Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KR 202/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten, welche der Klägerin anlässlich einer Lebendnierenspende im September 2016 im B Krankenhaus X (Österreich) i.H.v. 49.607,87 EUR entstanden sind.
Die im Jahr 1946 geborene Klägerin litt unter einer chronischen Nierenerkrankung und erhielt seit Januar 2014 eine Hämodialyse (Bericht der Uniklinik L vom 28.05.2014). Während eines Aufenthaltes in der Uniklinik L vom 18. bis 19.03.2014 zur Vorbereitung auf eine Lebend-Nierenspende durch den (gesunden) Ehemann an die Klägerin stellte sich heraus, dass wegen einer immunologischen Unverträglichkeit eine Transplantation zwischen den Eheleuten ausgeschlossen ist. Durch die Uniklinik Köln wurde die Klägerin dann am 20.03.2014 bei Eurotransplant auf der Warteliste für eine Nierentransplantation angemeldet.
Am 04.06.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme der Universitätsklinik L vom 28.05.2014 die Übernahme der Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung in der Universitätsklinik in X anlässlich einer sogenannten Crossover-Lebend-Transplantation einer Niere. Dabei handelt es sich um ein Organspendeverfahren "über Kreuz". Hierbei spendet derjenige, dessen Niere nicht für den eigentlichen Empfänger (Partner) geeignet ist, sein Organ einem fremden Empfänger von einer anderen Paar und umgekehrt. Die Beklagte leitete den Vorgang dem MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Nordrhein) am 06.06.2014 zu, welcher in einem Gutachten vom 16.06.2014 die Kostenübernahme nicht befürwortete. Mit Schreiben vom 06.06.2014 informierte die Beklagte die Klägerin über die Einschaltung des MDK. Die Beklagte werde über den Antrag entscheiden, sobald das entsprechende Gutachten des MDK vorliege. Mit Bescheid vom 25.06.2014 lehnte dann die Beklagte den Antrag - nach Auswertung des MDK-Gutachtens vom 16.06.2014- ab und führte aus, die Lebendnierenspende/-transplantation sei auch in Deutschland möglich. Es bestehe keine medizinische Indikation dafür, die geplante Behandlung in Österreich durchzuführen. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, sie sei auch bereit, einen Teil der Kosten selber zu tragen. Falls die Beklagte einen Teil dazu gebe, werde ihre Zusatzversicherung einen Teil der Kosten übernehmen. In der Folgezeit machte sie geltend, die Lebendnierenspende sei zwar in Deutschland möglich, allerdings werde die Crossover-Transplantation hier noch nicht durchgeführt. Für sie sei die dreimal pro Woche durchgeführte Dialyse jedes Mal eine Qual; sie bekomme oft Kreislaufprobleme, bis hin zum Kollaps mit erheblichen Muskelkrämpfen. Da sie in Österreich bald operiert werden könne, bitte sie nochmals um Überprüfung der Entscheidung. Beigefügt war eine Bescheinigung der Uniklinik L (Klinik II für Innere Medizin, Nephrologie ITC) vom 19.09.2014, wonach auch nach längerer Suche in Deutschland kein geeignetes Paar unter den aktuellen regulatorischen Hürden habe gefunden werden können. Dagegen könne in X eine regelkonforme Cross-over-Spende durchgeführt werden. Die aktuelle Situation des eklatanten Mangels an Spenderorganen mit der damit verbundenen langen Wartezeit werde dazu führen, dass die Patientin eine Nierentransplantation unter regulären Umständen nicht erleben werde. Aus sozialer, ethischer und ökonomischer Sicht sei eine rasche Lebendspende, für die der Ehemann als Lebendnierenspender zur Verfügung stehe, die einzige Lösung.
In der Folgezeit beauftragte die Beklagte nochmals den MDK mit einem Gutachten, welches am 31.10.2014 nach Aktenlage erstellt wurde. Dieser führte im Wesentlichen aus, die Cross-over-Lebendorganspende sei nicht verboten im Sinne des § 17 Transplantationsgesetz (TPG). Die konkrete Beziehung zwischen Spender und Empfänger des Organs sei darauf hin zu überprüfen, ob diese hinreichend intensiv und gefestigt sei, um die Gefahr von Organhandel, Unfreiwilligkeit, zwischenmenschlichen Problemen im Falle von Komplikationen zu minimieren. Die besondere persönliche Verbundenheit müsse im Hinblick auf die beabsichtigte Transplantation als tragfähig angesehen werden können. Dabei sei zwar die bis zur Operation zurückgelegte Dauer der Beziehung von Bedeutung, jedoch kein allgemein entscheidendes Kriterium; dies gelte insbesondere für die Überkreuzspende für Ehepaare. Ein Ausweichen nach Österreich sei nicht mehr erforderlich. Prinzipiell sei auch eine AB 0-inkompatible Nierentransplantation in einem der Schwerpunktzentren in Deutschland möglich. Dies sei allerdings besonders aufwändig und kostenintensiv. Die von der Klägerin beschriebenen Beschwerden im Rahmen der Dialyse seien vor allem in der Anfangsphase der Dialyse nach Rücksprache mit der MDK- Nephrologen nicht außergewöhnlich und würden häufig beschrieben.
Im Übrigen trug die Klägerin ergänzend vor, die Beklagte verkenne, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und auch des Bundessozialgerichts Leistungen im Ausland bereits grundsätzlich zu erbringen seien. Die Dialyse biete keine mittelfristige Überlebenssicherheit. Im Übrigen stünde in Deutschland derzeit kein geeignetes Cross-over-Paar zur Verfügung. Nach weiteren schriftlichen Erläuterungen der Rechtslage hat schließlich mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2015 der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Rechtsbehelf der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
"Nach § 27 Sozialgesetzbuch (SGB) V in Verbindung mit § 39 SBG V besteht Anspruch auf Kostenübernahme für eine Krankenbehandlung, wenn eine Krankenbehandlung akut erforderlich ist und ausschließlich mit den besonderen apparativen und personellen Mitteln eines Krankenhauses erfolgversprechend erscheint.
Versicherte können im Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 i. V. m. der Verordnung (EG) 987/2009 Krankenhausleistungen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch nehmen (Artikel 20). Diese Verordnung gilt für die Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums und für die Schweiz. Eine Zustimmung für eine stationäre Behandlung in den vorgenannten Staaten kann jedoch nur erteilt werden, wenn die Behandlung medizinisch notwendig ist und die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nicht in einem Vertragskrankenhaus in Deutschland erbracht werden kann (§ 13 Abs. 5 SGB V).
Die Zustimmung kann im Fall von Frau N nicht gegeben werden, da keine medizinische dringliche Notwendigkeit vorliegt. Eine entsprechende stationäre Behandlung zur Crossover-Lebend-Nierenspende kann grundsätzlich auch im Inland durchgeführt werden. Die Behandlungsmethode ist seit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.12.2003 (B 9 VS 1/01 R) unter ganz bestimmten, recht engen Voraussetzungen auch in Deutschland erlaubt. Sie verstößt nicht gegen § 8 des Transplantationsgesetzes (TPG), der besagt, dass die Entnahme von Organen eines lebenden Menschen nur zulässig ist zum Zweck der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten oder Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen und fällt daher nicht unter den Organhandel. Entsprechende Operationen wurden bereits in Deutschland beispielsweise im Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg und im Unfallkrankenhaus Essen durchgeführt.
Hinzu kommt, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in seiner Stellungnahme von 13.06.2014 feststellte, dass ein Ausweichen auf eine Crossover-Spende im Ausland nicht erforderlich ist. Eine Lebend-Nieren-Spende ist auch in Deutschland unter Berücksichtigung der entsprechenden Vorgaben möglich (s.o.). Darüber hinaus verwies der MDK auf die weitere Möglichkeit einer AB-0 inkompatiblen Nierentransplantation, die in einigen Schwerpunktzentren in Deutschland möglich ist. Hierzu gehören beispielsweise die Klinik in Münster und Heidelberg, die Charité in Berlin, aber auch das Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf.
Auch aus Ihrer Widerspruchsbegründung vom 23.07.2014 nebst Schreiben des Prof. Dr. C, Direktor der Klinik II für Innere Medizin an der Uniklinik L vom 19.09.2014 resultiert keine andere Entscheidung. Der erneut eingeschaltete MDK konnte in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 30.10.2014 die Ausführungen des Erstgutachters nur bestätigen, dass ein Ausweichen ins Ausland nicht notwendig ist, da das angestrebte Spenderverfahren auch in Deutschland zulässig ist. Der MDK ergänzte noch, dass die von Frau N angeführten Beschwerden im Rahmen der Dialyse vor allem in der Anfangsphase derselben häufig von Patienten beschrieben werden.
Dass dem Brief des Prof. Dr. C vom 19.09.2014 nach in Deutschland derzeit kein kompatibles Spenderpaar unter den regulatorischen Hürden gefunden werden konnte, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein Nachweis darüber, dass in Österreich ein passendes Spenderpaar bekannt ist, erfolgte nicht.
Im Übrigen wäre Frau N bereits vor der Lebendspende durch ihren Ehemann aufgrund gesetzlicher Bestimmungen bei Eurotransplant anzumelden gewesen. Diese Anmeldung bei Eurotransplant ist ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehen, um auch die Möglichkeit einer Organzuteilung während der Vorbereitungsphase des Spenders zu ermöglichen.
Besondere Gründe für eine zwingende Inanspruchnahme eines ausländischen Krankenhauses sind nicht gegeben. Es besteht kein Anlass, die Kompetenz der inländischen Vertragskrankenhäuser anzuzweifeln. Auch würden durch eine Zustimmung erhebliche zusätzliche Kosten entstehen, die vorliegend auch nicht zu rechtfertigen sind. Die Kostenübernahme stationärer Krankenhausbehandlungen außerhalb Deutschlands ohne zwingende medizinische Notwendigkeit führt zu einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit und damit der Gewähr einer ausgewogenen und allen zugänglichen ärztlichen und klinischen Versorgung. Die Zahl der Krankenhäuser, ihre geographische Verteilung, ihr Ausbau und die Einrichtungen, über die sie verfügen oder auch die Art der medizinischen Leistungen, die sie anbieten können, müssen planbar sein. Durch diese Planung wird gewährleistet, dass in dem betreffenden Staat ein ausgewogenes Angebot qualitativ hochwertiger Krankenhausversorgung ständig in ausreichendem Maß zugänglich ist. Auch nach Abwägung des Interesses von Frau N an einer Behandlung in Österreich und dem finanziellen Interesse der Versichertengemeinschaft kann eine Zustimmung für die stationäre Behandlung in Österreich nicht erteilt werden."
Hiergegen richtet sich die von der Klägerin am 12.03.2015 erhobene Klage, welche zunächst auf Aufhebung des Bescheids vom 25.06.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2015 gerichtet war. Mit Schreiben vom 18.11.2016 teilte die Klägerin mit, sie sei zwischenzeitlich in X erfolgreich transplantiert worden und wolle nun die Klage auf Erstattung von Kosten in Höhe von insgesamt 49.607,87 EUR umstellen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, sie habe die Beklagte zuvor um eine Kostenübernahme ersucht. Die in Anspruch genommene Leistung sei im Herkunftsland medizinisch anerkannt und es sei ausgeschlossen gewesen, dass sie die Behandlung im eigenen Land rechtzeitig habe erhalten können. Beigefügt waren Rechnungen aus den Jahren 2015 und 2016, unter anderem auch gerichtet an den Ehemann der Klägerin. Ferner trägt die Klägerin vor, die Beklagte versuche, das Transplantationsgesetz zu einem "Schutzgesetz" zu Gunsten der gesetzlichen Krankenversicherung zu interpretieren. Demgegenüber verhalte es sich bei zutreffender Betrachtung derart, dass das TPG einzig ein Gesetz zu Gunsten der Bürger sei, um einen Organhandel zu verhindern und letztlich zu vermeiden, dass die (wirtschaftliche) Not von Menschen derart ausgenutzt werde, dass diese ihre funktionsfähigen Organe verkauften. Die Klägerin habe sich einzig eine liberale gesetzliche Vorschrift in Österreich zunutze gemacht. Im Übrigen sei Österreich ein EU-Land und daher die Übernahme der Kosten bereits nach EU-Vorschriften geboten. Im Erörterungstermin beim Sozialgericht Köln vom 02.02.2018 hat die Klägerin durch ihren Vertreter eingeräumt, in der Tat sei der Spender in Österreich anonym geblieben. Dies sei dort auch so vorgesehen. Hier sei allein die Übertragung eines Organs bzw. die Kosten dieses Eingriffs bei der Klägerin streitbefangen, die Entnahme eines Organs demgegenüber nicht. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Implantation eines Organs denknotwendig die Entnahme eines Organs bei einer anderen Person voraussetze. Nach § 8 TPG sei nur die Entnahme von Organen strafbewehrt. Soweit im Übrigen eine Behandlung innerhalb der Europäischen Union erfolge, etwa auch im Urlaub, und dort eine Erkrankung nach anderen Maßstäben behandelt und versorgt werde als in Deutschland, bleibe eben die deutsche Krankenversicherung auch zuständiger Leistungsträger, ohne dass die gesetzliche Krankenversicherung ihre Leistungspflicht unter Hinweis auf den Versorgungsstandard in Deutschland ablehnen könne.
Sinngemäß beantragt die Klägerin schriftlich,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2015 zu verurteilen, der Klägerin die Kosten anlässlich der Nierentransplantation in X in Höhe von insgesamt 49.607,87 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftlich,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass Leistungen für eine Behandlung im Ausland, welche im Inland aus rechtlichen oder ethischen-moralischen Erwägungen verboten sind, nicht erbracht werden dürfen. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 10.12.2003 den Tausch der Organe unter den Spenderpaaren bei einer Überkreuzspende nicht als tatbestandsmäßigen Organhandel angesehen. Jedoch habe es im Ergebnis ausdrücklich an dem in § 8 a TPG verankerten Erfordernis für eine Lebendspende festgehalten, nämlich dass der Empfänger dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehe, festgehalten. In der Klinik in X laufe das Verfahren jedoch anonymisiert ab. Die Personen, welche jeweils Organe spenden und empfangen durften, sollten sich ausdrücklich nicht kennen lernen. Unter diesen Voraussetzungen könne die nach § 8 a TPG erforderliche Verbundenheit zwischen Spendern und Empfänger nicht bestehen. Auf § 2 Abs. 1 a SGB V könne sich die Klägerin nicht berufen, weil mit der Dialyse für sie eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung im Inland zur Verfügung stehe. Im Übrigen falle ein Eingriff, der nach deutschem Recht nicht zulässig sei und gegen das TPG verstoße, nicht in die Leistungspflicht der Beklagten. Es liege im Wesen der Cross-over-Spende, dass auch ein Organ entnommen werde. Ohne diese Entnahme habe die Klägerin kein Organ erhalten können. Die Ausführungen der Klägerin hinsichtlich der Leistungspflicht der Krankenversicherung im Ausland könnten zwar auf eine notfallmäßige Versorgung während eines Auslandsaufenthaltes zutreffen, nicht jedoch auf eine stationäre gesuchte Krankenhausbehandlung im Ausland.
Das Gericht hat den Beteiligten die Durchführung einer richterlichen Mediation vorgeschlagen, welche jedoch abgelehnt wurde.
Nach dem Erörterungstermin vom 02.02.2018 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Im Einvernehmen mit den Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, vgl. § 124 Abs. 2 SGG.
Die form-und fristgerecht erhobene Klage ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 25.06.2014 und 04.03.2015 entsprechen im Ergebnis des Sach-und Rechtslage und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zur Begründung und Meidung von überflüssigen Wiederholungen wird zunächst auf die oben zitierten ausführlichen und überzeugenden Gründe des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2015 verwiesen (gemäß § 136 Abs. 3 SGG), denen die erkennende Kammer folgt.
Ergänzend ist auszuführen, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 09.10.2014 (-C-268/13) im Falle einer rumänischen EU-Bürgerin entschieden hat, dass binnen der EU die Genehmigung zur Erstattung von im Ausland entstandener Behandlungskosten nicht verweigert werden darf, wenn das Fehlen von Medikamenten und grundlegendem medizinischen Material verhindert, dass der Sozialversicherte die Krankenhausbehandlung in seinem Wohnsitzmitgliedstaat rechtzeitig erhält. Allerdings hat der EuGH betont, dass dies nur unter zwei Voraussetzungen gelte: -Zunächst müsse die betreffende Behandlung zu den Leistungen gehören, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen sind, in dessen Gebiet der Sozialversicherte wohnt. -Sodann müsse ausgeschlossen sein, dass der Sozialversicherte die Behandlung, die er im Ausland erhalten will, in Anbetracht seines derzeitigen Gesundheitszustands und des Verlaufs seiner Krankheit in einem Zeitraum erhalten kann, der für die gewünschte Behandlung in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, normalerweise erforderlich ist. In diesem Fall ging es um eine Versicherte, die an einer schweren Erkrankung der Herzgefäße litt und eine Operation am offenen Herzen vornehmen lassen musste.
Parallel dazu ist auch ein Urteil des BSG vom 18.11.2014 (- B 1 KR 19/13 R-) zu berücksichtigen, wonach das sekundäre Gemeinschaftsrecht und die das primäre Gemeinschaftsrecht umsetzenden Regelungen des SGB V keine weitergehenden Leistungsansprüche im EU-Ausland vorsehen, als sie im Inland gewährt werden können. Im Inland verbotene Behandlungen der Kranken-oder Krankenhausbehandlungen sind von einer gesetzlichen Krankenkasse auch dann nicht zu erstatten, wenn sie im Ausland durchgeführt werden, wo sie – anders als im Inland- nicht verboten sind. Es ist allen genannten Regelungen des europäischen Koordinationsrechts und des deutschen Rechts, welches europäisches Primärrecht umsetzt, gemeinsam, dass sie die Übernahme von Kosten für Leistungen bei Krankheit im Ausland innerhalb der EU und des europäischen Wirtschaftsraums auf dasjenige begrenzen, was von dem in Betracht kommenden inländischen Leistungsträger -hier der Beklagten- nach den für sie geltenden Regelungen der Leistungen bei Krankheit verlangt werden könnte. Die Regelung des § 13 Abs. 5 SGB V eröffnet demgemäß nur Kostenerstattungsansprüche ohne sachliche Leistungsausweitung im Umfang des deutschen Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine von der Rechtsordnung im Wohnsitzstaat verbotene Behandlung kann nicht Teil des Leistungskatalogs einer gesetzlichen oder privaten Krankenkasse sein; der Leistungsausschluss greift erst recht ein, wenn die verbotene medizinische Behandlung bußgeld- oder strafbewehrt ist (vgl. Urteil des BSG vom 18.11.2014 - B1 KR 19/13 R-).
§ 8 Abs. 1 S. 2 TPG bestimmt, dass die Entnahme einer Niere (darüber hinaus) nur zulässig ist zum Zwecke der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen. Damit ist die anonyme Lebendspende einer Niere zum Zwecke der Übertragung auf eine andere Person unzulässig und verboten. Flankierend regelt § 19 Abs. 1 Nr. 2 TPG folgendes durch Strafvorschrift: Wer entgegen § 8 Abs. 1 S. 2 ein Organ entnimmt (nach der letztgenannten Vorschrift ist der Zweck der Übertragung auf andere bereits angeführt), wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Diese Vorschriften insgesamt belegen, dass die Übertragung einer Niere von einem anonymen, noch lebenden Spender an einen anderen Menschen in Deutschland verboten ist. Auch aus § 2 Abs. 1 a SGB V kann die Klägerin einen Erstattungsanspruch nach Auffassung der Kammer nicht herleiten. Danach haben Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch einen Anspruch auf eine von Abs. 1 S. 3 abweichende Leistung, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Diese Vorschrift soll – bei Vorliegen enger Voraussetzungen- ergänzend Leistungen zur Verfügung stellen, die sich noch im experimentellen Stadium befinden, jedoch zumindest eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bieten. Hier wird jedoch um eine Nierentransplantation gestritten, die sowohl in Deutschland wie auch in Österreich zu den gefestigten medizinischen Standardtherapien gehört. Aus Sicht der erkennenden Kammer dürfen nach § 2 Abs. 1 a SGB V jedoch keine Leistungen zur Verfügung gestellt oder erstattet werden, die in Deutschland aus ethisch-moralischen Gründen generell verboten oder sogar strafbewehrt sind.
Die Klage konnte deshalb aus Sicht der erkennenden Kammer unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Vorsitzende der 26. Kammer
Dr. Jung Richterin am Sozialgericht
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten, welche der Klägerin anlässlich einer Lebendnierenspende im September 2016 im B Krankenhaus X (Österreich) i.H.v. 49.607,87 EUR entstanden sind.
Die im Jahr 1946 geborene Klägerin litt unter einer chronischen Nierenerkrankung und erhielt seit Januar 2014 eine Hämodialyse (Bericht der Uniklinik L vom 28.05.2014). Während eines Aufenthaltes in der Uniklinik L vom 18. bis 19.03.2014 zur Vorbereitung auf eine Lebend-Nierenspende durch den (gesunden) Ehemann an die Klägerin stellte sich heraus, dass wegen einer immunologischen Unverträglichkeit eine Transplantation zwischen den Eheleuten ausgeschlossen ist. Durch die Uniklinik Köln wurde die Klägerin dann am 20.03.2014 bei Eurotransplant auf der Warteliste für eine Nierentransplantation angemeldet.
Am 04.06.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme der Universitätsklinik L vom 28.05.2014 die Übernahme der Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung in der Universitätsklinik in X anlässlich einer sogenannten Crossover-Lebend-Transplantation einer Niere. Dabei handelt es sich um ein Organspendeverfahren "über Kreuz". Hierbei spendet derjenige, dessen Niere nicht für den eigentlichen Empfänger (Partner) geeignet ist, sein Organ einem fremden Empfänger von einer anderen Paar und umgekehrt. Die Beklagte leitete den Vorgang dem MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Nordrhein) am 06.06.2014 zu, welcher in einem Gutachten vom 16.06.2014 die Kostenübernahme nicht befürwortete. Mit Schreiben vom 06.06.2014 informierte die Beklagte die Klägerin über die Einschaltung des MDK. Die Beklagte werde über den Antrag entscheiden, sobald das entsprechende Gutachten des MDK vorliege. Mit Bescheid vom 25.06.2014 lehnte dann die Beklagte den Antrag - nach Auswertung des MDK-Gutachtens vom 16.06.2014- ab und führte aus, die Lebendnierenspende/-transplantation sei auch in Deutschland möglich. Es bestehe keine medizinische Indikation dafür, die geplante Behandlung in Österreich durchzuführen. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, sie sei auch bereit, einen Teil der Kosten selber zu tragen. Falls die Beklagte einen Teil dazu gebe, werde ihre Zusatzversicherung einen Teil der Kosten übernehmen. In der Folgezeit machte sie geltend, die Lebendnierenspende sei zwar in Deutschland möglich, allerdings werde die Crossover-Transplantation hier noch nicht durchgeführt. Für sie sei die dreimal pro Woche durchgeführte Dialyse jedes Mal eine Qual; sie bekomme oft Kreislaufprobleme, bis hin zum Kollaps mit erheblichen Muskelkrämpfen. Da sie in Österreich bald operiert werden könne, bitte sie nochmals um Überprüfung der Entscheidung. Beigefügt war eine Bescheinigung der Uniklinik L (Klinik II für Innere Medizin, Nephrologie ITC) vom 19.09.2014, wonach auch nach längerer Suche in Deutschland kein geeignetes Paar unter den aktuellen regulatorischen Hürden habe gefunden werden können. Dagegen könne in X eine regelkonforme Cross-over-Spende durchgeführt werden. Die aktuelle Situation des eklatanten Mangels an Spenderorganen mit der damit verbundenen langen Wartezeit werde dazu führen, dass die Patientin eine Nierentransplantation unter regulären Umständen nicht erleben werde. Aus sozialer, ethischer und ökonomischer Sicht sei eine rasche Lebendspende, für die der Ehemann als Lebendnierenspender zur Verfügung stehe, die einzige Lösung.
In der Folgezeit beauftragte die Beklagte nochmals den MDK mit einem Gutachten, welches am 31.10.2014 nach Aktenlage erstellt wurde. Dieser führte im Wesentlichen aus, die Cross-over-Lebendorganspende sei nicht verboten im Sinne des § 17 Transplantationsgesetz (TPG). Die konkrete Beziehung zwischen Spender und Empfänger des Organs sei darauf hin zu überprüfen, ob diese hinreichend intensiv und gefestigt sei, um die Gefahr von Organhandel, Unfreiwilligkeit, zwischenmenschlichen Problemen im Falle von Komplikationen zu minimieren. Die besondere persönliche Verbundenheit müsse im Hinblick auf die beabsichtigte Transplantation als tragfähig angesehen werden können. Dabei sei zwar die bis zur Operation zurückgelegte Dauer der Beziehung von Bedeutung, jedoch kein allgemein entscheidendes Kriterium; dies gelte insbesondere für die Überkreuzspende für Ehepaare. Ein Ausweichen nach Österreich sei nicht mehr erforderlich. Prinzipiell sei auch eine AB 0-inkompatible Nierentransplantation in einem der Schwerpunktzentren in Deutschland möglich. Dies sei allerdings besonders aufwändig und kostenintensiv. Die von der Klägerin beschriebenen Beschwerden im Rahmen der Dialyse seien vor allem in der Anfangsphase der Dialyse nach Rücksprache mit der MDK- Nephrologen nicht außergewöhnlich und würden häufig beschrieben.
Im Übrigen trug die Klägerin ergänzend vor, die Beklagte verkenne, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und auch des Bundessozialgerichts Leistungen im Ausland bereits grundsätzlich zu erbringen seien. Die Dialyse biete keine mittelfristige Überlebenssicherheit. Im Übrigen stünde in Deutschland derzeit kein geeignetes Cross-over-Paar zur Verfügung. Nach weiteren schriftlichen Erläuterungen der Rechtslage hat schließlich mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2015 der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Rechtsbehelf der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
"Nach § 27 Sozialgesetzbuch (SGB) V in Verbindung mit § 39 SBG V besteht Anspruch auf Kostenübernahme für eine Krankenbehandlung, wenn eine Krankenbehandlung akut erforderlich ist und ausschließlich mit den besonderen apparativen und personellen Mitteln eines Krankenhauses erfolgversprechend erscheint.
Versicherte können im Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 i. V. m. der Verordnung (EG) 987/2009 Krankenhausleistungen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch nehmen (Artikel 20). Diese Verordnung gilt für die Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums und für die Schweiz. Eine Zustimmung für eine stationäre Behandlung in den vorgenannten Staaten kann jedoch nur erteilt werden, wenn die Behandlung medizinisch notwendig ist und die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nicht in einem Vertragskrankenhaus in Deutschland erbracht werden kann (§ 13 Abs. 5 SGB V).
Die Zustimmung kann im Fall von Frau N nicht gegeben werden, da keine medizinische dringliche Notwendigkeit vorliegt. Eine entsprechende stationäre Behandlung zur Crossover-Lebend-Nierenspende kann grundsätzlich auch im Inland durchgeführt werden. Die Behandlungsmethode ist seit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.12.2003 (B 9 VS 1/01 R) unter ganz bestimmten, recht engen Voraussetzungen auch in Deutschland erlaubt. Sie verstößt nicht gegen § 8 des Transplantationsgesetzes (TPG), der besagt, dass die Entnahme von Organen eines lebenden Menschen nur zulässig ist zum Zweck der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten oder Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen und fällt daher nicht unter den Organhandel. Entsprechende Operationen wurden bereits in Deutschland beispielsweise im Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg und im Unfallkrankenhaus Essen durchgeführt.
Hinzu kommt, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in seiner Stellungnahme von 13.06.2014 feststellte, dass ein Ausweichen auf eine Crossover-Spende im Ausland nicht erforderlich ist. Eine Lebend-Nieren-Spende ist auch in Deutschland unter Berücksichtigung der entsprechenden Vorgaben möglich (s.o.). Darüber hinaus verwies der MDK auf die weitere Möglichkeit einer AB-0 inkompatiblen Nierentransplantation, die in einigen Schwerpunktzentren in Deutschland möglich ist. Hierzu gehören beispielsweise die Klinik in Münster und Heidelberg, die Charité in Berlin, aber auch das Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf.
Auch aus Ihrer Widerspruchsbegründung vom 23.07.2014 nebst Schreiben des Prof. Dr. C, Direktor der Klinik II für Innere Medizin an der Uniklinik L vom 19.09.2014 resultiert keine andere Entscheidung. Der erneut eingeschaltete MDK konnte in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 30.10.2014 die Ausführungen des Erstgutachters nur bestätigen, dass ein Ausweichen ins Ausland nicht notwendig ist, da das angestrebte Spenderverfahren auch in Deutschland zulässig ist. Der MDK ergänzte noch, dass die von Frau N angeführten Beschwerden im Rahmen der Dialyse vor allem in der Anfangsphase derselben häufig von Patienten beschrieben werden.
Dass dem Brief des Prof. Dr. C vom 19.09.2014 nach in Deutschland derzeit kein kompatibles Spenderpaar unter den regulatorischen Hürden gefunden werden konnte, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein Nachweis darüber, dass in Österreich ein passendes Spenderpaar bekannt ist, erfolgte nicht.
Im Übrigen wäre Frau N bereits vor der Lebendspende durch ihren Ehemann aufgrund gesetzlicher Bestimmungen bei Eurotransplant anzumelden gewesen. Diese Anmeldung bei Eurotransplant ist ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehen, um auch die Möglichkeit einer Organzuteilung während der Vorbereitungsphase des Spenders zu ermöglichen.
Besondere Gründe für eine zwingende Inanspruchnahme eines ausländischen Krankenhauses sind nicht gegeben. Es besteht kein Anlass, die Kompetenz der inländischen Vertragskrankenhäuser anzuzweifeln. Auch würden durch eine Zustimmung erhebliche zusätzliche Kosten entstehen, die vorliegend auch nicht zu rechtfertigen sind. Die Kostenübernahme stationärer Krankenhausbehandlungen außerhalb Deutschlands ohne zwingende medizinische Notwendigkeit führt zu einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit und damit der Gewähr einer ausgewogenen und allen zugänglichen ärztlichen und klinischen Versorgung. Die Zahl der Krankenhäuser, ihre geographische Verteilung, ihr Ausbau und die Einrichtungen, über die sie verfügen oder auch die Art der medizinischen Leistungen, die sie anbieten können, müssen planbar sein. Durch diese Planung wird gewährleistet, dass in dem betreffenden Staat ein ausgewogenes Angebot qualitativ hochwertiger Krankenhausversorgung ständig in ausreichendem Maß zugänglich ist. Auch nach Abwägung des Interesses von Frau N an einer Behandlung in Österreich und dem finanziellen Interesse der Versichertengemeinschaft kann eine Zustimmung für die stationäre Behandlung in Österreich nicht erteilt werden."
Hiergegen richtet sich die von der Klägerin am 12.03.2015 erhobene Klage, welche zunächst auf Aufhebung des Bescheids vom 25.06.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2015 gerichtet war. Mit Schreiben vom 18.11.2016 teilte die Klägerin mit, sie sei zwischenzeitlich in X erfolgreich transplantiert worden und wolle nun die Klage auf Erstattung von Kosten in Höhe von insgesamt 49.607,87 EUR umstellen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, sie habe die Beklagte zuvor um eine Kostenübernahme ersucht. Die in Anspruch genommene Leistung sei im Herkunftsland medizinisch anerkannt und es sei ausgeschlossen gewesen, dass sie die Behandlung im eigenen Land rechtzeitig habe erhalten können. Beigefügt waren Rechnungen aus den Jahren 2015 und 2016, unter anderem auch gerichtet an den Ehemann der Klägerin. Ferner trägt die Klägerin vor, die Beklagte versuche, das Transplantationsgesetz zu einem "Schutzgesetz" zu Gunsten der gesetzlichen Krankenversicherung zu interpretieren. Demgegenüber verhalte es sich bei zutreffender Betrachtung derart, dass das TPG einzig ein Gesetz zu Gunsten der Bürger sei, um einen Organhandel zu verhindern und letztlich zu vermeiden, dass die (wirtschaftliche) Not von Menschen derart ausgenutzt werde, dass diese ihre funktionsfähigen Organe verkauften. Die Klägerin habe sich einzig eine liberale gesetzliche Vorschrift in Österreich zunutze gemacht. Im Übrigen sei Österreich ein EU-Land und daher die Übernahme der Kosten bereits nach EU-Vorschriften geboten. Im Erörterungstermin beim Sozialgericht Köln vom 02.02.2018 hat die Klägerin durch ihren Vertreter eingeräumt, in der Tat sei der Spender in Österreich anonym geblieben. Dies sei dort auch so vorgesehen. Hier sei allein die Übertragung eines Organs bzw. die Kosten dieses Eingriffs bei der Klägerin streitbefangen, die Entnahme eines Organs demgegenüber nicht. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Implantation eines Organs denknotwendig die Entnahme eines Organs bei einer anderen Person voraussetze. Nach § 8 TPG sei nur die Entnahme von Organen strafbewehrt. Soweit im Übrigen eine Behandlung innerhalb der Europäischen Union erfolge, etwa auch im Urlaub, und dort eine Erkrankung nach anderen Maßstäben behandelt und versorgt werde als in Deutschland, bleibe eben die deutsche Krankenversicherung auch zuständiger Leistungsträger, ohne dass die gesetzliche Krankenversicherung ihre Leistungspflicht unter Hinweis auf den Versorgungsstandard in Deutschland ablehnen könne.
Sinngemäß beantragt die Klägerin schriftlich,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2015 zu verurteilen, der Klägerin die Kosten anlässlich der Nierentransplantation in X in Höhe von insgesamt 49.607,87 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftlich,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass Leistungen für eine Behandlung im Ausland, welche im Inland aus rechtlichen oder ethischen-moralischen Erwägungen verboten sind, nicht erbracht werden dürfen. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 10.12.2003 den Tausch der Organe unter den Spenderpaaren bei einer Überkreuzspende nicht als tatbestandsmäßigen Organhandel angesehen. Jedoch habe es im Ergebnis ausdrücklich an dem in § 8 a TPG verankerten Erfordernis für eine Lebendspende festgehalten, nämlich dass der Empfänger dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehe, festgehalten. In der Klinik in X laufe das Verfahren jedoch anonymisiert ab. Die Personen, welche jeweils Organe spenden und empfangen durften, sollten sich ausdrücklich nicht kennen lernen. Unter diesen Voraussetzungen könne die nach § 8 a TPG erforderliche Verbundenheit zwischen Spendern und Empfänger nicht bestehen. Auf § 2 Abs. 1 a SGB V könne sich die Klägerin nicht berufen, weil mit der Dialyse für sie eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung im Inland zur Verfügung stehe. Im Übrigen falle ein Eingriff, der nach deutschem Recht nicht zulässig sei und gegen das TPG verstoße, nicht in die Leistungspflicht der Beklagten. Es liege im Wesen der Cross-over-Spende, dass auch ein Organ entnommen werde. Ohne diese Entnahme habe die Klägerin kein Organ erhalten können. Die Ausführungen der Klägerin hinsichtlich der Leistungspflicht der Krankenversicherung im Ausland könnten zwar auf eine notfallmäßige Versorgung während eines Auslandsaufenthaltes zutreffen, nicht jedoch auf eine stationäre gesuchte Krankenhausbehandlung im Ausland.
Das Gericht hat den Beteiligten die Durchführung einer richterlichen Mediation vorgeschlagen, welche jedoch abgelehnt wurde.
Nach dem Erörterungstermin vom 02.02.2018 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Im Einvernehmen mit den Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, vgl. § 124 Abs. 2 SGG.
Die form-und fristgerecht erhobene Klage ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 25.06.2014 und 04.03.2015 entsprechen im Ergebnis des Sach-und Rechtslage und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zur Begründung und Meidung von überflüssigen Wiederholungen wird zunächst auf die oben zitierten ausführlichen und überzeugenden Gründe des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2015 verwiesen (gemäß § 136 Abs. 3 SGG), denen die erkennende Kammer folgt.
Ergänzend ist auszuführen, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 09.10.2014 (-C-268/13) im Falle einer rumänischen EU-Bürgerin entschieden hat, dass binnen der EU die Genehmigung zur Erstattung von im Ausland entstandener Behandlungskosten nicht verweigert werden darf, wenn das Fehlen von Medikamenten und grundlegendem medizinischen Material verhindert, dass der Sozialversicherte die Krankenhausbehandlung in seinem Wohnsitzmitgliedstaat rechtzeitig erhält. Allerdings hat der EuGH betont, dass dies nur unter zwei Voraussetzungen gelte: -Zunächst müsse die betreffende Behandlung zu den Leistungen gehören, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen sind, in dessen Gebiet der Sozialversicherte wohnt. -Sodann müsse ausgeschlossen sein, dass der Sozialversicherte die Behandlung, die er im Ausland erhalten will, in Anbetracht seines derzeitigen Gesundheitszustands und des Verlaufs seiner Krankheit in einem Zeitraum erhalten kann, der für die gewünschte Behandlung in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, normalerweise erforderlich ist. In diesem Fall ging es um eine Versicherte, die an einer schweren Erkrankung der Herzgefäße litt und eine Operation am offenen Herzen vornehmen lassen musste.
Parallel dazu ist auch ein Urteil des BSG vom 18.11.2014 (- B 1 KR 19/13 R-) zu berücksichtigen, wonach das sekundäre Gemeinschaftsrecht und die das primäre Gemeinschaftsrecht umsetzenden Regelungen des SGB V keine weitergehenden Leistungsansprüche im EU-Ausland vorsehen, als sie im Inland gewährt werden können. Im Inland verbotene Behandlungen der Kranken-oder Krankenhausbehandlungen sind von einer gesetzlichen Krankenkasse auch dann nicht zu erstatten, wenn sie im Ausland durchgeführt werden, wo sie – anders als im Inland- nicht verboten sind. Es ist allen genannten Regelungen des europäischen Koordinationsrechts und des deutschen Rechts, welches europäisches Primärrecht umsetzt, gemeinsam, dass sie die Übernahme von Kosten für Leistungen bei Krankheit im Ausland innerhalb der EU und des europäischen Wirtschaftsraums auf dasjenige begrenzen, was von dem in Betracht kommenden inländischen Leistungsträger -hier der Beklagten- nach den für sie geltenden Regelungen der Leistungen bei Krankheit verlangt werden könnte. Die Regelung des § 13 Abs. 5 SGB V eröffnet demgemäß nur Kostenerstattungsansprüche ohne sachliche Leistungsausweitung im Umfang des deutschen Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine von der Rechtsordnung im Wohnsitzstaat verbotene Behandlung kann nicht Teil des Leistungskatalogs einer gesetzlichen oder privaten Krankenkasse sein; der Leistungsausschluss greift erst recht ein, wenn die verbotene medizinische Behandlung bußgeld- oder strafbewehrt ist (vgl. Urteil des BSG vom 18.11.2014 - B1 KR 19/13 R-).
§ 8 Abs. 1 S. 2 TPG bestimmt, dass die Entnahme einer Niere (darüber hinaus) nur zulässig ist zum Zwecke der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen. Damit ist die anonyme Lebendspende einer Niere zum Zwecke der Übertragung auf eine andere Person unzulässig und verboten. Flankierend regelt § 19 Abs. 1 Nr. 2 TPG folgendes durch Strafvorschrift: Wer entgegen § 8 Abs. 1 S. 2 ein Organ entnimmt (nach der letztgenannten Vorschrift ist der Zweck der Übertragung auf andere bereits angeführt), wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Diese Vorschriften insgesamt belegen, dass die Übertragung einer Niere von einem anonymen, noch lebenden Spender an einen anderen Menschen in Deutschland verboten ist. Auch aus § 2 Abs. 1 a SGB V kann die Klägerin einen Erstattungsanspruch nach Auffassung der Kammer nicht herleiten. Danach haben Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch einen Anspruch auf eine von Abs. 1 S. 3 abweichende Leistung, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Diese Vorschrift soll – bei Vorliegen enger Voraussetzungen- ergänzend Leistungen zur Verfügung stellen, die sich noch im experimentellen Stadium befinden, jedoch zumindest eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bieten. Hier wird jedoch um eine Nierentransplantation gestritten, die sowohl in Deutschland wie auch in Österreich zu den gefestigten medizinischen Standardtherapien gehört. Aus Sicht der erkennenden Kammer dürfen nach § 2 Abs. 1 a SGB V jedoch keine Leistungen zur Verfügung gestellt oder erstattet werden, die in Deutschland aus ethisch-moralischen Gründen generell verboten oder sogar strafbewehrt sind.
Die Klage konnte deshalb aus Sicht der erkennenden Kammer unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Vorsitzende der 26. Kammer
Dr. Jung Richterin am Sozialgericht
Rechtskraft
Aus
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