L 10 AS 1093/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 2421/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 1093/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren von der Beklagten die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1945 geborene Kläger zu 1) und seine 1951 geborene Ehefrau (Klägerin zu 2) bewohnen seit Oktober 1993 gemeinsam mit ihrem am 1983 geborenen Sohn eine 116,31 m² große 3-Zimmerwohnung; Heizung und Warmwasserversorgung erfolgen durch eine zentrale Gasheizung. Der Kläger zu 1), dessen letztes Beschäftigungsverhältnis zum 30. Juni 2000 aufgelöst worden war und der seit dem 23. April 2001 arbeitslos gemeldet ist, bezog bis zur Erschöpfung des Anspruches am 28. November 2002 Arbeitslosengeld und anschließend bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi), zuletzt iHv monatlich 1.262,78 EUR (wöchentlicher Leistungssatz 291,41 EUR x 13: 3, Bescheid der Agentur für Arbeit Berlin-Südwest vom 25. November 2004). Am 08. August 2003 hatte der Kläger zu 1) gegenüber der Arbeitsagentur schriftlich erklärt, dass er die Leistungen unter den erleichterten Voraussetzungen nach § 428 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) beziehen wolle. Die Klägerin zu 2) steht seit 1992 in einem geringfügigen Arbeitsverhältnis, in dem sie seit September 2004 ein monatliches Entgelt von 243,00 EUR brutto erzielt.

Am 10. November 2004 beantragte der Kläger zu 1) für sich und die Klägerin zu 2) die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und trug hierbei unter Vorlage entsprechender Nachweise ua vor, dass weder er noch seine Ehefrau über ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen oder weiteres Einkommen verfügten. Der Sohn bewohne ein Zimmer (32 m²) zur Untermiete und zahle hierfür monatlich insgesamt 160,00 EUR. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger zu 1) und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Klägerin zu 2) Arbeitslosengeld II (Alg II) iHv insgesamt 664,14 EUR monatlich für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis zum 30. Mai 2005. Unter Zugrundelegung einer Regelleistung von 311,00 EUR pro Person und Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) von monatlich insgesamt 274,60 EUR stellte sie nach Einkommensanrechnung einen ungedeckten Bedarf für den Kläger zu 1) iHv 332,08 EUR und die Klägerin zu 2) iHv 332,06 EUR monatlich fest. Am 05. Januar 2005 teilte der Kläger zu 1) ergänzend mit, der Untermietvertrag mit seinem Sohn sei aufgelöst worden und dieser beziehe sein Kindergeld direkt.

Im folgenden Widerspruchsverfahren rügte der Kläger zu 1) die Höhe des ihm und seiner Ehefrau gewährten Alg II: Bei Feststellung der Leistung sei seine Erklärung nach § 428 SGB III nicht berücksichtigt worden. Letztere habe er nur deshalb abgegeben, weil er davon ausgegangen sei, dass ihm bis zum frühest möglichen Eintritt in die Altersrente Alhi gezahlt werde. Durch die Änderung werden sein aktuelles Einkommen drastisch reduziert und die Rentenanwartschaften auf ein Minimum herabgesenkt, da nur noch auf einer Basis von 400,00 EUR monatlich Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet würden. Auch sei die Höhe des zugrunde gelegten Regelsatzes von jeweils 311,00 EUR für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht verfassungskonform. Entgegen seiner Zielsetzung, das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern, decke der Regelsatz zB nicht die Kosten für die notwendige Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs ab. So koste die Monatsfahrkarte (Sozialticket) in Berlin 32,00 EUR, im Regelsatz sei hierfür nur ein Betrag von 18,66 EUR eingestellt. Des Weiteren legte der Kläger zu 1) einen Nachweis über die Neuberechnung der Miete rückwirkend zum 01. Januar 2005 vor.

Die Beklagte stellte unter Aufhebung der vorangegangenen Bescheide den Anspruch auf Alg II für den Kläger zu 1) und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Klägerin zu 2) für den streitigen Zeitraum mit Bescheiden vom 02. Februar 2005, 16. Februar 2005 und 30. März 2005, zuletzt in Höhe von insgesamt 813,60 EUR für Januar 2005 und 815,80 EUR für die Monate Februar bis einschließlich Mai 2005 neu fest. Im Übrigen wies sie durch Bescheid vom 07. April 2005 den Widerspruch mit der Begründung zurück, das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe bereits bezüglich der Höhe des Regelsatzes nach dem bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Bundessozialhilfegesetz (BSHG) eine Verletzung des Grundgesetzes (GG) nicht feststellen können. Hinsichtlich der Feststellung der "Erwerbsfähigkeit" (Arbeitsbereitschaft) bestehe für den so genannten "58er Personenkreis" eine Übergangsvorschrift im SGB II und damit Bestandsschutz entsprechend der bereits vor dem 01. Januar 2005 abgegebenen Erklärung nach § 428 SGB III.

Mit seiner nicht ausdrücklich auch im Namen der Klägerin zu 2) erhobenen Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger zu 1) unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Alg II in Höhe von 1.262,78 EUR monatlich an ihn und in Höhe von 448,29 EUR monatlich an die Klägerin zu 2) begehrt. Zur Begründung hat er weiter vorgetragen, er habe auf Initiative der Arbeitsagentur die Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB III unterschrieben. Im Gegenzug habe die Arbeitsagentur die Zusicherung gegeben, dass er Alhi bis zum Eintritt der Regelaltersrente gezahlt bekomme, soweit sich die Verhältnisse hinsichtlich Beschäftigungslosigkeit, Einkommen und Vermögen nicht verändern würden. Hierbei handele es sich um eine Zusicherung im Sinne von § 34 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Aufgrund dieser Zusicherung habe er seine Eigenbemühungen zur Aufnahme einer Beschäftigung sowie zur beruflichen Qualifizierung eingestellt. Nunmehr stünden die Chancen, eine Beschäftigung aufzunehmen und dadurch seine finanzielle Situation zu verbessern, nahezu auf Null. Die Umwandlung seines Leistungsanspruchs in eine reine Fürsorgeleistung von minderer Höhe verstoße gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauens- und Bestandsschutzes. Zudem werde das vom BVerfG zugestandene Lebensstandardprinzip aufgegeben. Er habe darauf vertraut, dass er mit dem Fortbezug von Alhi eine ausreichende Altersversorgung aufbauen könne, und es unterlassen, Vermögen zur Aufbesserung seiner Altersversorgung anzusparen. Die Höhe der Regelleistung verstoße gegen Verfassungsrecht, insbesondere gegen Art 1 Abs 1 GG. So sei der Gesetzgeber von dem gedeckelten Regelsatz von 1998 ausgegangen und habe weder die später erfolgte Gesundheitsreform und die damit verbundenen zusätzlichen Belastungen für Niedrigverdiener noch die Teuerungsrate aus der Umstellung von DM auf EUR berücksichtigt. Im Rahmen der Sozialhilfe habe die Pauschalierung zunächst in einem Modellversuch geprüft werden sollen, dieser sei jedoch vor Einführung des SGB II noch nicht ausgewertet gewesen. Die Abschaffung der Alhi zum 31. Dezember 2004 verstoße auch gegen Art 14 GG. Mit dem SGB II werde der Zweck verfolgt, im Rahmen eines Fallmanagements die Eigeninitiative der Betroffenen durch schnellere und passgenaue Vermittlung in Arbeit zu unterstützen. Dieses individuelle Fallmanagement sei aber für Personen, die sich auf eine Verpflichtungserklärung nach § 428 SGB III eingelassen hatten, ausgeschlossen. Im Einzelnen hat sich der Kläger zu 1) auf ein in Kopie eingereichtes Gutachten von Prof Dr U R M von der Universität H (Die 58er Regelung des § 428 SGB III und die Zahlung von Alg II seit dem 1.1.2005 - Schutz des bisherigen Niveaus der Arbeitslosenunterstützung für Altfälle) von April 2005 bezogen.

Nachdem der Kläger zu 1) eine Erhöhung der Miete zum 01. Mai 2005 nachgewiesen hatte, hat die Beklagte unter Aufhebung der vorangegangenen Bescheide zunächst mit Bescheid vom 17. Mai 2005 und zuletzt mit Bescheid vom 20. Juni 2005 die Höhe des Anspruches auf Alg II für den Kläger zu 1) und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Klägerin zu 2) für den streitigen Zeitraum mit insgesamt 813,60 EUR für Januar 2005, 867,33 EUR jeweils für die Monate Februar bis April 2005 und 885,52 EUR für Mai 2005 neu festgestellt. Hierbei hat sie als auf die Kläger zu 1) und 2) insgesamt entfallenden KdU für Januar 2005 ein Betrag von 317,93 EUR, für die Monate Februar bis April 2005 jeweils ein Betrag von 344,99 EUR und für Mai 2005 ein Betrag von 363,18 EUR zugrunde gelegt. Des Weiteren hat sie bei dem Kläger zu 1) für die ersten 5 Tage des Monats Januar 2005 ein Einkommen aus Vermietung iHv 26,67 EUR zu Grunde gelegt und hiervon eine Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR abgesetzt, den darüber hinausgehenden Absetzungsbetrag hat sie bei dem Erwerbseinkommen der Klägerin zu 2) berücksichtigt. Ausgehend von einem monatlichen Nettoerwerbseinkommen der Klägerin zu 2) von 152,54 EUR hat die Beklagte unter Abzug eines Freibetrags in Höhe von 22,88 EUR sowie des weiteren Absetzungsbetrages von 03,33 EUR als einzusetzendes Erwerbseinkommen den Betrag von 126,33 EUR eingestellt. Unter Verteilung dieses Einkommens auf den Kläger zu 1) (63,17 EUR) und die Klägerin zu 2) (63,16 EUR) hat sie einen ungedeckten Bedarf von 247,83 EUR zzgl KdU iHv 158,97 EUR (=406,80 EUR) für den Kläger zu 1) und von 247,84 EUR zzgl KdU iHv 158,96 EUR (=406,80 EUR) für die Klägerin zu 2) für Januar 2005 ermittelt. Für die Monate Februar bis April 2005 hat die Beklagte unter Zugrundelegung eines anrechnungsfähigen Gesamteinkommens von 99,66 EUR (152,54 EUR abzüglich Freibetrag von 22,88 EUR und Versicherungspauschale von 30,00 EUR) monatlich jeweils einen ungedeckten Bedarf in Höhe von 261,17 EUR zzgl KdU iHv 172,48 EUR (=433,65 EUR) für den Kläger zu 1) und 261,17 EUR zzgl KdU iHv 172,51 EUR (=433,68 EUR) für die Klägerin zu 2) festgestellt. Für Mai 2005 hat sie unter Zugrundelegung eines anrechnungsfähigen Gesamteinkommens von 99,66 EUR monatlich jeweils einen Bedarf in Höhe von 261,17 EUR zzgl KdU iHv 181,59 EUR (=442,76 EUR) für den Kläger zu 1) und 261,17 EUR zzgl KdU iHv 181,59 EUR (=442,76 EUR) für die Klägerin zu 2) ermittelt.

Durch Urteil vom 20. Juli 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Der – im zuletzt ergangenen – Bescheid vom 20. Juni 2005 festgestellte Anspruch auf Alg II entspreche den gesetzlichen Regelungen. Höhere Leistungen, insbesondere in Höhe des letzten Alhi- Bezuges, könnten nicht beansprucht werden. Eine Zusicherung im Sinne des § 34 Abs 1 Satz 1 SGB X liege nicht vor, da diese nur bei schriftlicher Abgabe wirksam sei. Die vom Kläger zu 1) unterzeichnete Erklärung nach § 428 SGB III beinhalte weder eine Erklärung der Beklagten noch der Bundesagentur für Arbeit. Im Übrigen sei auch nicht im Ansatz davon die Rede, dass der Kläger zu 1) in unveränderter Höhe Alhi weiter beziehen werde. Eine im Wege einer Analogie oder erweiternden Auslegung zu füllende gesetzliche Regelungslücke sei nicht erkennbar. Vielmehr habe der Gesetzgeber für Fälle des § 428 SGB III eine entsprechende Regelung in § 65 Abs 4 Satz 1 SGB II geschaffen, jedoch bewusst von einer weitergehenden Begünstigung abgesehen. Die Regelleistungen des § 20 SGB II seien auch nicht verfassungswidrig, insbesondere blieben sie nicht hinter dem aus Art 1 Abs 1, 20 Abs 1 GG folgenden Auftrag des Gesetzgebers zurück, ein menschenwürdiges Dasein zu gewährleisten. So sei nach dem Grundgesetz lediglich zwingend, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schaffe (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1990 – 1 BvL 22/84, 1 BvL 26/84 - in BVerfGE 82,60 ff). Dem Gesetzgeber stehe in Abhängigkeit von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen ein Einschätzungsspielraum zu. Eine Typisierung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bereits die Regelsatzfestsetzungen aufgrund der §§ 1 Abs 2, 11 Abs 1, 12 und 22 BSHG und der Regelsatzverordnung seien nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar gewesen, weil den Ländern bei der konkreten Festsetzung der Regelsätze nach allgemeiner Auffassung eine Einschätzungsprärogative zugestanden habe. So beschränke sich die gerichtliche Überprüfung auf die Kontrolle, ob der gesetzliche Rahmen eingehalten worden sei, ob sich die Regelsatzfestsetzung auf ausreichende Erfahrungswerte stützen könne und ob die der Festsetzung zugrunde liegenden Wertungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vertretbar seien. Eine dergestalt eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit gelte für die Regelsatzfestsetzung durch Verwaltungsvorschrift und auch durch Rechtsverordnung (Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht (BVerwG ), Urteil vom 18. Dezember 1996 – 5 C 47/95 – in BVerwGE 102, 366 ff), sie bestehe daher erst recht, wenn die zu überprüfenden Regelleistungen durch förmliches Gesetz festgelegt worden seien. Denn im Vergleich zu Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften besitze ein förmliches Gesetz ein weitaus höheres Maß an demokratischer Legitimation. Ausgehend von diesen Maßstäben sei § 20 SGB II nicht zu beanstanden. Gegen die Typisierung und Pauschalierung der Fürsorgeleistungen im Wege der Bildung von Regelsätzen sei nichts einzuwenden, auch wenn diese mit dem aus Art 1 Abs 1, 20 Abs 1 GG ableitbaren Bedarfsdeckungsprinzip, welches begrifflich ein Mindestmaß an Individualisierung enthalten müsse, in Widerstreit gerieten. Ein willkürliches Verhalten des Gesetzgebers sei nicht zu erkennen. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, wonach die vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischem Bundesamt erhobenen Auswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) von 1998, die auf den Stand 01. Juli 2003 hochgerechnet worden sei, Grundlage gewesen sei und man sich damit auf die Regelsatzverordnung zu § 40 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bezogen habe. Diese Anlehnung sei nicht zu beanstanden, weil diese Art der Regelsatzfestsetzung durchweg mit den einfachgesetzlichen Vorgaben des alten BSHG und auch mit Art 1 Abs 1, 20 Abs 1 GG im Einklang gestanden habe (vgl BVerwG aaO). Mit der Einbeziehung der Bedarfe, die bisher mit einmaligen Beihilfen nach § 21 Abs 1a BSHG abgedeckt worden seien, habe der Gesetzgeber die Grenzen des ihm zu Gebote stehenden Ermessens nicht überschritten, weil er die neuen Regelsätze hierfür in einer Größenordnung von etwa 50,00 EUR angehoben habe. Auch habe der Gesetzgeber vom Grundtypus des Hilfesuchenden abweichende Bedarfslagen berücksichtigt und entsprechende Zusatzleistungen in § 23 Abs 1 und 3 SGB II vorgesehen. Sofern diese teilweise nur als Darlehen gewährt werden sollten, könne im Hinblick auf die sehr niedrige Bemessung der Rückzahlungsraten und angesichts einer fehlenden Rechtsgrundlage für eine Verzinsung des Darlehens diese Beihilfe den Charakter eines Zuschusses annehmen. Im Übrigen bestehe für den Träger der Leistungen nach dem SGB II die Möglichkeit Rückzahlungsansprüche erlassen zu können, wenn deren Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre. Zusätzlich könnten nach § 16 SGB II weitere Leistungen zur Eingliederung ins Arbeitsleben erbracht werden, zB Fahrkosten für die Arbeitsplatzsuche. Soweit eingewandt werde, dass mit den neuen Regelleistungen eine Kürzung der empirisch ermittelten Ausgaben um fast ein Drittel einhergehe, sei dem die gebotene Orientierung der Regelleistungen an einer bescheidenen, dem Lebensstandard wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungskreise entsprechenden Lebensführung entgegen zu halten. Die gegenwärtige allgemeine Einkommenssituation sei durch eine Zunahme von niedrig entlohnten Tätigkeiten und Einkommensrückgängen sowie zurückhaltendem Konsumverhalten gekennzeichnet, so dass immer mehr Menschen – mit oder ohne Arbeit – ihren Lebensstandard nicht halten könnten. Mit der Typisierung werde zudem dem in § 2 SGB II zum Ausdruck gebrachten Grundsatz des Forderns und Förderns, der auf eine breite Zustimmung in der Gesellschaft gründe und der Menschenwürde Rechnung trage, sowie dem damit einhergehenden Verweis auf eine Vielzahl von Selbsthilfemöglichkeiten größeres Gewicht verliehen.

Mit der Berufung haben die Kläger zunächst ausgeführt, der Kläger zu 1) vertrete aufgrund der sich aus § 38 SGB II ergebenden gesetzlichen Fiktion die eigenen als auch die Ansprüche seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2), im Außenverhältnis. Schließlich würden sie eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 2 und 3 SGB II bilden und die Prüfung der Hilfebedürftigkeit sich gemäß § 9 SGB II am Bedarf der Bedarfsgemeinschaft und nicht der einzelnen Mitglieder orientieren. Bei der Bedarfsgemeinschaft handele es sich um eine Gemeinschaft im Sinne des § 70 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn sie sei vergleichbar mit der im Sozialrecht rechtsfähigen Erbengemeinschaft. Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens haben die Kläger die Berufung wie folgt weiter begründet: Der Anspruch der Bedarfsgemeinschaft auf Zahlung von Alg II in Höhe der dem Kläger zu 1) zuletzt gewährten Alhi ergebe sich aus Vertrauens- und Bestandsschutzgründen. Insoweit werde auch auf den vorgelegten Aufsatz von Dr O` Sullivan (Verfassungsrechtliche Fragen des Leistungsrechts der Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGb 2005, 369-376) Bezug genommen. Der Kläger zu 1) sei nicht schwerbehindert und könne eine Altersrente ohne Abschlag frühestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen. Die sich dann ergebende Altersrente sei nach dem Versicherungsverlauf derzeit noch niedriger als die jetzt von der Beklagten bezogene Leistung. Die Höhe der dem Alg II-Anspruch zu Grunde gelegten Regelleistung nach § 20 SGB II verletzte ihre aus Art 1 Abs 1, 20 Abs 1 GG (Sozialstaatsgebot) iVm Art 20 Abs 3 GG (Rechtsstaatsgebot) folgenden Grundrechte, insoweit werde insbesondere auf den Aufsatz von Prof Dr Matthias Frommann (Warum nicht 627 Euro? Zur Bemessung des Regelsatzes der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für das Jahr 2005, NDV 2005, 246-254), das Rechtsgutachten von Prof Dr Wolfgang Däubler (Die Regelleistung des § 20 Abs. 2 SGB II – ein Verfassungsverstoß?) und die Berichte des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes verwiesen. Dem Gesetzgebungsverfahren fehle es bei Feststellung der Regelleistung in § 20 SGB II, die sich an der Regelleistung des § 28 SGB XII und dem hierzu entwickelten Anpassungsverfahren orientiere bzw den dort ermittelten Betrag übernehme, an der verfassungsrechtlich gebotenen Transparenz und Nachvollziehbarkeit. So sei zunächst eine veraltete Datenlage – die EVS 1998 – zugrunde gelegt worden. Zusätzlich sei in der EVS vom zuständigen Bundesministerium in bestimmten Teilen, die "ergänzend eingeschätzt, bewertet und rechnerisch zusammengeführt" worden seien, eine andere Gewichtung der Daten erfolgt. Dem Sozialhilfeempfänger sei nur ein bestimmter Prozentsatz der ermittelten Ausgaben zugebilligt worden, die Spanne reiche zwischen 96 vH bis zu 30 vH. Kosten für Bildung seien ohne Begründung ausgespart worden, obwohl hierfür ein Bedarf des Arbeit suchenden Hilfebedürftigen wie auch der nachfolgenden Generation in der Bedarfsgemeinschaft bestehe. Die umfangreiche Kostenumverteilung im Rahmen der Gesundheitsreform sei überhaupt nicht berücksichtigt worden, obwohl der Bürger mit erheblichen Mehraufwendungen, insbesondere für Brillen, Zahnersatz und verordnungsfreie Medikamente, belastet worden sei. Auch die Kosten für Mobilität seien unzureichend berücksichtigt; im Bereich Freizeit, Unterhaltung und Kultur seien weder Kosten für Foto- und Filmausrüstungen, Bild- und Tonträger noch für Haustiere oder für Urlaub und Vereinsmitgliedschaften enthalten. Die Begrenzung der Kosten auf 70 vH der Ausgaben der Referenzgruppe führe dazu, dass zB Empfänger von Alg II sich nur alle 3 Monate den Besuch eines Bundesligaspiels leisten können, und dies auch nur bei gleichzeitigem Verzicht auf jegliche Ausgaben für Freizeitgestaltung in der übrigen Zeit. Damit beginne die Ausgrenzung aus dem öffentlichen Leben, die unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht erfolgen dürfe. Für eine – im Vergleich zum BSHG weitgehende – Pauschalisierung der Leistungen müsse der hierfür angesetzte Betrag mit der gebotenen Sorgfalt und genau ermittelt werden, insbesondere müssten ausreichende Erfahrungswerte zugrunde gelegt und spezielle Untersuchungen zur Erlangung konkreter Merkmale zum Feststellungsbedarf durchgeführt werden. Diesen Anforderungen habe der Gesetzgeber nicht genügt, insbesondere da er die Modellversuche nach § 101a BSHG nicht ausgewertet habe.

Die Kläger zu 1) und 2) beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2005 aufzuheben und den Bescheid vom 20. Juni 2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, für den Leistungszeitraum vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2005 dem Kläger zu 1 ) Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.262,78 EUR monatlich, zumindest höheres Arbeitslosengeld II unter Zugrundelegung einer Regelleistung von 627,00 EUR monatlich, sowie der Klägerin zu 2) höheres Arbeitslosengeld II unter Zugrundelegung einer Regelleistung von 627,00 EUR monatlich, jeweils unter Anrechnung der bewilligten Leistungen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG Berlin für zutreffend und Ansprüche der Kläger auf höhere Leistungen nach dem SGB II nicht für begründet. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 09. Mai 2006, der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der Leistungsakte der Beklagten sowie der Leistungsakte der Bundesagentur für Arbeit betreffend den Kläger zu 1) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsstreit wird von Beginn an nicht nur von dem Kläger zu 1), sondern auch von der Klägerin zu 2) geführt (Mehrheit von Klägern, so genannte subjektive Klagehäufung). Dem steht nicht entgegen, dass in der Klageschrift vom 15. April 2005 sowie in der Klagebegründungsschrift vom 14. Juni 2005 allein der Kläger zu 1) als klagende Partei bezeichnet ist und nur der Kläger zu 1) einen Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Berlin gestellt hat. Denn diese Prozesshandlungen sind der Auslegung zugänglich, die ergibt, dass die Durchsetzung eines höheren Leistungsanspruches ua unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung einer höheren Regelleistung sowohl für den Kläger zu 1) als auch für die Klägerin zu 2) bereits Gegenstand der vor dem SG erhobenen Klage(n) und des Klageverfahrens, wie auch des vorangegangenen Widerspruchsverfahrens, war. Sowohl die Klageerhebung und in ihrem Rahmen die Bezeichnung der Beteiligten (dazu BVerwG, Beschluss vom 22. März 2001 - 8 B 262/00 - in Buchholz 310 § 82 VwGO Nr 20; Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 27. November 2003 - 2 AZR 692/02 - in AP Nr 27 zu § 319 ZPO) als auch die Antragstellung (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 10. März 1994 - 7 RAr 38/93 – in SozR 3-4100 § 104 Nr 11) sind Prozesshandlungen, die Willenserklärungen enthalten, die nach den dafür geltenden Regelungen - §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch – auszulegen sind (BSG aaO und Urteil vom 22. März 1988 - 8/5a RKn 11/87 - in SozR 2200 § 205 Nr 65). Danach ist nicht am Wortlaut der Erklärungen zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen und zu berücksichtigen, der sich nicht nur aus dem Wortlaut der Erklärungen, sondern auch aus den sonstigen Umständen ergeben kann. Dabei können insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, der Inhalt der Verwaltungsakten und der Zusammenhang mit den vorgelegten Unterlagen (vgl BAG aaO) herangezogen werden. Entscheidend ist der objektive Erklärungswert, dh die Prozesshandlung muss so ausgelegt werden, wie sie die Empfänger, also das Gericht und die übrigen Prozessbeteiligten bei Berücksichtung aller Umstände verstehen konnten.

Vorliegend wurden mit der Klageschrift vom 15. April 2005 die Änderung der Alg II- Bewilligungsbescheide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. April 2005 sowie die Gewährung weiterer (höherer) Leistungen der Grundsicherung geltend gemacht. Das Klagebegehren wurde in dem Klagebegründungsschriftsatz vom 14. Juni 2005 dahingehend präzisiert, dass dem Kläger zu 1) Leistungen iHv 1.262,78 EUR und dessen Ehefrau (der Klägerin zu 2) Leistungen iHv 448,29 EUR zu gewähren seien. Dementsprechend wurde der Klageantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem SG formuliert, wobei dann auch die Aufhebung des Bescheides vom 20. Juni 2005 begehrt wurde. Sowohl die Geltendmachung von konkreten Leistungen für die Klägerin zu 2) als auch die Bezugnahme auf die Bescheidlage ließen für Gericht und Beklagte ersichtlich werden, dass nicht nur Ansprüche des Klägers zu 1) oder "der Bedarfsgemeinschaft" verfolgt wurden, sondern auch die Ansprüche der Klägerin zu 2). Dieses Ziel lässt sich aber durch eine Klage des Klägers zu 1) allein nicht erreichen, da es einen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft nicht gibt (also auch eine Rechtsverfolgung durch den Kläger zu 1) als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft nicht denkbar ist) und daher die Einzelansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft – notwendig von den Mitgliedern - geltend gemacht werden müssen. Dass es sich bei den Ansprüchen auf Leistungen der Grundsicherung um Ansprüche handelt, die als Individualansprüche den Personen zustehen, die die Bedarfsgemeinschaft bilden, ist Wortlaut und Systematik der anspruchsbegründenden Vorschriften ohne Weiteres zu entnehmen. Nach § 7 Abs 1 und 2 SGB II sind "Personen" entweder als erwerbsfähige Hilfebedürftige oder als Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft leistungsberechtigt. Über diesen klaren Wortlaut hinaus erweist sich die vom Einzelanspruch ausgehende Strukturierung der Grundsicherungsleistungen bei Bedarfsgemeinschaften in dem Umstand, dass Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft unterschiedliche Ansprüche (Alg II oder Sozialgeld) zustehen können sowie in der Regelung über die Aufteilung des ungedeckten Bedarfs einer Bedarfsgemeinschaft (§ 9 Abs 2 Satz 3 SGB II) und über die Vermutung der Bevollmächtigung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zur Antragstellung und Entgegennahme von Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft (§ 38 Abs 2 SGB II). Diese Bestimmungen wären überflüssig, gäbe es einen "Anspruch der Bedarfsgemeinschaft" (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, Rdnr 29 zu § 9; Löns in Löns/Herold-Tews, SGB II, Rdnr 5 zu § 7; Landessozialgericht (LSG) Hamburg, Beschluss vom 02. August 2005 - L 5 B 186/05 ER AS - in SozSich 2005, 315).

Ausgehend von dieser dem Gericht und der Beklagten bekannten Rechtslage und dem erhobenen Anspruch (dem Streitgegenstand) ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass auch die Klägerin zu 2) als Kläger am Rechtsstreit beteiligt sein sollte, zumal ihre Beteiligung am Streitverhältnis damit ersichtlich der Einbeziehung ihrer Ansprüche in den Bescheiden der Beklagten entspricht (vgl zu diesem Gesichtspunkt BVerwG Urteil vom 13. Februar 1976 - IV C 44.74 - BVerwGE 50, 171). Eine Beschränkung des Streitgegenstandes im Vergleich zum Regelungsumfang der Bescheide der Beklagten auf die Ansprüche allein des Klägers zu 1) ist im schriftsätzlichen Vortrag gerade nicht erfolgt, noch klingt sie an. Die Bescheide der Beklagten regeln auch, in welchem Umfang Leistungsansprüche der Klägerin zu 2) bestehen. Zwar hat die Beklagte ihre Bescheide (zuletzt vom 20. Juni 2005) und den Widerspruchsbescheid vom 07. April 2005 nur dem Kläger zu 1) in seiner Eigenschaft als (vermuteter) Vertreter der einzelnen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft (§ 38 SGB II) gemäß § 37 Abs 1 Satz 2 SGB X bekannt gegeben (so genannter Bekanntgabe-Adressat im Gegensatz zum Inhalts-Adressat, vgl Steinwedel in KassKomm, Stand Mai 2003, Rdnr 12, 13 zu § 39 SGB X mwN) und sie hat die Bescheide nicht ausdrücklich an die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gerichtet. Es ist aber jedem dieser Bescheide noch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) Inhalts-Adressaten der darin verlautbarten Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) sind. Bei der gebotenen Auslegung der Bescheide kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der angefochtenen Bescheide unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen muss (vgl Steinwedel aaO Rdnr 13 mwN). Unter Anlegung dieser Kriterien folgt aus der Nennung des Klägers zu 1), der mit ihm "in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person", dem Hinweis, dass bei der Festsetzung der Höhe der Leistung die Klägerin zu 2) berücksichtigt worden ist, in Verbindung mit seiner namentlichen Bezeichnung als "Vertreter der Bedarfsgemeinschaft" sowie aus der Aufschlüsselung des Berechnungsvorgangs in den Anlagen der jeweiligen Bescheide (zuletzt vom 20. Juni 2005) bzw der gesamten Darstellung im Widerspruchsbescheid, dass sich die Bewilligung an jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft richtet. Es handelt sich damit in der Sache um eine als solche erkennbare Zusammenfassung mehrerer an verschiedene Personen gerichteter Verwaltungsakte in einem Bescheid.

Im Ergebnis hindert damit der Umstand, dass "äußerlich eindeutig" (vgl BAG aaO) - auch in den Klageanträgen - nur der Kläger zu 1) als Beteiligter bezeichnet wurde, nicht die am erkennbaren Willen orientierte Auslegung dahingehend, dass mit der Klage die Einzelansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, soweit sie von der Beklagten abgelehnt worden sind, mithin auch die Ansprüche der Klägerin zu 2), diese vertreten durch den Kläger zu 1) gemäß § 73 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), verfolgt werden sollten. Da die subjektive Klagehäufung bereits bei Klageerhebung bestand, liegt keine an den Grundsätzen des § 99 SGG zu messende Klageänderung im Berufungsverfahren vor, die im Übrigen zu einer Sachprüfung des Begehrens der Klägerin zu 2) nicht führen könnte, da eine erst im Berufungsverfahren anhängig gewordene Klage(-erweiterung) im Hinblick auf § 29 SGG als unzulässig abzuweisen gewesen wäre (BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 20/01 R - in SozR 3-1500 § 29 Nr 1).

Nach dem bisher Gesagten ist das Rubrum des sozialgerichtlichen Urteils bezüglich der Bezeichnung der Beteiligten unrichtig. Eine Berichtigung ist indes nicht Voraussetzung dafür, den wahren Sachstand (bezüglich der Beteiligtenstellung der Kläger zu 1) und 2) und der von ihnen erhobenen Ansprüche) im Berufungsverfahren zugrunde zu legen (so durchweg praktiziert in allen bislang zitierten Entscheidungen für das Revisionsverfahren, anders offenbar BSG, Urteil vom 15. Oktober 1987 - 1 RA 57/85 - in SozR 1500 § 164 Nr 33), vielmehr ist das jeweils erkennende Gericht gehalten, die bei seiner Entscheidung erheblichen klärungsbedürftigen Prozesshandlungen auszulegen (insbesondere BAG aaO).

Das Passivrubrum war ebenfalls zu ergänzen, da die Arbeitsgemeinschaft des Landes Berlin und der Bundesagentur für Arbeit für den örtlichen Bereich des Verwaltungsbezirks Tempelhof-Schöneberg, bezeichnet als JobCenter Tempelhof-Schöneberg, vertreten durch den Geschäftsführer, nach Auffassung des Senats im Sinne des § 70 Nr 2 SGG beteiligtenfähig ist (bereits für die Arbeitsgemeinschaft für den örtlichen Bereich des Verwaltungsbezirks Lichtenberg-Hohenschönhausen, Beschluss des Senats vom 14. Juni 2005, als vormals 10. Senat des LSG Berlin, - L 10 B 44/05 AS ER). Eines "Durchgriffs" auf die hinter ihr stehenden Körperschaften (die Bundesagentur für Arbeit und das Land Berlin) bedarf es nicht (so aber für den Fall, dass die Arbeitsgemeinschaft nicht als juristische Person ausgestaltet ist, Berlit in LKP-SGB II, Rdnr 38 zu § 44b). Für den räumlichen Bereich des Verwaltungsbezirks Tempelhof-Schöneberg ist eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II durch öffentlichen Vertrag vom 08. November 2004 gegründet worden. Organe der Beklagten sind die Trägervertretung, der Geschäftsführer und der Beirat (§§ 4, 6 und 7 des Gründungsvertrags), der Geschäftsführer vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich (§ 6 Abs 1 und 2 des Gründungsvertrags iVm § 44b Abs 2 Satz 2 SGB II). Da die Vertragspartner gerade nicht den Weg gegangen sind, eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts (Bedenken insoweit bei Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, Rdnr 9 zu § 44b) zu errichten, ergibt sich die Beteiligtenfähigkeit der Beklagten nicht aus § 70 Nr 1 SGG. Sie ist auch nicht nach § 70 Nr 3 SGG begründet, da die Beklagte zwar Behörde im funktionalen Sinne ist (vgl § 1 Abs 2 SGB X; siehe auch Berlit aaO Rdnr 50 und Rixen aaO Rdnr 15; zum Begriff der Verwaltungsstelle = Verwaltungseinheit vgl Kluth in Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Band 3, 5. Aufl, Rdnrn 89 ff und 96 ff zu § 83), Behörden in dieser Eigenschaft nach § 70 Nr 3 SGG aber die Beteiligtenfähigkeit nur zukommt, wenn dies - und daran fehlt es für die Beklagte - durch Landesrecht bestimmt ist. Der Senat sieht indes keine durchgreifenden Bedenken, die Beteiligtenfähigkeit der Beklagten aus § 70 Nr 2 SGG herzuleiten. Danach sind nichtrechtsfähige Personenvereinigungen (als solche, also nicht die einzelnen Mitglieder, vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl, Rdnr 3 zu § 70) fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Zwar dürfte die Bestimmung vorrangig darauf abzielen, öffentlichen und privaten Vereinigungen mit eigener Zwecksetzung die Beteiligtenfähigkeit zuzubilligen (vgl etwa die Aufzählung bei Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO), die Vorschrift schließt aber Organisationseinheiten im Staatsaufbau nicht ausdrücklich aus und von der begrifflichen Bestimmung sind Arbeitsgemeinschaften umfasst – sowohl die Bundesagentur für Arbeit als auch das Land Berlin sind (juristische) Personen und volle Rechtsfähigkeit ist der Beklagten nicht verliehen. Soweit nichtrechtsfähige Personenvereinigungen nur als beteiligtenfähig angesehen werden, sofern sie Träger von Rechten und Pflichten sein können (Pawlak in Hennig ua, SGG, Stand Mai 2006, Rdnr 23 zu § 70), also Teilrechtsfähigkeit vorliegen muss (Bier in Schoch ua, VwGO, Stand Oktober 2005, Rdnr 6 zu § 61), ist dies Erfordernis erfüllt. Dies ergibt die in § 44b Abs 3 Satz 1 und 2 SGB II zur Außenvertretung der Arbeitsgemeinschaft getroffene Regelung, die voraussetzt, dass die Rechtshandlungen des vertretenden Geschäftsführers ihr zugerechnet werden (zur Teilrechtsfähigkeit; vgl Quaas, Die Arbeitsgemeinschaft nach dem neuen SGB II: Ungelöste Rechtsfragen zur Rechtsnatur der Einrichtung, SGb 2004 , 723 ff, 728; Berlit aaO Rdnr 38). Im Übrigen entspricht die eigene Beteiligtenfähigkeit der Beklagten der Intention des § 44b SGB II, der darauf abzielt, die Aufgaben der Leistungsträger (ausdrücklich unter Einschluss des Widerspruchsverfahrens) zu bündeln und die Arbeitsgemeinschaften dazu mit einer umfassenden Wahrnehmungszuständigkeit/ Durchführungsverantwortung (Rixen aaO Rdnr 7, Berlit aaO Rdnr 3, 40) auszustatten. Bedenken gegen die Vertretung der Beklagten durch ihren Geschäftsführer lassen sich auch nicht aus der Anlage 1 zu § 8 Abs 4 des Gründungsvertrages vom 08. November 2004 ableiten. Soweit in dieser Regelung die Bevollmächtigung der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Berlin-Brandenburg zur Vertretung in Rechtsmittelverfahren betreffend Leistungen, für die die Bundesagentur für Arbeit Träger ist, vorgesehen ist, hat die Beklagte wegen der vom LSG Niedersachsen-Bremen im Beschluss vom 29. November 2005 – L 8 AS 37/05 ER – (veröffentlicht in der Datenbank www.sozialgerichtsbarkeit.de) im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Rechtsberatungsgesetz geäußerten Bedenken auf eine Beauftragung der Regionaldirektion verzichtet (siehe Schreiben der Beklagten vom 04. Mai 2006). Daher bleibt es bei der in § 6 Abs 1 und 2 des Gründungsvertrags iVm § 44b Abs 2 Satz 2 SGB II getroffenen Vertretungsregelung. Gegenstand der Berufung (§§ 157, 95 SGG) ist nur noch das von den Klägern im Wege der subjektiven Klagehäufung mit kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 und 2 SGG) verfolgte Begehren, die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20. Juni 2005, über den das SG in seinem angefochtenen Urteil vom 20. Juli 2005 auch entschieden hat, zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2005 jeweils höheres Alg II zu zahlen. Denn der ursprünglich angefochtene Bescheid vom 13. Dezember 2004 war nach § 86 SGG durch die späteren Bescheide, zuletzt vor Klageerhebung durch den Bescheid vom 30. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. April 2005 ersetzt worden, der wiederum nach § 96 Abs 1 SGG durch die späteren Bescheide, zuletzt den Bescheid vom 20. Juni 2005 vollständig ersetzt worden ist; demzufolge haben sich alle, den streitigen Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2005 betreffenden, vor dem 20. Juni 2005 erlassenen Bescheide einschließlich des Widerspruchsbescheides vom 07. April 2005 im Sinne von § 39 Abs 2 SGB X erledigt. Streitig ist daher im Falle des Klägers zu 1), ob ihm an Stelle der im Bescheid vom 20. Juni 2005 ausgeworfenen Beträge für die Monate Januar bis Mai 2005 Alg II iHv 1.262,78 EUR monatlich entsprechend der zuletzt bezogenen Alhi, zumindest jedoch ein Betrag von 722,80 EUR für Januar 2005, 749,65 EUR monatlich für Februar bis April 2005 und 758,76 EUR für Mai 2005 jeweils unter Zugrundelegung einer Regelleistung iHv 627,00 EUR an Stelle von 311,00 EUR zusteht. Im Falle der Klägerin zu 2) ist streitig, ob ihr an Stelle der im Bescheid vom 20. Juni 2005 ausgeworfenen Beträge Alg II iHv 722,80 EUR für Januar 2005, 749,68 EUR monatlich für Februar bis April 2005 und 758,76 EUR für Mai 2005 jeweils unter Zugrundelegung einer Regelleistung iHv 627,00 EUR an Stelle von 311,00 EUR zusteht. Die Begrenzung des jeweiligen Streitgegenstandes auf den Leistungszeitraum vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2005 entspricht sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht den im Berufungsverfahren zuletzt gestellten Anträgen der Kläger. Es ist daher nicht zu entscheiden, ob die Ansprüche der Kläger nach § 19 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGB II unter allen erdenklichen Gesichtspunkten (Höhe der KdU, Einkommensanrechnung etc) zutreffend bestimmt sind. Ebenso wenig sind Leistungen streitig, die den Klägern von der Beklagten ab dem 01. Juni 2005 gewährt bzw nicht gewährt worden sind. Denn der Streitgegenstand wird durch den prozessualen Anspruch bestimmt, durch das vom Kläger aufgrund eines konkreten Sachverhaltes an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck kommende Begehren sowie durch den Klagegrund, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 - B 4 RJ 62/02 R - in SozR 4-2600 § 237 Nr 2; BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 113/00). Nur im Umfang der von den Klägern vorgenommenen Bestimmung des Streitgegenstandes unterliegt der Bescheid vom 20. Juni 2005 der Nachprüfung, dh es ist nur zu prüfen, ob die von der Beklagten im angefochtenen Bescheid für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit 311,00 EUR monatlich angesetzte Regelleistung der Sach- und Rechtslage entspricht, bzw ob dem Kläger zu 1) aus Vertrauens- und Bestandsschutzgründen Alg II in Höhe der zuletzt bezogenen Alhi zu gewähren ist. Weder haben die Kläger die Höhe der im Bescheid vom 20. Juni 2005 festgesetzten Leistungen unter einem anderen Aspekt problematisiert, noch einen anderen Sachverhalt vorgetragen. Dies ist auch nach Erörterung der für die Höhe des Anspruchs bestimmenden Faktoren von den Klägern nochmals in ihrer ausdrücklichen Erklärung in der mündlichen Verhandlung des Senats klargestellt worden (zu dieser "Begrenzungstechnik" siehe BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 50/05).

Prozessuale Mängel, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor; insbesondere war der Kläger zu 1) zur Erhebung der Klage und Einlegung der Berufung der Klägerin zu 2) nach § 73 Abs 2 Satz 2 SGG befugt. Zudem ist in der mündlichen Verhandlung des Senats von der Klägerin zu 2) die Prozessführung durch den Kläger zu 1) nochmals ausdrücklich genehmigt worden. Eines gesonderten Widerspruchsverfahrens (§ 78 Abs 1 Satz 1 SGG) bedurfte es für die Zulässigkeit der von Klägern gegen den Bescheid vom 20. Juni 2005 erhobenen Anfechtungsklagen nicht, denn im Falle des § 96 Abs 1 SGG kann das Gericht über den ersetzenden Bescheid ohne vorherige Durchführung eines Widerspruchsverfahrens entscheiden (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, Rdnr 11c zu § 96 bzw Rdnr 8a zu § 78). Die Zulässigkeit der form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegten Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG, mit dem es auch die nach dem erstinstanzlichen Klageantrag geltend gemachten Leistungsansprüche der Klägerin zu 2) abgewiesen hat, scheitert auch nicht an dem für eine zulassungsfreie Berufung erforderlichen Beschwerdewert von über 500,00 EUR, wie er für die auf eine Geld- oder Sachleistung gerichtete Klage normiert ist (§ 144 Abs 1 Satz 1 Zif 1 SGG). Denn bei einer subjektiven Klagehäufung, die insoweit genauso behandelt wird wie eine objektive (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl, Rdnr 17 zu § 144), ergibt sich die Berufungsbeschwer – außer im Fall der wirtschaftlichen Identität – aus der Summe der abgelehnten höheren Geldleistungen. Danach bestimmt sich die Beschwer hier nach der Differenz zwischen der vor dem SG beantragten Geldleistungen (1.262,78 EUR plus 448,29 EUR, dh 1.711,07 EUR x 5 Monate) und des tatsächlich insgesamt gewährten Alg II (813,60 EUR plus (3 x 867,33 EUR) plus 885,52 EUR), folglich eines Differenzbetrages von zumindest 4.254,24 EUR. Soweit die Klägerin zu 2) mit dem im Berufungsverfahren gestellten Leistungsantrag im Vergleich zu dem vor dem SG gestellten Antrag eine im Ergebnis betragsmäßig höhere Leistung geltend macht, könnten im Hinblick auf die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl BSG, Urteile vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 3/01 R, B 4 RA 113/00 R und B 4 RA 20/01 R) Bedenken hinsichtlich der erstinstanziellen Zuständigkeit des Senats (§ 29 SGG) für eine Entscheidung über eine im Berufungsverfahren geänderte (erweiterte) Klage bestehen. Vorliegend handelt es sich nach Auffassung des Senats jedoch nicht um eine Klageänderung, denn die im Berufungsverfahren vorgenommene Konkretisierung des erstinstanzlich verfolgten Leistungsbegehrens (erstmalige Bezifferung der geltend gemachten höheren Regelleistung) geht nicht mit einer Änderung des Klagegrundes einher, so dass die Voraussetzungen des § 99 Abs 3 Nr 2 SGG erfüllt sind.

Die Berufung der Kläger ist nicht begründet.

Den Klägern steht der jeweils geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines höheren Alg II für den Leistungszeitraum vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2005 nicht zu. Die Beklagte hat die Ansprüche der Kläger in dem Bescheid vom 20. Juni 2005 unter Anwendung von §§ 7 Abs 1 bis 3, 9 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 und 3, §§ 11, 13, 19, 20 und 22 Abs 1 SGB II iVm der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-VO) vom 20. Oktober 2004 (BGBl I S 2622) zutreffend berechnet; Einwendungen gegen die von der Beklagten festgestellte Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie des einsetzbaren Einkommens und dessen Verteilung auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft werden von den Klägern ausdrücklich nicht erhoben. Den gesetzlichen Vorgaben entsprechend hat die Beklagte für die Kläger jeweils ein Betrag von 311,00 EUR als Regelleistung in Ansatz gebracht. Nach § 20 Abs 2 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung für allein stehende oder allein erziehende Personen in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) 345,00 EUR (in den neuen Bundesländern 331,00 EUR); haben jedoch zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt die Regelleistung jeweils nur 90 vom Hundert der Regelleistung nach Absatz 2 (§ 20 Abs 3 SGB II), dh 311,00 EUR (298,00 EUR in den neuen Bundesländern) monatlich. Diese Abstufung der Leistungshöhe für die in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen rechtfertigt sich aus dem Erfahrungssatz, dass in einer Haushaltsgemeinschaft umfassend aus einem Topf gewirtschaftet wird, mit der Folge, dass zusammenlebende Ehegatten (bzw Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft) einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (vgl BVerfG, Urteil vom 17. November 1992 – 1 BvL 8/87 – in SozR 3-4100 § 137 AFG Nr 3 mwN). Zudem entspricht diese Abstufung (2 x 90 vH) im Ergebnis der früheren sozialhilferechtlichen Aufteilung nach der Regelsatzverordnung zum BSHG, wonach 100 vH des Regelsatzes für den Haushaltsvorstand und 80 vH des Regelsatzes für (weitere) volljährige Haushaltsangehörige vorgesehen waren. Daher wird von den Klägern unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht diese Abstufung der Regelleistungshöhe in Frage gestellt, sondern der in § 20 Abs 2 SGB II festgestellte Betrag der (Ausgangs-) Regelleistung.

Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass die in § 20 Abs 2 SGB II durch formelles Gesetz vom Gesetzgeber selbst in einem Akt wertender Erkenntnis und sozialpolitischer Gestaltung der Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen Festlegung der maßgeblichen Regelleistungen (345,00 EURO bzw 331,00 EUR in den neuen Bundesländern) gegen verfassungsrechtliche Prinzipien (Art 1 Abs 1 GG – Schutz der Menschenwürde - , Art 20 Abs 1 GG – Sozialstaatsprinzip – und Art 20 Abs 3 – Rechtsstaatsprinzip -) verstößt; eine Vorlage an das BVerfG nach Art 100 GG kam daher nicht in Betracht.

Der Schutz der Menschenwürde wird in der Rechtsprechung des BVerfG als tragendes Konstitutions¬prinzip im System der Grundrechte verstanden. Mit ihm ist der soziale Wert- und Achtungs¬anspruch des Menschen verbunden, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (vgl BVerfGE 87, 209; BVerfGE 109, 133). Der Grundrechtsschutz des Art 1 Abs 1 GG knüpft nicht an einen "sachlich eigengeprägten Normbereich" an, es lassen sich indes – vorbehaltlich der Spezialität oder Subsidiarität gegenüber anderen Grundrechtspositionen – Bereiche beschreiben, die die Gewährung aus Art 1 Abs 1 GG abdeckt. Es sind dies Achtung und Schutz der körperlichen Integrität, die Sicherung menschen¬gerechter Lebensgrundlagen, die Gewährleistung elementarer Rechtsgleichheit und die Wahrung der personalen Identität (zum Ganzen: Höfling in Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl, Rdnr 7, 19, 57 zu Art 1). Das BVerfG hat aus dem Verfassungsgebot zum Schutz der Menschenwürde in Art 1 Abs 1 GG iVm dem in Art 20 Abs 1 GG verankerten Sozialstaatsgrundsatz die Verpflichtung des (Sozial-) Staates zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger abgeleitet (vgl BVerfGE 40, 121, 133; 82, 60, 80); insbesondere ist dem Mitbürger, der außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, die notwendige soziale Hilfe zu gewähren (BVerfGE 40, aaO). Zudem folgt aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsgrundsatz des Art 20 Abs 1 GG der Grundsatz, dass der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen muss, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein, dh zur Sicherung seiner Existenz, benötigt wird (vgl BVerfGE 82, 60, 85; 87, 153, 170; 91, 93, 111).

Wie das SG vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber mit der von ihm bestimmten Höhe der Regelleistungen in § 20 Abs 2 (und 3) SGB II seiner Verpflichtung aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG zur Sicherung der Existenz der Hilfebedürftigen nicht nachgekommen ist. Soweit das GG - wie in Art 1 Abs 1 - Schutzpflichten enthält, ist es Aufgabe des Gesetzgebers, Art und Umfang des Schutzes im einzelnen zu bestimmen, da die Verfassung zwar den Schutz als Ziel vorgibt, nicht aber seine Ausgestaltung im einzelnen. Allerdings hat der Gesetzgeber das Untermaßverbot zu beachten (vgl BVerfGE 88, 203, 255), insoweit unterliegt er der (verfassungs-)gerichtlichen Kontrolle. Die Vorkehrungen, die der Gesetzgeber trifft, müssen für einen – unter Berücksichtigung entgegenstehender Rechtsgüter – angemessenen und wirksamen Schutz ausreichend sein und zudem auf sorgfältigen Tatsachenermittlungen und vertretbaren Einschätzungen beruhen (vgl BVerfGE 88, 203, 255). Darüber hinaus ist jedoch zu beachten, dass der in Art 20 Abs 1 GG verankerte Sozialstaatsgrundsatz zwar den an den Gesetzgeber gerichteten Gestaltungsauftrag enthält, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 1, 97, 105; 94, 241, 263), aus dem sich angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit jedoch regelmäßig kein Gebot entnehmen lässt, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (vgl BVerfGE 94, 241, 263). Vielmehr besitzt der Gesetzgeber ein weites Gestaltungsermessen; es unterliegt seiner Gestaltungsmacht, Art und Umfang sozialer Sicherungssysteme und den Kreis der hierdurch berechtigten Personen nach sachgerechten Kriterien zu bestimmen (vgl BVerfGE 98, 169, 204; BVerfG , Beschluss vom 03. Juni 1986 - 1 BvR 1124/85-). Insoweit muss sich die verfassungsrechtliche Überprüfung auf eine Evidenzkontrolle beschränken. Wie auch in anderen Fällen, in denen die Erfüllung grundrechtlicher Pflichten des Gesetzgebers von der Beurteilung tatsächlicher Verhältnisse abhängt, kann die gesetzliche Regelung nur beanstandet werden, wenn der Gesetzgeber die maßgeblichen Pflichten entweder überhaupt außer Acht gelassen oder ihnen offensichtlich nicht genügt hat (BVerfGE 82, 60, 92).

Von diesen Vorgaben ausgehend ist zunächst festzustellen, dass eine nähere Umschreibung der Leistungen, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins notwendig sind, und ihres Umfanges nicht unmittelbar Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG zu entnehmen ist, und diese auch in der Rechtsprechung des BVerfG bisher nicht weitergehend konkretisiert worden sind. Soweit das BVerfG, insbesondere unter steuerrechtlichen Aspekten, mit einem Freibetrag iH des –fiktiven – Sozialhilfeanspruches das Gebot der Sicherung einer der Menschenwürde entsprechenden Existenz als gewahrt angesehen hat (vgl BVerfGE 82, 60, 94; 87, 153, 170 f; 91, 93, 111), kann dieser Rechtsprechung die Festlegung eines konkreten Betrages als untere Grenze für das nach Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG garantierte Existenzminimum nicht entnommen werden. Denn nach dem Entscheidungszusammenhang wird zwar auf das Maß der im Zeitpunkt der Entscheidungen vorgesehenen Sozialhilfeleistungen als plausible Bestimmung des Existenzminimums Bezug genommen, jedoch ohne den Leistungsumfang im Einzelnen verfassungsrechtlich zu würdigen. Eine (unabänderliche) betragsmäßige Fixierung des Existenzminimums aus verfassungsrechtlicher Sicht verbietet sich schon deshalb, weil die Bemessung des Existenzminimums von den sich wandelnden gesellschaftlichen Anschauungen der Rechtsgemeinschaft sowie den sich wandelnden Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten, der technologischen Entwicklung und den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der schwankenden Leistungskraft des modernen Sozialstaats, abhängig ist (vgl BVerfGE 87, 153, 170 f; BVerwGE 107, 234, 236; Höfling aaO Rdnr 25 zu Art 1; Martínez Soria, Das Recht auf Sicherung des Existenzminimums, JZ 2005, 644, 648 mwN). Aus der Formulierung des BVerfG, dass nur die Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins geschützt sind, wird zumindest ersichtlich, dass durch Art 1 Abs 1 GG (iVm Art 2 Abs 2 GG – Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit -) als Kernelement, dem die Bestimmung des Existenzminimums Rechnung zu tragen hat, der Schutz vor Existenznot geboten ist. Dem bedürftigen Bürger muss insoweit Nahrung, Kleidung, Unterkunft und medizinische Versorgung im überlebensnotwendigen Ausmaß, dh das physiologisch Notwendige, zur Verfügung gestellt werden, wobei es dem Staat überlassen bleibt, ob er seiner Verpflichtung durch Sach-, Geld- oder Dienstleistungen nachkommt (vgl hierzu BVerwGE 14, 294, 296; 87, 212, 214; Martínez Soria aaO S 647 f mwN). Diesem Gebot genügen die in §§ 19, 20 und 22 SGB II vorgesehenen Leistungen iVm mit den Regelungen über die Einbeziehung des Hilfebedürftigen in die gesetzliche Krankenversicherung (§§ 5 Abs 1 Nr 2a, 251 Abs 4, 252 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -) und Pflegeversicherung (§§ 20 Abs 1 Nr 2a, 59 Abs 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI -) zweifellos.

Anhaltspunkte dafür, welches Sicherungsniveau über das "physiologische Existenzminimum" hinaus aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG verfassungsrechtlichen Schutz genießt, lassen sich, ohne zu einer konkreten Bezifferung zu führen, aus der verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung zur Sozialhilfe entnehmen. Insoweit wird weitergehend aus Art 20 Abs 1 GG die Sicherung eines sozialstaatlich geforderten "soziokulturellen" Existenzminimums abgeleitet, dh dem Bedürftigen soll die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft gewährleistet werden (vgl BVerGE 40, 121, 133; § 9 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)). Der Bedürftige muss in der Umgebung von Nicht-Hilfeempfängern ähnlich wie diese leben können (so genanntes Ausgrenzungsverbot; vgl BVerwGE 102, 366, 369); soweit der Einzelne auch gegenüber Beziehern niedriger Einkommen benachteiligt ist, muss er die Möglichkeit haben, dies durch Sparsamkeit auszugleichen (vgl BVerwGE 94, 326, 333). Hierbei sei auf die individuelle Bedürfnissituation und den konkreten Bedarf des Einzelnen abzustellen (so genannter Bedarfsdeckungs- und Individualisierungsgrundsatz; vgl Martínez Soria aaO S 650 mwN). Jedoch wirkten sich in der Sozialhilfe das Gebot des Vorrangs der Selbsthilfe (so auch § 1 Abs 1 Satz 1 SGB II) und des Lohnabstandes, wonach der Staat bei der Bemessung der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums zu gewährleisten hat, dass die durchschnittliche Höhe dieser Leistungen unter der Höhe des erzielten monatlichen durchschnittlichen Nettoarbeitsentgeltes unterer Lohn- und Gehaltsgruppen bleibt (vgl Martínez Soria aaO S 651 mwN), begrenzend aus.

Vorliegend hat sich der Gesetzgeber bei Bestimmung der Höhe der Regelleistungen mit 345,00 EUR bzw 331,00 EUR an diesen in der Sozialhilfe geltenden Grundsätzen orientiert, da er an die bisher vorgenommene Ermittlung der Regelsätze nach dem BSHG angeknüpft und für die nunmehr pauschalierten einmaligen Beihilfen zusätzlich einen Zuschlag iHv etwa 16 vH (Pauschalierung eines großen Teils der nach dem BSHG zusätzlich zum Regelsatz gewährten Einmalleistungen) in die Regelleistung eingearbeitet hat (vgl Brünner in LPK-SGB II, Rdnr 4 zu § 20). So soll mit dem Betrag von 345,00 EUR bzw 331,00 EUR neben dem Bedarf an Ernährung, Körperpflege, Hausrat und den Bedarfen des täglichen Lebens im vertretbaren Umfang auch die Beziehung zur Umwelt sowie eine Teilnahme am kulturellen Leben erfasst werden (Begründung des Gesetzentwurfes der Regierungsfraktionen, BT-Drs 15/1516 S 56). Mit dieser "modifizierten Fortschreibung" hat der Gesetzgeber des SGB II einen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausgangspunkt gewählt und die Grundkonzeption ausgefüllt, ohne seinen Gestaltungsspielraum zu verlassen. Durch die gesetzliche Bestimmung der Regelleistungen (Regelsätze) in Anknüpfung an die sozialhilferechtliche Sach- und Rechtslage wurden, auch wenn dies in der Höhe der bestimmten Regelleistung naturgemäß nicht Ausdruck finden kann, die dargestellten wesentlichen Strukturprinzipien der Sozialhilfe – mithin das verfassungsrechtlich Garantierte – weiterhin berücksichtigt, wobei der Leistungsumfang als angemessene, zumindest als hinreichende Umsetzung des verfassungsrechtlich Gebotenen zu würdigen ist. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass darstellbar sein mag – eine vorsichtige Betrachtung hält der Senat im Hinblick auf die Komplexität des Leistungssystems (dazu noch später) für angezeigt -, dass der einzelne Hilfeempfänger im Ergebnis weniger konsumieren kann als die unteren 20 vH in der Einkommensschichtung der - auf das Jahr 2003 hochgerechneten - EVS 1998 (so Däubler, Das Verbot der Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen – Existenzminimum und Arbeitslosengeld II, NZS 2005, 225, 228). Ein Verstoß gegen das Ausgrenzungsverbot kann darin noch nicht erblickt werden. So ist – worauf das SG schon hingewiesen hat - als nicht unbedeutender Faktor der Umstand in die Bewertung einzubeziehen, dass die gegenwärtige Situation wie auch die der letzten Jahren geprägt ist durch die Zunahme von niedrig entlohnten Tätigkeiten und Einkommensrückgängen in wachsenden Bevölkerungskreisen, dh die nach außen sichtbaren Unterschiede zwischen Nicht-Hilfeempfängern und Hilfeempfängern zunehmend verwischen, und hierbei auch dem Lohnabstandsgebot sowie den Belangen des Staatshaushaltes Rechnung zu tragen war. Trotz der im Vergleich zu den Regelungen des BSHG weitgehenden Pauschalierung der Grundbedarfe, die den Hilfebedürftigen zu besonders sparsamen Wirtschaften zwingt, wird ihm noch ein Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Mit der Pauschalisierung der Bedarfe und deren "Einarbeitung" in die Regelleistung, genügt der Gesetzgeber, dem eine Typisierung bei der Abwicklung von Massenverfahren, von Verfassungswegen nicht verwehrt ist (vgl BVerfGE 87, 153, 172), verfassungsrechtlich ausreichten dem Bedarfsdeckungs- und Individualisierungsgrundsatz. Denn hierbei kann nicht allein auf die Höhe der Regelleistung abgestellt werden, sondern es müssen auch die weiteren Leistungen nach dem SGB II gewürdigt werden. So handelt es sich bei den Leistungen für die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II, einem wesentlichen Teil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, wie auch bei den weiteren Leistungen für Wohnungsbeschaffungskosten (§ 22 Abs 3 SGB II), der Übernahme von Mietschulden (§ 22 Abs 5 SB II), der Leistungen für Wohnungs-, Bekleidungs-, Schwangerschafts- und Babyerstausstattungen und für mehrtägige Klassenfahrten (§ 23 Abs 3 SGB II) um die Deckung individualisierter Bedarfe. Daneben stehen Leistungen für besondere Mehrbedarfe, ua bei Schwangerschaft, Erziehung von minderjährigen Kindern und aus medizinischen Gründen (§ 21 SGB II), außerdem die weiteren Leistungen zur Eingliederung nach § 16 SGB II. Im Übrigen ermöglicht die Pauschalierung dem Leistungsempfänger eine - wenn auch im Hinblick auf den Zwang zum sparsamen Wirtschaften nicht sehr weitgehende – Wahlfreiheit bzgl der konkreten Verwendung der Leistung, dh er kann selbständig entscheiden, für welche konkreten Bedürfnisse er die überlassenen Mittel bevorzugt einsetzen will.

Die Höhe der Regelleistung kann bezogen auf den Maßstab des Verfassungsrechts nicht erfolgreich mit der Begründung als unzureichend kritisiert werden, sie berücksichtige die sozialhilferechtlichen Einmalleistungen (zB Bekleidungs-, Lernmittel-, Gebrauchsgüter-, Hausrats- und Wohnungsinstandhaltungsbeihilfen) wie auch die im Rahmen der Gesundheitsreform von der Krankenversicherung nicht mehr finanzierten Leistungen (zB die Kosten der notwendigen Versorgung mit einer Brille) nicht angemessen. Auch und gerade insoweit ist zu beachten, dass die Ausgestaltung des als Existenzminimum zu Gewährenden der Gestaltung des Gesetzgebers unterliegt. Er ist verpflichtet insgesamt ein System zu errichten, das die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht verfehlt. Dem Gesetzgeber kann damit aber kaum als Verfassungsverstoß vorgehalten werden, ein von ihm berücksichtigter Einzelbedarf, der nur im geringen Maße eine Leistungskomponente (die Regelleistung) mitbestimmt, sei graduell falsch bestimmt. Es soll damit indes nicht in Abrede gestellt werden, dass die im Vergleich zur Sozialhilfe weitergehende Pauschalisierung insgesamt restriktiv vorgenommen worden ist. Dies wird aber insbesondere durch die nach § 23 Abs 1 SGB II vorgesehene darlehensweise Gewährung für von der Pauschalisierung erfassten Bedarfe sowie von Sonderbedarfen kompensiert. Gerade diese Vorschrift bzw deren Anwendungsspielraum ermöglicht es, den Widerstreit zwischen Typisierung und Individualisierung verfassungskonform aufzulösen. Soweit das Darlehen durch monatliche Aufrechnungen in Höhe von bis zu 10 vH der Regelleistung zu tilgen ist (§ 23 Abs 1 S 3 SGB II), kann zum einen ein einzelfallbezogener und bedarfsgerechter Rückzahlungsmodus in weit geringerem Umfang gefunden werden. Auch kann - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - im Falle der niedrigen Bemessung der Rückzahlungsraten und bei fehlender Rechtsgrundlage für eine Verzinsung des Darlehens die als Darlehen gewährte Beihilfe sehr schnell den Charakter eines Zuschusses annehmen. Zum anderen ist insbesondere § 44 SGB II zu berücksichtigen, wonach der Träger der Leistungen nach dem SGB II Ansprüche erlassen kann, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Verbleibenden oder im Einzelfall auftretenden verfassungsrechtlichen Bedenken kann vorrangig, dh bevor die Regelleistung insoweit als verfassungswidrig beurteilt wird, mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 23 Abs 1 SGB II iVm § 44 SGB II in Form einer großzügigen Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale und/oder Ausgestaltung der Rückzahlungsmodalitäten (Ratenhöhe bzw Erlass) begegnet werden.

Der Senat teilt auch nicht die von den Klägern unter Bezugnahme auf Literaturmeinungen (vgl Däubler aaO S 228 ff ; Frommann aaO S 252 ff) vertretenen verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des vom Gesetzgeber gewählten Verfahrens zur Bestimmung der Regelleistung bzw Bildung des Regelsatzes nach § 28 SGB XII iVm der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII vom 03. Juni 2004 (Regelsatzverordnung – RSV; BGBl I, 1067). Soweit insbesondere unter Verweisung auf die Rechtsprechung zur früheren Regelsatzbemessung nach dem BSHG das Fehlen von Transparenz und ausreichenden Erfahrungswerten und damit ein Verstoß gegen das in Art 20 Abs 3 GG gewährleistete Rechtsstaatsprinzip gerügt wird, gilt zu bedenken, dass dem Gesetzgeber bzgl der tatsächlichen Verhältnisse und deren Entwicklung eine Einschätzungsprärogative zusteht und es in seinem – weiten – Gestaltungsermessen liegt, welches Verfahren er zur Bestimmung der Höhe der Leistungen zur Existenzsicherung wählt. Eine Verfassungswidrigkeit kann sich daher allenfalls bei groben Verstößen im Rahmen des selbst gewählten Verfahrens bzw bei Einschätzung der tatsächlichen Verhältnisse ergeben, die jedoch auch nach Auffassung des Senats nicht erkennbar sind. Im Zeitpunkt der Festsetzung des Betrages der Regelleistung in § 20 Abs 2 SGB II, der sich nach dem Willen des Gesetzgebers erklärtermaßen hinsichtlich Höhe und Neubemessung an der Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII orientieren soll (vgl § 20 Abs 4 Satz 2 SGB II iVm § 28 Abs 3 Satz 5 SGB XII; Begründung des Gesetzentwurfes der Regierungsfraktionen vom 05. September 2003 in BT- Drs 15/1516, 56), war die RSV zwar noch nicht erlassen, jedoch lag vor dem Gesetzesbeschluss zum SGB II bereits ein Entwurf für eine Regelsatzverordnung nach §§ 28, 40 SGB XII vor. Bei Ermittlung der – typisierten – Bedarfe hat der Gesetzgeber wie bereits bei der Sozialhilfe auf das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende (vgl BVerwGE 102, 366, 368 ff) Statistikmodell zurückgegriffen, als er die vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobene Auswertung der EVS 1998 auf den Stand 01. Juli 2003 hochgerechnet hatte (Begründung des Gesetzesentwurfes der Regierungsfraktionen aaO). Die dort dokumentierten Angaben für die unteren 20 vH in der Einkommensschichtung werden jedoch nicht im vollen Umfang in Ansatz gebracht, sondern nur zu einem bestimmten Anteil (vgl § 2 Abs 2 RSV vom 03. Juni 2004), mit der Folge, dass der Hilfeempfänger im Ergebnis weniger konsumieren kann als die unteren 20 vH in der Einkommensschichtung (so Däubler aaO S 228). Dass der Gesetzgeber damit die Grenzen seines Gestaltungsrechtes überschritten hat, lässt sich jedoch nicht überzeugend begründen. Schließlich hatte er sich auch an den Zielen des SGB II zu orientieren, die auf eine Stärkung des Selbsthilfewillens (§ 1 Abs 1 SGB II) – insbesondere zur Aufnahme einer auch niedrig entlohnten Tätigkeit - durch eine begrenzte Leistungshöhe ausgerichtet sind.

Ein Anspruch auf höheres Alg II ergibt sich für den Kläger zu 1) auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines besonderen Vertrauens- und Bestandsschutzes für Alhi-Empfänger, die eine Erklärung nach § 428 SGB III abgegeben hatten.

Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, kann der Kläger zu 1) aus der von ihm am 08. August 2003 unterschriebenen Erklärung zu § 428 SGB III keinen Anspruch auf Fortzahlung von Leistungen in der bis zum 31. Dezember 2004 gewährten Höhe ableiten. Weder ist mit der Unterzeichnung des betreffenden Formblattes ein Vertrag mit der Behörde des Inhalts geschlossen worden, dass ihm bis zur Altersberentung die Alhi in unveränderter Höhe weitergewährt wird. Noch kann diesem Formblatt eine entsprechende Zusicherung der Behörde im Sinne des § 34 SGB X entnommen werden. Denn in dem Formblatt ist weder eine Aussage zur Höhe der Arbeitslosenunterstützung noch eine Erklärung dahingehend enthalten, dass auch bei einer Änderung der Rechtslage die bisherige Leistungshöhe beibehalten werde. Nach Wortlaut und Inhalt der Erklärung wird ein von Gesetzes wegen bestehender Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung vorausgesetzt und lediglich erläutert, dass mit der Inanspruchnahme der so genannten "58er Regelung" nach § 428 SGB III die sonst mit der Leistungsgewährung verbundenen Verpflichtungen des Arbeitslosen (uneingeschränkte Arbeitsbereitschaft, Beschäftigungssuche und Erreichbarkeit) weitestgehend entfallen. Diese Privilegierung (Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes trotz fehlender Arbeitsbereitschaft) bleibt dem Kläger zu 1) auch nach Außer- Kraft- Treten der Regelungen über die Alhi zum 01. Januar 2005 erhalten, da der Gesetzgeber mit § 65 Abs 4 SGB II eine mit § 428 Abs 1 SGB III inhaltsgleiche Regelung für die Bezieher von Alg II geschaffen hat. Soweit der Kläger rügt, er werde durch die Umstellung auf die Regelungen des SGB II von dem dort vorgesehenen individuellen Fallmanagement zur passgenauen Vermittlung in den Arbeitsmarkt aufgrund seiner nach § 428 SGB III abgegebenen Erklärung ausgeschlossen, verkennt er die Rechtslage. Denn ihm steht es frei, jederzeit im Hinblick auf das gesunkene Leistungsniveau seine Erklärung zur Inanspruchnahme von Arbeitslosenunterstützung ohne Arbeitsbereitschaft zu widerrufen und von den Angeboten der Arbeitsvermittlung Gebrauch zu machen.

Die Ersetzung der Alhi durch das Alg II auch für ältere Arbeitslose, die von der Regelung des § 428 SGB III Gebrauch gemacht hatten, verstößt nicht gegen Art 14 GG (so aber: Mayer, Fordern statt fördern - ältere Arbeitslose unter Hartz IV, NZS 2005, 569). So handelt es sich bei der Alhi nicht um eine Beitrags-, sondern aus Steuermitteln finanzierte Leistung, da sie im Unterschied zum Arbeitslosengeld von der Konzeption her nicht auf eine eigene Leistung zurückgeht (bereits zur so genannten originären Arbeitslosenhilfe: BSG, Urteil vom 04. September 2003 B 11 AL 71/02 R - in SozR 4 4300 § 434 b Nr 1 mwN). Die Abhängigkeit des Alhi Anspruchs von der Bedürftigkeit des Arbeitslosen zeigt, dass weniger ein durch eigene Leistungen im Sinne der Ausschließlichkeit erworbenes Recht als vielmehr eine Schutz- und Fürsorgeleistung im Vordergrund steht, die von der Entwicklung der tatsächlichen persönlichen Verhältnisse abhängig ist. Im Gegensatz hierzu setzt der Bezug von Arbeitslosengeld voraus, dass (mindestens) zwölf Monate an Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung gezahlt worden sind (vgl § 123 Abs 3 SGB III). Allein aus dem Umstand, dass die so genannte Anschluss Alhi nach § 190 Abs 1 Zif 4 SGB III in der zuletzt geltenden Fassung an den Vorbezug von Arbeitslosengeld anknüpft, wird diese noch nicht zu einer "beitragsfinanzierten" Leistung. Denn der Arbeitslose hat durch seine vorherigen (mindestens zwölf Monate) erbrachten Zahlungen zur Arbeitslosenversicherung bereits eine Gegenleistung erhalten, nämlich das Arbeitslosengeld. Demgegenüber hatte § 190 Abs 1 Zif 4 SGB III als Voraussetzung nicht, dass zwölf Monate Beiträge gezahlt worden sind, sondern dass der Antragsteller mindestens ein Jahr Arbeitslosengeld bezogen hat. Die Ersetzung der Alhi durch das Alg II verstößt auch nicht gegen den aus Art 20 Abs 3 GG (Rechtsstaatsprinzip) hergeleiteten Grundsatz des Vertrauens- und Bestandsschutzes (vgl BVerfGE 94, 241, 258). Denn wie bereits dargestellt hat der Gesetzgeber mit § 65 Abs 4 SGB II praktisch eine wortgleiche Regelung zum § 428 Abs 1 SGB III geschaffen, so dass der Kläger zu 1) weiterhin von dieser Privilegierung profitiert. Zwar ist nicht zu verkennen, dass der von § 428 SGB III erfasste Personenkreis bei Abgabe der Erklärung darauf vertraut hat, er werde nunmehr Alhi Leistungen bis zum Eintritt in die Altersrente erhalten, ohne ständig der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen zu müssen. Es kann jedoch im Hinblick auf die um Fortbestand und Ausgestaltung der Alhi Leistungen seit Jahren öffentlich geführten politischen Diskussionen nicht von einem im Sinne des Art 20 Abs 3 GG geschützten Vertrauen ausgegangen werden. Die Alhi Leistung stand wegen ihres Charakters als Sozialhilfeleistung schon immer unter der Prämisse der jederzeitigen Änderbarkeit. Wie vom Kläger zu 1) selbst angeführt, war auch unter Geltung des § 428 SGB III sowohl die Alhi der Höhe nach (zB durch Einführung der jährlichen Senkung des Bemessungsentgeltes um 3 vH) und im Hinblick auf ihre Rentenwirksamkeit (zB Absenkung des in der Rentenversicherung versicherten Entgeltes, zuletzt nur noch in Höhe der Nettoleistung der Bundesagentur für Arbeit) in den letzten Jahrzehnten stetig reduziert worden. Bei der - seit langem angedachten - Zusammenführung von Alhi und Sozialhilfe ist jedoch bzgl der Rentenwirksamkeit des Alg II- Bezuges nicht die für Sozialhilfeempfänger maßgebliche Ausgestaltung (keine rentenrechtliche Berücksichtigung des Leistungsbezuges) übernommen worden, sondern als Kompromiss eine Absenkung des versicherten Entgeltes auf 400,00 EUR monatlich vorgenommen worden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass im Falle der Erhöhung des anrechenbaren Einkommens (zB der Ehefrau) bereits unter Geltung der Alhi-Vorschriften der Leistungsempfänger jederzeit aus dem Leistungsbezug hätte ausscheiden können, mit der Folge, dass für die folgenden Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug Beiträge zur Rentenversicherung nicht mehr zu entrichten gewesen wären (vgl § 3 Satz 1 Nr 3 SGB VI idF bis 31. Dezember 2004, wonach Versicherungspflicht nur bei Bezug von Alhi bestand). Der Gesetzgeber hat für die Alhi-Empfänger, die eine Erklärung nach § 428 SGB III abgegeben hatten, ausreichende Übergangsregelungen durch § 65 Abs 4 SGB II und der Möglichkeit eines befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II, welcher in vertretbarem Maße den vorherigen Arbeitslosengeldbezug und damit die Beitragszahlung an die Arbeitslosenversicherung berücksichtigt, geschaffen und damit den Anforderungen des angemessenen Bestands- und Vertrauensschutzes Genüge getan. Im Übrigen würde es zu einer möglicherweise verfassungsrechtlich unzulässigen, da sachlich nicht zu rechtfertigenden (Art 3 Abs 1 GG) Privilegierung derjenigen älteren Arbeitslosen führen, die sich aus dem Arbeitsmarkt im Rahmen der "58er Regelung" zurückgezogen haben, wenn dieser Personengruppe ein Vertrauensschutz hinsichtlich Art und/oder Höhe der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Entgeltersatzleistungen zugebilligt würde, nicht aber den über 58 jährigen Arbeitslosen, die in der Vermittlung verblieben sind; diese würden dann gleichsam für ihre Arbeitsbereitschaft "bestraft" (vgl Sozialgericht Chemnitz, Gerichtsbescheid vom 12. Januar 2006 S 21 AS 491/05 in juris, Rechtsprechung der Länder mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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