Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 10 SF 100/09 E
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
In einem Verfahren, das eine unstreitige Erledigung gefunden hat, kommt, wenn kein Kostengrundanerkenntnis abgegeben wurde, eine Verzinsung der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten trotz eines zuvor gestellten Antrages auf Verzinsung erst ab dem Tag nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung, durch welche dem Grunde nach über die Kostentragung entschieden wurde, an den zur Kostentragung Verpflichteten in Betracht, weil erst mit der Zustellung an diesen ein fälliger und ihm gegenüber wirksamer Anspruch besteht.
Auf die Erinnerung der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel vom 15. April 2009 wird dieser insoweit abgeändert, als der festgesetzte Betrag in Höhe von 345,10 Euro seit dem 28. Oktober 2008 (Tag nach Zustellung der unanfechtbaren Kostengrundentscheidung vom 20. Oktober 2008 an die Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin) mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist.
Gründe:
I.
Im Streit steht einzig der Zeitpunkt, ab welchem der durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. April 2009 festgesetzte Betrag in Höhe von 345,10 Euro zu verzinsen ist.
In dem diesem Erinnerungsverfahren zugrundeliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Aktenzeichen S xx AS xx/xx ER beantragte der Antragsteller und Erinnerungsgegner mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31. August 2007, die Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm unverzüglich Arbeitslosengeld II-Leistungen in ungekürzter Höhe ab 1. September 2007 zu gewähren. Dem Antragsbegehren entsprach die Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin durch Bescheid vom 2007. Sie verwahrte sich gegen die Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach (Schreiben vom 03.09.2007, Bl. 17 im Verfahren S xx AS xx/xx ER). Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsgegners mit Schreiben vom 11. September 2007 wörtlich: "I. Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz wird aufgrund des Anerkenntnisses der Antragsgegnerin zurückgenommen. II. Gleichzeitig wird um Kostenentscheidung und Erlass des beigefügten Kostenfestsetzungsbeschlusses gebeten" (vgl. Bl. 31 im Verfahren S xx AS xx/xx ER).
In der Folge erkundigte sich der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsgegners mit Schreiben vom 2. Oktober 2007, 15. Januar 2008, 5. März 2008, 3. Juni 2008 sowie 6. Oktober 2008 nach dem Sachstand hinsichtlich der Kostengrundentscheidung/Kostenfestsetzung.
Durch Beschluss vom 20. Oktober 2008 wurde der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin auferlegt, dem Antragsteller und Erinnerungsgegner "seine Kosten zu erstatten". Wegen der Gründe wird verwiesen auf den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 20. Oktober 2008 (Bl. 57 im Verfahren S xx AS xx/xx ER). Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers und Erinnerungsgegners am 22. Oktober 2008, der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin am 27. Oktober 2008 zugestellt (Bl. 65/66 im Verfahren S xx AS xx/xx ER). Bereits mit Schreiben vom 11. September 2007 hatte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsgegners Kostenfestsetzung in Höhe von 773,50 Euro beantragt (Bl. 63 im Verfahren S xx AS xx/xx ER).
Mit Beschluss vom 15. April 2009 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel "auf Antrag der Beteiligten die von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu erstattenden außergerichtlichen Kosten [ ] auf 345,10 Euro [fest]." Zudem enthielt der Tenor den Ausspruch, dass " [d]er Betrag [ ] seit dem 13.09.2007 (Antragseingang bei Gericht) mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen [ist]." Wegen der Begründung des Beschlusses wird verwiesen auf Blatt 77 ff. des Verfahrens S xx AS xx/xx ER.
Gegen den zuletzt genannten Beschluss hat die Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin mit Schreiben vom 4. Mai 2009, bei Gericht eingegangen am 6. Mai 2009, Erinnerung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, ein Zinsanspruch bestehe nicht für den Zeitraum vom 13. September 2007 bis 27. Oktober 2008. Zinsen seien grundsätzlich auf Antrag zuzusprechen, allerdings nicht für Zeiten, bevor der Kostenerstattungsanspruch überhaupt entstanden und Fälligkeit eingetreten sei. Vorliegend sei der Kostenerstattungsanspruch erst mit Zustellung der gerichtlichen Kostenentscheidung vom 20. Oktober 2008 am 27. Oktober 2008 entstanden und fällig geworden. Vor Zustellung der gerichtlichen Kostenentscheidung sei vollends unklar gewesen, ob überhaupt Kosten zu erstatten seien. Fristbeginn für den Zinsanspruch sei nach § 187 BGB der 28. Oktober 2008.
Auf Nachfrage der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsgegners mit Schreiben vom 24. Juni 2009 mit, dass Verzinsung ab Eingang des Antrages auf Kostenfestsetzung bei Gericht beantragt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den angefochtenen Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel vom 15. April 2009, den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 20. Oktober 2008, den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogene Gerichtsakte des diesem Erinnerungsverfahren zugrundeliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Aktenzeichen S xx AS xx/xx ER verwiesen.
II.
Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung ist begründet.
Nach § 197 Abs. 1 Satz 1 SGG setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Nach § 193 Abs. 2 SGG sind die Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die gesetzlichen Gebühren und die notwendigen Auslagen eines Rechtsanwaltes oder eines Rechtsbeistandes sind nach § 193 Abs. 3 SGG stets erstattungsfähig. Dabei richtet sich die Bemessung von Gebühren für eine anwaltliche Tätigkeit nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Da die gesetzliche Vergütung zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehört, wird sie auf Antrag des Rechtsanwaltes oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgesetzt (§ 11 Abs. 1 Satz 1 RVG), wobei die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend gelten (§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG). Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Variante 3 RVG wird in den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Hier findet § 197 Abs. 1, Abs. 2 SGG Anwendung, weil gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend gelten.
Darüber hinaus spricht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gemäß § 197 Abs. 1 Satz 2 SGG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) aus, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Kostenfestsetzungsantrages, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind.
Bei der Entscheidung über die Erinnerung kann das Gericht die Festsetzung in vollem Umfang überprüfen und nach eigenem Ermessen entscheiden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, § 197 SGG, Rn. 10).
Vorliegend ist ausschließlich streitig, für welchen Zeitraum die Verzinsung gemäß § 197 Abs. 1 Satz 2 SGG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO auszusprechen ist.
Nach Überzeugung des Gerichts kommt entgegen der Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel eine Verzinsung erst ab dem 28. Oktober 2008 (Tag nach Zustellung des Beschlusses über die Kostentragung vom 20.10.2008) in Betracht.
Der Zinsanspruch des Kostenerstattungsberichtigten folgt aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Maßgeblicher Zeitpunkt ist danach für den Beginn grundsätzlich der Eingang des Kostenfestsetzungsgesuchs bei Gericht. Dies wäre vorliegend der 13. September 2007. Der Zinsanspruch wird durch Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs materiellrechtlich begründet (OLG VK., NJW 1961, S. 465; KG, Beschluss vom 02.02.1967, NJW 1967, S. 1569; Thomas/Putzo, ZPO, § 104, Rn. 16). In dem Beschluss vom 2. Februar 1967 führt das KG weiter aus: "Daraus folgt aber, dass der Zinsanspruch nur auf Grund eines Gesuches entsteht, mit dem der Kostenerstattungsanspruch wirksam geltend gemacht wird. Der Zinsanspruch unterliegt deshalb den gleichen Voraussetzungen, die für die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruches selbst bestehen. Diese Voraussetzungen sind in § 103 Abs. 1 ZPO geregelt. Ein Zinsanspruch entsteht damit erst, wenn ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt." Insofern müssen demnach die Voraussetzungen für die Kostenfestsetzung vorliegen, und zudem muss der Kostenerstattungsanspruch fällig sein (Thomas/Putzo, ZPO, a.a.O.). Nach herrschender Meinung besteht der prozessuale Kostenerstattungsanspruch bereits mit Begründung des Prozessrechtsverhältnisses, das heißt mit Rechtshängigkeit, und zwar unter der aufschiebenden Bedingung einer gerichtlichen Entscheidung, wonach der Gegner die Kosten trägt (vgl. Münchner Kommentar zur ZPO, Band 1, Vorbemerkung zu den §§ 91 ff., Rn. 15, Thomas/Putzo, ZPO, Vorbemerkung § 91, Rn. 9; Zöller, ZPO, § 104, Rn. 6). Fällig wird der prozessuale Kostenerstattungsanspruch jedoch erst mit Erlass der Kostengrundentscheidung (Münchner Kommentar zur ZPO, a.a.O.; Zöller, ZPO, a.a.O.). Bei Beschlüssen, die nicht auf Grund mündlicher Verhandlung ergehen, wird die Verkündung durch Zustellung ersetzt, § 133 Abs. 1 Satz 2 SGG. Mit diesem Zeitpunkt wird der Beschluss regelmäßig wirksam.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin erst am 27. Oktober 2008 wirksam wurde. Denn erst an diesem Tag wurde die durch unanfechtbaren Beschluss vom 20. Oktober 2008 getroffene und damit fällig gewordene Kostengrundentscheidung des Gerichts dieser mit Empfangsbekenntnis zugestellt. Eine Gewährung von Zinsen für einen davor liegenden Zeitraum kommt dagegen nicht in Betracht, weil dies einer Zinsgewährung ohne wirksamen Rechtsgrund gleichkäme, der jedenfalls erst mit Wegfall der Bedingung durch Erlass der Kostengrundentscheidung am 20. Oktober 2008 wirksam eingetreten und fällig und mit Zustellung am 27. Oktober 2008 gegenüber der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin wirksam wurde. Zinsbeginn ist der 28. Oktober 2008, weil der Beschluss am 27. Oktober zugestellt wurde und § 187 BGB hier für die Bestimmung des Fristbeginns analoge Anwendung findet (zur analogen Anwendbarkeit für Prozesszinsen gemäß § 291 BGB: BGH, Urteil vom 24.1.1990, Az.: VIII ZR 296/88, Rn. 25, zitiert nach juris).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, a.a.O.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, a.a.O.).
Gründe:
I.
Im Streit steht einzig der Zeitpunkt, ab welchem der durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. April 2009 festgesetzte Betrag in Höhe von 345,10 Euro zu verzinsen ist.
In dem diesem Erinnerungsverfahren zugrundeliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Aktenzeichen S xx AS xx/xx ER beantragte der Antragsteller und Erinnerungsgegner mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31. August 2007, die Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm unverzüglich Arbeitslosengeld II-Leistungen in ungekürzter Höhe ab 1. September 2007 zu gewähren. Dem Antragsbegehren entsprach die Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin durch Bescheid vom 2007. Sie verwahrte sich gegen die Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach (Schreiben vom 03.09.2007, Bl. 17 im Verfahren S xx AS xx/xx ER). Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsgegners mit Schreiben vom 11. September 2007 wörtlich: "I. Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz wird aufgrund des Anerkenntnisses der Antragsgegnerin zurückgenommen. II. Gleichzeitig wird um Kostenentscheidung und Erlass des beigefügten Kostenfestsetzungsbeschlusses gebeten" (vgl. Bl. 31 im Verfahren S xx AS xx/xx ER).
In der Folge erkundigte sich der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsgegners mit Schreiben vom 2. Oktober 2007, 15. Januar 2008, 5. März 2008, 3. Juni 2008 sowie 6. Oktober 2008 nach dem Sachstand hinsichtlich der Kostengrundentscheidung/Kostenfestsetzung.
Durch Beschluss vom 20. Oktober 2008 wurde der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin auferlegt, dem Antragsteller und Erinnerungsgegner "seine Kosten zu erstatten". Wegen der Gründe wird verwiesen auf den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 20. Oktober 2008 (Bl. 57 im Verfahren S xx AS xx/xx ER). Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers und Erinnerungsgegners am 22. Oktober 2008, der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin am 27. Oktober 2008 zugestellt (Bl. 65/66 im Verfahren S xx AS xx/xx ER). Bereits mit Schreiben vom 11. September 2007 hatte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsgegners Kostenfestsetzung in Höhe von 773,50 Euro beantragt (Bl. 63 im Verfahren S xx AS xx/xx ER).
Mit Beschluss vom 15. April 2009 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel "auf Antrag der Beteiligten die von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu erstattenden außergerichtlichen Kosten [ ] auf 345,10 Euro [fest]." Zudem enthielt der Tenor den Ausspruch, dass " [d]er Betrag [ ] seit dem 13.09.2007 (Antragseingang bei Gericht) mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen [ist]." Wegen der Begründung des Beschlusses wird verwiesen auf Blatt 77 ff. des Verfahrens S xx AS xx/xx ER.
Gegen den zuletzt genannten Beschluss hat die Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin mit Schreiben vom 4. Mai 2009, bei Gericht eingegangen am 6. Mai 2009, Erinnerung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, ein Zinsanspruch bestehe nicht für den Zeitraum vom 13. September 2007 bis 27. Oktober 2008. Zinsen seien grundsätzlich auf Antrag zuzusprechen, allerdings nicht für Zeiten, bevor der Kostenerstattungsanspruch überhaupt entstanden und Fälligkeit eingetreten sei. Vorliegend sei der Kostenerstattungsanspruch erst mit Zustellung der gerichtlichen Kostenentscheidung vom 20. Oktober 2008 am 27. Oktober 2008 entstanden und fällig geworden. Vor Zustellung der gerichtlichen Kostenentscheidung sei vollends unklar gewesen, ob überhaupt Kosten zu erstatten seien. Fristbeginn für den Zinsanspruch sei nach § 187 BGB der 28. Oktober 2008.
Auf Nachfrage der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsgegners mit Schreiben vom 24. Juni 2009 mit, dass Verzinsung ab Eingang des Antrages auf Kostenfestsetzung bei Gericht beantragt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den angefochtenen Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel vom 15. April 2009, den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 20. Oktober 2008, den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogene Gerichtsakte des diesem Erinnerungsverfahren zugrundeliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Aktenzeichen S xx AS xx/xx ER verwiesen.
II.
Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung ist begründet.
Nach § 197 Abs. 1 Satz 1 SGG setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Nach § 193 Abs. 2 SGG sind die Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die gesetzlichen Gebühren und die notwendigen Auslagen eines Rechtsanwaltes oder eines Rechtsbeistandes sind nach § 193 Abs. 3 SGG stets erstattungsfähig. Dabei richtet sich die Bemessung von Gebühren für eine anwaltliche Tätigkeit nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Da die gesetzliche Vergütung zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehört, wird sie auf Antrag des Rechtsanwaltes oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgesetzt (§ 11 Abs. 1 Satz 1 RVG), wobei die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend gelten (§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG). Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Variante 3 RVG wird in den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Hier findet § 197 Abs. 1, Abs. 2 SGG Anwendung, weil gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend gelten.
Darüber hinaus spricht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gemäß § 197 Abs. 1 Satz 2 SGG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) aus, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Kostenfestsetzungsantrages, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind.
Bei der Entscheidung über die Erinnerung kann das Gericht die Festsetzung in vollem Umfang überprüfen und nach eigenem Ermessen entscheiden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, § 197 SGG, Rn. 10).
Vorliegend ist ausschließlich streitig, für welchen Zeitraum die Verzinsung gemäß § 197 Abs. 1 Satz 2 SGG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO auszusprechen ist.
Nach Überzeugung des Gerichts kommt entgegen der Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Kassel eine Verzinsung erst ab dem 28. Oktober 2008 (Tag nach Zustellung des Beschlusses über die Kostentragung vom 20.10.2008) in Betracht.
Der Zinsanspruch des Kostenerstattungsberichtigten folgt aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Maßgeblicher Zeitpunkt ist danach für den Beginn grundsätzlich der Eingang des Kostenfestsetzungsgesuchs bei Gericht. Dies wäre vorliegend der 13. September 2007. Der Zinsanspruch wird durch Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs materiellrechtlich begründet (OLG VK., NJW 1961, S. 465; KG, Beschluss vom 02.02.1967, NJW 1967, S. 1569; Thomas/Putzo, ZPO, § 104, Rn. 16). In dem Beschluss vom 2. Februar 1967 führt das KG weiter aus: "Daraus folgt aber, dass der Zinsanspruch nur auf Grund eines Gesuches entsteht, mit dem der Kostenerstattungsanspruch wirksam geltend gemacht wird. Der Zinsanspruch unterliegt deshalb den gleichen Voraussetzungen, die für die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruches selbst bestehen. Diese Voraussetzungen sind in § 103 Abs. 1 ZPO geregelt. Ein Zinsanspruch entsteht damit erst, wenn ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt." Insofern müssen demnach die Voraussetzungen für die Kostenfestsetzung vorliegen, und zudem muss der Kostenerstattungsanspruch fällig sein (Thomas/Putzo, ZPO, a.a.O.). Nach herrschender Meinung besteht der prozessuale Kostenerstattungsanspruch bereits mit Begründung des Prozessrechtsverhältnisses, das heißt mit Rechtshängigkeit, und zwar unter der aufschiebenden Bedingung einer gerichtlichen Entscheidung, wonach der Gegner die Kosten trägt (vgl. Münchner Kommentar zur ZPO, Band 1, Vorbemerkung zu den §§ 91 ff., Rn. 15, Thomas/Putzo, ZPO, Vorbemerkung § 91, Rn. 9; Zöller, ZPO, § 104, Rn. 6). Fällig wird der prozessuale Kostenerstattungsanspruch jedoch erst mit Erlass der Kostengrundentscheidung (Münchner Kommentar zur ZPO, a.a.O.; Zöller, ZPO, a.a.O.). Bei Beschlüssen, die nicht auf Grund mündlicher Verhandlung ergehen, wird die Verkündung durch Zustellung ersetzt, § 133 Abs. 1 Satz 2 SGG. Mit diesem Zeitpunkt wird der Beschluss regelmäßig wirksam.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin erst am 27. Oktober 2008 wirksam wurde. Denn erst an diesem Tag wurde die durch unanfechtbaren Beschluss vom 20. Oktober 2008 getroffene und damit fällig gewordene Kostengrundentscheidung des Gerichts dieser mit Empfangsbekenntnis zugestellt. Eine Gewährung von Zinsen für einen davor liegenden Zeitraum kommt dagegen nicht in Betracht, weil dies einer Zinsgewährung ohne wirksamen Rechtsgrund gleichkäme, der jedenfalls erst mit Wegfall der Bedingung durch Erlass der Kostengrundentscheidung am 20. Oktober 2008 wirksam eingetreten und fällig und mit Zustellung am 27. Oktober 2008 gegenüber der Antragsgegnerin und Erinnerungsführerin wirksam wurde. Zinsbeginn ist der 28. Oktober 2008, weil der Beschluss am 27. Oktober zugestellt wurde und § 187 BGB hier für die Bestimmung des Fristbeginns analoge Anwendung findet (zur analogen Anwendbarkeit für Prozesszinsen gemäß § 291 BGB: BGH, Urteil vom 24.1.1990, Az.: VIII ZR 296/88, Rn. 25, zitiert nach juris).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, a.a.O.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, a.a.O.).
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