L 6 AL 181/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 13 AL 652/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 AL 181/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes für die Zeit ab dem 01. Mai 2005 auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 565,00 EUR statt eines täglichen Bemessungsentgelts von 42,49 EUR (entspricht wöchentlich 297,43 EUR).

Die Klägerin ist 1945 geboren, verheiratet und Mutter eines im steuerrechtlichen Sinne nicht mehr berücksichtungsfähigen Kindes. Auf ihrer Steuerkarte für das Jahr 2005 ist die Steuerklasse IV eingetragen.

Letztmals vor dem hier streitigen Zeitraum bezog sie am 30. April 2002 Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines wöchentlichen gerundeten Bemessungsentgelts von 565,00 EUR (Bescheid vom 15. Januar 2002); von dem am 01. Januar 2002 entstanden Stammrecht verblieb ein Restanspruch von 233 Tagen.

Vom 01. Mai 2002 bis zum 30. April 2005 war sie versicherungspflichtig bei dem eingetragenen Verein (e.V.) S B beschäftigt, wobei das Beschäftigungsverhältnis mehrfach verlängert worden war, letztmals (ab dem 01. Januar 2005) aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10. Januar 2005 bis zum 30. April 2005. Am 10. Februar 2005 erschien die Klägerin bei der Beklagten, wo ihr ein Arbeitslosengeldantrag ausgehändigt wurde, auf dem von der Beklagten der 10. Februar 2005 als Tag der Arbeitslosmeldung vermerkt wurde; zudem war es zu einem Beratungsgespräch bei der Beklagten mit ihrem Mitarbeiter M G gekommen. Bei diesem Gespräch ist u.a. die Bemessung des Arbeitslosengeldanspruches der Klägerin ab dem 01. Mai 2005 Thema gewesen; Einzelheiten des Gesprächs sind jedoch zwischen den Beteiligten streitig.

Am 14. April 2005 gab die Klägerin bei der Beklagten die Arbeitsbescheinigung vom 29. März 2005, aus der der 30. April 2005 als der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses hervorging, und den von ihr ausgefüllten Arbeitslosengeldantrag ab; dabei wurde die Feststellung des Tages der Arbeitslosmeldung (14. Februar 2005) auf dem Antragsformular ergänzt um die Angabe " mit Wirkung zum 17. KW (1.5.)".

Mit Bescheid vom 09. Mai 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01. Mai 2005 Arbeitslosengeld für die Dauer von 773 Kalendertagen iHv 18,85 EUR täglich. Dabei legte sie die Lohnsteuerklasse IV, den allgemeinen Leistungssatz, ein tägliches Bemessungsentgelt von 42,49 EUR und ein tägliches Leistungsentgelt von 31,41 EUR zugrunde. Bei der Berechnung des täglichen Bemessungsentgelts stellte sie auf das in der Arbeitsbescheinigung vom 29. März 2005 ausgewiesene beitragspflichtige Arbeitsentgelt iHv 15.507,50 EUR im Bemessungszeitraum vom 01. Mai 2004 bis zum 30. April 2005 ab und dividierte diesen Betrag durch die Zahl der Kalendertage (365), in denen es erzielt wurde. Soweit sie zunächst zudem einen täglichen Anrechnungsbetrag von 9,43 EUR festgesetzt und somit im Ergebnis lediglich einen täglichen Leistungsbetrag von 9,43 EUR verfügt hatte, hat sie von dieser Minderung später Abstand genommen (Änderungsbescheid vom 27. Juni 2005)

Der Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 09. Mai 2005, mit dem die Klägerin höheres Arbeitslosengeld mit dem Argument erstrebte, der Bewilligung sei nach wie vor ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 565,00 EUR zugrunde zu legen, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 03. November 2005). Auf das Bemessungsentgelt, das der Bemessung ihres Anspruchs bis zum 30. April 2002 zugrunde gelegen habe, könne sie sich nicht (mehr) berufen, weil dessen Bezug zum Zeitpunkt der Entstehung ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld (am 01. Mai 2005) mehr als drei Jahre zurückgelegen habe.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Potsdam hat das SG M G als Zeugen zum Inhalt des Beratungsgesprächs vom 10. Februar 2005 vernommen; hinsichtlich des Inhalts der Zeugenaussage wird auf die Anlage I zur Sitzungsniederschrift vom 12. Dezember 2006 Bezug genommen. Im Anschluss hat das SG durch Urteil vom selben Tage die Klage abgewiesen. Auch unter Heranziehung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches sei der erhobene Anspruch nicht gegeben. Insbesondere unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen, sei eine Falschberatung der Klägerin am 10. Februar 2005 nicht zu bejahen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, wobei sie sich zu dessen Begründung weiterhin auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs beruft und in diesem Zusammenhang insbesondere rügt, dass das SG eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen habe. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 09. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. November 2005 zu verurteilen, ihr ab dem 01. Mai 2005 Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgelts von 80,72 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend. Der Anspruch scheitere insbesondere daran, dass sich eine vor dem 01. Mai 2005 liegende Arbeitslosmeldung auch nicht über die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches fingieren lasse.

Der Berichterstatter hat am 18. April 2007 einen Erörterungstermin durchgeführt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, sowie die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§155 Abs. 3, 4 und 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat ab dem 01. Mai 2005 keinen höheren Anspruch auf Arbeitslosengeld als das ihr zugebilligte (18,85 EUR täglich).

Gegenstand (iS von § 95 SGG) der von der Klägerin erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG) ist der Bescheid vom 09. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. November 2005, soweit die Beklagte es darin abgelehnt hat, der Klägerin höheres Arbeitslosengeld zu gewähren. Die Höhe des Arbeitslosengeldanspruchs der Klägerin – dessen Grundlagen zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit sind – richtet sich grundsätzlich nach dem pauschalierten Nettoentgelt (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, welches der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt, § 129 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) idF des Gesetzes vom 16. Februar 2001, BGBl I 266), und zwar nach dem allgemeinen Leistungssatz (60%), wenn - wie hier - kein Kind iS des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 Einkommenssteuergesetzes vorhanden gewesen ist (Nr. 2). Das Leistungsentgelt wird einmalig (außer bei Steuerklassenänderung bzw. -wechsel) nach § 133 Abs. 1 SGB III in der ab dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2848) und des 4. SGB III - Änderungsgesetzes vom 19. November 2004 (BGBl I 2902) festgelegt, in dem als Abzüge vom Bemessungsentgelt eine einheitliche Sozialversicherungspauschale von 21 % und die Steuern vorgesehen sind; deren Höhe ist unmittelbar der Lohnsteuertabelle des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, zu entnehmen (ohne Berücksichtigung von Freibeträgen, die nicht jedem Arbeitnehmer zustehen, und der Kirchensteuer, aber unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags in Höhe von 5,5 % der Lohnsteuer). Das Bemessungsentgelt ist nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der ab dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (aaO) das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Damit wurde die bisherige Orientierung am Wochenprinzip aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, und zwar angleichend an die übrigen Sozialversicherungszweige, auf eine Tagesbetrachtungsweise umgestellt; Arbeitslosengeld wird mithin seither nicht für die Woche, sondern für den Tag berechnet, andererseits jedoch im Monat gleichbleibend für 30 Tage gezahlt (§ 134 SGB III in der ab dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003, aaO). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 SGB III in der seit dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (aaO) die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen (Satz 1). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruches (Satz 2).

Nach Maßgabe dieser Normen ist die Höhe des Arbeitslosengeldanspruchs der Klägerin zutreffend bestimmt worden.

Am 01. Mai 2005 ist ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden, da die im § 118 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB III in der ab dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (aaO) geregelten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren; insbesondere hatte die Klägerin nach den §§ 123, 124 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 4013), die aufgrund der Übergangsregelung des § 434j Abs. 3 SGB III weiterhin Anwendung findet, am 01. Mai 2005 eine neue Anwartschaftszeit erfüllt. Denn am Damit war an Stelle ihres Restanspruchs von 233 Tagen ein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstanden (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), so dass eine Wiederbewilligung dieses Restanspruches nicht mehr möglich war (dieser fand nur noch insoweit Berücksichtigung als er den neu entstanden Arbeitslosengeldanspruch von 18. Monaten (= 540 Tage), dessen Dauer sich gemäß § 434l Abs 1 SGB III noch nach § 127 SGB III idF des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (aa0) richtete, auf 773 Tage aufgestockt hat (§ 127 Abs. 4 SGB III idF des Gesetzes vom 20. Dezember 2001; aaO)). Unter Zugrundelegung der Angaben in der Arbeitsbescheinigung vom 29. März 2005 ist von der Beklagte zutreffend ein Bemessungsentgelt von täglich 42,49 EUR errechnet worden; ausgehend von den weiteren, die Leistungsbemessung bestimmenden Faktoren beträgt die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld damit 18,85 EUR täglich.

Eine gesetzlich normierte Erhöhung des Bemessungsentgelts greift zu Gunsten der Klägerin nicht ein. Hat der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen, ist zwar nach § 133 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung, die aufgrund der Übergangsregelung des § 434j Abs. 3 SGB III weiterhin Anwendung findet, das Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld oder die Arbeitslosenhilfe zuletzt bemessen worden ist. Die Klägerin hat jedoch innerhalb des maßgeblichen Drei-Jahres-Zeitraums vom 30. April 2005 bis zum 01. Mai 2002 weder Arbeitslosengeld noch Arbeitslosenhilfe bezogen, was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist, so dass ein Rückgriff auf das dem früheren Leistungsbezug zugrunde gelegte Bemessungsentgelt von 565,00 EUR, das ohnehin wegen der Umstellung auf das Tagesprinzip auf ein tägliches Bemessungsentgelt von 80,71 EUR (= 565,00 EUR: 7) anzupassen wäre, nicht möglich ist.

Die Klägerin kann auch nicht über die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als habe sie einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld spätestens bis zum 30. April 2005 erworben, weil dies u.a. erfordern würde, den Zeitpunkt, zu dem die Arbeitslosmeldung (§ 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der ab dem 01. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003; aaO) Wirksamkeit entfalten sollte – hier: zum 01. Mai 2005 (§ 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III in der ab dem 01. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003; aaO) wie sich aus den Gesamtumständen eindeutig ergibt – vorzuverlegen.

Ein Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger ein ihm auf Grund Gesetzes oder eines sozialen Rechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft der Beratung (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I)) verletzt hat. Zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretener Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Letztlich muss die Korrektur auch mit dem jeweiligen Gesetzeszweck im Einklang stehen (umfassend zuletzt Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 01. April 2004 – B 7 AL 52/03 R, juris = SozR 4-4300 § 137 Nr. 1).

Dabei kann offen bleiben, ob ein Herstellungsanspruch im vorliegenden Fall bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil ein solcher immer dann nicht in Betracht kommt, wenn die Folgen einer Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers im Gesetz besonders geregelt sind oder jedenfalls vom Gesetzgeber auf andere Weise (Härteklauseln, Wiedereinsetzungsregeln oder ähnliches) konzeptionell mitbedacht sind (BSG Urteil vom 15. Dezember 1994 – 4 RA 64/93, juris RdNr 18 = SozR 3-2600 § 58 Nr. 2 S 4 mwN) Eine solche Situation könnte hier gegeben sein, weil für die Bejahung eines Herstellungsanspruchs u.a. erforderlich wäre, den Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung vorzuverlegen, und in § 122 Abs. 3 SGB III (in der mit Wirkung vom 01. Mai 2004 geltenden Fassung des Gesetztes vom 23. April 2004 (BGBl I 604)) eine Rückwirkung der Arbeitslosmeldung gesetzlich nur für den Ausnahmefall normiert ist, dass die zuständige Agentur für Arbeit an einem Tag nicht dienstbereit war (mit diesem Argument einen Herstellungsanspruch verneinend: Steinmeyer in Gagel, SGB III, RdNr 62 zu § 122; vgl. auch Urteil vom 7. September 2000 – B 7 AL 2/00 R, juris RdNr 17 = SozR 3-4300 § 122 Nr 1 S 3 f mwN)

Denn über eine fehlende Arbeitslosmeldung zu einem früheren Zeitpunkt hilft der sozialrechtliche Herstellungsanspruch wegen deren spezifischer Funktion ohnedies nicht hinweg, die darin liegt, das Vermittlungs- und Leistungsverfahren auszulösen. Liegt keine wirksame Meldung vor, kann die Beklagte mangels Kenntnis ihre vorrangige Aufgabe, den Arbeitslosen rasch zu vermitteln (§ 4 SGB III), nicht erfüllen (BSG Urteil vom 08. Juli 1993 – 7 RAr 80/92, juris RdNr 28 = SozR 3-4100 § 134 Nr 14 S 56 mwN) und eine solche Aufgabenerfüllung (Vermittlung) ist auch nicht mehr mit Wirkung für die Vergangenheit herstell- bzw. ersetzbar (BSG Urteil vom 7. September 2000 – B 7 AL 2/00 R, juris RdNr 17 = SozR 3-4300 § 122 Nr. 1). Etwas anderes gilt freilich für die Antragstellung gemäß § 323 Abs. 1 Satz 2 SGB III. Die Verschiebung bzw. Rücknahme des Antrags ist nach § 323 SGB III mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs möglich, denn § 323 Abs. 1 Satz 2 SGB III ermöglicht es dem Arbeitslosen, bei Arbeitslosmeldung eine "andere Erklärung" hinsichtlich des Beginns der Zahlung abzugeben. Der Arbeitslose kann also mit der Arbeitslosmeldung konkretisieren, zu welchem Zeitpunkt er aus dem Stammrecht Einzelansprüche auf Auszahlung von Arbeitslosengeld realisieren will. Der Antrag als Willenserklärung unterliegt dabei entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten (BSG Urteil vom 05. August 1999 – B 7 AL 38/98 R, juris RdNr 30 = SozR 3-4100 § 110 Nr. 2 Seite 10), denen die Arbeitslosmeldung, bei der es sich um eine reine Tatsachenerklärung handelt (BSG Urteil vom 07. Oktober 2004 – B 11 AL 23/04 R, juris RdNr 13 mwN = SozR 4-4300 § 122 Nr. 2 ) gerade nicht zugänglich ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch nichts Anderes aus dem Urteil des BSG vom 08. Februar 2007 (B 7a AL 22/06 R, juris = SozR 4-4300 § 324 Nr. 3), weil sich das BSG in dieser Entscheidung überhaupt nicht mit einer verspäteten Arbeitslosmeldung, sondern mit den Folgen eines verspätetet gestellten Antrags auf Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer (§ 421j SGB III) befasst hat.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des Herstellungsanspruches ist, jede denkbare soziale Härte auszugleichen, wenn diese Härte außerhalb des rechtlichen "Herstellungszusammenhangs" liegt.

Da der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nicht über die Grundsätze des Herstellungsanspruchs vorverlagert werden kann, ist es nicht entscheidungserheblich, ob der Zeuge G die Klägerin am 10. Februar 2005 falsch beraten hat, weswegen offen bleiben kann, ob dessen Aussage vom SG einer zutreffenden Würdigung unterzogen worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn 2 und 3 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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