Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Landshut (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 R 5024/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1) Das Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a SGB IV steht in vollem Umfang inhaltsgleich und gleichwertig neben den Verfahren nach § 28h und 28p SGB IV.
2) Aus diesem Grunde beschränkt sich die aufschiebende Wirkung gemäß § 7a Abs. 7 SGB IV nicht nur auf das Statusfeststellungsverfahren, sondern gilt gleichermaßen für das Betriebsprüfungsverfahren gemäß § 28p SGB IV.
2) Aus diesem Grunde beschränkt sich die aufschiebende Wirkung gemäß § 7a Abs. 7 SGB IV nicht nur auf das Statusfeststellungsverfahren, sondern gilt gleichermaßen für das Betriebsprüfungsverfahren gemäß § 28p SGB IV.
I. Es wird festgestellt, dass der mit Schreiben vom 18.02.2010 erhobene Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 12.02.2010 aufschiebende Wirkung hat.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 15.320,96 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 45.962,87 EUR streitig.
Die Antragstellerin (Ast.) ist eine Baufirma, die sich auf Akustik- und Trockenbau spezialisiert hat.
Auf Veranlassung des Hauptzollamtes (HZA) Landshut prüfte das HZA Augsburg, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, am ...2009 die Baustelle U.straße ...,.A., gemäß §§ 2 ff Schwarzarbeitergesetz (SchwarzArbG). Es wurden dort 3 ungarische Bauarbeiter angetroffen. Aufgrund von Verständnisschwierigkeiten wurde zunächst von der Fortführung der Prüfung abgesehen. Am nächsten Tag wurden die Bauarbeiter mit Hilfe eines Dolmetschers befragt. Bei der Befragung ergaben sich Anhaltspunkte für eine Scheinselbständigkeit. Daraufhin wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Im Anschluss daran wurden die drei ungarischen Bauarbeiter nach Belehrung als Betroffene vernommen.
Aus der Vernehmungsniederschrift des S. F. ergibt sich, dass der Bauarbeiter nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügte und daher ein Dolmetscher beigezogen wurde. Er sei in Ungarn seit einem halben Jahr arbeitslos gewesen. Nach Deutschland sei er am 17. oder 19.11.2008 eingereist, um eine Arbeit aufzunehmen. Er habe die Arbeitsstelle von seinem Bruder T. vermittelt bekommen, der bereits bei der Ast. tätig gewesen sei. Er führe Isolierungs- und Trockenbauarbeiten aus. Vor der Arbeitsaufnahme habe er ein Gewerbe angemeldet. Er habe dies auf Veranlassung von seinem Chef M. I. von der Ast. gemacht. Dieser habe ihm auch bei der Gewerbeanmeldung geholfen. Er und seine Kollegen wohnten zusammen in der D ...straße 22a in B ... Er zahle für die Wohnung 250 EUR; Verpflegung müsse er auch selbst tragen. Er sei in Ungarn krankenversichert. Bei der Gewerbeanmeldung sei ihm auch von der Ehefrau des M., der Geschäftsführerin der Ast. L. I., geholfen worden. Er betreibe keine Werbung für seine Firma. Er habe auch keine Buchführung. Die Ast. sei der einzige Auftraggeber. Die Kollegen und er würden die Firmenfahrzeuge der Ast. nutzen. Wenn sie die Bauarbeiten auf der jetzigen Baustelle beendet haben, suche der M. eine neue Baustelle für sie. Sie würden von Montag bis Freitag, gelegentlich auch samstags jeweils von 8:00 bis 18:00 arbeiten. Sämtliche Arbeitsanweisungen würden sie von ihrem Chef M. erhalten. Die Kontrolle der Arbeitsleistung würde ebenfalls von ihm durchgeführt. Für die Krankentage erhalte er keinen Lohn. Er erhalte einen Arbeitslohn von 19 EUR bzw. 25 EUR pro qm verlegte Platten. Er habe einen in deutscher Sprache verfassten Arbeitsvertrag unterschrieben. Er sei von seinem Chef angewiesen worden, die Arbeitskleidung der Ast. zu tragen. Kündigen dürfe er nicht. Die Haftung würden die Arbeiter als auch der Chef tragen. Sämtliche Versicherungen würden über seinen Chef laufen. Bis auf sein eigenes Kleinwerkzeug werde sämtliches Werkzeug und Baumaterial von der Ast. gestellt. Zwischen ihm und einem Arbeitnehmer der Ast. gebe es keinen Unterschied.
Die Vernehmungen der weiteren Bauarbeiter N. T. und T. K. ergaben im Wesentlichen dasselbe.
Die Ermittlungsverfahren gegen die drei Bauarbeiter wurden mit Bußgeldbescheiden vom 23. und 24.02.2009 abgeschlossen. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen wurde gegen zwei Bescheide von den Betroffenen Einspruch eingelegt. Die Bußgeldbescheide wurden hinsichtlich der Höhe der Geldbuße abgeändert aber ansonsten bestätigt. Die Bußgeldbescheide sind rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 19.03.2009 wandte sich das HZA Landshut an die Antragsgegnerin (Ag.) mit der Bitte um Beurteilung, ob es sich bei den drei ungarischen Bauarbeitern um Arbeitnehmer der Ast. handle. Die Ag. äußerte daraufhin mit Schreiben vom 25.03.2009, dass die Bauarbeiter dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen seien. Es bestehe bei den Verantwortlichen der Ast. der begründete Verdacht des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Strafgesetzbuch (StGB) und der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern ohne gültige Arbeitserlaubnis-EU.
Nach erfolgter Anhörung mit Schreiben vom 29.12.2009 erließ die Ag. den streitigen Betriebsprüfungsbescheid vom 12.02.2010 über die Betriebsprüfung vom 25.03.2009 bis 10.02.2010 hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 01.06.2008 bis 30.06.2009.
In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass sich aus der Prüfung eine Nachforderung in Höhe von 45.962,87 EUR ergebe. In der Nachforderung seien Säumniszuschläge gem. § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 4.696 EUR enthalten. Nach Ermittlungsergebnissen des HZA Landshut sei die Idee zur selbstständigen Gewerbeausübung in Deutschland nicht von den ungarischen Bauarbeitern, sondern von den Verantwortlichen der Ast. gekommen, um durch das Vortäuschen einer selbständigen Tätigkeit in Deutschland im Rahmen der Niederlassungsfreiheit die Abführung der fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Arbeitsgenehmigungspflicht von ungarischen Staatsangehörigen zu umgehen. Zu diesem Zwecke seien auch entsprechende Scheinwerkverträge geschlossen worden. Die betroffenen Personen setzten bis auf Kleinwerkzeug, wie es jeder Heimwerker zu Hause habe, keinerlei eigene Betriebsmittel oder Arbeitsgeräte zur Auftragserledigung ein. Alle erforderlichen Arbeitsgeräte, das Material, die Firmenkleidung und das Firmenfahrzeug seien unentgeltlich von der Ast. zur Verfügung gestellt worden. Sie seien zur Ausübung ihrer Tätigkeit von diesen zur Verfügung gestellten Arbeitsgeräten und Betriebsmittel abhängig gewesen. Sie hätten kein Unternehmerrisiko getragen, d.h. es sei kein eigenes Kapital eingesetzt worden um Gewinn zu erwirtschaften, noch sei das Risiko getragen worden, Verlust zu erzielen. Sie hätten der Firma der Ast. ausschließlich, wie jeder andere Arbeitnehmer, ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, die entweder mit einem vorgegebenen Quadratmeterpreis oder mit einem Stundenlohn vergütet worden sei. Eine eigene Preisgestaltung konnten sie nicht vornehmen, da die Entlohnung von der Ast. vorgegeben gewesen sei. Darüber hinaus hätten die ungarischen Bauarbeiter eine einheitliche Entlohnung und keine Abrechnung je werkvertraglicher Leistung erhalten. Die ungarischen Bauarbeiter hätten als weitgehend ungelernte Montagearbeiter eine typische Arbeitnehmertätigkeit in der Baubranche ausgeübt und hätten regelmäßig zusammen gearbeitet. Durch diese Zusammenarbeit als Montagetrupp habe es schon von vornherein an der Ausführung eines klar abgegrenzten Gewerkes gefehlt, das Grundvoraussetzung eines jeden Werkvertrages nach § 631 BGB sei. Die ungarischen Bauarbeiter hätten die Arbeitskleidung der Ast. getragen und die firmeneigenen Fahrzeuge benutzen können. Das Auftreten nach Außen sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Ast. erfolgt. Eine eigene Rechnungsstellung und Buchführung, wie sie jeder Unternehmer in Deutschland zu führen habe, sei von den ungarischen Bauarbeitern nicht vorgenommen worden. Die Rechnungen seien alle auf dem Computer der Ast. erstellt worden. Die vernommenen Betroffenen hätten alle Arbeitsanweisungen von den Verantwortlichen der Ast. erhalten, die auch die Arbeiten überwacht und zugewiesen hätten. Alle Arbeiten seien weisungsgebunden ausgeführt worden. Die Arbeits- und Anwesenheitszeiten seien auf den Bauvorhaben von dem Ehemann der Geschäftsführerin vorgegeben worden, den alle ungarischen Bauarbeiter als ihren Chef bezeichneten, obwohl ein tatsächlich Selbstständiger sein eigener Chef ist. Die Betroffenen waren in vollem Umfang in die Betriebsorganisation der Ast. eingebunden. Sie hätten nicht die Möglichkeit gehabt, sich die zu erledigende Arbeit selbst einzuteilen. Bei Verhinderung durch Krankheit oder sonstiger Abwesenheit hätten die ungarischen Bauarbeiter die Ast. unterrichten müssen, die dann einen anderen Arbeitnehmer zur Arbeit eingeteilt hätte. Ein Selbständiger habe auf eigene Rechnung eine Ersatzkraft zu stellen. Die ungarischen Staatsangehörigen seien nur für einen Auftraggeber tätig gewesen, seien am freien Markt nicht als selbständige Unternehmer aufgetreten, hätten keine Werbung gemacht und hätten sich um keine anderen Aufträge bemüht. Einigen ungarischen Bauarbeitern sei weder ihre Gesellschaftsform als Unternehmer in Deutschland bekannt gewesen, noch habe einer gewusst, ob er beim Finanzamt als Unternehmer geführt werde und ob er in Deutschland krankenversichert sei. Unbekannt seien ihnen auch die Dokumente gewesen, die sie zu Beginn ihrer Tätigkeit unterschrieben haben. Dies zeige, dass die ungarischen Staatsangehörigen von ihrer Selbstständigkeit nicht die geringste Ahnung hatten und in die Rolle des Unternehmers gedrängt worden seien. Die ungarischen Bauarbeiter hätten sich selbst als abhängig beschäftigte Arbeitnehmer der Ast. betrachtet und nicht als Selbständige. Die ungarischen Staatsangehörigen seien in den Betrieb der Ast. eingegliedert und von den zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln zur Ausübung ihrer Tätigkeit abhängig gewesen. Außer der Gewerbeanmeldung, die aber auch nicht auf Initiative der ungarischen Bauarbeiter erfolgt sei, spreche nichts für eine selbständige Tätigkeit in Deutschland. Die ungarischen Bauarbeiter S. F., N. T., T. K., B. K., B. A., K.-B. I., L. F., S. A., S. M. und S. V. seien dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten gemäß § 7 SGB IV zuzuordnen und unterlägen ab Beginn ihrer Tätigkeit für die Ast. der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung. Eine Entsendebescheinigung E-101 liege für die ungarischen Staatsangehörigen nicht vor, so dass uneingeschränkt deutsches Recht zur Anwendung komme. Nach der Baustellenkontrolle am 04.02.2009 habe die Ast. bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund für mindestens 7 ungarische Staatsangehörige eine Statusentscheidung gemäß § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV beantragt. Da die Ag. im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV anhand der tatsächlichen Verhältnisse zu urteilen hätten, seien die Statusanträge von der Deutschen Rentenversicherung Bund angefordert worden.
Mit Schreiben vom 18.02.2010 erhob die Ast. dagegen Widerspruch.
Mit Schreiben der Ag. vom 12.03.2010 wurde der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 12.03.2010 abgelehnt.
Mit Schreiben vom 06.04.2010 stellte die Ast. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Landshut. In der Begründung des Antrages wurde ausgeführt, dass die Ag. auf die aufschiebende Wirkung des § 7a Abs. 7 SGB IV hingewiesen worden sei. Mit Schreiben vom 13.02.2009 seien von der Ast. Statusfeststellungen für 7 bei der Ast. tätige ungarische Staatsangehörige gestellt worden. Diese Statusfeststellungsverfahren seien Gegenstand von sieben Untätigkeitsklagen vor dem Sozialgericht Landshut gewesen. Der Widerspruch der Ast habe aufschiebende Wirkung. Dies gelte auch für Betriebsprüfungen gemäß § 28p SGB IV und dies auch nach Wegfall des § 7b SGB IV a. F. zum 31.12.2007. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.02.2010 bestünden. Es fehle an der sachlichen Zuständigkeit der Ag ... Die Statusfeststellung gemäß § 7a SGB IV habe Vorrang gegenüber anderen Verfahren, wenn sie vorher eingeleitet worden seien. Es liege eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte vor, weil die Vollstreckung der Beitragsnachforderungen zur Zahlungsunfähigkeit der Kl. führen würde.
In der Antragserwiderung vom 07.04.2010 führte die Ag. aus, dass es aufgrund des Wegfalls des § 7b SGB IV a.F. künftig generell nicht mehr zu einem späteren Beginn der Versicherungspflicht komme. Damit sei der Grund für eine entsprechende Anwendung des § 7a Abs.6 Satz 2 SGB IV entfallen. Es folge daraus, dass Beitragsnachforderungen, die aufgrund fehlerhafter Statusfeststellungen erhoben wurden, nach den allgemeinen Regeln fällig würden. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine Statusfeststellung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund hätte erfolgen müssen. Tatsache sei, dass die Ag. die Deutsche Rentenversicherung Bund über die erfolgte Überprüfung durch das HZA Augsburg informiert habe. Es sei daher im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Auswertung der Feststellungen des HZA durch den Rentenversicherungsträger gestattet, eine Überprüfung einer etwaigen Entscheidung der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund vorzunehmen.
Mit Schreiben vom 23.04.2010 wies die Ast. darauf hin, dass § 7a Abs.7 SGB IV nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur für Statusentscheidungen gelte, sondern auch für Betriebsprüfungen. Entgegen der Auffassung der Ag. formuliere Satz 1 des § 7a Abs.1 SGB IV ein Hindernis für die Einleitung eines anderen Verfahrens, wenn bereits ein Anfrageverfahren laufe. Die Ag. habe erst im März 2009 ihre eigenen Ermittlungen eingeleitet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund sei nicht berechtigt gewesen, die bei ihr beantragten Statusfeststellungen auf die Ag. zu delegieren. Hinsichtlich der unbilligen Härte werde darauf hingewiesen, dass der Ast. durch die sofortige Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nur schwer wieder gutzumachen seien.
Die Ast. hat beantragt, festzustellen, dass der Widerspruch der Ast. vom 18.02.2010 gegen den Bescheid der Ag. vom 12.02.2010 aufschiebende Wirkung hat. Hilfsweise werde beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Ast. vom 18.12.2010 anzuordnen.
Die Ag. hat beantragt, die Anträge der Ast. abzulehnen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akte der Ag., die Akte des Sozialgerichts Landshut mit dem Az. S 7 R 5044/09 und die Prozessakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und auch begründet.
Obwohl das Gericht der Auffassung ist, dass eine Beiladung der betroffenen Arbeitnehmer bzw. Versicherten und der Sozialversicherungsträger erforderlich wäre (vgl. §§ 75 Abs.2 und Abs.2 SGG), hat das Gericht darauf verzichtet, da eine Verzögerung des Eilverfahrens den Beteiligten nicht zugemutet werden kann (vgl. Meyer-Ladewig, Rdnr.38 zu § 86 b, aA: BayLSG, Beschluss vom 12.09.2002, Az.: L 4 B 254/02 KR ER).
Gemäß § 86 b Abs.1 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Antrag ist gemäß § 86 b Abs.3 SGG schon vor Klageerhebung zulässig. Vorliegend hat die Ast. aber beantragt festzustellen, dass der Widerspruch der Ast. vom 18.02.2010 gegen den Bescheid der Ag. vom 12.02.2010 aufschiebende Wirkung hat. Eine entsprechende Rechtsgrundlage hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Daher ist § 86b Abs. 1 SGG entsprechend anzuwenden, wenn die Verwaltung die aufschiebende Wirkung nicht beachtet (vgl. Meyer-Ladewig, Rdnr. 15 zu § 86b).
Entgegen der Auffassung der Ag. haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 7a Abs.7 Satz 1 SGB IV vorliegend aufschiebende Wirkung.
Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch Art.1 Nr.2 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (Bundesgesetzblatt – BGBl I – 2000, S.2) nach Maßgabe von Art.3 Abs.2 dieses Gesetzes eingefügten Statusfeststellungsverfahren sollte nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der "Statusfrage" erreicht werden; zugleich sollten divergierende Entscheidungen verhindert werden (Bundestags-Drucksache 14/1855 S. 6). Nach § 7a Abs.1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten hierzu grundsätzlich schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs.1 Satz 3 SGB IV zuständigen Deutsche Rentenversicherung Bund beantragen. § 7a Abs.7 Satz 1 SGB IV sollte nach der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit nicht nur für Statusentscheidungen der Deutsche Rentenversicherung Bund gelten, sondern ausdrücklich auch für Statusentscheidungen der übrigen Sozialversicherungsträger außerhalb des Statusfeststellungsverfahrens (vgl. Bundestags-Drucksache a.a.O.). Begründet wurde das mit den Auswirkungen für die Betroffenen. Von den angefochtenen Entscheidungen sollten zunächst keine Rechtswirkungen ausgehen (vgl. Bundestags-Drucksache a.a.O.). Insoweit geht § 7a Abs.7 SGB IV den entsprechenden Regelungen im Sozialgerichtsgesetz vor (a.A.: Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16.03.2010, Az.: L 5 R 21/10 B ER).
Diese Rechtsauffassung wurde nunmehr durch zwei Entscheidungen des Bundessozialgerichts bestätigt (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az.: B 12 R 11/07 R und BSG, Urteil vom 04.06.2009, Az.: B 12 R 06/08 R). Danach tritt das Statusfeststellungsverfahren in vollem Umfang gleichwertig neben die Verfahren der Einzugsstellen nach § 28h SGB IV und der Rentenversicherungsträger als Prüfstellen nach § 28p SGB IV. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist im Rahmen von § 7a SGB IV nicht ermächtigt, Verwaltungsakte allein zum (Nicht-)Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Vielmehr ist die Entscheidungskompetenz der Deutschen Rentenversicherung Bund als Clearingstelle allein im Zusammenhang mit der Beurteilung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung und hierauf begrenzt eröffnet. Eine reduzierte Feststellung der Versicherungspflicht dem Grunde nach kennt das Gesetz dagegen ebenso wenig wie die isolierte Feststellung, dass eine Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV vorliegt.
Da also die Entscheidungskompetenz der Deutschen Rentenversicherung Bund gemäß § 7a SGB IV nicht lediglich auf die Feststellung einer Beschäftigung begrenzt ist, sondern das Statusfeststellungsverfahren in vollem Umfang inhaltsgleich und gleichwertig neben die Verfahren nach § 28h SGB IV und § 28p SGB IV tritt, kann sich die aufschiebende Wirkung gemäß § 7a Abs. 7 SGB IV nicht nur auf das Statusfeststellungsverfahren beschränken, sondern muss auch für das von der Beklagten durchgeführte Betriebsprüfungsverfahren gemäß § 28p SGB IV gelten.
Auf die Frage, ob die Ag. nach Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens durch die Deutsche Rentenversicherung Bund im Hinblick auf die Versicherungspflicht der ungarischen Bauarbeiter dann noch zuständige Behörde war, bzw. ob § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Ag. an der Prüfung gemäß § 28p SGB IV insoweit hindert, kommt es nicht mehr an und kann daher unbeantwortet bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG. Danach hat die Ag. die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Bei der Höhe des Streitwertes wird von der streitigen Beitragsforderung, reduziert auf ein Drittel für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausgegangen. Danach beträgt der Streitwert 15.320,96 EUR, § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs.1, 53 Abs.2 Nr. 4 GKG.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 15.320,96 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 45.962,87 EUR streitig.
Die Antragstellerin (Ast.) ist eine Baufirma, die sich auf Akustik- und Trockenbau spezialisiert hat.
Auf Veranlassung des Hauptzollamtes (HZA) Landshut prüfte das HZA Augsburg, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, am ...2009 die Baustelle U.straße ...,.A., gemäß §§ 2 ff Schwarzarbeitergesetz (SchwarzArbG). Es wurden dort 3 ungarische Bauarbeiter angetroffen. Aufgrund von Verständnisschwierigkeiten wurde zunächst von der Fortführung der Prüfung abgesehen. Am nächsten Tag wurden die Bauarbeiter mit Hilfe eines Dolmetschers befragt. Bei der Befragung ergaben sich Anhaltspunkte für eine Scheinselbständigkeit. Daraufhin wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Im Anschluss daran wurden die drei ungarischen Bauarbeiter nach Belehrung als Betroffene vernommen.
Aus der Vernehmungsniederschrift des S. F. ergibt sich, dass der Bauarbeiter nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügte und daher ein Dolmetscher beigezogen wurde. Er sei in Ungarn seit einem halben Jahr arbeitslos gewesen. Nach Deutschland sei er am 17. oder 19.11.2008 eingereist, um eine Arbeit aufzunehmen. Er habe die Arbeitsstelle von seinem Bruder T. vermittelt bekommen, der bereits bei der Ast. tätig gewesen sei. Er führe Isolierungs- und Trockenbauarbeiten aus. Vor der Arbeitsaufnahme habe er ein Gewerbe angemeldet. Er habe dies auf Veranlassung von seinem Chef M. I. von der Ast. gemacht. Dieser habe ihm auch bei der Gewerbeanmeldung geholfen. Er und seine Kollegen wohnten zusammen in der D ...straße 22a in B ... Er zahle für die Wohnung 250 EUR; Verpflegung müsse er auch selbst tragen. Er sei in Ungarn krankenversichert. Bei der Gewerbeanmeldung sei ihm auch von der Ehefrau des M., der Geschäftsführerin der Ast. L. I., geholfen worden. Er betreibe keine Werbung für seine Firma. Er habe auch keine Buchführung. Die Ast. sei der einzige Auftraggeber. Die Kollegen und er würden die Firmenfahrzeuge der Ast. nutzen. Wenn sie die Bauarbeiten auf der jetzigen Baustelle beendet haben, suche der M. eine neue Baustelle für sie. Sie würden von Montag bis Freitag, gelegentlich auch samstags jeweils von 8:00 bis 18:00 arbeiten. Sämtliche Arbeitsanweisungen würden sie von ihrem Chef M. erhalten. Die Kontrolle der Arbeitsleistung würde ebenfalls von ihm durchgeführt. Für die Krankentage erhalte er keinen Lohn. Er erhalte einen Arbeitslohn von 19 EUR bzw. 25 EUR pro qm verlegte Platten. Er habe einen in deutscher Sprache verfassten Arbeitsvertrag unterschrieben. Er sei von seinem Chef angewiesen worden, die Arbeitskleidung der Ast. zu tragen. Kündigen dürfe er nicht. Die Haftung würden die Arbeiter als auch der Chef tragen. Sämtliche Versicherungen würden über seinen Chef laufen. Bis auf sein eigenes Kleinwerkzeug werde sämtliches Werkzeug und Baumaterial von der Ast. gestellt. Zwischen ihm und einem Arbeitnehmer der Ast. gebe es keinen Unterschied.
Die Vernehmungen der weiteren Bauarbeiter N. T. und T. K. ergaben im Wesentlichen dasselbe.
Die Ermittlungsverfahren gegen die drei Bauarbeiter wurden mit Bußgeldbescheiden vom 23. und 24.02.2009 abgeschlossen. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen wurde gegen zwei Bescheide von den Betroffenen Einspruch eingelegt. Die Bußgeldbescheide wurden hinsichtlich der Höhe der Geldbuße abgeändert aber ansonsten bestätigt. Die Bußgeldbescheide sind rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 19.03.2009 wandte sich das HZA Landshut an die Antragsgegnerin (Ag.) mit der Bitte um Beurteilung, ob es sich bei den drei ungarischen Bauarbeitern um Arbeitnehmer der Ast. handle. Die Ag. äußerte daraufhin mit Schreiben vom 25.03.2009, dass die Bauarbeiter dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen seien. Es bestehe bei den Verantwortlichen der Ast. der begründete Verdacht des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Strafgesetzbuch (StGB) und der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern ohne gültige Arbeitserlaubnis-EU.
Nach erfolgter Anhörung mit Schreiben vom 29.12.2009 erließ die Ag. den streitigen Betriebsprüfungsbescheid vom 12.02.2010 über die Betriebsprüfung vom 25.03.2009 bis 10.02.2010 hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 01.06.2008 bis 30.06.2009.
In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass sich aus der Prüfung eine Nachforderung in Höhe von 45.962,87 EUR ergebe. In der Nachforderung seien Säumniszuschläge gem. § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 4.696 EUR enthalten. Nach Ermittlungsergebnissen des HZA Landshut sei die Idee zur selbstständigen Gewerbeausübung in Deutschland nicht von den ungarischen Bauarbeitern, sondern von den Verantwortlichen der Ast. gekommen, um durch das Vortäuschen einer selbständigen Tätigkeit in Deutschland im Rahmen der Niederlassungsfreiheit die Abführung der fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Arbeitsgenehmigungspflicht von ungarischen Staatsangehörigen zu umgehen. Zu diesem Zwecke seien auch entsprechende Scheinwerkverträge geschlossen worden. Die betroffenen Personen setzten bis auf Kleinwerkzeug, wie es jeder Heimwerker zu Hause habe, keinerlei eigene Betriebsmittel oder Arbeitsgeräte zur Auftragserledigung ein. Alle erforderlichen Arbeitsgeräte, das Material, die Firmenkleidung und das Firmenfahrzeug seien unentgeltlich von der Ast. zur Verfügung gestellt worden. Sie seien zur Ausübung ihrer Tätigkeit von diesen zur Verfügung gestellten Arbeitsgeräten und Betriebsmittel abhängig gewesen. Sie hätten kein Unternehmerrisiko getragen, d.h. es sei kein eigenes Kapital eingesetzt worden um Gewinn zu erwirtschaften, noch sei das Risiko getragen worden, Verlust zu erzielen. Sie hätten der Firma der Ast. ausschließlich, wie jeder andere Arbeitnehmer, ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, die entweder mit einem vorgegebenen Quadratmeterpreis oder mit einem Stundenlohn vergütet worden sei. Eine eigene Preisgestaltung konnten sie nicht vornehmen, da die Entlohnung von der Ast. vorgegeben gewesen sei. Darüber hinaus hätten die ungarischen Bauarbeiter eine einheitliche Entlohnung und keine Abrechnung je werkvertraglicher Leistung erhalten. Die ungarischen Bauarbeiter hätten als weitgehend ungelernte Montagearbeiter eine typische Arbeitnehmertätigkeit in der Baubranche ausgeübt und hätten regelmäßig zusammen gearbeitet. Durch diese Zusammenarbeit als Montagetrupp habe es schon von vornherein an der Ausführung eines klar abgegrenzten Gewerkes gefehlt, das Grundvoraussetzung eines jeden Werkvertrages nach § 631 BGB sei. Die ungarischen Bauarbeiter hätten die Arbeitskleidung der Ast. getragen und die firmeneigenen Fahrzeuge benutzen können. Das Auftreten nach Außen sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Ast. erfolgt. Eine eigene Rechnungsstellung und Buchführung, wie sie jeder Unternehmer in Deutschland zu führen habe, sei von den ungarischen Bauarbeitern nicht vorgenommen worden. Die Rechnungen seien alle auf dem Computer der Ast. erstellt worden. Die vernommenen Betroffenen hätten alle Arbeitsanweisungen von den Verantwortlichen der Ast. erhalten, die auch die Arbeiten überwacht und zugewiesen hätten. Alle Arbeiten seien weisungsgebunden ausgeführt worden. Die Arbeits- und Anwesenheitszeiten seien auf den Bauvorhaben von dem Ehemann der Geschäftsführerin vorgegeben worden, den alle ungarischen Bauarbeiter als ihren Chef bezeichneten, obwohl ein tatsächlich Selbstständiger sein eigener Chef ist. Die Betroffenen waren in vollem Umfang in die Betriebsorganisation der Ast. eingebunden. Sie hätten nicht die Möglichkeit gehabt, sich die zu erledigende Arbeit selbst einzuteilen. Bei Verhinderung durch Krankheit oder sonstiger Abwesenheit hätten die ungarischen Bauarbeiter die Ast. unterrichten müssen, die dann einen anderen Arbeitnehmer zur Arbeit eingeteilt hätte. Ein Selbständiger habe auf eigene Rechnung eine Ersatzkraft zu stellen. Die ungarischen Staatsangehörigen seien nur für einen Auftraggeber tätig gewesen, seien am freien Markt nicht als selbständige Unternehmer aufgetreten, hätten keine Werbung gemacht und hätten sich um keine anderen Aufträge bemüht. Einigen ungarischen Bauarbeitern sei weder ihre Gesellschaftsform als Unternehmer in Deutschland bekannt gewesen, noch habe einer gewusst, ob er beim Finanzamt als Unternehmer geführt werde und ob er in Deutschland krankenversichert sei. Unbekannt seien ihnen auch die Dokumente gewesen, die sie zu Beginn ihrer Tätigkeit unterschrieben haben. Dies zeige, dass die ungarischen Staatsangehörigen von ihrer Selbstständigkeit nicht die geringste Ahnung hatten und in die Rolle des Unternehmers gedrängt worden seien. Die ungarischen Bauarbeiter hätten sich selbst als abhängig beschäftigte Arbeitnehmer der Ast. betrachtet und nicht als Selbständige. Die ungarischen Staatsangehörigen seien in den Betrieb der Ast. eingegliedert und von den zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln zur Ausübung ihrer Tätigkeit abhängig gewesen. Außer der Gewerbeanmeldung, die aber auch nicht auf Initiative der ungarischen Bauarbeiter erfolgt sei, spreche nichts für eine selbständige Tätigkeit in Deutschland. Die ungarischen Bauarbeiter S. F., N. T., T. K., B. K., B. A., K.-B. I., L. F., S. A., S. M. und S. V. seien dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten gemäß § 7 SGB IV zuzuordnen und unterlägen ab Beginn ihrer Tätigkeit für die Ast. der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung. Eine Entsendebescheinigung E-101 liege für die ungarischen Staatsangehörigen nicht vor, so dass uneingeschränkt deutsches Recht zur Anwendung komme. Nach der Baustellenkontrolle am 04.02.2009 habe die Ast. bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund für mindestens 7 ungarische Staatsangehörige eine Statusentscheidung gemäß § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV beantragt. Da die Ag. im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV anhand der tatsächlichen Verhältnisse zu urteilen hätten, seien die Statusanträge von der Deutschen Rentenversicherung Bund angefordert worden.
Mit Schreiben vom 18.02.2010 erhob die Ast. dagegen Widerspruch.
Mit Schreiben der Ag. vom 12.03.2010 wurde der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 12.03.2010 abgelehnt.
Mit Schreiben vom 06.04.2010 stellte die Ast. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Landshut. In der Begründung des Antrages wurde ausgeführt, dass die Ag. auf die aufschiebende Wirkung des § 7a Abs. 7 SGB IV hingewiesen worden sei. Mit Schreiben vom 13.02.2009 seien von der Ast. Statusfeststellungen für 7 bei der Ast. tätige ungarische Staatsangehörige gestellt worden. Diese Statusfeststellungsverfahren seien Gegenstand von sieben Untätigkeitsklagen vor dem Sozialgericht Landshut gewesen. Der Widerspruch der Ast habe aufschiebende Wirkung. Dies gelte auch für Betriebsprüfungen gemäß § 28p SGB IV und dies auch nach Wegfall des § 7b SGB IV a. F. zum 31.12.2007. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.02.2010 bestünden. Es fehle an der sachlichen Zuständigkeit der Ag ... Die Statusfeststellung gemäß § 7a SGB IV habe Vorrang gegenüber anderen Verfahren, wenn sie vorher eingeleitet worden seien. Es liege eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte vor, weil die Vollstreckung der Beitragsnachforderungen zur Zahlungsunfähigkeit der Kl. führen würde.
In der Antragserwiderung vom 07.04.2010 führte die Ag. aus, dass es aufgrund des Wegfalls des § 7b SGB IV a.F. künftig generell nicht mehr zu einem späteren Beginn der Versicherungspflicht komme. Damit sei der Grund für eine entsprechende Anwendung des § 7a Abs.6 Satz 2 SGB IV entfallen. Es folge daraus, dass Beitragsnachforderungen, die aufgrund fehlerhafter Statusfeststellungen erhoben wurden, nach den allgemeinen Regeln fällig würden. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine Statusfeststellung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund hätte erfolgen müssen. Tatsache sei, dass die Ag. die Deutsche Rentenversicherung Bund über die erfolgte Überprüfung durch das HZA Augsburg informiert habe. Es sei daher im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Auswertung der Feststellungen des HZA durch den Rentenversicherungsträger gestattet, eine Überprüfung einer etwaigen Entscheidung der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund vorzunehmen.
Mit Schreiben vom 23.04.2010 wies die Ast. darauf hin, dass § 7a Abs.7 SGB IV nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur für Statusentscheidungen gelte, sondern auch für Betriebsprüfungen. Entgegen der Auffassung der Ag. formuliere Satz 1 des § 7a Abs.1 SGB IV ein Hindernis für die Einleitung eines anderen Verfahrens, wenn bereits ein Anfrageverfahren laufe. Die Ag. habe erst im März 2009 ihre eigenen Ermittlungen eingeleitet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund sei nicht berechtigt gewesen, die bei ihr beantragten Statusfeststellungen auf die Ag. zu delegieren. Hinsichtlich der unbilligen Härte werde darauf hingewiesen, dass der Ast. durch die sofortige Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nur schwer wieder gutzumachen seien.
Die Ast. hat beantragt, festzustellen, dass der Widerspruch der Ast. vom 18.02.2010 gegen den Bescheid der Ag. vom 12.02.2010 aufschiebende Wirkung hat. Hilfsweise werde beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Ast. vom 18.12.2010 anzuordnen.
Die Ag. hat beantragt, die Anträge der Ast. abzulehnen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akte der Ag., die Akte des Sozialgerichts Landshut mit dem Az. S 7 R 5044/09 und die Prozessakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und auch begründet.
Obwohl das Gericht der Auffassung ist, dass eine Beiladung der betroffenen Arbeitnehmer bzw. Versicherten und der Sozialversicherungsträger erforderlich wäre (vgl. §§ 75 Abs.2 und Abs.2 SGG), hat das Gericht darauf verzichtet, da eine Verzögerung des Eilverfahrens den Beteiligten nicht zugemutet werden kann (vgl. Meyer-Ladewig, Rdnr.38 zu § 86 b, aA: BayLSG, Beschluss vom 12.09.2002, Az.: L 4 B 254/02 KR ER).
Gemäß § 86 b Abs.1 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Antrag ist gemäß § 86 b Abs.3 SGG schon vor Klageerhebung zulässig. Vorliegend hat die Ast. aber beantragt festzustellen, dass der Widerspruch der Ast. vom 18.02.2010 gegen den Bescheid der Ag. vom 12.02.2010 aufschiebende Wirkung hat. Eine entsprechende Rechtsgrundlage hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Daher ist § 86b Abs. 1 SGG entsprechend anzuwenden, wenn die Verwaltung die aufschiebende Wirkung nicht beachtet (vgl. Meyer-Ladewig, Rdnr. 15 zu § 86b).
Entgegen der Auffassung der Ag. haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 7a Abs.7 Satz 1 SGB IV vorliegend aufschiebende Wirkung.
Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch Art.1 Nr.2 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (Bundesgesetzblatt – BGBl I – 2000, S.2) nach Maßgabe von Art.3 Abs.2 dieses Gesetzes eingefügten Statusfeststellungsverfahren sollte nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der "Statusfrage" erreicht werden; zugleich sollten divergierende Entscheidungen verhindert werden (Bundestags-Drucksache 14/1855 S. 6). Nach § 7a Abs.1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten hierzu grundsätzlich schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs.1 Satz 3 SGB IV zuständigen Deutsche Rentenversicherung Bund beantragen. § 7a Abs.7 Satz 1 SGB IV sollte nach der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit nicht nur für Statusentscheidungen der Deutsche Rentenversicherung Bund gelten, sondern ausdrücklich auch für Statusentscheidungen der übrigen Sozialversicherungsträger außerhalb des Statusfeststellungsverfahrens (vgl. Bundestags-Drucksache a.a.O.). Begründet wurde das mit den Auswirkungen für die Betroffenen. Von den angefochtenen Entscheidungen sollten zunächst keine Rechtswirkungen ausgehen (vgl. Bundestags-Drucksache a.a.O.). Insoweit geht § 7a Abs.7 SGB IV den entsprechenden Regelungen im Sozialgerichtsgesetz vor (a.A.: Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16.03.2010, Az.: L 5 R 21/10 B ER).
Diese Rechtsauffassung wurde nunmehr durch zwei Entscheidungen des Bundessozialgerichts bestätigt (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az.: B 12 R 11/07 R und BSG, Urteil vom 04.06.2009, Az.: B 12 R 06/08 R). Danach tritt das Statusfeststellungsverfahren in vollem Umfang gleichwertig neben die Verfahren der Einzugsstellen nach § 28h SGB IV und der Rentenversicherungsträger als Prüfstellen nach § 28p SGB IV. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist im Rahmen von § 7a SGB IV nicht ermächtigt, Verwaltungsakte allein zum (Nicht-)Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Vielmehr ist die Entscheidungskompetenz der Deutschen Rentenversicherung Bund als Clearingstelle allein im Zusammenhang mit der Beurteilung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung und hierauf begrenzt eröffnet. Eine reduzierte Feststellung der Versicherungspflicht dem Grunde nach kennt das Gesetz dagegen ebenso wenig wie die isolierte Feststellung, dass eine Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV vorliegt.
Da also die Entscheidungskompetenz der Deutschen Rentenversicherung Bund gemäß § 7a SGB IV nicht lediglich auf die Feststellung einer Beschäftigung begrenzt ist, sondern das Statusfeststellungsverfahren in vollem Umfang inhaltsgleich und gleichwertig neben die Verfahren nach § 28h SGB IV und § 28p SGB IV tritt, kann sich die aufschiebende Wirkung gemäß § 7a Abs. 7 SGB IV nicht nur auf das Statusfeststellungsverfahren beschränken, sondern muss auch für das von der Beklagten durchgeführte Betriebsprüfungsverfahren gemäß § 28p SGB IV gelten.
Auf die Frage, ob die Ag. nach Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens durch die Deutsche Rentenversicherung Bund im Hinblick auf die Versicherungspflicht der ungarischen Bauarbeiter dann noch zuständige Behörde war, bzw. ob § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Ag. an der Prüfung gemäß § 28p SGB IV insoweit hindert, kommt es nicht mehr an und kann daher unbeantwortet bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG. Danach hat die Ag. die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Bei der Höhe des Streitwertes wird von der streitigen Beitragsforderung, reduziert auf ein Drittel für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausgegangen. Danach beträgt der Streitwert 15.320,96 EUR, § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs.1, 53 Abs.2 Nr. 4 GKG.
Rechtskraft
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