L 8 R 237/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 24 RJ 2727/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 237/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I

Der Kläger beansprucht die Gewährung einer Rente wegen Minderung seiner Erwerbsfähigkeit.

Der am 1962 geborene Kläger besuchte bis zum 30. Juni 1978 eine (Polytechnische) Sonderschule, durchlief vom 1. September 1978 bis Juli 1980 eine Ausbildung zum Straßenbauer/Teilberuf beim VEB Kombinat B und war nach seinen Angaben anschließend als Straßenbauer, Maschinenarbeiter und seit 1987 als Heizer beschäftigt. Seit 1990 war der Kläger mit Unterbrechungen durch kürzere Beschäftigungen als Reinigungskraft und Fußbodenleger(-helfer) arbeitslos. Ausweislich der eingesehenen Leistungsakte der Agentur für Arbeit Berlin Pankow war der Kläger zuletzt vom 18. Mai 1998 bis 4. Februar 1999 und vom 19. März bis 6. Mai 1999 beschäftigt. Seit dem 24. Juni 1999 bezog er Arbeitslosengeld und Anschlussarbeitslosenhilfe, zeitweise unterbrochen durch den Bezug von Krankengeld.

Den ersten, am 31. Januar 2001 gestellten, Rentenantrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 4. Juli 2001, Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2001), weil der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und er nach seinem beruflichen Werdegang auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes zumutbar verwiesen werden könne (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB VI-). Grundlage der Ablehnung waren ein internistisches Gutachten von Dr. R vom 15. Mai 2001 und ein orthopädisches Gutachten von Dr. K vom 25. Juni 2001.

Am 16. August 2002 beantragte der Kläger erneut unter Hinweis auf seine Erkrankungen der Wirbelsäule die Gewährung einer Rente. Die Beklagte zog die ärztlichen Unterlagen zu dem vorangegangenen Rentenantrag bei und veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den Diplommediziner P, Facharzt für Chirurgie und Sozialmedizin. Dieser nannte in seinem am 6. September 2002 erstatteten Gutachten ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei Prolaps L4/5 sowie einen Leberparenchymschaden. Er hielt den Kläger unter Beachtung der daraus resultierenden Beschwerden noch für fähig, leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen ohne regelmäßige Rumpfzwangshaltungen, das Erklimmen von Leitern und Gerüsten und den regelmäßigen Transport von Lasten über 10 kg sowie ohne Vibrationsbelastung für sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Unter Bezugnahme auf diese Feststellungen lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab (Bescheid vom 23. September 2002, Widerspruchsbescheid vom 6. November 2002).

Dagegen hat sich der Kläger mit seiner am 27. November 2002 bei der Beklagten eingereichten Klage gewandt und weiterhin die Gewährung einer Rente beansprucht. Sein Gesundheitszustand lasse nach der jahrelangen Arbeit auf dem Bau und als Fußbodenleger eine Berufstätigkeit nicht mehr zu. Das Sozialgericht – SG – hat Befundberichte der vom Kläger benannten behandelnden Ärzte eingeholt, denen diverse Unterlagen über durchgeführte Untersuchungen beigelegen haben. Ferner hat das SG nach Anhörung des Klägers im Termin am 5. März 2004 zwei Arztbriefe zu stationären Behandlungen vom 20. Februar bis 27. Februar 2003 und 15. Mai bis 20. Mai 2003 beigezogen und erneut einen Befundbericht vom 14. Mai 2004 der behandelnden Hausärztin eingeholt. Schließlich hat das SG auf den Vortrag des Klägers erneut aktuelle Befundberichte vom 11. August, 8. September und 1. Oktober 2004 von den behandelnden Ärzten eingeholt.

Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 11. Februar 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen unter Hinweis auf § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG - auf die Begründung der Beklagten in den angegriffenen Bescheiden Bezug genommen. Die Ermittlungen im medizinischen Bereich hätten keinen rentenberechtigenden Sachverhalt ergeben. Denn der Kläger könne noch sechs Stunden täglich zumindest leichte körperliche Arbeit verrichten. Aus seinem Berufslebenslauf ergebe sich kein Berufsschutz als Facharbeiter. Mit der im Jahre 1982 aufgenommenen Tätigkeit als Heizer sei der Kläger nicht als Facharbeiter anzusehen, sondern dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnen.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt, mit der er weiterhin unter Hinweis auf seinen Gesundheitszustand die Gewährung einer Rente beansprucht. Sein Gesundheitszustand lasse eine Berufstätigkeit nicht mehr zu.

Der Kläger beantragt, nach seinem Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Auf Veranlassung des Senats hat der medizinische Sachverständige M ein allgemeinmedizinisches Gutachten vom 15. August 2005 erstattet und dabei ein chronisches LWS- und HWS-Syndrom mit leichter Fußheberschwäche links, Kniegelenksbeschwerden, einen Zustand nach Teilentfernung des Magens und Entzündung der Speiseröhre bei Einengung des Mageneinganges, einen Leberschaden und eine Hauterkrankung (Akne) festgestellt. Unter Berücksichtigung der daraus resultierenden Beschwerden ist er zu der Einschätzung gelangt, der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen und im Freien, sofern er vor einer direkten Sonnenexposition geschützt, ein Kontakt mit hautreizenden Substanzen vermieden und nicht in Hitze und Kälte gearbeitet werde, verrichten. Der Kläger könne im Wechsel der Haltungsarten, auch vornehmlich im Sitzen mit der gelegentlichen Möglichkeit des Haltungswechsels arbeiten. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten mit ständigem oder häufigem Bücken, Hocken oder Knien. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitstelle seien nicht zu berücksichtigen, auch seien für die volle übliche Arbeitszeit von acht Stunden täglich keine zusätzlichen Pausen erforderlich.

Schließlich hat der Senat noch die bei der Agentur für Arbeit Berlin-Pankow geführte Leistungsakte eingesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Versicherungsnummer: ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

II

Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entschieden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und angesichts der geklärten Sach- und Rechtslage eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Rechtsgrundlage der Entscheidung sind die §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung, da der Kläger seinen Rentenantrag im August 2002 gestellt hat (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).

Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI setzt neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 4 bis 6 SGB VI) voraus, das der Versicherte entweder voll oder teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Er kann noch vollschichtig und damit mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Dies entnimmt der Senat dem im Berufungsverfahren erstatteten Gutachten des medizinischen Sachverständigen M. Danach ist der Kläger noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen, wie sie zuvor dargestellt worden sind, zu verrichten. Der Senat sieht keinen Anlass, dieser Einschätzung nicht zu folgen. Das Gutachten macht deutlich, dass der Kläger umfassend und gründlich untersucht worden ist und seine vorgebrachten Beschwerden in die gutachterlichen Erwägungen eingeflossen sind. Auch von Seiten des Klägers sind insofern keine Bedenken vorgetragen worden. Der Senat sieht daher keinen Anlass zu weiteren medizinischen Ermittlungen und folgt der in dem Gutachten getroffenen, überzeugend und nachvollziehbar dargestellten Beurteilung.

Mithin steht fest, dass der Kläger noch vollschichtig und damit mindestens sechs Stunden täglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann. Die festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind auch nicht derart, dass Zweifel aufkommen müssten, ob der Kläger unter den üblichen Bedingungen betrieblich einsetzbar ist. Der Benennung einer konkreten Tätigkeit bedarf es daher nicht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten kann. Er ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI.

Ob dem Kläger aufgrund seiner erworbenen Teilqualifikation des Straßenbauers oder aufgrund seiner mehrfachen Beschäftigung als Fußbodenleger(-helfer)Berufsschutz im Sinne des § 240 SGB VI zustehen könnte, was nach dem Akteninhalt allerdings nicht anzunehmen ist, kann dahinstehen. Denn diese (Übergangs-)Regelung findet auf den erst am 1962 und damit nicht vor dem 2. Januar 1961 geborenen (vgl. § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) Kläger keine Anwendung. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI steht ihm schon deshalb nicht zu.

Die Berufung kann mithin keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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