Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Landshut (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 272/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Hilfsmittel, Einrichtung der Behindertenhilfe, Vorhaltepflicht, höhenverstellbares Pflegebett,
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger gegen die beklagte Krankenkasse einen Anspruch auf Versorgung mit einem höhenverstellbaren Pflegebett besitzt.
Bei dem 1953 geborenen Kläger besteht nach ärztlicher Feststellung eine frühkindliche Hirnschädigung mit Tetraspastik und Zungenlähmung halbseitig. Der Kläger ist in der Werkstätte für behinderte Menschen in D. beschäftigt und wohnt in einem Wohnheim der Lebenshilfe D. e.V ... Von der Pflegekasse erhält er Leistungen nach Pflegestufe III. Nach den Feststellungen des MDK (Pflegegutachten vom 24.10.1995) ist der Kläger völlig hilfslos und benötigt auch nachts mehrmals Pflege. Der durchschnittliche tägliche Pflegeaufwand wird mit 350 Minuten angegeben.
Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Allgemeinarztes H. F. vom 05.03.2004 und eines Kostenvoranschlages des Sanitätshauses Z. über 545,20 Euro beantragte der Kläger am 07.04.2004 die Versorgung mit einem Pflegebett.
Die Beklagte lehnte den Antrag ab, im Wesentlichen mit der Begründung, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 10.02.2000, Az: B 3 KR 17/99) hätten auch Wohnheime der Eingliederungshilfe die notwendigen Hilfsmittel bereit zu stellen, wenn sie Schwer- und Schwerstpflegebedürftige aufnehmen. Nur wenn das Heim grundsätzlich keine schwer(st)pflegebedürftigen Personen aufnehme und die Aufnahme lediglich in einem Ausnahmefall erfolge, könne vom Heimträger das Vorhalten der Hilfsmittel nicht erwartet werden. Da der Kläger im Bezug auf die Unterbringung als Schwer(st)pflegebedürftiger im Wohnheim der Lebenshilfe D. kein Ausnahmefall sei, sei das Wohnheim verpflichtet, die zur Pflege notwendigen Hilfsmittel bereit zu stellen. Die Kosten für das beantragte Pflegebett könnten daher nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden (Bescheid vom 27.04.2004, Widerspruchsbescheid vom 02.09.2004).
Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch seinen zum Betreuer bestellten Bruder, Klage zum Sozialgericht Landshut. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen: Das Pflegebett sei ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel, das seinem Bruder die Umsetzung vom Bett in den Rollstuhl und vom Rollstuhl in das Bett ermöglichen und erleichtern solle. Die Hilfsmitteleigenschaft des Pflegebettes sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil es auch der Unterstützung der Pflege diene. Sein Bruder wohne in einem Wohnheim für behinderte Menschen im Sinne der Eingliederungshilfe, die tagsüber in der Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt werden. Die Wohnheime der Lebenshilfe e.V. hätten keinen Pflegeheimcharakter. Eine Ausstattung mit speziellen Pflegeeinrichtungsgegenständen sei deshalb nicht erforderlich und werde auch nicht durch den Pflegesatz refinanziert. Im Übrigen sei im Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.02.2000 (B 3 KR 17/99 R) klargestellt worden, dass ein Versicherter, der in einer Behinderteneinrichtung Sozialhilfe erhält, Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel durch die gesetzliche Krankenversicherung habe, soweit dieses nach den zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Heimträger getroffenen Vereinbarungen nicht zur sächlichen Ausstattung der Einrichtung gehöre. Außerdem hätten bereits mehrere Sozialgerichte entschieden, dass die Krankenkassen die Kosten für ein Pflegebett zu übernehmen haben.
Mit Beschluss vom 01.06.2005 hat die Kammer die Lebenshilfe D. e.V. sowie den Bezirk Niederbayern zum Verfahren beigeladen.
Nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) leben im Wohnheim in D., F.Strasse, derzeit 56 Behinderte, davon sei bei neun die Pflegestufe I, bei sechs die Pflegestufe II und bei drei die Pflegestufe III anerkannt. Das Wohnheim halte keinerlei Hilfsmittel für Behinderte vor, auch keine Rollstühle. Die Ausstattung mit Hilfsmitteln erfolge individuell durch die Krankenkasse.
Nach Angaben des Vertreters des Beigeladenen zu 2) in der mündlichen Verhandlung zahlt der Bezirk Niederbayern für jeden Heimbewohner ein einheitliches Entgelt. Dieses Entgelt setze sich zusammen aus einer Maßnahmepauschale, einer Grundpauschale und einer Investitionszulage. Eine bestimmte Mindestausstattung an Hilfsmitteln müsse vom Heimträger nicht vorgehalten werden. Es gebe hierzu auch keine Vereinbarungen zwischen dem Bezirk als Kostenträger und der Lebenshilfe D. e.V ... Der Bezirk erhalte pro Heimbewohner, bei dem eine Pflegestufe anerkannt sei, von der Pflegekasse gem. § 43a SGB XI 256 Euro pro Monat.
Zum Schluss der mündlichen Verhandlung stellte der Vertreter des Klägers den Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2004 zu verurteilen, den Kläger mit einem höhenverstellbaren Pflegebett zu versorgen.
Der Beklagtenvertreter stellte den Antrag, die Klage abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1) schloss sich dem klägerischen Antrag an. Der Vertreter des Beigeladenen zu 2) stellte keinen Antrag.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die zwischen den Beteiligten im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die beklagte Krankenkasse keinen Anspruch auf Versorgung mit einem höhenverstellbaren Pflegebett. Der angefochtene Bescheid vom 27.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2004 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Versicherte haben nach § 33 Abs.1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs.4 SGB V ausgeschlossen sind. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob der Versicherte in der eigenen Wohnung oder in einem Heim lebt; er wird bei Versicherten, die vollstationäre Pflegeleistung in einem Pflegeheim (§ 71 Abs.2 SGB XI) oder in einer Einrichtung der Behindertenhilfe (§ 43a SGB XI) erhalten, durch die Pflicht des Heimträgers zur Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln eingeschränkt. Aus der Verpflichtung des Heimträgers, Pflegebedürftige ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und medizinisch mit Behandlungspflege zu versorgen, ergibt sich eine Vorhaltepflicht der Pflegeeinrichtung für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel; hierzu können auch solche Gegenstände gehören, bei denen zwar noch ein gewisser Behinderungsausgleich zu erkennen ist, ganz überwiegend aber die Pflege im Vordergrund steht, weil eine Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht mehr möglich ist und Rehabilitation damit nicht mehr stattfindet. Besteht der Verwendungszweck eines Gegenstandes ganz überwiegend darin, die Durchführung der Pflege zu ermöglichen oder zu erleichtern, so begründet allein die Tatsache, dass er auch zum Behinderungsausgleich eingesetzt wird, noch nicht die Leistungspflicht der Krankenkasse (BSG, Urteil vom 24.09.2002 - B 3 KR 15/02 R; BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 5/03 R).
Der Kläger wohnt in einer Einrichtung im Sinne der §§ 43a, 71 Abs.4 SGB XI. Für diesen Personenkreis hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 10.02.2000 - B 3 KR 17/99 R - ausgeführt: "Die in Betracht kommenden Einrichtungen ( ...) erfüllen allerdings sehr unterschiedliche Aufgaben, dienen unterschiedlichen Benutzerkreisen mit dementsprechenden Gestaltungskonzepten und sind daher auch in sächlicher Hinsicht sehr unterschiedlich auszustatten. Häufig werden sie überwiegend anderen Zwecken dienen und die Pflege nur am Rande mit durchführen, wie bereits aus den §§ 43a, 71 Abs.4 SGB XI hervorgeht. ( ...) Eine allgemeine Beschreibung des erforderlichen Inventars - dessen Kosten Teil der Vergütung des Trägers der Sozialhilfe an den Träger der Einrichtung sind (§ 93a Abs.2 BSHG) - erscheint daher im Unterschied zu den zugelassenen Pflegeheimen im Sinne der §§ 71 Abs.2, 72 Abs.1 SGB XI nicht möglich. Vielmehr wird man wie folgt unterscheiden müssen: Soweit dies den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entspricht, also insbesondere in Einrichtungen mit einer erheblichen Zahl von Schwer- und Schwerstpflegebedürftigen, werden sich die Vereinbarungen mit dem Träger der Einrichtung hinsichtlich der sächlichen Ausstattung an den oben entwickelten Grundsätzen für Pflegeeinrichtungen im Sinne der §§ 71 Abs.2, 72 Abs.1 SGB XI zu orientieren haben. ( ...) Soweit die Einrichtungen allerdings Schwerpflegebedürftige und insbesondere Rollstuhlfahrer grundsätzlich nicht aufnehmen, kann weder vom Sozialhilfeträger noch vom Einrichtungsträger die Finanzierung des Vorhaltens von Rollstühlen nach den oben entwickelten Kriterien erwartet werden. Bei derartigen Einrichtungen ist es vielmehr wieder vorrangig Aufgabe der Krankenkasse, den ausnahmsweise - etwa im Hinblick auf individuelle Wünsche (vgl. § 3 BSHG) - dort untergebrachten Rollstuhlfahrer individuell mit dem Hilfsmittel auszustatten, auch wenn dieses nur zur Mobilität innerhalb der Sphäre des Heimes dienen soll".
Im vorliegenden Fall hat die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Zweifel, dass ein höhenverstellbares Pflegebett für den mehrfach behinderten Kläger unbedingt notwendig ist. Nach den oben dargestellten Grundsätzen fällt die Beschaffung dieses Hilfsmittels jedoch nicht in die Leistungspflicht der beklagten Krankenkasse. Der Kläger kann nicht eigenständig gehen, sondern bedarf einer ständig stützenden Begleitung. Auch im Rollstuhl kann er sich nicht selbst fortbewegen. Die Toilette kann er nur mittels Rollstuhl und fremder Hilfe aufsuchen. Nach Angabe seines Bruders würde sich der groß gewachsene und schwergewichtige Kläger beim Heraussteigen aus dem Bett "viel leichter tun, wenn das Bett höher wäre, dasselbe gilt umgekehrt". Diese Aussage ist sicher zutreffend. Allerdings könnte der Kläger auch in diesem Fall das Bett nicht alleine verlassen und auch nicht allein die Rückkehr vom Rollstuhl in das Bett bewerkstelligen. Dies bedeutet, dass die Versorgung mit einem Pflegebett weder zu einer spürbaren Verbesserung der Bewegungsfreiheit noch zu einer Erhöhung der Selbstständigkeit führt. Der Kläger ist auch mit Pflegebett ständig auf fremde Hilfe angewiesen, nur mit dem Unterschied, dass der Einsatz der Pflegekraft wegen der höheren Liegeposition mit weniger Kraftaufwand verbunden und "rückenschonender" ist.
Nach Überzeugung der Kammer steht zwar außer Frage, dass die Versorgung des Klägers mit einem höhenverstellbaren Pflegebett die Situation im pflegerischen Bereich erleichtern würde. Hierfür ist jedoch nicht die Krankenkasse zuständig. Ein Anpruch gegen die Pflegekasse scheidet ebenfalls aus, weil die Pflegekassen nur die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln im häuslichen Bereich zu übernehmen haben. Somit kann sich der Anspruch des Klägers im Ergebnis nur gegen den Beigeladenen zu 1) als Trägerin des Wohnheimes richten. Auch wenn es sich hierbei nicht um eine vollstationäre Pflegeeinrichtung im Sinne der §§ 71 Abs.2, 72 Abs.1 SGB XI handelt, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es sich bei den Heimbewohnern ausschließlich um körperlich und geistig behinderte Personen handelt, die zu einem großen Teil Hilfe im Bereich der Grundpflege benötigen. Nach den Angaben des Heimleiters in der mündlichen Verhandlung ist bei der Hälfte der 56 Heimbewohner eine Pflegestufe festgestellt, 19 Bewohner sind in Pflegestufe I, sechs in Pflegestufe II und drei Bewohner sogar in die Pflegestufe III eingestuft. Wenn ein Heim schwer- und schwerstpflegebedürftige Personen aufnimmt, muss es auch für eine ausreichende Pflege Sorge tragen; dazu gehört das zur Verfügungstellen des notwendigen Inventars. Dass das Gesetz für Behindertenwohnheime keine bestimmte Mindestausstattung an Hilfsmitteln vorschreibt und zwischen dem Bezirk Niederbayern als Kostenträger und der Lebenshilfe D. e.V. keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen wurden, führt nicht zur Leistungspflicht der Krankenkasse.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gem. § 193 SGG entspricht der Entscheidung in der Hauptsache.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger gegen die beklagte Krankenkasse einen Anspruch auf Versorgung mit einem höhenverstellbaren Pflegebett besitzt.
Bei dem 1953 geborenen Kläger besteht nach ärztlicher Feststellung eine frühkindliche Hirnschädigung mit Tetraspastik und Zungenlähmung halbseitig. Der Kläger ist in der Werkstätte für behinderte Menschen in D. beschäftigt und wohnt in einem Wohnheim der Lebenshilfe D. e.V ... Von der Pflegekasse erhält er Leistungen nach Pflegestufe III. Nach den Feststellungen des MDK (Pflegegutachten vom 24.10.1995) ist der Kläger völlig hilfslos und benötigt auch nachts mehrmals Pflege. Der durchschnittliche tägliche Pflegeaufwand wird mit 350 Minuten angegeben.
Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Allgemeinarztes H. F. vom 05.03.2004 und eines Kostenvoranschlages des Sanitätshauses Z. über 545,20 Euro beantragte der Kläger am 07.04.2004 die Versorgung mit einem Pflegebett.
Die Beklagte lehnte den Antrag ab, im Wesentlichen mit der Begründung, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 10.02.2000, Az: B 3 KR 17/99) hätten auch Wohnheime der Eingliederungshilfe die notwendigen Hilfsmittel bereit zu stellen, wenn sie Schwer- und Schwerstpflegebedürftige aufnehmen. Nur wenn das Heim grundsätzlich keine schwer(st)pflegebedürftigen Personen aufnehme und die Aufnahme lediglich in einem Ausnahmefall erfolge, könne vom Heimträger das Vorhalten der Hilfsmittel nicht erwartet werden. Da der Kläger im Bezug auf die Unterbringung als Schwer(st)pflegebedürftiger im Wohnheim der Lebenshilfe D. kein Ausnahmefall sei, sei das Wohnheim verpflichtet, die zur Pflege notwendigen Hilfsmittel bereit zu stellen. Die Kosten für das beantragte Pflegebett könnten daher nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden (Bescheid vom 27.04.2004, Widerspruchsbescheid vom 02.09.2004).
Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch seinen zum Betreuer bestellten Bruder, Klage zum Sozialgericht Landshut. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen: Das Pflegebett sei ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel, das seinem Bruder die Umsetzung vom Bett in den Rollstuhl und vom Rollstuhl in das Bett ermöglichen und erleichtern solle. Die Hilfsmitteleigenschaft des Pflegebettes sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil es auch der Unterstützung der Pflege diene. Sein Bruder wohne in einem Wohnheim für behinderte Menschen im Sinne der Eingliederungshilfe, die tagsüber in der Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt werden. Die Wohnheime der Lebenshilfe e.V. hätten keinen Pflegeheimcharakter. Eine Ausstattung mit speziellen Pflegeeinrichtungsgegenständen sei deshalb nicht erforderlich und werde auch nicht durch den Pflegesatz refinanziert. Im Übrigen sei im Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.02.2000 (B 3 KR 17/99 R) klargestellt worden, dass ein Versicherter, der in einer Behinderteneinrichtung Sozialhilfe erhält, Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel durch die gesetzliche Krankenversicherung habe, soweit dieses nach den zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Heimträger getroffenen Vereinbarungen nicht zur sächlichen Ausstattung der Einrichtung gehöre. Außerdem hätten bereits mehrere Sozialgerichte entschieden, dass die Krankenkassen die Kosten für ein Pflegebett zu übernehmen haben.
Mit Beschluss vom 01.06.2005 hat die Kammer die Lebenshilfe D. e.V. sowie den Bezirk Niederbayern zum Verfahren beigeladen.
Nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) leben im Wohnheim in D., F.Strasse, derzeit 56 Behinderte, davon sei bei neun die Pflegestufe I, bei sechs die Pflegestufe II und bei drei die Pflegestufe III anerkannt. Das Wohnheim halte keinerlei Hilfsmittel für Behinderte vor, auch keine Rollstühle. Die Ausstattung mit Hilfsmitteln erfolge individuell durch die Krankenkasse.
Nach Angaben des Vertreters des Beigeladenen zu 2) in der mündlichen Verhandlung zahlt der Bezirk Niederbayern für jeden Heimbewohner ein einheitliches Entgelt. Dieses Entgelt setze sich zusammen aus einer Maßnahmepauschale, einer Grundpauschale und einer Investitionszulage. Eine bestimmte Mindestausstattung an Hilfsmitteln müsse vom Heimträger nicht vorgehalten werden. Es gebe hierzu auch keine Vereinbarungen zwischen dem Bezirk als Kostenträger und der Lebenshilfe D. e.V ... Der Bezirk erhalte pro Heimbewohner, bei dem eine Pflegestufe anerkannt sei, von der Pflegekasse gem. § 43a SGB XI 256 Euro pro Monat.
Zum Schluss der mündlichen Verhandlung stellte der Vertreter des Klägers den Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2004 zu verurteilen, den Kläger mit einem höhenverstellbaren Pflegebett zu versorgen.
Der Beklagtenvertreter stellte den Antrag, die Klage abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1) schloss sich dem klägerischen Antrag an. Der Vertreter des Beigeladenen zu 2) stellte keinen Antrag.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die zwischen den Beteiligten im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die beklagte Krankenkasse keinen Anspruch auf Versorgung mit einem höhenverstellbaren Pflegebett. Der angefochtene Bescheid vom 27.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2004 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Versicherte haben nach § 33 Abs.1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs.4 SGB V ausgeschlossen sind. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob der Versicherte in der eigenen Wohnung oder in einem Heim lebt; er wird bei Versicherten, die vollstationäre Pflegeleistung in einem Pflegeheim (§ 71 Abs.2 SGB XI) oder in einer Einrichtung der Behindertenhilfe (§ 43a SGB XI) erhalten, durch die Pflicht des Heimträgers zur Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln eingeschränkt. Aus der Verpflichtung des Heimträgers, Pflegebedürftige ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und medizinisch mit Behandlungspflege zu versorgen, ergibt sich eine Vorhaltepflicht der Pflegeeinrichtung für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel; hierzu können auch solche Gegenstände gehören, bei denen zwar noch ein gewisser Behinderungsausgleich zu erkennen ist, ganz überwiegend aber die Pflege im Vordergrund steht, weil eine Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht mehr möglich ist und Rehabilitation damit nicht mehr stattfindet. Besteht der Verwendungszweck eines Gegenstandes ganz überwiegend darin, die Durchführung der Pflege zu ermöglichen oder zu erleichtern, so begründet allein die Tatsache, dass er auch zum Behinderungsausgleich eingesetzt wird, noch nicht die Leistungspflicht der Krankenkasse (BSG, Urteil vom 24.09.2002 - B 3 KR 15/02 R; BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 5/03 R).
Der Kläger wohnt in einer Einrichtung im Sinne der §§ 43a, 71 Abs.4 SGB XI. Für diesen Personenkreis hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 10.02.2000 - B 3 KR 17/99 R - ausgeführt: "Die in Betracht kommenden Einrichtungen ( ...) erfüllen allerdings sehr unterschiedliche Aufgaben, dienen unterschiedlichen Benutzerkreisen mit dementsprechenden Gestaltungskonzepten und sind daher auch in sächlicher Hinsicht sehr unterschiedlich auszustatten. Häufig werden sie überwiegend anderen Zwecken dienen und die Pflege nur am Rande mit durchführen, wie bereits aus den §§ 43a, 71 Abs.4 SGB XI hervorgeht. ( ...) Eine allgemeine Beschreibung des erforderlichen Inventars - dessen Kosten Teil der Vergütung des Trägers der Sozialhilfe an den Träger der Einrichtung sind (§ 93a Abs.2 BSHG) - erscheint daher im Unterschied zu den zugelassenen Pflegeheimen im Sinne der §§ 71 Abs.2, 72 Abs.1 SGB XI nicht möglich. Vielmehr wird man wie folgt unterscheiden müssen: Soweit dies den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entspricht, also insbesondere in Einrichtungen mit einer erheblichen Zahl von Schwer- und Schwerstpflegebedürftigen, werden sich die Vereinbarungen mit dem Träger der Einrichtung hinsichtlich der sächlichen Ausstattung an den oben entwickelten Grundsätzen für Pflegeeinrichtungen im Sinne der §§ 71 Abs.2, 72 Abs.1 SGB XI zu orientieren haben. ( ...) Soweit die Einrichtungen allerdings Schwerpflegebedürftige und insbesondere Rollstuhlfahrer grundsätzlich nicht aufnehmen, kann weder vom Sozialhilfeträger noch vom Einrichtungsträger die Finanzierung des Vorhaltens von Rollstühlen nach den oben entwickelten Kriterien erwartet werden. Bei derartigen Einrichtungen ist es vielmehr wieder vorrangig Aufgabe der Krankenkasse, den ausnahmsweise - etwa im Hinblick auf individuelle Wünsche (vgl. § 3 BSHG) - dort untergebrachten Rollstuhlfahrer individuell mit dem Hilfsmittel auszustatten, auch wenn dieses nur zur Mobilität innerhalb der Sphäre des Heimes dienen soll".
Im vorliegenden Fall hat die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Zweifel, dass ein höhenverstellbares Pflegebett für den mehrfach behinderten Kläger unbedingt notwendig ist. Nach den oben dargestellten Grundsätzen fällt die Beschaffung dieses Hilfsmittels jedoch nicht in die Leistungspflicht der beklagten Krankenkasse. Der Kläger kann nicht eigenständig gehen, sondern bedarf einer ständig stützenden Begleitung. Auch im Rollstuhl kann er sich nicht selbst fortbewegen. Die Toilette kann er nur mittels Rollstuhl und fremder Hilfe aufsuchen. Nach Angabe seines Bruders würde sich der groß gewachsene und schwergewichtige Kläger beim Heraussteigen aus dem Bett "viel leichter tun, wenn das Bett höher wäre, dasselbe gilt umgekehrt". Diese Aussage ist sicher zutreffend. Allerdings könnte der Kläger auch in diesem Fall das Bett nicht alleine verlassen und auch nicht allein die Rückkehr vom Rollstuhl in das Bett bewerkstelligen. Dies bedeutet, dass die Versorgung mit einem Pflegebett weder zu einer spürbaren Verbesserung der Bewegungsfreiheit noch zu einer Erhöhung der Selbstständigkeit führt. Der Kläger ist auch mit Pflegebett ständig auf fremde Hilfe angewiesen, nur mit dem Unterschied, dass der Einsatz der Pflegekraft wegen der höheren Liegeposition mit weniger Kraftaufwand verbunden und "rückenschonender" ist.
Nach Überzeugung der Kammer steht zwar außer Frage, dass die Versorgung des Klägers mit einem höhenverstellbaren Pflegebett die Situation im pflegerischen Bereich erleichtern würde. Hierfür ist jedoch nicht die Krankenkasse zuständig. Ein Anpruch gegen die Pflegekasse scheidet ebenfalls aus, weil die Pflegekassen nur die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln im häuslichen Bereich zu übernehmen haben. Somit kann sich der Anspruch des Klägers im Ergebnis nur gegen den Beigeladenen zu 1) als Trägerin des Wohnheimes richten. Auch wenn es sich hierbei nicht um eine vollstationäre Pflegeeinrichtung im Sinne der §§ 71 Abs.2, 72 Abs.1 SGB XI handelt, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es sich bei den Heimbewohnern ausschließlich um körperlich und geistig behinderte Personen handelt, die zu einem großen Teil Hilfe im Bereich der Grundpflege benötigen. Nach den Angaben des Heimleiters in der mündlichen Verhandlung ist bei der Hälfte der 56 Heimbewohner eine Pflegestufe festgestellt, 19 Bewohner sind in Pflegestufe I, sechs in Pflegestufe II und drei Bewohner sogar in die Pflegestufe III eingestuft. Wenn ein Heim schwer- und schwerstpflegebedürftige Personen aufnimmt, muss es auch für eine ausreichende Pflege Sorge tragen; dazu gehört das zur Verfügungstellen des notwendigen Inventars. Dass das Gesetz für Behindertenwohnheime keine bestimmte Mindestausstattung an Hilfsmitteln vorschreibt und zwischen dem Bezirk Niederbayern als Kostenträger und der Lebenshilfe D. e.V. keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen wurden, führt nicht zur Leistungspflicht der Krankenkasse.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gem. § 193 SGG entspricht der Entscheidung in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved