S 1 U 369/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 369/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine schädigende Einwirkung im Sinne des Unfallbegriffs in der gesetzlichen Unfallversicherung kann auch in einer durch betriebliche Umstände bedingten psychischen Einwirkung liegen. Auch insoweit ist aber erforderlich, dass die Einwirkung innerhalb eines relativ kurzen, begrenzten Zeitraums, d.h. innerhalb einer Arbeitsschicht, erfolgt.

Bei einer Häufung von Einwirkungen, die nicht auf eine Arbeitsschicht begrenzt sind und die erst in ihrer Summierung einen Gesundheitserstschaden bewirkt haben, ist ein Arbeitsunfall zu verneinen.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Ereignisses vom 19.03.2009 als Arbeitsunfall umstritten.

Der am 19.03.1959 geborene Kläger war ab dem 01.10.1989 bis zum Beginn des Bezugs von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung bei der Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg beschäftigt. Zunächst war er dort als Straßenunterhaltungsarbeiter im Außendienst tätig. Zu einem späteren Zeitpunkt war er neben dieser Tätigkeit, und ab dem 15.10.2001 ausschließlich, als Verwaltungsangestellter mit Verwaltungsaufgaben im Innendienst betraut, seit dem 01.10.2004 bei der Autobahnmeisterei X. Nachdem der Arbeitgeber ab etwa Mitte des Jahres 2008 mehrfach zahlreiche und schwerwiegende Fehler bei der Durchführung der Tätigkeit des Klägers festgestellt hatte, ordnete er - den Angaben des Klägers zu Folge am 19.03.2009 - dessen Umsetzung als Straßenwärter im Außendienst ab dem 01.04.2009 mit folgenden Aufgaben an: Beifahrer auf der Kehrmaschine, Parkplatz- und Streckendienst, Leitpfostenwartung und Reinigung, Beschilderungsarbeiten. Die vom Kläger deswegen zum Arbeitsgericht K. (ArbG) erhobene Klage mit dem (Haupt-)Ziel, ihn zu unveränderten Bedingungen entsprechend der bisherigen Ausgestaltung des Arbeitsplatzes mit den Aufgaben eines Verwaltungsangestellten zu beschäftigen, blieb erfolglos (Urteil vom 12.02.2010 - 3 Ca 178/09 -). Die deswegen erhobene Berufung des Klägers wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) zurück (Urteil vom 16.12.2010 - 16 Sa 37/10 -).

Am 21.08.2013 stellte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage zahlreicher Arztunterlagen (u.a. Entlassungsbericht der S.-Klinik Bad B., sozialmedizinisches Gutachtens von Dr. Br. und Arztbrief des Neurologen R.) den Antrag, ein Ereignis vom 19.03.2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen: Er leide an einer dissoziativen Bewegungsstörung des rechten Schultergelenks mit Bewegungseinschränkung. Diese Gesundheitsstörung sei Folge erheblicher psychischer Belastungen aufgrund eines Personalgesprächs am 19.03.2009. Ergänzend legte der Kläger das Urteil des LAG vor. Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses vom "20."03.2009 als Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, nach dem Urteil des LAG hätten sich die Schwierigkeiten aufgrund des Arbeitsverhältnisses des Klägers, die im März 2009 in seiner Versetzung vom Innen- in den Streckendienst gemündet hätten, über einen Zeitraum von rund elf Monaten hinweg entwickelt. Vor dem als Unfallereignis angeschuldigten Gespräch hätten bereits mehrere Personalgespräche mit dem Kläger stattgefunden. Dabei habe ihn sein Arbeitgeber wiederholt auf Missstände in seiner Arbeitsweise hingewiesen und ihm auch zweimal die Versetzung angedroht. Deshalb sei die vom Arbeitgeber zuletzt ausgesprochene Versetzung in den Außendienst kein plötzliches und unerwartetes Ereignis und deshalb kein Arbeitsunfall. Auch die Gesamtheit mehrerer belastender Einwirkungen über einen längeren Zeitraum stelle keinen Arbeitsunfall im Rechtssinne dar. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Bescheid vom 18.09.2013).

Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, die Feststellung eines Arbeitsunfalls erfordere keine äußerliche Verletzung in Form einer körperlichen, organischen Schädigung. Ausreichend sei eine psychische Gesundheitsstörung infolge betrieblicher Einflüsse. Er habe an seinem Arbeitsplatz als Verwaltungsangestellter keine Probleme gehabt und von seinem Arbeitgeber bis März 2009 weder mündliche noch schriftliche Abmahnungen erhalten. Am 19.03.2009 habe ihn der Dienststellenleiter der Autobahnmeisterei aufgefordert, mit ihm zusammen zu einem Personalgespräch in das Hauptgebäude des früheren Arbeitgebers zu fahren. Er habe wegen seines Geburtstags an diesem Tag mit einer Beförderung gerechnet. Tatsächlich und für ihn völlig überraschend habe ihm der Personalchef dann in grober Weise schlechte Leistungen am Arbeitsplatz vorgeworfen und ihm seine sofortige Versetzung aus der Tätigkeit als Verwaltungsangestellter zu der körperlich schweren Tätigkeit als Streckenwärter mitgeteilt. Dieses Personalgespräch habe bei ihm einen Schock ausgelöst, aufgrund dessen es unmittelbar danach zu einer rechtsseitigen Schultersteife als Folge einer dissoziativen Störung mit Pseudoparalyse gekommen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: eine schädigende Einwirkung erfülle den Tatbestand eines Unfalls im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nur, wenn sie zeitlich begrenzt, plötzlich und innerhalb einer Arbeitsschicht eingetreten sei. Die Körperschädigung könne dabei auch in einer geistig-seelischen Einwirkung in einem eng begrenzten Zeitraum liegen. Zu unterscheiden sei, ob sich eine einzelne Einwirkung derart hervorhebe, dass sie nicht nur als letzte von mehreren für den Erfolg gleichwertigen Einwirkungen erscheine und somit wesentliche Ursache oder Teilursache sei. Dagegen stelle die Gesamtheit mehrerer belastender Einwirkungen über einen längeren Zeitraum keinen Arbeitsunfall dar. Ausschlaggebend sei, ob eine Vorhersehbarkeit vorgelegen habe oder eine unerwartete plötzliche Entscheidung Ursache eines Gesundheitserstschadens gewesen sei. Nach dem Urteil des LAG habe sich die arbeitsrechtliche Angelegenheit jedoch über elf Monate hinweg entwickelt: Es hätten u.a. bereits im April und Mai 2008 Gespräche zwischen Arbeitgeber und Kläger stattgefunden, bei denen ihn der Arbeitgeber auf Missstände und Defizite bei seiner Arbeitsleistung hingewiesen habe. Bereits Ende Januar 2009 habe ihm sein Arbeitgeber überdies die Versetzung angedroht. Deshalb stelle deren tatsächliche Anordnung am 19.03.2009 kein plötzliches, unerwartetes Ereignis dar. Vielmehr habe der Kläger bei gleichbleibender Arbeitsweise die Versetzung erwarten müssen (Widerspruchsbescheid vom 29.01.2014).

Deswegen hat der Kläger am 03.02.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Widerspruchsvorbringen. Ergänzend trägt er vor, die Personalgespräche vor dem 19.03.2009 hätten bei ihm keine geistig-seelischen Auswirkungen gehabt oder eine psychische Reaktion ausgelöst. Aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur habe er nicht mit personellen Konsequenzen seines Arbeitgebers gerechnet, insbesondere nicht mit einer Versetzung in den Streckendienst. Deshalb stelle das Personalgespräch vom 19.03.2009 ein psychisches Trauma dar und erfülle den Begriff des Arbeitsunfalls.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 18. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2014 aufzuheben und das Ereignis vom 19. März 2009 als Arbeitsunfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten, den der beigezogenen Akten des ArbG (3 Ca 178/09) und des LAG (16 Sa 37/10) sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn der Kläger hat am 19.03.2009 keinen Arbeitsunfall erlitten.

1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) haben Versicherte nach Eintritt eines Versicherungsfalls Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind dabei nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheits(erst)schaden oder zum Tod des Versicherten führen. Die Feststellung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall eines Versicherten setzt danach voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls einen gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt (sogenannter innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (sog. Unfall¬kausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheits(erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (sog. haftungsbegründende Kausalität). Dagegen ist das Entstehen länger anhaltender Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(erst-)schadens (sog. haftungs¬ausfüllende Kausalität) nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeits¬unfalls, sondern allein für die Gewährung einer Verletztenrente.

Die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung müssen dabei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Auch psychische Reaktionen können rechtlich wesentlich durch ein Arbeitsunfallereignis verursacht worden sein (vgl. bereits BSGE 18, 173, 176 sowie BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 und BSG, UV-Recht-Aktuell 2006, 497, ferner Bay. LSG vom 20.01.2010 - L 2 U 396/08 - (juris)).

Eine schädigende Einwirkung im Sinne des Unfallbegriffs in der gesetzlichen Unfallversicherung setzt nicht zwingend eine äußerliche Verletzung in Form einer körperlich-organischen Schädigung voraus. Ausreichend sind vielmehr auch psychische Belastungen aufgrund betriebsbedingter Umstände (vgl. bereits BSGE 18, 173 ff.). Allerdings kann eine - auch psychische - Einwirkung auf den Körper des Verletzten nur dann als Arbeitsunfall angesehen werden, wenn sie innerhalb eines relativ kurzen, begrenzten Zeitraums erfolgt, mithin höchstens innerhalb einer Arbeitsschicht geschehen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. bereits BSGE 15, 41, 45 und 15, 112, 113 sowie BSG SozR 2200 § 548 Nr. 71). Außerdem ist eine von mehreren, nacheinander in verschiedenen Arbeitsschichten insgesamt den Versicherten betreffenden Einwirkungen, die zu einer Schädigung führen, nur dann als wesentliche Bedingung zu werten, wenn sie sich aus der Gesamtheit der Einwirkungen derart hervorhebt, dass sie nicht nur die letzte mehrerer gleichwertiger Einwirkungen bildet (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 71). Handelt es sich bei den vom Versicherten zur Begründung eines Arbeitsunfallereignisses geltend gemachten Schädigungen um eine Häufung kleinerer Einwirkungen, die nicht auf eine Arbeitsschicht begrenzt sind und die erst in ihrer Summierung einen Gesundheitserstschaden bewirkt haben, ist ein Arbeitsunfall zu verneinen (vgl. Wagner in jurisPK-SGB VII, 2. Auflage 2014, § 8, Rn. 120 sowie Köhler, SGB 2014, 69, 75 f.).

2. Gemessen daran hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht die Feststellung eines Ereignisses vom 19.03.2009 als Arbeitsunfall abgelehnt.

Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kammer aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens eine bereits am 19.03.2009, dem Geburtstag des Klägers, ausgesprochene Versetzung vom Innen- in den Streckendienst schon nicht für erwiesen erachtet. Denn für ein Personalgespräch an diesem Tag bietet weder die Akte des ArbG noch die des LAG einen Anhalt. Gegen ein Personalgespräch am 19.03.2009 sprechen insbesondere die glaubhaften Bekundungen des vom LAG als Zeugen gehörten Leiters der Autobahnmeisterei X, U., demzufolge erst ein Vorgang am 20.03.2009 (Auffinden eines größeren, nicht verbuchten Geldbetrags in der Schreibtischschublade des Klägers) "das Fass zum Überlaufen gebracht hat", und der Kläger deshalb, weil "auch kein Vertrauensverhältnis mehr da (war)", "daraufhin" (!) umgesetzt wurde. Auch fand nach den weiter glaubhaften Bekundungen des Zeugen U. das im Vorfeld dieser Umsetzung geführte Gespräch zwischen ihm und dem Vorsitzenden des Personalrats erst am 23.03.209 statt. Erst danach wurde der Kläger umgesetzt und nahm der Zeuge U. dem Kläger am 31.03.2009 den Schlüssel für das Verwaltungs¬gebäude ab.

Ungeachtet dessen steht jedoch zur Überzeugung des erkennenden Gerichts aufgrund des Ergebnisses der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem früheren Arbeitgeber, insbesondere der Bekundungen der Zeugen M., U. und J. vor dem LAG am 23.11.2010 wie auch des Urteils des LAG vom 16.12.2010 (16 Sa 37/10) fest, dass die vom Arbeitgeber im März 2009 angeordnete Versetzung des Klägers vom Innendienst in eine Tätigkeit als Straßenwärter im Außendienst kein plötzliches und unerwartetes Ereignis im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII darstellte. Deshalb lag auch keine schädigende psychische Einwirkung im Sinne des unfallversicherungsrechtlichen Begriffs des Arbeitsunfalls vor. Denn bereits im Verlauf des Jahres 2008 kam es nach den auch insoweit glaubhaften Bekundungen des Zeugen U. vor dem LAG zu weiderholten Beanstandungen und Mahnungen im Zusammenhang mit der vom Kläger durchzuführenden Rechnungsbearbeitung, weil dieser Rechnungen nicht, verspätet oder doppelt angewiesen hatte. Auch hatte der Kläger mehrfach nicht alle bezahlten Teilrechnungen zur Gesamtkostenerhebung eines Auftrags in die Haushaltsüberwachungslisten eingebucht, obwohl er durch seine Vorgesetzten hierzu speziell angewiesen worden war. Durch fehlerhafte oder verspätete Einbuchungen in das Leistungs- und Kostenabrechnungssystem der Landesstraßenbauverwaltung konnten weiter die Gesamtausgaben der Autobahnmeisterei nicht, wie vorgeschrieben, den Haushaltsjahren entsprechend gesichert abgebildet werden. Der Anweisung seines Vorgesetzten, täglich zwei Stunden lang am Morgen verspätete Buchungen nachzuholen, kam der Kläger trotz zusätzlicher personeller Unterstützung durch einen Arbeitskollegen nicht bzw. nicht ausreichend nach. Fehler traten überdies in erheblichem Umfang bei der Einbuchung von Überstunden und Wegegeldern für die weiteren Mitarbeiter der Straßenmeisterei auf, indem der Kläger diese Buchungen entweder überhaupt nicht oder nicht bei den richtigen Mitarbeitern eingebucht hatte. Mit dem Zeugen M. geht auch das erkennende Gericht davon aus, dass diese Fehler bei der Arbeitsumsetzung nicht auf mangelnde Kenntnisse des Klägers im Umgang mit dem bei seiner Dienststelle zum Einsatz gekommenen Leistungs- und Kostennachweisprogramm zurück zu führen waren, sondern auf seiner unzureichenden eigenen Arbeitsorganisation beruhten. Weiter wurde am 20.03.2009 in der Schreibtischschublade des Klägers ein Barbetrag von rund 1.100,00 Euro aufgefunden. Dieser stammte aus - unverbuchten - Zahlungen für Kabelanschlüsse von Dienstwohnungen über die Dauer von zwei Jahren sowie aus Einnahmen für Dienstleistungen bei einer Autobahntank- und -rastanlage. Dieser Vorgang war - wie der Zeuge U. insoweit nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat -, "der Tropfen, der das Fass zum Überlauf gebracht" und das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber in Bezug auf die Tätigkeit eines Verwaltungsangestellten im Innenverhältnis zerstört hatte. Vor diesem Hintergrund insgesamt erscheint das noch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht wiederholte Vorbringen des Klägers, er habe am 19.03.2009 mit einer Beförderung (!) gerechnet, nachgerade lebensfremd. Dies wird noch dadurch unterstrichen, dass im Anschluss an die Bekundungen der Zeugen U. und J. und die Ausführungen im Urteil des LAG der Leiter der Autobahnmeisterei X und Dienstvorgesetzte des Klägers, der Zeuge U., diesen bereits bei Gesprächen im April und Mai 2008 auf Missstände und Defizite bei seiner Arbeitserledigung hingewiesen und seine Vorgesetzten den Kläger erneut am 28. und 30.01.2009 auf seine Fehler angesprochen hatten. Weitere Personalgespräche mit dem Kläger fanden am 12. und 17.03.2009 statt. Dabei hatte der Zeuge J. dem Kläger bereits am 28.01.2009 die Versetzung in den Außendienst angedroht. Nach den weiteren, glaubhaften Bekundungen des Zeugen U. wurde der Kläger bei dem Personalgespräch am 17.03.2009 nochmals darauf hingewiesen, dass man ihn bei Fortsetzung seiner bisherigen Arbeitsweise nicht weiter in der Verwaltung beschäftigen könne, sondern wieder als Straßenwärter einsetzen müsse.

Vor diesem Hintergrund stellte dann die nach Lage der Akten erst nach dem Vorfall am 20.03.2009 angeordnete Versetzung des Klägers vom Innen- in den Außendienst bereits objektiv kein plötzliches und insbesondere kein für den Kläger unvorhergesehenes Ereignis dar. Vielmehr war die ausgesprochene Versetzung in den Streckendienst nur das Ergebnis einer sich über mehrere Monate hinziehenden und für den Kläger objektiv und subjektiv absehbaren arbeitsrechtlichen Entwicklung. Zu Recht hat deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide die Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt.

3. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, sein früherer Arbeitgeber habe ihm keine schriftliche Abmahnung erteilt. Dieser Umstand mag für die arbeitsrechtliche Beurteilung bedeutsam sein; für die vorliegend allein zu entscheidende unfallversicherungsrechtlichen Fragen kommt es darauf jedoch nicht rechtsrelevant an. Ebenso vermag der Kläger mit seinem in der mündlichen Verhandlung geäußerten Vorwurf nicht durchzudringen, die vom LAG gehörten Zeugen hätten insgesamt die Unwahrheit gesagt. Denn deren Bekundungen sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und stimmen in den hier maßgebenden Kernaussagen im Ergebnis miteinander überein. Für eine kollusives, zudem auch strafbewehrtes (§ 153 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs), Zusammenwirken der vom LAG gehörten Zeugen zum Nachteil des Klägers besteht danach von vornherein kein Anhalt.

4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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