Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2379/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 31 Abs 1 S 1 Fremdrentengesetz (FRG) ermächtigt den Trä-ger der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht zur Kürzung einer u.a. nach den Vorschriften des FRG berechne-ten und festgestellten deutschen Altersrente um den fiktiven Betrag einer tatsächlich nicht bezogenen ausländischen – hier rumänischen – Rente, deren Beantragung vom Berechtigten in Anwendung des Art 44 Abs 2 S 2 VO (EWG) 1408/71 aufge-schoben wurde.
2. Ein Fiktivabzug kann weder auf eine erweiternde Auslegung noch auf eine analoge Anwendung des § 31 Abs 1 S 1 FRG gestützt werden, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlie-gen.
3. Auch § 46 Abs 2 SGB I bietet keine geeignete Ermächti-gungsgrundlage für den Fiktivabzug des Betrages einer rumä-nischen Rente, sofern auf die rumänische Rente nicht verzich-tet wurde, sondern der Berechtigte deren Beantragung ledig-lich aufgeschoben hat.
4. Macht der Versicherte von einer gesetzlich eingeräumten Ges-taltungsmöglichkeit – hier Aufschub gem. Art 44 Abs 2 S 2 VO (EWG) 1408/71 – Gebrauch, kann dies grundsätzlich nur bei Hinzutreten besonderer Umstände als „rechtsmissbräuch-lich“ angesehen werden.
2. Ein Fiktivabzug kann weder auf eine erweiternde Auslegung noch auf eine analoge Anwendung des § 31 Abs 1 S 1 FRG gestützt werden, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlie-gen.
3. Auch § 46 Abs 2 SGB I bietet keine geeignete Ermächti-gungsgrundlage für den Fiktivabzug des Betrages einer rumä-nischen Rente, sofern auf die rumänische Rente nicht verzich-tet wurde, sondern der Berechtigte deren Beantragung ledig-lich aufgeschoben hat.
4. Macht der Versicherte von einer gesetzlich eingeräumten Ges-taltungsmöglichkeit – hier Aufschub gem. Art 44 Abs 2 S 2 VO (EWG) 1408/71 – Gebrauch, kann dies grundsätzlich nur bei Hinzutreten besonderer Umstände als „rechtsmissbräuch-lich“ angesehen werden.
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2008 sowie des Bescheides vom 13.5.2008 verurteilt, dem Kläger ab dem 1.2.2008 Regelaltersrente in gesetzlicher Höhe ohne Abzug einer fiktiven rumänischen Rente in Höhe von derzeit 76,01 EUR zu gewähren. 2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Regelaltersrente ab dem 1.2.2008 in gesetzlicher Hö-he ohne die Minderung um einen fiktiv errechneten Betrag einer rumänischen Rente des Klä-gers in Höhe von 76,01 EUR, die der Kläger derzeit tatsächlich nicht bezieht, gemäß § 31 Fremd-rentengesetz (FRG).
Der am XX.XX.1943 geborene Kläger übersiedelte gemäß dem am XX.XX.1990 von der Stadt XXXX ausgestellten Vertriebenenausweis "A" am XX.XX.1990 in die Bundesrepublik Deutschland. Er besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 10.10.2007 beantragte der Kläger Regelaltersrente. Mit Erklärung im Antragsverfahren vom 24.11.2007 widersprach der Kläger ausdrücklich der Einleitung eines Rentenverfahrens in Rumänien und schob die Feststellung seiner rumänischen Altersrente unter Berufung auf Artikel 22 Abs. 3 des deutsch-rumänischen Sozialversicherungsabkommens vom 8.4.2005 bzw. Artikel 44 Abs. 2 Satz 2 der EWG-VO 1408/71 auf. Mit dem Schreiben begehrte er fer-ner die Zahlung der vollen Rente ohne Kürzung um eine fiktive Rente aus Rumänien.
Mit Anhörungsschreiben vom 3.12.2007 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Beklagte be-absichtige, seine deutsche Rente ab dem 1.2.2008 durch Anrechnung einer rumänischen Rente mit dem Betrag von 76,01 EUR auch dann zu mindern, wenn der Kläger diese Rente nicht bezie-hen sollte. Dem Kläger wurde empfohlen, die ihm zustehenden Rentenansprüche in Rumänien geltend zu machen. Auf den Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 23.1.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 1.2.2008 in Höhe von monatlich 917,80 EUR als "vorläufige Leistung" und errechnete hieraus einen Rentenzahlbetrag von monatlich 827,40 EUR. Bei der Berechnung der Rente legte sie für die vom Kläger im Zeitraum vom XX.XX.1962 bis zum XX.XX.1990 in Rumänien zurückge-legten rentenversicherungsrechtlichen Zeiten das FRG zugrunde. Auf Grundlage von 37,8305 Entgeltpunkten errechnete sie eine monatliche Bruttorente von 993,81 EUR, welche sie um mo-natlich 76,01 EUR minderte. Hierzu führte sie aus, gemäß ihrer Ankündigung vom 3.12.2007 mindere sie die deutsche Rente des Klägers ab dem 1.2.2008 nach § 31 FRG um den voraus-sichtlich zustehenden Betrag der ausländischen Rente (Anrechnungsbetrag), welchen sie mit 76,01 EUR errechne. Die Rente des Klägers ruhe in Höhe des Bruttobetrages der Leistung aus der ausländischen Sozialversicherung. Auf den weiteren Inhalt des Bescheides vom 23.1.2008 wird im Einzelnen Bezug genommen. Mit während des Gerichtsverfahrens ergangenem Be-scheid vom 13.5.2008 wurde die Rente in der mit Bescheid vom 23.1.2008 vorläufig bewillig-ten Höhe endgültig festgestellt und dem Kläger mitgeteilt, dass eine zwischenstaatliche Be-rechnung nach Artikel 46 VO (EWG) Nr. 1408/71 durchgeführt werde, da hierfür keine mit-gliedsstaatlichen Zeiten zur Verfügung stünden.
Gegen den Bescheid vom 23.1.2008 erhob der Kläger am 5.2.2008 Widerspruch und ließ zu dessen Begründung vortragen, eine Berechtigung zur Anwendung des § 31 FRG ohne tatsäch-lichen Rentenbezug bestehe nicht. Auch der Auslegung des § 2 Abs. 1 FRG durch die Beklag-te könne nicht gefolgt werden. Es ergebe sich keine Verpflichtung zum Verzicht auf die ge-setzlich ausdrücklich eingeräumte Dispositionsmöglichkeit. Alle juristischen Kommentierun-gen bestätigten, dass nur eine tatsächlich bezogene Rente zu einem Abzug führe. Die Rege-lung des Artikels 44 VO (EWG) 1408/71 mache die Aufschiebung des Leistungsbeginns der ausländischen Rente nicht von besonderen Gründen abhängig, sondern es werde ein eigen-ständiges Dispositionsrecht eingeräumt, wie es auch das Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) kenne. Die für einen Verzicht gemäß § 46 SGB I vorgesehenen Sanktionen dürften bei Wahrnehmung der gesetzlich eingeräumten Dispositionsmöglichkeit der Aufschiebung des Leistungsbeginns nicht eintreten. Zudem sei der von der Beklagten berechnete Betrag willkür-lich.
Mit Schreiben vom 14.2.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Rente werde für die Dauer des Widerspruchsverfahrens "in der bisherigen Höhe" zur Zahlung angewiesen. Tat-sächlich wurde dem Kläger für Februar 2008 68,53 EUR nachgezahlt, ab März 2008 wies die Beklagte ein Zahlbetrag von 895,93 EUR (ausgehend von einem Bruttorentenbetrag von 993,81 EUR) zur Zahlung an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.4.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung u.a. aus, die Zulässigkeit der Minderung der nach dem FRG berechneten Rente um die dem Kläger voraussichtlich zustehende rumänische Rente (Fiktivabzug) ergebe sich aus dem Sinn des § 31 FRG und stehe insbesondere im Zusammen-hang mit dem § 2 FRG. Nach dessen Satz 2 sei das FRG bei Abkommensstaaten (VO (EWG) Nr. 1408/71) entgegen des grundsätzlichen Anwendungsausschlusses gemäß § 2 Satz 1 Buch-stabe b FRG weiterhin anzuwenden, sofern dieses durch eine entsprechende "FRG-Weitergeltungsbestimmung" im über- und zwischenstaatlichen Recht ausdrücklich geregelt worden sei. Diese Ausnahmeregelung habe der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauens-schutzes in das FRG eingeführt. Dieser sei in der Erwartung eingeräumt worden, dass der durch das entsprechende Abkommensrecht ermöglichte Bezug einer ausländischen Rente nach § 31 FRG angerechnet werden könne. Im Ergebnis werde also die ausländische Rente auf das Niveau des Fremdrentenrechts aufgestockt. Dieser Zusammenhang zwischen § § 2 und 31 FRG ergebe sich aus der entsprechenden Gesetzesbegründung zu Artikel 5 Zustim-mungsgesetz zu dem Abkommen vom 8.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit vom 18.6.1991 (Bundestags-Drucksache 12/470). Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen sei zwar Anlass für die Ergänzung des § 2 FRG um den Satz 2 gewesen, die Ausnahmerege-lung und der damit verbundene Vertrauensschutz beschränke sich jedoch nicht auf Polen, sondern sei im Verhältnis zu mehreren Staaten anzuwenden. So sei die weitere Anwendung des FRG im Verhältnis zu Rumänien ausdrücklich in Nr. 13 Schlussprotokoll zum Abkom-men zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über soziale Sicherheit vom 8.4.2005 geregelt und gelte im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsrechts durch den Ein-trag im Anhang III Buchstabe A Nr. 20 b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 weiter. Aus dieser Vertrauensschutzregelung ergebe sich eine besondere Verpflichtung für den Berechtig-ten, seinen ausländischen Rentenanspruch zu realisieren. Tue er dies nicht, sei der deutsche Rentenversicherungsträger im Hinblick auf den Sinn und Zweck der abkommensrechtlichen "FRG-Weitergeltungsbestimmung" berechtigt, seine FRG-Leistung auf den Umfang zu be-schränken, der dem Berechtigten bei Erhalt der zustehenden ausländischen Rente verbleiben würde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem vom Kläger in Anspruch genommenen Dispositionsrecht des Artikel 44 Abs. 2 Satz 2 VO (EWG) Nr. 1408/71, den rumänischen Rentenanspruch auf unbestimmte Zeit aufzuschieben. Dies könne nicht dazu führen, die An-rechnungsvorschrift des § 31 FRG zu umgehen. Auf den weiteren Inhalt des Widerspruchsbe-scheides wird Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die am 11.5.2008 per Fax beim Sozialgericht XXX erhobene und gleichzeitig mit einem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verbundene Kla-ge, mit der der Kläger ausdrücklich darauf hinweisen lässt, er habe keinen Leistungsverzicht erklärt, sondern lediglich von seinem in Artikel 44 Abs. 2 VO (EWG) 1408/71 eingeräumten Recht auf Aufschiebung des Leistungsbeginns der ausländischen Rente Gebrauch gemacht. Die gesetzliche Regelung biete keinen Raum für willkürliche Rechtsauslegung gegen den Gesetzeswortlaut, die zu einer Aushöhlung auf das Recht des aus Artikel 44 VO (EWG) 1408/71 führe. Nach dieser Vorschrift sei die Aufschiebung des Leistungsbeginns der auslän-dischen Rente nicht von besonderen Gründen abhängig. Bei der Wahrnehmung dieser gesetz-lich eingeräumten Disposition dürften nicht die gleichen Sanktionen eintreten, wie sie etwa für den Verzicht gemäß § 46 SGB I vorgesehen seien. Diese Regelung sei für den Fall einer gesetzlich eingeräumten Dispositionsmöglichkeit gerade nicht anwendbar. Die Gründe des Gesetzgebers dafür, von der Regelung des § 1 Abs. 5 FAG zu der klaren Regelung des § 31 FRG zu wechseln lägen weiterhin vor. Es bestehe das Problem, dass die betreffenden auslän-dischen Versicherungsträger sehr wohl Leistungen für bei ihnen zurückgelegte Beitragszah-lungen erbracht hätten, in einzelnen Fällen allerdings in einer Weise, die den Berechtigten die Inanspruchnahme unzumutbar gemacht habe oder - wegen Auszahlung auf Sperrkonten, De-visenkonten oder im Ausland - eine Verwendung der Rente zur Bestreitung des Lebensunter-halts in Deutschland erschwert oder unmöglich gemacht habe. Diese Situation, die Grund des Gesetzgebers für die Gesetzesänderung gewesen sei, treffe auch heute noch zu. Der Bevoll-mächtigten des Klägers sei kein einziger Fall bekannt, in welchem der rumänische Versiche-rungsträger eine Leistung nach Deutschland in Euro erbringe. Selbst die Rentenversicherungs-träger gingen davon aus, dass die Leistung in Rumänien kein gleichwertiger Ersatz für die FRG-Rentenanteile sei, da bisher in jedem bekannten Fall eine angebotene Abtretung abge-lehnt worden sei. Im Übrigen wirke der Aufschub der rumänischen Rente nicht nur zu Lasten der Beklagten, sondern auch zu Lasten des Klägers, der durch den Aufschub auch nicht die nach § 31 FRG anrechnungsfrei verbleibenden Anteile der rumänischen Rente für nicht nach Bundesrecht anzurechnende Zeiten, wie etwa eine Zusatzrentenversicherung von 4 %, Ren-tenanteile mit Entschädigungscharakter (Verschleppung, politische Verfolgungszeiten) sowie Rentensteigerungsanteile wegen schädlicher Arbeitsbedingungen erhalte.
Der Kläger beantragt (Klageschrift vom 9.5.2008):
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2008 verpflichtet, die Altersrente ohne Fiktivabzug gemäß § 31 FRG zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und trägt ergänzend vor, § 31 FRG biete im Vergleich zu § 2 Satz 1 Buchstabe b (Anwendungs-ausschluss des FRG) eine mildere Einschränkung. Der Wortlaut des § 31 FRG müsse im Zu-sammenhang mit seiner Entstehung und den damaligen Verhältnissen gesehen werden. Dieser habe ursprünglich nur Fälle ohne Anwendung über- und zwischenstaatlichen Rechts betrof-fen. Angesichts der damaligen Verhältnisse in den FRG-Herkunftsländern (Abgrenzung ge-genüber westlichen Staaten, Diskriminierung von Aus- und Übersiedlern, fehlende Konver-tierbarkeit der dortigen Währungen) habe es für die FRG-Berechtigten praktisch kaum Mög-lichkeiten gegeben, ausländische Rentenleistungen zu erhalten. Hiernach sei es konsequent, wenn § 31 FRG beim Ruhen auf "ausgezahlte" Geldleistungen abstelle. Die ursprüngliche Rechtslage habe durch die Ergänzung des § 2 FRG um einen Satz 2 eine wesentliche Ände-rung erfahren. Danach sei auch bei Anwendung über- und zwischenstaatlichen Rechts die Weitergeltung des FRG möglich, wenn dies in den entsprechenden Abkommen ausdrücklich geregelt werde. Dies stelle eine deutliche Abschwächung der Ausschlussregelung dar. Anlass sei das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen vom 8.12.1990 gewesen. Der Gesetzgeber habe den Vertrauensschutz gemäß § 2 Satz 2 FRG in Erwartung entsprechender ausländischer Rentenleistungen und der daraus folgenden Anwen-dung des § 31 FRG eingeräumt. Die Änderung des § 2 FRG habe Auswirkungen auf § 31 FRG. Die Vorschrift betreffe jetzt auch (und insbesondere) Fälle des über- und zwischenstaat-lichen Rechts. Seine Anwendung müsse daher differenziert im Lichte der veränderten Ver-hältnisse gesehen werden. Im Verhältnis zu den EU-Mitgliedsstaaten und den Vertragsstaaten - im vorliegenden Fall: Rumänien - hätten sich die früher allenfalls theoretischen, aber nicht durchsetzbaren Rentenansprüche nunmehr in rechtlich gesicherte und von den Berechtigten auf zumutbare Weise realisierbare Ansprüche auf Rentenzahlungen gewandelt. Eine Realisie-rung der ausländischen Rentenbeträge sei den Berechtigten mithin zumutbar, um eine Entlas-tung der Deutschen Rentenversicherung zu ermöglichen. Realisierten die Berechtigten trotz der entsprechenden Möglichkeit ihre ausländischen Rentenleistungen nicht, hielten sich die deutschen Rentenversicherungsträger im Hinblick auf den Sinn und Zweck der abkommens-rechtlichen "FRG-Weitergeltungsbestimmung" für berechtigt, die FRG-Leistung auf den Um-fang zu beschränken, der den Berechtigten bei Erhalt der zustehenden originären, und inso-weit vorrangigen, ausländischen Rente verbleiben würde. Eine weiterhin ausschließliche An-wendung des § 31 FRG auf die tatsächlich ausgezahlten Rentenleistungen sei nicht mehr ge-rechtfertigt, wenn die FRG-Berechtigten die Nichtzahlung selbst zu vertreten hätten. Dem stehe auch das Dispositionsrecht des Artikels 44 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht entge-gen. Dem Sinn und Zweck nach sollten mit dieser überstaatlichen Regelung lediglich Nachtei-le vermieden werden, die durch unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen zur Altersrente in den einzelnen Mitgliedsstaaten entstehen könnten, z.B. im Falle von Rentenabschlägen bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente. Die Möglichkeit eines Rentenaufschubs auf unbestimmte Zeit bzw. die Nichtanspruchnahme von Rentenleistungen in einem Mitglieds-staat aus anderen Gründen sei mit dieser Regelung gerade nicht beabsichtigt. Soweit der Klä-ger den Aufschub der rumänischen Rente mit Schwierigkeiten im Zahlungsverkehr mit Ru-mänien begründe, sei darauf hinzuweisen, dass es zutreffend sei, dass der rumänische Versi-cherungsträger zunächst nicht in der Lage gewesen sei, Renten in das Ausland (und damit auch nach Deutschland) zu zahlen und den Betroffenen daher die Einrichtung eines Kontos in Rumänien empfohlen habe. Die rumänische Seite habe aber stets darauf hingewiesen, dass es sich um vorübergehende Anlaufschwierigkeiten handle und zugesagt, ihre aus dem EU-Beitritt resultierenden Verpflichtungen zu erfüllen. Inzwischen seien diese Schwierigkeiten offenbar ausgeräumt und es werde mit der Überweisung der Rentenleistungen nach Deutsch-land begonnen. Der behauptete Aufschubgrund existiere daher nicht mehr. Andere Gründe, die gegen eine Realisierung der rumänischen Rentenansprüche sprechen könnten, würden nicht vorgebracht und seien nicht ersichtlich.
Die beim Sozialgericht XXX erhobene Klage wurde mit Beschluss vom 27.5.2008 an das Sozialgericht Karlsruhe verwiesen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Mit Beschluss im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 11.8.2008 (S 8 R 2380/08 ER) hat das Gericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ab dem 13.5.2008 vorläufig, bis zur tatsächlichen Gewährung einer rumänischen Auslandsrente oder bis zur Bestandskraft des Rentenbescheides vom 23.1.2008 in Gestalt des Bescheides vom 13.5.2008, Regelaltersrente ohne Kürzung um 76,01 EUR monatlich zu zahlen. Auf die Gründe des Beschlusses wird im Ein-zelnen Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die umfangreichen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, den weiteren Inhalt der Pro-zessakte, die Beschlussakte des Eilverfahrens S 8 R 2380/08 ER und die Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Betei-ligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Vorfeld ausdrücklich einverstanden erklärt haben.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet.
Das Gericht ist an die Fassung der Anträge nicht gebunden (§ 123 SGG). Ausgehend vom tatsächlichen Klagebegehren war der erhobene Antrag dahingehend auszulegen, dass der Klä-ger die Verurteilung der Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2008 sowie des Bescheides vom 13.5.2008 zur Gewährung von Regelaltersrente in gesetzlicher Höhe ab dem 1.2.2008 ohne Abzug einer fiktiven rumänischen Rente in Höhe von derzeit 76,01 EUR begehrt. Mit diesem Klagebegehren ist die Klage zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit die Beklagte von dem Betrag der dem Kläger nach deutschem Recht zustehenden Rente den fiktiv errechneten Betrag einer rumänischen Altersrente von derzeit 76,01 EUR, die vom Kläger tatsächlich nicht bezogen wird, in Abzug bringt. Für diesen "Fiktivabzug" vor tatsächlichem Bezug einer rumänischen Rente gibt es keine Rechtsgrundlage. Er ist daher rechtswidrig, sodass die angefochtenen Bescheide inso-weit abzuändern waren.
§ 31 Abs. 1 Satz 1 FRG bietet keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für einen Fiktivabzug des Betrages einer tatsächlich nicht bezogenen ausländischen Rente. Für eine analoge An-wendung der Norm liegen die Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht vor, in welchem der Umstand, dass eine ausländische Rente, auf die dem Grunde nach ein Anspruch besteht, tatsächlich nicht ausgezahlt wird, aus einem gemäß Artikel 44 Abs. 2 Satz 2 VO (EWG) 1408/71 beantragten Aufschub der Auszahlung resultiert.
Nicht umstritten zwischen den Beteiligten ist, dass für die in Rumänien vom Kläger zurückge-legten versicherungsrechtlichen Zeiten das Fremdrentengesetz auch nach Inkrafttreten des deutsch-rumänischen Sozialversicherungsabkommens vom 8.4.2005 (vgl. Bundesgesetzblatt Teil II, Bl. 162 ff.) und dem nachfolgenden Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union mit Inkrafttreten der VO (EWG) Nr. 1408/71 im Verhältnis zwischen Deutschland und Rumänien weiterhin Anwendung findet, was aus der entsprechenden Regelung in Nr. 13 des Schlusspro-tokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über Sozi-ale Sicherheit vom 8.4.2005 und dem Eintrag im Anhang III Buchstabe A, Nr. 20 b der in Bezug genommenen EWG-Verordnung resultiert. Gleichwohl bildet § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den mit den angefochtenen Bescheiden vorge-nommenen Fiktivabzug.
Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG ruht, wenn dem Berechtigten von einem Träger der Sozial-versicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder anstelle einer solchen eine andere Leistung gewährt wird, die Rente in Höhe des in Euro umgerechneten Betrages, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung oder der ande-ren Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird.
Da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass der Kläger eine rumänische Rente nicht be-zieht, da er deren Feststellung aufgeschoben hat, greift die Regelung ihrem Wortlaut nach im vorliegenden Fall nicht ein. Der Wortlaut der Vorschrift, wonach eine Minderung der deut-schen Rente nur erfolgt, soweit eine Auslandsrente - tatsächlich - "gewährt" und "ausgezahlt" wird, wird nochmals bestätigt durch die Regelung in § 31 Abs. 2 FRG, wonach es dem Rent-ner nur obliegt, einen tatsächlichen Rentenbezug aus dem Ausland bei seinem deutschen Ren-tenversicherer anzuzeigen, nicht aber einen - etwaigen - Rentenanspruch (vgl. Urteil der 6. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.1.2009, S 6 R 4740/08).
Einer erweiternden Auslegung der Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG "im Lichte der ver-änderten Verhältnisse" steht der klare und eindeutige Wortlaut der Regelung, wonach es für ein Ruhen des deutschen Rentenanspruchs auf die tatsächliche Auszahlung der ausländischen Rente ankommt, entgegen. Dieser Wortlaut aber bildet die Grenze der zulässigen Auslegung (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.9.2007, Az: 2 BvR 3/02, NVwZ 2007, 1396 [1401]). Hiernach ist ein Rückgriff auf teleologische Überlegungen, wie sie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 21.8.2008 angestellt hat, zum Zwecke der erweiternden Ausle-gung methodisch ausgeschlossen (so bereits SG Reutlingen mit Urteil vom 30.9.2008, S 2 R 1766/08).
Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG im vorliegen-den Fall in dem Sinne, dass bei beantragter Aufschiebung der rumänischen Rente ein Abzug des fiktiven Rentenbetrages erfolgen könnte, liegen ebenfalls nicht vor. Es fehlt bereits am Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke, welche zwingende Voraussetzung für die Bil-dung einer Analogie ist. Eine planwidrige Regelungslücke liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. etwa Urteil vom 3.12.2002, SozR 3-5919 § 76 Nr. 4 m.w.N., zuvor bereits Urteil vom 23.11.1995, Az: 1 RK 11/95, SozR 3-2500 § 38 Nr. 1 m.w.N.) nur vor, wenn das Gesetz mit Absicht schweigt, weil es der Rechtsprechung insoweit die Rechtsfin-dung überlassen wollte oder wenn es den betreffenden Sachverhalt aufgrund eines Versehens nicht erfasst oder wenn sich der nicht geregelte Tatbestand erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie bereits das Sozialgericht Koblenz mit Urteil vom 7.5.2008 (S 1 R 1232/07), dessen Gründen sich die Kammer vorliegend voll umfänglich anschließt, ausgeführt hat, han-delte es sich bei der Ablösung der Vorgänger-Regelung in § 1 Abs. 5 Fremdrenten- und Aus-landsrentengesetz (FAG) vom 7.8.1953 (BGBl I, 848) durch § 31 Abs. 1 FRG um eine be-wusste Entscheidung des Gesetzgebers, denn in § 1 Abs. 5 FAG war eine Fiktivanrechnung noch ausdrücklich vorgesehen, indem dort das Erlöschen eines Leistungsanspruchs für den Fall angeordnet wurde, in dem von einem Träger der Sozialversicherung oder von einer ande-ren Stelle außerhalb des Bundesgebiets oder des Landes Berlin eine Leistung "gewährt wird oder auf Antrag gewährt würde". Die Beschränkung des Ruhens der deutschen Rente gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG resultiert hiernach aus einem bewussten Entschluss des Gesetzgebers, sodass die diesbezügliche klare Beschränkung der Eingriffsgrundlage ihrem Wortlaut nach nicht nachträglich durch die Rechtsprechung rückgängig gemacht werden kann, sondern dies einer neuerlichen gesetzgeberischen Entscheidung vorbehalten bleibt. Auch aus der Gesetzes-begründung zum Fraktionsentwurf des Gesetzes zu dem Abkommen vom 8.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 21.3.1991 (Bundestags-Drucksache 12/303) bzw. der im Wesentlichen gleichlautenden Be-gründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf vom 3.5.1991 (Bundestags-Drucksache 12/480) folgt nichts anderes. Zwar wird in der Begründung zu Artikel 5 die Erwartung formu-liert, dass eine polnische Rentenleistung auf das Niveau des Fremdrentengesetzes aufgestockt werden wird, jedoch folgt aus dem vorangegangenen Satz "die Ergänzung ermöglicht für Aussiedler die Gewährung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz, auf die allerdings eine polnische Exportrente anzurechnen ist.", dass eine Anrechnung nur für eine "Exportrente" und damit auf eine tatsächlich in die Bundesrepublik Deutschland geleistete Rente stattfinden kann, wie dies dem Wortlauf des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG auch entspricht.
Zweck der Schaffung von § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG war die Vermeidung von Doppelleistungen im Sinne einer doppelten Entschädigung für identische Zeiten, in denen der deutsche Versi-cherungsträger nach den Vorschriften des FRG eine Versicherungslast übernimmt, die eigent-lich einem fremden Versicherungsträger zukommt. Dabei liegt eine echte Doppelleistung in diesem Sinne nur vor, wenn der fremde Versicherungsträger die eigene Versicherungslast tatsächlich auch erfüllt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.4.1992, Az: 5 RJ 77/90, SozR 3-5050 § 31 Nr. 1).
Die Gesetzesbegründung zu Artikel 5 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 8.12.1990 zwi-schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit do-kumentiert die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, durch Fortgeltung des FRG auch in Fällen des Bestehens eines umfassenden zwischenstaatlichen Abkommens weiterhin Lasten zu übernehmen, die eigentlich einem fremdem Versicherungsträger zukommen, soweit keine "Exportrente" besteht, die auf die nach dem FRG berechnete Rente angerechnet werden kann. Dieser Intention des Gesetzgebers aber widerspricht es, wenn eine fiktive Anrechnung einer tatsächlich nicht bezogenen Rente im Ergebnis dazu führt, dass, wie im vorliegenden Fall, der Versicherte eine Rente tatsächlich bezieht, deren Höhe diejenige der ihm nach dem FRG zu-stehenden Rente unterschreitet.
Hiernach ist die fiktive Anrechnung einer tatsächlich nicht bezogenen Rente auch kein mit der Anrechnung einer tatsächlich bezogenen Rente auf die deutsche Rente vergleichbarer Fall, weshalb auch diese - weitere - Voraussetzung für eine Analogie nicht vorliegt.
Für den von der Beklagten vorgenommenen Fiktivabzug bildet auch § 46 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) keine taugliche Ermächtigungsgrundlage. Hiernach ist ein Verzicht auf Ansprüche auf Sozialleistungen unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leis-tungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Vorliegend hat der Kläger die Antragstellung auf die rumänische Altersrente lediglich aufgeschoben in Anwendung des Ar-tikels 44 Abs. 2 Satz 2 VO (EWG) 1408/71. Ein Verzicht liegt hiernach bereits tatbestands-mäßig nicht vor, weshalb in derartigen Fällen eine Anwendbarkeit des § 46 Abs. 2 SGB I grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungs-recht, Stand 56. Ergänzungslieferung 2007, § 46 SGB I Randnr. 9). Da ein Aufschieben einer Rentenantragstellung Ausdruck einer vom Gesetzgeber eingeräumten Autonomie ist, kann eine derartige Erklärung mit einem Verzicht nicht gleichgesetzt werden, weshalb vorliegend auch keine mit der Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24.42003 (L 10 RA 4922/00) vergleichbare Fallgestaltung vorliegt. In diesem Fall ging es um einen Verzicht mit Wirkung für die Zukunft auf eine bewilligte und in der Vergangenheit für einen bestimmten Zeitraum auch bezogene polnische Rente zu Lasten der deutschen Versi-chertengemeinschaft.
Auch eine missbräuchliche Beschränkung des Antragsrechts, für den das Bundessozialgericht eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 2 SGB I in Erwägung gezogen hat, liegt nicht vor. In Fällen wie dem vorliegenden, in welchem der Kläger lediglich von einer Gestaltungsmöglich-keit Gebrauch macht, die ihm, ohne dass hieran ausdrücklich besondere Zwecke oder auch Sanktionen geknüpft werden, durch supranationales und damit vorrangiges Europarecht (Ar-tikel 44 Abs. 2 Satz 2 VO (EWG) 1408/71) eingeräumt wird, bedarf es besonderer Gründe, um eine Missbräuchlichkeit dieses Handelns oder eine Umgehung der Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG anzunehmen. Nachdem aber der Kläger sich durch die Erklärung des Aufschubs des Rentenantrages nach rumänischem Recht keinen finanziellen Vorteil verschafft, vermag die Kammer keine Missbrauchsabsicht hinter dem Aufschub der Antragstellung nach rumäni-schem Recht zu erkennen, zumal die Beklagte selbst in ihrer Klageerwiderung eingeräumt hat, dass es zumindest noch in der jüngeren Vergangenheit durchaus Probleme mit der Aus-zahlung rumänischer Renten auf deutsche Konten gegeben hat. Auch der Hinweis des Klä-gers, dass angesichts schwankender Wechselkurse mit einem monatlich unterschiedlichen Auszahlungsbetrag der rumänischen Rente zu rechnen ist, weshalb er mit einer Flut von Än-derungsbescheiden bezüglich der Rentenhöhe rechnet, der er sich altersbedingt nicht mehr gewachsen fühlt, vermag ein nachvollziehbares Motiv für die vom Kläger gewählte gesetzlich vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit zu liefern, weshalb auch aus diesem Grund die Kammer nicht von einer missbräuchlichen Beschränkung des Antragsrechts durch den Kläger ausgeht.
Aus den genannten Gründen kann darüber hinaus die Kammer im Handeln des Klägers auch keinen Verstoß gegen den § 242 normierten Grundsatz von Treu und Glauben erkennen. Dies gilt umso mehr, als sich der Kläger bereit erklärt hat, die ihm zustehende rumänische Rente direkt an die Deutsche Rentenversicherung auszahlen zu lassen bzw. diesen Anspruch abzu-treten. Auf die zutreffenden Gründe des Urteils der 6. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.1.2009 (Az: S 6 R 4740/08) wird insoweit ergänzend verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Regelaltersrente ab dem 1.2.2008 in gesetzlicher Hö-he ohne die Minderung um einen fiktiv errechneten Betrag einer rumänischen Rente des Klä-gers in Höhe von 76,01 EUR, die der Kläger derzeit tatsächlich nicht bezieht, gemäß § 31 Fremd-rentengesetz (FRG).
Der am XX.XX.1943 geborene Kläger übersiedelte gemäß dem am XX.XX.1990 von der Stadt XXXX ausgestellten Vertriebenenausweis "A" am XX.XX.1990 in die Bundesrepublik Deutschland. Er besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 10.10.2007 beantragte der Kläger Regelaltersrente. Mit Erklärung im Antragsverfahren vom 24.11.2007 widersprach der Kläger ausdrücklich der Einleitung eines Rentenverfahrens in Rumänien und schob die Feststellung seiner rumänischen Altersrente unter Berufung auf Artikel 22 Abs. 3 des deutsch-rumänischen Sozialversicherungsabkommens vom 8.4.2005 bzw. Artikel 44 Abs. 2 Satz 2 der EWG-VO 1408/71 auf. Mit dem Schreiben begehrte er fer-ner die Zahlung der vollen Rente ohne Kürzung um eine fiktive Rente aus Rumänien.
Mit Anhörungsschreiben vom 3.12.2007 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Beklagte be-absichtige, seine deutsche Rente ab dem 1.2.2008 durch Anrechnung einer rumänischen Rente mit dem Betrag von 76,01 EUR auch dann zu mindern, wenn der Kläger diese Rente nicht bezie-hen sollte. Dem Kläger wurde empfohlen, die ihm zustehenden Rentenansprüche in Rumänien geltend zu machen. Auf den Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 23.1.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 1.2.2008 in Höhe von monatlich 917,80 EUR als "vorläufige Leistung" und errechnete hieraus einen Rentenzahlbetrag von monatlich 827,40 EUR. Bei der Berechnung der Rente legte sie für die vom Kläger im Zeitraum vom XX.XX.1962 bis zum XX.XX.1990 in Rumänien zurückge-legten rentenversicherungsrechtlichen Zeiten das FRG zugrunde. Auf Grundlage von 37,8305 Entgeltpunkten errechnete sie eine monatliche Bruttorente von 993,81 EUR, welche sie um mo-natlich 76,01 EUR minderte. Hierzu führte sie aus, gemäß ihrer Ankündigung vom 3.12.2007 mindere sie die deutsche Rente des Klägers ab dem 1.2.2008 nach § 31 FRG um den voraus-sichtlich zustehenden Betrag der ausländischen Rente (Anrechnungsbetrag), welchen sie mit 76,01 EUR errechne. Die Rente des Klägers ruhe in Höhe des Bruttobetrages der Leistung aus der ausländischen Sozialversicherung. Auf den weiteren Inhalt des Bescheides vom 23.1.2008 wird im Einzelnen Bezug genommen. Mit während des Gerichtsverfahrens ergangenem Be-scheid vom 13.5.2008 wurde die Rente in der mit Bescheid vom 23.1.2008 vorläufig bewillig-ten Höhe endgültig festgestellt und dem Kläger mitgeteilt, dass eine zwischenstaatliche Be-rechnung nach Artikel 46 VO (EWG) Nr. 1408/71 durchgeführt werde, da hierfür keine mit-gliedsstaatlichen Zeiten zur Verfügung stünden.
Gegen den Bescheid vom 23.1.2008 erhob der Kläger am 5.2.2008 Widerspruch und ließ zu dessen Begründung vortragen, eine Berechtigung zur Anwendung des § 31 FRG ohne tatsäch-lichen Rentenbezug bestehe nicht. Auch der Auslegung des § 2 Abs. 1 FRG durch die Beklag-te könne nicht gefolgt werden. Es ergebe sich keine Verpflichtung zum Verzicht auf die ge-setzlich ausdrücklich eingeräumte Dispositionsmöglichkeit. Alle juristischen Kommentierun-gen bestätigten, dass nur eine tatsächlich bezogene Rente zu einem Abzug führe. Die Rege-lung des Artikels 44 VO (EWG) 1408/71 mache die Aufschiebung des Leistungsbeginns der ausländischen Rente nicht von besonderen Gründen abhängig, sondern es werde ein eigen-ständiges Dispositionsrecht eingeräumt, wie es auch das Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) kenne. Die für einen Verzicht gemäß § 46 SGB I vorgesehenen Sanktionen dürften bei Wahrnehmung der gesetzlich eingeräumten Dispositionsmöglichkeit der Aufschiebung des Leistungsbeginns nicht eintreten. Zudem sei der von der Beklagten berechnete Betrag willkür-lich.
Mit Schreiben vom 14.2.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Rente werde für die Dauer des Widerspruchsverfahrens "in der bisherigen Höhe" zur Zahlung angewiesen. Tat-sächlich wurde dem Kläger für Februar 2008 68,53 EUR nachgezahlt, ab März 2008 wies die Beklagte ein Zahlbetrag von 895,93 EUR (ausgehend von einem Bruttorentenbetrag von 993,81 EUR) zur Zahlung an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.4.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung u.a. aus, die Zulässigkeit der Minderung der nach dem FRG berechneten Rente um die dem Kläger voraussichtlich zustehende rumänische Rente (Fiktivabzug) ergebe sich aus dem Sinn des § 31 FRG und stehe insbesondere im Zusammen-hang mit dem § 2 FRG. Nach dessen Satz 2 sei das FRG bei Abkommensstaaten (VO (EWG) Nr. 1408/71) entgegen des grundsätzlichen Anwendungsausschlusses gemäß § 2 Satz 1 Buch-stabe b FRG weiterhin anzuwenden, sofern dieses durch eine entsprechende "FRG-Weitergeltungsbestimmung" im über- und zwischenstaatlichen Recht ausdrücklich geregelt worden sei. Diese Ausnahmeregelung habe der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauens-schutzes in das FRG eingeführt. Dieser sei in der Erwartung eingeräumt worden, dass der durch das entsprechende Abkommensrecht ermöglichte Bezug einer ausländischen Rente nach § 31 FRG angerechnet werden könne. Im Ergebnis werde also die ausländische Rente auf das Niveau des Fremdrentenrechts aufgestockt. Dieser Zusammenhang zwischen § § 2 und 31 FRG ergebe sich aus der entsprechenden Gesetzesbegründung zu Artikel 5 Zustim-mungsgesetz zu dem Abkommen vom 8.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit vom 18.6.1991 (Bundestags-Drucksache 12/470). Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen sei zwar Anlass für die Ergänzung des § 2 FRG um den Satz 2 gewesen, die Ausnahmerege-lung und der damit verbundene Vertrauensschutz beschränke sich jedoch nicht auf Polen, sondern sei im Verhältnis zu mehreren Staaten anzuwenden. So sei die weitere Anwendung des FRG im Verhältnis zu Rumänien ausdrücklich in Nr. 13 Schlussprotokoll zum Abkom-men zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über soziale Sicherheit vom 8.4.2005 geregelt und gelte im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsrechts durch den Ein-trag im Anhang III Buchstabe A Nr. 20 b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 weiter. Aus dieser Vertrauensschutzregelung ergebe sich eine besondere Verpflichtung für den Berechtig-ten, seinen ausländischen Rentenanspruch zu realisieren. Tue er dies nicht, sei der deutsche Rentenversicherungsträger im Hinblick auf den Sinn und Zweck der abkommensrechtlichen "FRG-Weitergeltungsbestimmung" berechtigt, seine FRG-Leistung auf den Umfang zu be-schränken, der dem Berechtigten bei Erhalt der zustehenden ausländischen Rente verbleiben würde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem vom Kläger in Anspruch genommenen Dispositionsrecht des Artikel 44 Abs. 2 Satz 2 VO (EWG) Nr. 1408/71, den rumänischen Rentenanspruch auf unbestimmte Zeit aufzuschieben. Dies könne nicht dazu führen, die An-rechnungsvorschrift des § 31 FRG zu umgehen. Auf den weiteren Inhalt des Widerspruchsbe-scheides wird Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die am 11.5.2008 per Fax beim Sozialgericht XXX erhobene und gleichzeitig mit einem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verbundene Kla-ge, mit der der Kläger ausdrücklich darauf hinweisen lässt, er habe keinen Leistungsverzicht erklärt, sondern lediglich von seinem in Artikel 44 Abs. 2 VO (EWG) 1408/71 eingeräumten Recht auf Aufschiebung des Leistungsbeginns der ausländischen Rente Gebrauch gemacht. Die gesetzliche Regelung biete keinen Raum für willkürliche Rechtsauslegung gegen den Gesetzeswortlaut, die zu einer Aushöhlung auf das Recht des aus Artikel 44 VO (EWG) 1408/71 führe. Nach dieser Vorschrift sei die Aufschiebung des Leistungsbeginns der auslän-dischen Rente nicht von besonderen Gründen abhängig. Bei der Wahrnehmung dieser gesetz-lich eingeräumten Disposition dürften nicht die gleichen Sanktionen eintreten, wie sie etwa für den Verzicht gemäß § 46 SGB I vorgesehen seien. Diese Regelung sei für den Fall einer gesetzlich eingeräumten Dispositionsmöglichkeit gerade nicht anwendbar. Die Gründe des Gesetzgebers dafür, von der Regelung des § 1 Abs. 5 FAG zu der klaren Regelung des § 31 FRG zu wechseln lägen weiterhin vor. Es bestehe das Problem, dass die betreffenden auslän-dischen Versicherungsträger sehr wohl Leistungen für bei ihnen zurückgelegte Beitragszah-lungen erbracht hätten, in einzelnen Fällen allerdings in einer Weise, die den Berechtigten die Inanspruchnahme unzumutbar gemacht habe oder - wegen Auszahlung auf Sperrkonten, De-visenkonten oder im Ausland - eine Verwendung der Rente zur Bestreitung des Lebensunter-halts in Deutschland erschwert oder unmöglich gemacht habe. Diese Situation, die Grund des Gesetzgebers für die Gesetzesänderung gewesen sei, treffe auch heute noch zu. Der Bevoll-mächtigten des Klägers sei kein einziger Fall bekannt, in welchem der rumänische Versiche-rungsträger eine Leistung nach Deutschland in Euro erbringe. Selbst die Rentenversicherungs-träger gingen davon aus, dass die Leistung in Rumänien kein gleichwertiger Ersatz für die FRG-Rentenanteile sei, da bisher in jedem bekannten Fall eine angebotene Abtretung abge-lehnt worden sei. Im Übrigen wirke der Aufschub der rumänischen Rente nicht nur zu Lasten der Beklagten, sondern auch zu Lasten des Klägers, der durch den Aufschub auch nicht die nach § 31 FRG anrechnungsfrei verbleibenden Anteile der rumänischen Rente für nicht nach Bundesrecht anzurechnende Zeiten, wie etwa eine Zusatzrentenversicherung von 4 %, Ren-tenanteile mit Entschädigungscharakter (Verschleppung, politische Verfolgungszeiten) sowie Rentensteigerungsanteile wegen schädlicher Arbeitsbedingungen erhalte.
Der Kläger beantragt (Klageschrift vom 9.5.2008):
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2008 verpflichtet, die Altersrente ohne Fiktivabzug gemäß § 31 FRG zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und trägt ergänzend vor, § 31 FRG biete im Vergleich zu § 2 Satz 1 Buchstabe b (Anwendungs-ausschluss des FRG) eine mildere Einschränkung. Der Wortlaut des § 31 FRG müsse im Zu-sammenhang mit seiner Entstehung und den damaligen Verhältnissen gesehen werden. Dieser habe ursprünglich nur Fälle ohne Anwendung über- und zwischenstaatlichen Rechts betrof-fen. Angesichts der damaligen Verhältnisse in den FRG-Herkunftsländern (Abgrenzung ge-genüber westlichen Staaten, Diskriminierung von Aus- und Übersiedlern, fehlende Konver-tierbarkeit der dortigen Währungen) habe es für die FRG-Berechtigten praktisch kaum Mög-lichkeiten gegeben, ausländische Rentenleistungen zu erhalten. Hiernach sei es konsequent, wenn § 31 FRG beim Ruhen auf "ausgezahlte" Geldleistungen abstelle. Die ursprüngliche Rechtslage habe durch die Ergänzung des § 2 FRG um einen Satz 2 eine wesentliche Ände-rung erfahren. Danach sei auch bei Anwendung über- und zwischenstaatlichen Rechts die Weitergeltung des FRG möglich, wenn dies in den entsprechenden Abkommen ausdrücklich geregelt werde. Dies stelle eine deutliche Abschwächung der Ausschlussregelung dar. Anlass sei das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen vom 8.12.1990 gewesen. Der Gesetzgeber habe den Vertrauensschutz gemäß § 2 Satz 2 FRG in Erwartung entsprechender ausländischer Rentenleistungen und der daraus folgenden Anwen-dung des § 31 FRG eingeräumt. Die Änderung des § 2 FRG habe Auswirkungen auf § 31 FRG. Die Vorschrift betreffe jetzt auch (und insbesondere) Fälle des über- und zwischenstaat-lichen Rechts. Seine Anwendung müsse daher differenziert im Lichte der veränderten Ver-hältnisse gesehen werden. Im Verhältnis zu den EU-Mitgliedsstaaten und den Vertragsstaaten - im vorliegenden Fall: Rumänien - hätten sich die früher allenfalls theoretischen, aber nicht durchsetzbaren Rentenansprüche nunmehr in rechtlich gesicherte und von den Berechtigten auf zumutbare Weise realisierbare Ansprüche auf Rentenzahlungen gewandelt. Eine Realisie-rung der ausländischen Rentenbeträge sei den Berechtigten mithin zumutbar, um eine Entlas-tung der Deutschen Rentenversicherung zu ermöglichen. Realisierten die Berechtigten trotz der entsprechenden Möglichkeit ihre ausländischen Rentenleistungen nicht, hielten sich die deutschen Rentenversicherungsträger im Hinblick auf den Sinn und Zweck der abkommens-rechtlichen "FRG-Weitergeltungsbestimmung" für berechtigt, die FRG-Leistung auf den Um-fang zu beschränken, der den Berechtigten bei Erhalt der zustehenden originären, und inso-weit vorrangigen, ausländischen Rente verbleiben würde. Eine weiterhin ausschließliche An-wendung des § 31 FRG auf die tatsächlich ausgezahlten Rentenleistungen sei nicht mehr ge-rechtfertigt, wenn die FRG-Berechtigten die Nichtzahlung selbst zu vertreten hätten. Dem stehe auch das Dispositionsrecht des Artikels 44 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht entge-gen. Dem Sinn und Zweck nach sollten mit dieser überstaatlichen Regelung lediglich Nachtei-le vermieden werden, die durch unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen zur Altersrente in den einzelnen Mitgliedsstaaten entstehen könnten, z.B. im Falle von Rentenabschlägen bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente. Die Möglichkeit eines Rentenaufschubs auf unbestimmte Zeit bzw. die Nichtanspruchnahme von Rentenleistungen in einem Mitglieds-staat aus anderen Gründen sei mit dieser Regelung gerade nicht beabsichtigt. Soweit der Klä-ger den Aufschub der rumänischen Rente mit Schwierigkeiten im Zahlungsverkehr mit Ru-mänien begründe, sei darauf hinzuweisen, dass es zutreffend sei, dass der rumänische Versi-cherungsträger zunächst nicht in der Lage gewesen sei, Renten in das Ausland (und damit auch nach Deutschland) zu zahlen und den Betroffenen daher die Einrichtung eines Kontos in Rumänien empfohlen habe. Die rumänische Seite habe aber stets darauf hingewiesen, dass es sich um vorübergehende Anlaufschwierigkeiten handle und zugesagt, ihre aus dem EU-Beitritt resultierenden Verpflichtungen zu erfüllen. Inzwischen seien diese Schwierigkeiten offenbar ausgeräumt und es werde mit der Überweisung der Rentenleistungen nach Deutsch-land begonnen. Der behauptete Aufschubgrund existiere daher nicht mehr. Andere Gründe, die gegen eine Realisierung der rumänischen Rentenansprüche sprechen könnten, würden nicht vorgebracht und seien nicht ersichtlich.
Die beim Sozialgericht XXX erhobene Klage wurde mit Beschluss vom 27.5.2008 an das Sozialgericht Karlsruhe verwiesen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Mit Beschluss im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 11.8.2008 (S 8 R 2380/08 ER) hat das Gericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ab dem 13.5.2008 vorläufig, bis zur tatsächlichen Gewährung einer rumänischen Auslandsrente oder bis zur Bestandskraft des Rentenbescheides vom 23.1.2008 in Gestalt des Bescheides vom 13.5.2008, Regelaltersrente ohne Kürzung um 76,01 EUR monatlich zu zahlen. Auf die Gründe des Beschlusses wird im Ein-zelnen Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die umfangreichen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, den weiteren Inhalt der Pro-zessakte, die Beschlussakte des Eilverfahrens S 8 R 2380/08 ER und die Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Betei-ligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Vorfeld ausdrücklich einverstanden erklärt haben.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet.
Das Gericht ist an die Fassung der Anträge nicht gebunden (§ 123 SGG). Ausgehend vom tatsächlichen Klagebegehren war der erhobene Antrag dahingehend auszulegen, dass der Klä-ger die Verurteilung der Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2008 sowie des Bescheides vom 13.5.2008 zur Gewährung von Regelaltersrente in gesetzlicher Höhe ab dem 1.2.2008 ohne Abzug einer fiktiven rumänischen Rente in Höhe von derzeit 76,01 EUR begehrt. Mit diesem Klagebegehren ist die Klage zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit die Beklagte von dem Betrag der dem Kläger nach deutschem Recht zustehenden Rente den fiktiv errechneten Betrag einer rumänischen Altersrente von derzeit 76,01 EUR, die vom Kläger tatsächlich nicht bezogen wird, in Abzug bringt. Für diesen "Fiktivabzug" vor tatsächlichem Bezug einer rumänischen Rente gibt es keine Rechtsgrundlage. Er ist daher rechtswidrig, sodass die angefochtenen Bescheide inso-weit abzuändern waren.
§ 31 Abs. 1 Satz 1 FRG bietet keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für einen Fiktivabzug des Betrages einer tatsächlich nicht bezogenen ausländischen Rente. Für eine analoge An-wendung der Norm liegen die Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht vor, in welchem der Umstand, dass eine ausländische Rente, auf die dem Grunde nach ein Anspruch besteht, tatsächlich nicht ausgezahlt wird, aus einem gemäß Artikel 44 Abs. 2 Satz 2 VO (EWG) 1408/71 beantragten Aufschub der Auszahlung resultiert.
Nicht umstritten zwischen den Beteiligten ist, dass für die in Rumänien vom Kläger zurückge-legten versicherungsrechtlichen Zeiten das Fremdrentengesetz auch nach Inkrafttreten des deutsch-rumänischen Sozialversicherungsabkommens vom 8.4.2005 (vgl. Bundesgesetzblatt Teil II, Bl. 162 ff.) und dem nachfolgenden Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union mit Inkrafttreten der VO (EWG) Nr. 1408/71 im Verhältnis zwischen Deutschland und Rumänien weiterhin Anwendung findet, was aus der entsprechenden Regelung in Nr. 13 des Schlusspro-tokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über Sozi-ale Sicherheit vom 8.4.2005 und dem Eintrag im Anhang III Buchstabe A, Nr. 20 b der in Bezug genommenen EWG-Verordnung resultiert. Gleichwohl bildet § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den mit den angefochtenen Bescheiden vorge-nommenen Fiktivabzug.
Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG ruht, wenn dem Berechtigten von einem Träger der Sozial-versicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder anstelle einer solchen eine andere Leistung gewährt wird, die Rente in Höhe des in Euro umgerechneten Betrages, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung oder der ande-ren Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird.
Da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass der Kläger eine rumänische Rente nicht be-zieht, da er deren Feststellung aufgeschoben hat, greift die Regelung ihrem Wortlaut nach im vorliegenden Fall nicht ein. Der Wortlaut der Vorschrift, wonach eine Minderung der deut-schen Rente nur erfolgt, soweit eine Auslandsrente - tatsächlich - "gewährt" und "ausgezahlt" wird, wird nochmals bestätigt durch die Regelung in § 31 Abs. 2 FRG, wonach es dem Rent-ner nur obliegt, einen tatsächlichen Rentenbezug aus dem Ausland bei seinem deutschen Ren-tenversicherer anzuzeigen, nicht aber einen - etwaigen - Rentenanspruch (vgl. Urteil der 6. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.1.2009, S 6 R 4740/08).
Einer erweiternden Auslegung der Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG "im Lichte der ver-änderten Verhältnisse" steht der klare und eindeutige Wortlaut der Regelung, wonach es für ein Ruhen des deutschen Rentenanspruchs auf die tatsächliche Auszahlung der ausländischen Rente ankommt, entgegen. Dieser Wortlaut aber bildet die Grenze der zulässigen Auslegung (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.9.2007, Az: 2 BvR 3/02, NVwZ 2007, 1396 [1401]). Hiernach ist ein Rückgriff auf teleologische Überlegungen, wie sie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 21.8.2008 angestellt hat, zum Zwecke der erweiternden Ausle-gung methodisch ausgeschlossen (so bereits SG Reutlingen mit Urteil vom 30.9.2008, S 2 R 1766/08).
Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG im vorliegen-den Fall in dem Sinne, dass bei beantragter Aufschiebung der rumänischen Rente ein Abzug des fiktiven Rentenbetrages erfolgen könnte, liegen ebenfalls nicht vor. Es fehlt bereits am Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke, welche zwingende Voraussetzung für die Bil-dung einer Analogie ist. Eine planwidrige Regelungslücke liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. etwa Urteil vom 3.12.2002, SozR 3-5919 § 76 Nr. 4 m.w.N., zuvor bereits Urteil vom 23.11.1995, Az: 1 RK 11/95, SozR 3-2500 § 38 Nr. 1 m.w.N.) nur vor, wenn das Gesetz mit Absicht schweigt, weil es der Rechtsprechung insoweit die Rechtsfin-dung überlassen wollte oder wenn es den betreffenden Sachverhalt aufgrund eines Versehens nicht erfasst oder wenn sich der nicht geregelte Tatbestand erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie bereits das Sozialgericht Koblenz mit Urteil vom 7.5.2008 (S 1 R 1232/07), dessen Gründen sich die Kammer vorliegend voll umfänglich anschließt, ausgeführt hat, han-delte es sich bei der Ablösung der Vorgänger-Regelung in § 1 Abs. 5 Fremdrenten- und Aus-landsrentengesetz (FAG) vom 7.8.1953 (BGBl I, 848) durch § 31 Abs. 1 FRG um eine be-wusste Entscheidung des Gesetzgebers, denn in § 1 Abs. 5 FAG war eine Fiktivanrechnung noch ausdrücklich vorgesehen, indem dort das Erlöschen eines Leistungsanspruchs für den Fall angeordnet wurde, in dem von einem Träger der Sozialversicherung oder von einer ande-ren Stelle außerhalb des Bundesgebiets oder des Landes Berlin eine Leistung "gewährt wird oder auf Antrag gewährt würde". Die Beschränkung des Ruhens der deutschen Rente gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG resultiert hiernach aus einem bewussten Entschluss des Gesetzgebers, sodass die diesbezügliche klare Beschränkung der Eingriffsgrundlage ihrem Wortlaut nach nicht nachträglich durch die Rechtsprechung rückgängig gemacht werden kann, sondern dies einer neuerlichen gesetzgeberischen Entscheidung vorbehalten bleibt. Auch aus der Gesetzes-begründung zum Fraktionsentwurf des Gesetzes zu dem Abkommen vom 8.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 21.3.1991 (Bundestags-Drucksache 12/303) bzw. der im Wesentlichen gleichlautenden Be-gründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf vom 3.5.1991 (Bundestags-Drucksache 12/480) folgt nichts anderes. Zwar wird in der Begründung zu Artikel 5 die Erwartung formu-liert, dass eine polnische Rentenleistung auf das Niveau des Fremdrentengesetzes aufgestockt werden wird, jedoch folgt aus dem vorangegangenen Satz "die Ergänzung ermöglicht für Aussiedler die Gewährung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz, auf die allerdings eine polnische Exportrente anzurechnen ist.", dass eine Anrechnung nur für eine "Exportrente" und damit auf eine tatsächlich in die Bundesrepublik Deutschland geleistete Rente stattfinden kann, wie dies dem Wortlauf des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG auch entspricht.
Zweck der Schaffung von § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG war die Vermeidung von Doppelleistungen im Sinne einer doppelten Entschädigung für identische Zeiten, in denen der deutsche Versi-cherungsträger nach den Vorschriften des FRG eine Versicherungslast übernimmt, die eigent-lich einem fremden Versicherungsträger zukommt. Dabei liegt eine echte Doppelleistung in diesem Sinne nur vor, wenn der fremde Versicherungsträger die eigene Versicherungslast tatsächlich auch erfüllt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.4.1992, Az: 5 RJ 77/90, SozR 3-5050 § 31 Nr. 1).
Die Gesetzesbegründung zu Artikel 5 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 8.12.1990 zwi-schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit do-kumentiert die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, durch Fortgeltung des FRG auch in Fällen des Bestehens eines umfassenden zwischenstaatlichen Abkommens weiterhin Lasten zu übernehmen, die eigentlich einem fremdem Versicherungsträger zukommen, soweit keine "Exportrente" besteht, die auf die nach dem FRG berechnete Rente angerechnet werden kann. Dieser Intention des Gesetzgebers aber widerspricht es, wenn eine fiktive Anrechnung einer tatsächlich nicht bezogenen Rente im Ergebnis dazu führt, dass, wie im vorliegenden Fall, der Versicherte eine Rente tatsächlich bezieht, deren Höhe diejenige der ihm nach dem FRG zu-stehenden Rente unterschreitet.
Hiernach ist die fiktive Anrechnung einer tatsächlich nicht bezogenen Rente auch kein mit der Anrechnung einer tatsächlich bezogenen Rente auf die deutsche Rente vergleichbarer Fall, weshalb auch diese - weitere - Voraussetzung für eine Analogie nicht vorliegt.
Für den von der Beklagten vorgenommenen Fiktivabzug bildet auch § 46 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) keine taugliche Ermächtigungsgrundlage. Hiernach ist ein Verzicht auf Ansprüche auf Sozialleistungen unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leis-tungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Vorliegend hat der Kläger die Antragstellung auf die rumänische Altersrente lediglich aufgeschoben in Anwendung des Ar-tikels 44 Abs. 2 Satz 2 VO (EWG) 1408/71. Ein Verzicht liegt hiernach bereits tatbestands-mäßig nicht vor, weshalb in derartigen Fällen eine Anwendbarkeit des § 46 Abs. 2 SGB I grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungs-recht, Stand 56. Ergänzungslieferung 2007, § 46 SGB I Randnr. 9). Da ein Aufschieben einer Rentenantragstellung Ausdruck einer vom Gesetzgeber eingeräumten Autonomie ist, kann eine derartige Erklärung mit einem Verzicht nicht gleichgesetzt werden, weshalb vorliegend auch keine mit der Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24.42003 (L 10 RA 4922/00) vergleichbare Fallgestaltung vorliegt. In diesem Fall ging es um einen Verzicht mit Wirkung für die Zukunft auf eine bewilligte und in der Vergangenheit für einen bestimmten Zeitraum auch bezogene polnische Rente zu Lasten der deutschen Versi-chertengemeinschaft.
Auch eine missbräuchliche Beschränkung des Antragsrechts, für den das Bundessozialgericht eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 2 SGB I in Erwägung gezogen hat, liegt nicht vor. In Fällen wie dem vorliegenden, in welchem der Kläger lediglich von einer Gestaltungsmöglich-keit Gebrauch macht, die ihm, ohne dass hieran ausdrücklich besondere Zwecke oder auch Sanktionen geknüpft werden, durch supranationales und damit vorrangiges Europarecht (Ar-tikel 44 Abs. 2 Satz 2 VO (EWG) 1408/71) eingeräumt wird, bedarf es besonderer Gründe, um eine Missbräuchlichkeit dieses Handelns oder eine Umgehung der Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG anzunehmen. Nachdem aber der Kläger sich durch die Erklärung des Aufschubs des Rentenantrages nach rumänischem Recht keinen finanziellen Vorteil verschafft, vermag die Kammer keine Missbrauchsabsicht hinter dem Aufschub der Antragstellung nach rumäni-schem Recht zu erkennen, zumal die Beklagte selbst in ihrer Klageerwiderung eingeräumt hat, dass es zumindest noch in der jüngeren Vergangenheit durchaus Probleme mit der Aus-zahlung rumänischer Renten auf deutsche Konten gegeben hat. Auch der Hinweis des Klä-gers, dass angesichts schwankender Wechselkurse mit einem monatlich unterschiedlichen Auszahlungsbetrag der rumänischen Rente zu rechnen ist, weshalb er mit einer Flut von Än-derungsbescheiden bezüglich der Rentenhöhe rechnet, der er sich altersbedingt nicht mehr gewachsen fühlt, vermag ein nachvollziehbares Motiv für die vom Kläger gewählte gesetzlich vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit zu liefern, weshalb auch aus diesem Grund die Kammer nicht von einer missbräuchlichen Beschränkung des Antragsrechts durch den Kläger ausgeht.
Aus den genannten Gründen kann darüber hinaus die Kammer im Handeln des Klägers auch keinen Verstoß gegen den § 242 normierten Grundsatz von Treu und Glauben erkennen. Dies gilt umso mehr, als sich der Kläger bereit erklärt hat, die ihm zustehende rumänische Rente direkt an die Deutsche Rentenversicherung auszahlen zu lassen bzw. diesen Anspruch abzu-treten. Auf die zutreffenden Gründe des Urteils der 6. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.1.2009 (Az: S 6 R 4740/08) wird insoweit ergänzend verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
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