Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 2400/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Regelung des Unterlassungszwangs der gefährdenden Tätigkeit als Tatbestandsvoraussetzung für die Feststellung einer Berufskrankheit - hier: der Nr. 2101 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung - ist gesetzes- und verfassungs¬gemäß.
2. Das Unterlassen aller schädigenden Tätigkeiten wird nicht nur durch einen Wechsel des schädigenden Arbeitsplatzes oder die vollständige Aufgabe der schädigenden Berufstätigkeit insgesamt erreicht, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers beseitigt werden und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauftretens der Krankheit. Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt in diesem Fall allerdings voraus, dass die Erkrankung zur Zeit des Wirksamwerdens der Schutzmaßnahmen bereits eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß, d.h von mindestens 10 v.H. , bedingt (Anschluss an BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 5101 Nr. 1).
2. Das Unterlassen aller schädigenden Tätigkeiten wird nicht nur durch einen Wechsel des schädigenden Arbeitsplatzes oder die vollständige Aufgabe der schädigenden Berufstätigkeit insgesamt erreicht, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers beseitigt werden und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauftretens der Krankheit. Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt in diesem Fall allerdings voraus, dass die Erkrankung zur Zeit des Wirksamwerdens der Schutzmaßnahmen bereits eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß, d.h von mindestens 10 v.H. , bedingt (Anschluss an BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 5101 Nr. 1).
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob Beschwerden der Klägerin an der rechten Hand und dem rechten Arm als Folgen einer Berufskrankheit (BK) der Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.
Die 1973 geborene Klägerin ist seit dem 05.04.1993 bei der Fa. X GmbH als Montiererin von Dunstabzugshauben beschäftigt. Dabei musste sie bis Ende des Jahres 2009 sogenannte Lüfterkästen, bestehend aus einem Motor mit Gebläse, einem kleinen Blechgehäuse und diversen Kleinteilen, aus einer auf einem Rollenband zugeführten Kiste entnehmen und von Hand sowie mittels eines Druckluftschraubers montieren. Je Lüftergehäuse waren dabei 24 Verschraubungen notwendig. Je Arbeitsschicht montierte die Klägerin etwa 200 Einheiten. Ab dem Jahr 2010 reduzierte sich infolge Neugestaltung einiger Produkte die Anzahl der notwendigen Schraubvorgänge auf 8 je Lüftergehäuse. Zum Ausgleich der dadurch entstehenden Zeitersparnis war die Klägerin seither zusätzlich mit anderen Montagetätigkeiten betraut. Seit Januar 2011 verwendet der Arbeitgeber der Klägerin ein neues Montagekonzept. Dabei erfolgt die Lüftermontage an verschiedenen Stationen eines Rollenbandes direkt im Verpackungskarton, wobei je Verpackungsinhalt 5 Verschraubungen mit dem Druckluftschrauber notwendig sind und die Klägerin je Arbeitsschicht etwa 320 Einheiten montiert. Je Karton besteht eine Zeitvorgabe von 1,5 Minuten, von denen die Mitarbeiterinnen tatsächlich nur 1 Minute und 8 Sekunden je Einheit benötigen. Seither hat die Klägerin zudem die Möglichkeit, im Rahmen eines Teams von 7 Mitarbeitern an vorgelagerten Arbeitsplätzen zu arbeiten. Im Wesentlichen steckt sie dabei leichte Blech- und Kunststoffteile zusammen (vgl. Stellungnahmen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 29.05.2009, 09.03.2010 und vom 28.02.2011).
Wegen Unterarmschmerzen rechts begab sich die Klägerin erstmals am 31.10.1994 in ärztliche Behandlung des Internisten Dr. G ... Dieser diagnostizierte den Verdacht auf eine Tendovaginitis des rechten Unterarms. Wegen dieser Gesundheitsstörung war die Klägerin nicht arbeitsunfähig. Wegen Schmerzen in den Daumenstrecksehnen rechts suchte die Klägerin am 18.09.2008 den Chirurgen Dr. B. auf. Dieser diagnostizierte als Gesundheitsstörung eine Tendovaginitis stenosans de Quervain rechts, ebenso wie der Orthopäde Dr. L., den die Klägerin im Oktober 2008 aufsuchte. Wegen dieser Gesundheitsstörung war die Klägerin vom 18.09.2008 bis zum 19.12.2008 arbeitsunfähig krank. Ab dem 19.11.2008 nahm sie an einer beruflichen Wiedereingliederungsmaßnahme teil. Wegen zunehmender Beschwerden im Bereich der rechten Hand suchte die Klägerin im Mai 2009 den Orthopäden Dr. M. auf. Dieser diagnostizierte eine Tendovaginitis de Quervain rechts und empfahl eine operative Spaltung des I. Strecksehnenfaches rechts. Dieser Eingriff erfolgte am 18.05.2009 in der A.-Klinik, H. (vgl. Operationsbericht vom selben Tag).
Am 27.11.2008 meldete die Krankenkasse der Klägerin der Beklagten den Verdacht einer BK. Die Klägerin gab hierzu an, sie verspüre seit etwa April 2008 Schmerzen im Bereich der rechten Schulter, des rechten Arms, der rechten Hand und des rechten Daumens. Diese führte sie auf die Belastungen durch die Schraubertätigkeit bei der Lüftermontage zurück.
Nach weiterer Sachaufklärung (Auskünfte der Dres. B., L. und G., Beizug des Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK B., Stellungnahmen des Präventionsdienstes vom 29.05.2009 und vom 09.03.2010) ließ die Beklagte die Klägerin zur Feststellung von Art und Ausmaß ihrer Gesundheitsstörungen durch den Orthopäden Dr. Bö. untersuchen und begutachten. Unter Auswertung weiterer Arztunterlagen diagnostizierte Dr. Bö. als Gesundheitsstörungen einen Zustand nach Spaltung des Strecksehnenfaches am rechten Daumen mit Debridement und postoperativer Tendovaginitis, eine Restfunktions- und Kraftminderung am rechten Handgelenk und Daumen sowie eine Beugesehenringbandstenose rechts mit Sehnen¬schnappen. Diese Gesundheitsstörungen seien Folge der vorbestehenden Tendovaginitis stenosans de Quervain mit chronischer Styloiditis rechts und mit Wahrscheinlichkeit durch berufliche Einwirkungen verursacht. Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung und Begutachtung sei von einem zufriedenstellenden Heilungsergebnis auszugehen. Die unfallbedingte MdE bewertete Dr. Bö. ab Mai 2008 gestaffelt mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) zwischen 20 v.H. und 100 v.H ... Hierzu führte der Beratungsarzt der Beklagten, der Chirurg Dr. S., aus, er könne bei der Klägerin zwar durchaus Krankheiten erkennen, die als Listenkrankheiten in der Anlage 1 zur BKV aufgeführt seien. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dieser Erkrankung und der beruflichen Belastung sei jedoch aufgrund der zeitlichen Dauer der ausgeübten Tätigkeit unter der wohlbegründeten Annahme, es liege ein guter Trainingszustand an die ausgeführte Tätigkeit vor, nicht wahrscheinlich. In seiner ergänzenden Stellungnahme hielt Dr. Bö. an dem Ergebnis seines Gutachtens fest. Die Gewerbeärztin E. schlug in ihrer Stellungnahme keine BK zur Anerkennung vor: Zwar sei die Erkrankung der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit teilweise berufsbedingt; die Klägerin habe ihre schädigende Tätigkeit aber nicht aufgegeben. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis lehnte die Beklagte daraufhin die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folge einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV und die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung ab (Bescheid vom 05.05.2010, Widerspruchsbescheid vom 28.04.2011).
Deswegen hat die Klägerin am 03.06.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, ihre Beschäftigung sei wegen zweier Elternzeiten zwischen August 2000 und Juli 2003 und erneut von Mitte Dezember 2004 bis Mitte Dezember 2007 unterbrochen gewesen. Aufgrund der belastenden Tätigkeiten seien bereits im April 2008, und damit kurze Zeit nach deren Wiederaufnahme, Beschwerden an der rechten Hand aufgetreten. Gerade dies spreche für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen ihrer Erkrankung und beruflichen Einwirkungen. Im Übrigen verweist sie auf das Ergebnis des Gutachtens von Dr. Bö ... Ergänzend legt sie einen Auszug aus dem Arztbrief der Neurologin Dr. Pf. vor.
Die Kammer hat zu Beweiszwecken die Behandlungsunterlagen der Dres. B. und L. sowie der A-Klinik beigezogen. Sodann hat im Auftrag der Kammer der Chirurg Dr. von P. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dieser hat als Gesundheitsstörungen einen Zustand nach Operation einer Tendovaginitis de Quervain rechts diagnostiziert. Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung und Begutachtung habe er keine relevanten Folgen mehr objektivieren können. Verblieben seien allein geringfügige Beschwerden im ehemaligen Operationsbereich mit Minderbelastungsinsuffizienz. Die Tendovaginitis de Quervain sei Folge der durch die berufliche Tätigkeit der Klägerin am früheren Arbeitsplatz angefallenen repetitiven Handhabungen mit erheblicher Belastung des Handgelenkes und der Sehnengewebe. Die BK-bedingte MdE bewerte er für die Zeit spätestens ab dem 18.05.2009 bis Ende des Jahres 2009 mit 20 v.H ... Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung und Begutachtung im November 2011 schätze er die BK-bedingte MdE auf weniger als 10 v.H ...
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 05. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2011 aufzuheben und "Narbe an der rechten Hand, Druck- und Klopfschmerz über dem Operationsgebiet als Folge einer Tendovaginitis de Quervain" als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Zwar sei die Tendovaginitis am rechten Arm Folge beruflicher Einwirkungen; allerdings habe die Klägerin die schädigende Tätigkeit nicht aufgegeben. Sie erfülle deshalb bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der BK Nr. 2101 nicht. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht die zwischenzeitlich eingetretene Änderung am Arbeitsplatz, die nunmehr möglicherweise nicht mehr als gefährdend im Sinne der BK Nr. 2101 anzusehen sei. Denn eine Anerkennung als BK sei nur dann möglich, wenn zwar der Arbeitsplatz aufgrund durchgeführter Schutzmaßnahmen nicht mehr gefährlich sei, zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits eine rentenberechtigende MdE eingetreten sei. Eine Gefährdungsbeseitigung sei jedoch erst durch den Wegfall der alten Montagelinie ab Januar 2011 erfolgt. Bis Ende des Jahres 2010 habe die Klägerin zwar eine reduzierte, jedoch eindeutig relevante gefährdende Einwirkung durch die Schraubvorgänge weiter ausgeübt. Bereits ab Beginn des Jahres 2010 bestehe indes auch nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. von P. keine rentenberechtigende MdE mehr. Die Gefährdungsfreiheit sei deshalb "eindeutig zu spät" gekommen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist trotz des ursprünglich angekündigten Leistungsantrages der Klägerin bei sachdienlicher Auslegung ihres Klagebegehrens (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig (vgl. insoweit u.a. BSG SozR 4-2700 § 2 Nrn. 2 u. 3; BSG SozR 4-2700 § 8 Nrn. 16 u. 23 sowie BSG UV-Recht Aktuell 2010, 114), denn die Beklagte hat durch die angefochtenen Bescheide allein die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folge einer BK abgelehnt, ohne insoweit über die Gewährung oder Nichtgewährung konkreter Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden. Geht es deshalb - wie vorliegend - in einem gerichtlichen Verfahren zunächst nur um die Frage, ob eine bestimmte Gesundheitsstörung Folge einer BK ist, ist ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (vgl. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 und BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Die Klage ist indes unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, Gesundheitsstörungen der Klägerin an der rechten Hand als Folge einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
1.) Versicherungsfälle der Gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und BKen (§ 7 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)). BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Eine solche Bezeichnung nimmt die BKV mit den sogenannten Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV auch Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederauftreten der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch bei einer BK die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit unter anderem auch die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkung und die Krankheit gehören, erwiesen sein (vgl. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff. sowie BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2; BSG, Breithaupt 2009, 923 ff. und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - (Juris)).
2.) Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten sowie bei Anwendung dieser Maßstäbe hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, eine Narbe an der rechten Hand mit geringem Druck - und Klopfschmerz über dem Operationsgebiet und in der Tabatiere (distaler Radius) nach Operation einer Tendovaginitis de Quervain als Folge einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
a) Fest steht aufgrund der glaubhaften und überzeugenden Darstellungen des Präventionsdienstes der Beklagten, dass die Klägerin bei ihrer Tätigkeit als Montiererin in der Lüftermontage bei der Fa. X GmbH ausreichenden beruflichen Einwirkungen im Sinne dieser BK ausgesetzt war. Der bei der Montagetätigkeit zum Einsatz kommende Druckluftschrauber verursacht danach zwar keine Hand-Arm-Schwingungen, jedoch Belastungen der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes und der Sehnen- und Muskelansätze im Handbereich durch eine hohe Wiederholungsfrequenz von bis zu 4800 (24 x 200) Schraubvorgängen je Arbeitsschicht bis Ende des Jahres 2009 und rund 1600 Schraubvorgängen (8 x 200) je Arbeitsschicht im Verlauf des Jahres 2010. Seither fallen infolge einer durch den Arbeitgeber veranlassten Änderung der Montagestrecke und des Montagekonzepts sowie der Möglichkeit der Klägerin, mit einem nochmals deutlich reduzierten Schraubereinsatz auch Arbeiten an vorgelagerten Arbeitsplätzen an der Montagelinie in Form des Zusammensteckens leichter Blech- und Kunststoffteile im Wechsel durchzuführen, die bis Ende 2010 bestehenden arbeitsplatzbedingten Schwingungsbelastungen nicht mehr im gleichen Umfang an. Die seit 2011 ausgeübte Tätigkeit kann die Klägerin ihren eigenen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. von P. zufolge auch gut bewältigen. Aus den beigezogenen Behandlungsunterlagen der Dres. B. und L. sowie der A-Klinik ergeben sich seither zudem keine ärztlichen Behandlungen wegen Gesundheitsstörungen an der rechten Hand mehr.
b) Fest steht aufgrund der wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen Dr. von P. darüber hinaus, dass als Folge einer im Mai 2009 erfolgten Spaltung des I. Strecksehnenfaches bei Tendovaginitis de Quervain rechts neben der Operationsnarbe nur noch geringfügige Beschwerden in Form eines Druck- bzw. Klopfschmerzes über dem Operationsgebiet bei gut verheilter und verschieblicher Operationsnarbe und eine nur milde Belastungsinsuffizienz im Bereich der rechten Hand bestehen. Relevante Funktionsstörungen hat der gerichtliche Sachverständige dem gegenüber nicht objektiviert, denn zum Zeitpunkt seiner Untersuchung und Begutachtung waren das Handgelenk bzw. ehemalige Operationsgebiet weder geschwollen noch bestanden hier Durchblutungs- oder Sensibilitätsstörungen. Auch die Finger- und Daumengelenke waren jeweils frei beweglich, ebenso wie das rechte Handgelenk. Eine Muskelatrophie der kleinen Daumenmuskulatur hat Dr. von P. ebenfalls ausdrücklich verneint. Die Klägerin konnte überdies den Faustschluss der rechten Hand vollständig durchführen bei erhaltener grober Kraft. Die vormals bestehende Tendovaginitis de Quervain rechts hat Dr. von P. - wie bereits Dr. Bö., dessen im Verwaltungsverfahren erstelltes Gutachten einschließlich der ergänzenden Stellungnahme die Kammer im Wege des Urkundenbeweises verwertet - zutreffend auf die berufsbedingten Belastungen des rechten Handgelenkes und des Sehnengewebes durch die repetitiven Handhabungen des Druckluftschraubers zurückgeführt. Dem hat sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 02.12.2011 zuletzt angeschlossen, wenn sie ausführt, dass sie keinen Zweifel mehr daran hat, dass die bei der Klägerin aufgetretene Tendovaginitis am rechten Arm durch die Einwirkungen des Arbeitsplatzes verursacht wurde. Damit sind auch die medizinischen Voraussetzungen einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV erfüllt.
c) Dennoch liegen die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung von Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Hand als Folge einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht vor, denn die Klägerin hat nicht - wie erforderlich - alle gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben. Diese Regelung der arbeitsmedizinischen Unterlassungsnotwendigkeit der gefährdenden Tätigkeit ist zunächst gesetzeskonform. Denn die Tatbestandsvoraussetzung der arbeitsmedizinischen Unterlassungsnotwendigkeit für das Vorliegen des Versicherungsfalles einer BK wird von der Verordnungsermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbsatz SGB VII getragen. Diese Norm ermächtigt den Verordnungsgeber ausdrücklich dazu, zu bestimmen, dass bestimmte Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die gesetzliche Ermächtigung ist auch verfassungsgemäß, denn weder bestehen durchgreifende Bedenken unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG)), noch verstößt diese Regelung gegen die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Klägerin oder gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. zu der gleichgelagerten Fallgestaltung bei den BKen Nrn. 4301 und 4302 der Anlage 1 zur BKV: BSG vom 22.03.2011 - B 2 U 4/10 R (Juris)).
aa) Das Unterlassen der gefährdenden Tätigkeiten als eine Voraussetzung der Feststellung des Versicherungsfalls hat zum einen die Funktion, den erforderlichen Schweregrad der Krankheit typisierend festzulegen, um Bagatellerkrankungen, auch wenn sie kausal auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, von einer Anerkennung und Entschädigung als BK auszuschließen. Zum anderen wird mit dem Unterlassungszwang ein präventiver Zwecke verfolgt, nämlich das Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz zu verhindern und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungspflicht des Unfallversicherungsträgers zu verhüten ( vgl. BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 5101 Nummer 1; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 12 und SozR 2200 § 551 Nr. 10). Der zuletzt genannte Zweck wird nicht nur dann erreicht, wenn der Versicherte seine Berufstätigkeit insgesamt aufgibt, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauftretens der Krankheit durch Fortsetzung der Berufstätigkeit nicht mehr droht (vgl. BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 5101 Nr. 1). Ausreichend ist auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes, wenn die aufgegebene Tätigkeit die Ursache für die Erkrankung oder deren Verschlimmerung waren; dabei muss der zu unterlassende Teil der schädigenden Verrichtungen diesen Arbeitsplatz nicht wesentlich geprägt haben (vgl. BSGE 53, 17ff). Es müssen jedoch alle Tätigkeiten aufgegeben werden, deren Unterlassung aus arbeitsmedizinischer Sicht geboten ist. Eine bloße Verminderung der Gefahr durch Aufgabe eines Teils der gefährdenden Tätigkeit reicht nicht aus (vgl. BSG SozR 5670 Anlage 1 Nr. 4302 Nr. 2).
bb) Orientiert hieran hat die Klägerin die gefährdenden Tätigkeiten, die Ursache ihrer Erkrankung im Bereich der rechten Hand und des rechten Handgelenks waren bzw. sind, nicht aufgegeben. Denn sie ist bei demselben Arbeitgeber weiterhin als Montiererin in der Lüftermontage tätig. Dabei ist eine weitere Gefährdung durch repetitive Schwingungsfrequenzen beim Zusammenbau des Lüfters infolge des Einsatzes eines Druckluftschraubers nicht ausgeschlossen. Denn nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten zuletzt vom Februar 2011 ist zwar durch eine Umstellung der Montagestrecke und Anschaffung eines neuen Montagebandes sowie infolge Produktänderungen die Anzahl der Schraubvorgänge je Lüftereinheit von 24 bis Ende des Jahres 2009 über 8 im Jahr 2010 auf nunmehr noch 5 (seit Januar 2011) zurückgegangen und hat die Klägerin seither zudem die Möglichkeit, in einem Team von sieben Mitarbeitern auch vorgelagerte Arbeiten zu verrichten. Auch wenn diese beiden Arbeitsplätze nach den weiteren Darlegungen des Präventionsdienstes der Beklagten die geringste Beanspruchung an der Montagelinie erfüllen und sowohl Grenzbelastungsberechnungen als auch ergonomische Faktoren berücksichtigt werden, ist eine weitere Gefährdung der Klägerin durch den Einsatz des Druckluftschraubers indes nicht ausgeschlossen. Denn mit 5 Schaubvorgängen bei 320 Ablufteinheiten je Arbeitsschicht fallen theoretisch 1600 Einsätze mit dem Druckluftschrauber an, was einer gleich hohen Belastung im Bereich der Hände wie bis Ende des Jahres 2010 bedeutet, als bei 200 Geräteeinheiten jeweils 8 Schraubvorgänge zu tätigen waren. Durch die zu Beginn des Jahres 2010 erfolgte Reduzierung der Repetitionsbelastungen durch das Halten und Bewegen des Druckluftschraubers war zwar mit dem Präventionsdienstes der Beklagten voraussichtlich eine Besserung der gesundheitlichen Belastungen der Klägerin zu erzielen; ein Ausschluss dieser Belastungen ist hiermit indes nicht verbunden.
cc) Selbst wenn aber die Kammer zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass durch die seit Januar 2011 im Einsatz befindliche neue Montagestrecke mit dem geänderten Montagekonzept und einem rollierenden Arbeitsplatzwechsel zwischen Tätigkeiten mit Verschraubungen und vorgelagerten Tätigkeiten, und damit durch den Arbeitgeber veranlasste geeignete Schutzmaßnahmen, die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz beseitigt wären - hierfür könnte jedenfalls der Umstand sprechen, dass die Klägerin ihren Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. von P. zufolge seither mit der Tätigkeit gut zurecht kommt und nach den beigezogenen Behandlungsunterlagen der Dres. B. und L. seither offenbar keine ärztliche Behandlung wegen Handgelenksbeschwerden mehr erforderlich war -, kommt die begehrte Feststellung einer BK der Nr. 2101 gleichwohl nicht in Betracht. Denn eine solche ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 5101 Nr. 1) im Fall der Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit durch geeignete Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers unter Bedingungen, die eine weitere Schädigung ausschließen, nur möglich, wenn die Erkrankung zur Zeit des Wirksamwerdens der Schutzmaßnahmen bereits eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß, also von mindestens 10 v.H. (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII), bedingt (so schon BSG vom 26.03.1986 - 2 RU 3/85 - (juris )). Die Gesundheitsstörungen der Klägerin an der rechten Hand und dem rechten Handgelenk rechtfertigen indes nach den auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. von P. bereits seit Ende des Jahres 2009 nur noch eine MdE um weniger als 10 v.H ... Diese Einschätzung entspricht unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Bewertungsgrundsätzen (vgl. Schönberger/Mehr¬tens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 544 und Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallversicherungsrecht, 11. Aufl. 2005, Seiten 164, 166/167).
3.) Die hiervon abweichende Einschätzung der MdE durch Dr. Bö. überzeugt demgegenüber nicht. Denn die von ihm erhobenen Befunde und Krankheitsäußerungen entsprechen im Wesentlichen denjenigen im Gutachten des Dr. von P ... Die Beurteilung der MdE durch Dr. Bö. widerspricht damit nicht nur den im Unfallversicherungsrecht maßgebenden Bewertungsgrundsätzen; sie stellt überdies ersichtlich auch die Begriffe von MdE und Arbeitsunfähigkeit gleich, was nicht zulässig ist. Denn die MdE bezeichnet das Maß an unfallbedingten Einschränkungen des Versicherten, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegen¬heiten, die sich ihm nach seinen gesamten Kenntnissen und körperlichen und geistigen Fähigkeiten im ganzen Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen (vgl. BSGE 1, 174, 178; 4, 147, 149 und 63, 67 ff). Demgegenüber stellt der Begriff der Arbeitsunfähigkeit darauf ab, ob ein Versicherter wegen Krankheit nicht oder nur unter der Gefahr der alsbaldigen Verschlimmerung der Krankheit in der Lage ist, seiner bisher ausgeübten oder einer ähnlich gelagerten Tätigkeit nachzugehen (vgl. BSGE 26, 288 ff; 46, 190 ff und 61, 66 ff).
4.) Damit erweisen sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig, weshalb das Begehren der Klägerin erfolglos bleiben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob Beschwerden der Klägerin an der rechten Hand und dem rechten Arm als Folgen einer Berufskrankheit (BK) der Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.
Die 1973 geborene Klägerin ist seit dem 05.04.1993 bei der Fa. X GmbH als Montiererin von Dunstabzugshauben beschäftigt. Dabei musste sie bis Ende des Jahres 2009 sogenannte Lüfterkästen, bestehend aus einem Motor mit Gebläse, einem kleinen Blechgehäuse und diversen Kleinteilen, aus einer auf einem Rollenband zugeführten Kiste entnehmen und von Hand sowie mittels eines Druckluftschraubers montieren. Je Lüftergehäuse waren dabei 24 Verschraubungen notwendig. Je Arbeitsschicht montierte die Klägerin etwa 200 Einheiten. Ab dem Jahr 2010 reduzierte sich infolge Neugestaltung einiger Produkte die Anzahl der notwendigen Schraubvorgänge auf 8 je Lüftergehäuse. Zum Ausgleich der dadurch entstehenden Zeitersparnis war die Klägerin seither zusätzlich mit anderen Montagetätigkeiten betraut. Seit Januar 2011 verwendet der Arbeitgeber der Klägerin ein neues Montagekonzept. Dabei erfolgt die Lüftermontage an verschiedenen Stationen eines Rollenbandes direkt im Verpackungskarton, wobei je Verpackungsinhalt 5 Verschraubungen mit dem Druckluftschrauber notwendig sind und die Klägerin je Arbeitsschicht etwa 320 Einheiten montiert. Je Karton besteht eine Zeitvorgabe von 1,5 Minuten, von denen die Mitarbeiterinnen tatsächlich nur 1 Minute und 8 Sekunden je Einheit benötigen. Seither hat die Klägerin zudem die Möglichkeit, im Rahmen eines Teams von 7 Mitarbeitern an vorgelagerten Arbeitsplätzen zu arbeiten. Im Wesentlichen steckt sie dabei leichte Blech- und Kunststoffteile zusammen (vgl. Stellungnahmen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 29.05.2009, 09.03.2010 und vom 28.02.2011).
Wegen Unterarmschmerzen rechts begab sich die Klägerin erstmals am 31.10.1994 in ärztliche Behandlung des Internisten Dr. G ... Dieser diagnostizierte den Verdacht auf eine Tendovaginitis des rechten Unterarms. Wegen dieser Gesundheitsstörung war die Klägerin nicht arbeitsunfähig. Wegen Schmerzen in den Daumenstrecksehnen rechts suchte die Klägerin am 18.09.2008 den Chirurgen Dr. B. auf. Dieser diagnostizierte als Gesundheitsstörung eine Tendovaginitis stenosans de Quervain rechts, ebenso wie der Orthopäde Dr. L., den die Klägerin im Oktober 2008 aufsuchte. Wegen dieser Gesundheitsstörung war die Klägerin vom 18.09.2008 bis zum 19.12.2008 arbeitsunfähig krank. Ab dem 19.11.2008 nahm sie an einer beruflichen Wiedereingliederungsmaßnahme teil. Wegen zunehmender Beschwerden im Bereich der rechten Hand suchte die Klägerin im Mai 2009 den Orthopäden Dr. M. auf. Dieser diagnostizierte eine Tendovaginitis de Quervain rechts und empfahl eine operative Spaltung des I. Strecksehnenfaches rechts. Dieser Eingriff erfolgte am 18.05.2009 in der A.-Klinik, H. (vgl. Operationsbericht vom selben Tag).
Am 27.11.2008 meldete die Krankenkasse der Klägerin der Beklagten den Verdacht einer BK. Die Klägerin gab hierzu an, sie verspüre seit etwa April 2008 Schmerzen im Bereich der rechten Schulter, des rechten Arms, der rechten Hand und des rechten Daumens. Diese führte sie auf die Belastungen durch die Schraubertätigkeit bei der Lüftermontage zurück.
Nach weiterer Sachaufklärung (Auskünfte der Dres. B., L. und G., Beizug des Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK B., Stellungnahmen des Präventionsdienstes vom 29.05.2009 und vom 09.03.2010) ließ die Beklagte die Klägerin zur Feststellung von Art und Ausmaß ihrer Gesundheitsstörungen durch den Orthopäden Dr. Bö. untersuchen und begutachten. Unter Auswertung weiterer Arztunterlagen diagnostizierte Dr. Bö. als Gesundheitsstörungen einen Zustand nach Spaltung des Strecksehnenfaches am rechten Daumen mit Debridement und postoperativer Tendovaginitis, eine Restfunktions- und Kraftminderung am rechten Handgelenk und Daumen sowie eine Beugesehenringbandstenose rechts mit Sehnen¬schnappen. Diese Gesundheitsstörungen seien Folge der vorbestehenden Tendovaginitis stenosans de Quervain mit chronischer Styloiditis rechts und mit Wahrscheinlichkeit durch berufliche Einwirkungen verursacht. Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung und Begutachtung sei von einem zufriedenstellenden Heilungsergebnis auszugehen. Die unfallbedingte MdE bewertete Dr. Bö. ab Mai 2008 gestaffelt mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) zwischen 20 v.H. und 100 v.H ... Hierzu führte der Beratungsarzt der Beklagten, der Chirurg Dr. S., aus, er könne bei der Klägerin zwar durchaus Krankheiten erkennen, die als Listenkrankheiten in der Anlage 1 zur BKV aufgeführt seien. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dieser Erkrankung und der beruflichen Belastung sei jedoch aufgrund der zeitlichen Dauer der ausgeübten Tätigkeit unter der wohlbegründeten Annahme, es liege ein guter Trainingszustand an die ausgeführte Tätigkeit vor, nicht wahrscheinlich. In seiner ergänzenden Stellungnahme hielt Dr. Bö. an dem Ergebnis seines Gutachtens fest. Die Gewerbeärztin E. schlug in ihrer Stellungnahme keine BK zur Anerkennung vor: Zwar sei die Erkrankung der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit teilweise berufsbedingt; die Klägerin habe ihre schädigende Tätigkeit aber nicht aufgegeben. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis lehnte die Beklagte daraufhin die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folge einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV und die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung ab (Bescheid vom 05.05.2010, Widerspruchsbescheid vom 28.04.2011).
Deswegen hat die Klägerin am 03.06.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, ihre Beschäftigung sei wegen zweier Elternzeiten zwischen August 2000 und Juli 2003 und erneut von Mitte Dezember 2004 bis Mitte Dezember 2007 unterbrochen gewesen. Aufgrund der belastenden Tätigkeiten seien bereits im April 2008, und damit kurze Zeit nach deren Wiederaufnahme, Beschwerden an der rechten Hand aufgetreten. Gerade dies spreche für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen ihrer Erkrankung und beruflichen Einwirkungen. Im Übrigen verweist sie auf das Ergebnis des Gutachtens von Dr. Bö ... Ergänzend legt sie einen Auszug aus dem Arztbrief der Neurologin Dr. Pf. vor.
Die Kammer hat zu Beweiszwecken die Behandlungsunterlagen der Dres. B. und L. sowie der A-Klinik beigezogen. Sodann hat im Auftrag der Kammer der Chirurg Dr. von P. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dieser hat als Gesundheitsstörungen einen Zustand nach Operation einer Tendovaginitis de Quervain rechts diagnostiziert. Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung und Begutachtung habe er keine relevanten Folgen mehr objektivieren können. Verblieben seien allein geringfügige Beschwerden im ehemaligen Operationsbereich mit Minderbelastungsinsuffizienz. Die Tendovaginitis de Quervain sei Folge der durch die berufliche Tätigkeit der Klägerin am früheren Arbeitsplatz angefallenen repetitiven Handhabungen mit erheblicher Belastung des Handgelenkes und der Sehnengewebe. Die BK-bedingte MdE bewerte er für die Zeit spätestens ab dem 18.05.2009 bis Ende des Jahres 2009 mit 20 v.H ... Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung und Begutachtung im November 2011 schätze er die BK-bedingte MdE auf weniger als 10 v.H ...
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 05. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2011 aufzuheben und "Narbe an der rechten Hand, Druck- und Klopfschmerz über dem Operationsgebiet als Folge einer Tendovaginitis de Quervain" als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Zwar sei die Tendovaginitis am rechten Arm Folge beruflicher Einwirkungen; allerdings habe die Klägerin die schädigende Tätigkeit nicht aufgegeben. Sie erfülle deshalb bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der BK Nr. 2101 nicht. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht die zwischenzeitlich eingetretene Änderung am Arbeitsplatz, die nunmehr möglicherweise nicht mehr als gefährdend im Sinne der BK Nr. 2101 anzusehen sei. Denn eine Anerkennung als BK sei nur dann möglich, wenn zwar der Arbeitsplatz aufgrund durchgeführter Schutzmaßnahmen nicht mehr gefährlich sei, zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits eine rentenberechtigende MdE eingetreten sei. Eine Gefährdungsbeseitigung sei jedoch erst durch den Wegfall der alten Montagelinie ab Januar 2011 erfolgt. Bis Ende des Jahres 2010 habe die Klägerin zwar eine reduzierte, jedoch eindeutig relevante gefährdende Einwirkung durch die Schraubvorgänge weiter ausgeübt. Bereits ab Beginn des Jahres 2010 bestehe indes auch nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. von P. keine rentenberechtigende MdE mehr. Die Gefährdungsfreiheit sei deshalb "eindeutig zu spät" gekommen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist trotz des ursprünglich angekündigten Leistungsantrages der Klägerin bei sachdienlicher Auslegung ihres Klagebegehrens (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig (vgl. insoweit u.a. BSG SozR 4-2700 § 2 Nrn. 2 u. 3; BSG SozR 4-2700 § 8 Nrn. 16 u. 23 sowie BSG UV-Recht Aktuell 2010, 114), denn die Beklagte hat durch die angefochtenen Bescheide allein die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folge einer BK abgelehnt, ohne insoweit über die Gewährung oder Nichtgewährung konkreter Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden. Geht es deshalb - wie vorliegend - in einem gerichtlichen Verfahren zunächst nur um die Frage, ob eine bestimmte Gesundheitsstörung Folge einer BK ist, ist ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (vgl. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 und BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Die Klage ist indes unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, Gesundheitsstörungen der Klägerin an der rechten Hand als Folge einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
1.) Versicherungsfälle der Gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und BKen (§ 7 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)). BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Eine solche Bezeichnung nimmt die BKV mit den sogenannten Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV auch Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederauftreten der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch bei einer BK die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit unter anderem auch die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkung und die Krankheit gehören, erwiesen sein (vgl. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff. sowie BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2; BSG, Breithaupt 2009, 923 ff. und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - (Juris)).
2.) Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten sowie bei Anwendung dieser Maßstäbe hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, eine Narbe an der rechten Hand mit geringem Druck - und Klopfschmerz über dem Operationsgebiet und in der Tabatiere (distaler Radius) nach Operation einer Tendovaginitis de Quervain als Folge einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
a) Fest steht aufgrund der glaubhaften und überzeugenden Darstellungen des Präventionsdienstes der Beklagten, dass die Klägerin bei ihrer Tätigkeit als Montiererin in der Lüftermontage bei der Fa. X GmbH ausreichenden beruflichen Einwirkungen im Sinne dieser BK ausgesetzt war. Der bei der Montagetätigkeit zum Einsatz kommende Druckluftschrauber verursacht danach zwar keine Hand-Arm-Schwingungen, jedoch Belastungen der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes und der Sehnen- und Muskelansätze im Handbereich durch eine hohe Wiederholungsfrequenz von bis zu 4800 (24 x 200) Schraubvorgängen je Arbeitsschicht bis Ende des Jahres 2009 und rund 1600 Schraubvorgängen (8 x 200) je Arbeitsschicht im Verlauf des Jahres 2010. Seither fallen infolge einer durch den Arbeitgeber veranlassten Änderung der Montagestrecke und des Montagekonzepts sowie der Möglichkeit der Klägerin, mit einem nochmals deutlich reduzierten Schraubereinsatz auch Arbeiten an vorgelagerten Arbeitsplätzen an der Montagelinie in Form des Zusammensteckens leichter Blech- und Kunststoffteile im Wechsel durchzuführen, die bis Ende 2010 bestehenden arbeitsplatzbedingten Schwingungsbelastungen nicht mehr im gleichen Umfang an. Die seit 2011 ausgeübte Tätigkeit kann die Klägerin ihren eigenen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. von P. zufolge auch gut bewältigen. Aus den beigezogenen Behandlungsunterlagen der Dres. B. und L. sowie der A-Klinik ergeben sich seither zudem keine ärztlichen Behandlungen wegen Gesundheitsstörungen an der rechten Hand mehr.
b) Fest steht aufgrund der wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen Dr. von P. darüber hinaus, dass als Folge einer im Mai 2009 erfolgten Spaltung des I. Strecksehnenfaches bei Tendovaginitis de Quervain rechts neben der Operationsnarbe nur noch geringfügige Beschwerden in Form eines Druck- bzw. Klopfschmerzes über dem Operationsgebiet bei gut verheilter und verschieblicher Operationsnarbe und eine nur milde Belastungsinsuffizienz im Bereich der rechten Hand bestehen. Relevante Funktionsstörungen hat der gerichtliche Sachverständige dem gegenüber nicht objektiviert, denn zum Zeitpunkt seiner Untersuchung und Begutachtung waren das Handgelenk bzw. ehemalige Operationsgebiet weder geschwollen noch bestanden hier Durchblutungs- oder Sensibilitätsstörungen. Auch die Finger- und Daumengelenke waren jeweils frei beweglich, ebenso wie das rechte Handgelenk. Eine Muskelatrophie der kleinen Daumenmuskulatur hat Dr. von P. ebenfalls ausdrücklich verneint. Die Klägerin konnte überdies den Faustschluss der rechten Hand vollständig durchführen bei erhaltener grober Kraft. Die vormals bestehende Tendovaginitis de Quervain rechts hat Dr. von P. - wie bereits Dr. Bö., dessen im Verwaltungsverfahren erstelltes Gutachten einschließlich der ergänzenden Stellungnahme die Kammer im Wege des Urkundenbeweises verwertet - zutreffend auf die berufsbedingten Belastungen des rechten Handgelenkes und des Sehnengewebes durch die repetitiven Handhabungen des Druckluftschraubers zurückgeführt. Dem hat sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 02.12.2011 zuletzt angeschlossen, wenn sie ausführt, dass sie keinen Zweifel mehr daran hat, dass die bei der Klägerin aufgetretene Tendovaginitis am rechten Arm durch die Einwirkungen des Arbeitsplatzes verursacht wurde. Damit sind auch die medizinischen Voraussetzungen einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV erfüllt.
c) Dennoch liegen die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung von Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Hand als Folge einer BK der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht vor, denn die Klägerin hat nicht - wie erforderlich - alle gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben. Diese Regelung der arbeitsmedizinischen Unterlassungsnotwendigkeit der gefährdenden Tätigkeit ist zunächst gesetzeskonform. Denn die Tatbestandsvoraussetzung der arbeitsmedizinischen Unterlassungsnotwendigkeit für das Vorliegen des Versicherungsfalles einer BK wird von der Verordnungsermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbsatz SGB VII getragen. Diese Norm ermächtigt den Verordnungsgeber ausdrücklich dazu, zu bestimmen, dass bestimmte Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die gesetzliche Ermächtigung ist auch verfassungsgemäß, denn weder bestehen durchgreifende Bedenken unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG)), noch verstößt diese Regelung gegen die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Klägerin oder gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. zu der gleichgelagerten Fallgestaltung bei den BKen Nrn. 4301 und 4302 der Anlage 1 zur BKV: BSG vom 22.03.2011 - B 2 U 4/10 R (Juris)).
aa) Das Unterlassen der gefährdenden Tätigkeiten als eine Voraussetzung der Feststellung des Versicherungsfalls hat zum einen die Funktion, den erforderlichen Schweregrad der Krankheit typisierend festzulegen, um Bagatellerkrankungen, auch wenn sie kausal auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, von einer Anerkennung und Entschädigung als BK auszuschließen. Zum anderen wird mit dem Unterlassungszwang ein präventiver Zwecke verfolgt, nämlich das Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz zu verhindern und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungspflicht des Unfallversicherungsträgers zu verhüten ( vgl. BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 5101 Nummer 1; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 12 und SozR 2200 § 551 Nr. 10). Der zuletzt genannte Zweck wird nicht nur dann erreicht, wenn der Versicherte seine Berufstätigkeit insgesamt aufgibt, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauftretens der Krankheit durch Fortsetzung der Berufstätigkeit nicht mehr droht (vgl. BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 5101 Nr. 1). Ausreichend ist auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes, wenn die aufgegebene Tätigkeit die Ursache für die Erkrankung oder deren Verschlimmerung waren; dabei muss der zu unterlassende Teil der schädigenden Verrichtungen diesen Arbeitsplatz nicht wesentlich geprägt haben (vgl. BSGE 53, 17ff). Es müssen jedoch alle Tätigkeiten aufgegeben werden, deren Unterlassung aus arbeitsmedizinischer Sicht geboten ist. Eine bloße Verminderung der Gefahr durch Aufgabe eines Teils der gefährdenden Tätigkeit reicht nicht aus (vgl. BSG SozR 5670 Anlage 1 Nr. 4302 Nr. 2).
bb) Orientiert hieran hat die Klägerin die gefährdenden Tätigkeiten, die Ursache ihrer Erkrankung im Bereich der rechten Hand und des rechten Handgelenks waren bzw. sind, nicht aufgegeben. Denn sie ist bei demselben Arbeitgeber weiterhin als Montiererin in der Lüftermontage tätig. Dabei ist eine weitere Gefährdung durch repetitive Schwingungsfrequenzen beim Zusammenbau des Lüfters infolge des Einsatzes eines Druckluftschraubers nicht ausgeschlossen. Denn nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten zuletzt vom Februar 2011 ist zwar durch eine Umstellung der Montagestrecke und Anschaffung eines neuen Montagebandes sowie infolge Produktänderungen die Anzahl der Schraubvorgänge je Lüftereinheit von 24 bis Ende des Jahres 2009 über 8 im Jahr 2010 auf nunmehr noch 5 (seit Januar 2011) zurückgegangen und hat die Klägerin seither zudem die Möglichkeit, in einem Team von sieben Mitarbeitern auch vorgelagerte Arbeiten zu verrichten. Auch wenn diese beiden Arbeitsplätze nach den weiteren Darlegungen des Präventionsdienstes der Beklagten die geringste Beanspruchung an der Montagelinie erfüllen und sowohl Grenzbelastungsberechnungen als auch ergonomische Faktoren berücksichtigt werden, ist eine weitere Gefährdung der Klägerin durch den Einsatz des Druckluftschraubers indes nicht ausgeschlossen. Denn mit 5 Schaubvorgängen bei 320 Ablufteinheiten je Arbeitsschicht fallen theoretisch 1600 Einsätze mit dem Druckluftschrauber an, was einer gleich hohen Belastung im Bereich der Hände wie bis Ende des Jahres 2010 bedeutet, als bei 200 Geräteeinheiten jeweils 8 Schraubvorgänge zu tätigen waren. Durch die zu Beginn des Jahres 2010 erfolgte Reduzierung der Repetitionsbelastungen durch das Halten und Bewegen des Druckluftschraubers war zwar mit dem Präventionsdienstes der Beklagten voraussichtlich eine Besserung der gesundheitlichen Belastungen der Klägerin zu erzielen; ein Ausschluss dieser Belastungen ist hiermit indes nicht verbunden.
cc) Selbst wenn aber die Kammer zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass durch die seit Januar 2011 im Einsatz befindliche neue Montagestrecke mit dem geänderten Montagekonzept und einem rollierenden Arbeitsplatzwechsel zwischen Tätigkeiten mit Verschraubungen und vorgelagerten Tätigkeiten, und damit durch den Arbeitgeber veranlasste geeignete Schutzmaßnahmen, die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz beseitigt wären - hierfür könnte jedenfalls der Umstand sprechen, dass die Klägerin ihren Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. von P. zufolge seither mit der Tätigkeit gut zurecht kommt und nach den beigezogenen Behandlungsunterlagen der Dres. B. und L. seither offenbar keine ärztliche Behandlung wegen Handgelenksbeschwerden mehr erforderlich war -, kommt die begehrte Feststellung einer BK der Nr. 2101 gleichwohl nicht in Betracht. Denn eine solche ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 5101 Nr. 1) im Fall der Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit durch geeignete Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers unter Bedingungen, die eine weitere Schädigung ausschließen, nur möglich, wenn die Erkrankung zur Zeit des Wirksamwerdens der Schutzmaßnahmen bereits eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß, also von mindestens 10 v.H. (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII), bedingt (so schon BSG vom 26.03.1986 - 2 RU 3/85 - (juris )). Die Gesundheitsstörungen der Klägerin an der rechten Hand und dem rechten Handgelenk rechtfertigen indes nach den auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. von P. bereits seit Ende des Jahres 2009 nur noch eine MdE um weniger als 10 v.H ... Diese Einschätzung entspricht unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Bewertungsgrundsätzen (vgl. Schönberger/Mehr¬tens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 544 und Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallversicherungsrecht, 11. Aufl. 2005, Seiten 164, 166/167).
3.) Die hiervon abweichende Einschätzung der MdE durch Dr. Bö. überzeugt demgegenüber nicht. Denn die von ihm erhobenen Befunde und Krankheitsäußerungen entsprechen im Wesentlichen denjenigen im Gutachten des Dr. von P ... Die Beurteilung der MdE durch Dr. Bö. widerspricht damit nicht nur den im Unfallversicherungsrecht maßgebenden Bewertungsgrundsätzen; sie stellt überdies ersichtlich auch die Begriffe von MdE und Arbeitsunfähigkeit gleich, was nicht zulässig ist. Denn die MdE bezeichnet das Maß an unfallbedingten Einschränkungen des Versicherten, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegen¬heiten, die sich ihm nach seinen gesamten Kenntnissen und körperlichen und geistigen Fähigkeiten im ganzen Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen (vgl. BSGE 1, 174, 178; 4, 147, 149 und 63, 67 ff). Demgegenüber stellt der Begriff der Arbeitsunfähigkeit darauf ab, ob ein Versicherter wegen Krankheit nicht oder nur unter der Gefahr der alsbaldigen Verschlimmerung der Krankheit in der Lage ist, seiner bisher ausgeübten oder einer ähnlich gelagerten Tätigkeit nachzugehen (vgl. BSGE 26, 288 ff; 46, 190 ff und 61, 66 ff).
4.) Damit erweisen sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig, weshalb das Begehren der Klägerin erfolglos bleiben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
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