L 13 SF 161/07 SB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 40 SB 1474/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SF 161/07 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Es wird festgestellt, dass für den vorliegenden Rechtsstreit das Sozialgericht Berlin durch Verweisung zuständig geworden ist.

Gründe:

I. Die zum Zeitpunkt der Klageerhebung in B-R wohnende Klägerin hat sich gegen einen Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg vom 6. März 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg vom 28. Mai 2004 gewandt, mit dem der Grad der Behinderung (GdB) von 100 auf 80 herabgesetzt worden war. Im Mai 2006 ist die Klägerin nach Berlin verzogen. Das Landesamt für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg hat darauf hingewiesen, dass sich durch den Wohnsitzwechsel die Zuständigkeit der Versorgungsbehörde geändert habe. Passiv legitimiert sei nunmehr das Land Berlin. Das Sozialgericht Potsdam hat das Rubrum dahingehend geändert, dass neuer Beklagter das Land Berlin sei, und die Beteiligten zu einer beabsichtigten Verweisung an das örtlich zuständige Sozialgericht Berlin angehört. Durch Beschluss vom 15. März 2007 hat das Sozialgericht Potsdam sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtstreit an das Sozialgericht Berlin verwiesen. Aus dem Beteiligtenwechsel auf Beklagtenseite folge eine Klageänderung, aufgrund derer auch die örtliche Zuständigkeit neu zu prüfen sei. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2004 (B 7 SF 20/04 S) habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die bisherige Rechtsprechung des BSG, wonach sich die Zuständigkeit bei einem Wohnsitzwechsel grundsätzlich nicht ändern solle, nach der Neufassung des § 3 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Das Sozialgericht Berlin hat sich nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 4. Juli 2007 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtstreit dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zur Bestimmung des zuständigen Gerichts innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit vorgelegt. Zur Begründung hat es dargelegt, der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam sei wegen eines schwerwiegenden Mangels nicht bindend. Zwar sei ein Verweisungsbeschluss wegen örtlicher Unzuständigkeit grundsätzlich auch dann gemäß § 98 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 17 a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) bindend, wenn die Verweisung prozessuale oder materielle Vorschriften verletze, weil die Bindungswirkung eine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit von Verweisungsbeschlüssen im Interesse einer möglichst zügigen sachlichen Entscheidung ausschließen solle. Eine Ausnahme bestehe dann, wenn die Verweisung willkürlich sei oder auf einer Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze beruhe. Ein solcher Fall liege hier vor. Aus der mit der Klageerhebung eintretenden Rechtshängigkeit folge die Unerheblichkeit der nachträglichen Veränderung von Umständen, auf denen die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts beruhe. Nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 8. Mai 2007, B 12 SF 3/07 S) liege in aller Regel ein willkürliches, das heiße offensichtlich unhaltbares, unsachliches oder nicht mehr zu rechtfertigendes Verhalten vor, wenn ein Rechtstreit allein mit Blick auf eine Änderung der verwaltungsverfahrensrechtlichen Zuständigkeit des Beklagten an ein anderes, hierdurch angeblich örtlich zuständig gewordenes Sozialgericht verwiesen werde. Die fehlende Willkür folge nicht daraus, dass das Sozialgericht sich auf einen Beschluss des Bundessozialgerichts beziehe, da es in diesem nur um die Folgen des Beklagtenwechsels aufgrund des § 3 KOVVfG gehe, nicht aber um eine geänderte örtliche Zuständigkeit des Gerichts. II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG durch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg liegen vor, nachdem sich sowohl das Sozialgericht Berlin als auch das Sozialgericht Potsdam für örtlich unzuständig erklärt haben.

Zum zuständigen Gericht ist das Sozialgericht Berlin zu bestimmen. Nach § 98 S. 2 SGG i. V. m. § 17 a Abs. 2 S. 3 GVG sind rechtskräftige Verweisungsbeschlüsse für das Gericht bindend, an das der Rechtsstreit verwiesen wird. Dies gilt auch dann, wenn die Verweisung prozessuale oder materielle Vorschriften verletzt.

Ausnahmsweise kommt dem Verweisungsbeschluss dann keine Bindungswirkung zu, wenn die Verweisung auf einer Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze oder einem willkürlichen, d.h. einem offensichtlich unhaltbaren, objektiv unverständlichen, unsachlichen oder nicht mehr zu rechtfertigenden Verhalten beruht (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 2006, B 12 SF 4/06 S).

Diese Voraussetzungen sind noch nicht erfüllt. Da als gesetzliche Grundlage eine Klageänderung wegen eines angeblichen Wechsels des Beklagten angenommen worden ist, ist ein derartiger offensichtlicher Verstoß gegen elementare Verfahrensverstöße nicht gegeben. Auch eine willkürliche Verhaltensweise ist nicht ersichtlich, weil das Sozialgericht Potsdam zum Zeitpunkt des Verweisungsbeschlusses vom 15. März 2007 die nunmehr vom BSG im Beschluss vom 8. Mai 2007 (B 12 SF 3/07 S) aufgestellten Kriterien, nach denen es willkürlich sein soll, wenn ein Rechtstreit allein im Blick auf eine Änderung der verwaltungsrechtlichen Zuständigkeit des Beklagten verwiesen wird, noch nicht kennen konnte.

Für die Auffassung, durch einen Wohnortwechsel komme eine Verweisung in Betracht, hat sich das Sozialgericht Potsdam auf einen Beschluss des BSG vom 25. Oktober 2004 (B 7 SF 20/04 S) bezogen, in dem diese Auffassung jedenfalls als vertretbar angesehen wird. Dass der nunmehr zuständige 12. Senat des BSG dieser Rechtsauffassung nicht folgt, sondern in einer Verweisung ein in aller Regel willkürliches Verhalten sieht, führt nicht dazu, dass dem Verweisungsbeschluss entgegen der gesetzlichen Regelung ausnahmsweise keine Bindungswirkung zukommt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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