S 13 R 2192/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 2192/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die vom BSG entwickelten Grundsätze zur Versicherungspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist aufgrund der entsprechenden Interessenlage auch auf einen mitarbeitenden Kommanditisten anwendbar
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung hinsichtlich seiner im Zeitraum seit 17. September 2013 ausgeübten Tätigkeit als mitarbeitender Kommanditist bei der X GmbH & Co. KG im Streit.

Der Kläger ist seit dem oben genannten Zeitpunkt bei der X GmbH & Co. KG tätig. Die X GmbH & Co. KG wurde durch notariellen Vertrag vom 12. August 2013 gegründet. Der Klä-ger war an der KG als Kommanditist ebenso wie sein Bruder zunächst mit der Einlage von 1.278,22 EUR, ihr Vater mit einer Einlage von 97.443,55 EUR, beteiligt. Zum 9. September 2013 schenkte der Vater des Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen beiden Söhnen jeweils 23.221,77 EUR von seinem Kapitalanteil an der KG. Komplementärin der X GmbH & Co. KG ist die Y VerwaltungsGmbH. Neben dem Kläger sind sein Vater und sein Bruder als Geschäftsführer der Y VerwaltungsGmbH bestellt.

Im Gesellschaftsvertrag ist unter anderem in § 5 geregelt: " So lange die Firma X Fertigung KG alleinige Gesellschafterin der Firma Y Verwaltungs GmbH ist, wird den Kommanditisten im Verhältnis ihrer Beteiligung Vollmacht erteilt, das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der X GmbH auszuüben, soweit der Geschäftsführer gem. § 47 Abs. 4 GmbH Gesetz von der Stimmabgabe ausgeschlossen sein sollte." Gesellschafterbeschlüsse müssen gem. § 8 des Gesellschaftsvertrages mit einfacher Mehrheit abgegeben werden. "Das Stimmrecht richtet sich nach dem Verhältnis der Beteiligung am Festkapital." § 10 des Gesellschaftsvertrages bestimmt: " Für jeden Gesellschafter wird ein Kapitalkonto I, ein bewegliches Beteiligungskonto, ein Darlehenskonto und ein Verlustvortragskonto geführt. ( ) Auf dem Verlustvortragskonto werden die von dem jeweiligen Gesellschafter zu tragenden Verlustanteile verbucht, um die festen Kapitalanteile sowie die beschränkte Haftung der Gesellschafter zu erhalten. Die Gesellschafter sind nicht verpflichtet, zum Ausgleich eines solchen Kontos Einzahlungen in irgendeiner Form zu leisten." Nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftervertrages können die geschäftsführenden Gesellschafter von der KG jeweils ihre sämtlichen Ausgaben und Aufwendungen für die Geschäftsführung erstattet verlangen, sobald die Auflagen und Auf-wendungen entstehen.

Am 23. Oktober 2013 beantragte der Kläger die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Im Zusammenhang mit dem Antrag teilte er der Beklagten mit, er besitze die Verfügungsfreiheit hinsichtlich der Gestaltung seiner Tätigkeit und sei keinerlei Weisungen oder Kontrollen unterworfen. Seine Arbeitszeit gehe weit über die üblichen Arbeitszeiten eines Arbeitnehmers hinaus. Es bestehe kein Gehaltsanspruch und er übe die Tätigkeit für ein eigenes Familienunternehmen aus. Er sei mithin selbstständig tätig.

Mit Anhörungsschreiben vom 13. Dezember 2013 teilte die Beklagte dem Kläger und der Beigeladenen zu Ziff. 1 mit, sie beabsichtigte, einen Bescheid über das Vorliegen einer ab-hängigen Beschäftigung zu erlassen. Nach Gesamtwürdigung der relevanten Tatsachen über-wiegten die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis: es werde für die Tätigkeit eine regelmäßige Vergütung in Höhe von 9.000 EUR pro Monat gezahlt und der Kläger könne kraft seines Anteils an den Kommanditeinlagen keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Er sei lediglich mit 24,5 Prozent beteiligt.

Daraufhin erwiderte der Klägerbevollmächtigte, bei der Vergütung von 9.000 EUR monatlich handle es sich um eine Gewinnvorwegnahme, die nicht als Arbeitslohn besteuert werde. Zu-dem sei die X GmbH & Co. KG eine Familiengesellschaft.

Durch Bescheid vom 4. Februar 2014 stellte die Beklagte fest, die Tätigkeit des Klägers als mitarbeitender Kommanditist bei der Beigeladenen zu Ziff. 1 werde seit dem 17. September 2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Es bestehe somit eine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten auf die Anhörung vom 13. Dezember 2013 hätten nicht zur Änderung der in diesem Schreiben mitgeteilten Ansicht geführt.

Hiergegen erhob der Klägerbevollmächtigte am 3. März 2014 Widerspruch und führte aus, es sei keine vertragliche Regelung zur Zahlung eines festen monatlichen Gehalts getroffen worden. Es werde eine Tätigkeitsvergütung monatlich gezahlt, die aber auf den gesamtwirtschaftlichen Gewinn zu berücksichtigen sei. Der Kläger trage ein Unternehmerrisiko, da er für seinen Anteil in der KG in Höhe von 24,5 Prozent hafte. Zudem plane der Vater zukünftig die Übertragung weiterer Anteile. Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall habe mit Bescheid vom 4. April 2014 gerade keine Pflichtversicherung festgestellt.

Durch Widerspruchbescheid vom 28. Mai 2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Entscheidung des Unfallversicherungsträgers sei für sie nicht bindend.

Am 30. Juni 2014 hat der Klägerbevollmächtigte Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Er trägt zur Begründung vor, es sei kein Geschäftsführerdienstvertrag abgeschlossen worden. Der Kläger erbringe seine Tätigkeit auf Grundlage der familienrechtlichen Verbundenheit und seiner Beteiligung als Kommanditist der KG. Daher sei er nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Bei der Zahlung der monatlichen Vergütung in Höhe von 9.000 EUR handelt es sich um eine Gewinnvorwegnahme, die auf dem Gesellschafterkonto als Entnahme gebucht werde. Im Folgenden werde dann der ihm zustehende Gewinn um die Entnahmen gemindert. Schließlich trage er ein Unternehmensrisiko. So würden die Verlustanteile auf dem Verlustvortragskonto verbucht und künftige Gewinnanteile zunächst zur Auffüllung des Verlustvortragskonto verwandt. Da er bereits nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet sei, sei er zeitlich, örtlich und inhaltlich weisungsfrei. Er kümmere sich um den Bereich Vertrieb, Kalkulation, Marketing und EDV und unterhalte alleine die Kundenkontakte für die Gesellschaft. Es erfolge lediglich eine Abstimmung mit seinen Mitgesellschaftern. Abwesenheits- und Urlaubszeiten teile er einfach mit, eine Genehmigung sei nicht erforderlich.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt,

der Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchbe-scheides vom 28. Mai 2014 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers als mitarbeitender Kommanditist bei der X GmbH & Co. KG nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird und Versiche-rungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2015 ausgeführt, er, sein Bruder und sein Vater seien ihrer jeweiligen Ausbildung und Fachkenntnis entsprechend für einen Bereich des Unternehmens eigenverantwortlich tätig. Es fände jede Woche ein Meeting dieser Personen statt, in welchem die anderen Gesellschafter informiert würden. Jeder bringe die Probleme seines Bereiches vor und man diskutiere, um eine gemeinsame Linie zu finden. Sollte man sich nicht einigen können, was bereits mehrfach passiert sei, werde abgestimmt. Hierbei hätten alle ein gleiches Stimmrecht. Es sei auch schon vorgekommen, dass er von seinem Bruder und seinem Vater bei Problemen aus seinem eigenen Sachbereich überstimmt worden sei. Wichtige Entscheidungen, wie beispielsweise die Anschaffung einer neuen Produktionsmaschine, müssten einstimmig getroffen werden. Feste Arbeitszeiten müsse er nicht einhalten, er habe zwar ein Büro, müsse sich dort aber nicht aufhalten. Er könne auch elektronisch mit Kunden und Mitarbeitern kommunizieren. Längere Abwesenheitszeiten würde er mit seinem Bruder und seinem Vater absprechen. Die monatliche Zahlung von 9.000 EUR sei bis jetzt jeden Monat seinem persönlichen Konto gut geschrieben worden. Es handle sich aber um eine Gewinnvorwegnahme. Der Jahresabschluss für das Jahr 2013 sei noch nicht erfolgt, er habe aber im Jahr 2014 weiterhin 9.000 EUR monatlich erhalten und man habe einen Gewinn erzielen können. Was mit dieser monatlichen Zahlung passieren würde, wenn das Unternehmen keinen Gewinn machen würde, könne er nicht sagen. Ausgleichszahlungen seien aber laut Gesellschaftervertrag nicht zu leisten.

Der Vater des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2015 die Anga-ben des Klägers im Wesentlichen bestätigt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens des Beteiligten wird auf den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakte der Bekl. sowie den der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Feb-ruar 2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist zu Recht hinsichtlich seiner Tätigkeit als mitarbeitender Kommanditist bei der Beigeladenen zu Ziff. 1 von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen und hat die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ist eine Beschäftigung die nicht-selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, Rn. 15 nach juris).

Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG zunächst das Ver-tragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus der von ihnen getroffenen Vereinbarung ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ur-sprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von der Vereinbarung abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung danach so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 17).

Die bezogen auf einen Gesellschafter-Geschäftsführer entwickelte Rechtsprechung ist wegen der vergleichbaren Interessenlage im Ausgangspunkt auch auf Kommanditisten bei Kommanditgesellschaften entsprechend heranzuziehen, zumal wenn - wie im vorliegenden Fall - Komplementärin der KG eine GmbH ist, an der die Kommanditisten beteiligt sind. (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. September 2013, L 2 R 597/10, Rn. 67 nach juris) Das BSG hat hinsichtlich eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH folgende Grundsätze entwickelt:

Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann. Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann. Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelfallumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm nicht genehme Beschlüsse und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäft nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in der von ihm selbst gegebenen Ordnung des Betriebes einfügt (vgl. BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, Rn. 23 nach juris). Bei Fremdgeschäftsführern, also nicht am Gesellschaftskapital beteiligten Geschäftsführern, hat das BSG regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die eine Weisungsgebundenheit gegenüber den Gesellschaftern im Einzelfall aufheben. In glei-cher Weise muss aber auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, je-doch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen, für den Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen werden. Eine abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (vgl. BSG, U.v. 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N., U.v. 4. Juli 2007, B 11a AL 5/06 R, jeweils m.w.N.), der Geschäftsführer könne vielmehr die Gesellschaft faktisch wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führen (vgl. BSG, U.v. 18. Dezember 2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20).

Das BSG hat in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (vgl. BSG, Urteile vom 10. Mai 2007, B 7 a AL 8/06 und vom 17. Dezember 2002, B 7 AL 34/02 R, jeweils in juris veröffentlicht). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer nichtabhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann z.B. bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z.B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987, 7 RAR 25/86, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbun-denheit zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39 f.; 17, 1, 7 f.; 74, 275, 278 f.; BSG SozR 2200 § 165 Nr 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr 11).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Gericht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu der Auffassung gelangt, dass vorliegend der Kläger seine Tätigkeit als mitarbeitender Kommanditist im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausübt.

Ein Maßgebliches Kriterium ist hierfür zunächst die an ihn gezahlte monatliche Vergütung in Höhe von 9.000 EUR. Damit besteht für den Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu Ziff. 1 ein nur geringes Unternehmerrisiko. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, m.w.N., Rn. 27 nach juris) ist entscheidend für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Soweit der Kläger überhaupt ein wirtschaftliches Risiko insoweit trägt, als er über seinen Geschäftsanteil in Höhe von 24,5 Prozent entsprechend an Gewinn und Verlust der KG beteiligt ist, wird dies durch die Gewährung eines monatlichen Festgehalts in Höhe von 9.000 Euro aufgewogen, da er Gehalt unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu Ziff. 1 beanspruchen kann. Denn vorliegend ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass es sich bei den monatlichen Zahlungen tatsächlich um eine vorweggenommene Gewinnentnahme handelt. Dies wäre nach Ansicht des Gericht nur der Fall, wenn der Kläger im Falle des Verlustes die an ihn geleisteten Zahlungen auch tatsächlich an das Unternehmen zurückzahlen müsste. Eine solche Ausgleichspflicht ist nach § 10 des Gesellschaftsvertrages aber gerade ausdrücklich ausgeschlossen. Alleine die Gefahr, dass im nächsten Geschäftsjahr eine geringere Zahlung geleistet wird, wenn das Unternehmen weniger Gewinn erzielt hat als beabsichtigt, genügt nicht um ein Unternehmensrisiko zu begründen. Weder der Kläger noch sein Vater haben dem Gericht darlegen können, wie sich ein Verlustes auf diese monatliche Zahlung auswirken würde. Wenn es sich aber tatsächlich, wie der Klägerbevollmächtigte vorträgt, um eine reine Gewinnvorwegnahme handeln würde, hätte es hierzu eine ausdrückliche Vereinbarung unter den Gesellschaftern benötigt. Denn in § 7 Abs. 2 des Ge-sellschaftsvertrages ist gerade entgegen des Vortrages eine ausdrückliche Regelung hinsicht-lich einer Aufwandsentschädigungsanspruch der Gesellschafter getroffen worden und zwar unabhängig von einem Gewinn bzw. Verlust des Unternehmens. Mangels fehlender Verein-barung ist daher nicht davon auszugehen, dass in einem Verlustfall der Kläger, sein Vater und sein Bruder ohne Aufwandentschädigung weiter tätig werden würden, zumal § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages eine solche Aufwandentschädigung der Gesellschafter gerade vorsieht. Damit setzt er seine eigene Arbeitskraft nicht mit der Gefahr ein, diese nicht vergütet zu bekommen.

Weiter spricht für eine abhängige Beschäftigung des Klägers die fehlenden Möglichkeit ihm unangenehme Weisungen zu verhindern. Er verfügt lediglich über einen Anteil von 24,5 Pro-zent an der KG, so dass er über seine Beteiligung keinen maßgeblichen Einfluss auf die Ge-schicke der Gesellschaft hat. Ein maßgeblicher Einfluss liegt regelmäßig dann vor, wenn der Kommanditist einen Anteil von mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehat und damit Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann (vgl. BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 mwN). Der Kläger verfügt auch nicht über eine Sperrminorität, um ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern, was die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließen würde (vgl. BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Da die übrigen Gesellschafter zusammen 74,5 v.H. der Geschäftsanteile halten, haben sie zusammen die Rechtsmacht zu Einzelweisungen an den Kläger, die dieser aufgrund seiner Gesellschafterrechte nicht verhindern kann, sodass die für ein Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit von dem willensbildenden Organ der Beigeladenen zu Ziff. 1 besteht. Denn nach § 8 des Gesellschaftsvertrages richtet sich das Stimmrecht sich nach dem Verhältnis der Beteiligung am Festkapital.

Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten liegen keine einzelfallbezogenen Um-stände vor, die abweichend vom Regelfall seine Bindung an das willensbildende Organ der Beigeladenen zu Ziff. 1, d.h. die Gesamtheit der Gesellschafter ausschließen und damit einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Abhängigkeit von der Beigeladenen zu Ziff. 1 entgegenstehen. Bei mitarbeitenden Kommanditisten ist wie bei Gesellschafter-Geschäftsführern, die weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügen, im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 8). Solche besonderen Umstände sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere dann angenommen worden, wenn die übrigen Gesellschafter tatsächlich ihre Gesellschafterrechte nicht wahrgenommen und in keiner Weise in die Betriebsführung eingegriffen haben und der Geschäftsführer wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken geführt hat, d.h. schalten und walten konnte, wie er wollte. Ein derartig beherrschender Einfluss ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung teilweise bei Geschäftsführern in Familiengesellschaften bejaht worden, wenn der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden war, die Geschäftsführertätigkeit durch familienhafte Rücksichtnahme geprägt war und es an der Ausübung der Gesellschafterrechte durch die Gesellschafter völlig mangelte (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, Rn. 23 nach juris).

Der Kläger trägt bereits selbst vor, seine Aufgabe im Einvernehmen mit den Mitgesellschaf-tern auszuüben. Dies bedeutet aber, dass er nicht nach eigenem Gutdünken walten und schal-ten kann, sondern sich zuvor mit seinen Mitgesellschaftern abstimmen muss und dies in der Praxis auch tut. Er hat selbst dargelegt, sich wöchentlich mit seinem Bruder und seinem Vater auszutauschen um eine gemeinsame Linie zu finden. Im Konfliktfall entscheidet eine Abstimmung mit einfacher Stimmenmehrheit. Dies haben der Kläger und seine Mitgesellschafter in der Vergangenheit bereits praktiziert, mitunter musste er sich sogar in seinem eigenen Verantwortungsbereich den Entscheidungen seines Vaters und Bruder beugen. Dies zeigt, dass er keinesfalls nach eigenem Gutdünken schalten und walten kann, sondern vielmehr eine enge Abstimmung zwischen den Gesellschaftern stattfindet. Zudem sind bei größeren Anschaffungen und sonstigen wichtigen strategischen Entscheidungen einstimmige Entscheidungen der Mitgesellschafter erforderlich.

Von einer besonderen familiären Rücksichtnahme unter den Gesellschaftern ist das Gericht ebenfalls nicht überzeugt. Sowohl der Kläger als auch sein Vater haben ausgeführt, die Ent-scheidungen zum Wohle des Unternehmens auch gegen die Meinung eines Mitgesellschafters und damit Familienmitglieds zu treffen. Daher finden im Konfliktfall auch Abstimmungen statt. Hierbei kommt zum Ausdruck, dass keiner der Mitgesellschafter und insbesondere nicht der Kläger Entscheidungen gegen den Willen der übrigen Familienmitglieder durchsetzen kann.

Der Kläger ist auch in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu Ziff. 1 eingebunden. Er führt die Geschäfte in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen, den Vorgaben des Gesellschaftervertrages sowie den mündlichen Vereinbarungen hinsichtlich seiner Tätig-keit als mitarbeitender Kommanditist. Auch wenn die Beteiligten keine Vereinbarungen über die Arbeitszeiten des Klägers getroffen haben, so bestehen doch zumindest Vereinbarungen hinsichtlich der Aufteilung der Geschäftsbereiche. Dem Kläger sind ganz bestimmte Aufgaben in dem Unternehmen zugewiesen, die von ihm auch zu erfüllen sind. Diese Bereitschaft hat er den übrigen Gesellschaftern zumindest im Rahmen einer mündlichen Vereinbarung signalisiert, anderenfalls hätten die übrigen Gesellschafter diese Aufgaben an einen Dritten vergeben müssen. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten beruht diese Bereitschaft des Klägers nicht nur auf familiärer Verbundenheit und seiner Stellung als Anteilsinhaber. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass die Mitgesellschafter zumindest mündlich die Aufgaben dem Kläger übertragen haben und er diese aus der Verpflichtung gegenüber den übrigen Gesellschaftern und dem Unternehmen erfüllt. Denn es erscheint unwahrscheinlich, dass die Gesellschafter sich gegenseitig Aufgaben in wichtigen Bereichen des Unternehmens übertragen, ohne die Verpflichtung übernehmen zu wollen, diese Aufgaben auch tatsächlich auszuüben und hierzu verpflichtet zu sein. Eine solche Betrachtung ist lebensfremd. Daher ist davon auszugehen, dass sowohl der Kläger als auch die Organe der Gesellschaft den übereinstimmenden Willen gebildet haben, dass er für die Gesellschaft tätig wird und hierzu auch verpflichtet sein soll.

Zudem ist der Kläger nicht alleiniger Geschäftsführer. Neben ihm sind noch sein Bruder und sein Vater für die Komplementärin der Beigeladene tätig. In den ihnen zugewiesenen Aufga-benbereichen sind die einzelnen Geschäftsführer in ihrer Handlungsfreiheit im Wesentlichen nicht eingeschränkt. Jedoch findet ein regelmäßiger Austausch der Geschäftsführer statt, die dem Informationsaustausch dient, bei der aber auch Schwierigkeiten in den Aufgabenberei-chen der einzelnen Geschäftsführer besprochen und Entscheidungen über größere Investitio-nen oder Einstellungen von Personal getroffen werden. Die dem Kläger in seinem Aufgaben-bereich eingeräumte und in der praktischen Umsetzung vorhandene Handlungsfreiheit kann eine Selbstständigkeit im Rechtssinne nicht rechtfertigen. Dies gilt schon deshalb, weil sich die Handlungsfreiheit des Klägers von vornherein nur auf bestimmte, wenn auch wirtschaft-lich bedeutende Geschäftsbereiche der Beigeladenen bezieht. Im Übrigen ist die Wahrneh-mung von Handlungsfreiheiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Sie werden dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, Rd. 22 nach juris). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (vgl. BSGE 65, 113, 116). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen. Darüber hinaus ist das Gericht auch davon überzeugt, dass der Kläger im Übrigen in die Betriebsorganisation eingebunden ist, da er üblicherweise seine Arbeitsleistung vor Ort in den von der Beigeladenen zu Ziff. 1 zur Verfügung gestellten Räumen erbringt und zu den üblichen Arbeitszeiten für die übrigen Mitarbeiter und insbesondere die Kunden dort ansprechbar ist. Wenn er im Übrigen vorträgt, nicht an be-stimmte Arbeitszeiten gebunden zu sein und diese frei einteilen zu können, unterscheidet sich dies nicht wesentlich von den weitreichenden Befugnissen eines "leitenden Angestellten". Nicht entscheidend ist dabei zudem, dass er nach eigener Aussage höhere Arbeitszeiten abzuleisten hat, als ein durchschnittlicher Mitarbeiter. Auch dies dürfte für einen leitenden Angestellten nicht unüblich sein.

Das vorgesehene Alleinvertretungsrecht und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sind bei einer kleineren Gesellschaft nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit hin (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1).

Im Ergebnis überwiegen für das Gericht die Gesichtspunkte für eine abhängige Beschäfti-gung. Die angefochtenen Bescheide erweisen sich als rechtmäßig. Demgemäß war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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