Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 378/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 50/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Juli 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung der Beschwerden seiner rechten Schulter als Folge eines Arbeitsunfalls und Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der im Jahre 1945 geborene Kläger kam am 11. August 1997 während der Tätigkeit als Betonbauer für seinen Arbeitgeber, der Mitglied der Beklagten war, beim Betonieren zu Fall.
Er suchte den Orthopäden Dr. Dr. Zak auf. Dessen Unterlagen zufolge hatte er den Kläger bereits am 21. Juli 1997 wegen eines HWS-Syndroms mit Blockierungen und einer Schultersteife rechts behandelt, wobei der Röntgenbefund eine Akromioklavikulargelenksarthrose (Degeneration mit Arthrose in Schulterhöhe/Schlüsselbeingelenk) ergeben hatte. Dr. Dr. Zak nahm als Befund einen Erguss der rechten Schulter, Bewegungsschmerz und ein positives Kapselmuster auf. Die Sonographie war ohne Befund. Röntgenaufnahmen der rechten Schulter zeigten keine frischen knöchernen Verletzungen. Er diagnostizierte an der rechten Schulter eine Prellung und Zerrung. Der Unfallhergang wurde dahingehend geschildert, dass beim Einlaufen des Betons der über der rechten Schulter des Klägers hängende Schlauch durch einen Druck abgerutscht sei, worauf der Kläger auf die rechte Körperseite gestürzt sei. Bis zum 8. September 1997 war der Kläger krankgeschrieben.
Vor dem Unfall war der Kläger bei Dr. Hueck in Behandlung gewesen. Einem Bericht des Röntgen-Instituts der Radiologen Dres. Gross, Newiger und Autenrieth zufolge war bei Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenks in zwei Ebenen vom 9. Januar 1997 festgestellt worden, dass das Tuberculum maius etwas unregelmäßig konturiert und partiell randständig sklerotisiert gewesen sei, was mit der Diagnose einer Periarthrosis humeroscapularis zu vereinbaren sei.
Später wurde der Kläger (u.a.) von Dr. Hueck vom 1. bis 31. Januar 1998 sowie von Dr. Zemke vom 2. Februar bis zum 9. März 1998 wegen rechtsseitiger Schulterbeschwerden mit den Diagnosen Periarthritis humeroscapularis bzw. Omarthrosis deformans arbeitsunfähig geschrieben. Am 19. Januar 1998 fand eine weitere röntgenologische Untersuchung des rechten Schultergelenks des Klägers statt. Zusätzlich zu den Feststellungen vom Januar 1997 wurde ein relativer Hochstand des Humeruskopfes in der Glenoidpfanne befundet, was nach Ansicht des Radiologen Ausdruck für eine Schädigung der Außenrotatorenmanschette (die das Dach des Schultergelenkes bildet und sich aus vier Muskeln – dem Musculus infraspinatus, dem Musculus supraspinatus, dem Musculus subscapularis und dem Musculus terres minor – sowie deren Sehnen zusammensetzt, die vom Schulterblatt zum Tuberculum maius bzw. zum Tuberculum minus ziehen) im Rahmen der Periarthrosis humeroscapularis sei. Ferner läge eine Omarthrose mit kleiner Randzacke an der caudalen Begrenzung der Glenoidpfanne sowie an korrespondierender Stelle am Humeruskopf vor. Die Knochenstruktur sei altersentsprechend, Arthritiszeichen lägen nicht vor. Der von dem Neurologen und Psychiater Dr. Kullen am 22. Januar 1998 erhobene elektromyographische Befund war unauffällig: Es dürfte sich lediglich um eine Inaktivitätsatrophie im Bereich der Schultermuskulatur rechtsseitig handeln. Für eine umschriebene Nervenschädigung oder eine Armplexusirritation infolge des im August 1997 erlittenen Unfalls ergebe sich kein Hinweis.
Für den Zeitraum vom 4. bis zum 29. September 1998 wurde der Kläger von einem nicht näher bezeichneten Arzt krankgeschrieben.
Später stellte ihm der Chirurg Dr. Breymeier vom 21. bis zum 23. April 1999 eine Arbeitsunfähigkeitbescheinigung aus. Dessen Unterlagen zufolge hatte der Kläger sich am 20. April 1999 bei einem in die Zuständigkeit der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft fallenden Arbeitsunfall eine Halswirbelsäulenzerrung und eine Prellung der linken Schulter zugezogen. Am 29. April 1999 suchte der Kläger den Chirurgen erneut auf. Dieser nahm im Durchgangsarztbericht auf, am "5. August 1998" habe der Kläger einen Unfall erlitten: Beim Betonieren mit einer Betonpumpe sei der Schlauch geplatzt und dem Kläger gegen die rechte Schulter geschlagen. Der Kläger habe berichtet, dass er seit dem Unfall den rechten Arm im Schultergelenk nicht mehr richtig hochheben könne, vorher habe er nie Beschwerden in der rechten Schulter gehabt. Bei der Untersuchung durch Dr. Breymeier konnte der Kläger den rechten Arm aktiv bis 90° abspreizen, passiv gelang es, den außenrotierten Arm über die Horizontale bis 160° abzuspreizen, wobei der Arm in dieser Stellung aktiv gehalten wurde. Nach Röntgenaufnahmen diagnostizierte Dr. Breymeier ein Impingement-Syndrom (=Periarthrosis humeroscapularis) der rechten Schulter bei knöcherner Enge des Subakromialraumes. Unter Würdigung des Röntgenbefundes und der Schilderung des Unfallvorgangs durch den Kläger bewertete er die Beschwerden der rechten Schulter als unfallfremd. Die Steinbruchs-Berufsgenossenschaft lehnte gegenüber der Krankenkasse des Klägers die Anerkennung des Geschehens vom "5. August 1998" als Arbeitsunfall ab. Später ging sie davon aus, dass es sich wegen eines Schreibfehlers beim Datum um den Unfall vom 11. August 1997 gehandelt habe, und übersandte der Beklagten die Vorgänge.
Am 17. Juni 1999 suchte der Kläger die Chirurgin Dipl.-Med. Sulayman auf, die in ihrer Unfallmeldung vom 9. Dezember 1999 den Unfallhergang vom "12. August 1997" dahingehend schilderte, dass der Kläger bei Betonarbeiten von einer am Kran hängenden Betonbombe an der rechten Schulter getroffen worden sei. Als Befund nahm die Chirurgin auf, dass der Kläger bei Bewegung ständig Schmerzen leide. Das Anheben der rechten Schulter sei nur bis 45° möglich, jedoch keine Rotation im Schultergelenk rechts.
Eine am 23. Juni 1999 durch den Radiologen Dr. Schweiger vorgenommene Magnetresonanz-Tomographie der rechten Schulter ergab insbesondere einen relativen Humeruskopfvorstand und Sporn am Akromion, eine Läsion am inferioren knorpeligen Labrum, eine Ruptur der Supraspinatussehne, eine Partialläsion der Subscapularissehne und eine Arthrose des Schultereckgelenks.
Wegen des Verdachts auf Schädigung der Rotatorenmanschette vermittelte die Dipl.-Med. Sulayman den Kläger an die Klinik für Orthopädie am Universitätsklinikum Charité der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Oberarzt Dr. Labs diagnostizierte unter dem 19. August 1999 ein chronisches subakromiales Schmerzsyndrom im rechten Schultergelenk bei Rotatorenmanschettenmassenruptur. Die am 17. August 1999 durchgeführte Sonographie zeige eine komplette Humeruskopfglatze ohne Hinweis auf Reststrukturen des Supra- und Infraspinatus. Der Röntgenaufnahme vom 17. Juni 1999 seien eine Akromioklavikulargelenkarthrose mit Spornbildung an der Unterfläche des Akromions und eine deutliche Humeruskopfmigration nach kranial bei einem akromiohumeralen Abstand unter 7 mm zu entnehmen. Am 14. Oktober 1999 wurden eine offene subakromiale Dekompression und eine Bizepstenodese der rechten Schulter vorgenommen. Hierbei bestätigte sich laut Operationsbericht des Dr. Schneider vom selben Tag die Diagnose einer Rotatorenmanschettenmassenruptur. Ferner stellte er degenerative Veränderungen der Bizepssehne fest. Am 19. Oktober 1999 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung entlassen. Bis zum 1. März 2000 war er arbeitsunfähig.
Mit Bescheid vom 15.März 2000 lehnte es die Beklagte ab, die anhaltenden Schulterbeschwerden als Unfallfolgen anzuerkennen. Ein Anspruch auf eine Rente oder auf Verletztengeld bestehe nicht. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2000 zurück.
Mit seiner vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat insbesondere vorgebracht, dass die von Dr. Dr. Zak und weiteren Ärzten, die er aufgesucht habe, gestellte Diagnose einer Prellung der Schulter falsch gewesen sei. Vielmehr sei anlässlich seines Unfalls vom 11. August 1997, wie in der Charité festgestellt worden sei, eine Rotatorenmanschettenruptur eingetreten.
Das Sozialgericht hat neben Befundberichten des Orthopäden Dr. Dr. Zak, des Oberarztes Dr. Labs von der Klinik für Orthopädie und der Chirurgin Dipl.-Med. Sulayman das für das Arbeitsamt Berlin Süd von dem Allgemeinmediziner Dr. Jasniak zur Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers erstattete Gutachten vom 9. Juli 2000 beigezogen. Ferner hat es Beweis durch Einholung eines Gutachtens vom 31. Oktober 2001, ergänzt durch die gutachterliche Stellungnahme vom 19. März 2002, des Orthopäden Dr. Wenzel-Raffloer erhoben. Der Sachverständige hat als Schilderung des Unfallhergangs durch den Kläger aufgenommen, dass der diesem bei Betonierarbeiten über die rechte Schulter hängende Betonierschlauch plötzlich geplatzt und gegen dessen Schulter geprallt sei, so dass er – nicht mit ausgestreckten Armen, sondern direkt auf die rechte Körperhälfte einschließlich der Schulter – gestürzt sei. Unmittelbar darauf habe er seinen Arm nicht mehr bewegen können.
Dr. Wenzel-Raffloer hat eine hochgradige Funktionseinschränkung der rechten Schulter bei Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur und Akromioplastik sowie eine Omarthrose festgestellt. Diese Gesundheitsstörungen seien jedoch nicht – auch nicht im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung – auf den Unfall vom 11. August 1997 zurückzuführen. Die unmittelbar posttraumatisch vorgenommenen Sonographieaufnahmen wiesen keinen Rotatorenmanschettendefekt nach. Auch entspreche der Krankheitsverlauf nicht einer subtotalen Rotatorenmanschettenruptur, da der Kläger sechs Wochen später seine berufliche Tätigkeit wieder ausgeübt habe. Der angegebene Schadensmechanismus sei in keiner Weise geeignet gewesen, eine gesunde und nicht wesentlich vorgeschädigte Rotatorenmanschette zu verletzen, da keine Verletzungen der Nachbarstrukturen vorgelegen hätten. Frühere, Anfang 1997 durchgeführte Röntgenaufnahmen zeigten beginnende Veränderungen im Sinne einer chronischen Periarthritis humeroscapularis und einen dorsalen Sporn im Subakromialraum am Akromioklavikulargelenk. Es sei von einem erheblichen, bis dahin klinisch stummen, degenerativen, also unfallunabhängigen Vorschaden auszugehen.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht Berlin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Oberarzt Dr. Dreithaler von der Unfallchirurgischen Klinik der DRK-Kliniken Westend gehört. In seinem Gutachten vom 16. Februar 2004 hat er als Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der rechten Schulter eine Rotatorenmanschettenruptur, eine Bizepssehnenruptur im Bereich des rechten Schultergelenks, nahezu aufgehobene Funktion des rechten Schultergelenks mit massiver Bewegungseinschränkung und deutlichem Kraftverlust aufgrund der Schmerzhaftigkeit in diesem Bereich und eine adhäsive Kasulitis bzw. eine sogenannte eingesteifte Schulter ("Frozen shoulder") festgestellt. Diese Gesundheitsstörungen seien ausschließlich auf den Unfall vom 11. August 1997 zurückzuführen. Vor dem Unfall hätten keine Hinweise vorgelegen, dass der Kläger wesentliche Funktionseinschränkungen im Bereich des rechten Schultergelenks aufgewiesen habe. Die Röntgenbilder vom 9. Januar 1997, die nur eine geringfügige Veränderung im Bereich des Tuberculum maius ohne wesentliche Verminderungen des humeroakromialen Abstandes zeigten, könnten nicht als beweisend für einen wesentlichen Vorschaden gewertet werden, da seinerzeit auch Aufnahmen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule durchgeführt worden seien, was auch für eine Erkrankung in diesem Bereich sprechen könne. Ein möglicher Vorschaden der Rotatorenmanschette im Bereich des rechten Schultergelenks im Sinne einer Degeneration sei zwar von einem bestimmten Lebensalter an nachzuweisen, jedoch bei völliger Beschwerdefreiheit vor dem Unfall als nicht wesentlich einzustufen. Die Auffassung von Dr. Wenzel-Raffloer, unter Würdigung des Sonographiebefundes könne keine Rotatorenmanschettenruptur vorgelegen haben, sei falsch. Denn die kurze Beschreibung des Sonographiebefundes ohne vorliegende Bilder könne nur eingeschränkt zur Bewertung herangezogen werden. Überdies seien die genannten Befunde sonographisch nur bei ausgeprägten oder älteren Rissen primär gut zu sehen. Der Umstand, dass eine MRT-Untersuchung nicht zeitnah, sondern erst im Juni 1999 durchgeführt worden sei, sei nicht zu Lasten des Klägers, sondern eher zu Lasten der behandelnden Ärzte zu zählen. Auch bezüglich des Schadensmechanismus könne dem Vorgutachter nicht zugestimmt werden. Nach den Angaben des Klägers habe es bei dem Unfall eine direkte Gewalteinwirkung durch den unkontrolliert gegen seine Schulter schlagenden Schlauch gegeben. Bei dem anschließenden unkontrollierten Sturz des Klägers auf seine rechte Seite und Schulter sei es durchaus möglich, dass Verletzungen einer Sehne im Bereich des Schultergürtels speziell auch der Rotatorenmanschette und dort am häufigsten der Supraspinatussehne auftreten könnten. Denn bei Stürzen dieser Art komme es in der Regel auch zu Ausweich- oder Abstützreaktionen der Extremität, die der betreffenden Seite zugeordnet sei. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei ab 9. September 1997 mit 30 v.H. zu bemessen.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 2. Juli 2004 abgewiesen: Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Rente und Verletztengeldzahlungen für weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nach dem 8. September 1997. Denn es könne nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die rechtsseitigen Schulterbeschwerden, die dem Kläger eine Fortsetzung seiner beruflichen Tätigkeit als Baufachwerker (Betonbauer) nicht mehr erlaubten und eine MdE von mindestens 30 v.H. begründeten, durch den Arbeitsunfall vom 11. August 1997 im Sinne einer rechtlich wesentlichen Ursache verursacht worden seien. Vielmehr sprächen mehr Gründe dafür, dass die erheblichen Schäden im Bereich der rechten Schulter des Klägers unabhängig vom Unfall entstanden seien.
Bereits die Aussage des Klägers, es habe außer dem Unfall vom 11. August 1997 keinen weiteren die rechte Schulter betreffenden Unfall gegeben, erscheine fragwürdig. Das Gleiche gelte für dessen Darlegungen des Unfallhergangs. Auffällig sei auch, dass der Kläger die Ärzte, die ihn wegen der rechtsseitigen Schulterbeschwerden behandelt hätten, nicht vollständig angegeben habe. Unabhängig davon stehe es aufgrund des Arztberichts von Dr. Dr. Zak vom 13. Januar 2000 fest, dass dieser den Kläger bereits am 21. Juli 1997 wegen einer rechtsseitigen Schultersteife behandelt habe. Damit entfalle die zentrale Prämisse für die gutachterliche Bewertung von Dr. Dreithaler, der gerade aufgrund der Angaben des Klägers über die Beschwerdefreiheit vor dem 11. August 1997 und über die erheblichen Bewegungseinschränkungen angenommen habe, es sei durch den Unfall zu einer Rissbildung im Bereich der Rotatorenmanschette gekommen. Anders als Dr. Dreithaler habe der Sachverständige Dr. Wenzel-Raffloer seine gutachterlichen Darlegungen nicht auf spekulative Annahmen begründet, wobei er durchaus konstatiert habe, dass die anfängliche Befunddokumentation durch Dr. Dr. Zak sehr dürftig und unzureichend gewesen sei. Denkbar erscheine allenfalls eine Beweiserleichterung, die jedoch zumindest einen im Hinblick auf die fragliche Verletzung geeigneten Unfallhergang und die Nichtexistenz einschlägiger Beschwerden vor dem Unfall voraussetze, was jedoch nicht der Fall sei.
Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er bringt insbesondere vor: Das Unfallgeschehen habe er den ihn behandelnden Ärzte – gemessen an seinen geringen sprachlichen Mitteln – sehr detailliert und richtig dargestellt. Er habe keinen Einfluss darauf, wie die Ärzte letztendlich ihre Berichte schrieben. Er habe von Anfang an dargestellt, dass ihm der mit Beton gefüllte Schlauch mit hohem Druck gegen die rechte Schulter geschlagen habe. Der Schlauch habe sich nicht, wie von seinem Prozessbevollmächtigten geschildert, von einem Flansch gelöst und sei auch nicht geplatzt. Vielmehr habe sich im Schlauch alter Beton befunden, der bereits durchgehärtet gewesen sei. Als seine Kollegen den neuen Beton mit zu viel Druck durch den Schlauch pressten, sei der Schlauch mit großer Wucht hochgeflogen und sei ihm so hart auf die Schulter geschlagen, dass er umgefallen sei.
Tatsache sei jedenfalls, dass er sich durch diese schwere Verletzung eine Rotatorenmanschettenmassenruptur und eine Bizepssehnenruptur zugezogen habe. Die Diagnose durch Dr. Dr. Zak sei nicht richtig. Die weiter behandelnden Ärzte seien dieser falschen Diagnose gefolgt. Er habe nach dem Unfall vom ersten Moment an immer Schmerzen im rechten Arm und habe ihn überhaupt nicht einsetzen können. Er habe großes Glück gehabt, dass sein Arbeitgeber ihn nach der nicht gerechtfertigten Gesundschreibung durch Dr. Dr. Zak zu Vorarbeitertätigkeiten herangezogen habe, weswegen er seinen Arm nicht mehr habe einsetzen müssen. Erst im Juni 1999 habe die Ärztin Sulayman die richtige Diagnose getroffen.
Entgegen den Feststellungen im angefochtenen Urteil sei im Januar 1997 seine rechte Schulter nicht geröntgt worden. Er habe zu dieser Zeit an Hinterhauptkopfschmerzen gelitten. Man habe deswegen eine Schädelaufnahme gemacht und gleichzeitig den Schultergürtel und die Hals- und Lendenwirbelsäule mitgeröntgt, um herauszufinden, ob hier Nerveneinklemmungen oder schrägstehende Wirbel der Halswirbelsäule festzustellen wären. Es treffe nicht zu, dass er am 21. Juli 1997 in der Praxis von Dr. Dr. Zak behandelt worden sei. Hierbei müsse es sich um eine Verwechslung halten. Auch habe er entgegen den Angaben von Dr. Breymeier keinen Arbeitsunfall am 20. April 1999 erlitten. Diesen Arzt habe er aufgesucht, weil er wegen Rheumas im linken Schulterbereich und Rücken starke Schmerzen gehabt habe.
Es sei unverständlich, dass der Gutachter Dr. Wenzel-Raffloer davon ausgehe, es müssten, weil anders die schwere Verletzung ohne direkte Gewalteinwirkung nicht erklärbar sei, hier wesentliche Vorschädigungen der rechten Schulter vorgelegen haben. Denn es hätte – wie er von Anfang an vorgetragen hätte – eine massive Gewalteinwirkung durch den Betonschlauch gegeben. Im Übrigen hätten die Aufnahmen vom 12. August 1997 dem Gutachter nicht vorgelegen. Wenn Dr. Wenzel-Raffloer in seinem Gutachten (Seite 10) schreibe, unter Würdigung des Sonographiebefundes sei eine Rotatorenmanschettenruptur nicht anzunehmen, unterstelle dieser ohne weitere Detailkenntnisse des Gesamtgeschehens, Dr. Dr. Zak müsse mit seiner Diagnose schon Recht gehabt haben. Die Sonographie sei bei Weichteilverletzungen ein äußerst ungenauer Ratgeber. Vielmehr hätte der Unfallarzt eine Untersuchung mittels MRT durchgeführt müssen. Das Unterlassen durch Dr. Dr. Zak dürfe nicht zu Lasten des Klägers gewertet werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Juli 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2000 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, die seine rechte Schulter betreffende Rotatorenmanschettenmassenruptur und Bizepssehnenruptur als Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. August 1997 anzuerkennen und ihm weitere Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Verletztengeld für weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nach dem 8. September 1997 sowie eine Rente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 30 v.H., zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin für zutreffend.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, der Akte des sozialgerichtlichen Verfahrens, des den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten und des in Kopie vorliegenden Auszugs aus der Schwerbehindertenakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in dem Urteil vom 2. Juli 2004 unter Verwertung der ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen über den Kläger ausführlich dargelegt, dass die Beschwerden des Klägers an dessen rechter Schulter nicht Folge des Unfalls vom 11. August 1997 sind. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung und sieht deshalb nach § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Der Kläger dringt mit seinen in der Berufung vorgebrachten Einwänden nicht durch:
Der Umstand, dass er – wie er behauptet – vor dem Unfall keine Beschwerden der rechten Schulter gehabt habe, begründet nicht die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfall und der Rotatorenmanschettenruptur rechts. Der Sachverständige Dr. Wenzel-Raffloer hat das Fehlen eines derartigen Ursachenzusammenhangs nachvollziehbar und überzeugend damit begründet, dass das Unfallgeschehen – nämlich das Anprallen des geplatzten bzw. verstopften Betonschlauches gegen die Schulter des Klägers mit einer derartigen Wucht, dass dieser zu Fall kam – nicht geeignet war, eine entsprechende Schädigung zu verursachen. Vielmehr lag ein Vorschaden aufgrund degenerativer Veränderungen vor, die – unterstellt, die Angaben des Klägers, er sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen, wären zutreffend – bis dahin klinisch stumm verlaufen waren und durch das Trauma lediglich manifest wurden.
Die gegenteilige Ansicht des nach § 109 SGG gehörten Oberarztes Dr. Dreithaler in seinem Gutachten vom 16. Februar 2004, die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen seien ausschließlich auf den Unfall vom 11. August 1997 zurückzuführen, überzeugt nicht. Zwar tritt ein Rotatorenmanschettenriss, was auch Dr. Wenzel-Raffloer ausdrücklich erwähnt, nicht nur in Folge einer Degeneration (Verschleiß) der geschwächten Supraspinatussehne auf, sondern kann auch durch einen Sturz auf den ausgestreckten Arm entstehen. Der Hinweis des Oberarztes Dr. Dreithaler, bei Stürzen komme es in der Regel auch zu Ausweich- oder Abstützreaktionen der Extremität, die der betreffenden Seite zugeordnet sei, geht vorliegend fehl, da der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Dr. Wenzel-Raffloer angab, nicht mit ausgestreckten Armen, sondern direkt auf die rechte Körperhälfte einschließlich der Schulter gefallen zu sein. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erklärt, auf den rechten Arm – und nicht etwa auf die ausgestreckte rechte Hand – gestürzt zu sein.
Die Annahme, dass eine Rotatorenmanschettenruptur nachgewiesen worden wäre, wenn Dr. Dr. Zak die rechte Schulter des Klägers im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall mittels MRT untersucht hätte, ist deshalb nicht gerechtfertigt. Im Übrigen ist dem Unfallversicherungsrecht eine Umkehr der Beweislast fremd, wenn eine weitergehende Diagnostik durch den behandelnden Arzt versäumt wurde.
Die nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Berufung keinen Erfolg hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung der Beschwerden seiner rechten Schulter als Folge eines Arbeitsunfalls und Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der im Jahre 1945 geborene Kläger kam am 11. August 1997 während der Tätigkeit als Betonbauer für seinen Arbeitgeber, der Mitglied der Beklagten war, beim Betonieren zu Fall.
Er suchte den Orthopäden Dr. Dr. Zak auf. Dessen Unterlagen zufolge hatte er den Kläger bereits am 21. Juli 1997 wegen eines HWS-Syndroms mit Blockierungen und einer Schultersteife rechts behandelt, wobei der Röntgenbefund eine Akromioklavikulargelenksarthrose (Degeneration mit Arthrose in Schulterhöhe/Schlüsselbeingelenk) ergeben hatte. Dr. Dr. Zak nahm als Befund einen Erguss der rechten Schulter, Bewegungsschmerz und ein positives Kapselmuster auf. Die Sonographie war ohne Befund. Röntgenaufnahmen der rechten Schulter zeigten keine frischen knöchernen Verletzungen. Er diagnostizierte an der rechten Schulter eine Prellung und Zerrung. Der Unfallhergang wurde dahingehend geschildert, dass beim Einlaufen des Betons der über der rechten Schulter des Klägers hängende Schlauch durch einen Druck abgerutscht sei, worauf der Kläger auf die rechte Körperseite gestürzt sei. Bis zum 8. September 1997 war der Kläger krankgeschrieben.
Vor dem Unfall war der Kläger bei Dr. Hueck in Behandlung gewesen. Einem Bericht des Röntgen-Instituts der Radiologen Dres. Gross, Newiger und Autenrieth zufolge war bei Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenks in zwei Ebenen vom 9. Januar 1997 festgestellt worden, dass das Tuberculum maius etwas unregelmäßig konturiert und partiell randständig sklerotisiert gewesen sei, was mit der Diagnose einer Periarthrosis humeroscapularis zu vereinbaren sei.
Später wurde der Kläger (u.a.) von Dr. Hueck vom 1. bis 31. Januar 1998 sowie von Dr. Zemke vom 2. Februar bis zum 9. März 1998 wegen rechtsseitiger Schulterbeschwerden mit den Diagnosen Periarthritis humeroscapularis bzw. Omarthrosis deformans arbeitsunfähig geschrieben. Am 19. Januar 1998 fand eine weitere röntgenologische Untersuchung des rechten Schultergelenks des Klägers statt. Zusätzlich zu den Feststellungen vom Januar 1997 wurde ein relativer Hochstand des Humeruskopfes in der Glenoidpfanne befundet, was nach Ansicht des Radiologen Ausdruck für eine Schädigung der Außenrotatorenmanschette (die das Dach des Schultergelenkes bildet und sich aus vier Muskeln – dem Musculus infraspinatus, dem Musculus supraspinatus, dem Musculus subscapularis und dem Musculus terres minor – sowie deren Sehnen zusammensetzt, die vom Schulterblatt zum Tuberculum maius bzw. zum Tuberculum minus ziehen) im Rahmen der Periarthrosis humeroscapularis sei. Ferner läge eine Omarthrose mit kleiner Randzacke an der caudalen Begrenzung der Glenoidpfanne sowie an korrespondierender Stelle am Humeruskopf vor. Die Knochenstruktur sei altersentsprechend, Arthritiszeichen lägen nicht vor. Der von dem Neurologen und Psychiater Dr. Kullen am 22. Januar 1998 erhobene elektromyographische Befund war unauffällig: Es dürfte sich lediglich um eine Inaktivitätsatrophie im Bereich der Schultermuskulatur rechtsseitig handeln. Für eine umschriebene Nervenschädigung oder eine Armplexusirritation infolge des im August 1997 erlittenen Unfalls ergebe sich kein Hinweis.
Für den Zeitraum vom 4. bis zum 29. September 1998 wurde der Kläger von einem nicht näher bezeichneten Arzt krankgeschrieben.
Später stellte ihm der Chirurg Dr. Breymeier vom 21. bis zum 23. April 1999 eine Arbeitsunfähigkeitbescheinigung aus. Dessen Unterlagen zufolge hatte der Kläger sich am 20. April 1999 bei einem in die Zuständigkeit der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft fallenden Arbeitsunfall eine Halswirbelsäulenzerrung und eine Prellung der linken Schulter zugezogen. Am 29. April 1999 suchte der Kläger den Chirurgen erneut auf. Dieser nahm im Durchgangsarztbericht auf, am "5. August 1998" habe der Kläger einen Unfall erlitten: Beim Betonieren mit einer Betonpumpe sei der Schlauch geplatzt und dem Kläger gegen die rechte Schulter geschlagen. Der Kläger habe berichtet, dass er seit dem Unfall den rechten Arm im Schultergelenk nicht mehr richtig hochheben könne, vorher habe er nie Beschwerden in der rechten Schulter gehabt. Bei der Untersuchung durch Dr. Breymeier konnte der Kläger den rechten Arm aktiv bis 90° abspreizen, passiv gelang es, den außenrotierten Arm über die Horizontale bis 160° abzuspreizen, wobei der Arm in dieser Stellung aktiv gehalten wurde. Nach Röntgenaufnahmen diagnostizierte Dr. Breymeier ein Impingement-Syndrom (=Periarthrosis humeroscapularis) der rechten Schulter bei knöcherner Enge des Subakromialraumes. Unter Würdigung des Röntgenbefundes und der Schilderung des Unfallvorgangs durch den Kläger bewertete er die Beschwerden der rechten Schulter als unfallfremd. Die Steinbruchs-Berufsgenossenschaft lehnte gegenüber der Krankenkasse des Klägers die Anerkennung des Geschehens vom "5. August 1998" als Arbeitsunfall ab. Später ging sie davon aus, dass es sich wegen eines Schreibfehlers beim Datum um den Unfall vom 11. August 1997 gehandelt habe, und übersandte der Beklagten die Vorgänge.
Am 17. Juni 1999 suchte der Kläger die Chirurgin Dipl.-Med. Sulayman auf, die in ihrer Unfallmeldung vom 9. Dezember 1999 den Unfallhergang vom "12. August 1997" dahingehend schilderte, dass der Kläger bei Betonarbeiten von einer am Kran hängenden Betonbombe an der rechten Schulter getroffen worden sei. Als Befund nahm die Chirurgin auf, dass der Kläger bei Bewegung ständig Schmerzen leide. Das Anheben der rechten Schulter sei nur bis 45° möglich, jedoch keine Rotation im Schultergelenk rechts.
Eine am 23. Juni 1999 durch den Radiologen Dr. Schweiger vorgenommene Magnetresonanz-Tomographie der rechten Schulter ergab insbesondere einen relativen Humeruskopfvorstand und Sporn am Akromion, eine Läsion am inferioren knorpeligen Labrum, eine Ruptur der Supraspinatussehne, eine Partialläsion der Subscapularissehne und eine Arthrose des Schultereckgelenks.
Wegen des Verdachts auf Schädigung der Rotatorenmanschette vermittelte die Dipl.-Med. Sulayman den Kläger an die Klinik für Orthopädie am Universitätsklinikum Charité der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Oberarzt Dr. Labs diagnostizierte unter dem 19. August 1999 ein chronisches subakromiales Schmerzsyndrom im rechten Schultergelenk bei Rotatorenmanschettenmassenruptur. Die am 17. August 1999 durchgeführte Sonographie zeige eine komplette Humeruskopfglatze ohne Hinweis auf Reststrukturen des Supra- und Infraspinatus. Der Röntgenaufnahme vom 17. Juni 1999 seien eine Akromioklavikulargelenkarthrose mit Spornbildung an der Unterfläche des Akromions und eine deutliche Humeruskopfmigration nach kranial bei einem akromiohumeralen Abstand unter 7 mm zu entnehmen. Am 14. Oktober 1999 wurden eine offene subakromiale Dekompression und eine Bizepstenodese der rechten Schulter vorgenommen. Hierbei bestätigte sich laut Operationsbericht des Dr. Schneider vom selben Tag die Diagnose einer Rotatorenmanschettenmassenruptur. Ferner stellte er degenerative Veränderungen der Bizepssehne fest. Am 19. Oktober 1999 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung entlassen. Bis zum 1. März 2000 war er arbeitsunfähig.
Mit Bescheid vom 15.März 2000 lehnte es die Beklagte ab, die anhaltenden Schulterbeschwerden als Unfallfolgen anzuerkennen. Ein Anspruch auf eine Rente oder auf Verletztengeld bestehe nicht. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2000 zurück.
Mit seiner vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat insbesondere vorgebracht, dass die von Dr. Dr. Zak und weiteren Ärzten, die er aufgesucht habe, gestellte Diagnose einer Prellung der Schulter falsch gewesen sei. Vielmehr sei anlässlich seines Unfalls vom 11. August 1997, wie in der Charité festgestellt worden sei, eine Rotatorenmanschettenruptur eingetreten.
Das Sozialgericht hat neben Befundberichten des Orthopäden Dr. Dr. Zak, des Oberarztes Dr. Labs von der Klinik für Orthopädie und der Chirurgin Dipl.-Med. Sulayman das für das Arbeitsamt Berlin Süd von dem Allgemeinmediziner Dr. Jasniak zur Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers erstattete Gutachten vom 9. Juli 2000 beigezogen. Ferner hat es Beweis durch Einholung eines Gutachtens vom 31. Oktober 2001, ergänzt durch die gutachterliche Stellungnahme vom 19. März 2002, des Orthopäden Dr. Wenzel-Raffloer erhoben. Der Sachverständige hat als Schilderung des Unfallhergangs durch den Kläger aufgenommen, dass der diesem bei Betonierarbeiten über die rechte Schulter hängende Betonierschlauch plötzlich geplatzt und gegen dessen Schulter geprallt sei, so dass er – nicht mit ausgestreckten Armen, sondern direkt auf die rechte Körperhälfte einschließlich der Schulter – gestürzt sei. Unmittelbar darauf habe er seinen Arm nicht mehr bewegen können.
Dr. Wenzel-Raffloer hat eine hochgradige Funktionseinschränkung der rechten Schulter bei Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur und Akromioplastik sowie eine Omarthrose festgestellt. Diese Gesundheitsstörungen seien jedoch nicht – auch nicht im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung – auf den Unfall vom 11. August 1997 zurückzuführen. Die unmittelbar posttraumatisch vorgenommenen Sonographieaufnahmen wiesen keinen Rotatorenmanschettendefekt nach. Auch entspreche der Krankheitsverlauf nicht einer subtotalen Rotatorenmanschettenruptur, da der Kläger sechs Wochen später seine berufliche Tätigkeit wieder ausgeübt habe. Der angegebene Schadensmechanismus sei in keiner Weise geeignet gewesen, eine gesunde und nicht wesentlich vorgeschädigte Rotatorenmanschette zu verletzen, da keine Verletzungen der Nachbarstrukturen vorgelegen hätten. Frühere, Anfang 1997 durchgeführte Röntgenaufnahmen zeigten beginnende Veränderungen im Sinne einer chronischen Periarthritis humeroscapularis und einen dorsalen Sporn im Subakromialraum am Akromioklavikulargelenk. Es sei von einem erheblichen, bis dahin klinisch stummen, degenerativen, also unfallunabhängigen Vorschaden auszugehen.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht Berlin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Oberarzt Dr. Dreithaler von der Unfallchirurgischen Klinik der DRK-Kliniken Westend gehört. In seinem Gutachten vom 16. Februar 2004 hat er als Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der rechten Schulter eine Rotatorenmanschettenruptur, eine Bizepssehnenruptur im Bereich des rechten Schultergelenks, nahezu aufgehobene Funktion des rechten Schultergelenks mit massiver Bewegungseinschränkung und deutlichem Kraftverlust aufgrund der Schmerzhaftigkeit in diesem Bereich und eine adhäsive Kasulitis bzw. eine sogenannte eingesteifte Schulter ("Frozen shoulder") festgestellt. Diese Gesundheitsstörungen seien ausschließlich auf den Unfall vom 11. August 1997 zurückzuführen. Vor dem Unfall hätten keine Hinweise vorgelegen, dass der Kläger wesentliche Funktionseinschränkungen im Bereich des rechten Schultergelenks aufgewiesen habe. Die Röntgenbilder vom 9. Januar 1997, die nur eine geringfügige Veränderung im Bereich des Tuberculum maius ohne wesentliche Verminderungen des humeroakromialen Abstandes zeigten, könnten nicht als beweisend für einen wesentlichen Vorschaden gewertet werden, da seinerzeit auch Aufnahmen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule durchgeführt worden seien, was auch für eine Erkrankung in diesem Bereich sprechen könne. Ein möglicher Vorschaden der Rotatorenmanschette im Bereich des rechten Schultergelenks im Sinne einer Degeneration sei zwar von einem bestimmten Lebensalter an nachzuweisen, jedoch bei völliger Beschwerdefreiheit vor dem Unfall als nicht wesentlich einzustufen. Die Auffassung von Dr. Wenzel-Raffloer, unter Würdigung des Sonographiebefundes könne keine Rotatorenmanschettenruptur vorgelegen haben, sei falsch. Denn die kurze Beschreibung des Sonographiebefundes ohne vorliegende Bilder könne nur eingeschränkt zur Bewertung herangezogen werden. Überdies seien die genannten Befunde sonographisch nur bei ausgeprägten oder älteren Rissen primär gut zu sehen. Der Umstand, dass eine MRT-Untersuchung nicht zeitnah, sondern erst im Juni 1999 durchgeführt worden sei, sei nicht zu Lasten des Klägers, sondern eher zu Lasten der behandelnden Ärzte zu zählen. Auch bezüglich des Schadensmechanismus könne dem Vorgutachter nicht zugestimmt werden. Nach den Angaben des Klägers habe es bei dem Unfall eine direkte Gewalteinwirkung durch den unkontrolliert gegen seine Schulter schlagenden Schlauch gegeben. Bei dem anschließenden unkontrollierten Sturz des Klägers auf seine rechte Seite und Schulter sei es durchaus möglich, dass Verletzungen einer Sehne im Bereich des Schultergürtels speziell auch der Rotatorenmanschette und dort am häufigsten der Supraspinatussehne auftreten könnten. Denn bei Stürzen dieser Art komme es in der Regel auch zu Ausweich- oder Abstützreaktionen der Extremität, die der betreffenden Seite zugeordnet sei. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei ab 9. September 1997 mit 30 v.H. zu bemessen.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 2. Juli 2004 abgewiesen: Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Rente und Verletztengeldzahlungen für weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nach dem 8. September 1997. Denn es könne nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die rechtsseitigen Schulterbeschwerden, die dem Kläger eine Fortsetzung seiner beruflichen Tätigkeit als Baufachwerker (Betonbauer) nicht mehr erlaubten und eine MdE von mindestens 30 v.H. begründeten, durch den Arbeitsunfall vom 11. August 1997 im Sinne einer rechtlich wesentlichen Ursache verursacht worden seien. Vielmehr sprächen mehr Gründe dafür, dass die erheblichen Schäden im Bereich der rechten Schulter des Klägers unabhängig vom Unfall entstanden seien.
Bereits die Aussage des Klägers, es habe außer dem Unfall vom 11. August 1997 keinen weiteren die rechte Schulter betreffenden Unfall gegeben, erscheine fragwürdig. Das Gleiche gelte für dessen Darlegungen des Unfallhergangs. Auffällig sei auch, dass der Kläger die Ärzte, die ihn wegen der rechtsseitigen Schulterbeschwerden behandelt hätten, nicht vollständig angegeben habe. Unabhängig davon stehe es aufgrund des Arztberichts von Dr. Dr. Zak vom 13. Januar 2000 fest, dass dieser den Kläger bereits am 21. Juli 1997 wegen einer rechtsseitigen Schultersteife behandelt habe. Damit entfalle die zentrale Prämisse für die gutachterliche Bewertung von Dr. Dreithaler, der gerade aufgrund der Angaben des Klägers über die Beschwerdefreiheit vor dem 11. August 1997 und über die erheblichen Bewegungseinschränkungen angenommen habe, es sei durch den Unfall zu einer Rissbildung im Bereich der Rotatorenmanschette gekommen. Anders als Dr. Dreithaler habe der Sachverständige Dr. Wenzel-Raffloer seine gutachterlichen Darlegungen nicht auf spekulative Annahmen begründet, wobei er durchaus konstatiert habe, dass die anfängliche Befunddokumentation durch Dr. Dr. Zak sehr dürftig und unzureichend gewesen sei. Denkbar erscheine allenfalls eine Beweiserleichterung, die jedoch zumindest einen im Hinblick auf die fragliche Verletzung geeigneten Unfallhergang und die Nichtexistenz einschlägiger Beschwerden vor dem Unfall voraussetze, was jedoch nicht der Fall sei.
Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er bringt insbesondere vor: Das Unfallgeschehen habe er den ihn behandelnden Ärzte – gemessen an seinen geringen sprachlichen Mitteln – sehr detailliert und richtig dargestellt. Er habe keinen Einfluss darauf, wie die Ärzte letztendlich ihre Berichte schrieben. Er habe von Anfang an dargestellt, dass ihm der mit Beton gefüllte Schlauch mit hohem Druck gegen die rechte Schulter geschlagen habe. Der Schlauch habe sich nicht, wie von seinem Prozessbevollmächtigten geschildert, von einem Flansch gelöst und sei auch nicht geplatzt. Vielmehr habe sich im Schlauch alter Beton befunden, der bereits durchgehärtet gewesen sei. Als seine Kollegen den neuen Beton mit zu viel Druck durch den Schlauch pressten, sei der Schlauch mit großer Wucht hochgeflogen und sei ihm so hart auf die Schulter geschlagen, dass er umgefallen sei.
Tatsache sei jedenfalls, dass er sich durch diese schwere Verletzung eine Rotatorenmanschettenmassenruptur und eine Bizepssehnenruptur zugezogen habe. Die Diagnose durch Dr. Dr. Zak sei nicht richtig. Die weiter behandelnden Ärzte seien dieser falschen Diagnose gefolgt. Er habe nach dem Unfall vom ersten Moment an immer Schmerzen im rechten Arm und habe ihn überhaupt nicht einsetzen können. Er habe großes Glück gehabt, dass sein Arbeitgeber ihn nach der nicht gerechtfertigten Gesundschreibung durch Dr. Dr. Zak zu Vorarbeitertätigkeiten herangezogen habe, weswegen er seinen Arm nicht mehr habe einsetzen müssen. Erst im Juni 1999 habe die Ärztin Sulayman die richtige Diagnose getroffen.
Entgegen den Feststellungen im angefochtenen Urteil sei im Januar 1997 seine rechte Schulter nicht geröntgt worden. Er habe zu dieser Zeit an Hinterhauptkopfschmerzen gelitten. Man habe deswegen eine Schädelaufnahme gemacht und gleichzeitig den Schultergürtel und die Hals- und Lendenwirbelsäule mitgeröntgt, um herauszufinden, ob hier Nerveneinklemmungen oder schrägstehende Wirbel der Halswirbelsäule festzustellen wären. Es treffe nicht zu, dass er am 21. Juli 1997 in der Praxis von Dr. Dr. Zak behandelt worden sei. Hierbei müsse es sich um eine Verwechslung halten. Auch habe er entgegen den Angaben von Dr. Breymeier keinen Arbeitsunfall am 20. April 1999 erlitten. Diesen Arzt habe er aufgesucht, weil er wegen Rheumas im linken Schulterbereich und Rücken starke Schmerzen gehabt habe.
Es sei unverständlich, dass der Gutachter Dr. Wenzel-Raffloer davon ausgehe, es müssten, weil anders die schwere Verletzung ohne direkte Gewalteinwirkung nicht erklärbar sei, hier wesentliche Vorschädigungen der rechten Schulter vorgelegen haben. Denn es hätte – wie er von Anfang an vorgetragen hätte – eine massive Gewalteinwirkung durch den Betonschlauch gegeben. Im Übrigen hätten die Aufnahmen vom 12. August 1997 dem Gutachter nicht vorgelegen. Wenn Dr. Wenzel-Raffloer in seinem Gutachten (Seite 10) schreibe, unter Würdigung des Sonographiebefundes sei eine Rotatorenmanschettenruptur nicht anzunehmen, unterstelle dieser ohne weitere Detailkenntnisse des Gesamtgeschehens, Dr. Dr. Zak müsse mit seiner Diagnose schon Recht gehabt haben. Die Sonographie sei bei Weichteilverletzungen ein äußerst ungenauer Ratgeber. Vielmehr hätte der Unfallarzt eine Untersuchung mittels MRT durchgeführt müssen. Das Unterlassen durch Dr. Dr. Zak dürfe nicht zu Lasten des Klägers gewertet werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Juli 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2000 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, die seine rechte Schulter betreffende Rotatorenmanschettenmassenruptur und Bizepssehnenruptur als Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. August 1997 anzuerkennen und ihm weitere Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Verletztengeld für weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nach dem 8. September 1997 sowie eine Rente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 30 v.H., zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin für zutreffend.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, der Akte des sozialgerichtlichen Verfahrens, des den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten und des in Kopie vorliegenden Auszugs aus der Schwerbehindertenakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in dem Urteil vom 2. Juli 2004 unter Verwertung der ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen über den Kläger ausführlich dargelegt, dass die Beschwerden des Klägers an dessen rechter Schulter nicht Folge des Unfalls vom 11. August 1997 sind. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung und sieht deshalb nach § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Der Kläger dringt mit seinen in der Berufung vorgebrachten Einwänden nicht durch:
Der Umstand, dass er – wie er behauptet – vor dem Unfall keine Beschwerden der rechten Schulter gehabt habe, begründet nicht die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfall und der Rotatorenmanschettenruptur rechts. Der Sachverständige Dr. Wenzel-Raffloer hat das Fehlen eines derartigen Ursachenzusammenhangs nachvollziehbar und überzeugend damit begründet, dass das Unfallgeschehen – nämlich das Anprallen des geplatzten bzw. verstopften Betonschlauches gegen die Schulter des Klägers mit einer derartigen Wucht, dass dieser zu Fall kam – nicht geeignet war, eine entsprechende Schädigung zu verursachen. Vielmehr lag ein Vorschaden aufgrund degenerativer Veränderungen vor, die – unterstellt, die Angaben des Klägers, er sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen, wären zutreffend – bis dahin klinisch stumm verlaufen waren und durch das Trauma lediglich manifest wurden.
Die gegenteilige Ansicht des nach § 109 SGG gehörten Oberarztes Dr. Dreithaler in seinem Gutachten vom 16. Februar 2004, die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen seien ausschließlich auf den Unfall vom 11. August 1997 zurückzuführen, überzeugt nicht. Zwar tritt ein Rotatorenmanschettenriss, was auch Dr. Wenzel-Raffloer ausdrücklich erwähnt, nicht nur in Folge einer Degeneration (Verschleiß) der geschwächten Supraspinatussehne auf, sondern kann auch durch einen Sturz auf den ausgestreckten Arm entstehen. Der Hinweis des Oberarztes Dr. Dreithaler, bei Stürzen komme es in der Regel auch zu Ausweich- oder Abstützreaktionen der Extremität, die der betreffenden Seite zugeordnet sei, geht vorliegend fehl, da der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Dr. Wenzel-Raffloer angab, nicht mit ausgestreckten Armen, sondern direkt auf die rechte Körperhälfte einschließlich der Schulter gefallen zu sein. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erklärt, auf den rechten Arm – und nicht etwa auf die ausgestreckte rechte Hand – gestürzt zu sein.
Die Annahme, dass eine Rotatorenmanschettenruptur nachgewiesen worden wäre, wenn Dr. Dr. Zak die rechte Schulter des Klägers im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall mittels MRT untersucht hätte, ist deshalb nicht gerechtfertigt. Im Übrigen ist dem Unfallversicherungsrecht eine Umkehr der Beweislast fremd, wenn eine weitergehende Diagnostik durch den behandelnden Arzt versäumt wurde.
Die nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Berufung keinen Erfolg hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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