L 10 B 184/08 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 75 AS 22415/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 184/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2007 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I. Die Klägerin begehrt in der Hauptsache für den Zeitraum vom 01. Juni 2007 bis zum 30. November 2007 anstelle des nach § 19 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) monatlich bewilligten Betrages von 622,20 EUR die Gewährung von 628,73 EUR (Differenz: 6,53 EUR monatlich). Die Beklagte sei nicht berechtigt, diesen Betrag als Pauschale von den Kosten der Unterkunft im Hinblick darauf abzuziehen, dass Warmwasseraufbereitungskosten bereits mit der Regelleistung abgegolten seien. Das Sozialgericht (SG) hat diese Auffassung im Beschluss vom 14. Dezember 2007 nicht geteilt, mit dem es den Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren, abgelehnt hat. II.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Nachdem das Bundessozialgericht - BSG - in mehreren Urteilen vom 27. Februar 2008 entschieden hat, dass bei einer Regelleistung von 345.- EUR Kosten der Warmwasseraufbereitung im Umfang von 6,22 EUR monatlich von den Kosten für Unterkunft und Heizung abzuziehen sind (BSG - B 14/7b AS 64/06 R; BSG - B 14/7b AS 15/07 R), ist die Klage im Wesentlichen ohne Aussicht auf Erfolg (Bewilligungsvoraussetzung nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)). Mit dem er¬hobenen Anspruch wird die Klägerin deshalb (unter Beachtung der Regelleistungserhöhung zum 01.Juli 2007 und von Rundungsnotwendigkeiten ( vgl Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, § 41 RdNr 15)) nur im Umfang von etwa 0,31 EUR pro Monat, dh in Ansehung des streitigen Zeitraumes iHv insgesamt etwa 1,55 EUR durchdringen (dazu, dass Verwaltungsent¬scheidun¬gen über Folgezeit¬räume nicht nach § 96 Abs 1 SGG in den Rechtstreit einzubeziehen sind, etwa BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R).

Im Hinblick auf diesen geringen Umfang des Teils des Streitgegenstandes, für den Erfolgs¬aussicht besteht, ist PKH nicht zu bewilligen. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 14. Mai 2007 (L 10 B 217/07 AS PKH) zur Gewährung von PKH bei Bagatellstreitwerten Folgendes ausgeführt: "Es bleibt zu überprüfen, ob die begrenzte wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits der Be¬willigung von PKH und der Beiordnung des Prozessbevollmächtigten entgegen¬steht, Die PKH- Bestimmun¬gen in ihrem verfassungsrechtlichen Kontext gebieten es nicht, den Unbemittelten dem wirt¬schaftlich Leistungsfähigen vollständig und in jeder Hinsicht gleich¬zustellen. Das Gericht muss vielmehr erwägen, ob ein Unbemittel¬ter in der Lage des Be¬mittelten vernünftiger¬weise einen Rechtsanwalt mit der Wahr¬nehmung seiner Interessen beauf¬tragen würde (BVerfG - 1. Senat, 3. Kammer, Beschluss vom 20. Juni 2006 – 1 BvR 2673/05 = info also 2006, 279 ff). Damit ist es nicht er¬forder¬lich, den Unbemittelten in den (dem Be¬mittel¬ten eröffneten) Stand zu versetzen, einen An¬walt ohne Beachtung der Relation des Wertes der durchzusetzenden Position zum Kostenrisiko zu beauftragen (vgl BVerfGE 81, 347) Allerdings würde die alleinige Maßstäblichkeit der Höhe des streitigen Betrages eine von der wirtschaftlich rationalen Betrachtungsweise ausgehende Gleichbehandlung nicht gewährleisten, denn es ist nicht vernunftwidrig, die Frage, ob ein Rechtsstreit unter Inkaufnahme eines erhöhten Kosten¬risikos optimal (dh anwaltlich vertreten) geführt werden soll, auf der Grundlage des Umfangs des aus der Vorenthaltung der streitigen Rechtsposition resultierenden Beeinträchtigung zu beurteilen. Diese ist bei wirtschaftlich beengten Verhältnissen bereits dann nicht unerheblich, wenn relativ geringe Beträge "fehlen", dies zumal die als Leistungen der Grundsicherung zugewandten Mittel praktisch weitestgehend gebunden sind und den Berechtigten kaum Dispositionsmöglichkeiten verbleiben."

Daran hält der Senat fest, wobei vorliegend auch bei sehr zurückhaltender Anwendung und ausgehend von einer subjektiven Sicht des Hilfebedürftigen auf seine beschränkten wirtschaft¬lichen Verhältnisse die Geringfügigkeit der Beschwer festzustellen ist, zumal eine Fernwirkung der Entscheidung auf weitere Bewilligungsabschnitte nach der Klärung durch das Bundes¬sozialgericht nicht mehr besteht. Abweichend zum Regelfall führt damit die nur teilweise be¬stehende Erfolgsaussicht nicht zur uneingeschränkten Gewährung von PKH, wie sie regel¬mäßig aus der Abrechnung des Verfahrens nach Rahmengebühren resultiert. Darin liegt indes kein Verstoß gegen Prinzipien oder verfassungsrechtliche Vorgaben der PKH, denn die Ver¬sagung greift nur, wenn die Beschwer des Antragstellers die Ge¬währung nicht rechtfertigt.

Das PKH-Gesuch der Klägerin ist nicht deshalb begründet, weil im Zeitpunkt der Entschei¬dungs¬reife (diese ist gegeben, wenn ein Klagebegehren mit Erfolgsaussicht anhängig gemacht ist, die wirtschaftlichen Voraussetzungen der PKH dargelegt und glaubhaft gemacht worden sind und der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (zum letztgenannten Punkt OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. November 2007, 18 E 1240/07 juris RdNr 11 mwNachw)) der soeben dargelegte Ablehnungsgrund (Bagatellstreit) noch nicht ge¬geben war. Entscheidungsreif im dargelegten Sinne war der Rechtsstreit mit der Klarstellung des Streitgegenstandes (dazu etwa BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 - B 4 RJ 62/02 R = SozR 4-2600 § 237 Nr 2; BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 113/00) im Schriftsatz vom 04. Dezember 2007. Zu diesem Zeitpunkt war Erfolgsaussicht iSv § 114 ZPO, dh eine nicht nur entfernte Chance des Obsiegens bezogen auf den insgesamt streitigen Betrag von 39,18 EUR (6 x 6,53 EUR) nach dem Maßstab, den der Senat dazu regelmäßig anlegt, gegeben, da das BSG noch nicht entschieden hatte und eine zugelassene Revision zu einer die Anrechnung von Warmwasser¬aufbereitungskosten insgesamt ablehnenden Entscheidung (Sächsisches LSG, Urteil vom 29. März 2007 – L 3 AS 101/06, Revisionsverfahren: B 14/11b AS 15/07 R) anhängig war.

Bzgl des Betrages von 39,18 EUR steht ebenfalls deutlich in Frage, dass es sich um einen Bagatellstreitwert im dargelegten Sinne handelt. Zudem kann sehr wohl erwogen werden, das "Risiko", dass eine ungeklärte Rechtsfrage während des PKH¬-Verfahrens (dh bis zu dessen Entscheidung in zweiter Instanz) durch höchstrichterliche Rechtsprechung zu Ungunsten des Antragstellers geklärt wird, diesem als allgemeines Prozessrisiko immer zuzurechnen, indem auf die fehlende Erfolgsaussicht ausgehend von der (geklärten) Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts abgestellt wird (BGH FamRZ 1982, 367; Münchener Kommentar ZPO/Wax § 114 RdNr 153, 157; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl, § 166 RdNr 8). Ob bereits diese Gesichtspunkte eine die Gewährung von PKH ablehnende Entscheidung tragen, muss indes nicht allgemein (etwa auch für Fälle verzögerter Ent¬scheidung, was hier nicht in Frage steht) und muss auch für den vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Die hier gegebene Konstellation ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass keine Gründe formuliert werden können, aus denen ein Schutzbedürfnis der Klägerin bzgl der zeitweilig begründet ge¬wesenen Bewilligungsfähigkeit ihres Gesuchs besteht (dazu und zum Folgenden überzeugend Olbertz in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 166 RdNr 52ff). Die Klägerin macht "in der Angriffsposition" einen Anspruch geltend, der von Beginn an die Klärung offener Rechts¬fragen zu ihren Gunsten voraussetzte. In diesem Fall ist es ihr grundsätzlich zumutbar, zunächst den Ausgang des (nicht kostenpflichtigen) PKH-Verfahrens abzuwarten (zur Frage der Wiedereinsetzungsfähigkeit bei erst später erhobener Klage (die nicht bedingt erhoben werden kann, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03. Januar 2007 – L 5 B 1178/06 AS PKH) BSG SozR 3-1500 § 67 Nr 5; zutreffend demgegenüber wohl OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. März 1999 – 12 E 12427/98, juris, wonach die gerichtskostenfreie Klage im Verfahren ohne Anwaltszwang fristgerecht erhoben werden muss). Geschieht dies nicht (und beruht der Umstand, dass PKH nicht bewilligt wurde nicht auf verzögerter Sachbe¬arbeitung), verbleibt es dabei, dass für das aussichtslose Verfahren keine PKH zu bewilligen ist.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO nicht erstattet.

Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved