L 19 B 16/07 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 122/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 16/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss des Sozialgerichts C vom 11. Oktober 2005 wird geändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz seit 16. Januar 2006 ratenfrei bewilligt. Ihm wird Frau Rechtsanwältin R beigeordnet.

Gründe:

I.

Der 1969 geborene Antragsteller und Kläger beantragte am 16. September 2004 für die Zeit ab 1. Januar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.

Er sei ledig und allein stehend. Er beziehe Arbeitslosenhilfe und Wohngeld. Am 27. September 2004 nahm der Kläger eine Beschäftigung beim Selbsthilfeverein S e. V. auf, weswegen die Arbeitslosenhilfebewilligung aufgehoben wurde. Im Verwaltungsverfahren gelangte eine Einkommensbescheinigung – unter Verwendung des dafür von der Beklagten vorgesehenen Vordrucks - dieses Beschäftigungsträgers vom 14. Dezember 2004 zur Akte. Danach werde die Beschäftigung vom 27. September bis 31. Dezember 2004 ausgeübt (werden). Das Einkommen sei monatlich gleich. Für den Dezember 2004 wurde ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt in Höhe von 950 EUR und ein daraus zu zahlendes Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 752,76 EUR bescheinigt. Die Auszahlung sei jeweils am 20. des Folgemonats fällig. Ferner gelangte eine Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge bezogen auf den November 2004 zur Akte, der zufolge auch die vorgenannten Beträge für den November 2004 zur Abrechnung gekommen waren.

Seit Januar war der Kläger wieder arbeitslos. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2004 erkannte die Agentur für Arbeit C dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Januar 2005 140,04 EUR zu. Für die darauf folgenden Monate der Zeit vom 1. Februar 2005 bis 30. Juli 2005 erkannte sie 685,49 EUR zu. Dabei legte sie auf der Bedarfsseite eine Regelleistung von 331 EUR zugrunde, bei dem zu berücksichtigendem monatlichen Einkommen ging sie von einem Netto-Erwerbseinkommen von 707,43 EUR abzüglich eines Freibetrages von 161,98 Euro aus, woraus sich ein anzusetzendes Erwerbseinkommen von 545,45 Euro ergebe. Mit seinem Widerspruch vom 6. Januar 2005 machte der Kläger geltend, die Höhe der bewilligten Leistungen für Januar 2005 sei nicht hinnehmbar. Für den September 2004 zuviel erhaltene Arbeitslosenhilfe habe er auf den Cent genau zurückzahlen müssen. Die rückwirkende Zahlung sei bei einem normalen Beschäftigungsverhältnis üblich. Somit teile er nicht die Auffassung, dass das erarbeitete Geld aus dem Monat Dezember in die Leistungsberechnung für Januar 2005 einfließen solle. Er werde dafür bestraft, dass er sich über den Selbsthilfeverein S aus eigenem Antrieb und ohne die Hilfe der Arbeitsagentur um eine Eingliederung ins Berufsleben bemüht habe. Einer Rücksprache der Widerspruchsstelle am 22. März 2005 zufolge war die Zahlung für den Monat Dezember 2004 im Januar 2005 erfolgt. In ihrem zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 31. März 2005 führte die Beklagte u. a. aus, § 2 Abs. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) bestimme, dass bei der Berechnung des - anrechenbaren - Einkommens von den Bruttoeinnahmen auszugehen sei. Laufende Einnahmen seien für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-V). Auch unter Berücksichtigung von § 3 der Alg-II-VO seien die danach vorzunehmenden Bereinigungen für das Einkommen bezüglich des Januar 2005 korrekt erfolgt.

Mit seiner am 29. April 2005 beim Sozialgericht C eingehenden Klage hat der Kläger sein Begehren bezüglich des Monats Januar 2005 weiterverfolgt mit dem angekündigten Antrag, ihm - anrechnungsfrei - für diesen Monat Leistungen in Höhe von 685,49 EUR - wie für den Monat Februar 2005 und die Folgemonate geschehen - zu bewilligen. Zugleich hat er für die erste Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin R beantragt.

Der zugrunde gelegte Regelbedarf in Höhe von 331 EUR sei verfassungswidrig niedrig, verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz - GG -, insoweit der Regelbedarf für die Altbundesländer und Berlin höher - auf 345 EUR - monatlich bemessen sei.

Im Übrigen gelte zwar im SGB II das Zuflussprinzip, welches jedoch nicht den Rechtsgrundsätzen der Sozialstaatlichkeit entspreche. Die Anrechnung der Lohnzahlung für Dezember 2004 im Januar 2005 sei rechtsmissbräuchlich. Das Dezembergehalt sei für den Ausgleich von fälligen Forderungen des Dezember 2004 gedacht und genutzt worden. Er sei schlechter gestellt als jene Personen, die in ihren Arbeitsverträgen keinen "Zahlungsaufschub" vereinbart hätten. Dies sei mit dem Gesetz und dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar.

Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werde umgehend nachgereicht.

Mit am 1. Juli 2005 beim Gericht eingehenden Schriftsatz ließ der Kläger vortragen, er sei bis 28. Dezember 2004 Gehaltsempfänger gewesen. Überreicht wurde auch die Abrechnung des Selbsthilfevereins S e. V. vom Dezember 2004. Diese wies ein Bruttoentgelt von 858,06 EUR, dem ein Nettoentgelt von 689,50 EUR entsprach, aus.

Ferner wurde der ausgefüllte Prozesskostenhilfevordruck nebst Belegen überreicht. In dem Vordruck bezüglich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, welcher vom Kläger unter dem 30. April 2005 gezeichnet war, wurde von diesem verneint, dass er aktuell ein Arbeitsentgelt beziehe. Die Arbeitgeberabrechnung bezüglich des Gehalts von Dezember 2004 gelangte zum Sonderheft Prozesskostenhilfe (PKH). In ihrem erwidernden Schriftsatz vom 20. Juli 2005 vertrat die Beklagte die Auffassung, die Auszahlung des Lohnes für Dezember 2004 im Januar 2005 habe zur Einkommensanrechnung im Monat des Zuflusses führen müssen. Auch die Bereinigung sei rechtmäßig erfolgt. Dies ergebe sich aus dem beigefügten Berechnungsbogen. Eine PKH-Bewilligung könne mangels Erfolgsausicht nicht in Betracht kommen.

In dem beigefügten Berechnungsbogen zur Ermittlung des Freibetrages gemäß § 30 SGB II i. V. m. § 3 Nr. 2 Alg II-V und des anzurechnenden Einkommens nach § 11 SGB II ging die Beklagte von einem monatlichen Bruttoeinkommen von 950 Euro und sich einem hieraus ergebenden Nettoeinkommen von 752,76 Euro aus.

Hiergegen hat der Kläger vorgebracht, er rüge ergänzend auch die "Abrechnung, welche die Beklagte bei der Anrechnung des Einkommens" vornehme, als zu gering.

Mit Verfügung vom 28. Juli 2005 hat das Sozialgericht um Mitteilung und Nachweise bezüglich des "derzeitigen Einkommens" gebeten und hierfür eine Frist von vier Wochen gesetzt. Aus der Verwaltungsakte ergab sich dem Gericht, dass der Kläger ab 2. Mai 2005 bei der Firma G, G, Dstraße, ein Bruttoentgelt von ca. 950 Euro, Nettoentgelt ca. 750 Euro monatlich bezog.

An die Erledigung der gerichtlichen Anfrage wollte die Kammervorsitzende mit Verfügung vom 28. August 2005 erinnern. Dafür wurde eine Frist von nochmals drei Wochen gesetzt.

Mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 lehnte das Sozialgericht C den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist habe der Kläger seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht - aktualisiert - glaubhaft gemacht bzw. bestimmte Fragen nicht beantwortet. Die Fachkenntnis seiner Bevollmächtigten müsse er sich zurechnen lassen.

Gegen den ihm 18. Oktober 2005 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 18. November 2005 Beschwerde eingelegt. Diese blieb zunächst unbegründet; das Sozialgericht half ihr nicht ab. Mit am 16. Januar 2006 eingehendem Schriftsatz trug der Kläger vor, eine zulässige Fristsetzung sei nicht erfolgt. Insbesondere sei bis zum Erlass des ablehnenden Beschlusses keine Erinnerung oder Anmahnung mit Fristsetzung erfolgt. In der Tat sei er vom 2. Mai 2005 bis 31. Juli 2005 bei der Firma G beschäftigt gewesen. Ab 1. August 2005 beziehe er indes erneut Leistungen der Grundsicherung. Hierzu überreichte er den Leistungsbescheid vom 24. August 2005 bezüglich des Leistungszeitraums ab 1. September 2005 bis 28. Februar 2006. In diesem waren dem Kläger monatlich 685,54 Euro zuerkannt.

Hilfsweise stelle er erneuten PKH-Antrag.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Aktenzeichen ) sowie die Akten der Hauptsache S 21 AS 122/05 sowie jene des Prozesskostenhilfeverfahrens Bezug genommen.

II.

Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Die Beschwerde gegen PKH-Beschlüsse ist nur dann statthaft, wenn der Wert der Hauptsache den Berufungsbeschwerdewert übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH verneint (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der ab 01. Januar 2002 gültigen Fassung durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 17 a des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001, Bundesgesetzblatt I, S. 1887). Diese Vorschrift findet im Sozialgerichtsgerichtsverfahren über § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG entsprechende Anwendung. Mit der Neufassung soll erreicht werden, dass im Verfahren über die PKH nicht ein weitergehender Instanzenzug zur Verfügung steht als in der zugrunde liegenden Hauptsache. Auch soll der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen begegnet werden, zu denen es kommen könnte, wenn das Beschwerdegericht die Erfolgsaussicht abweichend von dem in der Hauptsache abschließend entscheidenden Gericht des ersten Rechtszuges beurteilt (vgl. Bundestagsdrucksache 14/3750 S. 51).

Vorliegend hat das die PKH ablehnende erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung ausschließlich darauf gestützt, dass der Kläger bezüglich seines Vortrages zu den wirtschaftlichen und persönlichen Voraussetzungen nicht hinreichend mitgewirkt habe. Zur PKH-rechtlichen Erfolgsaussicht bzw. alternativ zur anspruchsausschließenden Mutwilligkeit im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO hat es keine begründende Aussage getroffen. Dies rechtfertigt es, von der Statthaftigkeit der Beschwerde auszugehen, so dass nicht erheblich wird, ob der Wert der Berufungssumme von mehr als 500 Euro gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für eine zweitinstanzliche Überprüfung der Hauptsache erreicht wäre (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 06. September 2005, L 8 AL 1862/05 PKH-B, zitiert nach Juris; Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Beschluss vom 06. Dezember 2005, L 8 B 147/05 AS, zitiert nach Juris). Der Senat ist auch nicht gehindert, das PKH-Gesuch inhaltlich abschließend zu beurteilen: Will das Erstgericht seine ablehnende Entscheidung auf die mangelnde Mitwirkung im Sinne von §118Abs.2 Satz 4 ZPO stützen, muss es die entsprechende Aufforderung und Fristsetzung dem bzw. der Bevollmächtigten zustellen (vgl. Zöller, ZPO, 26.A. 2007 a. a. O. unter Hinweis auf §329 Abs.2 S.3 ZPO). Hieran mangelt es. Es kann daher offen bleiben, ob - bei wirksamer Aufforderung und Fristsetzung - eine Nachholung der Mitwirkung in der Beschwerdeinstanz zulässig wäre oder nur im Rahmen eines Neuantrages gegenüber der ersten Instanz (letzteres bejahend: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Oktober 2003, I – 5 W 49/03, 5 W 49/03, zitiert nach Juris).

Für die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist jedenfalls bezüglich eines der drei geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkte von hinreichender Erfolgsaussicht auszugehen. Im Einzelnen:

Verfassungsrechtliche Bedenken wegen der unterschiedlichen Höhe der Regelleistungen in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) - 345 Euro - einerseits und in den neuen Bundesländern - 331 Euro - andererseits hat die Beschwerde substantiiert nicht dargetan. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BSG, 11 b. Senat, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R, zitiert nach Juris) hat aber plausibel aufgezeigt, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II durch den parlamentarischen Gesetzgeber unmittelbar festgeschriebene Höhe der Regelleistungen im Ausgangspunkt nicht bestehen. Insbesondere ließen sich durchgreifende Bedenken auch im Lichte verschiedener Äußerungen im Schrifttum nicht etwa aus dem Gesetzgebungsverfahren und nicht aus nach dem nachfolgenden Verfahren zur Vorbereitung der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII-Regelsatzverordnung - RSV - herleiten. Das BSG hat insoweit ausdrücklich berücksichtigt, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfes (vgl. BT-Drucksache 15/1516 S. 56) für die Leistungshöhe eine vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobene Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 mit Hochrechnung auf den Stand 1. Juli 2003 maßgebend sein und dass sich die Regelleistung hinsichtlich Höhe und Neubemessung auch an der RSV orientieren sollte (vgl. auch § 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II i. V. m. § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII). Der entscheidende Senat des BSG hat dabei auch berücksichtigt, dass die RSV bis zur Verabschiedung des SGB II durch den Bundestag im Dezember 2003 noch nicht erlassen war und dass erst mit Schreiben der Bundesregierung vom 10. März 2004 der RSV-Entwurf und dessen Begründung dem Bundesrat übermittelt wurde, ferner, dass vor dem Gesetzesbeschluss zum SGB II - lediglich - der Vorentwurf einer RSV vorlag, der im Detail von der späteren RSV vom 3. Juli 2004 (BGBl I S. 1067) abweicht. Da danach der parlamentarische Gesetzgeber auf die sozialempirischen Grundlagen zur Ermittlung der typisierten Bedarfe zurückgegriffen hat, wie sie schon der Sozialhilfe nach dem BSHG zugrunde lagen, gibt es vorderhand keinen Anhalt dafür, dass diese Vorgehensweise eine gebietliche Differenzierung wie vorgenommen etwa auch im Hinblick auf Art. 3 Abs.1 GG nicht trüge.

Insoweit ist im Lichte des nicht näher ausgeführten Beschwerdevorbringens davon auszugehen, dass der Bestimmung der - nach Teilen des Bundesgebiets differenzierten - Regelleistung ausreichende Erfahrungswerte zugrunde liegen und dass der dem Gesetzgeber zuzubilligende Einschätzungsspielraum nicht in unvertretbarer Weise überschritten ist. Die mit Gesetz vom 24. März 2006 (BGBl. I. S.558 ) für die Zeit seit 1. Juli 2006 erfolgte Gleichstellung der neuen Bundesländer in der Bemessung der Regelleistung indiziert für die Zeit seit 1. Januar 2005 jedenfalls per se keine Gleichheitswidrigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung.

Nach § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V vom 20. Oktober 2004, BGBl. I S. 2622) sind einmalige Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies war der Januar 2005. Dieser "Bedarfsmonat" gilt als Anrechnungszeitraum (vgl. dazu auch BSG, Beschluss vom 23. November 2006 – B 11b AS 17/06 B -, zitiert nach Juris). Zutreffend führt selbst die Beschwerde an, dass im Sozialrecht insoweit das Zuflussprinzip normiert ist. Dies folgt dem fürsorgerechtlichen Bedürftigkeitsprinzip und dem Gegenwärtigkeitsprinzip. Nur nach dem aktuellen Bedarf notwendige Mittel sollen zur Finanzierung des soziokulturellen Existenzminimums ausgereicht werden.

Allerdings hätte die Beklagte bei der Ermittlung des Freibetrages gemäß § 30 SGB II i. V. m. § 3 Nr. 2 Alg II-V und des anzurechnenden Einkommens nach § 11 SGB II bezüglich des im Januar 2005 zugeflossenen Arbeitsentgeltes, welches im Dezember 2004 erarbeitet wurde, von den Daten ausgehen müssen, welche der Kläger mit Vorlage der Verdienstbescheinigung für Dezember 2004 zur Akte gereicht hat. Ausgehend von einem danach maßgeblichen Brutto-Entgelt von 858,06 Euro und einem Nettoentgelt von 683,50 Euro ergibt sich nach einer Pauschale für private Versicherungen in Höhe von 30 Euro und einer allgemeinen Werbungskostenpauschale in Höhe von monatlich 15,33 Euro ein bereinigtes Nettoeinkommen von 638,17 Euro. Als einheitlicher Satz gem. §3 Nr. 2 Alg II-VO für die Einkommensaufteilung sind 74,37 % zu Grunde zu legen (Verhältnis von 858,06 EUR zu 638,17 EUR). Bezüglich der "Aufteilung" des Einkommens auf die Stufen des §30 SGBII gilt: 1. Teil bis 400 EUR (15 % vom bereinigten Netto) = "Netto" 297, 48 EUR Freibetrag = 44, 62 EUR 2. Teil zwischen 400 EUR und 900 EUR (30% vom bereinigten Netto), vorliegend 458,76 EUR = "Netto" 341,18 EUR Freibetrag = 102,75 EUR Summe 147,37 EUR

Nach weiterem Abzug dieses "Freibetrages Erwerbseinkommen" in Höhe von 147,37 EUR folgt ein anzurechnendes Einkommen nach § 11 SGB II in Höhe von 490,80 EUR.

Den sich hiernach ergebenden Betrag hätte die Beklagte indes nicht in einer Summe vom Bedarf absetzen dürfen. Denn nach der bis zum 30.September 2005 geltenden Erstfassung der Alg II-V sollten – im Falle einmaligen Zuflusses von Einkommen – Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden, die sich unter Berücksichtung der monatlichen Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und Absetzbeträgen (siehe dazu oben) bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den ermittelten täglichen Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt. Zwar mag der Verordnungsgeber erkannt haben, dass eine Umrechnung auf "ganze Tage" nicht sinnvoll oder praktikabel ist. Die Umstellung auf eine monatsweise Anrechnung kann jedoch frühestens für Zuflüsse ab Oktober 2005 erfolgen (vgl. LSG NRW, Urt. v. 20. Juni 2007 - L12 AS 44/06 -, zitiert nach Juris). Für seine Berechnungsklage war folglich eine hinreichende Aussicht anzunehmen.

Mit der vollständigen Vorlage der begründenden Unterlagen am 16. Januar 2006 kam daher die Bewilligung von PKH in Betracht.

Zu diesem Zeitpunkt bezog der Kläger bereits wieder erneut SGB II-Leistungen, so dass hierauf bezogen ratenfreie Bewilligung vorzunehmen war. Wegen der Berechnung wird auf den beigefügten Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Bezug genommen.

Eine Kostenentscheidung findet nicht statt. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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