Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 10 SF 26/12 K
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Das Antragsrecht nach § 4 Abs. 1 JVEG ist an keine Frist gebunden.
2. Das Rechtsinstitut der Verwirkung findet auch im Kostenrecht Anwendung.
3. Ein Anspruch auf höhere Sachverständigenvergütung, als sie vom Kostenbeamten festgestellt wurde, ist nach Ablauf von sieben Jahren jedenfalls dann – unabhängig von einer Verjährung – verwirkt, wenn das zuständige Obergericht, dessen Entscheidung der Sachverständige abwarten wollte, die strittige Rechtsfrage vor mehr als einem Jahr entschieden hat.
2. Das Rechtsinstitut der Verwirkung findet auch im Kostenrecht Anwendung.
3. Ein Anspruch auf höhere Sachverständigenvergütung, als sie vom Kostenbeamten festgestellt wurde, ist nach Ablauf von sieben Jahren jedenfalls dann – unabhängig von einer Verjährung – verwirkt, wenn das zuständige Obergericht, dessen Entscheidung der Sachverständige abwarten wollte, die strittige Rechtsfrage vor mehr als einem Jahr entschieden hat.
1. Die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten im Verfahren S 14 SB 384/04 wird auf 874,74 EUR festgesetzt.
2. Kosten werden nicht erstattet.
3. Dieses Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Antragsstellers auf Vergütung des Sachverständigengutachtens vom 19.08.2004 zum Verfahren S 14 SB 384/04.
Mit Beweisanordnung vom 16.07.2004 wurde der Antragsteller mit der Begutachtung des Klägers im Verfahrens S 14 SB 384/04 beauftragt. Das Gutachten sollte dem Gericht dreifach übersandt werden.
Der Antragsteller legte sein 22 Seiten umfassendes Gutachten vom 19.08.2004 dem Gericht am 24.09.2004 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Ausgangsverfahren am 19.08.2004 vor.
Am 21.09.2004 berechnete der Sachverständige dem Gericht insgesamt 901,75 EUR für das Gutachten. Unter anderem berücksichtigte er 15,56 EUR zzgl. Umsatzsteuer für die Tätigkeit einer Hilfskraft für die "organisatorische Vorbereitung der Begutachtung, Terminvereinbarung, Postversand des Gutachtens (Frau B.)" sowie einen Hilfskräftezuschlag in Höhe von 15 % gem. § 12 Abs. 2 JVEG. Dies entspricht einem Betrag von 2,33 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Der Antragsteller berechnete weiterhin 27,40 EUR Kopierkosten; dabei ging er von 66 erstattungsfähigen Kopien aus.
Mit Schreiben vom 22.11.2004 erinnerte der Antragsteller an den Ausgleich seiner Rechnung.
Mit Schreiben vom 07.12.2004 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Antragsteller darauf hin, dass die Kosten für eine Hilfskraft sowie der begehrte Zuschlag grundsätzlich mit dem Honorarsatz abgegolten seien. Er erläuterte seine Rechtsansicht.
Der Antragssteller erwiderte mit Schriftsatz vom 13.01.2005 und wies darauf hin, dass die Kosten für die Hilfskraft nebst des begehrten Zuschlages auf der Basis einer Beratung durch den Vorsitzenden eines Kostensenats verlangt würde. Der Antragsteller begründete seine Meinung ausführlich. Die Kosten für die Hilfskraft seien auf 15,30 EUR zu korrigieren, der Zuschlag entsprechend anzupassen.
Am 27.01.2005 setzte der Urkundsbeamte – unter Berücksichtigung der korrigierten Rechnung – den Vergütungsanspruch des Antragstellers auf 874,74 EUR fest. Dabei berücksichtigte er anstelle der vom Antragsteller begehrten 66 Kopien lediglich 44. Zur Begründung verwies er auf eine Gesetzesänderung, die mit der Einführung des JVEG eingetreten sei. Die vom Antragsteller begehrten Kostenansätze für eine Hilfskraft, nebst des entsprechenden Zuschlags, setzte der Urkundsbeamte ab.
Am 13.01.2012 hat der Antragsteller richterliche Festsetzung beantragt. Er begehrt die Vergütung für die Hilfskraft und den entsprechenden Zuschlag. Insoweit berücksichtigt er nunmehr – entgegen der zuvor erfolgten Korrektur – wieder die Forderung aus der Ausgangsliquidation. Die abgesetzten Kopierkosten werden nicht weiter verlangt. Der Sachverständige bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidung des Thüringer LSG vom 04.04.2005 (L6 SF 83/05), des Sächsischen LSG vom 27.03.2008 (L 6 B 246/07 U KO) und des Hessischen LSG vom 12.08.2009 (L 2 SF 58/07 V). Die Entscheidung des Hessischen LSG wurde von einem Institutskollegen des Antragsstellers erstritten.
Der Urkundsbeamte hat dem Antrag nicht abgeholfen und der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 03.06.2013 hat der Antragsgegner Stellung genommen. Er weist darauf hin, dass der Antrag gem. § 4 Abs. 3 JVEG fristungebunden sei. Der Antrag unterliege aber der Verwirkung. Nach einem Zeitablauf von sieben Jahren sei der Anspruch derweil verwirkt. Der Antragsgegner führt weiterhin aus:
Darüber hinaus ist im Hinblick auf den Vergütungsanspruch der Restforderung aus dem Jahr 2004 die Verjährung gemäß § 2 Abs. 3 JVEG i.V.m. § 195 BGB in Betracht zu ziehen. Demnach verjährt der Anspruch in 3 Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch erstmalig geltend gemacht werden kann; d.h. – hier – mit Ablauf des 31.12.2007. Somit wäre von der Vertretung der Staatskasse auch die Einrede der Verjährung zu erheben. Wenn nun wie in diesem Fall sogar schon von der Verjährung des Anspruchs auszugehen ist, spricht umso mehr für die Verwirkung des Antragsrechts.
Für die Staatskasse wird deshalb beantragt,
den Antrag auf richterliche Festsetzung vom 13.01.2012 zurückzuweisen.
Der Antragssteller hat darauf mit Schreiben vom 13.06.2013 erwidert und vorgetragen, man habe seit dem Jahre 2005 die Fälle in denen über die Hinzuziehung einer Hilfskraft und die Kopierkosten gestritten wurde "gewissermaßen auf Halde" gelegt. Eine aufmerksame Mitarbeiterin habe die Fälle dann Anfang 2012 "wieder aufgefunden". Zur Frage, ob der Anspruch verjährt oder verwirkt sei und ob diese Institute anwendbar sind, könne er als "Nicht-Jurist" nichts Sinnstiftendes beitragen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte sowie auf die Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens S 14 SB 384/04 Bezug genommen.
II.
Auf den zulässigen Antrag auf richterliche Festsetzung ist der Vergütungsanspruch des Antragstellers für sein Gutachten vom 19.08.2004 im Verfahren S 14 SB 384/04 auf 874,74 EUR festzusetzen.
Dem Antragsteller steht eine höhere Vergütung, als sie der Urkundsbeamte mit Festsetzung vom 27.01.2005 festgestellt hat, nicht zu. Dem Anspruch des Antragstellers kann zwar nicht die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden, weil der Antragsgegner die Einrede der Verjährung nicht erhoben hat. Ein höherer Vergütungsanspruch ist jedoch verwirkt.
Das Institut der Verwirkung ist ein aus § 242 BGB abgeleitetes allgemeines Rechtsprinzip (vgl allgemein: LOSCHELDER/OLZEN, in: Staudinger (Hrsg.), BGB, Stand 2009, § 242 Rn. 302 ff.; ROTH/SCHUBERT, in: MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 242 Rn. 329 ff.; SUTSCHET, in: Beck´scherOK-BGB, § 242 Rn. 131 ff.), welches auch im Kostenrecht Anwendung findet (unstreitig vgl. etwa Beschl. der Kammer vom 07.03.2013 – S 10 SF 22/13 E, juris; BayLSG, Beschl. v. 04.10.2012 – L 15 SF 131/11 B E, juris; BINZ, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann (Hrsg.), GKG, 2. Aufl. 2009, § 4 JVEG, Rn. 4 u. 11).
Die Verwirkung ist eine besondere Fallgruppe der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (LOSCHELDER/OLZEN, in: Staudinger (Hrsg.), BGB, Stand 2009, § 242 Rn. 302 m.w.N.; SUTSCHET, in: Beck´scherOK-BGB, § 242 Rn. 131). Der Verstoß gegen Treu und Glauben liegt in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung (BGH, Urt. v. 20.10.1988 – VII ZR 302/87, juris, Rn. 28).
Eine Verwirkung kommt dann in Betracht, wenn zum einen ein Recht über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht wurde (sog. Zeitmoment) und zum anderen, wenn besondere Umstände vorliegen, welche es unter Berücksichtigung der Gesamtbetrachtung gerechtfertigt erscheinen lassen, dass die Geltendmachung des Anspruchs der Gegenpartei nicht mehr zuzumuten ist (ROTH/SCHUBERT, in: MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 242 Rn. 336). Letztlich kommt es darauf an, dass die konkreten Umstände zusammen mit der abgelaufenen Zeit die Folge der Verwirkung rechtfertigen (BSG, Urt. v. 29.10.1968 – 4 RJ 245/67, juris Rn. 20; dem folgend LOSCHELDER/OLZEN, in: Staudinger (Hrsg.), BGB, Stand 2009, § 242 Rn. 307).
Am Maßstab dessen ist der Anspruch des Antragstellers verwirkt. Besondere Umstände sieht die Kammer vorliegend in den – vom Antragsteller selbst in Bezug genommenen – Entscheidungen der Landessozialgerichte in der Zeit von 2005 bis 2009. Spätestens seit der Entscheidung des Kostensenats des Hessischen LSG aus 2009, die ein Institutskollege des Antragstellers erstritten und auf den sich der Antragsteller in seinem Vortrag bereits im Jahr 2005 bezogen hat, durfte der Antragsgegner – nicht zuletzt im Hinblick auf die Höhe der hier streitigen Forderung – davon ausgehen, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht wird. Selbst wenn man es dem Antragsteller zugestehen wollte, bis zur grundsätzlichen Entscheidung der auch hier strittigen Frage die Entscheidung des Hessischen LSG abzuwarten, so steht nach Ablauf einer angemessen Bedenk- und Bearbeitungsfrist nach dieser grundsätzlichen Entscheidung der Geltendmachung das Institut der Verwirkung entgegen. Die Bedenk- und Bearbeitungsfrist dürfte auch bei wohlwollendster Auslegung einen Zeitraum von einem Jahr nicht übersteigen, so dass der Anspruch im Januar 2012 – mithin über zwei Jahre nach der grundsätzlichen Entscheidung des zuständigen Obergerichts – verwirkt ist.
Die Entscheidung über die Gebühren und Kosten folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.
Diese Entscheidung ist mangels Erreichen der Beschwerdesumme gem. § 4 Abs. 3 JVEG unanfechtbar. Gründe, welche es gerechtfertigt erscheinen lassen die Beschwerde zuzulassen, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
2. Kosten werden nicht erstattet.
3. Dieses Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Antragsstellers auf Vergütung des Sachverständigengutachtens vom 19.08.2004 zum Verfahren S 14 SB 384/04.
Mit Beweisanordnung vom 16.07.2004 wurde der Antragsteller mit der Begutachtung des Klägers im Verfahrens S 14 SB 384/04 beauftragt. Das Gutachten sollte dem Gericht dreifach übersandt werden.
Der Antragsteller legte sein 22 Seiten umfassendes Gutachten vom 19.08.2004 dem Gericht am 24.09.2004 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Ausgangsverfahren am 19.08.2004 vor.
Am 21.09.2004 berechnete der Sachverständige dem Gericht insgesamt 901,75 EUR für das Gutachten. Unter anderem berücksichtigte er 15,56 EUR zzgl. Umsatzsteuer für die Tätigkeit einer Hilfskraft für die "organisatorische Vorbereitung der Begutachtung, Terminvereinbarung, Postversand des Gutachtens (Frau B.)" sowie einen Hilfskräftezuschlag in Höhe von 15 % gem. § 12 Abs. 2 JVEG. Dies entspricht einem Betrag von 2,33 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Der Antragsteller berechnete weiterhin 27,40 EUR Kopierkosten; dabei ging er von 66 erstattungsfähigen Kopien aus.
Mit Schreiben vom 22.11.2004 erinnerte der Antragsteller an den Ausgleich seiner Rechnung.
Mit Schreiben vom 07.12.2004 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Antragsteller darauf hin, dass die Kosten für eine Hilfskraft sowie der begehrte Zuschlag grundsätzlich mit dem Honorarsatz abgegolten seien. Er erläuterte seine Rechtsansicht.
Der Antragssteller erwiderte mit Schriftsatz vom 13.01.2005 und wies darauf hin, dass die Kosten für die Hilfskraft nebst des begehrten Zuschlages auf der Basis einer Beratung durch den Vorsitzenden eines Kostensenats verlangt würde. Der Antragsteller begründete seine Meinung ausführlich. Die Kosten für die Hilfskraft seien auf 15,30 EUR zu korrigieren, der Zuschlag entsprechend anzupassen.
Am 27.01.2005 setzte der Urkundsbeamte – unter Berücksichtigung der korrigierten Rechnung – den Vergütungsanspruch des Antragstellers auf 874,74 EUR fest. Dabei berücksichtigte er anstelle der vom Antragsteller begehrten 66 Kopien lediglich 44. Zur Begründung verwies er auf eine Gesetzesänderung, die mit der Einführung des JVEG eingetreten sei. Die vom Antragsteller begehrten Kostenansätze für eine Hilfskraft, nebst des entsprechenden Zuschlags, setzte der Urkundsbeamte ab.
Am 13.01.2012 hat der Antragsteller richterliche Festsetzung beantragt. Er begehrt die Vergütung für die Hilfskraft und den entsprechenden Zuschlag. Insoweit berücksichtigt er nunmehr – entgegen der zuvor erfolgten Korrektur – wieder die Forderung aus der Ausgangsliquidation. Die abgesetzten Kopierkosten werden nicht weiter verlangt. Der Sachverständige bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidung des Thüringer LSG vom 04.04.2005 (L6 SF 83/05), des Sächsischen LSG vom 27.03.2008 (L 6 B 246/07 U KO) und des Hessischen LSG vom 12.08.2009 (L 2 SF 58/07 V). Die Entscheidung des Hessischen LSG wurde von einem Institutskollegen des Antragsstellers erstritten.
Der Urkundsbeamte hat dem Antrag nicht abgeholfen und der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 03.06.2013 hat der Antragsgegner Stellung genommen. Er weist darauf hin, dass der Antrag gem. § 4 Abs. 3 JVEG fristungebunden sei. Der Antrag unterliege aber der Verwirkung. Nach einem Zeitablauf von sieben Jahren sei der Anspruch derweil verwirkt. Der Antragsgegner führt weiterhin aus:
Darüber hinaus ist im Hinblick auf den Vergütungsanspruch der Restforderung aus dem Jahr 2004 die Verjährung gemäß § 2 Abs. 3 JVEG i.V.m. § 195 BGB in Betracht zu ziehen. Demnach verjährt der Anspruch in 3 Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch erstmalig geltend gemacht werden kann; d.h. – hier – mit Ablauf des 31.12.2007. Somit wäre von der Vertretung der Staatskasse auch die Einrede der Verjährung zu erheben. Wenn nun wie in diesem Fall sogar schon von der Verjährung des Anspruchs auszugehen ist, spricht umso mehr für die Verwirkung des Antragsrechts.
Für die Staatskasse wird deshalb beantragt,
den Antrag auf richterliche Festsetzung vom 13.01.2012 zurückzuweisen.
Der Antragssteller hat darauf mit Schreiben vom 13.06.2013 erwidert und vorgetragen, man habe seit dem Jahre 2005 die Fälle in denen über die Hinzuziehung einer Hilfskraft und die Kopierkosten gestritten wurde "gewissermaßen auf Halde" gelegt. Eine aufmerksame Mitarbeiterin habe die Fälle dann Anfang 2012 "wieder aufgefunden". Zur Frage, ob der Anspruch verjährt oder verwirkt sei und ob diese Institute anwendbar sind, könne er als "Nicht-Jurist" nichts Sinnstiftendes beitragen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte sowie auf die Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens S 14 SB 384/04 Bezug genommen.
II.
Auf den zulässigen Antrag auf richterliche Festsetzung ist der Vergütungsanspruch des Antragstellers für sein Gutachten vom 19.08.2004 im Verfahren S 14 SB 384/04 auf 874,74 EUR festzusetzen.
Dem Antragsteller steht eine höhere Vergütung, als sie der Urkundsbeamte mit Festsetzung vom 27.01.2005 festgestellt hat, nicht zu. Dem Anspruch des Antragstellers kann zwar nicht die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden, weil der Antragsgegner die Einrede der Verjährung nicht erhoben hat. Ein höherer Vergütungsanspruch ist jedoch verwirkt.
Das Institut der Verwirkung ist ein aus § 242 BGB abgeleitetes allgemeines Rechtsprinzip (vgl allgemein: LOSCHELDER/OLZEN, in: Staudinger (Hrsg.), BGB, Stand 2009, § 242 Rn. 302 ff.; ROTH/SCHUBERT, in: MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 242 Rn. 329 ff.; SUTSCHET, in: Beck´scherOK-BGB, § 242 Rn. 131 ff.), welches auch im Kostenrecht Anwendung findet (unstreitig vgl. etwa Beschl. der Kammer vom 07.03.2013 – S 10 SF 22/13 E, juris; BayLSG, Beschl. v. 04.10.2012 – L 15 SF 131/11 B E, juris; BINZ, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann (Hrsg.), GKG, 2. Aufl. 2009, § 4 JVEG, Rn. 4 u. 11).
Die Verwirkung ist eine besondere Fallgruppe der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (LOSCHELDER/OLZEN, in: Staudinger (Hrsg.), BGB, Stand 2009, § 242 Rn. 302 m.w.N.; SUTSCHET, in: Beck´scherOK-BGB, § 242 Rn. 131). Der Verstoß gegen Treu und Glauben liegt in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung (BGH, Urt. v. 20.10.1988 – VII ZR 302/87, juris, Rn. 28).
Eine Verwirkung kommt dann in Betracht, wenn zum einen ein Recht über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht wurde (sog. Zeitmoment) und zum anderen, wenn besondere Umstände vorliegen, welche es unter Berücksichtigung der Gesamtbetrachtung gerechtfertigt erscheinen lassen, dass die Geltendmachung des Anspruchs der Gegenpartei nicht mehr zuzumuten ist (ROTH/SCHUBERT, in: MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 242 Rn. 336). Letztlich kommt es darauf an, dass die konkreten Umstände zusammen mit der abgelaufenen Zeit die Folge der Verwirkung rechtfertigen (BSG, Urt. v. 29.10.1968 – 4 RJ 245/67, juris Rn. 20; dem folgend LOSCHELDER/OLZEN, in: Staudinger (Hrsg.), BGB, Stand 2009, § 242 Rn. 307).
Am Maßstab dessen ist der Anspruch des Antragstellers verwirkt. Besondere Umstände sieht die Kammer vorliegend in den – vom Antragsteller selbst in Bezug genommenen – Entscheidungen der Landessozialgerichte in der Zeit von 2005 bis 2009. Spätestens seit der Entscheidung des Kostensenats des Hessischen LSG aus 2009, die ein Institutskollege des Antragstellers erstritten und auf den sich der Antragsteller in seinem Vortrag bereits im Jahr 2005 bezogen hat, durfte der Antragsgegner – nicht zuletzt im Hinblick auf die Höhe der hier streitigen Forderung – davon ausgehen, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht wird. Selbst wenn man es dem Antragsteller zugestehen wollte, bis zur grundsätzlichen Entscheidung der auch hier strittigen Frage die Entscheidung des Hessischen LSG abzuwarten, so steht nach Ablauf einer angemessen Bedenk- und Bearbeitungsfrist nach dieser grundsätzlichen Entscheidung der Geltendmachung das Institut der Verwirkung entgegen. Die Bedenk- und Bearbeitungsfrist dürfte auch bei wohlwollendster Auslegung einen Zeitraum von einem Jahr nicht übersteigen, so dass der Anspruch im Januar 2012 – mithin über zwei Jahre nach der grundsätzlichen Entscheidung des zuständigen Obergerichts – verwirkt ist.
Die Entscheidung über die Gebühren und Kosten folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.
Diese Entscheidung ist mangels Erreichen der Beschwerdesumme gem. § 4 Abs. 3 JVEG unanfechtbar. Gründe, welche es gerechtfertigt erscheinen lassen die Beschwerde zuzulassen, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
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