L 29 B 121/05 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 8 AS 124/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 B 121/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 13. Mai 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag abgelehnt und der hilfsweise gestellte Antrag zurückgewiesen wird. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Aufforderung an ihn, an einer beruflichen Erwachsenenbildung teil zu nehmen. Hilfsweise begehrt er, der Antragsgegnerin zu untersagen, ihm Anordnungen zur Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen zu erteilen.

Der Antragsteller erhält gegenwärtig Regelleistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II), sowie die Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung seines Einkommens aus einer Unfall- und Erwerbsminderungsrente. Darüber hinaus bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen befristeten Zuschlag nach der Zahlung von Arbeitslosengeld (Bescheid vom 17. Juni 2005 für die mit Frau B – im Folgenden: Frau B. – bestehende Bedarfsgemeinschaft).

Mit Schreiben vom 15. März 2005 schlug die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Maßnahme der beruflichen Erwachsenenbildung als Sozialhelfer ab 01. April 2005 vor. Das Schreiben trug auf Seite 2 den als "Rechtsfolgenbelehrung" formulierten Hinweis auf die rechtlichen Folgen der Nichtannahme angebotener Arbeit (§ 31 SGB II). Der Antragsteller sandte die Rückseite des Schreibens mit dem Hinweis, er sei ab dem 01. April 2005 als Sozialhelfer eingestellt an die Antragsgegnerin zurück. Tatsächlich übt er die Tätigkeit nicht aus.

Am 13. April 2005 beantragte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Potsdam, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen "den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. März 2005" wieder herzustellen, hilfsweise der Antragsgegnerin zu untersagen, ihm Anordnungen zur Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen zu erteilen. Er sei erwerbsunfähig. Hinsichtlich dieser Frage sei das Verfahren S 14 R 217/05 bei dem Sozialgericht Potsdam anhängig. Dort gehe es um die Frage, ob ihm Rente wegen voller oder - wie von der dortigen Beklagten behauptet - nur Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit zu gewähren sei.

Mit Beschluss vom 13. Mai 2005 hat das Sozialgericht Potsdam den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers stelle das Schreiben vom 15. März 2005 keinen Verwaltungsakt dar. Die Rechtsfolgenbelehrung des Schreibens setze keine verbindliche Rechtsfolge. Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrages sei ein Anordnungsanspruch zu verneinen. Die vom Antragsteller behauptete Erwerbsunfähigkeit lasse sich gegenwärtig nicht feststellen.

Der hiergegen am 20. Juni 2005 eingelegten Beschwerde hat das Sozialgericht nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt auch der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie die Verfahrensakten zum Verfahren S 14 R 217/05 bei dem Sozialgericht Potsdam nebst der dortigen Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs ist unzulässig. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Arbeitsangeboten im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) zu folgen ist, wonach ein Beschäftigungsangebot nach der vorgenannten Regelung keinen Verwaltungsakt darstellt (vgl. BSG, Beschluss vom 21. Oktober 2003, Az. B 7 AL 82/03 B; Urteil vom 19. Januar 2005, Az. B 11 a/11 AL 39/04 R). Eicher (in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 16 Rz. 212) sieht dementsprechend in der Aufforderung nach § 16 SGB II an den Hilfsbedürftigen, eine bestimmte angebotene Arbeit aufzunehmen, noch keine Regelung eines Einzelfalls, sondern nur das Angebot zum Vertragsabschluss mit dem Leistungsträger oder einem Dritten.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 15. März 2005 ist jedoch auch dann unzulässig, wenn man das Arbeitsangebot als Verwaltungsakt ansieht (so das BVerwG zur Heranziehung zur Arbeit nach § 19 Bundessozialhilfegesetz –BSHG-; vgl. Urteil vom 13. Oktober 1983, -5 C 66.82-, FEVS 33, 45). Es handelt sich dann nämlich, da hier noch keine negativen Rechtsfolgen durch die Antragsgegnerin ausgesprochen worden sind, um einen begünstigenden, die Arbeitsbedingungen festlegenden Verwaltungsakt, gegen den nur Widerspruch und Verpflichtungsklage statthaft wären (vgl. zu § 19 BSHG: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. März 1999, 24 B 1378/98, info also 1999, 137). Nur in den Fällen der späteren Anfechtungsklage greift jedoch das Rechtschutzsystem des § 86 b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Androhung der Folgen der § 31 SGB II hindert nicht die spätere, entsprechend gesonderte Prüfung, ob tatsächlich eine Arbeitsverweigerung vorgelegen hat und welche Maßnahmen nach den besagten Vorschriften adäquat sind. Diese Überprüfung findet jedoch erst im Rahmen, der nach den vorgenannten Vorschriften ergangenen Bescheide statt. Solche sind hier bisher – für den Senat nicht nachvollziehbar - nicht erlassen worden.

Damit hat der Antragsteller mit seinem Hauptantrag keinen Erfolg. Der Tenor des sozialgerichtlichen Beschlusses war insoweit jedoch klarzustellen, da das Sozialgericht die Prüfung im Rahmen des § 86 b Abs. 2 SGG durchgeführt hat.

Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Ein Rechtsschutzbedürfnis für das Unterlassen von Anordnungen zur Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen für die Dauer des sozialgerichtlichen Verfahrens über die Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente, mithin einen vorbeugenden Unterlassungsantrag, ist nicht ersichtlich. Das für einen vorbeugenden Unterlassungsantrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis verlangt, dass dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsangebot entgegenzunehmen und –bei dessen Ablehnung- die Entscheidung der Antragsgegnerin über das Verhängen von Maßnahmen nach § 31 SGB II abzuwarten, weil schon eine nur kurzzeitige Hinnahme der befürchteten Maßnahmen geeignet wäre, ihn in besonders schwerwiegender Weise in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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