S 9 R 2163/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 2163/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch wirkt sich nicht zu Lasten des betroffenen Bürgers aus.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2008 verurteilt, dem Kläger ab dem 1. November 2007 Witwerrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Witwerrente aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau.

Der am XXXX geborene Kläger war mit der am XXXX geborenen und am XXXX verstorbenen XXX XXXX (die Versicherte) verheiratet.

Am 31.10.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten Antrag auf Witwerrente aus der Versicherung seiner verstorbenen Frau.

Auf diesen Antrag hin teilte die Beklagte dem Kläger zunächst mit Schreiben vom 19.11.2007 mit, er habe mit seiner Ehefrau am 24.1.1989 eine gemeinsame Erklärung abgegeben, wonach das bis zum 31.12.1985 geltende Recht für ihn weiterhin angewendet werden solle. Der Kläger solle deshalb auf einem ihm dazu übermittelten Vordruck nähere Angaben zu den Einkommensverhältnissen für die Zeit vom 1.10.2006 bis 30.9.2007 machen.

Dazu erklärte der Kläger, er selbst habe eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.034,81 EUR bezogen, die Versicherte eine solche in Höhe von 820,11 EUR. Die Versicherte sei in der Zeit vom März 2005 bis Oktober 2007 pflegebedürftig gewesen. Pflegeleistungen und die Führung des Haushaltes der 120 m² großen Unterkunft habe in der genannten Zeit die gemeinsame Tochter XXX XXXX mit acht Stunden täglich übernommen.

Mit Bescheid vom 3.1.2008 lehnte die Beklagte danach den Antrag des Klägers ab. Die erfor-derliche Wartezeit sei zwar erfüllt. Witwerrente erhalte der Ehemann nach dem Tod seiner versicherten Ehefrau jedoch nur dann, wenn die Verstorbene den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten habe. Diese Voraussetzung sei jedoch nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 29.1.2008 Widerspruch. Er bestreite, zusammen mit seiner verstorbenen Ehefrau die von der Beklagten behauptete Erklärung abgegeben zu haben. An einen solchen Vorgang könne er sich nicht erinnern. Aus der von der Beklagten zwischenzeitlich vorgelegten Verwaltungsakte sei eine solche Erklärung ebenfalls nicht zu ersehen. Es gebe lediglich einen Vermerk in der Datenverarbeitung, wonach eine solche Erklärung angeblich abgegeben worden sei (Bl. 59 dVA). Dies reiche jedoch als Beweis für die Abgabe einer solchen Erklärung nicht aus. Die von der Beklagten in Bezug genommene Erklärung habe darüber hinaus nach den gesetzlichen Vorschriften wirksam nur bis zum 31.12.1988 abgegeben werden können. Die Beklagte behaupte aber selbst, die Erklärung sei erst am 24.1.1989 abgegeben worden. Auch deshalb liege keine wirksame Erklärung vor. Auch die Behauptung der Beklagten, die Verstorbene habe den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor ihrem Tod nicht überwiegend bestritten, treffe nicht zu. Bei dieser Berechnung seien auch für ein Familienmitglied erbrachte Dienstleistungen mit ihrem wirtschaftlichen Wert zu berücksichtigen, dies bei demjenigen, für den sie erbracht worden seien. Im vorliegenden Fall sei eine Pflegetätigkeit für die Versicherte erbracht wor-den. Der dementsprechende Wert sei ihrem Renteneinkommen zuzurechnen. Danach sei im Ergebnis die Zahlung der Pflegeversicherung dem Einkommen zuzurechnen. Die Versicherte habe Pflegegeld von 410,- EUR monatlich bezogen, welches an die pflegende Tochter ausgezahlt worden sei. Das Einkommen der Versicherten habe deshalb 1.230,11 EUR monatlich betragen und habe deshalb über dem Einkommen des Ehemannes von 1.034,81 EUR gelegen.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.4.2008 als unbegründet zurück. Die Beklagte gehe weiterhin davon aus, dass eine gemeinsame Erklärung rechtswirksam abgegeben worden sei. Dem stehe es nicht entgegen, wenn die Erklärung erst am 24.1.1989 bei der Beklagten eingegangen sei. Denn die damalige Versicherungs- und Rentenabteilung der Beklagten habe in einem Schreiben vom 19.10.1988 darauf hingewiesen, dass der Fachausschuss für Versicherung und Rente am 20.9.1988 einen Beschluss gefasst habe, in dem eine Fristverlängerung für die Abgabe der gemeinsamen Erklärung vereinbart worden sei, wenn einer oder beide Ehegatten bis zum 2.1.1989 schriftlich oder mündlich beim Rentenversicherungsträger oder einer der in § 16 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) genannten Stellen nachweislich um eine Auskunft oder Beratung gebeten habe. Diese Frist zur Abgabe der Erklärung habe dann drei Monate nach dem Zugang der Auskunft bzw. Durchführung der Beratung geendet. Ein Anspruch auf Witwerrente bestehe deshalb nur, wenn die Versicherte den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode überwiegend bestritten habe. Das sei nicht der Fall. Die Familie habe über Einkünfte in Höhe von insgesamt 3.915,25 EUR verfügt, die sich aus der Versichertenrente des Klägers (1.034,81 EUR), der Versichertenrente der Versicherten (820,11 EUR), einem ihr zuzurechnenden Pflegegeld von 410,- EUR sowie aus Dienstleistungen Dritter, namentlich der Haushaltsführung und Pflege durch die Tochter (1.650,33 EUR) zusammensetzten. Der "Geldanteil der Ehefrau" in Höhe von 1.230,11 EUR (820,11 EUR Versichertenrente plus 410,- EUR Pflegegeld) überschreite dabei nicht den Betrag von 1.957,63 EUR (3.915,25 EUR mal einhalb). Damit habe die Versicherte den Familienunterhalt nicht überwiegend bestritten. Unerheblich sei es dabei, ob der Geldanteil der Versicherten höher gewesen sei als der Geldanteil des Klägers. Es genüge nicht, wenn, wie hier, das Familieneinkommen nicht nur aus den Leistungen der Ehegatten, sondern auch aus Leistungen Dritter zusammensetze.

Hiergegen richtet sich die am 15.5.2008 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage, zu deren Begründung sein Vorbringen aus dem Vorverfahren vertieft, die von der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid angestellte Berechnung sei nicht nachvollziehbar. Die Pflegetätigkeit der Tochter sei ausschließlich für die Verstorbene erbracht worden. Die entsprechende Dienstleistung sei deshalb auch als Einkommen der Versicherten anzurechnen. Bei zutreffender Berechnung sei deshalb von einem Einkommen des Klägers in Höhe von 1.859,98 EUR auszugehen (1.034,81 EUR zuzüglich 825,17 EUR aus dem halben Wert der Dienstleistung der Tochter). Das Einkommen der Versicherten betrage dann 2.055,28 EUR (820,11 EUR zuzüglich 410,- EUR Pflegegeld zuzüglich weiterer 825,17 EUR für den hälftigen Wert der Dienstleistungen der Tochter). Die Voraussetzungen für die Gewährung der Witwerrente seien damit selbst dann gegeben, wenn die behauptete Erklärung abgegeben worden sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2008 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Witwerrente aus der Versicherung der XXX XXXX in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Klagebegehren mit dem Hinweis entgegen, die Abgabe der gemeinsamen Erklärung über die Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrechts sei sowohl im Konto der Versicherten als auch in dem Konto des Klägers dokumentiert. Damit sei der auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Anscheinsbeweis erbracht. Diese Erklärung sei auch fristgerecht eingegangen. Da aufgrund einer erhöhten Beratungsnachfrage zum Wahlrecht des Hinterbliebenenrentenrechts abzusehen gewesen sei, dass die Rentenversicherungsträger bis zum Fristablauf vom 31.12.1988 nicht alle Beratungsinteressierten würden beraten können, sei in einer Sitzung des Fachausschusses für Versicherung und Rente am 20.9.1988 beschlossen worden, dass die entsprechende Auskunft und Beratung nach dem 2.1.1989 durchgeführt werden könne, wenn die Versicherten fristgerecht um Auskunft und Beratung nachgefragt hätten. Den Beratungssuchenden sei dann eine Überlegungsfrist von drei Monaten eingeräumt worden. Die Abgabe der gemeinsamen Erklärung durch den Kläger und die Versicherte sei deshalb fristgerecht erfolgt. Die Beklagte habe auch den Anteil der Versicherten an dem Familienunterhalt zutreffend ermittelt. Diese Ermittlung erfolge im Zwei-Zug-Verfahren. Dabei sei in einem ersten Schritt das Familieneinkommen zu ermitteln und in einem zweiten Schritt festzustellen, welchen Anteil der Verstorbene am Familienun-terhalt getragen habe. Diese Ermittlungsschritte habe die Beklagte in dem angefochtenen Wi-derspruchsbescheid zutreffend umgesetzt. Dabei sei es auch nicht möglich gewesen, den Wert den von der Tochter des Klägers und der Versicherten erbrachten Dienstleistung hälftig zum Unterhaltsbeitrag der verstorbenen Versicherten zuzurechnen. Denn die Versicherte habe zum einen diesen Unterhaltsbeitrag tatsächlich nicht geleistet und sei zum anderen zu entsprechenden Dienstleistungen weder fähig noch verpflichtet gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und der Darstellung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift vom 8. April 2009 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte im vorliegenden Fall durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten durch ihre Erklärungen vom 12. und 21. Januar 2010 damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

1) Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dieser hat einen Anspruch auf Gewährung einer großen Witwerrente ab dem 1. November 2007.

Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Klägers auf Witwerrente ist im vorliegenden Fall allein § 46 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Die einschränkende Sonderregel des § 303 Satz 1 SGB VI kommt entgegen der Auffassung der Beklagte nicht zur Anwendung. Danach besteht im Falle der bis zum 31. Dezember 1988 möglich gewesen Erklärung der Versicherten zur Weitergeltung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts ein Anspruch auf Witwerrente unter den sonstigen Voraussetzungen des geltenden Rechts nur, wenn die Verstorbene den Unterhalt der Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode überwiegend bestritten hat.

Für die Anwendung dieses bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts erscheint bereits die Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung fraglich. Der Kläger hat zwar - entgegen seiner Einlassung - am 24. Januar 1989 eine entsprechende Erklärung gegenüber der Beklagten abgegeben. Freilich existiert diese Erklärung in Folge Aktenausforstung durch die Beklagte nicht mehr in Papierform. Die in der Rentenakte des Klägers enthaltenen computergestützten Datensätze, hier in Form einer Eingangsbestätigung, belegen auch hinreichend sicher, dass zumindest er diese Erklärung abgegeben hat. Für die Abgabe einer wirksamen Erklärung muss diese aber übereinstimmend von beiden Ehegatten abgegeben worden sein (vgl. Diel, in: Hauck/Noftz, SGBVI - April 2008, § 303, Rdnr. 9; BSG, Urteil vom 16. März 2006, B 4 RA 15/05 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris). Die von der Beklagten vorgelegte Eingangsbestätigung gibt hingegen lediglich einen Hinweis auf den Eingang einer Erklärung des Klägers, nicht hingegen auf den Eingang eine Erklärung der Versicherten. Die Beklagte hat zwar im Konto der Versicherten den Vermerk "Erklärung der Ehegatten gemäß § 303 SGB 6" eingefügt. Dies gründet sie aber wiederum nur auf die Eingangsbestätigung vom 24. Januar 1989.

Aber selbst unterstellt die Ehegatten hätten übereinstimmend eine Erklärung abgegeben, belegt dies allenfalls, dass eine Erklärung erst am 24. Januar 1989, mithin nach Ablauf der gesetzlichen vorgegebenen Frist am 31. Dezember 1988, abgegeben worden ist. Die Voraussetzung zur Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts sind auch dann nicht erfüllt. Denn die gemeinsame Erklärung muss nach dem eindeutigen Wortlaut bis zum 31. Dezember 1988 bei der Beklagten eingegangen sein. Daran fehlt es hier. Weder eine durch die Beklagte selbst eingeräumte Fristverlängerung (-a-) noch eine nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gewährte Fristverlängerung (-b-) vermag ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen.

a) Die Beklagte ist nicht berechtigt eine gesetzlich vorgegebene Frist - hier nach § 303 Satz 1 SGB VI - aufgrund einer internen Verwaltungsentscheidung eines Fachausschusses zu verlängern und dies zu Lasten eines Versicherten auszulegen. Die Beklagte handelt insoweit bereits ohne jegliche Rechtsgrundlage. Eine Befugnis zur Festlegung einer im Ergebnis für den Kläger belastenden Regelung ist nicht vorhanden. Die Festlegung einer dreimonatigen Überlegungsfrist ist daher rechtswidrig und hat auf die hier aufgeworfene Fragestellung, der Rechtswirksamkeit einer nach § 303 Satz 1 SGB VI abgegebenen Erklärung zur Anwendung des bis 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts, keinen Einfluss.

b) Auch eine Fristverlängerung nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs mit der Folge der Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts kommt für den hier vorliegenden Fall nicht in Betracht. Nach dem Wortlaut von § 303 Satz 1 SGB VI hat eine nach dem 31. Dezember 1988 abgegebene Erklärung grundsätzlich keinen Einfluss mehr darauf, welches Recht anzuwenden ist. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder ein Widerruf sind ausgeschlossen (vgl. Diel, a.a.O.). Eine Erklärung, die nach dem 31. Dezember 1988 abgegeben worden ist, hat daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen eine rechtlich gestaltende Wirkung in diesem Sinne. Eine solche Ausnahme ist zwar möglich, wenn die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erfüllt sind (Bohlken, in: Juris Praxiskommentar zum SGB VI [jurisPK-SGB VI] - Stand 2008, § 303 Rdnr. 18). Hierzu muss aber aufgrund fehlerhafter Beratung die Erklärung zur Anwendung des bis 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts nicht rechtszeitig abgegeben worden sein (Bohlken, a.a.O.). Auch hier erscheint bereits fraglich, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen. Denn die mit Antrag vom 28. Dezember 1988 begehrte Auskunft beinhaltet nach den von der Beklagten dazu dem Gericht vorgelegten Unterlagen lediglich eine allge-meine Erklärung zum Versicherungsverlauf, zu den Anwartschafts-, Warte- und Kinderzeiten nebst einer konkreter Aufstellung zum bis dahin bestehenden Versicherungsverlauf.

Jedenfalls kann aber der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht dazu führen dem Betroffenen eine Rechtsposition einzuräumen, die von ihm gar nicht begehrt wird. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines sozialen Rechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 der Ersten Buch Sozialgesetzbuch – [SGB I]) verletzt hat. Zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Letztlich muss die Korrektur auch mit dem jeweiligen Gesetzeszweck im Einklang stehen (vgl. Hessisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 21. September 2007 - L 7/10 AL 185/04, Rdnr. 19 unter Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 1. April 2004, SozR 4-4300 § 137 Nr. 1). Der Betroffene ist im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sodann so zu stellen, wie es bei fehlerfreier Beratung der Fall gewesen wäre. Ihm ist daher der rechtliche Schaden auszugleichen, der in Form des Ausbleibens von Vorteilen dazu geführt hat, die an sich im Sozialrecht vorgesehen sind und insbesondere dem betroffenen Bürger zugutekommen sollen (vgl. Seewald, in: Kasseler Kom-mentar zum Sozialversicherungsrecht, 63. El. 2009, Vorbem. §§ 38-47, Rdnr. 30). An diesen Maßstäben orientiert, würde dies bei Verletzung einer Auskunfts- und Beratungspflicht im Rahmen des § 303 Satz 1 SGB VI jedoch allenfalls dazu führen, dass der Kläger, so zu stellen wäre, als sei die übereinstimmende Erklärung rechtzeitig abgegeben worden, so dass das bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrecht anzuwenden wäre. Der Kläger begehrt in dem hier vorliegenden Fall aber gerade nicht die Anwendung des zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts. Es fehlt daher an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen erstrebten Vorteil und Pflichtverletzung. Auch würde die Ansicht der Beklagten dazu führen, dass dem Kläger - entgegen dem Zweck des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - ein rechtlicher Nachteil erwachsen würde, indem ihm eine Rechtsposition eingeräumt würde, die der Kläger aber gerade nicht begehrt.

Dies zugrundegelegt, hat der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer großen Witwerrente nach § 46 Abs. 2 SGB VI. Denn der Kläger hat die allgemeine Wartezeit erfüllt, das 45. Lebensjahr vollendet und hat seit dem Tod seiner Ehefrau nicht wieder geheiratet. Die Rente beginnt mit dem Ersten des Kalendermonats, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 99 Abs. 2 Satz 1 SGB VI), mithin zum 1. November 2007.

2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Klage nach alledem überwiegend stattzugeben war.
Rechtskraft
Aus
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