Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 11 R 181/09 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 104/11 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Die Berufung wird zugelassen. 4. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die klagende Rentenversicherung begehrt von der Beklagten die Rückerstattung einer nach dem Tode der Versicherten auf deren Konto überwiesenen Rente in Höhe von zuletzt noch 337,95 EUR.
Die Klägerin gewährte der am 05.02.1923 geborenen Versicherten X eine Regelaltersrente von zuletzt 106,09 EUR + 989,96 EUR netto monatlich. Diese Rente wurde auf ein bei der Beklagten geführtes Konto überwiesen. Trotz des Todes der Versicherten am 08.02.2006 wurde für den Monat März 2006 noch die Rente auf das Konto der Versicherten gezahlt. Es erfolgten am 28.02.2006 zwei Überweisungen in Höhe von 106,09 EUR sowie 989,96 EUR, also insgesamt in Höhe von 1096,05 EUR. Das Konto wies unmittelbar vor Eingang der für den Monat März geleisteten Rente ein Soll in Höhe von 480,71 EUR auf.
Nach Eingang der Rentenzahlung wurden folgende relevante Verfügungen von dem Konto vorgenommen: 01.03.2006: 22,39 EUR Gothaer Versicherungen 01.03.2006: 45,00 EUR ARD Fernsehlotterie 07.03.2006: 575,79 EUR Boohte Immobilien 10.03.2006: 17,98 EUR Deutsche Telekom AG 13.03.2006: 98,14 EUR Deutsche Rentenversicherung
Insgesamt wurde demnach über einen Betrag in Höhe von 759,30 EUR verfügt. Am 01.03.2006 erfolgt zudem eine Gutschrift auf das Konto der Versicherten in Höhe von 330,00 EUR.
Am 14.03.2006 stellte die Klägerin ein Rückforderungsersuchen an die Beklagte, mit dem sie einen Rücküberweisungsanspruch der überzahlten Rente für März 2006 in Höhe von 989,96 EUR geltend machte. Zum Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsersuchens wies das Konto der verstorbenen Versicherten ein Guthaben in Höhe von 186,04 EUR auf.
Am 14.03.2006 zahlte die Beklagte daraufhin an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 328,80 EUR aus.
Der Betrag errechnete sich wie folgt:
989, 96 EUR überzahlte Rente nach Rückforderungsersuchen - 661,16 EUR relevante Verfügungen 328,80 EUR
Bei der Berechnung der zu berücksichtigenden Verfügungen ließ die Beklagte die am 13.03.2006 erfolgte Zahlung an die Rentenversicherung in Höhe von 98,14 EUR unberücksichtigt, so dass statt 759,30 EUR (Summe aller Verfügungen) nur ein Betrag in Höhe von 661,16 EUR von der Summe, die die Klägerin gefordert hatte, abgezogen wurde.
Am 12.05.2006 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie zunächst eine Erstattung von weiteren 586,93 EUR forderte.
Die Klägerin hat die Klageforderung wie folgt berechnet:
915,73 EUR überzahlte Rente - 328,80 EUR bereits zurückgezahlte Rente 586,93 EUR noch zu erstattender Betrag
Nicht dargelegt wurde in der Berechnung, woraus sich der zugrunde gelegte Zahlbetrag der Rente in Höhe von 915,73 EUR, der von dem in dem Rückforderungsersuchen aufgeführten Betrag abweicht, ergab. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte ihrer Pflicht zur Überlassung ausreichender Informationen nicht nachgekommen ist und dass nicht alle für die Prüfung der Erstattungspflicht notwendigen Angaben von der Beklagten gemacht worden seien, so dass Klage geboten sei.
Nachdem die Beklagte daraufhin im laufenden gerichtlichen Verfahren alle Kontoauszüge hinsichtlich des Kontos der verstorbenen Versicherten vorgelegt hatte, hat die Klägerin die Klageforderung auf 337,95 EUR reduziert.
Dabei ist die Klägerin nunmehr von folgenden Beträgen ausgegangen:
1096,05 EUR überzahlte Rente (in Teilbeträgen von 106,09 und 989,96 EUR) - 759,30 EUR relevante Verfügungen 336,75 EUR nicht von Verfügungen betroffener überzahlter Betrag + 330,00 EUR auf das Konto erfolgte und zugunsten der Klägerin zu berücksichtigende Gutschrift 666,75 EUR von der Beklagten zu erstattender Betrag - 328,80 EUR bereits erfolgte Zahlung 337,95 EUR noch offene Forderung gegen die Beklagte
Bei der nun vorgenommenen Berechnung wies die Klägerin darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des 13. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) auf das Konto des Versicherten erfolgte Gutschriften bei der Berechnung des Erstattungsbetrages zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt daher zuletzt noch die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 337,95 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Rechtsprechung des 5. Senats des BSG, der entschieden habe, dass Gutschriften von Seiten Dritter, welche mit der Überzahlung der Rente nicht in Zusammenhang stünden, in die Berechnung des Rückforderungsbetrages nicht einzubeziehen seien.
Am 16.04.2010 hat die Klägerin die Zulassung der Sprungrevision beantragt, am 02.02.2011 sowie 10.02.2011 haben beide Beteiligte das Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der zu dem Verfahren beigezogenen Verwaltungsakte der Klägerin betreffend Frau Edeltraud Mai in vollem Umfang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte die Streitsache ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Beteiligten hiermit einverstanden sind. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig, es ist weder ein Vorverfahren durchzuführen noch eine Frist einzuhalten. Die Klage ist aber unbegründet, da die Klägerin keinen materiell-rechtlichen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von weiteren 337,95 EUR hat.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich insbesondere nicht aus § 118 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Zwar ist hier ein öffentlich-rechtlicher Rücküberweisungsanspruch der Klägerin gemäß § 118 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB VI in Höhe von 989,09 EUR entstanden. Danach gelten Geldleistungen, die nach dem Tode des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern.
Diese Voraussetzungen liegen hier für einen Anspruch in Höhe von 989,09 EUR vor: Mit der Überweisung der Rente für den Monat März 2006 am 28.02.2006 ist für die Zeit nach dem Tode der Berechtigten Frau Edeltraud Mai eine Geldleistung auf deren Konto bei der Beklagten als inländischem Geldinstitut gezahlt worden. Diese Rentenzahlung erfolgte nach dem Tod der Berechtigten und damit nach § 102 Abs. 5 SGB VI unrechtmäßig, da eine Rente nur bis zum Ende des Kalendermonats gezahlt wird, in dem der Berechtigte verstirbt. Auch liegt in dem Schreiben der Klägerin vom 14.03.2006 ein ordnungsgemäßes Rücküberweisungsverlangen, welches sich allerdings nicht auf die gesamte Summe der gezahlten Rente in Höhe von 1096,05 EUR bezog, sondern lediglich auf eine Überzahlung in Höhe von 989,09 EUR. Hinsichtlich des weiteren Betrages in Höhe von 106,09 EUR wurde ein Rückforderungsersuchen bisher nicht gestellt, so dass in dieser Höhe ein Anspruch der Klägerin nicht entstanden ist.
Ein Rücküberweisungsanspruch besteht demnach nur in Höhe von 989,96 EUR und nicht in Höhe der von der Klägerin bei der zuletzt vorgenommenen Berechnung zugrunde gelegten 1096,05 EUR. Dieser Anspruch wurde von der Beklagten in Höhe von 328,80 EUR bereits erfüllt. Es verbleibt demnach bei einem Rücküberweisungsanspruch der Klägerin in Höhe von 661,16.
Diesem Anspruch steht jedoch in voller Höhe der anspruchsvernichtende Einwand der Entreicherung gemäß § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI entgegen. Danach besteht eine Verpflichtung zur Rücküberweisung nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Anderweitige Verfügung meint dabei jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zu Lasten des Rentenversicherungskontos, durch das sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bedient (BSG 13.11.2008, Az.: B 13 R 48/07 R). Im vorliegenden Fall wurden Verfügungen in Form banküblicher Zahlungsgeschäfte in Höhe von 759,30 EUR getätigt. In dieser Höhe, die die Höhe des verbleibenden Rücküberweisungsanspruchs übersteigt, kann sich die Beklagte auf den Einwand der Entreicherung berufen, so dass die Klägerin keine weitere Zahlung einfordern kann.
Nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 03.06.2009 (Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07) ist unstreitig, dass der Einwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI auch erfolgen kann, wenn die Rentenzahlung auf ein "im Soll" stehendes Konto erfolgt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin mindert auch die nach Renteneingang auf dem Konto der Verstorbenen eingegangene Gutschrift in Höhe von 330,00 EUR den Umfang des Entreicherungseinwandes der Beklagten nicht. Die erfolgte Gutschrift ist bei der Berechnung des Rücküberweisungsanspruchs unberücksichtigt zu lassen, insbesondere hat keine Verrechnung mit den getätigten Verfügungen zu erfolgen.
Einer Verrechnung der anderweitigen Verfügungen mit erfolgten Gutschriften im Rahmen des Entreicherungseinwandes stehen vor allem systematische Gründe entgegen. § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI erfasst nur die Rentenleistung an sich. Sofern andere Gutschriften auf das Konto erfolgen, muss das Kreditinstitut diese Gutschriften entsprechend dem geltenden Kontoführungsvertrag behandeln. Dabei wird die Rentenzahlung mit den übrigen Zuflüssen untrennbar vermischt, so dass nicht festzustellen ist, ob die anderweitigen Verfügungen im Sinne des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI tatsächlich aus der Rente oder aus den übrigen Gutschriften gespeist werden (BSG 03.06.2009; Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07). Auch durch den Begriff des "entsprechenden Betrages" wird deutlich, dass gerade keine Verknüpfung der Verfügungen mit Gutschriften erfolgen soll und dass der Geldabfluss durch die anderweitigen Verfügungen gerade keiner bestimmten Quelle und so auch nicht den zusätzlich zu der Rentenzahlung erfolgten Gutschriften zugeordnet werden kann (BSG 03.06.2009; Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07).
Nur durch eine solche Auslegung der Norm lässt sich auch eine einheitliche und eindeutige Handhabung des Rücküberweisungsverlangens erreichen. Andernfalls würde es zu erheblichen Problemen in den Fällen kommen, in denen die zusätzlich zu der Rentenzahlung erfolgten Gutschriften zeitlich nach den vorgenommenen Verfügungen erfolgt sind, wie es teilweise auch hier der Fall war (vgl. BSG 03.06.2009; Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07). Denn dann müsste im Nachhinein konstruiert werden, dass die Lastschrift die Rente unberührt gelassen hat, obwohl zum Zeitpunkt der Vornahme der Lastschrift diese tatsächlich nur aus der Rente erfolgen konnte. Nur mit solch einer nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Einklang zu bringenden Konstruktion könnte es dann im Falle einer nachträglichen Gutschrift überhaupt zu einer Verrechnung von Verfügung und Gutschrift kommen. Andernfalls müsste davon ausgegangen werden, dass nur bei Gutschriften, die vor den Verfügungen eingegangen sind, eine Verrechnung erfolgen kann, was aber eine unterschiedliche Behandlung von nachträglichen Gutschriften und solchen Gutschriften bedeuten würde, die vor Vornahme der Verfügungen erfolgt sind. Für eine derartige Unterscheidung bietet aber weder der Wortlaut des Gesetzes, noch die Gesetzessystematik, noch Sinn und Zweck der Norm einen Anhaltspunkt (BSG 03.06.2009; Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07).
Da demnach eine Verrechnung der erfolgten Verfügungen mit der ebenfalls erfolgten Gutschrift nicht erfolgen durfte, konnte die Beklagte dem noch bestehenden Anspruch in Höhe von 661,16 EUR den Entreicherungseinwand in Höhe von 759,30 entgegenhalten, so dass für die Klägerin kein Anspruch bestand und die Klage abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat derjenige die Kosten zu tragen, der im Verfahren unterliegt.
Die Berufung und die Sprungrevision waren nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 sowie §§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 161 SGG zuzulassen, da der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen werden muss. Dies ist immer dann der Fall, wenn eine bisher nicht eindeutig geklärte Rechtsfrage aufgeworfen wird, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt und nicht nur Individualinteressen betroffen sind (Leitherer in Meyer-Ladewig § 144 Rn. 28). Diese Kriterien sind hier erfüllt.
Tatbestand:
Die klagende Rentenversicherung begehrt von der Beklagten die Rückerstattung einer nach dem Tode der Versicherten auf deren Konto überwiesenen Rente in Höhe von zuletzt noch 337,95 EUR.
Die Klägerin gewährte der am 05.02.1923 geborenen Versicherten X eine Regelaltersrente von zuletzt 106,09 EUR + 989,96 EUR netto monatlich. Diese Rente wurde auf ein bei der Beklagten geführtes Konto überwiesen. Trotz des Todes der Versicherten am 08.02.2006 wurde für den Monat März 2006 noch die Rente auf das Konto der Versicherten gezahlt. Es erfolgten am 28.02.2006 zwei Überweisungen in Höhe von 106,09 EUR sowie 989,96 EUR, also insgesamt in Höhe von 1096,05 EUR. Das Konto wies unmittelbar vor Eingang der für den Monat März geleisteten Rente ein Soll in Höhe von 480,71 EUR auf.
Nach Eingang der Rentenzahlung wurden folgende relevante Verfügungen von dem Konto vorgenommen: 01.03.2006: 22,39 EUR Gothaer Versicherungen 01.03.2006: 45,00 EUR ARD Fernsehlotterie 07.03.2006: 575,79 EUR Boohte Immobilien 10.03.2006: 17,98 EUR Deutsche Telekom AG 13.03.2006: 98,14 EUR Deutsche Rentenversicherung
Insgesamt wurde demnach über einen Betrag in Höhe von 759,30 EUR verfügt. Am 01.03.2006 erfolgt zudem eine Gutschrift auf das Konto der Versicherten in Höhe von 330,00 EUR.
Am 14.03.2006 stellte die Klägerin ein Rückforderungsersuchen an die Beklagte, mit dem sie einen Rücküberweisungsanspruch der überzahlten Rente für März 2006 in Höhe von 989,96 EUR geltend machte. Zum Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsersuchens wies das Konto der verstorbenen Versicherten ein Guthaben in Höhe von 186,04 EUR auf.
Am 14.03.2006 zahlte die Beklagte daraufhin an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 328,80 EUR aus.
Der Betrag errechnete sich wie folgt:
989, 96 EUR überzahlte Rente nach Rückforderungsersuchen - 661,16 EUR relevante Verfügungen 328,80 EUR
Bei der Berechnung der zu berücksichtigenden Verfügungen ließ die Beklagte die am 13.03.2006 erfolgte Zahlung an die Rentenversicherung in Höhe von 98,14 EUR unberücksichtigt, so dass statt 759,30 EUR (Summe aller Verfügungen) nur ein Betrag in Höhe von 661,16 EUR von der Summe, die die Klägerin gefordert hatte, abgezogen wurde.
Am 12.05.2006 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie zunächst eine Erstattung von weiteren 586,93 EUR forderte.
Die Klägerin hat die Klageforderung wie folgt berechnet:
915,73 EUR überzahlte Rente - 328,80 EUR bereits zurückgezahlte Rente 586,93 EUR noch zu erstattender Betrag
Nicht dargelegt wurde in der Berechnung, woraus sich der zugrunde gelegte Zahlbetrag der Rente in Höhe von 915,73 EUR, der von dem in dem Rückforderungsersuchen aufgeführten Betrag abweicht, ergab. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte ihrer Pflicht zur Überlassung ausreichender Informationen nicht nachgekommen ist und dass nicht alle für die Prüfung der Erstattungspflicht notwendigen Angaben von der Beklagten gemacht worden seien, so dass Klage geboten sei.
Nachdem die Beklagte daraufhin im laufenden gerichtlichen Verfahren alle Kontoauszüge hinsichtlich des Kontos der verstorbenen Versicherten vorgelegt hatte, hat die Klägerin die Klageforderung auf 337,95 EUR reduziert.
Dabei ist die Klägerin nunmehr von folgenden Beträgen ausgegangen:
1096,05 EUR überzahlte Rente (in Teilbeträgen von 106,09 und 989,96 EUR) - 759,30 EUR relevante Verfügungen 336,75 EUR nicht von Verfügungen betroffener überzahlter Betrag + 330,00 EUR auf das Konto erfolgte und zugunsten der Klägerin zu berücksichtigende Gutschrift 666,75 EUR von der Beklagten zu erstattender Betrag - 328,80 EUR bereits erfolgte Zahlung 337,95 EUR noch offene Forderung gegen die Beklagte
Bei der nun vorgenommenen Berechnung wies die Klägerin darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des 13. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) auf das Konto des Versicherten erfolgte Gutschriften bei der Berechnung des Erstattungsbetrages zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt daher zuletzt noch die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 337,95 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Rechtsprechung des 5. Senats des BSG, der entschieden habe, dass Gutschriften von Seiten Dritter, welche mit der Überzahlung der Rente nicht in Zusammenhang stünden, in die Berechnung des Rückforderungsbetrages nicht einzubeziehen seien.
Am 16.04.2010 hat die Klägerin die Zulassung der Sprungrevision beantragt, am 02.02.2011 sowie 10.02.2011 haben beide Beteiligte das Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der zu dem Verfahren beigezogenen Verwaltungsakte der Klägerin betreffend Frau Edeltraud Mai in vollem Umfang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte die Streitsache ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Beteiligten hiermit einverstanden sind. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig, es ist weder ein Vorverfahren durchzuführen noch eine Frist einzuhalten. Die Klage ist aber unbegründet, da die Klägerin keinen materiell-rechtlichen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von weiteren 337,95 EUR hat.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich insbesondere nicht aus § 118 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Zwar ist hier ein öffentlich-rechtlicher Rücküberweisungsanspruch der Klägerin gemäß § 118 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB VI in Höhe von 989,09 EUR entstanden. Danach gelten Geldleistungen, die nach dem Tode des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern.
Diese Voraussetzungen liegen hier für einen Anspruch in Höhe von 989,09 EUR vor: Mit der Überweisung der Rente für den Monat März 2006 am 28.02.2006 ist für die Zeit nach dem Tode der Berechtigten Frau Edeltraud Mai eine Geldleistung auf deren Konto bei der Beklagten als inländischem Geldinstitut gezahlt worden. Diese Rentenzahlung erfolgte nach dem Tod der Berechtigten und damit nach § 102 Abs. 5 SGB VI unrechtmäßig, da eine Rente nur bis zum Ende des Kalendermonats gezahlt wird, in dem der Berechtigte verstirbt. Auch liegt in dem Schreiben der Klägerin vom 14.03.2006 ein ordnungsgemäßes Rücküberweisungsverlangen, welches sich allerdings nicht auf die gesamte Summe der gezahlten Rente in Höhe von 1096,05 EUR bezog, sondern lediglich auf eine Überzahlung in Höhe von 989,09 EUR. Hinsichtlich des weiteren Betrages in Höhe von 106,09 EUR wurde ein Rückforderungsersuchen bisher nicht gestellt, so dass in dieser Höhe ein Anspruch der Klägerin nicht entstanden ist.
Ein Rücküberweisungsanspruch besteht demnach nur in Höhe von 989,96 EUR und nicht in Höhe der von der Klägerin bei der zuletzt vorgenommenen Berechnung zugrunde gelegten 1096,05 EUR. Dieser Anspruch wurde von der Beklagten in Höhe von 328,80 EUR bereits erfüllt. Es verbleibt demnach bei einem Rücküberweisungsanspruch der Klägerin in Höhe von 661,16.
Diesem Anspruch steht jedoch in voller Höhe der anspruchsvernichtende Einwand der Entreicherung gemäß § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI entgegen. Danach besteht eine Verpflichtung zur Rücküberweisung nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Anderweitige Verfügung meint dabei jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zu Lasten des Rentenversicherungskontos, durch das sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bedient (BSG 13.11.2008, Az.: B 13 R 48/07 R). Im vorliegenden Fall wurden Verfügungen in Form banküblicher Zahlungsgeschäfte in Höhe von 759,30 EUR getätigt. In dieser Höhe, die die Höhe des verbleibenden Rücküberweisungsanspruchs übersteigt, kann sich die Beklagte auf den Einwand der Entreicherung berufen, so dass die Klägerin keine weitere Zahlung einfordern kann.
Nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 03.06.2009 (Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07) ist unstreitig, dass der Einwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI auch erfolgen kann, wenn die Rentenzahlung auf ein "im Soll" stehendes Konto erfolgt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin mindert auch die nach Renteneingang auf dem Konto der Verstorbenen eingegangene Gutschrift in Höhe von 330,00 EUR den Umfang des Entreicherungseinwandes der Beklagten nicht. Die erfolgte Gutschrift ist bei der Berechnung des Rücküberweisungsanspruchs unberücksichtigt zu lassen, insbesondere hat keine Verrechnung mit den getätigten Verfügungen zu erfolgen.
Einer Verrechnung der anderweitigen Verfügungen mit erfolgten Gutschriften im Rahmen des Entreicherungseinwandes stehen vor allem systematische Gründe entgegen. § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI erfasst nur die Rentenleistung an sich. Sofern andere Gutschriften auf das Konto erfolgen, muss das Kreditinstitut diese Gutschriften entsprechend dem geltenden Kontoführungsvertrag behandeln. Dabei wird die Rentenzahlung mit den übrigen Zuflüssen untrennbar vermischt, so dass nicht festzustellen ist, ob die anderweitigen Verfügungen im Sinne des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI tatsächlich aus der Rente oder aus den übrigen Gutschriften gespeist werden (BSG 03.06.2009; Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07). Auch durch den Begriff des "entsprechenden Betrages" wird deutlich, dass gerade keine Verknüpfung der Verfügungen mit Gutschriften erfolgen soll und dass der Geldabfluss durch die anderweitigen Verfügungen gerade keiner bestimmten Quelle und so auch nicht den zusätzlich zu der Rentenzahlung erfolgten Gutschriften zugeordnet werden kann (BSG 03.06.2009; Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07).
Nur durch eine solche Auslegung der Norm lässt sich auch eine einheitliche und eindeutige Handhabung des Rücküberweisungsverlangens erreichen. Andernfalls würde es zu erheblichen Problemen in den Fällen kommen, in denen die zusätzlich zu der Rentenzahlung erfolgten Gutschriften zeitlich nach den vorgenommenen Verfügungen erfolgt sind, wie es teilweise auch hier der Fall war (vgl. BSG 03.06.2009; Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07). Denn dann müsste im Nachhinein konstruiert werden, dass die Lastschrift die Rente unberührt gelassen hat, obwohl zum Zeitpunkt der Vornahme der Lastschrift diese tatsächlich nur aus der Rente erfolgen konnte. Nur mit solch einer nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Einklang zu bringenden Konstruktion könnte es dann im Falle einer nachträglichen Gutschrift überhaupt zu einer Verrechnung von Verfügung und Gutschrift kommen. Andernfalls müsste davon ausgegangen werden, dass nur bei Gutschriften, die vor den Verfügungen eingegangen sind, eine Verrechnung erfolgen kann, was aber eine unterschiedliche Behandlung von nachträglichen Gutschriften und solchen Gutschriften bedeuten würde, die vor Vornahme der Verfügungen erfolgt sind. Für eine derartige Unterscheidung bietet aber weder der Wortlaut des Gesetzes, noch die Gesetzessystematik, noch Sinn und Zweck der Norm einen Anhaltspunkt (BSG 03.06.2009; Az.: B 5 R 65/07 und B 5 R 120/07).
Da demnach eine Verrechnung der erfolgten Verfügungen mit der ebenfalls erfolgten Gutschrift nicht erfolgen durfte, konnte die Beklagte dem noch bestehenden Anspruch in Höhe von 661,16 EUR den Entreicherungseinwand in Höhe von 759,30 entgegenhalten, so dass für die Klägerin kein Anspruch bestand und die Klage abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat derjenige die Kosten zu tragen, der im Verfahren unterliegt.
Die Berufung und die Sprungrevision waren nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 sowie §§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 161 SGG zuzulassen, da der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen werden muss. Dies ist immer dann der Fall, wenn eine bisher nicht eindeutig geklärte Rechtsfrage aufgeworfen wird, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt und nicht nur Individualinteressen betroffen sind (Leitherer in Meyer-Ladewig § 144 Rn. 28). Diese Kriterien sind hier erfüllt.
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