Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AR 142/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 519/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Kläges gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 21. Januar 2008 wird zurückgewiesen. Kosten dieses Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung), der das Sozialgericht (SG) Cottbus nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG alte Fassung), ist unbegründet. Dem Kläger ist für das Verfahren vor dem SG nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe (PKH) nicht zu gewähren.
Die Gewährung von PKH ist nach den genannten Vorschriften zunächst davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.
Die Auffassung des SG, die Klage habe die notwendigen Erfolgsaussichten nicht, weil sie rechtswirksam bisher nicht erhoben worden sei und ein Antrag auf Bewilligung von PKH die Rechtsbehelfsfrist allein nicht wahre, teilt der Senat zwar so nicht. Der Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten, den er zeitgleich mit dem Prozesskostenhilfeantrag innerhalb der Klagefrist eingereicht hat, ist vorliegend ausdrücklich als Klageentwurf bezeichnet. Es spricht damit alles dafür, dass es sich nicht um eine mit einer Bedingung verbundene (unzulässige) Klageerhebung, sondern tatsächlich lediglich um einen Entwurf handeln soll (zur Abgrenzung vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1990 - 9 B 92.90 -, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 22). Der erst noch beabsichtigten Klage können nicht die hinreichenden Erfolgsaussichten abgesprochen werden, weil die Klagefrist mittlerweile versäumt ist. Denn es ist in Betracht zu ziehen, dass der Kläger nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren erster Instanz fristgerecht einen erfolgreichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen kann.
Das Bundessozialgericht hat sich der ständigen Rechtsprechung aller obersten Gerichtshöfe des Bundes angeschlossen (Urteil vom 13. Oktober 1992 - 4 RA 36/92 - SozR 3-1500 § 67 Nr. 5 m. w. N.), dass einem Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von PKH formgerecht beantragt hat und sich berechtigterweise für "arm" im Sinne des § 114 ZPO halten durfte, Wiedereinsetzung i. S. d. § 67 SGG zu gewähren ist. Er sei bis zur Entscheidung über seinen PKH-Antrag solange als "ohne sein Verschulden an der Einlegung des Rechtsmittels verhindert" anzusehen, als er vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrages aus dem Grunde fehlender Bedürftigkeit rechnen muss. Dies gelte wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der weitgehenden Gleichstellung von bemittelten und unbemittelten Verfahrensbeteiligten unabhängig von der Frage der Erhebung von Gerichtskosten und des Amtsermittlungsgrundsatzes.
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist dieses Ergebnis in neuerer Zeit zwar zunehmend umstritten (vgl. nur Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Februar 2008 - 16 E 1118/06 - einerseits und Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss vom 25. Februar 2008 - 4 PA 390/07 - andererseits; zitiert jeweils nach juris). Für die Prüfung der Erfolgsaussichten im Rahmen des Prozesskostenhilfegesuchs genügt jedoch die Möglichkeit, dass weiterhin auf Grundlage dieser - in der sozialgerichtlichen Praxis nach wie vor herrschenden - Rechtsprechung Wiedereinsetzung zu gewähren wäre.
Gleichwohl fehlt der Klage die notwendige Erfolgsaussicht in der Sache.
Streitig ist der Eintritt einer Sanktion und die Absenkung der Regelleistung um 10 Prozent in der Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 30. September 2007 wegen eines Meldeversäumnisses des Klägers am 29. Mai 2007 (Fall des § 31 Abs. 2 1. Alt Sozialgesetzbuch Zweites Buch [SGB II]). Gegenstand der noch zu erhebenden Klage sind damit neben dem Bescheid vom 19. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2007 auch der Bewilligungsbescheid vom 14. August 2007, soweit er die Höhe der Leistungen für September 2007 betrifft, denn er ist insoweit wohl Gegenstand des Widerspruchsverfahrens wegen der Rechtmäßigkeit der Sanktion geworden (§ 86 SGG).
Zu dem Termin am 29. Mai 2007 hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 14. Mai 2007 (abgesandt am 15. Mai 2007) eingeladen und zugleich auf die Folgen des Nichterscheinens hingewiesen. Diesen Termin hat der Kläger nicht wahrgenommen und hat dazu bei einem Folgegespräch am 14. Juni 2007 erklärt, er habe den Termin versäumt, weil er sich Sorgen um seine Mutter gemacht habe, die einen Herzinfarkt gehabt habe. Die in Neu-Ulm lebende Mutter des Klägers hat schriftlich erklärt, sie habe im Mai wegen eines Notfalls ins Krankenhaus gemusst, so dass der Sohn dringend habe kommen müssen, um Formalitäten zu erledigen.
Dieser Sachverhalt vermag einen wichtigen Grund für das Meldeversäumnis nicht zu begründen, denn es ist nicht ausreichend nachvollziehbar geworden, an welchen Tagen zwischen dem 18. Mai (vermuteter Zugang des Schreibens) und dem 29. Mai 2007 der Kläger nicht erreichbar war und an welchen Tagen genau er für seine Mutter hat Formalitäten erledigen müssen. Die vorgetragene Entschuldigung ist schon deshalb wenig nachvollziehbar, weil ein konkretes Datum der Erkrankung der Mutter und einer Hin- und Herreise nach Neu-Ulm nicht vorgetragen sind. Unklar geblieben ist auch, weshalb der Kläger seine Abwesenheit nicht im Vorhinein entschuldigt hat. Ausreichend Zeit wäre hierfür gewesen, die entsprechende Verpflichtung hätte sich unabhängig von der Meldeaufforderung aus § 7 Abs. 4 a SGB II in Verbindung mit den Vorschriften der Erreichbarkeitsanordnung ergeben.
Da die Sanktion nicht auf das Versäumen eines Folgetermins am 12. Juni 2007 gestützt ist und die Anhörung nachgeholt worden ist, ist unerheblich, weshalb der Kläger diesem Termin ferngeblieben ist.
Es handelt sich schließlich zwar um ein einmaliges Versäumnis. Dem trägt das Gesetz jedoch bereits dadurch Rechnung, dass es bei Verstößen gegen Meldepflichten - anders als etwa bei Ablehnung von Arbeitsangeboten oder Verstößen gegen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nach § 31 Abs. 1 SGB II - eine Absenkung von lediglich 10 Prozent vorsieht. Der gegenüber den genannten übrigen Verstößen nur abgeschwächte Vorwurf schlägt sich unmittelbar in einer nur geringen Absenkung um lediglich 34,70 Euro pro Monat nieder. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sind damit gewahrt. Auch im Übrigen sind nach summarischer Prüfung keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung), der das Sozialgericht (SG) Cottbus nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG alte Fassung), ist unbegründet. Dem Kläger ist für das Verfahren vor dem SG nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe (PKH) nicht zu gewähren.
Die Gewährung von PKH ist nach den genannten Vorschriften zunächst davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.
Die Auffassung des SG, die Klage habe die notwendigen Erfolgsaussichten nicht, weil sie rechtswirksam bisher nicht erhoben worden sei und ein Antrag auf Bewilligung von PKH die Rechtsbehelfsfrist allein nicht wahre, teilt der Senat zwar so nicht. Der Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten, den er zeitgleich mit dem Prozesskostenhilfeantrag innerhalb der Klagefrist eingereicht hat, ist vorliegend ausdrücklich als Klageentwurf bezeichnet. Es spricht damit alles dafür, dass es sich nicht um eine mit einer Bedingung verbundene (unzulässige) Klageerhebung, sondern tatsächlich lediglich um einen Entwurf handeln soll (zur Abgrenzung vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1990 - 9 B 92.90 -, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 22). Der erst noch beabsichtigten Klage können nicht die hinreichenden Erfolgsaussichten abgesprochen werden, weil die Klagefrist mittlerweile versäumt ist. Denn es ist in Betracht zu ziehen, dass der Kläger nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren erster Instanz fristgerecht einen erfolgreichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen kann.
Das Bundessozialgericht hat sich der ständigen Rechtsprechung aller obersten Gerichtshöfe des Bundes angeschlossen (Urteil vom 13. Oktober 1992 - 4 RA 36/92 - SozR 3-1500 § 67 Nr. 5 m. w. N.), dass einem Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von PKH formgerecht beantragt hat und sich berechtigterweise für "arm" im Sinne des § 114 ZPO halten durfte, Wiedereinsetzung i. S. d. § 67 SGG zu gewähren ist. Er sei bis zur Entscheidung über seinen PKH-Antrag solange als "ohne sein Verschulden an der Einlegung des Rechtsmittels verhindert" anzusehen, als er vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrages aus dem Grunde fehlender Bedürftigkeit rechnen muss. Dies gelte wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der weitgehenden Gleichstellung von bemittelten und unbemittelten Verfahrensbeteiligten unabhängig von der Frage der Erhebung von Gerichtskosten und des Amtsermittlungsgrundsatzes.
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist dieses Ergebnis in neuerer Zeit zwar zunehmend umstritten (vgl. nur Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Februar 2008 - 16 E 1118/06 - einerseits und Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss vom 25. Februar 2008 - 4 PA 390/07 - andererseits; zitiert jeweils nach juris). Für die Prüfung der Erfolgsaussichten im Rahmen des Prozesskostenhilfegesuchs genügt jedoch die Möglichkeit, dass weiterhin auf Grundlage dieser - in der sozialgerichtlichen Praxis nach wie vor herrschenden - Rechtsprechung Wiedereinsetzung zu gewähren wäre.
Gleichwohl fehlt der Klage die notwendige Erfolgsaussicht in der Sache.
Streitig ist der Eintritt einer Sanktion und die Absenkung der Regelleistung um 10 Prozent in der Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 30. September 2007 wegen eines Meldeversäumnisses des Klägers am 29. Mai 2007 (Fall des § 31 Abs. 2 1. Alt Sozialgesetzbuch Zweites Buch [SGB II]). Gegenstand der noch zu erhebenden Klage sind damit neben dem Bescheid vom 19. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2007 auch der Bewilligungsbescheid vom 14. August 2007, soweit er die Höhe der Leistungen für September 2007 betrifft, denn er ist insoweit wohl Gegenstand des Widerspruchsverfahrens wegen der Rechtmäßigkeit der Sanktion geworden (§ 86 SGG).
Zu dem Termin am 29. Mai 2007 hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 14. Mai 2007 (abgesandt am 15. Mai 2007) eingeladen und zugleich auf die Folgen des Nichterscheinens hingewiesen. Diesen Termin hat der Kläger nicht wahrgenommen und hat dazu bei einem Folgegespräch am 14. Juni 2007 erklärt, er habe den Termin versäumt, weil er sich Sorgen um seine Mutter gemacht habe, die einen Herzinfarkt gehabt habe. Die in Neu-Ulm lebende Mutter des Klägers hat schriftlich erklärt, sie habe im Mai wegen eines Notfalls ins Krankenhaus gemusst, so dass der Sohn dringend habe kommen müssen, um Formalitäten zu erledigen.
Dieser Sachverhalt vermag einen wichtigen Grund für das Meldeversäumnis nicht zu begründen, denn es ist nicht ausreichend nachvollziehbar geworden, an welchen Tagen zwischen dem 18. Mai (vermuteter Zugang des Schreibens) und dem 29. Mai 2007 der Kläger nicht erreichbar war und an welchen Tagen genau er für seine Mutter hat Formalitäten erledigen müssen. Die vorgetragene Entschuldigung ist schon deshalb wenig nachvollziehbar, weil ein konkretes Datum der Erkrankung der Mutter und einer Hin- und Herreise nach Neu-Ulm nicht vorgetragen sind. Unklar geblieben ist auch, weshalb der Kläger seine Abwesenheit nicht im Vorhinein entschuldigt hat. Ausreichend Zeit wäre hierfür gewesen, die entsprechende Verpflichtung hätte sich unabhängig von der Meldeaufforderung aus § 7 Abs. 4 a SGB II in Verbindung mit den Vorschriften der Erreichbarkeitsanordnung ergeben.
Da die Sanktion nicht auf das Versäumen eines Folgetermins am 12. Juni 2007 gestützt ist und die Anhörung nachgeholt worden ist, ist unerheblich, weshalb der Kläger diesem Termin ferngeblieben ist.
Es handelt sich schließlich zwar um ein einmaliges Versäumnis. Dem trägt das Gesetz jedoch bereits dadurch Rechnung, dass es bei Verstößen gegen Meldepflichten - anders als etwa bei Ablehnung von Arbeitsangeboten oder Verstößen gegen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nach § 31 Abs. 1 SGB II - eine Absenkung von lediglich 10 Prozent vorsieht. Der gegenüber den genannten übrigen Verstößen nur abgeschwächte Vorwurf schlägt sich unmittelbar in einer nur geringen Absenkung um lediglich 34,70 Euro pro Monat nieder. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sind damit gewahrt. Auch im Übrigen sind nach summarischer Prüfung keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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