L 14 B 668/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 AS 338/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 668/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 3. März 2008 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

Der Beschluss des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden.

Die Bedenken das Sozialgerichts gegen die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides vom 22. Januar 2008, mit dem der Antragsgegner eine Sanktion in Höhe von 30% der Regelleistung für 3 Monate ab 1. Februar 2008 wegen Nichtwahrnehmung eines Termins zur Vorlage von Bewerbungsnachweisen ausgesprochen hat, sind nicht von der Hand zu weisen. Der Sanktionsbescheid wirft der Antragstellerin die Verletzung von Handlungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung vom 27. August 2007 vor, in der sich die Antragstellerin verpflichtet hat, monatlich vier schriftliche Bewerbungen auf konkrete Stellenangebote zu erstellen und dem Antragsgegner darüber Nachweise vorzulegen. Indessen enthält die Eingliederungsvereinbarung keine Verpflichtungen des Antragsgegners, die über das im Gesetz bereits allgemein Festgelegte hinausgingen. Vorgesehen ist lediglich ein Gespräch über berufliche Eingliederung/Entwicklung sowie Unterstützung bei auftretenden Schwierigkeiten und entsprechende Einzelfallhilfe. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs, Zweites Buch – SGB II – soll eine Eingliederungsvereinbarung aber insbesondere bestimmen, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält. Die Verpflichtung zur umfassenden Unterstützung sowie Benennung eines persönlichen Ansprechpartners ist dagegen bereits Gegenstand der Regelung in § 14 SGB II. Dass die abgeschlossene "Eingliederungsvereinbarung" diese Verpflichtungen in rechtlich beachtlicher Form konkretisiert hätte, ist nicht ersichtlich. Es fehlt an der Übernahme einer besonderen Leistungspflicht durch den Antragsgegner. Hinzu kommt, dass nach § 53 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs, Zehntes Buch – SGB X – ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen nur geschlossen werden kann, soweit die Erbringung von Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht – also nicht über Leistungen, auf die bereits ein Rechtsanspruch besteht. Insoweit ist fraglich, ob es sich bei einer Vereinbarung, welche zusätzliche Verpflichtungen lediglich für den Hilfebedürftigen begründet, um eine - wirksame Eingliederungsvereinbarung im Sinne des § 15 SGB II handeln kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 22. Januar 2007 – L 13 AS 4160/06 ER-B -). Liegt aber keine wirksame – Eingliederungsvereinbarung vor, fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage für die Sanktionierung. Die wegen Nichterfüllung der Verpflichtung, Bewerbungen zu schreiben und nachzuweisen angeordnete Sanktion hätte damit keine Grundlage.

Im Übrigen dürfte der Bescheid vom 22. Januar 2008 wegen inhaltlicher Unbestimmtheit rechtswidrig sein. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Für Sanktionsbescheide nach § 31 Abs. 1 SGB II hat die bisherige Rechtsprechung des LSG Berlin-Brandenburg, von der abzuweichen der erkennende Senat keine Veranlassung sieht, die Forderung aufgestellt, dass sich aus dem Verfügungssatz des Absenkungsbescheides der konkrete Betrag ergeben muss, um den die Leistungen gekürzt werden. Denn der Leistungsempfänger müsse sich auf die Höhe der ihm verbleibenden Beträge einstellen können (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2007 – L 26 B 907/07 AS ER - ; Beschluss vom 29. Juni 2007 – L 28 B 889/07 AS ER - ; Beschluss vom 12. Juli 2007 – L 28 B 1087/07 AS ER – ). Diesen Anforderungen genügt der Bescheid vom 22. Januar 2008 nicht. In ihm findet sich kein konkreter Betrag, um den die Leistungen an die Antragstellerin (bzw. an die von ihr vertretene Bedarfsgemeinschaft) in den folgenden drei Monaten ab dem 1. Februar 2008 abgesenkt werden. Die Angabe eines Prozentsatzes genügt nicht, zumal sich die Kürzung nicht durchgängig auf alle bisher (der Bedarfsgemeinschaft insgesamt) gewährten Leistungen erstreckt. Der Bescheid verweist auch nicht auf eine anderweitige (als Anlage beigefügte) Berechnung.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsgegner noch einen "Änderungsbescheid" vom 21. Februar 2008 erlassen hat, der unter Aufhebung des Bescheides vom 10. September 2007 über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. April 2008 neu entscheidet. Dieser Bescheid ist nicht selbst ein wirksamer Sanktionsbescheid, sondern setzt einen solchen voraus.

Die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 22. Januar 2008 rechtfertigen im Wege der Folgenabwägung gemäß § 86b Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG - die Anordnung der Aussetzung der Vollziehung und die Aufhebung der Vollziehung.

Demgemäß war die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG)
Rechtskraft
Aus
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