Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 89 KR 354/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 217/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Februar 2007 geändert. Der Bescheid vom 18. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 wird aufgehoben. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Erstattung von Krankengeld in Höhe von 2059,20 Euro für den Zeitraum vom 08. Juni bis 16. September 2004.
Der 1963 geborene Kläger, der bei der Beklagten versichert ist, übte bis 01. September 2003 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus. Anschließend bezog er ab 02. September 2003 Arbeitslosengeld, das, nachdem am 10. Dezember 2003 Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden war, zunächst weitergezahlt wurde. Mit Schreiben vom 16. Februar 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie werde im Anschluss an die Entgeltfortzahlung die Krankengeldzahlung bei einem täglichen Zahlbetrag von 20,80 Euro für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit übernehmen. Vom 21. Januar bis 07. Juni 2004 erhielt der Kläger Krankengeld.
Mit Bescheid vom 04. Juni 2004 lehnte die Beklagte die Weiterzahlung von Krankengeld über den 07. Juni 2004 hinaus ab, da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig für leichte bis mittelschwere Arbeit vermittelbar sei. Sie forderte den Kläger auf, sich umgehend bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und bat in Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes um Weiterzahlung des Krankengeldes. Auf die Ankündigung der Beklagten, wegen des Widerspruches das Krankengeld zunächst unter Vorbehalt weiter zu zahlen, wenn der Kläger die beiliegende Erklärung unterschrieben zurücksende, gab der Kläger unter dem 21. Juni 2004 folgende "Erklärung zur Zahlung des Krankengeldes unter Vorbehalt" ab: "Ich bin damit einverstanden, dass bis zur Entscheidung über den Widerspruch die Krankengeldzahlung unter Vorbehalt an mich ausgezahlt wird. Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, ist die BKK für Heilberufe berechtigt, das Krankengeld zurückzufordern." Daraufhin zahlte die Beklagte für die streitige Zeit (99 Kalendertage) Krankengeld in Höhe von 20,80 Euro kalendertäglich von insgesamt 2.059,20 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die dagegen erhobene Klage (Sozialgericht Berlin S 72 KR 2900/04) wurde mit Gerichtsbescheid vom 08. September 2005 abgewiesen.
Nachdem sich der Kläger erneut arbeitslos gemeldet hatte, wurde ihm ab 17. September 2004 Arbeitslosengeld mit einem kalendertäglichen Leistungsbetrag von 20,80 Euro bewilligt (Bescheid der Agentur für Arbeit Berlin Südwest vom 01. Oktober 2004).
Mit Bescheid vom 18. November 2005 nahm die Beklagte den "Bescheid vom 16. Februar 2004" für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück. Sie forderte außerdem den Kläger auf, das für diese Zeit gezahlte Krankengeld von 2.059,20 Euro zu erstatten. Bei der Überweisung des Krankengeldes sei bekannt gewesen, dass die Zahlungen unter Vorbehalt der Rückforderung durchgeführt worden seien. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Rechtswidrigkeit der Zahlung bekannt gewesen sei, überwiege das öffentliche Interesse gegenüber dem klägerischen Interesse am Verzicht auf eine Rückforderung. Auf einen gutgläubigen Verbrauch der Leistung könne sich der Kläger daher ebenfalls nicht berufen. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden sei, seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Es werde Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 24 Abs. 1 SGB X gegeben.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, keine Doppelzahlung durch das Jobcenter oder einen anderen Leistungsträger erhalten zu haben, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 zurück: Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden seien, seien sie nach § 50 Abs. 2 SGB X zu erstatten. Die Krankengeldzahlungen ab 08. Juni 2004 seien lediglich vor dem Hintergrund der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches erfolgt und stellten insoweit Realakte dar. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei rechtskräftig, so dass ein Rückforderungsanspruch gegeben sei.
Dagegen hat der Kläger am 24. Februar 2006 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben und vorgetragen, in den Bezug von Krankengeldleistung sei er ohne eigenes Verschulden oder aber vorsätzlich gelangt.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 05. Februar 2007 die Klage abgewiesen: Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch sei der zwischen den Beteiligten vereinbarte Rückforderungsvorbehalt (Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen vom 23. April 2003 - L 16 KR 26/00). Die Ausübung des Rückforderungsvorbehaltes sei nicht zu beanstanden, denn mit Gerichtsbescheid vom 08. September 2005 sei rechtskräftig entschieden worden, dass für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 kein Anspruch auf Krankengeld bestehe. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da ihm bekannt gewesen sei, dass die Zahlungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung gestanden hätten. Es sei auch nicht auf ein Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen, dass der Kläger keine Leistungen der Agentur für Arbeit geltend gemacht habe. Die Beklagte habe im Bescheid vom 04. Juni 2004 den Kläger aufgefordert, sich umgehend bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden.
Gegen den ihm am 09. Februar 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 05. März 2007 eingelegte Berufung des Klägers.
Er verweist darauf, dass er den Passus "unter Vorbehalt" als zeitlichen Faktor bewertet habe. Die Beklagte habe aus freien Stücken die Krankengeldzahlung veranlasst. Er habe daher mit einer für ihn vorteilhaften Entwicklung rechnen können. Ansonsten hätte er der Weiterzahlung des Krankengeldes nicht zugestimmt. Trotz des Hinweises der Beklagten habe er sich nicht arbeitslos gemeldet, weil keine Veränderung der Krankengeldanspruchsberechtigung eingetreten gewesen sei.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Februar 2007 zu ändern und den Bescheid vom 18. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben ihr Einverständnis dazu erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist zulässig. Sie bedarf insbesondere nicht der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes, der Rückforderungsanspruch über 2.059,20 Euro, übersteigt den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG genannten Betrag von 500 Euro.
Die Berufung ist auch begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 18. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger ist nicht verpflichtet, das für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 erhaltene Krankengeld von 2.059,20 Euro an die Beklagte zurückzuzahlen. Es liegen zwar die Voraussetzungen für eine Rückforderung vor. Die Beklagte hat jedoch keine Ermessensentscheidung getroffen.
Rechtsgrundlage ist § 50 Abs. 2 SGB X und nicht, wie noch im Bescheid vom 18. November 2005 ausgeführt, § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X oder, wie vom Sozialgericht angenommen, ein zwischen dem Kläger und der Beklagten vereinbarter Rückforderungsvorbehalt.
Weder haben die Beteiligten einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Zahlung von Krankengeld unter dem Vorbehalt der Rückforderung geschlossen, noch wäre ein solcher Vertrag wirksam.
Das Sozialgericht ist der Ansicht gewesen, die Beklagte habe dem Kläger mit Schreiben vom 18. Juni 2004 die weitere Krankengeldzahlung unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens unter der Bedingung angeboten, dass der Kläger die "Erklärung zur Zahlung des Krankengeldes unter Vorbehalt" unterschrieben zurücksendet. Mit Zugang der vom Kläger am 21. Juni 2004 unterschriebenen Erklärung bei der Beklagten habe der Kläger dieses Angebot angenommen.
Die vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung der Erklärungen der Beteiligten im Sinne einer Vereinbarung wird dem Inhalt dieser Erklärungen nicht gerecht. Die Beklagte ging, nachdem der Kläger Weiterzahlung des Krankengeldes in Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehrt hatte (Schreiben vom 08. Juni 2004), davon aus, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 04. Juni 2004 aufschiebende Wirkung hat, weil er eine laufende Leistung entzieht. Dies ergibt sich aus ihrem Schreiben vom 17. Juni 2004 zum Widerspruch des Klägers. Darin wird mitgeteilt, dass bis zur abschließenden Klärung (im Widerspruchsverfahren) die Zahlung des Krankengeldes unter Vorbehalt erfolgen werde. Mit der Erhebung der Klage entfalle die aufschiebende Wirkung, so dass (anschließend) kein weiteres Krankengeld gewährt werden könne. Die Beklagte hielt sich angesichts dessen kraft Gesetzes für verpflichtet, Krankengeld bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens wegen einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruches, also aus formellen Gründen, weiterzuzahlen. In ihrem weiteren Schreiben vom 18. Juni 2004 wies sie darauf hin, dass sie berechtigt sei, das unter Vorbehalt gezahlte Krankengeld ab 08. Juni 2004 zurückzufordern, falls der Widerspruch abgelehnt werde. Es heißt dort zwar auch, dass Voraussetzung für die Zahlung des Krankengeldes unter Vorbehalt sei, dass der Kläger die beiliegende Erklärung unterschrieben zurücksende. Damit bezweckte die Beklagte ersichtlich, eine Urkunde zum Beweis dafür zu schaffen, dass dem Kläger die Vorläufigkeit und Rückforderbarkeit des anschließend gezahlten Krankengeldes bekannt ist, um einem eventuell späteren Einwand eines gutgläubigen Bezugs dieser Leistung begegnen zu können. Unabhängig davon, dass es für diese geforderte Voraussetzung keine Rechtsgrundlage gibt, hätte die Beklagte dasselbe Ziel durch förmliche Bekanntgabe eines entsprechenden Schreibens desselben Inhalts erreichen können, wenn ihr die Hinweise in ihren Schreiben vom 17. und 18. Juni 2004 nicht ausgereicht hätten. Jedenfalls gibt der gesamte Schriftwechsel der Beteiligten keinen Anhaltspunkt dafür, die Beklagte habe nicht wegen des Widerspruches, sondern wegen einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Kläger Krankengeld bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zahlen wollen.
Ein solcher öffentlich-rechtlicher Vertrag wäre im Übrigen unwirksam gewesen.
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen kann nach § 53 Abs. 2 SGB X (jedoch) nur geschlossen werden, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht. Eine Abweichung hiervon kommt allein bei Vergleichs- und Austauschverträgen (§§ 54 und 55 SGB X) in Betracht, die hier ersichtlich ausscheiden.
Krankengeld ist eine Sozialleistung (Zweiter Abschnitt, Zweiter Titel § 21 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe g SGB I), deren Gewährung nicht im Ermessen der Beklagten steht, sondern bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (§§ 44 und 46 SGB V) zu bewilligen ist. Damit ist ausgeschlossen, Krankengeld zum Regelungsgegenstand eines wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrages zu machen.
Zu Unrecht bezieht sich das Sozialgericht auf das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23. April 2003 - L 16 KR 26/00. Wie dieser Entscheidung zu entnehmen ist, stützte die dortige Krankenkasse ihren Erstattungsanspruch zwar ebenfalls auf einen Rückforderungsvorbehalt. Dieser war jedoch nicht Teil einer Vereinbarung; vielmehr erfolgte die Krankengeldzahlung aufgrund eines bewilligenden Verwaltungsaktes, der mit dem Vorbehalt der Rückforderung versehen war.
Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Wie im Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 zutreffend dargelegt wird, erfolgte die Zahlung des Krankengeldes vom 08. Juni bis 16. September 2004 als so genannter Realakt, also als schlichte Auszahlung eines bestimmten Geldbetrages. Die Beklagte hat weder ausdrücklich noch konkludent für diesen Zeitraum eine Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes nach § 31 Satz 1 SGB X über Krankengeld getroffen. Dafür bestand nach ihrem wie auch dem Verständnis des Klägers keine Veranlassung. Beide Beteiligte sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass mit Bescheid vom 04. Juni 2004 ein Krankengeldanspruch entzogen wird. Dies setzt denknotwendig voraus, dass ohne diesen Entziehungsbescheid weiter Krankengeld auf der Grundlage eines bewilligenden Verwaltungsaktes zugestanden hätte. Die Beklagte ist noch im angefochtenen Bescheid vom 18. November 2005 der Ansicht gewesen, es handele sich insoweit um den "Bescheid vom 16. Februar 2004". Bei einem solchen Verständnis des Regelungsinhaltes des Bescheides vom 04. Juni 2004 bewirkt ein Widerspruch nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung, die zur Folge hat, dass Folgerungen aus diesem Verwaltungsakt nicht gezogen werden dürfen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 86 a Rdnrn. 4 und 5 m. w. N.). Damit bildet der ursprünglich die Leistung bewilligende Verwaltungsakt - jedenfalls vorläufig - die weitere Rechtsgrundlage für die weitere Zahlung. Es besteht daher weder objektiv, also aus Sicht der Beteiligten und eines objektiven Empfängerhorizonts, noch aus der subjektiven Sicht der Beklagten, wonach Krankengeld aus materiell-rechtlichen Gründen schon nicht zusteht, Veranlassung, einen weiteren den Versicherten begünstigenden Verwaltungsakt zu einem Krankengeldanspruch für den Zeitraum eines anhängigen Widerspruchsverfahrens zu erlassen.
Wurde mithin Krankengeld für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 lediglich aufgrund schlichten Verwaltungshandelns (so genannter Realakt) erbracht, fehlt es - anders als im vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zu entscheidenden Sachverhalt - bereits an einem Verwaltungsakt, der mit einem Rückforderungsvorbehalt versehen werden kann. Der Hinweis der Beklagten in den Schreiben vom 17. und 18. Juni 2004 darauf, die Zahlung des Krankengeldes werde unter Vorbehalt erfolgen, stellt daher lediglich eine Mitteilung dar, die dem Kläger im Zusammenhang mit dem weiteren Verweis darauf, dass die Beklagte berechtigt sei, das so gezahlte Krankengeld im Falle der Zurückweisung des Widerspruches ab 08. Juni 2004 zurückzufordern, verdeutlichen sollte, dass ihm das Krankengeld nicht endgültig zusteht und er somit darauf auch nicht vertrauen darf.
Entgegen der Ansicht der Beteiligten wurde mit Bescheid vom 04. Juni 2004 jedoch nicht ein Anspruch auf Krankengeld entzogen, sondern ein Anspruch auf (weiteres) Krankengeld abgelehnt. Es bedurfte daher der - in diesem Bescheid auch gar nicht verfügten - Aufhebung des "Bescheides vom 16. Februar 2004" nicht. Die mit Bescheid vom 18. November 2005 vorgenommene Rücknahme des "Bescheides vom 16. Februar 2004" für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 geht ins Leere, denn der genannte Bescheid trifft zu diesem Zeitraum keine Regelung.
Die Krankenkasse gewährt in der Regel Krankengeld für einen bestimmten (Abrechnungs-) Zeitraum. Bei einer Krankengeldgewährung wegen Arbeitsunfähigkeit beinhaltet die Krankengeldbewilligung, bei der es sich um einen Verwaltungsakt handelt, der mit der Überweisung des Krankengeldes an den Versicherten auch eine ausreichende Bekanntgabe (§ 33 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X) erfährt, zugleich die Entscheidung, sofern Krankengeld für die vom Vertragsarzt bescheinigte Arbeitsunfähigkeit gewährt wird, dass Krankengeld bis zu dem dort benannten Zeitpunkt zusteht. Mit der Krankengeldbewilligung für diesen Zeitraum wird daher auch über das - vorläufige - Ende der Krankengeldbezugszeit entschieden, ohne dass es eines Aufhebungsbescheides bedarf. Soweit die Krankenkasse eine nachfolgende Bescheinigung über Arbeitsunfähigkeit nicht anerkennen will, muss sie dies dem Versicherten gegenüber zum Ausdruck bringen. Bei der so getroffenen Verfügung handelt es sich dann um die Ablehnung der weiteren Gewährung von Krankengeld (so BSG, Urteil vom 16. September 1986 - 3 RK 37/85, abgedruckt in SozR 2200 § 182 Nr. 103).
Es kann dahinstehen, ob das Schreiben vom 16. Februar 2004 überhaupt einen Verwaltungsakt darstellt. Es könnte erwogen werden, darin eine Krankengeldgewährung dem Grunde nach mit dem dort ausgewiesenen täglichen Zahlbetrag von 20,80 Euro zu sehen. Jedenfalls wird damit aber nicht Krankengeld für unbestimmte Dauer bewilligt, denn es ist dort ausdrücklich bestimmt, dass Krankengeld (nur) für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit gezahlt wird. Mit diesem Schreiben wird somit an der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG angeknüpft. Es ist weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen, dass vorliegend anders als nach dieser Rechtsprechung verfahren wurde. Das weitere Schreiben der Beklagten vom 04. März 2004 bestätigt vielmehr, dass auch im Fall des Klägers Krankengeld nicht über die vom Vertragsarzt jeweils bescheinigte Zeit der Arbeitsunfähigkeit bewilligt werden sollte und wurde, denn dort wird darauf hingewiesen, dass die Zahlung des Krankengeldes auf Vorlage des Zahlscheines bis zum jeweiligen Ausstellungstag durch den Arzt (nicht darüber hinaus bis zur eventuellen bescheinigten Arbeitsunfähigkeit) erfolgt.
Einen Verwaltungsakt über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004, der zunächst aufgehoben werden müsste, damit die Beklagte vom Kläger Erstattung von 2.059,20 Euro fordern darf, gibt es somit nicht, so dass als Rechtsgrundlage für das von der Beklagten erhobene Begehren entgegen ihres Bescheides vom 18. November 2005 § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X ausscheidet.
Maßgebende Vorschrift ist § 50 Abs. 2 SGB X. Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 SGB X gelten entsprechend.
Das für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 erbrachte Krankengeld wurde ohne (zugrunde liegenden) Verwaltungsakt geleistet.
Es kann dahinstehen, ob eine laufende Leistung, die durch Bescheid entzogen wird, aber infolge der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches zunächst weiter zu zahlen ist, ohne Verwaltungsakt erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 23. September 1997 - 2 RU 44/96, abgedruckt in SozR 3-1300 § 50 Nr. 20 im Sinne einer Zahlung aufgrund eines Verwaltungsaktes). Entgegen der Meinung der Beteiligten bewirkte der Widerspruch gegen den Bescheid vom 04. Juni 2004 keine aufschiebende Wirkung in Bezug auf eine fortzuzahlende Leistung, denn mit diesem Bescheid wurde eine laufende Leistung nicht entzogen, sondern lediglich die Weitergewährung von Krankengeld abgelehnt. Es existiert kein Verwaltungsakt, mit dem dem Kläger Krankengeld über den 07. Juni 2004 hinaus bewilligt worden wäre, so dass infolge einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruches nichts weiter zu zahlen war.
Mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2005 wurde rechtskräftig entschieden, dass der Bescheid vom 04. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 rechtmäßig ist und dem Kläger über den 07. Juni 2004 hinaus kein Krankengeld zusteht.
Krankengeld für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 wurde daher auch zu Unrecht erbracht.
Die weiteren Voraussetzungen der Erstattung richten sich wegen der für den gesamten Zeitraum vom 08. Juni bis 16. September 2004 rechtswidrig begünstigenden Krankengeldzahlung entsprechend der Regelung des § 45 SGB X. Durch die Bezugnahme auf § 45 SGB X wird sichergestellt, dass bei Leistungen, die zu Unrecht ohne einen Verwaltungsakt erbracht worden sind, derselbe Vertrauensschutz gilt, wie bei einer Leistung aufgrund eines Verwaltungsaktes. Hinsichtlich der Verweisung auf § 45 SGB X kommen nur die Vorschriften in Betracht, die eine Aufhebung für die Vergangenheit regeln. Es handelt sich daher im Wesentlichen um § 45 Abs. 4 SGB X (so von Wulffen, SGB X, 4. Auflage, § 50 Rdnr. 10). Die Fristen des § 45 Abs. 3 SGB X, auf die in § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X verwiesen wird, und damit auch die des § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X, gelten im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 45 SGB X allerdings nicht (von Wulffen, a.a.O., § 50 Rdnr. 10 unter Hinweis auf BSGE 75, 291 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 17). Dies beinhaltet anknüpfend an § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt zurückgenommen, also entsprechend eine Leistung ohne Verwaltungsakt, zurückgefordert werden "darf", also nicht muss, die Ausübung von Ermessen (von Wulffen, a.a.O. § 50 Rdnrn. 10 und 11).
Nach § 45 Abs. 4 SGB X gilt: Nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 und § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Diese weiteren Voraussetzungen der Erstattung liegen mit Ausnahme der erforderlichen Ermessensentscheidung vor.
Wie das Sozialgericht bereits zutreffend dargelegt hat, kann sich der Kläger nicht auf Vertrauen berufen, denn ihm fällt grobe Fahrlässigkeit zur Last, wenn er trotz der o. g. Hinweise in den Schreiben vom 17. und 18. Juni 2004 und seiner Erklärung vom 21. Juni 2004 gemeint haben sollte, er könne das gezahlte Krankengeld endgültig behalten. Zu dieser Auffassung kann der Kläger ausschließlich dann gelangen, wenn er diese Schreiben und seine eigene Erklärung nicht gelesen hat. Dies begründet aber grobe Fahrlässigkeit. Daraus geht nämlich eindeutig und unmissverständlich hervor, dass bei abgelehntem Widerspruch mit der Rückforderung des Krankengeldes ab 08. Juni 2004 zu rechnen ist. "Unter Vorbehalt" nimmt Bezug auf einen vorübergehenden, sich ändernden Zustand, so dass der Kläger diesen Passus zutreffend als zeitlichen Faktor bewertet hat. Dieser zeitliche Faktor zeichnet sich dadurch aus, dass erst später, also nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens durch den vorangegangenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2005, die Entscheidung über ein endgültiges Behaltendürfen des Krankengeldes fällt. Ob der Kläger nicht schuldhaft, insbesondere nicht vorsätzlich, das nicht zustehende Krankengeld erwirkt hat, ist belanglos, denn das nach den o. g. Vorschriften allein maßgebliche nicht berechtigte Vertrauen in den Bestand dieser Leistung wird dadurch nicht beseitigt. Im Übrigen darf im Rahmen dieses Vorbringens nicht außer Betracht gelassen werden, dass der Kläger durch seinen Antrag auf Weiterzahlung in Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine nicht unwesentliche Ursache für die danach erfolgte Weiterzahlung des Krankengeldes setzte.
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte den Erstattungsanspruch innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rückforderung des nicht zustehenden Krankengeldes rechtfertigen, geltend gemacht hat.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen einen Verwaltungsakt, mit dem eine laufende Leistung entzogen wird, beschränkt sich zwar bis zu dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides, jedenfalls aber nicht über den Zeitpunkt der Klageerhebung hinaus, denn nach § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen. In diesen Fällen wird einstweiliger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG im nachfolgenden Klageverfahren dadurch gewährt, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnet. Die auf den dargestellten Zeitraum beschränkte Wirkung des Widerspruchs entfällt allerdings auch für diesen Zeitraum erst mit dem Eintritt der Bestandskraft des Entziehungsbescheides, insbesondere mit einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23. September 1997 2 RU 44/96, abgedruckt in SozR 3-1300 § 50 Nr. 20).
Für den Beginn der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X können nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15. Februar 1990 - 7 RAr 28/88, abgedruckt in SozR 3-1300 § 45 Nr. 1 = BSGE 66, 204 m. w. N.) in Betracht kommen 1. die Kenntnis der die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsaktes begründenden Tatsachen, 2. die Kenntnis aller die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen, 3. die Rechts- und Tatsachenkenntnis hinsichtlich der Grundvoraussetzung der Rücknahme (der Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsaktes), während hinsichtlich der übrigen Rücknahmevoraussetzungen die Tatsachenkenntnis genügt, oder 4. die Kenntnis aller Tatsachen, die ihre Rücknahme rechtfertigen, und ihrer rechtlichen Bedeutung. Die Auslegungsmöglichkeiten zu 1. und 4. sind vom BSG abgelehnt worden. Die Auslegungsmöglichkeit zu 1. kollidiert nicht nur mit dem Gesetzeswortlaut. Gegen sie hat sich der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in seinem Beschluss vom 19. Dezember 1984 (BVerwGE 70, 356 = NJW 1985, 819) zu der entsprechenden Fristbestimmung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ausgesprochen. Das BSG ist dem sowohl zur Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X als auch zu dessen entsprechender Anwendung nach § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X gefolgt (BSGE 60, 239, 240, BSGE 62, 103, 108). Die Auslegungsmöglichkeit zu 4. scheidet aus, weil bei ihr unbeachtet bleibt, dass das Gesetz nur die Kenntnis der Tatsachen fordert; auch hätte der Gesetzgeber, hätte er diese Auslegung gewollt, besser von Kenntnis der Voraussetzungen der Rücknahme gesprochen. Schließlich bleibt bei einer Auslegung im Sinne der 4. Möglichkeit für die Anwendung der Einjahresfrist so gut wie kein praktischer Anwendungsbereich (so BSG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 7 RAr 28/88).
Während nach der Rechtsprechung des BSG weiterhin offen ist, ob der 2. oder 3. Auslegungsmöglichkeit der Vorzug zu geben ist, hat der Große Senat des BVerwG (BVerwGE 70, 356) zu § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG entschieden, dass die Jahresfrist zu laufen beginnt, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes erkannt hat und ihr die für die Rücknahme außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Danach beginnt die Frist zur Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts mit dem Zeitpunkt, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Hierzu gehört zunächst die Kenntnis davon, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, und damit die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ihrerseits ergibt. Das sind die Tatsachen, die den im Einzelfall unterlaufenen Rechtsanwendungsfehler und die Kausalität dieses Fehlers für den Inhalt des Verwaltungsaktes ausmachen.
Gegen diese Rechtsprechung wird eingewandt, die Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Verwaltungsaktes sei zwar ein Tatbestandsmerkmal für die Rücknahme nach § 45 SGB X, jedoch keine Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Auch dürfte schwer feststellbar sein, wann sich die Behörde der Rechtswidrigkeit bewusst geworden ist. Nach der Gegenmeinung beginnt daher die Jahresfrist nicht erst mit der Erkenntnis der Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsaktes (so von Wulffen, a.a.O., § 45 Rdnr. 34).
Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt vorliegend frühestens mit der Zahlung des Krankengeldes. Rechnet die Kenntnis der Rechtswidrigkeit zu den maßgebenden Tatsachen dieser Vorschrift, wäre die Jahresfrist gewahrt, denn die Geltendmachung des Erstattungsanspruches bei Weiterzahlung infolge eines Widerspruches gegen einen Bescheid, der eine laufende Leistung entzieht, kann nicht vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über die Entziehung erfolgen. Bei Erteilung des Bescheides vom 18. November 2005 war die Jahresfrist bezogen auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2005 nicht abgelaufen. Gehört hingegen die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Krankengeldzahlung nicht zu den Tatsachen des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, war die Jahresfrist bei Erteilung des Bescheides vom 18. November 2005 bereits abgelaufen. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung des Krankengeldes im Zeitraum vom 08. Juni bis 16. September 2004 hatte die Beklagte bereits Kenntnis aller Tatsachen, die die Erstattung des Krankengeldes rechtfertigen. Die jeweilige Zahlung des Krankengeldes beruhte auf einem Rechtsanwendungsfehler, nämlich der irrtümlichen Annahme, der Widerspruch richte sich gegen einen Bescheid, mit dem eine laufende Leistung entzogen werde (so von Wulffen, a. a. O. § 45 Rdnr. 34 für den Fall der direkten Anwendung des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bei Erteilung eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes).
Der Bescheid vom 18. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 kann aber jedenfalls deswegen keinen Bestand haben, weil die Beklagte keine Ermessensentscheidung getroffen hat.
Die Ermessensentscheidung ist Tatbestandsmerkmal des § 50 Abs. 2 i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Das Unterlassen einer Ermessensentscheidung führt somit zur materiell-rechtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes. Dieser Sachverhalt ist von dem Sachverhalt zu unterscheiden, wo die Behörde eine Ermessensentscheidung getroffen, diese aber fehlerhaft, also insbesondere durch lediglich formelhafte Ausführungen, begründet hat. Im letztgenannten Fall liegt ein Verfahrensmangel vor, der zur formell-rechtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes führt, deren weitere Rechtsfolge sich nach den §§ 42 und 41 SGB X richtet.
Eine Ermessensentscheidung setzt nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I voraus, dass die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat. Der von der Ermessensentscheidung Betroffene hat dementsprechend einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem eingeschränkten Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Rechtswidrig können demnach Verwaltungsakte bei Ermessensnichtgebrauch, Ermessenüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch sein.
Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist, beurteilt sich nach dem Inhalt des Rücknahmebescheides. Da Gegenstand der gerichtlichen Prüfung der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 95 SGG), ist insoweit auch der Inhalt des Widerspruchsbescheides maßgebend. Es kommt insbesondere auf die Begründung an. Diese muss zunächst erkennen lassen, dass die Beklagte überhaupt eine Ermessensentscheidung treffen wollte und getroffen hat. Darüber hinaus muss sie grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen die Behörde bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist. Fehlt es bereits an einer Ermessensentscheidung, ist der angefochtene Verwaltungsakt materiell-rechtlich und damit endgültig rechtswidrig. Die Ermessensentscheidung kann nicht mehr nachgeholt werden, da die einjährige Ausschlussfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X abgelaufen ist. Die Behörde wusste spätestens im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes um die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides bzw. der ohne einen zugrunde liegenden Verwaltungsakt erbrachten Leistungen. Ebenso hatte sie zu diesem Zeitpunkt auch Kenntnis sämtlicher für die Rücknahme bzw. Rückforderung erforderlichen Umstände. Nicht erforderlich war insoweit ihr Wissen über ihre Verpflichtung zur Ermessensausübung (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 4 RA 71/96 und BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 3/88, abgedruckt in SozR 3-1300 § 45 Nr. 5).
Maßgebend ist vorliegend allein der Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006, denn mit diesem Widerspruchsbescheid stellte die Beklagte unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsansicht die Rückforderung auf eine neue Rechtsgrundlage.
Die Beklagte hat sich im Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 zwar zutreffend auf § 50 Abs. 2 SGB X als Rechtsgrundlage bezogen. Sie ist bei Anwendung dieser Vorschrift insbesondere wegen des Wortlautes des § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X hierbei jedoch ersichtlich von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen. Sie hat ausschließlich den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes erörtert und ihn in Bezug auf den Kläger verneint. Ansonsten wird in diesem Widerspruchsbescheid im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt, dass ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten sind und der Kläger (daher) das zu Unrecht gewährte Krankengeld zurückzahlen muss.
Diese Ausführungen im Widerspruchsbescheid lassen auch nicht nur ansatzweise erkennen, dass sich die Beklagte bewusst gewesen ist, eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen. Zu einer solchen Ermessensausübung bestand im Übrigen hinreichend Veranlassung, denn der Kläger machte mit seinem Widerspruch Tatsachen geltend, die im Rahmen einer solchen Entscheidung bedeutsam sind. Er verwies darauf, dass er für den Zeitraum vom 08. Juni bis 16. September 2004 keine Doppelzahlungen, weder vom Jobcenter noch von anderen Leistungsträgern erhalten habe. Das Entgehen anderer Sozialleistungen, nicht notwendigerweise von Arbeitslosengeld, denn dies hat der Kläger durch Nichtbeachtung des von der Beklagten im Bescheid vom 04. Juni 2004 gegebenen Hinweises auf umgehende Meldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit selbst verursacht, aber eines Anspruches auf Sozialhilfe kann regelmäßig für den Betroffenen eine besondere Härte darstellen, die bei der Ermessensausübung in die Ermessenserwägungen einzustellen ist (vgl. von Wulffen, a. a. O., § 50 Rdnr. 13, § 45 Rdnr. 20, § 48 Rdnr. 20 jeweils m. w. N.). Es kann daher offen bleiben, ob die Aufhebung der angefochtenen Bescheide selbst dann in Betracht gekommen wäre, wenn der Kläger keine in eine Ermessensentscheidung einzustellenden Gesichtspunkte vorgetragen hätte (so aber BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 11 RAr 3/88). Sind solche Gesichtspunkte geltend gemacht, hat die Behörde und nicht erstmalig das Gericht den Sachverhalt dazu zu ermitteln, denn sie entscheidet, ob und in welcher Weise sie diese Umstände in ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt (BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 11 RAr 3/88).
Es liegt im Übrigen vorliegend auch kein Sachverhalt vor, bei dem die Beklagte ausnahmsweise von der Begründung der Ermessensentscheidung hätte verfahrensfehlerfrei absehen dürfen. Dies ist nur dann möglich, wenn die Behörde im Bewusstsein einer Ermessensentscheidung deswegen keine eigentliche Ermessensentscheidung trifft, weil ermessensrelevante Gesichtspunkte ohne Darlegung durch den Kläger nicht erkennbar sind, also danach nur eine Entscheidung sich als zutreffend erweist (so genannte Ermessensreduzierung auf Null). Eine Begründung dahingehend, dass Gesichtspunkte zugunsten des Betroffenen schon nicht vorliegen, stellt sich als inhaltsleere Floskel dar, die folgerichtig entbehrlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1997 4 RA 71/96).
Dahinstehen kann, welche Rechtsfolgen daraus resultieren, dass die Beklagte dem Kläger erstmals mit Erteilung des Bescheides vom 18. November 2005 Gelegenheit gab, sich zur Rückforderung zu äußern, und dass die Beklagte zudem mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 ihre Rückforderung insoweit abweichend vom Bescheid vom 18. November 2005 auf eine neue Rechtsgrundlage stützte.
Die Berufung des Klägers hat daher Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Erstattung von Krankengeld in Höhe von 2059,20 Euro für den Zeitraum vom 08. Juni bis 16. September 2004.
Der 1963 geborene Kläger, der bei der Beklagten versichert ist, übte bis 01. September 2003 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus. Anschließend bezog er ab 02. September 2003 Arbeitslosengeld, das, nachdem am 10. Dezember 2003 Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden war, zunächst weitergezahlt wurde. Mit Schreiben vom 16. Februar 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie werde im Anschluss an die Entgeltfortzahlung die Krankengeldzahlung bei einem täglichen Zahlbetrag von 20,80 Euro für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit übernehmen. Vom 21. Januar bis 07. Juni 2004 erhielt der Kläger Krankengeld.
Mit Bescheid vom 04. Juni 2004 lehnte die Beklagte die Weiterzahlung von Krankengeld über den 07. Juni 2004 hinaus ab, da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig für leichte bis mittelschwere Arbeit vermittelbar sei. Sie forderte den Kläger auf, sich umgehend bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und bat in Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes um Weiterzahlung des Krankengeldes. Auf die Ankündigung der Beklagten, wegen des Widerspruches das Krankengeld zunächst unter Vorbehalt weiter zu zahlen, wenn der Kläger die beiliegende Erklärung unterschrieben zurücksende, gab der Kläger unter dem 21. Juni 2004 folgende "Erklärung zur Zahlung des Krankengeldes unter Vorbehalt" ab: "Ich bin damit einverstanden, dass bis zur Entscheidung über den Widerspruch die Krankengeldzahlung unter Vorbehalt an mich ausgezahlt wird. Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, ist die BKK für Heilberufe berechtigt, das Krankengeld zurückzufordern." Daraufhin zahlte die Beklagte für die streitige Zeit (99 Kalendertage) Krankengeld in Höhe von 20,80 Euro kalendertäglich von insgesamt 2.059,20 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die dagegen erhobene Klage (Sozialgericht Berlin S 72 KR 2900/04) wurde mit Gerichtsbescheid vom 08. September 2005 abgewiesen.
Nachdem sich der Kläger erneut arbeitslos gemeldet hatte, wurde ihm ab 17. September 2004 Arbeitslosengeld mit einem kalendertäglichen Leistungsbetrag von 20,80 Euro bewilligt (Bescheid der Agentur für Arbeit Berlin Südwest vom 01. Oktober 2004).
Mit Bescheid vom 18. November 2005 nahm die Beklagte den "Bescheid vom 16. Februar 2004" für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück. Sie forderte außerdem den Kläger auf, das für diese Zeit gezahlte Krankengeld von 2.059,20 Euro zu erstatten. Bei der Überweisung des Krankengeldes sei bekannt gewesen, dass die Zahlungen unter Vorbehalt der Rückforderung durchgeführt worden seien. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Rechtswidrigkeit der Zahlung bekannt gewesen sei, überwiege das öffentliche Interesse gegenüber dem klägerischen Interesse am Verzicht auf eine Rückforderung. Auf einen gutgläubigen Verbrauch der Leistung könne sich der Kläger daher ebenfalls nicht berufen. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden sei, seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Es werde Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 24 Abs. 1 SGB X gegeben.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, keine Doppelzahlung durch das Jobcenter oder einen anderen Leistungsträger erhalten zu haben, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 zurück: Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden seien, seien sie nach § 50 Abs. 2 SGB X zu erstatten. Die Krankengeldzahlungen ab 08. Juni 2004 seien lediglich vor dem Hintergrund der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches erfolgt und stellten insoweit Realakte dar. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei rechtskräftig, so dass ein Rückforderungsanspruch gegeben sei.
Dagegen hat der Kläger am 24. Februar 2006 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben und vorgetragen, in den Bezug von Krankengeldleistung sei er ohne eigenes Verschulden oder aber vorsätzlich gelangt.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 05. Februar 2007 die Klage abgewiesen: Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch sei der zwischen den Beteiligten vereinbarte Rückforderungsvorbehalt (Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen vom 23. April 2003 - L 16 KR 26/00). Die Ausübung des Rückforderungsvorbehaltes sei nicht zu beanstanden, denn mit Gerichtsbescheid vom 08. September 2005 sei rechtskräftig entschieden worden, dass für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 kein Anspruch auf Krankengeld bestehe. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da ihm bekannt gewesen sei, dass die Zahlungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung gestanden hätten. Es sei auch nicht auf ein Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen, dass der Kläger keine Leistungen der Agentur für Arbeit geltend gemacht habe. Die Beklagte habe im Bescheid vom 04. Juni 2004 den Kläger aufgefordert, sich umgehend bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden.
Gegen den ihm am 09. Februar 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 05. März 2007 eingelegte Berufung des Klägers.
Er verweist darauf, dass er den Passus "unter Vorbehalt" als zeitlichen Faktor bewertet habe. Die Beklagte habe aus freien Stücken die Krankengeldzahlung veranlasst. Er habe daher mit einer für ihn vorteilhaften Entwicklung rechnen können. Ansonsten hätte er der Weiterzahlung des Krankengeldes nicht zugestimmt. Trotz des Hinweises der Beklagten habe er sich nicht arbeitslos gemeldet, weil keine Veränderung der Krankengeldanspruchsberechtigung eingetreten gewesen sei.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Februar 2007 zu ändern und den Bescheid vom 18. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben ihr Einverständnis dazu erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist zulässig. Sie bedarf insbesondere nicht der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes, der Rückforderungsanspruch über 2.059,20 Euro, übersteigt den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG genannten Betrag von 500 Euro.
Die Berufung ist auch begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 18. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger ist nicht verpflichtet, das für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 erhaltene Krankengeld von 2.059,20 Euro an die Beklagte zurückzuzahlen. Es liegen zwar die Voraussetzungen für eine Rückforderung vor. Die Beklagte hat jedoch keine Ermessensentscheidung getroffen.
Rechtsgrundlage ist § 50 Abs. 2 SGB X und nicht, wie noch im Bescheid vom 18. November 2005 ausgeführt, § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X oder, wie vom Sozialgericht angenommen, ein zwischen dem Kläger und der Beklagten vereinbarter Rückforderungsvorbehalt.
Weder haben die Beteiligten einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Zahlung von Krankengeld unter dem Vorbehalt der Rückforderung geschlossen, noch wäre ein solcher Vertrag wirksam.
Das Sozialgericht ist der Ansicht gewesen, die Beklagte habe dem Kläger mit Schreiben vom 18. Juni 2004 die weitere Krankengeldzahlung unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens unter der Bedingung angeboten, dass der Kläger die "Erklärung zur Zahlung des Krankengeldes unter Vorbehalt" unterschrieben zurücksendet. Mit Zugang der vom Kläger am 21. Juni 2004 unterschriebenen Erklärung bei der Beklagten habe der Kläger dieses Angebot angenommen.
Die vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung der Erklärungen der Beteiligten im Sinne einer Vereinbarung wird dem Inhalt dieser Erklärungen nicht gerecht. Die Beklagte ging, nachdem der Kläger Weiterzahlung des Krankengeldes in Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehrt hatte (Schreiben vom 08. Juni 2004), davon aus, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 04. Juni 2004 aufschiebende Wirkung hat, weil er eine laufende Leistung entzieht. Dies ergibt sich aus ihrem Schreiben vom 17. Juni 2004 zum Widerspruch des Klägers. Darin wird mitgeteilt, dass bis zur abschließenden Klärung (im Widerspruchsverfahren) die Zahlung des Krankengeldes unter Vorbehalt erfolgen werde. Mit der Erhebung der Klage entfalle die aufschiebende Wirkung, so dass (anschließend) kein weiteres Krankengeld gewährt werden könne. Die Beklagte hielt sich angesichts dessen kraft Gesetzes für verpflichtet, Krankengeld bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens wegen einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruches, also aus formellen Gründen, weiterzuzahlen. In ihrem weiteren Schreiben vom 18. Juni 2004 wies sie darauf hin, dass sie berechtigt sei, das unter Vorbehalt gezahlte Krankengeld ab 08. Juni 2004 zurückzufordern, falls der Widerspruch abgelehnt werde. Es heißt dort zwar auch, dass Voraussetzung für die Zahlung des Krankengeldes unter Vorbehalt sei, dass der Kläger die beiliegende Erklärung unterschrieben zurücksende. Damit bezweckte die Beklagte ersichtlich, eine Urkunde zum Beweis dafür zu schaffen, dass dem Kläger die Vorläufigkeit und Rückforderbarkeit des anschließend gezahlten Krankengeldes bekannt ist, um einem eventuell späteren Einwand eines gutgläubigen Bezugs dieser Leistung begegnen zu können. Unabhängig davon, dass es für diese geforderte Voraussetzung keine Rechtsgrundlage gibt, hätte die Beklagte dasselbe Ziel durch förmliche Bekanntgabe eines entsprechenden Schreibens desselben Inhalts erreichen können, wenn ihr die Hinweise in ihren Schreiben vom 17. und 18. Juni 2004 nicht ausgereicht hätten. Jedenfalls gibt der gesamte Schriftwechsel der Beteiligten keinen Anhaltspunkt dafür, die Beklagte habe nicht wegen des Widerspruches, sondern wegen einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Kläger Krankengeld bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zahlen wollen.
Ein solcher öffentlich-rechtlicher Vertrag wäre im Übrigen unwirksam gewesen.
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen kann nach § 53 Abs. 2 SGB X (jedoch) nur geschlossen werden, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht. Eine Abweichung hiervon kommt allein bei Vergleichs- und Austauschverträgen (§§ 54 und 55 SGB X) in Betracht, die hier ersichtlich ausscheiden.
Krankengeld ist eine Sozialleistung (Zweiter Abschnitt, Zweiter Titel § 21 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe g SGB I), deren Gewährung nicht im Ermessen der Beklagten steht, sondern bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (§§ 44 und 46 SGB V) zu bewilligen ist. Damit ist ausgeschlossen, Krankengeld zum Regelungsgegenstand eines wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrages zu machen.
Zu Unrecht bezieht sich das Sozialgericht auf das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23. April 2003 - L 16 KR 26/00. Wie dieser Entscheidung zu entnehmen ist, stützte die dortige Krankenkasse ihren Erstattungsanspruch zwar ebenfalls auf einen Rückforderungsvorbehalt. Dieser war jedoch nicht Teil einer Vereinbarung; vielmehr erfolgte die Krankengeldzahlung aufgrund eines bewilligenden Verwaltungsaktes, der mit dem Vorbehalt der Rückforderung versehen war.
Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Wie im Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 zutreffend dargelegt wird, erfolgte die Zahlung des Krankengeldes vom 08. Juni bis 16. September 2004 als so genannter Realakt, also als schlichte Auszahlung eines bestimmten Geldbetrages. Die Beklagte hat weder ausdrücklich noch konkludent für diesen Zeitraum eine Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes nach § 31 Satz 1 SGB X über Krankengeld getroffen. Dafür bestand nach ihrem wie auch dem Verständnis des Klägers keine Veranlassung. Beide Beteiligte sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass mit Bescheid vom 04. Juni 2004 ein Krankengeldanspruch entzogen wird. Dies setzt denknotwendig voraus, dass ohne diesen Entziehungsbescheid weiter Krankengeld auf der Grundlage eines bewilligenden Verwaltungsaktes zugestanden hätte. Die Beklagte ist noch im angefochtenen Bescheid vom 18. November 2005 der Ansicht gewesen, es handele sich insoweit um den "Bescheid vom 16. Februar 2004". Bei einem solchen Verständnis des Regelungsinhaltes des Bescheides vom 04. Juni 2004 bewirkt ein Widerspruch nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung, die zur Folge hat, dass Folgerungen aus diesem Verwaltungsakt nicht gezogen werden dürfen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 86 a Rdnrn. 4 und 5 m. w. N.). Damit bildet der ursprünglich die Leistung bewilligende Verwaltungsakt - jedenfalls vorläufig - die weitere Rechtsgrundlage für die weitere Zahlung. Es besteht daher weder objektiv, also aus Sicht der Beteiligten und eines objektiven Empfängerhorizonts, noch aus der subjektiven Sicht der Beklagten, wonach Krankengeld aus materiell-rechtlichen Gründen schon nicht zusteht, Veranlassung, einen weiteren den Versicherten begünstigenden Verwaltungsakt zu einem Krankengeldanspruch für den Zeitraum eines anhängigen Widerspruchsverfahrens zu erlassen.
Wurde mithin Krankengeld für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 lediglich aufgrund schlichten Verwaltungshandelns (so genannter Realakt) erbracht, fehlt es - anders als im vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zu entscheidenden Sachverhalt - bereits an einem Verwaltungsakt, der mit einem Rückforderungsvorbehalt versehen werden kann. Der Hinweis der Beklagten in den Schreiben vom 17. und 18. Juni 2004 darauf, die Zahlung des Krankengeldes werde unter Vorbehalt erfolgen, stellt daher lediglich eine Mitteilung dar, die dem Kläger im Zusammenhang mit dem weiteren Verweis darauf, dass die Beklagte berechtigt sei, das so gezahlte Krankengeld im Falle der Zurückweisung des Widerspruches ab 08. Juni 2004 zurückzufordern, verdeutlichen sollte, dass ihm das Krankengeld nicht endgültig zusteht und er somit darauf auch nicht vertrauen darf.
Entgegen der Ansicht der Beteiligten wurde mit Bescheid vom 04. Juni 2004 jedoch nicht ein Anspruch auf Krankengeld entzogen, sondern ein Anspruch auf (weiteres) Krankengeld abgelehnt. Es bedurfte daher der - in diesem Bescheid auch gar nicht verfügten - Aufhebung des "Bescheides vom 16. Februar 2004" nicht. Die mit Bescheid vom 18. November 2005 vorgenommene Rücknahme des "Bescheides vom 16. Februar 2004" für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 geht ins Leere, denn der genannte Bescheid trifft zu diesem Zeitraum keine Regelung.
Die Krankenkasse gewährt in der Regel Krankengeld für einen bestimmten (Abrechnungs-) Zeitraum. Bei einer Krankengeldgewährung wegen Arbeitsunfähigkeit beinhaltet die Krankengeldbewilligung, bei der es sich um einen Verwaltungsakt handelt, der mit der Überweisung des Krankengeldes an den Versicherten auch eine ausreichende Bekanntgabe (§ 33 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X) erfährt, zugleich die Entscheidung, sofern Krankengeld für die vom Vertragsarzt bescheinigte Arbeitsunfähigkeit gewährt wird, dass Krankengeld bis zu dem dort benannten Zeitpunkt zusteht. Mit der Krankengeldbewilligung für diesen Zeitraum wird daher auch über das - vorläufige - Ende der Krankengeldbezugszeit entschieden, ohne dass es eines Aufhebungsbescheides bedarf. Soweit die Krankenkasse eine nachfolgende Bescheinigung über Arbeitsunfähigkeit nicht anerkennen will, muss sie dies dem Versicherten gegenüber zum Ausdruck bringen. Bei der so getroffenen Verfügung handelt es sich dann um die Ablehnung der weiteren Gewährung von Krankengeld (so BSG, Urteil vom 16. September 1986 - 3 RK 37/85, abgedruckt in SozR 2200 § 182 Nr. 103).
Es kann dahinstehen, ob das Schreiben vom 16. Februar 2004 überhaupt einen Verwaltungsakt darstellt. Es könnte erwogen werden, darin eine Krankengeldgewährung dem Grunde nach mit dem dort ausgewiesenen täglichen Zahlbetrag von 20,80 Euro zu sehen. Jedenfalls wird damit aber nicht Krankengeld für unbestimmte Dauer bewilligt, denn es ist dort ausdrücklich bestimmt, dass Krankengeld (nur) für die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit gezahlt wird. Mit diesem Schreiben wird somit an der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG angeknüpft. Es ist weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen, dass vorliegend anders als nach dieser Rechtsprechung verfahren wurde. Das weitere Schreiben der Beklagten vom 04. März 2004 bestätigt vielmehr, dass auch im Fall des Klägers Krankengeld nicht über die vom Vertragsarzt jeweils bescheinigte Zeit der Arbeitsunfähigkeit bewilligt werden sollte und wurde, denn dort wird darauf hingewiesen, dass die Zahlung des Krankengeldes auf Vorlage des Zahlscheines bis zum jeweiligen Ausstellungstag durch den Arzt (nicht darüber hinaus bis zur eventuellen bescheinigten Arbeitsunfähigkeit) erfolgt.
Einen Verwaltungsakt über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004, der zunächst aufgehoben werden müsste, damit die Beklagte vom Kläger Erstattung von 2.059,20 Euro fordern darf, gibt es somit nicht, so dass als Rechtsgrundlage für das von der Beklagten erhobene Begehren entgegen ihres Bescheides vom 18. November 2005 § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X ausscheidet.
Maßgebende Vorschrift ist § 50 Abs. 2 SGB X. Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 SGB X gelten entsprechend.
Das für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 erbrachte Krankengeld wurde ohne (zugrunde liegenden) Verwaltungsakt geleistet.
Es kann dahinstehen, ob eine laufende Leistung, die durch Bescheid entzogen wird, aber infolge der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches zunächst weiter zu zahlen ist, ohne Verwaltungsakt erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 23. September 1997 - 2 RU 44/96, abgedruckt in SozR 3-1300 § 50 Nr. 20 im Sinne einer Zahlung aufgrund eines Verwaltungsaktes). Entgegen der Meinung der Beteiligten bewirkte der Widerspruch gegen den Bescheid vom 04. Juni 2004 keine aufschiebende Wirkung in Bezug auf eine fortzuzahlende Leistung, denn mit diesem Bescheid wurde eine laufende Leistung nicht entzogen, sondern lediglich die Weitergewährung von Krankengeld abgelehnt. Es existiert kein Verwaltungsakt, mit dem dem Kläger Krankengeld über den 07. Juni 2004 hinaus bewilligt worden wäre, so dass infolge einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruches nichts weiter zu zahlen war.
Mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2005 wurde rechtskräftig entschieden, dass der Bescheid vom 04. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 rechtmäßig ist und dem Kläger über den 07. Juni 2004 hinaus kein Krankengeld zusteht.
Krankengeld für die Zeit vom 08. Juni bis 16. September 2004 wurde daher auch zu Unrecht erbracht.
Die weiteren Voraussetzungen der Erstattung richten sich wegen der für den gesamten Zeitraum vom 08. Juni bis 16. September 2004 rechtswidrig begünstigenden Krankengeldzahlung entsprechend der Regelung des § 45 SGB X. Durch die Bezugnahme auf § 45 SGB X wird sichergestellt, dass bei Leistungen, die zu Unrecht ohne einen Verwaltungsakt erbracht worden sind, derselbe Vertrauensschutz gilt, wie bei einer Leistung aufgrund eines Verwaltungsaktes. Hinsichtlich der Verweisung auf § 45 SGB X kommen nur die Vorschriften in Betracht, die eine Aufhebung für die Vergangenheit regeln. Es handelt sich daher im Wesentlichen um § 45 Abs. 4 SGB X (so von Wulffen, SGB X, 4. Auflage, § 50 Rdnr. 10). Die Fristen des § 45 Abs. 3 SGB X, auf die in § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X verwiesen wird, und damit auch die des § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X, gelten im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 45 SGB X allerdings nicht (von Wulffen, a.a.O., § 50 Rdnr. 10 unter Hinweis auf BSGE 75, 291 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 17). Dies beinhaltet anknüpfend an § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt zurückgenommen, also entsprechend eine Leistung ohne Verwaltungsakt, zurückgefordert werden "darf", also nicht muss, die Ausübung von Ermessen (von Wulffen, a.a.O. § 50 Rdnrn. 10 und 11).
Nach § 45 Abs. 4 SGB X gilt: Nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 und § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Diese weiteren Voraussetzungen der Erstattung liegen mit Ausnahme der erforderlichen Ermessensentscheidung vor.
Wie das Sozialgericht bereits zutreffend dargelegt hat, kann sich der Kläger nicht auf Vertrauen berufen, denn ihm fällt grobe Fahrlässigkeit zur Last, wenn er trotz der o. g. Hinweise in den Schreiben vom 17. und 18. Juni 2004 und seiner Erklärung vom 21. Juni 2004 gemeint haben sollte, er könne das gezahlte Krankengeld endgültig behalten. Zu dieser Auffassung kann der Kläger ausschließlich dann gelangen, wenn er diese Schreiben und seine eigene Erklärung nicht gelesen hat. Dies begründet aber grobe Fahrlässigkeit. Daraus geht nämlich eindeutig und unmissverständlich hervor, dass bei abgelehntem Widerspruch mit der Rückforderung des Krankengeldes ab 08. Juni 2004 zu rechnen ist. "Unter Vorbehalt" nimmt Bezug auf einen vorübergehenden, sich ändernden Zustand, so dass der Kläger diesen Passus zutreffend als zeitlichen Faktor bewertet hat. Dieser zeitliche Faktor zeichnet sich dadurch aus, dass erst später, also nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens durch den vorangegangenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2005, die Entscheidung über ein endgültiges Behaltendürfen des Krankengeldes fällt. Ob der Kläger nicht schuldhaft, insbesondere nicht vorsätzlich, das nicht zustehende Krankengeld erwirkt hat, ist belanglos, denn das nach den o. g. Vorschriften allein maßgebliche nicht berechtigte Vertrauen in den Bestand dieser Leistung wird dadurch nicht beseitigt. Im Übrigen darf im Rahmen dieses Vorbringens nicht außer Betracht gelassen werden, dass der Kläger durch seinen Antrag auf Weiterzahlung in Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine nicht unwesentliche Ursache für die danach erfolgte Weiterzahlung des Krankengeldes setzte.
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte den Erstattungsanspruch innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rückforderung des nicht zustehenden Krankengeldes rechtfertigen, geltend gemacht hat.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen einen Verwaltungsakt, mit dem eine laufende Leistung entzogen wird, beschränkt sich zwar bis zu dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides, jedenfalls aber nicht über den Zeitpunkt der Klageerhebung hinaus, denn nach § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen. In diesen Fällen wird einstweiliger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG im nachfolgenden Klageverfahren dadurch gewährt, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnet. Die auf den dargestellten Zeitraum beschränkte Wirkung des Widerspruchs entfällt allerdings auch für diesen Zeitraum erst mit dem Eintritt der Bestandskraft des Entziehungsbescheides, insbesondere mit einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23. September 1997 2 RU 44/96, abgedruckt in SozR 3-1300 § 50 Nr. 20).
Für den Beginn der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X können nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15. Februar 1990 - 7 RAr 28/88, abgedruckt in SozR 3-1300 § 45 Nr. 1 = BSGE 66, 204 m. w. N.) in Betracht kommen 1. die Kenntnis der die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsaktes begründenden Tatsachen, 2. die Kenntnis aller die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen, 3. die Rechts- und Tatsachenkenntnis hinsichtlich der Grundvoraussetzung der Rücknahme (der Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsaktes), während hinsichtlich der übrigen Rücknahmevoraussetzungen die Tatsachenkenntnis genügt, oder 4. die Kenntnis aller Tatsachen, die ihre Rücknahme rechtfertigen, und ihrer rechtlichen Bedeutung. Die Auslegungsmöglichkeiten zu 1. und 4. sind vom BSG abgelehnt worden. Die Auslegungsmöglichkeit zu 1. kollidiert nicht nur mit dem Gesetzeswortlaut. Gegen sie hat sich der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in seinem Beschluss vom 19. Dezember 1984 (BVerwGE 70, 356 = NJW 1985, 819) zu der entsprechenden Fristbestimmung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ausgesprochen. Das BSG ist dem sowohl zur Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X als auch zu dessen entsprechender Anwendung nach § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X gefolgt (BSGE 60, 239, 240, BSGE 62, 103, 108). Die Auslegungsmöglichkeit zu 4. scheidet aus, weil bei ihr unbeachtet bleibt, dass das Gesetz nur die Kenntnis der Tatsachen fordert; auch hätte der Gesetzgeber, hätte er diese Auslegung gewollt, besser von Kenntnis der Voraussetzungen der Rücknahme gesprochen. Schließlich bleibt bei einer Auslegung im Sinne der 4. Möglichkeit für die Anwendung der Einjahresfrist so gut wie kein praktischer Anwendungsbereich (so BSG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 7 RAr 28/88).
Während nach der Rechtsprechung des BSG weiterhin offen ist, ob der 2. oder 3. Auslegungsmöglichkeit der Vorzug zu geben ist, hat der Große Senat des BVerwG (BVerwGE 70, 356) zu § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG entschieden, dass die Jahresfrist zu laufen beginnt, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes erkannt hat und ihr die für die Rücknahme außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Danach beginnt die Frist zur Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts mit dem Zeitpunkt, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Hierzu gehört zunächst die Kenntnis davon, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, und damit die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ihrerseits ergibt. Das sind die Tatsachen, die den im Einzelfall unterlaufenen Rechtsanwendungsfehler und die Kausalität dieses Fehlers für den Inhalt des Verwaltungsaktes ausmachen.
Gegen diese Rechtsprechung wird eingewandt, die Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Verwaltungsaktes sei zwar ein Tatbestandsmerkmal für die Rücknahme nach § 45 SGB X, jedoch keine Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Auch dürfte schwer feststellbar sein, wann sich die Behörde der Rechtswidrigkeit bewusst geworden ist. Nach der Gegenmeinung beginnt daher die Jahresfrist nicht erst mit der Erkenntnis der Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsaktes (so von Wulffen, a.a.O., § 45 Rdnr. 34).
Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt vorliegend frühestens mit der Zahlung des Krankengeldes. Rechnet die Kenntnis der Rechtswidrigkeit zu den maßgebenden Tatsachen dieser Vorschrift, wäre die Jahresfrist gewahrt, denn die Geltendmachung des Erstattungsanspruches bei Weiterzahlung infolge eines Widerspruches gegen einen Bescheid, der eine laufende Leistung entzieht, kann nicht vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über die Entziehung erfolgen. Bei Erteilung des Bescheides vom 18. November 2005 war die Jahresfrist bezogen auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2005 nicht abgelaufen. Gehört hingegen die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Krankengeldzahlung nicht zu den Tatsachen des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, war die Jahresfrist bei Erteilung des Bescheides vom 18. November 2005 bereits abgelaufen. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung des Krankengeldes im Zeitraum vom 08. Juni bis 16. September 2004 hatte die Beklagte bereits Kenntnis aller Tatsachen, die die Erstattung des Krankengeldes rechtfertigen. Die jeweilige Zahlung des Krankengeldes beruhte auf einem Rechtsanwendungsfehler, nämlich der irrtümlichen Annahme, der Widerspruch richte sich gegen einen Bescheid, mit dem eine laufende Leistung entzogen werde (so von Wulffen, a. a. O. § 45 Rdnr. 34 für den Fall der direkten Anwendung des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bei Erteilung eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes).
Der Bescheid vom 18. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 kann aber jedenfalls deswegen keinen Bestand haben, weil die Beklagte keine Ermessensentscheidung getroffen hat.
Die Ermessensentscheidung ist Tatbestandsmerkmal des § 50 Abs. 2 i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Das Unterlassen einer Ermessensentscheidung führt somit zur materiell-rechtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes. Dieser Sachverhalt ist von dem Sachverhalt zu unterscheiden, wo die Behörde eine Ermessensentscheidung getroffen, diese aber fehlerhaft, also insbesondere durch lediglich formelhafte Ausführungen, begründet hat. Im letztgenannten Fall liegt ein Verfahrensmangel vor, der zur formell-rechtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes führt, deren weitere Rechtsfolge sich nach den §§ 42 und 41 SGB X richtet.
Eine Ermessensentscheidung setzt nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I voraus, dass die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat. Der von der Ermessensentscheidung Betroffene hat dementsprechend einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem eingeschränkten Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Rechtswidrig können demnach Verwaltungsakte bei Ermessensnichtgebrauch, Ermessenüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch sein.
Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist, beurteilt sich nach dem Inhalt des Rücknahmebescheides. Da Gegenstand der gerichtlichen Prüfung der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 95 SGG), ist insoweit auch der Inhalt des Widerspruchsbescheides maßgebend. Es kommt insbesondere auf die Begründung an. Diese muss zunächst erkennen lassen, dass die Beklagte überhaupt eine Ermessensentscheidung treffen wollte und getroffen hat. Darüber hinaus muss sie grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen die Behörde bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist. Fehlt es bereits an einer Ermessensentscheidung, ist der angefochtene Verwaltungsakt materiell-rechtlich und damit endgültig rechtswidrig. Die Ermessensentscheidung kann nicht mehr nachgeholt werden, da die einjährige Ausschlussfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X abgelaufen ist. Die Behörde wusste spätestens im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes um die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides bzw. der ohne einen zugrunde liegenden Verwaltungsakt erbrachten Leistungen. Ebenso hatte sie zu diesem Zeitpunkt auch Kenntnis sämtlicher für die Rücknahme bzw. Rückforderung erforderlichen Umstände. Nicht erforderlich war insoweit ihr Wissen über ihre Verpflichtung zur Ermessensausübung (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 4 RA 71/96 und BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 3/88, abgedruckt in SozR 3-1300 § 45 Nr. 5).
Maßgebend ist vorliegend allein der Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006, denn mit diesem Widerspruchsbescheid stellte die Beklagte unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsansicht die Rückforderung auf eine neue Rechtsgrundlage.
Die Beklagte hat sich im Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 zwar zutreffend auf § 50 Abs. 2 SGB X als Rechtsgrundlage bezogen. Sie ist bei Anwendung dieser Vorschrift insbesondere wegen des Wortlautes des § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X hierbei jedoch ersichtlich von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen. Sie hat ausschließlich den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes erörtert und ihn in Bezug auf den Kläger verneint. Ansonsten wird in diesem Widerspruchsbescheid im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt, dass ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten sind und der Kläger (daher) das zu Unrecht gewährte Krankengeld zurückzahlen muss.
Diese Ausführungen im Widerspruchsbescheid lassen auch nicht nur ansatzweise erkennen, dass sich die Beklagte bewusst gewesen ist, eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen. Zu einer solchen Ermessensausübung bestand im Übrigen hinreichend Veranlassung, denn der Kläger machte mit seinem Widerspruch Tatsachen geltend, die im Rahmen einer solchen Entscheidung bedeutsam sind. Er verwies darauf, dass er für den Zeitraum vom 08. Juni bis 16. September 2004 keine Doppelzahlungen, weder vom Jobcenter noch von anderen Leistungsträgern erhalten habe. Das Entgehen anderer Sozialleistungen, nicht notwendigerweise von Arbeitslosengeld, denn dies hat der Kläger durch Nichtbeachtung des von der Beklagten im Bescheid vom 04. Juni 2004 gegebenen Hinweises auf umgehende Meldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit selbst verursacht, aber eines Anspruches auf Sozialhilfe kann regelmäßig für den Betroffenen eine besondere Härte darstellen, die bei der Ermessensausübung in die Ermessenserwägungen einzustellen ist (vgl. von Wulffen, a. a. O., § 50 Rdnr. 13, § 45 Rdnr. 20, § 48 Rdnr. 20 jeweils m. w. N.). Es kann daher offen bleiben, ob die Aufhebung der angefochtenen Bescheide selbst dann in Betracht gekommen wäre, wenn der Kläger keine in eine Ermessensentscheidung einzustellenden Gesichtspunkte vorgetragen hätte (so aber BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 11 RAr 3/88). Sind solche Gesichtspunkte geltend gemacht, hat die Behörde und nicht erstmalig das Gericht den Sachverhalt dazu zu ermitteln, denn sie entscheidet, ob und in welcher Weise sie diese Umstände in ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt (BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 11 RAr 3/88).
Es liegt im Übrigen vorliegend auch kein Sachverhalt vor, bei dem die Beklagte ausnahmsweise von der Begründung der Ermessensentscheidung hätte verfahrensfehlerfrei absehen dürfen. Dies ist nur dann möglich, wenn die Behörde im Bewusstsein einer Ermessensentscheidung deswegen keine eigentliche Ermessensentscheidung trifft, weil ermessensrelevante Gesichtspunkte ohne Darlegung durch den Kläger nicht erkennbar sind, also danach nur eine Entscheidung sich als zutreffend erweist (so genannte Ermessensreduzierung auf Null). Eine Begründung dahingehend, dass Gesichtspunkte zugunsten des Betroffenen schon nicht vorliegen, stellt sich als inhaltsleere Floskel dar, die folgerichtig entbehrlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1997 4 RA 71/96).
Dahinstehen kann, welche Rechtsfolgen daraus resultieren, dass die Beklagte dem Kläger erstmals mit Erteilung des Bescheides vom 18. November 2005 Gelegenheit gab, sich zur Rückforderung zu äußern, und dass die Beklagte zudem mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 ihre Rückforderung insoweit abweichend vom Bescheid vom 18. November 2005 auf eine neue Rechtsgrundlage stützte.
Die Berufung des Klägers hat daher Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
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