtigten Kinder auch in der Vergangenheit gemacht worden seien, die Beklagte aber irrtümlich weiterhin die Freibeträge vom Gesamteinkommen abgezogen habe, sei die Beklagte bereit, auf eine ab dem 01.01.2009 rückwirkende Änderung der Beitragseinstufung zu verzichten.
Mit Schreiben vom 25.10.2010 vertrat die Klägerin die Ansicht, dass der Vorschrift des § 240 Abs. 5 SGB V die gesetzgeberische Entscheidung zugrunde liege, eine Ausweitung der Berücksichtigung von Kindern anzustreben. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Berechnungsweise seien Familien mit Kindern deutlich schlechter gestellt als solche ohne Kinder.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück und nahm inhaltlich auf ihre Ausführungen im Schreiben vom 04.10.2010 Bezug.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 17.02.2012 mit Wirkung zum 01.01.2012 monatliche Beiträge in Höhe von insgesamt 330,25 EUR (284,96 EUR Krankenversicherung, 37,29 EUR Pflegeversicherung; 8,00 EUR Zusatzbeitrag) fest, ohne die im Haushalt der Klägerin lebenden Kinder des Ehegatten beitragsmindernd zu berücksichtigen.
Bereits am 03.02.2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wendet sich gegen die Beitragshöhe und führt aus, dass die unterhaltsberechtigten Kinder des Ehegatten, die nicht gemeinsame Kinder sind, bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen seien. Die Nichtberücksichtigung dieser Kinder sei verfassungswidrig. Eine Differenzierung nach den im Haushalt lebenden gemeinsamen, unterhaltsberechtigten Kindern und im Haushalt lebenden nicht gemeinsamen, unterhaltsberechtigten Kindern lediglich des Ehegatten, dessen Einkommen zur Beitragsfestsetzung herangezogen wird, stelle einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung der minderjährigen Kinder dar. Im Falle einer etwaigen Berechnung eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin gegen ihren Ehemann seien sowohl die unterhaltsberechtigten, gemeinsamen Kinder als auch die unterhaltsberechtigten, nicht gemeinsamen Kinder des Ehegatten in gleicher Weise mittels einer Abzugsposition vom Einkommen des Ehegatten bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Es liege eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Kinder vor, die mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar sei. Darüber hinaus verletze diese Differenzierung den besonderen Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem könne nicht damit begegnet werden, dass möglicherweise hinsichtlich der nicht gemeinsamen, unterhaltsberechtigten Kinder, welche im Haushalt leben, noch ein anderer Elternteil unterhaltspflichtig ist. Einerseits ändere dies nichts an der Unterhaltspflicht des Ehegatten der Klägerin, dessen Einkommen alleine herangezogen wird; hinzukomme, dass keineswegs feststehe, dass überhaupt ein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil vorhanden oder auch durchsetzbar sei.
Mit Beschluss vom 06.12.2011 hat das Gericht das Verfahren, soweit es sich auf die Festsetzung von Beiträgen zur Pflegeversicherung bezieht, abgetrennt.
Im Verhandlungstermin am 09.03.2012 hat die Beklagte den Bescheid vom 16.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 in der Fassung des Bescheides vom 17.02.2012 aufgehoben, soweit Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum 01.07.2010 bis 30.09.2010 festgesetzt worden sind.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 16.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 in der Fassung des Bescheides vom 17.02.2012 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 09.03.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 16.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 in der Fassung des Bescheides vom 17.02.2012 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 09.03.2012 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG (Sozialgerichtsgesetz) beschwert, da er rechtmäßig ist. Die Beklagte war berechtigt, die Beitragshöhe mit Wirkung für die Zeit ab dem 01.10.2010 neu festzusetzen.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich bedeutet in diesem Zusammenhang rechtserheblich. Vorausgesetzt wird also eine solche Änderung, die zur Folge hat, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt so nicht (mehr) hätte erlassen dürfen (vgl. Steinwedel, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 70. Ergänzungslieferung 2011, § 48 SGB X Rn. 13).
Hinsichtlich der Bescheide vom 21.01.2008, mit denen die Beitragshöhe ohne zeitliche Befristung festgesetzt wurde, ist eine wesentliche Änderung in dem vorgenannten Sinne durch eine zum 01.01.2009 eingetretene Rechtsänderung eingetreten.
Bis zum 31.12.2008 regelte § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 15 der DAK-Satzung (i.d.F. vom 27.08.2008) die Beitragsbemessung. Bei nicht oder nur geringfügig erwerbstätigen Mitgliedern, deren Ehegatte oder Lebenspartner nicht einer gesetzlichen Krankenversicherung angehörte, setzten sich die beitragspflichtigen Einnahmen aus den eigenen Einnahmen und den nachzuweisenden Bruttoeinnahmen des Ehegatten zusammen. Gemäß § 15 Abs. 6 DAK-Satzung wurde der Betrag um ein Viertel der monatlichen Bezugsgröße gekürzt, soweit andere Unterhaltsberechtigte vorhanden waren. Diese Kürzung erfolgte auch für Kinder, denen nur der privat versicherte Ehegatte unterhaltsverpflichtet war.
Seit dem 01.01.2009 wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach den vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler gehören zu den beitragspflichtigen Einnahmen alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung (§ 3 Abs. 1 Satz 1). § 2 Abs. 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bestimmt bei Mitgliedern, deren Ehegatte oder Lebenspartner nach dem LPartG nicht einer Krankenkasse (§ 4 Abs. 2 SGB V) angehört, dass sich die beitragspflichtigen Einnahmen aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners zusammensetzen. Von den Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners ist für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, 1. für das eine Familienversicherung nur wegen der Regelung des § 10 Abs. 3 SGB V nicht besteht, monatlich ein Betrag in Höhe von einem Drittel; 2. für das eine Familienversicherung besteht, monatlich ein Betrag in Höhe von einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV abzusetzen (§ 240 Abs. 5 SGB V). Für die Beitragsbemessung werden nacheinander die eigenen Einnahmen des Mitglieds und die Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners bis zur Hälfte der sich aus der nach Satz 1 und 2 ergebenden Summe der Einnahmen, höchstens bis zu einem Betrag in Höhe der halben Beitragsbemessungsgrenze, berücksichtigt. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, 1. wenn die Einnahmen des Mitglieds die halbe Beitragsbemessungsgrenze oder die Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners übersteigen, 2. wenn die Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt leben (§ 1361 BGB).
Nach Maßgabe dieser Bestimmungen ist die im Bescheid vom 16.09.2010 festgesetzte Beitragshöhe nicht zu beanstanden. Die Klägerin verfügt über keine eigenen Einnahmen. Ihr Ehegatte, der nicht gesetzlich krankenversichert ist, verfügt über monatliche Einnahmen in Höhe von 4.799,00 EUR. Sie haben keine gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder. Anders als noch unter der Geltung des § 15 Abs. 6 DAK-Satzung, der der Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 21.01.2008 zugrunde lag, finden die unterhaltsberechtigten Kinder des Ehegatten ab dem 01.01.2009 keine beitragsmindernde Berücksichtigung mehr. Bezüglich der einzelnen Berechnungsschritte, die im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht in Streit stehen, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 240 Abs. 5 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 4 SGB V der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass auch Kinder des Ehegatten, denen die Klägerin nicht unterhaltsverpflichtet ist, bei der Beitragsberechnung mindernd in Ansatz zu bringen sind. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Die Gerichte sind zwar gehalten, sich um eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzesrechts zu bemühen. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es, dem Willen des Gesetzgebers im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen so weit wie möglich Rechnung zu tragen. Er fordert mithin eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, soweit diese durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Einem nach Wortlaut eindeutigen Gesetz darf nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 30.03.2004, Az.: 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01; BVerfG, Beschluss vom 03.06.1992, Az.: 2 BvR 1041/88, 2 BvR 78/89; BVerfG, Beschluss vom 11.06.1980, Az.: 1 PBvU 1/79).
Auch die Voraussetzungen für die Vorlage des Rechtstreits zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art. 100 GG sind nicht gegeben. Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass die auf den vorliegenden Fall anzuwendende einfachgesetzliche Vorschrift des § 240 Abs. 5 SGB V gegen das Grundgesetz verstößt und hierdurch Grundrechte der Klägerin verletzt sind.
§ 240 Abs. 5 SGB V verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
Art. 6 Abs. 1 GG gebietet als verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.07.2002, Az.: 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01). Als Grundsatznorm lässt sich ihm eine allgemeine Pflicht des Staates zur Förderung der Familie durch geeignete Maßnahmen entnehmen (vgl. BVerfG, Urteil vom 03.04.2001, Az.: 1 BvR 1629/94). Das geht jedoch nicht so weit, dass der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen finanziell zu entlasten. Dem Gesetzgeber steht Gestaltungsfreiheit bei der Entscheidung darüber zu, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will. Aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip lässt sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990, Az.: 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86). Dies gilt auch für die Ausgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. m.w.N. aus der Rspr. BVerfG, Urteil vom 12.02.2003, Az.: 1 BvR 624/01). Dem Minderbelastungsgedanken hat der Gesetzgeber im Krankenversicherungsrecht beispielsweise durch die Einführung einer Familienversicherung nach § 10 SGB V Rechnung getragen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.08.2004, Az.: L 11 KR 899/04). Darüber hinaus wird solchen durch Kinder entstehenden Belastungen der Familie durch allgemeine Regelungen des Familienlastenausgleichs im Kindergeldrecht und im Steuerrecht Rechnung getragen. Soweit hierdurch nicht alle kinderbedingten wirtschaftlichen Belastungen beseitigt werden, liegt hierin kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG, denn die in dieser Verfassungsnorm enthaltene Verpflichtung des Staates geht nicht so weit, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen (vgl. m.w.N. BSG, Urteil vom 29.06.1993, Az.: 12 RK 92/92). Art. 6 Abs. 1 GG postuliert keine allumfassende Minderbelastung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990, Az.: 1 BvL 20/84).
§ 240 Abs. 5 GG steht in Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 12.02.2003, Az.: 1 BvR 624/01). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen – wie im Rahmen des krankenversicherungsrechtlichen Beitragsrechts nach § 240 SGB V - ist er allerdings grundsätzlich berechtigt, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen (BVerfG, Beschluss vom 22.05.2001, Az.: 1 BvL 4/96).
Auch verstößt § 240 Abs. 5 SGB V nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG. Ein Verstoß liegt erst vor, wenn die gewährte Hilfe für Familien nicht den Anforderungen sozialer Gerechtigkeit entspricht, sei es dass der Kreis der Empfänger einer bestimmten staatlichen Leistung sachwidrig abgegrenzt ist oder dass bei einer Gesamtbetrachtung der soziale Schutz einer ins Gewicht fallenden Gruppe vernachlässigt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.1975, Az.: 1 BvL 4/74). Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und trägt dem im Verhandlungstermin am 09.03.2012 abgegebenen Teilerkanntnis der Beklagten Rechnung.
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