Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 2433/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich objektiv und subjektiv bis auf Weiteres, und damit zukunfstoffen, aufhält und den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse innehat.
Maßgebend ist insoweit der tatsächlich zum Ausdruck gekommene, nicht der rechtsgeschäftliche Wille des Betroffenen.
Die rechtliche Betreuung eines Hilfeempfängers hindert nicht die eigenständige Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts.
Maßgebend ist insoweit der tatsächlich zum Ausdruck gekommene, nicht der rechtsgeschäftliche Wille des Betroffenen.
Die rechtliche Betreuung eines Hilfeempfängers hindert nicht die eigenständige Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die von ihr für den Zeitraum vom 01. Oktober 2010 bis zum 23. Mai 2011 erbrachten Leistungen der Sozialhilfe für den Hilfeempfänger J. S. in Höhe von insgesamt 20.592,03 EUR zu erstatten. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert wird - endgültig - auf 20.592,03 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der im Zeitraum vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 angefallenen Aufwendungen der Klägerin für Sozialhilfeleistungen für den Hilfeempfänger.
Die Klägerin leistete dem am 07.09.1987 geborenen Hilfeempfänger J. S. (im Folgenden: Hilfeempfänger) ab dem 07.01.2009 Hilfe zum Lebensunterhalt und Eingliederungshilfe für eine vollstationäre Unterbringung im "F.", Ka ..., einem Wohnheim für betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen, nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) (Bescheid vom 16.02.2009). Der Hilfeempfänger leidet an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Borderline-Störung, einer Intelligenzminderung und einer partiellen Trisomie. Er ist seit Juli 2000 als Schwerbehinderter im Sinne des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt; außerdem sind ihm die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H" zuerkannt. Seit dem 27.09.2007 besteht zu Gunsten des Hilfeempfängers darüber hinaus eine rechtliche Betreuung; diese umfasst neben Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten unter anderem auch die Bestimmung des Aufenthalts des Hilfeempfängers (Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Ka ... vom xx.xx.2007 - Az.: xx/2007 -).
Für das Wochenende 28/29.08.2010 ließ sich der Hilfeempfänger für den Besuch bei einer "Pflegefamilie" in He ... vom F. beurlauben. Am 29.08.2010 teilte er den Mitarbeitern des F.es mit, er wolle sich noch bis zum 31.08.2010 in He ... aufhalten. Nachfolgend gab er gegenüber den Mitarbeitern des F.es an, er wolle versuchen, in He ... Fuß zu fassen und selbstständig zu leben. Versuche der Mitarbeiter des F.es und des Betreuers, den Hilfeempfänger zu einer Rückkehr nach Ka ... zu bewegen, da Angehörige der "Pflegefamilie" ihn bereits in der Vergangenheit zur Begehung von Straftaten animiert hatten, schlugen fehl. Das F. teilte dem Hilfeempfänger deshalb mit, es könne nach den Bestimmungen des Landesrahmenvertrages eine Beurlaubung nur bis zum 26.09.2010 vornehmen. Am 27.09.2010 kehrte der Hilfeempfänger in das F. zurück, fuhr jedoch am Abend desselben Tages auf Drängen der "Pflegefamilie" erneut nach He ... Das F. beendete daraufhin mit dem 27.09.2010 die Eingliederungsmaßnahme (vgl. Schreiben vom 28.09.2010). Die Klägerin stellte deshalb die Eingliederungshilfeleistungen zum 27.09.2010 ein und hob den Bescheid vom 16.02.2009 mit Wirkung ab dem 28.09.2010 auf (Bescheid vom 28.09.2010).
Vom 01.10.2010 bis zum 04.10.2010 wohnte der Kläger bei seiner Mutter in Ka ... Hieran schloss sich eine stationäre Krankenhausbehandlung in der Psychiatrischen Klinik des Städtischen Klinikums Ka ... bis zum 22.11.2010 an. Bereits am 04.10.2010 begehrte der Hilfeempfänger die erneute Aufnahme ins F ... Am selben Tag stellte er über seinen Betreuer deshalb bei der Klägerin den Antrag, auf Gewährung von Sozialhilfeleistungen und Übernahme der Kosten für das F ...
Diesen Antrag leitete die Klägerin zur Entscheidung an die Beklagte weiter: Der Hilfeempfänger habe vor Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Ka ... aufgegeben und diesen dort nicht wieder begründet. Er habe sich zuletzt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten aufgehalten. Diese sei nunmehr der für die Hilfeleistung zuständige Leistungsträger (vgl. Schreiben vom 05.10.2010). Nachdem die Beklagte den Antrag des Hilfeempfängers an die Klägerin zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgesandt hatte (vgl. Schreiben vom 10.11.2010), erklärte sich die Klägerin gegenüber dem F. vorläufig bereit, die Kosten der vollstationären Unterbringung des Hilfeempfängers ab dem 22.10.2010 zu übernehmen, soweit die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen vorlägen (vgl. Schreiben vom 30.11.2010). Außerdem zahlte die Klägerin die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Hilfeempfänger ab dem 01.10.2010. Am 23.05.2011 zog der Hilfeempfänger erneut aus dem F. aus.
Nachdem die Beklagte sich wiederholt für unzuständig erklärt und eine eigene Sachentscheidung über den Hilfeantrag des Klägers vom 04.10.2010 abgelehnt hatte (vgl. zuletzt Schreiben vom 28.01.2011 und vom 21.03.2011), hat die Klägerin am 06.06.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Hilfeempfänger habe durch seinen Auszug aus dem F. am 28.08.2010 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Ka ... aufgegeben und einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in He ... begründet. Er habe Ende August 2010 den Willen gehabt, bis auf Weiteres bei seiner "Pflegefamilie" in He ... zu leben, und diesen Willen auch umgesetzt. Der Hilfeempfänger habe diesen Willen spätestens nach seinem Besuch im F. am 27.09.2010 durch seine Rückkehr nach He ... noch am selben Tag zum Ausdruck gebracht. Sein erneuter Aufenthalt in Ka ... Anfang Oktober 2010 bei seiner Mutter sei nur vorübergehend gewesen, weil er sonst keinen Unterschlupf gefunden habe. Der Hilfeempfänger habe aber nicht die Absicht gehabt, die Wohnung seiner Mutter oder eine andere Stelle in Ka ... (erneut) zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen, und während des Aufenthalts in der Wohnung seiner Mutter auch keine Anstalten getroffen, einen gewöhnlichen Aufenthalt in Ka ... zu begründen. Deshalb sei für die Leistungserbringung ab dem 04.10.2010 die Beklagte der örtlich und sachlich zuständige Sozialhilfeträger. Diese hätte überdies den an sie weitergeleiteten Antrag nicht an sie - die Klägerin - zurückschicken dürfen, sondern hierüber als zweitangegangener Rehabilitationsträger in eigener Zuständigkeit entscheiden müssen. Mit Schriftsatz vom 25.07.2011 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sie habe für den Heimaufenthalt des Hilfeempfängers in der Zeit vom 22.11.2010 bis zum 23.05.2011 keine Zahlungen erbracht. Sie erkläre sich jedoch bereit, die entsprechenden Heimkosten in Höhe von 19.012,11 EUR zu begleichen. Wegen dieser Aufwendung sowie der für die Zeit vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 bereits erbrachten Leistungen für die Kranken- und Pflegeversicherung des Hilfeempfängers in Höhe von 1.579,92 EUR sei die Beklagte ihr erstattungspflichtig.
Die Klägerin beantragt - zuletzt -,
die Beklagte zu verurteilen, ihr die in der Zeit vom 01. Oktober 2010 bis zum 23. Mai 2011 für den Hilfeempfänger erbrachten Aufwendungen von insgesamt 20.592,03 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie stimmt der von der Klägerin vorgenommenen Klageänderung zu und trägt vor, der Hilfeempfänger habe zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, einen gewöhnlichen Aufenthalt in He ... zu begründen. Vielmehr habe er sich jeweils nur vorübergehend dort aufgehalten; er habe das F. am 28.08.2010 nur mit einer Sporttasche verlassen und seine übrigen persönlichen Gegenstände in der Einrichtung belassen. Sein erneuter Aufenthalt in He ... vom 27.09.2010 bis zum 01.10.2010 sei nur besuchsweise erfolgt. Der Hilfeempfänger selbst habe keinerlei Willensbildung in Bezug auf eine Niederlassungsabsicht in He ... erkennen lassen. Wegen seiner psychischen Erkrankung sei er auch nicht in der Lage, die Folgen seines Handelns abzusehen. Er entscheide bedürfnisorientiert oder nach Einflussnahme anderer Personen. Das Unvermögen, die Folgen seines ungelenken Handelns einzuschätzen, schlage sich auch bei seinem Aufenthalt bei seiner "Pflegefamilie" vom 27.09.2010 bis zum 01.10.2010 nieder. Der Hilfeempfänger habe die Beweggründe seiner "Pflegefamilie", ihn allein aus kriminellen Beweggründen zu sich einzuladen, nicht überblicken können. Auch nachdem ihn die "Pflegefamilie" Anfang Oktober 2010 zum Verlassen der Wohnung aufgefordert habe, habe der Hilfeempfänger keine Anstrengungen unternommen, in He ... ein eigenständiges Leben aufzubauen. Deshalb sei ein willentliches, zielgerichtetes Handeln im Zusammenhang mit dem Begründen eines gewöhnlichen Aufenthaltes in He ... nicht anzunehmen. Die Rückgabe des Leistungsantrages des Hilfeempfängers vom 04.10.2010 an die Klägerin sei rechtmäßig gewesen, weil diese ihr den Antrag nicht als zweitangegangener Rehabilitationsträger vorgelegt habe. Die Klägerin sei der örtlich und sachlich zuständige Sozialhilfeträger.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beteiligten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1) Die Klage, über die die Kammer trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 17.02.2012 entscheiden konnte, weil sie die Beklagte zugleich mit der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte (§ 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)), ist statthaft und mit dem nach Klageänderung (§ 99 Abs. 1 und 3 Nr. 3 SGG) zuletzt gestellten Antrag als reine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) zulässig. Denn die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits stehen sich als Körperschaften des öffentlichen Rechts in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber, in welchem die Klägerin ihre mit der Klage geltend gemachten Zahlungs-/Erstattungsansprüche nicht einseitig durch Verwaltungsakt festsetzen kann (vgl. Hess. LSG vom 26.08.2011 - L 7 SO 208/10 - (Juris)).
2) Die zulässige Klage ist auch begründet. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Kostenerstattung der von ihr (vorläufig) erbrachten Aufwendungen aus Mitteln der Sozialhilfe zu Gunsten des Hilfeempfängers im Zeitraum vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 in Höhe von insgesamt 20.592,03 EUR.
a) Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruches ist § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Danach hat der nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe dem nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorläufig leistenden Träger die aufgewendeten Kosten zu erstatten. Die Voraussetzungen für diesen Erstattungsanspruch liegen hier vor.
Die Klägerin ist aktiv legitimiert, weil sie als der für den tatsächlichen Aufenthaltsort des Hilfeempfängers im Städtischen Klinikum Ka ... (vom 04.10.2010 bis zum 22.11.2010) und nachfolgend im F. Ka ... (ab dem 22.11.2010 bis zum 23.05.2011) örtlich zuständige Sozialhilfeträger (§ 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) ist und in dieser Funktion in der Zeit vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die in der Zeitspanne vom 22.10.2010 bis zum 23.05.2011 angefallenen Heimkosten im Rahmen der Leistungen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII vorläufig i.S.v. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erbracht hat (§ 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).
Die Beklagte ist passiv legitimiert. Denn sie - und nicht die Klägerin - ist zur Überzeugung des erkennenden Gerichts der für die Übernahme der klägerseits erbrachten Hilfeleistungen der endgültig zuständige Träger der Sozialhilfe. Deren sachliche Zuständigkeit folgt aus § 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 des bad.-württ. Ausführungsgesetzes zum SGB XII. Danach ist der örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für die in § 8 SGB XII genannten Hilfen, mithin auch für die Hilfe zum Lebensunterhalt, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. Danach ist vorliegend die örtliche Zuständigkeit der Beklagten begründet, weil der Hilfeempfänger im Zeitpunkt sowohl der Aufnahme im Städtischen Klinikum Ka ... (am 04.10.2010) als auch im F. Ka ... (am 22.11.2010) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in He ... hatte.
b) Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) legal definiert. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat danach jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zwar betrifft die Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I unmittelbar lediglich die Regelung des § 30 Abs. 1 SGB I über den räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Für die Zuständigkeitsregelungen des SGB XII gilt sie nicht unmittelbar; in Ermangelung einer eigenständigen sozialhilferechtlichen Definition des gewöhnlichen Aufenthaltes ist allerdings ergänzend auf § 30 Abs. 3 SGB XII zurückzugreifen (vgl. bereits für das Bundessozialhilfegesetz: BVerwG, FEVS 46, 133 und BVerwG, NDV-RD 1999, 73; für das SGB XII vgl. BSG, FEVS 61, 74; LSG Sachsen-Anhalt vom 21.12.2010 - L 8 SO 8/08 - (juris) sowie Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage 2010, § 98, Rand-Nr. 22 und Rabe in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 98, Rand-Nr. 13). Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes ist nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) erforderlich, dass ein Aufenthalt von voraussichtlich einer gewissen Dauer vorliegt (vgl. u.a. BSGE 57, 93). Zumindest muss die Absicht bestehen, an einem bestimmen Ort nicht nur vorübergehend zu verweilen (vgl. u.a. BVerwGE 42, 198 und BVerwG, ZfSH/SGB 2003, 229), d.h. es darf nicht nur ein vorübergehender oder besuchsweiser Aufenthalt vorliegen (vgl. Rabe, a.a.O., Rand-Nrn. 14 und 19); vielmehr ist entscheidend, dass der Betroffene an dem Aufenthaltsort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung begründet und dort letztlich "bis auf weiteres" im Sinne von zukunftsoffen verweilt (vgl. BVerwG, NDV-RD 1999, 73; LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.; Bay. VGH, FEVS 52, 373; Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 98, Rand-Nrn. 46 und 48; Schoch in LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 98, Rand-Nr. 15 sowie Rabe, a.a.O., Rand-Nr. 13), auch wenn später unvorhergesehene Umstände die Aufgabe des Aufenthalts in kürzerer Zeit erfordern (vgl. Hohm, a.a.O. Rand-Nr. 47). Es kommt darauf an, ob sich die Lebensverhältnisse des Betroffenen an dem betreffenden Ort in familiärer, sozialer und beruflicher Hinsicht verfestigen und sich dieser dort zu etablieren vermag. Dafür ist einerseits der Wille des Betroffenen maßgebend, wobei es nicht auf den rechtsgeschäftlichen Willen, sondern den tatsächlich zum Ausdruck kommenden Willen ankommt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. und OVG Rheinland-Pfalz, FEVS 53, 91). Auch eine Betreuung hindert deshalb die eigenständige Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht (vgl. Rabe, a.a.O., Rand-Nr. 15 sowie Hohm, a.a.O., Rand-Nr. 49). Andererseits muss sich der Wille zu einem letztlich zukunftsoffenen Aufenthalt in den tatsächlichen Verhältnissen des Aufenthaltes objektiv niederschlagen. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthaltes im Übrigen sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen. Das Vorhalten einer Wohnung oder das Aufrechterhalten eines Wohnsitzes in melderechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Hinsicht steht der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes an einem anderen Ort nicht entgegen (vgl. Rabe, a.a.O., Rand-Nrn. 13 und 17). Ein zeitlich unbedeutender Aufenthalt von Stunden - Kurzaufenthalt - reicht dagegen für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes regelmäßig nicht aus (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. sowie Wahrendorf, a.a.O., Rand-Nr. 23; ähnlich Bay. VGH, FEVS 52, 373 ff.). Auch durch einen Aufenthalt, der nur wenige Tage währt, wird ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I regelmäßig nicht begründet, wenn er wegen seiner Art des Zwecks nur zu einer flüchtigen Begegnung mit dem Ort führt und der Wille einer nur kurzfristigen Verweildauer erkennbar ist (vgl. Hohm, a.a.O., Rand-Nr. 47 sowie SG Karlsruhe vom 29.01.2009 - S 4 SO 971/08 - (Juris)). Die ständige, ununterbrochene Anwesenheit ist keine Voraussetzung für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes, so dass der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht gleichbedeutend ist mit "nie abwesend" (vgl. Hohm, a.a.O., Rand-Nr. 46 m.w.N.). Dem zufolge endet ein bestehender gewöhnlicher Aufenthalt auch bei Abwesenheit von längerer Dauer jedenfalls dann nicht, wenn die Absicht oder Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Betreffende an den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes zurückkehrt oder gefestigte Beziehungen am Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes aufrecht erhält (vgl. BVerwG, FEVS 51, 145, Bay. VGH, FEVS 52, 373, LSG Nordrhein-Westfalen, FEVS 62, 86 sowie Hohm, a.a.O.). Lässt sich eine Willensbildung im Hinblick auf eine Niederlassungsabsicht nicht feststellen, sind die Dauer des Aufenthalts an einem bestimmen Ort sowie die sonstigen objektiven Merkmale, die zum Zeitpunkt des Ortswechsels vorliegen, ein wichtiges Indiz dafür, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden ist (vgl. Schoch, a.a.O., Rand-Nr. 16). Bei einem vorübergehenden Aufenthalt, der den Erwerb eines gewöhnlichen Aufenthaltes ausschließt, muss es sich neben einer kurzen Aufenthaltsdauer um einen von vornherein bestimmten oder bestimmbaren Aufenthalt handeln. Ist der Leistungsberechtigte unfähig, einen entsprechenden Willen zu äußern und fehlt dementsprechend das subjektive Element zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes, so kann es zur Begründung eines faktischen gewöhnlichen Aufenthalts kommen, weil allein die objektiven Gegebenheiten maßgebend sind (vgl. Hohm, a.a.O., Rand-Nrn. 47 und 49). Auch im Fall des Aufenthalts zwischen zwei stationären Unterbringungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG vom 02.07.2003 - 5 B 211/02 - (juris)) die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts nicht generell ausgeschlossen, sondern kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Unerheblich ist schließlich, ob eine Person den Aufenthaltsort freiwillig wählt oder dieser durch andere bestimmt wird (vgl. Wahrendorf, a.a.O., Rand-Nr. 23 sowie - im Ergebnis - Schoch, a.a.O., Rand-Nr. 17).
c) Orientiert an diesem Prüfungsmaßstab hatte der Hilfeempfänger seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor Beginn des stationären Aufenthaltes im Städtischen Klinikum Ka ... am 04.10.2010 und seinem (Wieder-)Einzug ins F. in Ka ... am 22.11.2010 in He ..., und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Denn er hat sich ab dem 28.08.2010 objektiv und auch subjektiv zukunftsoffen bei seiner "Pflegefamilie" in He ... aufgehalten und seither dort den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse gehabt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Gerichts bereits aus dem Umstand, dass sein Verweilen in der "Pflegefamilie" über insgesamt rund 5 Wochen angedauert hat und der Hilfeempfänger seine ursprüngliche Beurlaubung allein für das Wochenende vom 28.08.2010 auf den 29.08.2010 zunächst mit Zustimmung der Einrichtung bis Ende August 2010 verlängerte und sodann - ohne weitere Rückmeldung beim F. und trotz wiederholter Interventionsversuche sowohl von Mitarbeitern dieser Einrichtung als auch seines rechtlichen Betreuers - bis zum 27.09.2010, mithin weitere 4 Wochen, in He ... verlieb. Dabei gab der Hilfeempfänger gegenüber den Mitarbeitern des F.es nach dessen glaubhafter Auskunft vom 04.10.2010 an, er wolle versuchen, in He ... Fuß zu fassen und dort selbstständig zu leben. Damit hatte der Hilfeempfänger hinreichend deutlich seinen subjektiven Willen zum Ausdruck gebracht, seinen Lebensmittelpunkt von Ka ... nach He ... zu verlegen und sich dort für eine unbestimmte Zeit aufzuhalten. Auch wenn - wie oben bereits angeführt - die bloße Absicht, den Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes - hier: Ka ... - zunächst besuchsweise zu verlassen, noch nicht zur Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes führt, ändert sich die rechtliche Bewertung aber dann, wenn - wie vorliegend - nach dem Verlassen eines Ortes der Entschluss hinzukommt, an den bisherigen Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht mehr zurückzukehren. Dann wird der (neue) gewöhnliche Aufenthalt bereits rückwirkend mit dem Zuzug an den neuen Ort begründet. Dem steht - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht entgegen, dass die subjektive Willensäußerung, in He ... Fuß zu fassen und selbstständig leben zu wollen, möglicherweise durch die Mitglieder der "Pflegefamilie" fremdbestimmt und gesteuert waren (vgl. nochmals Wahrendorf, a.a.O., Rand-Nr. 23 und Schoch, a.a.O., Rand-Nr. 17). Nicht entscheidend ist auch, ob der Hilfeempfänger selbst aufgrund seiner geistigen Behinderung in der Lage war, die rechtlichen Folgen seines Handelns zu überblicken. Denn ein rechtlicher Bindungswille ist für die Aufgabe eines bisherigen und die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes nicht erforderlich.
Für den subjektiven Willen des Hilfeempfängers, seinen Lebensmittelpunkt von Ka ... nach He ... jedenfalls seit Anfang September 2010 zu verlegen, spricht auch dessen nur kurze, offenbar nur wenige Stunden andauernde Anwesenheit und die Vorsprache im F. am 27.09.2010 sowie seine Rückkehr nach He ... noch am selben Abend und das dortige Verweilen bis zum 01.10.2010. Dieser allein vorübergehende Charakter des erneuten Aufenthaltes des Hilfeempfängers in Ka ... für nur wenige Stunden ist von vornherein nicht geeignet, einen gewöhnlichen Aufenthalt in Ka ... wieder zu begründen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. sowie Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 98, Rand-Nr. 48 m.w.N.).
Dem gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfeempfängers zuletzt in He ... stehen auch die Aufnahme und das Verweilen des Hilfeempfängers in der Wohnung seiner Mutter in Ka ... in der Zeit vom 01.10.2010 bis zum 04.10.2010 nicht entgegen. Denn dieser nur drei Tage währende Aufenthalt in der Wohnung seiner Mutter in Ka ... war objektiv wie subjektiv von vornherein auf ein nur vorläufiges vorübergehendes Verweilen im Sinne von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I angelegt gewesen (vgl. insoweit Rabe, a.a.O., Rand-Nr. 19). Nach den glaubhaften Angaben seines Betreuers im Schriftsatz vom 04.10.2010 gegenüber der Klägerin erfolgte der Aufenthalt bei der Mutter nur deswegen, weil der Hilfeempfänger am 01.10.2010, einem Freitag, keine kurzfristige Aufnahme im F. erreichen konnte und auch über das anschließende Wochenende eine Aufnahme dort nicht möglich war. Der Aufenthalt in der Wohnung seiner Mutter diente deshalb von vornherein allein dazu, vorübergehend eine Obdachlosigkeit zu vermeiden. Überdies war ein zukunftsoffener, auf längere Dauer angelegter Aufenthalt in der Wohnung der Mutter des Hilfeempfängers auch wegen eigener Probleme der Mutter nicht möglich.
Da mithin der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Hilfeempfängers vor dem 04.10.2010 in He ... bestand, ist der Beklagte der für die stationären Hilfeleistungen zuständige Sozialhilfeträger.
d) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Hilfeempfänger während seines Aufenthaltes in He ... keine erkennbare Anstrengungen unternommen hatte, eine Unterkunft außerhalb der Wohnung seiner "Pflegefamilie" zu finden und sich auch nicht einwohnermelderechtlich in He ... angemeldet hatte. Denn beides ist für die Annahme oder Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht erforderlich, wie oben bereits dargelegt. Überdies stand dem Hilfeempfänger bei der "Pflegefamilie" ersichtlich eine gegenüber dem F. anderweitige Unterkunft zur Verfügung.
Anders ist auch nicht deshalb zu entscheiden, weil der Hilfeempfänger jedenfalls bis zum 27.09.2010, dem Zeitpunkt der Kündigung des Heimvertrages durch das F., jederzeit die Möglichkeit der Rückkehr in die Einrichtung gehabt hätte und sein Zimmer in dieser Einrichtung bis zu diesem Zeitpunkt für ihn freigehalten wurde. Denn maßgebend für die Änderung des gewöhnlichen Aufenthaltes und dessen Begründung zuletzt in He ... ist die Ende August/Anfang September 2010 von dem Hilfeempfänger gegenüber der Einrichtung geäußerte subjektive Absicht, in He ... Fuß zu fassen und selbstständig leben zu wollen, die der Hilfeempfänger auch objektiv durch seinen rund 5-wöchigen und zukunftsoffenen Aufenthalt bei seiner "Pflegefamilie" umgesetzt hat. Überdies bestand die - theoretische - Rückkehr¬möglichkeit für den Hilfeempfänger auch nur bis zum Zeitpunkt der Kündigung des Heimvertrages. Danach hatte das F. das Zimmer des Hilfeempfängers geräumt und an einen anderen Bewohner vermietet, wie sich aus der Auskunft der Einrichtung vom 16.02.2011 ergibt. Deshalb ist auch nicht rechtserheblich, ob die am 27.09.2010 seitens der Einrichtung ausgesprochene Kündigung des Heimvertrages gegenüber dem Hilfeempfänger selbst angesichts der bestehenden rechtlichen Betreuung rechtswirksam war. Denn maßgebend ist vorliegend allein, an welchem Ort der Hilfeempfänger vor dem 04.10.2010 zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und nicht, ob er rechtlich einen Anspruch auf die Nutzung eines Zimmers in einer fremden Unterkunft hatte.
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass der Hilfeempfänger am 28.08.2010 das F. nur mit einer Sporttasche verlassen hatte, während seine übrigen persönlichen Gegenstände in der Einrichtung verblieben, steht auch dies der Aufgabe des bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes und der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes in He ... nicht entgegen. Denn angesichts seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wie auch seines Gesundheitszustandes dürfte der Kläger kaum über nennenswerte persönliche Gegenstände von erheblichem wirtschaftlichem Wert verfügt haben, die über seine persönliche Bekleidung hinausgehen. Der Verbleib persönlicher Gegenstände in der stationären Einrichtung stellt deshalb weder einen Nachweis noch wenigstens ein Indiz dafür dar, dass der Hilfeempfänger seinen am 28.08.2010 in He ... begonnenen Aufenthalt gerade nicht zukunftsoffen gestalten wollte und gestaltet hat. Denn die eigenen Angaben des Hilfeempfängers gegenüber den Mitarbeitern des F. im Zusammenhang mit seinem erstmaligen Weggang nach He ... Ende August/Anfang September 2010 wie auch die dort verbrachte Zeit von immerhin rund 5 Wochen - vom 28.08.2010 bis zum 01.10.2010 - spricht dafür, hier einen nicht nur vorübergehenden, sondern zukunftsoffenen Aufenthalt anzunehmen. Dementsprechend ist der Aufenthalt des Hilfeempfängers in der Wohnung der "Pflegefamilie" in He ... am 28.08.2010 als gewöhnliche Aufenthaltsnahme im Sinne von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zu beurteilen, die für die Zeit ab dem 01.10.2010 die örtliche Zuständigkeit der Klägerin als Sozialhilfeträgern entfallen ließ.
3) Damit ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die von ihr - vorläufig - erbrachten sozialhilferechtliche Aufwendungen für den Hilfeempfänger in der Zeit vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.579,92 EUR sowie für die Heimkosten im F. in der Zeit vom 22.11.2010 bis zum 23.05.2011 in Höhe von 19.012,11 EUR zu erstatten. Der Umfang dieses Erstattungsanspruchs ergibt sich aus § 110 SGB XII. Zu weiteren Ermittlungen hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruches bestand kein Anlass, nachdem die Beklagte im Verfahren Einwände insoweit nicht erhoben hat.
Im maßgebenden Zeitpunkt der Klageerhebung am 06.06.2011 war der Anspruch der Klägerin auch nicht verjährt. Denn die Verjährung von Erstattungsansprüchen tritt gem. § 111 Abs. 1 SGB XII erst in vier Jahren, beginnend nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist, ein. Entstanden ist der Erstattungsanspruch in Bezug auf die Aufwendungen der Klägerin in den Jahren 2010 und 2011, so dass Verjährung frühestens zum 31.12.2014 hätte eintreten können.
Schließlich ist auch die Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X), dem zufolge ein Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen ist, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht, eingehalten. Dies hat die Beklagte eingeräumt.
Auf die Frage, ob die Rückgabe des an sie am 05.10.2010 weitergeleiteten Antrags des Hilfeempfängers bzw. dessen Betreuers vom 04.10.2010 an die Klägerin rechtmäßig war und/oder die Beklagte gemäß § 14 des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - verpflichtet gewesen wäre, über diesen Antrag als zweitangegangener Rehabilitationsträger eine eigene Sachentscheidung zu treffen, kommt es nach alledem entscheidungserheblich nicht an.
Aus eben diesen Gründen war dem Begehren der Klägerin stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 161 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Entscheidung über die endgültige Festlegung des Streitwerts ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes. Der Streitwert bemisst sich dabei für die Leistungsklage nach dem konkret von der Klägerin beanspruchten Erstattungsbetrag.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der im Zeitraum vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 angefallenen Aufwendungen der Klägerin für Sozialhilfeleistungen für den Hilfeempfänger.
Die Klägerin leistete dem am 07.09.1987 geborenen Hilfeempfänger J. S. (im Folgenden: Hilfeempfänger) ab dem 07.01.2009 Hilfe zum Lebensunterhalt und Eingliederungshilfe für eine vollstationäre Unterbringung im "F.", Ka ..., einem Wohnheim für betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen, nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) (Bescheid vom 16.02.2009). Der Hilfeempfänger leidet an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Borderline-Störung, einer Intelligenzminderung und einer partiellen Trisomie. Er ist seit Juli 2000 als Schwerbehinderter im Sinne des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt; außerdem sind ihm die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H" zuerkannt. Seit dem 27.09.2007 besteht zu Gunsten des Hilfeempfängers darüber hinaus eine rechtliche Betreuung; diese umfasst neben Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten unter anderem auch die Bestimmung des Aufenthalts des Hilfeempfängers (Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Ka ... vom xx.xx.2007 - Az.: xx/2007 -).
Für das Wochenende 28/29.08.2010 ließ sich der Hilfeempfänger für den Besuch bei einer "Pflegefamilie" in He ... vom F. beurlauben. Am 29.08.2010 teilte er den Mitarbeitern des F.es mit, er wolle sich noch bis zum 31.08.2010 in He ... aufhalten. Nachfolgend gab er gegenüber den Mitarbeitern des F.es an, er wolle versuchen, in He ... Fuß zu fassen und selbstständig zu leben. Versuche der Mitarbeiter des F.es und des Betreuers, den Hilfeempfänger zu einer Rückkehr nach Ka ... zu bewegen, da Angehörige der "Pflegefamilie" ihn bereits in der Vergangenheit zur Begehung von Straftaten animiert hatten, schlugen fehl. Das F. teilte dem Hilfeempfänger deshalb mit, es könne nach den Bestimmungen des Landesrahmenvertrages eine Beurlaubung nur bis zum 26.09.2010 vornehmen. Am 27.09.2010 kehrte der Hilfeempfänger in das F. zurück, fuhr jedoch am Abend desselben Tages auf Drängen der "Pflegefamilie" erneut nach He ... Das F. beendete daraufhin mit dem 27.09.2010 die Eingliederungsmaßnahme (vgl. Schreiben vom 28.09.2010). Die Klägerin stellte deshalb die Eingliederungshilfeleistungen zum 27.09.2010 ein und hob den Bescheid vom 16.02.2009 mit Wirkung ab dem 28.09.2010 auf (Bescheid vom 28.09.2010).
Vom 01.10.2010 bis zum 04.10.2010 wohnte der Kläger bei seiner Mutter in Ka ... Hieran schloss sich eine stationäre Krankenhausbehandlung in der Psychiatrischen Klinik des Städtischen Klinikums Ka ... bis zum 22.11.2010 an. Bereits am 04.10.2010 begehrte der Hilfeempfänger die erneute Aufnahme ins F ... Am selben Tag stellte er über seinen Betreuer deshalb bei der Klägerin den Antrag, auf Gewährung von Sozialhilfeleistungen und Übernahme der Kosten für das F ...
Diesen Antrag leitete die Klägerin zur Entscheidung an die Beklagte weiter: Der Hilfeempfänger habe vor Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Ka ... aufgegeben und diesen dort nicht wieder begründet. Er habe sich zuletzt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten aufgehalten. Diese sei nunmehr der für die Hilfeleistung zuständige Leistungsträger (vgl. Schreiben vom 05.10.2010). Nachdem die Beklagte den Antrag des Hilfeempfängers an die Klägerin zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgesandt hatte (vgl. Schreiben vom 10.11.2010), erklärte sich die Klägerin gegenüber dem F. vorläufig bereit, die Kosten der vollstationären Unterbringung des Hilfeempfängers ab dem 22.10.2010 zu übernehmen, soweit die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen vorlägen (vgl. Schreiben vom 30.11.2010). Außerdem zahlte die Klägerin die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Hilfeempfänger ab dem 01.10.2010. Am 23.05.2011 zog der Hilfeempfänger erneut aus dem F. aus.
Nachdem die Beklagte sich wiederholt für unzuständig erklärt und eine eigene Sachentscheidung über den Hilfeantrag des Klägers vom 04.10.2010 abgelehnt hatte (vgl. zuletzt Schreiben vom 28.01.2011 und vom 21.03.2011), hat die Klägerin am 06.06.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Hilfeempfänger habe durch seinen Auszug aus dem F. am 28.08.2010 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Ka ... aufgegeben und einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in He ... begründet. Er habe Ende August 2010 den Willen gehabt, bis auf Weiteres bei seiner "Pflegefamilie" in He ... zu leben, und diesen Willen auch umgesetzt. Der Hilfeempfänger habe diesen Willen spätestens nach seinem Besuch im F. am 27.09.2010 durch seine Rückkehr nach He ... noch am selben Tag zum Ausdruck gebracht. Sein erneuter Aufenthalt in Ka ... Anfang Oktober 2010 bei seiner Mutter sei nur vorübergehend gewesen, weil er sonst keinen Unterschlupf gefunden habe. Der Hilfeempfänger habe aber nicht die Absicht gehabt, die Wohnung seiner Mutter oder eine andere Stelle in Ka ... (erneut) zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen, und während des Aufenthalts in der Wohnung seiner Mutter auch keine Anstalten getroffen, einen gewöhnlichen Aufenthalt in Ka ... zu begründen. Deshalb sei für die Leistungserbringung ab dem 04.10.2010 die Beklagte der örtlich und sachlich zuständige Sozialhilfeträger. Diese hätte überdies den an sie weitergeleiteten Antrag nicht an sie - die Klägerin - zurückschicken dürfen, sondern hierüber als zweitangegangener Rehabilitationsträger in eigener Zuständigkeit entscheiden müssen. Mit Schriftsatz vom 25.07.2011 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sie habe für den Heimaufenthalt des Hilfeempfängers in der Zeit vom 22.11.2010 bis zum 23.05.2011 keine Zahlungen erbracht. Sie erkläre sich jedoch bereit, die entsprechenden Heimkosten in Höhe von 19.012,11 EUR zu begleichen. Wegen dieser Aufwendung sowie der für die Zeit vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 bereits erbrachten Leistungen für die Kranken- und Pflegeversicherung des Hilfeempfängers in Höhe von 1.579,92 EUR sei die Beklagte ihr erstattungspflichtig.
Die Klägerin beantragt - zuletzt -,
die Beklagte zu verurteilen, ihr die in der Zeit vom 01. Oktober 2010 bis zum 23. Mai 2011 für den Hilfeempfänger erbrachten Aufwendungen von insgesamt 20.592,03 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie stimmt der von der Klägerin vorgenommenen Klageänderung zu und trägt vor, der Hilfeempfänger habe zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, einen gewöhnlichen Aufenthalt in He ... zu begründen. Vielmehr habe er sich jeweils nur vorübergehend dort aufgehalten; er habe das F. am 28.08.2010 nur mit einer Sporttasche verlassen und seine übrigen persönlichen Gegenstände in der Einrichtung belassen. Sein erneuter Aufenthalt in He ... vom 27.09.2010 bis zum 01.10.2010 sei nur besuchsweise erfolgt. Der Hilfeempfänger selbst habe keinerlei Willensbildung in Bezug auf eine Niederlassungsabsicht in He ... erkennen lassen. Wegen seiner psychischen Erkrankung sei er auch nicht in der Lage, die Folgen seines Handelns abzusehen. Er entscheide bedürfnisorientiert oder nach Einflussnahme anderer Personen. Das Unvermögen, die Folgen seines ungelenken Handelns einzuschätzen, schlage sich auch bei seinem Aufenthalt bei seiner "Pflegefamilie" vom 27.09.2010 bis zum 01.10.2010 nieder. Der Hilfeempfänger habe die Beweggründe seiner "Pflegefamilie", ihn allein aus kriminellen Beweggründen zu sich einzuladen, nicht überblicken können. Auch nachdem ihn die "Pflegefamilie" Anfang Oktober 2010 zum Verlassen der Wohnung aufgefordert habe, habe der Hilfeempfänger keine Anstrengungen unternommen, in He ... ein eigenständiges Leben aufzubauen. Deshalb sei ein willentliches, zielgerichtetes Handeln im Zusammenhang mit dem Begründen eines gewöhnlichen Aufenthaltes in He ... nicht anzunehmen. Die Rückgabe des Leistungsantrages des Hilfeempfängers vom 04.10.2010 an die Klägerin sei rechtmäßig gewesen, weil diese ihr den Antrag nicht als zweitangegangener Rehabilitationsträger vorgelegt habe. Die Klägerin sei der örtlich und sachlich zuständige Sozialhilfeträger.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beteiligten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1) Die Klage, über die die Kammer trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 17.02.2012 entscheiden konnte, weil sie die Beklagte zugleich mit der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte (§ 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)), ist statthaft und mit dem nach Klageänderung (§ 99 Abs. 1 und 3 Nr. 3 SGG) zuletzt gestellten Antrag als reine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) zulässig. Denn die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits stehen sich als Körperschaften des öffentlichen Rechts in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber, in welchem die Klägerin ihre mit der Klage geltend gemachten Zahlungs-/Erstattungsansprüche nicht einseitig durch Verwaltungsakt festsetzen kann (vgl. Hess. LSG vom 26.08.2011 - L 7 SO 208/10 - (Juris)).
2) Die zulässige Klage ist auch begründet. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Kostenerstattung der von ihr (vorläufig) erbrachten Aufwendungen aus Mitteln der Sozialhilfe zu Gunsten des Hilfeempfängers im Zeitraum vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 in Höhe von insgesamt 20.592,03 EUR.
a) Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruches ist § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Danach hat der nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe dem nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorläufig leistenden Träger die aufgewendeten Kosten zu erstatten. Die Voraussetzungen für diesen Erstattungsanspruch liegen hier vor.
Die Klägerin ist aktiv legitimiert, weil sie als der für den tatsächlichen Aufenthaltsort des Hilfeempfängers im Städtischen Klinikum Ka ... (vom 04.10.2010 bis zum 22.11.2010) und nachfolgend im F. Ka ... (ab dem 22.11.2010 bis zum 23.05.2011) örtlich zuständige Sozialhilfeträger (§ 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) ist und in dieser Funktion in der Zeit vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die in der Zeitspanne vom 22.10.2010 bis zum 23.05.2011 angefallenen Heimkosten im Rahmen der Leistungen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII vorläufig i.S.v. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erbracht hat (§ 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).
Die Beklagte ist passiv legitimiert. Denn sie - und nicht die Klägerin - ist zur Überzeugung des erkennenden Gerichts der für die Übernahme der klägerseits erbrachten Hilfeleistungen der endgültig zuständige Träger der Sozialhilfe. Deren sachliche Zuständigkeit folgt aus § 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 des bad.-württ. Ausführungsgesetzes zum SGB XII. Danach ist der örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für die in § 8 SGB XII genannten Hilfen, mithin auch für die Hilfe zum Lebensunterhalt, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. Danach ist vorliegend die örtliche Zuständigkeit der Beklagten begründet, weil der Hilfeempfänger im Zeitpunkt sowohl der Aufnahme im Städtischen Klinikum Ka ... (am 04.10.2010) als auch im F. Ka ... (am 22.11.2010) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in He ... hatte.
b) Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) legal definiert. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat danach jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zwar betrifft die Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I unmittelbar lediglich die Regelung des § 30 Abs. 1 SGB I über den räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Für die Zuständigkeitsregelungen des SGB XII gilt sie nicht unmittelbar; in Ermangelung einer eigenständigen sozialhilferechtlichen Definition des gewöhnlichen Aufenthaltes ist allerdings ergänzend auf § 30 Abs. 3 SGB XII zurückzugreifen (vgl. bereits für das Bundessozialhilfegesetz: BVerwG, FEVS 46, 133 und BVerwG, NDV-RD 1999, 73; für das SGB XII vgl. BSG, FEVS 61, 74; LSG Sachsen-Anhalt vom 21.12.2010 - L 8 SO 8/08 - (juris) sowie Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage 2010, § 98, Rand-Nr. 22 und Rabe in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 98, Rand-Nr. 13). Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes ist nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) erforderlich, dass ein Aufenthalt von voraussichtlich einer gewissen Dauer vorliegt (vgl. u.a. BSGE 57, 93). Zumindest muss die Absicht bestehen, an einem bestimmen Ort nicht nur vorübergehend zu verweilen (vgl. u.a. BVerwGE 42, 198 und BVerwG, ZfSH/SGB 2003, 229), d.h. es darf nicht nur ein vorübergehender oder besuchsweiser Aufenthalt vorliegen (vgl. Rabe, a.a.O., Rand-Nrn. 14 und 19); vielmehr ist entscheidend, dass der Betroffene an dem Aufenthaltsort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung begründet und dort letztlich "bis auf weiteres" im Sinne von zukunftsoffen verweilt (vgl. BVerwG, NDV-RD 1999, 73; LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.; Bay. VGH, FEVS 52, 373; Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 98, Rand-Nrn. 46 und 48; Schoch in LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 98, Rand-Nr. 15 sowie Rabe, a.a.O., Rand-Nr. 13), auch wenn später unvorhergesehene Umstände die Aufgabe des Aufenthalts in kürzerer Zeit erfordern (vgl. Hohm, a.a.O. Rand-Nr. 47). Es kommt darauf an, ob sich die Lebensverhältnisse des Betroffenen an dem betreffenden Ort in familiärer, sozialer und beruflicher Hinsicht verfestigen und sich dieser dort zu etablieren vermag. Dafür ist einerseits der Wille des Betroffenen maßgebend, wobei es nicht auf den rechtsgeschäftlichen Willen, sondern den tatsächlich zum Ausdruck kommenden Willen ankommt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. und OVG Rheinland-Pfalz, FEVS 53, 91). Auch eine Betreuung hindert deshalb die eigenständige Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht (vgl. Rabe, a.a.O., Rand-Nr. 15 sowie Hohm, a.a.O., Rand-Nr. 49). Andererseits muss sich der Wille zu einem letztlich zukunftsoffenen Aufenthalt in den tatsächlichen Verhältnissen des Aufenthaltes objektiv niederschlagen. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthaltes im Übrigen sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen. Das Vorhalten einer Wohnung oder das Aufrechterhalten eines Wohnsitzes in melderechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Hinsicht steht der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes an einem anderen Ort nicht entgegen (vgl. Rabe, a.a.O., Rand-Nrn. 13 und 17). Ein zeitlich unbedeutender Aufenthalt von Stunden - Kurzaufenthalt - reicht dagegen für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes regelmäßig nicht aus (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. sowie Wahrendorf, a.a.O., Rand-Nr. 23; ähnlich Bay. VGH, FEVS 52, 373 ff.). Auch durch einen Aufenthalt, der nur wenige Tage währt, wird ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I regelmäßig nicht begründet, wenn er wegen seiner Art des Zwecks nur zu einer flüchtigen Begegnung mit dem Ort führt und der Wille einer nur kurzfristigen Verweildauer erkennbar ist (vgl. Hohm, a.a.O., Rand-Nr. 47 sowie SG Karlsruhe vom 29.01.2009 - S 4 SO 971/08 - (Juris)). Die ständige, ununterbrochene Anwesenheit ist keine Voraussetzung für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes, so dass der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht gleichbedeutend ist mit "nie abwesend" (vgl. Hohm, a.a.O., Rand-Nr. 46 m.w.N.). Dem zufolge endet ein bestehender gewöhnlicher Aufenthalt auch bei Abwesenheit von längerer Dauer jedenfalls dann nicht, wenn die Absicht oder Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Betreffende an den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes zurückkehrt oder gefestigte Beziehungen am Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes aufrecht erhält (vgl. BVerwG, FEVS 51, 145, Bay. VGH, FEVS 52, 373, LSG Nordrhein-Westfalen, FEVS 62, 86 sowie Hohm, a.a.O.). Lässt sich eine Willensbildung im Hinblick auf eine Niederlassungsabsicht nicht feststellen, sind die Dauer des Aufenthalts an einem bestimmen Ort sowie die sonstigen objektiven Merkmale, die zum Zeitpunkt des Ortswechsels vorliegen, ein wichtiges Indiz dafür, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden ist (vgl. Schoch, a.a.O., Rand-Nr. 16). Bei einem vorübergehenden Aufenthalt, der den Erwerb eines gewöhnlichen Aufenthaltes ausschließt, muss es sich neben einer kurzen Aufenthaltsdauer um einen von vornherein bestimmten oder bestimmbaren Aufenthalt handeln. Ist der Leistungsberechtigte unfähig, einen entsprechenden Willen zu äußern und fehlt dementsprechend das subjektive Element zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes, so kann es zur Begründung eines faktischen gewöhnlichen Aufenthalts kommen, weil allein die objektiven Gegebenheiten maßgebend sind (vgl. Hohm, a.a.O., Rand-Nrn. 47 und 49). Auch im Fall des Aufenthalts zwischen zwei stationären Unterbringungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG vom 02.07.2003 - 5 B 211/02 - (juris)) die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts nicht generell ausgeschlossen, sondern kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Unerheblich ist schließlich, ob eine Person den Aufenthaltsort freiwillig wählt oder dieser durch andere bestimmt wird (vgl. Wahrendorf, a.a.O., Rand-Nr. 23 sowie - im Ergebnis - Schoch, a.a.O., Rand-Nr. 17).
c) Orientiert an diesem Prüfungsmaßstab hatte der Hilfeempfänger seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor Beginn des stationären Aufenthaltes im Städtischen Klinikum Ka ... am 04.10.2010 und seinem (Wieder-)Einzug ins F. in Ka ... am 22.11.2010 in He ..., und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Denn er hat sich ab dem 28.08.2010 objektiv und auch subjektiv zukunftsoffen bei seiner "Pflegefamilie" in He ... aufgehalten und seither dort den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse gehabt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Gerichts bereits aus dem Umstand, dass sein Verweilen in der "Pflegefamilie" über insgesamt rund 5 Wochen angedauert hat und der Hilfeempfänger seine ursprüngliche Beurlaubung allein für das Wochenende vom 28.08.2010 auf den 29.08.2010 zunächst mit Zustimmung der Einrichtung bis Ende August 2010 verlängerte und sodann - ohne weitere Rückmeldung beim F. und trotz wiederholter Interventionsversuche sowohl von Mitarbeitern dieser Einrichtung als auch seines rechtlichen Betreuers - bis zum 27.09.2010, mithin weitere 4 Wochen, in He ... verlieb. Dabei gab der Hilfeempfänger gegenüber den Mitarbeitern des F.es nach dessen glaubhafter Auskunft vom 04.10.2010 an, er wolle versuchen, in He ... Fuß zu fassen und dort selbstständig zu leben. Damit hatte der Hilfeempfänger hinreichend deutlich seinen subjektiven Willen zum Ausdruck gebracht, seinen Lebensmittelpunkt von Ka ... nach He ... zu verlegen und sich dort für eine unbestimmte Zeit aufzuhalten. Auch wenn - wie oben bereits angeführt - die bloße Absicht, den Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes - hier: Ka ... - zunächst besuchsweise zu verlassen, noch nicht zur Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes führt, ändert sich die rechtliche Bewertung aber dann, wenn - wie vorliegend - nach dem Verlassen eines Ortes der Entschluss hinzukommt, an den bisherigen Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht mehr zurückzukehren. Dann wird der (neue) gewöhnliche Aufenthalt bereits rückwirkend mit dem Zuzug an den neuen Ort begründet. Dem steht - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht entgegen, dass die subjektive Willensäußerung, in He ... Fuß zu fassen und selbstständig leben zu wollen, möglicherweise durch die Mitglieder der "Pflegefamilie" fremdbestimmt und gesteuert waren (vgl. nochmals Wahrendorf, a.a.O., Rand-Nr. 23 und Schoch, a.a.O., Rand-Nr. 17). Nicht entscheidend ist auch, ob der Hilfeempfänger selbst aufgrund seiner geistigen Behinderung in der Lage war, die rechtlichen Folgen seines Handelns zu überblicken. Denn ein rechtlicher Bindungswille ist für die Aufgabe eines bisherigen und die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes nicht erforderlich.
Für den subjektiven Willen des Hilfeempfängers, seinen Lebensmittelpunkt von Ka ... nach He ... jedenfalls seit Anfang September 2010 zu verlegen, spricht auch dessen nur kurze, offenbar nur wenige Stunden andauernde Anwesenheit und die Vorsprache im F. am 27.09.2010 sowie seine Rückkehr nach He ... noch am selben Abend und das dortige Verweilen bis zum 01.10.2010. Dieser allein vorübergehende Charakter des erneuten Aufenthaltes des Hilfeempfängers in Ka ... für nur wenige Stunden ist von vornherein nicht geeignet, einen gewöhnlichen Aufenthalt in Ka ... wieder zu begründen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. sowie Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 98, Rand-Nr. 48 m.w.N.).
Dem gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfeempfängers zuletzt in He ... stehen auch die Aufnahme und das Verweilen des Hilfeempfängers in der Wohnung seiner Mutter in Ka ... in der Zeit vom 01.10.2010 bis zum 04.10.2010 nicht entgegen. Denn dieser nur drei Tage währende Aufenthalt in der Wohnung seiner Mutter in Ka ... war objektiv wie subjektiv von vornherein auf ein nur vorläufiges vorübergehendes Verweilen im Sinne von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I angelegt gewesen (vgl. insoweit Rabe, a.a.O., Rand-Nr. 19). Nach den glaubhaften Angaben seines Betreuers im Schriftsatz vom 04.10.2010 gegenüber der Klägerin erfolgte der Aufenthalt bei der Mutter nur deswegen, weil der Hilfeempfänger am 01.10.2010, einem Freitag, keine kurzfristige Aufnahme im F. erreichen konnte und auch über das anschließende Wochenende eine Aufnahme dort nicht möglich war. Der Aufenthalt in der Wohnung seiner Mutter diente deshalb von vornherein allein dazu, vorübergehend eine Obdachlosigkeit zu vermeiden. Überdies war ein zukunftsoffener, auf längere Dauer angelegter Aufenthalt in der Wohnung der Mutter des Hilfeempfängers auch wegen eigener Probleme der Mutter nicht möglich.
Da mithin der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Hilfeempfängers vor dem 04.10.2010 in He ... bestand, ist der Beklagte der für die stationären Hilfeleistungen zuständige Sozialhilfeträger.
d) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Hilfeempfänger während seines Aufenthaltes in He ... keine erkennbare Anstrengungen unternommen hatte, eine Unterkunft außerhalb der Wohnung seiner "Pflegefamilie" zu finden und sich auch nicht einwohnermelderechtlich in He ... angemeldet hatte. Denn beides ist für die Annahme oder Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht erforderlich, wie oben bereits dargelegt. Überdies stand dem Hilfeempfänger bei der "Pflegefamilie" ersichtlich eine gegenüber dem F. anderweitige Unterkunft zur Verfügung.
Anders ist auch nicht deshalb zu entscheiden, weil der Hilfeempfänger jedenfalls bis zum 27.09.2010, dem Zeitpunkt der Kündigung des Heimvertrages durch das F., jederzeit die Möglichkeit der Rückkehr in die Einrichtung gehabt hätte und sein Zimmer in dieser Einrichtung bis zu diesem Zeitpunkt für ihn freigehalten wurde. Denn maßgebend für die Änderung des gewöhnlichen Aufenthaltes und dessen Begründung zuletzt in He ... ist die Ende August/Anfang September 2010 von dem Hilfeempfänger gegenüber der Einrichtung geäußerte subjektive Absicht, in He ... Fuß zu fassen und selbstständig leben zu wollen, die der Hilfeempfänger auch objektiv durch seinen rund 5-wöchigen und zukunftsoffenen Aufenthalt bei seiner "Pflegefamilie" umgesetzt hat. Überdies bestand die - theoretische - Rückkehr¬möglichkeit für den Hilfeempfänger auch nur bis zum Zeitpunkt der Kündigung des Heimvertrages. Danach hatte das F. das Zimmer des Hilfeempfängers geräumt und an einen anderen Bewohner vermietet, wie sich aus der Auskunft der Einrichtung vom 16.02.2011 ergibt. Deshalb ist auch nicht rechtserheblich, ob die am 27.09.2010 seitens der Einrichtung ausgesprochene Kündigung des Heimvertrages gegenüber dem Hilfeempfänger selbst angesichts der bestehenden rechtlichen Betreuung rechtswirksam war. Denn maßgebend ist vorliegend allein, an welchem Ort der Hilfeempfänger vor dem 04.10.2010 zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und nicht, ob er rechtlich einen Anspruch auf die Nutzung eines Zimmers in einer fremden Unterkunft hatte.
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass der Hilfeempfänger am 28.08.2010 das F. nur mit einer Sporttasche verlassen hatte, während seine übrigen persönlichen Gegenstände in der Einrichtung verblieben, steht auch dies der Aufgabe des bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes und der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes in He ... nicht entgegen. Denn angesichts seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wie auch seines Gesundheitszustandes dürfte der Kläger kaum über nennenswerte persönliche Gegenstände von erheblichem wirtschaftlichem Wert verfügt haben, die über seine persönliche Bekleidung hinausgehen. Der Verbleib persönlicher Gegenstände in der stationären Einrichtung stellt deshalb weder einen Nachweis noch wenigstens ein Indiz dafür dar, dass der Hilfeempfänger seinen am 28.08.2010 in He ... begonnenen Aufenthalt gerade nicht zukunftsoffen gestalten wollte und gestaltet hat. Denn die eigenen Angaben des Hilfeempfängers gegenüber den Mitarbeitern des F. im Zusammenhang mit seinem erstmaligen Weggang nach He ... Ende August/Anfang September 2010 wie auch die dort verbrachte Zeit von immerhin rund 5 Wochen - vom 28.08.2010 bis zum 01.10.2010 - spricht dafür, hier einen nicht nur vorübergehenden, sondern zukunftsoffenen Aufenthalt anzunehmen. Dementsprechend ist der Aufenthalt des Hilfeempfängers in der Wohnung der "Pflegefamilie" in He ... am 28.08.2010 als gewöhnliche Aufenthaltsnahme im Sinne von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zu beurteilen, die für die Zeit ab dem 01.10.2010 die örtliche Zuständigkeit der Klägerin als Sozialhilfeträgern entfallen ließ.
3) Damit ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die von ihr - vorläufig - erbrachten sozialhilferechtliche Aufwendungen für den Hilfeempfänger in der Zeit vom 01.10.2010 bis zum 23.05.2011 für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.579,92 EUR sowie für die Heimkosten im F. in der Zeit vom 22.11.2010 bis zum 23.05.2011 in Höhe von 19.012,11 EUR zu erstatten. Der Umfang dieses Erstattungsanspruchs ergibt sich aus § 110 SGB XII. Zu weiteren Ermittlungen hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruches bestand kein Anlass, nachdem die Beklagte im Verfahren Einwände insoweit nicht erhoben hat.
Im maßgebenden Zeitpunkt der Klageerhebung am 06.06.2011 war der Anspruch der Klägerin auch nicht verjährt. Denn die Verjährung von Erstattungsansprüchen tritt gem. § 111 Abs. 1 SGB XII erst in vier Jahren, beginnend nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist, ein. Entstanden ist der Erstattungsanspruch in Bezug auf die Aufwendungen der Klägerin in den Jahren 2010 und 2011, so dass Verjährung frühestens zum 31.12.2014 hätte eintreten können.
Schließlich ist auch die Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X), dem zufolge ein Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen ist, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht, eingehalten. Dies hat die Beklagte eingeräumt.
Auf die Frage, ob die Rückgabe des an sie am 05.10.2010 weitergeleiteten Antrags des Hilfeempfängers bzw. dessen Betreuers vom 04.10.2010 an die Klägerin rechtmäßig war und/oder die Beklagte gemäß § 14 des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - verpflichtet gewesen wäre, über diesen Antrag als zweitangegangener Rehabilitationsträger eine eigene Sachentscheidung zu treffen, kommt es nach alledem entscheidungserheblich nicht an.
Aus eben diesen Gründen war dem Begehren der Klägerin stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 161 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Entscheidung über die endgültige Festlegung des Streitwerts ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes. Der Streitwert bemisst sich dabei für die Leistungsklage nach dem konkret von der Klägerin beanspruchten Erstattungsbetrag.
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