Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 4762/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 853/06 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. August 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, die sich allein gegen die vom Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss auch abgelehnte Bewilligung von Prozesskostenhilfe - PKH - richtet, ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH nicht vorliegen. Durch PKH soll sichergestellt werden, dass auch minderbemittelte Parteien nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen an der Durchsetzung ihrer Rechte vor Gericht gehindert werden. Mit dem Rechtsinstitut PKH erfolgt allerdings keine uneingeschränkte Gleichstellung Bemittelter und Unbemittelter, weil derjenige, der es sich finanziell leisten kann, im allgemeinen nicht gehindert werden kann, auch aussichtslose oder mutwillige Prozesse zu führen. Damit wird im PKH-Verfahren der Unbemittelte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise solchen Bemittelten gleichgestellt, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägen und auch das Kostenrisiko, welches im sozialgerichtlichen Verfahren regelmäßig nur die Kosten des eigenen Rechtsanwalts umfasst, berücksichtigt.
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann eine PKH-Bewilligung nicht erfolgen. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durch Beantragung einer einstweiligen Anordnung kann im vorliegenden Verfahren nämlich nicht als erforderlich angesehen werden, weil eine verständige, nicht hilfebedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise, sondern auf einem nahe liegenden und einfacheren sowie kostengünstigeren Weg verfolgt hätte.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine verzögerte Leistungsbewilligung auch durch den Antragsteller zu vertreten ist. Er konnte nämlich eine Entscheidung über den von ihm am 30. März 2006 gestellten Antrag erst nach dem 27. April 2006 erwarten, weil ihm zuvor sowohl mündlich bei seiner persönlichen Vorsprache am 4. April 2006 als auch schriftlich am 13. April 2006 vom Antragsgegner mitgeteilt worden war, dass noch erforderliche Unterlagen einzureichen sind, die dann vom Antragsteller am 27. April 2006 nachgereicht wurden. Entscheidend ist aber, dass dem Antragsteller bei seiner erneuten persönlichen Vorsprache am 4. Mai 2006 eine Barauszahlung in Höhe von 207,- Euro (dieser Betrag ergibt sich aus den Verwaltungsakten des Antragsgegners) bzw. 211,- Euro (nach Angaben des Antragstellers) gewährt wurde. Aufgrund dieser Zahlung konnte der Antragsteller nämlich ohne weiteres davon ausgehen, dass der Antragsgegner auch schon vor der endgültigen Leistungsbewilligung bereit ist, Vorschüsse (vgl. § 42 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I -) auf den Geldleistungsanspruch zu erbringen. Selbst wenn vom Antragsgegner nicht die vom Antragsteller behauptete Zusicherung, bis zum 10. Mai 2006 über den Antrag auf Arbeitslosengeld II zu entscheiden, im Folgenden eingehalten wurde, hätte vom Antragsteller dennoch verlangt werden können, sich vor Anrufung des Gerichts nochmals zur Gewährung eines weiteren und ggf. dann auch höheren Vorschusses an den offensichtlich dem Grunde nach leistungswilligen Antragsgegner zu wenden. Ein derartiges Vorgehen wäre nicht nur kostengünstiger gewesen, sondern hätte wahrscheinlich auch zu einer früheren - möglicherweise teilweisen - Erfüllung des Geldleistungsanspruches des Antragstellers geführt.
Eine erneute Bitte auf Gewährung eines weiteren Vorschusses kann unter den hier gegebenen Umständen des Einzelfalles auch nicht als unzumutbar mit der Folge, dass sich die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes als geboten darstellt, angesehen werden. Von der Stellung des Leistungsantrages bis zum Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung waren hier zwei Monate vergangen. Der Zeitraum vom Vorliegen sämtlicher Antragsunterlagen (27. April 2006) bis zum Antragseingang beim Gericht umfasst etwas mehr als einen Monat. Diese Bearbeitungsdauer erforderte unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Antragsgegner zur Gewährung von Vorschüssen offensichtlich bereit war, nicht die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes. Zwar enthält § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB I die Verpflichtung des Leistungsträgers, darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen zügig erhält, aus § 88 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann jedoch entnommen werden, dass die Bearbeitung eines Antrages auf Vornahme eines Verwaltungsaktes binnen einer Frist von sechs Monaten noch angemessen ist. Diese Sechsmonatsfrist mag zwar insbesondere dann, wenn - wie hier - Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums beantragt werden, unangemessen lang erscheinen. Zu berücksichtigen ist insoweit aber, dass der Leistungsträger auf Antrag des Berechtigten nach § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB I verpflichtet ist, Vorschüsse zu zahlen. Wird in Verfahren, in denen um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums gestritten wird, ein solcher Antrag auf Vorschussgewährung nicht unverzüglich beschieden, ist in aller Regel die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes geboten. Erfolgt eine diesbezügliche - ggf. auch wiederholte - Antragstellung jedoch nicht und liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Leistungsträger dem Antrag auf Gewährung von Vorschüssen voraussichtlich nicht entsprechen wird, dann fehlt es bereits an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund, weil der verfolgte materiell-rechtliche Anspruch auf einfachere Weise vorläufig gesichert werden kann.
Die vorläufige Verweisung eines Antragstellers auf erreichbare Vorschüsse ist auch zur Entlastung der Gerichte geboten. Die in § 88 Abs. 1 SGG genannte Frist von sechs Monaten, vor deren Ablauf eine Untätigkeitsklage wegen Nichtbescheidung eines Antrages auf Vornahme eines Verwaltungsaktes unzulässig ist, soll nicht nur im Behördeninteresse, sondern auch zur Entlastung der Gerichte verfrühte Klagen vermeiden (Meyer/Ladewig, Sozialgerichtsgesetz 8. Auflage, § 88, 5 a). Dieser Regelungszweck wäre ohne zwingenden Grund gefährdet, wenn trotz erreichbarer Vorschüsse der Leistungsanspruch vor Ablauf einer angemessenen Frist generell durch Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes verwirklicht werden könnte.
Eine Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren erfolgt nicht (§ 124 Abs. 4 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Diese Beschwerde ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, die sich allein gegen die vom Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss auch abgelehnte Bewilligung von Prozesskostenhilfe - PKH - richtet, ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH nicht vorliegen. Durch PKH soll sichergestellt werden, dass auch minderbemittelte Parteien nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen an der Durchsetzung ihrer Rechte vor Gericht gehindert werden. Mit dem Rechtsinstitut PKH erfolgt allerdings keine uneingeschränkte Gleichstellung Bemittelter und Unbemittelter, weil derjenige, der es sich finanziell leisten kann, im allgemeinen nicht gehindert werden kann, auch aussichtslose oder mutwillige Prozesse zu führen. Damit wird im PKH-Verfahren der Unbemittelte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise solchen Bemittelten gleichgestellt, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägen und auch das Kostenrisiko, welches im sozialgerichtlichen Verfahren regelmäßig nur die Kosten des eigenen Rechtsanwalts umfasst, berücksichtigt.
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann eine PKH-Bewilligung nicht erfolgen. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durch Beantragung einer einstweiligen Anordnung kann im vorliegenden Verfahren nämlich nicht als erforderlich angesehen werden, weil eine verständige, nicht hilfebedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise, sondern auf einem nahe liegenden und einfacheren sowie kostengünstigeren Weg verfolgt hätte.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine verzögerte Leistungsbewilligung auch durch den Antragsteller zu vertreten ist. Er konnte nämlich eine Entscheidung über den von ihm am 30. März 2006 gestellten Antrag erst nach dem 27. April 2006 erwarten, weil ihm zuvor sowohl mündlich bei seiner persönlichen Vorsprache am 4. April 2006 als auch schriftlich am 13. April 2006 vom Antragsgegner mitgeteilt worden war, dass noch erforderliche Unterlagen einzureichen sind, die dann vom Antragsteller am 27. April 2006 nachgereicht wurden. Entscheidend ist aber, dass dem Antragsteller bei seiner erneuten persönlichen Vorsprache am 4. Mai 2006 eine Barauszahlung in Höhe von 207,- Euro (dieser Betrag ergibt sich aus den Verwaltungsakten des Antragsgegners) bzw. 211,- Euro (nach Angaben des Antragstellers) gewährt wurde. Aufgrund dieser Zahlung konnte der Antragsteller nämlich ohne weiteres davon ausgehen, dass der Antragsgegner auch schon vor der endgültigen Leistungsbewilligung bereit ist, Vorschüsse (vgl. § 42 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I -) auf den Geldleistungsanspruch zu erbringen. Selbst wenn vom Antragsgegner nicht die vom Antragsteller behauptete Zusicherung, bis zum 10. Mai 2006 über den Antrag auf Arbeitslosengeld II zu entscheiden, im Folgenden eingehalten wurde, hätte vom Antragsteller dennoch verlangt werden können, sich vor Anrufung des Gerichts nochmals zur Gewährung eines weiteren und ggf. dann auch höheren Vorschusses an den offensichtlich dem Grunde nach leistungswilligen Antragsgegner zu wenden. Ein derartiges Vorgehen wäre nicht nur kostengünstiger gewesen, sondern hätte wahrscheinlich auch zu einer früheren - möglicherweise teilweisen - Erfüllung des Geldleistungsanspruches des Antragstellers geführt.
Eine erneute Bitte auf Gewährung eines weiteren Vorschusses kann unter den hier gegebenen Umständen des Einzelfalles auch nicht als unzumutbar mit der Folge, dass sich die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes als geboten darstellt, angesehen werden. Von der Stellung des Leistungsantrages bis zum Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung waren hier zwei Monate vergangen. Der Zeitraum vom Vorliegen sämtlicher Antragsunterlagen (27. April 2006) bis zum Antragseingang beim Gericht umfasst etwas mehr als einen Monat. Diese Bearbeitungsdauer erforderte unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Antragsgegner zur Gewährung von Vorschüssen offensichtlich bereit war, nicht die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes. Zwar enthält § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB I die Verpflichtung des Leistungsträgers, darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen zügig erhält, aus § 88 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann jedoch entnommen werden, dass die Bearbeitung eines Antrages auf Vornahme eines Verwaltungsaktes binnen einer Frist von sechs Monaten noch angemessen ist. Diese Sechsmonatsfrist mag zwar insbesondere dann, wenn - wie hier - Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums beantragt werden, unangemessen lang erscheinen. Zu berücksichtigen ist insoweit aber, dass der Leistungsträger auf Antrag des Berechtigten nach § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB I verpflichtet ist, Vorschüsse zu zahlen. Wird in Verfahren, in denen um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums gestritten wird, ein solcher Antrag auf Vorschussgewährung nicht unverzüglich beschieden, ist in aller Regel die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes geboten. Erfolgt eine diesbezügliche - ggf. auch wiederholte - Antragstellung jedoch nicht und liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Leistungsträger dem Antrag auf Gewährung von Vorschüssen voraussichtlich nicht entsprechen wird, dann fehlt es bereits an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund, weil der verfolgte materiell-rechtliche Anspruch auf einfachere Weise vorläufig gesichert werden kann.
Die vorläufige Verweisung eines Antragstellers auf erreichbare Vorschüsse ist auch zur Entlastung der Gerichte geboten. Die in § 88 Abs. 1 SGG genannte Frist von sechs Monaten, vor deren Ablauf eine Untätigkeitsklage wegen Nichtbescheidung eines Antrages auf Vornahme eines Verwaltungsaktes unzulässig ist, soll nicht nur im Behördeninteresse, sondern auch zur Entlastung der Gerichte verfrühte Klagen vermeiden (Meyer/Ladewig, Sozialgerichtsgesetz 8. Auflage, § 88, 5 a). Dieser Regelungszweck wäre ohne zwingenden Grund gefährdet, wenn trotz erreichbarer Vorschüsse der Leistungsanspruch vor Ablauf einer angemessenen Frist generell durch Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes verwirklicht werden könnte.
Eine Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren erfolgt nicht (§ 124 Abs. 4 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Diese Beschwerde ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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