L 19 B 27/08 AS NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 66 AS 4451/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 27/08 AS NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 1. Dezember 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Beschwerdeführer geht zu Recht davon aus, dass er den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts nur mittels einer Nichtzulassungsbeschwerde zur Berufungsinstanz anfechten kann. Er begehrt im Verfahren die Zahlung von weiteren 175 Euro für einen Esstisch und zwei - weitere - Sitzgelegenheiten als Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung gemäß § 23 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II -. Wegen des damit 500 Euro nicht übersteigenden Beschwerdegegenstandes bedarf die Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung (Neufassung durch Artikel 5 SGG ArbGG ÄndG vom 26. März 2008 - BGBl. I 444) der - nicht erfolgten - Zulassung durch das Sozialgericht. Gemäß § 145 Abs. 1 SGG kann allerdings die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden. Über sie entscheidet das Landessozialgericht durch Beschluss, dem im Falle der Ablehnung der Beschwerde eine kurze Begründung beigefügt werden soll (§ 145 Abs. 4 SGG).

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil keiner der in § 144 Abs. 2 SGG genannten Zulassungsgründe vorliegt. Da ein Verfahrensmangel nicht gerügt wurde und auch nicht vorgetragen ist, dass die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vorliegen, kommt nur eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache als Zulassungsgrund in Betracht. Dies allein wird vom Antragsteller auch ersichtlich geltend gemacht.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art aufwirft, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt ist und zu erwarten ist, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheitlichkeit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 160 Rdnr. 6a).

Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden, soweit er geltend macht, von grundsätzlicher Bedeutung sei die Klärung der Frage, ob das Rundschreiben I Nr. 38/2004 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz eine Selbstbindung des Beklagten bewirkt habe und dieser dadurch verpflichtet sei, ihm die geltend gemachten Leistungen zu gewähren. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt wurde, wird damit nicht aufgeworfen. Bei dem vom Kläger und Beschwerdeführer angeführten Rundschreiben der Senatsverwaltung handelt es sich um Verwaltungsvorschriften mit Handlungsanweisungen zur Umsetzung gesetzlicher Bestimmungen (vgl. zur so genannten AV-Wohnen LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Dezember 2006 - L 10 B 1098/06 AS ER - zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der Senat folgt der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, die auf Fälle der vorliegenden Art ohne weiteres Übertragbar ist, da sie Rechtsfragen des allgemeinen Verwaltungsrechts betrifft. Danach führen Verwaltungsvorschriften nur zu einer internen Bindung der durch sie angewiesenen nachgeordneten Behörden. Sie können hingegen keine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger entfalten (vgl. beispielsweise Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 19. März 1996 - 1 C 34/93 - zitiert nach juris). Als Ausgangspunkt einer zu einem Anspruch des Bürgers führenden Selbstbindung der Verwaltung kommen Verwaltungsvorschriften nur dort in Betracht, wo die Verwaltung nach der objektiven Rechtsordnung Entscheidungsfreiheit für den Einzelfall hat. Dies ist dann der Fall, wenn ihr durch das objektive Recht die Ermächtigung eingeräumt wird, bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale letztverbindlich nach ihrem Ermessen zu entscheiden. In diesem Bereich dienen Verwaltungsvorschriften unter anderem dem Zweck, bei gleich liegenden Sachverhalten eine gleichmäßige Anwendung des Ermessens sicher zu stellen. Dabei beruht die Selbstbindung der Verwaltung nicht auf einer normativen Allgemeinverbindlichkeit der Verwaltungsvorschriften, die ihnen im Gegensatz zu Gesetz und Rechtsverordnung als Quellen des objektiven Rechts nicht zukommt, sondern auf dem Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetz. Dieser verlangt, dass die Verwaltung ihr Ermessen gleichmäßig ausübt. Daraus folgt letztlich auch ein Anspruch des Bürgers, in seinem Fall nicht ohne sachlichen Grund von der üblichen Ermessenshandhabung abzuweichen.

Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II sind keine Ermessens-, sondern Anspruchsleistungen, d. h. sie werden gewährt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Das Rundschreiben der Senatsverwaltung enthält damit lediglich rechtsauslegende oder norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, die als Grundlage für eine mit Außenwirkung versehene Selbstbindung der Verwaltung nicht in Betracht kommen. Da die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven Rechts anders als die gerade der Verwaltung eingeräumte Befugnis zur Ermessensausübung den Gerichten übertragen ist, steht auch die in Verwaltungsvorschriften enthaltene Rechtsauslegung unter dem Vorbehalt, dass sie die Billigung durch die Rechtsprechung findet. Die Wirkung norminterpretierender Verwaltungsvorschriften bleibt daher auf den internen Bereich der Verwaltung beschränkt mit der Folge, dass ihre Beachtung oder Nichtbeachtung auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines in ihrer Anwendung ergangenen Verwaltungsaktes keinen Einfluss hat (so das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits von dem Beklagten benannten Urteil vom 10. Dezember 1969 VIII C 104.69 - zitiert nach juris). Dieser ist nur dann rechtmäßig, wenn er in Übereinstimmung mit dem objektiven Recht ergeht. Ob er den rechtauslegenden oder norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften entspricht, ist hingegen bedeutungslos, denn im Streitfall ist der von den Gerichten anzulegende verbindliche Beurteilungsmaßstab allein aus dem objektiven Recht zu entnehmen (vgl. Bundesverwaltungsgericht a.a.O.).

Entgegen der Auffassung des Klägers kann eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch nicht damit begründet werden, es sei eine gerichtliche Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes der Erstausstattung erforderlich. Die Erstausstattung erfolgt bedarfsbezogen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles (Wohnungsgröße, besondere Bedarfssituationen, etc.). Der Umfang der von der Beklagten erfolgten und vom Sozialgericht nicht beanstandeten Leistungsbewilligung, die vom Kläger zudem bezüglich der Couch nicht zweckentsprechend verwendet wurde, gibt im Übrigen keinen Anlass, grundsätzliche Erwägungen über den Mindestumfang von Erstausstattungsleistungen anzustellen.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe konnte nicht erfolgen, weil die Beschwerde nach alledem keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat (§ 73 a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung).

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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