Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 315/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 197/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, für ihn Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVItech – (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG -) und entsprechende Verdienste für die Zeit vom 1. Dezember 1976 bis 30. Juni 1990 festzustellen.
Dem 1950 geborenen Kläger wurde am 31. Juli 1974 der akademische Grad Diplomchemiker verliehen. In der streitbefangenen Zeit war er beim volkseigenen Betrieb (VEB) Gummiwerk Ortrand – später: Gummiwerk Elbe – Betriebsteil Ortrand – bis Dezember 1977 als Mitarbeiter Erzeugnispflege und Entwicklung und bis Juni 1990 als Gruppenleiter Erzeugnisentwicklung beschäftigt. Zum 1. Februar 1980 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei, wobei er sein erzieltes Einkommen nur bis zum doppelten des beitragspflichtigen Verdienstes versicherte.
Seinen Antrag vom Februar 2002 auf Feststellung der streitbefangenen Zeit als Zugehörigkeitszeit zur AVItech lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 16. April 2002 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2003 - ab. Der Kläger habe als Diplomchemiker nicht zum nach den – allein in Betracht kommenden - Regelungen zur AVItech-begünstigten Personenkreis gehört.
Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) Cottbus wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2006 aus den Gründen der Vorentscheidungen ab.
Mit der Berufung bekämpft der Kläger die auf dem Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) beruhende Rechtsprechung, die weiten Teilen der Anspruchsberechtigten - und so auch ihm – ihre in der DDR erworbenen Versorgungsrechte vorenthalte. Das RÜG sei verfassungs- und menschenrechtswidrig, es habe auch den Einigungsvertrag gebrochen. Er beantrage das Ruhen bzw. die Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die zu grundsätzlichen Problemen der Renten- und Versorgungsüberleitung dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vorliegenden Beschwerden. Sollte das Gericht dem nicht folgen wollen, sei Beweis zur Frage zu erheben, ob ihm ein diskriminierendes, unverhältnismäßig vermindertes "Alterseinkommen zugemessen worden" sei, dass die juristische und tatsächliche Spaltung Deutschlands auf dem Gebiet der Alterssicherung weiter dauerhaft vertiefe. Dies könne nur über eine Beiladung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Rentenversicherungsträger festgestellt werden, weil es Sache des Rentenversicherungsträgers sei, die Auswirkungen der Bescheide der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger, also der Feststellungsbescheide nach dem AAÜG, zu ermitteln.
In der Sache beantragt der Kläger schriftsätzlich,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Cottbus vom 16. Januar 2006 sowie des Bescheides der Beklagten vom 16. April 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2003 die Beschäftigungszeit vom 1. Dezember 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Ziffer 1 Anlage 1 zum AAÜG) anzuerkennen und die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte in diesem Zeitraum festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG – S 5 R 315/05 -) und Beklagtenakten () verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu entscheiden ist über den im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobenen Anspruch, für den Kläger die Zeiten seiner Beschäftigung als Chemiker beim VEB Gummiwerk Ortrand als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und damit als Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten (§ 5 AAÜG) im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen. Ein solcher Anspruch besteht nicht, da § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 und 2 AAÜG – die einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage – nicht anwendbar ist, weil der Kläger am 1. August 1991 keinen Versorgungsanspruch und keine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 des an diesem Tag in Kraft getretenen AAÜG hatte.
Das AAÜG gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen des Beitrittsgebiets erworben worden sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG) sowie für nach Satz 2 der Vorschrift fingierte Anwartschaften in Fällen, in denen Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust von Anwartschaften bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor Eintritt des Leistungsfalles vorsahen.
Das SG hat zu Recht auf die Darlegungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Darin ist zutreffend ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen Personen nach § 1 Abs. 1 AAÜG als Versorgungsberechtigte im Sinne des AAÜG erfasst werden. Der Kläger unterfällt dem § 1 AAÜG seinem Wortlaut nach nicht. Er hatte im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des AAÜG – am 1. August 1991 – keinen Versorgungsanspruch, da kein Versorgungsfall eingetreten war. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft. Insbesondere liegt keine Einbeziehungsentscheidung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung) vor, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war.
Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend auf Grund originären Bundesrechts (Art. 17 Einigungsvertrag) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund einer vom Bundessozialgericht (BSG) vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. die Urteile vom 9. und 10. April 2002 in SozR 3-8570 § 1 Nrn. 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8). Die Voraussetzungen, wann unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung eine solche erweiternde Anwendung vorzunehmen ist, sind im vorliegenden Fall zusammengefasst folgende: Anzuwenden sind insoweit – als allein in Betracht kommende Regelungen - § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO – AVItech) vom 17. August 1950 und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 2 der zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951. Danach hängt der Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell war die AVItech eingerichtet für (1) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und (2) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar (3) in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen).
Der Kläger war als Diplomchemiker nicht berechtigt, eine Berufsbezeichnung zu führen, deren Träger nach § 1 Absatz 1 Satz 1 2. DB als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 AVItech-VO galten. Er wurde danach von den Regelungen über die AVItech nicht erfasst. Das hat das BSG in seiner Entscheidung vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R – (= SozR 3–8570 § 1 Nr. 8) im Einzelnen näher dargelegt. Der Senat verweist darauf und macht sich die diesbezüglichen Ausführungen als überzeugend zu eigen. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht erkennen können, dass diese Rechtsprechung Grundrechte der Betroffenen verletzt und hat deshalb die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 4. August 2004 – 1 BvR 1557/01 - = SozR 4 – 8570 § 5 Nr. 4).
Soweit der Kläger die Verfassungswidrigkeit des RÜG und der darauf beruhenden Rechtsprechung – insbesondere zu den Voraussetzungen der Zugehörigkeit zur AVItech – geltend macht, verweist der Senat auf die Ausführungen des BSG in den Urteilen vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 und vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 12/04 R – sowie (speziell zu "Diplomchemiker" – Fällen) auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. August 2004 a. a. O.). Danach hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung eingehend mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit befasst und sie bejaht. Im Hinblick darauf lässt sich auch keine Menschenrechtswidrigkeit feststellen. Der Senat schließt sich dem als überzeugend an und vermag den dies in Frage stellenden Darlegungen des Klägers nicht zu folgen. Schon deshalb bedurfte es auch keiner Beiladung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Rentenversicherungsträger und keiner weiteren Beweiserhebung durch den Senat.
Ebenso wenig war der Rechtsstreit zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen. Nach Auffassung des Senats kann Ansprechpartner der Ausführungen des Klägers zur "Rechts-, Verfassungs- und Menschenrechtswidrigkeit" des RÜG und der darauf beruhenden Rechtsprechung nur der Gesetzgeber sein. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des vom Kläger herausgehobenen Argumentes, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung insbesondere in den Beitrittsländern hinter den Erwartungen zur Zeit des Einigungsvertrages und des In-Kraft-Tretens des RÜG zurückgeblieben sei. Immerhin ist der Kläger nach seinen schriftsätzlichen Ausführungen selbst der Ansicht, dass die geltenden Regelungen (auch) auf den Prüfstand des Gesetzgebers gehören.
Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, für ihn Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVItech – (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG -) und entsprechende Verdienste für die Zeit vom 1. Dezember 1976 bis 30. Juni 1990 festzustellen.
Dem 1950 geborenen Kläger wurde am 31. Juli 1974 der akademische Grad Diplomchemiker verliehen. In der streitbefangenen Zeit war er beim volkseigenen Betrieb (VEB) Gummiwerk Ortrand – später: Gummiwerk Elbe – Betriebsteil Ortrand – bis Dezember 1977 als Mitarbeiter Erzeugnispflege und Entwicklung und bis Juni 1990 als Gruppenleiter Erzeugnisentwicklung beschäftigt. Zum 1. Februar 1980 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei, wobei er sein erzieltes Einkommen nur bis zum doppelten des beitragspflichtigen Verdienstes versicherte.
Seinen Antrag vom Februar 2002 auf Feststellung der streitbefangenen Zeit als Zugehörigkeitszeit zur AVItech lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 16. April 2002 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2003 - ab. Der Kläger habe als Diplomchemiker nicht zum nach den – allein in Betracht kommenden - Regelungen zur AVItech-begünstigten Personenkreis gehört.
Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) Cottbus wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2006 aus den Gründen der Vorentscheidungen ab.
Mit der Berufung bekämpft der Kläger die auf dem Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) beruhende Rechtsprechung, die weiten Teilen der Anspruchsberechtigten - und so auch ihm – ihre in der DDR erworbenen Versorgungsrechte vorenthalte. Das RÜG sei verfassungs- und menschenrechtswidrig, es habe auch den Einigungsvertrag gebrochen. Er beantrage das Ruhen bzw. die Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die zu grundsätzlichen Problemen der Renten- und Versorgungsüberleitung dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vorliegenden Beschwerden. Sollte das Gericht dem nicht folgen wollen, sei Beweis zur Frage zu erheben, ob ihm ein diskriminierendes, unverhältnismäßig vermindertes "Alterseinkommen zugemessen worden" sei, dass die juristische und tatsächliche Spaltung Deutschlands auf dem Gebiet der Alterssicherung weiter dauerhaft vertiefe. Dies könne nur über eine Beiladung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Rentenversicherungsträger festgestellt werden, weil es Sache des Rentenversicherungsträgers sei, die Auswirkungen der Bescheide der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger, also der Feststellungsbescheide nach dem AAÜG, zu ermitteln.
In der Sache beantragt der Kläger schriftsätzlich,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Cottbus vom 16. Januar 2006 sowie des Bescheides der Beklagten vom 16. April 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2003 die Beschäftigungszeit vom 1. Dezember 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Ziffer 1 Anlage 1 zum AAÜG) anzuerkennen und die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte in diesem Zeitraum festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG – S 5 R 315/05 -) und Beklagtenakten () verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu entscheiden ist über den im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobenen Anspruch, für den Kläger die Zeiten seiner Beschäftigung als Chemiker beim VEB Gummiwerk Ortrand als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und damit als Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten (§ 5 AAÜG) im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen. Ein solcher Anspruch besteht nicht, da § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 und 2 AAÜG – die einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage – nicht anwendbar ist, weil der Kläger am 1. August 1991 keinen Versorgungsanspruch und keine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 des an diesem Tag in Kraft getretenen AAÜG hatte.
Das AAÜG gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen des Beitrittsgebiets erworben worden sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG) sowie für nach Satz 2 der Vorschrift fingierte Anwartschaften in Fällen, in denen Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust von Anwartschaften bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor Eintritt des Leistungsfalles vorsahen.
Das SG hat zu Recht auf die Darlegungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Darin ist zutreffend ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen Personen nach § 1 Abs. 1 AAÜG als Versorgungsberechtigte im Sinne des AAÜG erfasst werden. Der Kläger unterfällt dem § 1 AAÜG seinem Wortlaut nach nicht. Er hatte im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des AAÜG – am 1. August 1991 – keinen Versorgungsanspruch, da kein Versorgungsfall eingetreten war. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft. Insbesondere liegt keine Einbeziehungsentscheidung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung) vor, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war.
Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend auf Grund originären Bundesrechts (Art. 17 Einigungsvertrag) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund einer vom Bundessozialgericht (BSG) vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. die Urteile vom 9. und 10. April 2002 in SozR 3-8570 § 1 Nrn. 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8). Die Voraussetzungen, wann unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung eine solche erweiternde Anwendung vorzunehmen ist, sind im vorliegenden Fall zusammengefasst folgende: Anzuwenden sind insoweit – als allein in Betracht kommende Regelungen - § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO – AVItech) vom 17. August 1950 und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 2 der zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951. Danach hängt der Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell war die AVItech eingerichtet für (1) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und (2) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar (3) in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen).
Der Kläger war als Diplomchemiker nicht berechtigt, eine Berufsbezeichnung zu führen, deren Träger nach § 1 Absatz 1 Satz 1 2. DB als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 AVItech-VO galten. Er wurde danach von den Regelungen über die AVItech nicht erfasst. Das hat das BSG in seiner Entscheidung vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R – (= SozR 3–8570 § 1 Nr. 8) im Einzelnen näher dargelegt. Der Senat verweist darauf und macht sich die diesbezüglichen Ausführungen als überzeugend zu eigen. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht erkennen können, dass diese Rechtsprechung Grundrechte der Betroffenen verletzt und hat deshalb die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 4. August 2004 – 1 BvR 1557/01 - = SozR 4 – 8570 § 5 Nr. 4).
Soweit der Kläger die Verfassungswidrigkeit des RÜG und der darauf beruhenden Rechtsprechung – insbesondere zu den Voraussetzungen der Zugehörigkeit zur AVItech – geltend macht, verweist der Senat auf die Ausführungen des BSG in den Urteilen vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 und vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 12/04 R – sowie (speziell zu "Diplomchemiker" – Fällen) auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. August 2004 a. a. O.). Danach hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung eingehend mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit befasst und sie bejaht. Im Hinblick darauf lässt sich auch keine Menschenrechtswidrigkeit feststellen. Der Senat schließt sich dem als überzeugend an und vermag den dies in Frage stellenden Darlegungen des Klägers nicht zu folgen. Schon deshalb bedurfte es auch keiner Beiladung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Rentenversicherungsträger und keiner weiteren Beweiserhebung durch den Senat.
Ebenso wenig war der Rechtsstreit zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen. Nach Auffassung des Senats kann Ansprechpartner der Ausführungen des Klägers zur "Rechts-, Verfassungs- und Menschenrechtswidrigkeit" des RÜG und der darauf beruhenden Rechtsprechung nur der Gesetzgeber sein. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des vom Kläger herausgehobenen Argumentes, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung insbesondere in den Beitrittsländern hinter den Erwartungen zur Zeit des Einigungsvertrages und des In-Kraft-Tretens des RÜG zurückgeblieben sei. Immerhin ist der Kläger nach seinen schriftsätzlichen Ausführungen selbst der Ansicht, dass die geltenden Regelungen (auch) auf den Prüfstand des Gesetzgebers gehören.
Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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