Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 9/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 19/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Verletztengeld unter Anerkennung eines Ereignisses vom 17. September 2004 als Arbeitsunfall.
Die Klägerin ist gelernte Zerspanungsmechanikerin und Maschinenbauingenieurin. Seit dem 01. April 1993 ist sie bei den B Wbetrieben (BWB) beschäftigt, zunächst als technische Angestellte, dann als Revisorin in der Innenrevision (IR). Seit dem 17. August 2004 ist sie in der Organisationseinheit (OE) Betriebsbeauftragte und Umweltschutz eingesetzt. Sie leidet unter anderem an einer hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit beiderseits sowie einem beiderseitigen Tinnitus und ist anerkannte Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie dem Merkzeichen "RF" – Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht -.
Am Freitag, den 17. September 2004, erlitt sie nach den Angaben in der Unfallanzeige der BWB vom 19. Juli 2005 einen Nervenzusammenbruch in der Kanzlei ihrer damaligen Rechtsvertreterin Dr. W und stellte sich deswegen in der Rettungsstelle der DRK-Kliniken K vor. Die Klägerin gab hierzu mit Schreiben vom 09. Juli 2005 an, sie sei an diesem Tag mit der Vorbereitung der Übergabe – insbesondere der Datenarchivierung - ihres früheren Arbeitsplatzes als kaufmännisch-technische Revisorin beschäftigt gewesen, nachdem sie einen Monat zuvor kurzfristig in die OE Betriebsbeauftragte und Umweltschutz versetzt worden sei. Die Datenarchivierung habe unter großem zeitlichem Druck stattgefunden, da sie erst gegen 10 Uhr einen entsprechenden Computerarbeitsplatz habe nutzen können und die Übergabe bereits um 15 Uhr habe erfolgen sollen. In der Vergangenheit sei ihr schon die Kündigung angedroht worden und sie habe sich mit Schikanen und Falschbeurteilungen auseinandersetzen müssen. In diesem Zusammenhang habe sie sich an diesem Tag derart unter Druck gesetzt gefühlt, dass sich ihr körperlicher und seelischer Zustand akut verschlechtert habe und Schwindel, Taubheitsgefühl im Kopf, extreme Ohrgeräusche, Magenschmerzen, erhöhte Herzfrequenz und Tränenausbrüche aufgetreten seien. Währenddessen habe sie die Aufforderung erhalten, sich in der Kanzlei ihrer Bevollmächtigten zu melden. Aufgrund ihrer Hörbehinderung und der deswegen bestehenden Unmöglichkeit zu telefonieren, habe sie sich trotz Zeitdrucks schließlich dazu entschlossen, persönlich die Kanzlei gegen 12.30 Uhr aufzusuchen. Dort habe man ihr mitgeteilt, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit der Übergabe bei der IR gerade eine geänderte Variante der Übergabeerklärung bei der Bevollmächtigten eingegangen sei. Damit sei das Zeitlimit für die Archivierung, Protokollierung und Übergabe nicht mehr machbar gewesen. In dieser verzweifelten Situation habe sie einen Nervenzusammenbruch erlitten. Im Gefolge sei sie krank geschrieben gewesen bis einschließlich 19. Juli 2005. Am 23. Oktober 2003 habe sie wegen der belastenden Situation auf der Arbeitsstelle schon einmal einen Nervenzusammenbruch erlitten.
Die Beklagte ermittelte durch Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses sowie einer Auflistung der Arbeitsunfähigkeitszeiten von der Krankenkasse der Klägerin, der TKK. Hieraus ergaben sich unter anderem Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 13. November 2003 bis zum 14. November 2003 wegen "Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet F43.9", vom 20. Februar 2004 bis zum 12. März 2004 wegen "Anpassungsstörungen F43.2" und vom 20. September 2004 bis zum 19. Juli 2005 wegen "Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung F43.8". Außerdem holte die Beklagte eine Stellungnahme des Arbeitgebers der Klägerin vom 15. August 2005 ein, wonach Ursache für den Nervenzusammenbruch die ultimative schriftliche Forderung der BWB vom 16. September 2004 gewesen sei, alle Akten und elektronischen Medien, die sensible Vorgänge der IR betrafen, vier Wochen nach der Umsetzung in die neue Abteilung endgültig zu übergeben und eine Vollständigkeitserklärung abzugeben. Seit dem Jahr 2002 habe es erheblich Schwierigkeiten zwischen der Klägerin und ihrer damaligen Abteilungsleiterin, Frau S-W, gegeben, in deren Zusammenhang sich die Klägerin gemobbt gefühlt habe. Ein arbeitsgerichtliches Verfahren sei vergleichsweise beigelegt worden. Nach einem rechtskräftigen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Berlin vom 04. April 2005 (Az. 86 Ca 23080/04) werde die Klägerin nach Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit in der OE Betriebsbeauftragte und Umweltschutz eingesetzt sowie nach einer aktiven Einarbeitungszeit in dieser Einheit von drei Monaten mit Tätigkeiten nach Vergütungsgruppe IIa BAT betraut und entsprechend vergütet.
Mit Bescheid vom 25. August 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil kein Versicherungsfall vorliege. Die beschriebene Konfliktsituation am Arbeitsplatz sei – selbst wenn es sich um Mobbing gehandelt haben sollte - weder als Arbeitsunfall noch als Berufskrankheit zu qualifizieren. Ein Arbeitsunfall sei ein zeitlich begrenztes von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führe. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, denn es fehle an der so genannten Plötzlichkeit des Ereignisses. Das äußere Ereignis dürfe die Dauer einer Arbeitsschicht nicht überschreiten. Auch wenn es keine eindeutige Definition gebe, werde beim Mobbing doch regelmäßig davon ausgegangen, dass es sich um fortgesetzte, über einen längeren Zeitraum (Orientierung mindestens sechs Monate) andauernde Verhaltensweisen und nicht um alltägliche Konfliktsituationen handele. Somit sei die Anerkennung als Arbeitsunfall ausgeschlossen. Eine Berufskrankheit komme nicht in Betracht, da Voraussetzung wäre, dass die Erkrankungen bzw. die daraus resultierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen in der Anlage der Berufskrankheitenverordnung (BKV) als Berufskrankheit (BK) von Gesetzgeber aufgeführt seien. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe sich nach übereinstimmenden Angaben bereits seit längerer Zeit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt gesehen, was zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt habe. Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls fehle ein plötzliches und besonders hervorstehendes Verhalten. Die Vorgänge am 17. September 2004 seien in Bezug auf den Nervenzusammenbruch als letzte einer Kette von gleichwertigen Ursachen anzusehen. Ohne selbst wesentlich zu sein, stellten diese daher nur den Auslöser dar. Der Nervenzusammenbruch sei auch nicht Folge einer BK, da psychische Belastungen am Arbeitsplatz nicht dem Krankheitsbild und den Umständen der beruflichen Tätigkeit eines Tatbestandes der Anlage zur BKV entsprächen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klägerin die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall, die Feststellung der geklagten Gesundheitsstörungen als Folge des Arbeitsunfalls sowie die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Sie hat eine Kopie des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 04. April 2005 eingereicht.
Das SG hat zunächst die Akte des Arbeitsgerichts Berlin zum Aktenzeichen 86 Ca 23080/04 beigezogen und Kopien hieraus zur Gerichtsakte genommen. Sodann hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08. Januar 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage auf Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall sei unzulässig. Die übrigen Anträge seien zwar zulässig, jedoch unbegründet. Der Begriff des Unfalls sei in § 8 Abs. 1 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) legaldefiniert als ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führe. Die Körperschädigung könne dabei sowohl durch körperlich gegenständliche Einwirkungen als auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum verursacht werden. Der Nervenzusammenbruch der Klägerin stelle den Kulminationspunkt der gesundheitlichen Beeinträchtigungen dar, unter denen sie seit langem infolge der von ihr als belastend empfundenen Differenzen und Auseinandersetzungen mit ihrer Vorgesetzten gelitten habe. Die Vorgänge am Arbeitsplatz am 17. September 2004 seien in Bezug auf den Nervenzusammenbruch als letztes Glied in einer Kette gleichwertiger Ursachen zu sehen und stellten lediglich den Auslöser einer sich seit längerem bei ihr abzeichnenden Entwicklung dar. Ihnen komme somit nicht die Qualität eines plötzlichen, als wesentlich hervorstechenden Ereignisses zu, das es rechtfertigen würde, von einem Unfall im unfallversicherungsrechtlichen Sinne auszugehen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren fort. Zur Begründung trägt sie vor, es sei nicht nachvollziehbar, wie das SG ohne weitere Ermittlungen zu seiner Auffassung gelangt sei. Ergänzend gibt sie zu den Vorgängen am 17. September 2004 an, ihr sei an diesem Tag von der Sekretärin des Personalchefs frühmorgens das Schreiben ihres Arbeitgebers vom 16. September 2004 in ihr Postfach gelegt worden. Der 17. September 2004 sei vollgepackt gewesen mit Terminen. Am Vortag sei die Archivierung geklärt worden. Allerdings sei der dafür vorgesehene Raum, als sie mit der Arbeit habe beginnen wollen, nicht frei gewesen, weshalb sie sich mit einem Kollegen im Bistro in der Betriebsstelle getroffen habe. Beim Verlassen des Bistros sei die Sekretärin gekommen und habe mitgeteilt, dass sie etwas in das Postfach gelegt habe. Bei der Kontrolle des Postfachs habe sie festgestellt, dass dieses Schreiben schon am Vortag von ihrer Anwältin per Fax erhalten habe. Sie habe dann die Archivierung vorbereitet, aber Schwierigkeiten mit der Technik gehabt. Der Datenschutzbeauftragte, der eigentlich habe behilflich sein sollen, sei nicht auffindbar gewesen, die Sekretärin habe sie ebenfalls nicht erreichen können. Dadurch sei sie immer nervöser geworden, die Zeit habe gedrängt und sie habe sich dadurch unter Druck gesetzt gefühlt. Gerade, als sie habe anfangen wollen, die Dateien auf CD zu brennen, sei die Sekretärin hereingekommen und habe ihr einen Zettel mit einer Telefonnotiz überbracht, die lautete: "Rufen Sie Frau Dr. W an. Nachricht von Frau S-W". Erneut habe sie den Datenschutzbeauftragten nicht erreichen können. Sie sei dann in ihr Büro gegangen, habe den PC hochgefahren und ihrer ehemaligen Vorgesetzten Frau S-W um 11.45 Uhr eine Email geschickt mit der Anfrage, warum sie sich bei ihrer Anwältin melden solle. Als keine Antwort von Frau S-W gekommen sei, sei sie kurz entschlossen zu ihrer Rechtsanwältin Dr. W gefahren unter Hinterlassung einer Nachricht für die Sekretärin, die außerdem Zeiterfassungsbeauftragte sei. Die um 11.52 Uhr abgeschickte Email von Frau S-W mit der Antwort "Dies wurde mit Frau Dr. W vereinbart", habe sie erst nach dem Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit in ihrem Email-Postfach gefunden. Sie habe einschließlich Fußweg etwa eine halbe Stunde zu ihrer Anwältin gebraucht und sei dort gegen 12:30 Uhr oder 13:00 Uhr angekommen. Die Rechtsanwältin habe sie bereits erwartet und ihr eine neue Übergabeerklärung von Frau S-W vorgelegt, die per Fax am selben Tag bei der Rechtsanwältin eingegangen sei. Sie könne nicht mehr genau sagen, was anschließend geschehen sei. Sie erinnere sich noch, dass sie zunächst gestanden habe. Die Anwältin habe sie aber hingesetzt und ihren Bekannten angerufen, damit dieser sie in ein Krankenhaus bringe. Sie habe geweint, der Tinnitus sei dekompensiert, Kopfschmerzen seien aufgetreten, ihr sei war schwarz vor den Augen geworden. Über Einzelheiten der Streitigkeiten mit den BWB zur Frage der Übergabe habe sie an diesem Tag nicht mehr mit ihrer Rechtsanwältin gesprochen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Anerkennung des Ereignisses vom 17. September 2004 als Arbeitsunfall zu verurteilen, ihr Verletztengeld bis zum 19. Juli 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat ermittelt durch Einholung von Befundberichten des Psychiaters Dr. E vom 13. Juli 2007 nebst Ergänzung vom 11. September 2007 und des Diplom-Psychologen P vom 26. September 2007. Bei Dr. E befand sich die Klägerin vom 11. Februar 2004 bis zum 19. April 2006 in Behandlung. Im April 2006 bestanden laut dem Bericht unter antidepressiver Therapie und Psychotherapie keine Beschwerden mehr. Als Diagnose wird eine leichte depressive Episode (ICD 10 F32.0) angegeben. Bei dem Diplom-Psychologen P absolvierte die Klägerin im Zeitraum vom 03. März 2004 bis zum 26. April 2006 eine Verhaltenstherapie. Der Bericht nennt die Diagnosen Anpassungsstörung (ICD 10 F43.2) sowie psychologische Faktoren bei Innenohrschwerhörigkeit (ICD 10 F54). Der Senat hat außerdem den Heilverfahrensentlassungsbericht der Klinik S vom 19. Juli 2005 unter anderem mit der Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode ohne somatisches Syndrom (ICD 10 F32.0) sowie die Patientenunterlagen von der MVZ O – Dr. K (vormals Allgemeinmedizinerin Dr. S) einschließlich eines MDK-Gutachtens vom 18. Januar 2005 beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld, denn das Ereignis vom 17. September 2004 stellt – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – keinen Arbeitsunfall dar.
Anspruch auf Verletztengeld besteht gemäß § 45 Abs. 1 SGB VII unter anderem dann, wenn ein Versicherter infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen hatte. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII).
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Der Gesundheitsschaden kann verursacht sein durch körperlich gegenständliche Einwirkungen (z. B. Verletzung beim Aufschlag nach Sturz), aber auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum (vgl. Urteil des BSG vom 08. Dezember 1998 – B 2 U 1/98 R -, veröffentlicht in HVBG-Info 1999, S. 238 ff; BSGE 18, 173, 175 = SozR Nr. 61 zu § 542 RVO a. F.; BSGE 61, 113, 116 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6; Ricke im Kasseler Kommentar Randnr. 20 zu § 8 SGB VII m. w. N.).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einem sachlichen Zusammenhang zwischen der konkreten Verrichtung der Klägerin zum Zeitpunkt des Nervenzusammenbruchs – nämlich dem Aufsuchen der Rechtsanwältin Dr. W und dem Gespräch mit derselben – sowie ihrer versicherten Tätigkeit als Angestellte der BWB in der OE Betriebsbeauftragte und Umweltschutz bzw. ihrer vormaligen Tätigkeit dortselbst als Innenrevisorin.
Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Bei einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII grundsätzlich versicherten Beschäftigten – wie hier der Klägerin - sind Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit und stehen mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang. Der sachliche Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit ist in der Regel unproblematisch zu bejahen, wenn ein Versicherter während der Arbeitszeit und auf der Arbeitsstätte durch eine Tätigkeit zu Schaden kommt, deren Verrichtung Inhalt der versicherten Tätigkeit, insbesondere Inhalt seines Arbeitsvertrags ist (vgl. Schmitt, Kommentar zum SGB VII, 2. Aufl. 2004, Randnr. 14 zu § 2). Dies bedeutet nicht, dass alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen so genannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt (vgl. § 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt. Insbesondere reicht es nicht aus, dass die einzelne Verrichtung losgelöst von den tragenden Umständen dem Unternehmen nützlich ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 26/88 -, SozR 2200 § 548 Reichsversicherungsordnung (RVO) Nr. 96). Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen wie z. B. Essen, oder eigenwirtschaftliche, wie z. B. Einkaufen. Sie führen zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit und damit regelmäßig auch zu einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes.
Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die subjektive Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob der versicherte Arbeitnehmer mit seiner konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine auf seinem Arbeitsvertrag beruhende, dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte (vgl. Urteile des BSG vom 10. Oktober 2006 - B 2 U 20/05 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 19 und vom 04. September 2007 – B 2 U 28/06 R -, zitiert nach juris).
Nach diesen in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Rechtsgrundsätzen lässt sich der für den Versicherungsschutz erforderliche innere Zusammenhang hier nicht ableiten. Die Klägerin befand sich zum Zeitpunkt des Ereignisses in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit den BWB. Im Zuge von Auseinandersetzungen bzw. Konflikten am Arbeitsplatz – von der Klägerin als Mobbing bezeichnet – hatte sie die Rechtsanwältin Dr. W eingeschaltet, die auch im Rahmen der Verhandlungen über die komplette Übergabe der Daten aus der klägerischen Tätigkeit in der IR tätig war. Am 17. September 2004 sollte die Klägerin die Übergabe vorbereiten. Auf eine Telefonnotiz des Inhalts "Rufen sie Frau Dr. W an. Nachricht von Frau S-W" hin verließ die Klägerin – ohne zu wissen, worum es ging - ihren Arbeitsplatz, um Frau Dr. W aufzusuchen und mit dieser zu sprechen. Im Gespräch übergab ihr Frau Dr. W das neue Faxschreiben der BWB und daraufhin kam es zum Nervenzusammenbruch. Hieraus ergibt sich nicht, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Ereignisses eine dem Unternehmen dienende Verrichtung ausführte. Die Klägerin war vielmehr in erster Linie aus privaten Motiven bestrebt, mit ihrer Anwältin Rücksprache zu halten. Frau Dr. W war allein von der Klägerin beauftragt worden und nicht von den BWB, so dass eine Rücksprache mit der Anwältin immer vorrangig dem Auftragsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin zuzuordnen ist und nicht dem Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber, den BWB. Die Telefonnotiz enthielt auch keine Anweisung von Arbeitgeberseite, den Betrieb während der Arbeitszeit zu verlassen, zu Frau Dr. W zu fahren und sich mit dieser zu besprechen. Ungeachtet ihrer Hörstörung hätte die Klägerin, ohne ihren Arbeitsplatz und damit die unmittelbare betriebliche Sphäre zu verlassen, beispielsweise ihrer Anwältin ein Fax oder eine Email schicken bzw. Kollegen bitten können, für sie anzurufen.
Die finale Handlungstendenz der Klägerin ist somit, obgleich die Beauftragung der Anwältin und das Aufsuchen derselben ohne das Beschäftigungsverhältnis wohl nicht denkbar gewesen wären, im Wesentlichen dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. Die Klägerin verfolgte mit dem Aufsuchen der Anwältin eigene Angelegenheiten. Dem Unternehmen dienlich gewesen wäre es hingegen, am Arbeitsplatz zu verbleiben und die Archivierung sowie die Datenübergabe – ohne Bedingungen – durchzuführen, wie vom Arbeitgeber angewiesen.
Diese Beurteilung steht mit dem Schutzzweck der Norm im Einklang, aus dem sich der Versicherungsschutz erschließt. Sie unterliegt der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz reicht (BSGE 38, 127, 129 = SozR 2200 § 548 Nr. 4; BSGE 58 a. a. O.). Nach diesem Beurteilungsmaßstab ist entscheidend auf den Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung abzuheben. Die gesetzliche Unfallversicherung ist darauf angelegt, den Unternehmer von der aus der Betriebstätigkeit erwachsenden Verschuldens- und Gefährdungshaftung zu befreien. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dient der Ablösung von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber. Der Gesetzgeber wollte mit der Schaffung der gesetzlichen Unfallversicherung dem geschädigten Arbeitnehmer zwecks Wahrung des Betriebsfriedens ersparen, den Arbeitgeber zu verklagen. An die Stelle eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches gegen den Arbeitgeber trat ein auf dem Grundsatz der Gefährdungshaftung aufbauender öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger. Dieser hat Leistungen zu erbringen, wenn sich Gefahren konkretisiert haben, die einen wesentlichen Entstehungsgrund in der betrieblichen Sphäre haben (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 26/88 – a. a. O.). Dieser haftungsrechtliche Verantwortungsbereich des Unternehmers findet dort seine Grenze, wo - wie hier - die betriebliche Ebene verlassen und die betriebsbedingten Umstände derart in den Hintergrund treten, dass sie gegenüber den eigenwirtschaftlichen Interessen des Arbeitnehmers rechtlich unwesentlich sind. Im Übrigen ist nicht jegliche Verrichtung, die aus den Pflichten des Arbeitsverhältnisses erwächst, mag sie auch für die Erfüllung desselben unentbehrlich sein, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. So hat beispielsweise das BSG die Meldung bei der Ausländerbehörde als nicht im wesentlichen Interesse des Arbeitgebers und somit nicht als eine dem Unternehmen dienende Verrichtung angesehen, obwohl dieser Erlaubnis für den Ausländer nicht nur Bedeutung für den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zukam, sondern sie auch Voraussetzung für die Arbeitsaufnahme war (BSGE 36, 222, 223 = SozR Nr. 41 zu § 548 RVO). Auch hat das BSG das Besorgen einer Lohnsteuerkarte (BSGE 11, 154, 155) oder eines Krankenscheins außerhalb der Arbeitszeit (BSGE 17, 11, 13 = SozR Nr. 51 zu § 542 RVO) dem unversicherten persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zugerechnet. Ebenso wurde für den an einem arbeitsfreien Sonnabend zurückgelegten Weg zur Kartenausgabestelle, um eine Arbeiterwochenkarte zu erstehen (BSGE 7, 255, 256), oder für den Weg vom Arbeitsgericht, den ein Arbeitnehmer nach Teilnahme an einer durch seine Kündigungsschutzklage veranlassten Güteverhandlung angetreten hatte (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 96), Versicherungsschutz verneint.
Darüber hinaus fehlt es an einem Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Die Definition des Unfalls enthält als wesentliches Merkmal das der zeitlichen Begrenzung. Es dient der Abgrenzung des Unfalls von der Krankheit. Danach erfüllt eine schädigende, auch psychische Einwirkung nur dann den Tatbestand eines Unfalles, wenn sie innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, höchstens innerhalb einer Arbeitsschicht geschehen ist (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 71; Ricke im Kasseler Kommentar Randnr. 23 zu § 8). Die Gesamtheit mehrerer, auf einen längeren Zeitraum verteilter Gewalteinwirkungen ist kein Unfall im rechtlichen Sinne. Schäden durch wiederholte, auf mehrere Arbeitsschichten verteilte Gewalteinwirkungen sind nur dann als Folge eines Unfalls anzusehen, wenn sich eine einzelne Gewalteinwirkung aus der Gesamtheit derart hervorhebt, dass sie nicht nur als die letzte von mehreren für den Erfolg gleichwertigen Gewalteinwirkungen erscheint (Urteile des BSG vom 08. Dezember 1998 – B 2 U 1/98 R – a. a. O. sowie vom 30. Mai 1985 – 2 RU 17/84 -, SozR 2200 § 548 Nr. 71; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 16. August 2001 – L 7 U 18/01 -, Breithaupt 2002, S. 435 ff; Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 03. April 2003 – L 5 U 86/02 -, zitiert nach juris; Keller in Hauck, Kommentar zum SGB VII, Randnr. 12 zu § 8). Andererseits ist sie nur Gelegenheit für die Vollendung, aber nicht eine wesentliche Teilursache des Erfolges (vgl. BSG vom 08. Dezember 1998 a. a. O.).
Anhand dieser Maßgaben ist im vorliegenden Fall nicht davon auszugehen, dass spezielle berufsbedingte psychische Einwirkungen gerade am 17. September 2004 zum Eintritt einer psychischen Gesundheitsstörung geführt haben.
Nach den Angaben der Klägerin und der BWB im Verwaltungsverfahren sowie nach dem Inhalt der Auszüge aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin zum Aktenzeichen 86 Ca 23080/04, dem Inhalt des Heilverfahrensentlassungsberichts der Klinik S vom 19. Juli 2005 und dem MDK-Gutachten vom 18. Januar 2005 bestand jedenfalls seit dem Jahr 2002 aus der Sicht der Klägerin eine belastende Situation am Arbeitsplatz mit Auseinandersetzungen mit der Abteilungsleiterin sowie der stellvertretenden Abteilungsleiterin. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen kam es zu mehrfacher mündlicher und schriftlicher Kritik seitens der Abteilungsleitung und der Personalabteilung sowohl an den Berichten der Klägerin in ihrer Funktion als Revisorin sowie an ihrem Verhalten. Bereits im Jahr 2003 hatten die Schwierigkeiten am Arbeitsplatz einen Grad erreicht, der zur Einschaltung einer Rechtsanwaltskanzlei durch die Klägerin führte. In einem Schreiben des Arbeitgebers vom 23. Oktober 2003 wurde sie für die Tätigkeit einer Revisorin der Vergütungsgruppe III/IIa für ungeeignet gehalten. Am 01. März 2004 wurde ihr schriftlich von der Personalabteilung der Bewährungsaufstieg zum 30. Juli 2004 versagt. Am 17. August 2004 wurde sie umgesetzt aus der OE Innenrevision in die OE Betriebsbeauftragte und Umweltschutz. Am fraglichen 17. September 2004 sollte die endgültige Übergabe sämtlicher Akten und elektronischen Medien mit Daten betreffend die abgeschlossene Tätigkeit als Innenrevisorin erfolgen. Im Rahmen der Übergabe sollte eine Übergabe- und Vollständigkeitserklärung unterzeichnet werden. Im Büro ihrer Rechtsanwältin erhielt sie Kenntnis davon, dass eine geänderte Übergabeerklärung vom Arbeitgeber übersandt worden sei. Deswegen habe die Archivierung nicht abgeschlossen und die Übergabe nicht erfolgen können. Daraufhin habe sie im Büro der Rechtsanwältin einen Nervenzusammenbruch erlebt. Nach ihren eigenen Angaben war es aufgrund der belastenden Situation bereits im Jahr 2003 im Zuge von Auseinandersetzungen über einen von ihr zu erstellenden Bericht zum Revisionsauftrag "Wirksamkeit des Internen Kontrollsystems IKS: Verfahren zur Aktivierung von Gegenständen des Anlagevermögens" zu einem – erneuten - Hörsturz sowie einem – ersten – Zusammenbruch gekommen.
Anhand der Auflistung der Arbeitsunfähigkeitszeiten durch die TKK lässt sich nachvollziehen, dass die Klägerin bereits vor dem fraglichen Ereignis im Gefolge der als psychisch belastend empfundenen Situation am Arbeitsplatz wegen psychischer Beschwerden krank geschrieben war, nämlich vom 13. November 2003 bis zum 14. November 2003 wegen "Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet F43.9" und vom 20. Februar 2004 bis zum 12. März 2004 wegen "Anpassungsstörungen F43.2". Sie befand sich auch schon vor dem 17. September 2004 in fachärztlicher Behandlung bei dem Psychiater Dr. E und machte bereits eine Verhaltenstherapie bei dem Diplom-Psychologen P. Schon im Februar 2004 wurde die Klägerin von Dr. E als depressiv, mit Antriebshemmung, suizidal und verzweifelt bei fraglichem paranoiden Erleben mit Schlafstörungen und Appetitminderung beschrieben. Sowohl Dr. E als auch Herr P vermerken in ihren Berichten eine – letztlich lediglich vorübergehende - Verstärkung der Symptomatik im September 2004. Dr. Eberhardt schildert in seinem Bericht zum Ende der Behandlung im April 2006 eine weitgehende Beschwerdefreiheit unter Behandlung.
Aus dem vorstehenden wird eine lang andauernde Entwicklung am Arbeitsplatz deutlich, die im Jahr 2002 ihren Anfang nahm und mit der Kenntnisnahme von der geänderten Übergabeerklärung ihren – vorläufigen – Endpunkt fand insofern, als danach – erneut - Arbeitsunfähigkeit eintrat, während der Konflikt am Arbeitsplatz anschließend jetzt rein auf arbeitsrechtlicher Ebene bereinigt wurde. Gegenüber den Vorgängen in der Zeit vor dem 17. September 2004 wie z. B. der schriftlichen Niederlegung der angeblichen Ungeeignetheit der Klägerin für die Tätigkeit einer Revisorin oder der Verweigerung des Bewährungsaufstiegs oder der Versetzung am 17. August 2004 war der Empfang der geänderten Übergabeerklärung nicht von solchem Gewicht, dass das den Nervenzusammenbruch auslösende Ereignis als ein in seiner Bedeutung singuläres Geschehen gewertet werden müsste. Entgegen der Vorgaben der Rechtsprechung des BSG handelt es sich nicht um eine einzelne – psychische – Gewalteinwirkung, die sich aus der Gesamtheit derart hervorhebt, dass sie nicht nur als letzte von mehreren für den Erfolg gleichwertige Ursachen erscheint. Sie stellt lediglich im Sinne der Redewendung "den letzten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt" dar und ist als solche bloßer Anlass für den Eintritt eines Gesundheitserstschadens.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Verletztengeld unter Anerkennung eines Ereignisses vom 17. September 2004 als Arbeitsunfall.
Die Klägerin ist gelernte Zerspanungsmechanikerin und Maschinenbauingenieurin. Seit dem 01. April 1993 ist sie bei den B Wbetrieben (BWB) beschäftigt, zunächst als technische Angestellte, dann als Revisorin in der Innenrevision (IR). Seit dem 17. August 2004 ist sie in der Organisationseinheit (OE) Betriebsbeauftragte und Umweltschutz eingesetzt. Sie leidet unter anderem an einer hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit beiderseits sowie einem beiderseitigen Tinnitus und ist anerkannte Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie dem Merkzeichen "RF" – Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht -.
Am Freitag, den 17. September 2004, erlitt sie nach den Angaben in der Unfallanzeige der BWB vom 19. Juli 2005 einen Nervenzusammenbruch in der Kanzlei ihrer damaligen Rechtsvertreterin Dr. W und stellte sich deswegen in der Rettungsstelle der DRK-Kliniken K vor. Die Klägerin gab hierzu mit Schreiben vom 09. Juli 2005 an, sie sei an diesem Tag mit der Vorbereitung der Übergabe – insbesondere der Datenarchivierung - ihres früheren Arbeitsplatzes als kaufmännisch-technische Revisorin beschäftigt gewesen, nachdem sie einen Monat zuvor kurzfristig in die OE Betriebsbeauftragte und Umweltschutz versetzt worden sei. Die Datenarchivierung habe unter großem zeitlichem Druck stattgefunden, da sie erst gegen 10 Uhr einen entsprechenden Computerarbeitsplatz habe nutzen können und die Übergabe bereits um 15 Uhr habe erfolgen sollen. In der Vergangenheit sei ihr schon die Kündigung angedroht worden und sie habe sich mit Schikanen und Falschbeurteilungen auseinandersetzen müssen. In diesem Zusammenhang habe sie sich an diesem Tag derart unter Druck gesetzt gefühlt, dass sich ihr körperlicher und seelischer Zustand akut verschlechtert habe und Schwindel, Taubheitsgefühl im Kopf, extreme Ohrgeräusche, Magenschmerzen, erhöhte Herzfrequenz und Tränenausbrüche aufgetreten seien. Währenddessen habe sie die Aufforderung erhalten, sich in der Kanzlei ihrer Bevollmächtigten zu melden. Aufgrund ihrer Hörbehinderung und der deswegen bestehenden Unmöglichkeit zu telefonieren, habe sie sich trotz Zeitdrucks schließlich dazu entschlossen, persönlich die Kanzlei gegen 12.30 Uhr aufzusuchen. Dort habe man ihr mitgeteilt, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit der Übergabe bei der IR gerade eine geänderte Variante der Übergabeerklärung bei der Bevollmächtigten eingegangen sei. Damit sei das Zeitlimit für die Archivierung, Protokollierung und Übergabe nicht mehr machbar gewesen. In dieser verzweifelten Situation habe sie einen Nervenzusammenbruch erlitten. Im Gefolge sei sie krank geschrieben gewesen bis einschließlich 19. Juli 2005. Am 23. Oktober 2003 habe sie wegen der belastenden Situation auf der Arbeitsstelle schon einmal einen Nervenzusammenbruch erlitten.
Die Beklagte ermittelte durch Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses sowie einer Auflistung der Arbeitsunfähigkeitszeiten von der Krankenkasse der Klägerin, der TKK. Hieraus ergaben sich unter anderem Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 13. November 2003 bis zum 14. November 2003 wegen "Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet F43.9", vom 20. Februar 2004 bis zum 12. März 2004 wegen "Anpassungsstörungen F43.2" und vom 20. September 2004 bis zum 19. Juli 2005 wegen "Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung F43.8". Außerdem holte die Beklagte eine Stellungnahme des Arbeitgebers der Klägerin vom 15. August 2005 ein, wonach Ursache für den Nervenzusammenbruch die ultimative schriftliche Forderung der BWB vom 16. September 2004 gewesen sei, alle Akten und elektronischen Medien, die sensible Vorgänge der IR betrafen, vier Wochen nach der Umsetzung in die neue Abteilung endgültig zu übergeben und eine Vollständigkeitserklärung abzugeben. Seit dem Jahr 2002 habe es erheblich Schwierigkeiten zwischen der Klägerin und ihrer damaligen Abteilungsleiterin, Frau S-W, gegeben, in deren Zusammenhang sich die Klägerin gemobbt gefühlt habe. Ein arbeitsgerichtliches Verfahren sei vergleichsweise beigelegt worden. Nach einem rechtskräftigen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Berlin vom 04. April 2005 (Az. 86 Ca 23080/04) werde die Klägerin nach Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit in der OE Betriebsbeauftragte und Umweltschutz eingesetzt sowie nach einer aktiven Einarbeitungszeit in dieser Einheit von drei Monaten mit Tätigkeiten nach Vergütungsgruppe IIa BAT betraut und entsprechend vergütet.
Mit Bescheid vom 25. August 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil kein Versicherungsfall vorliege. Die beschriebene Konfliktsituation am Arbeitsplatz sei – selbst wenn es sich um Mobbing gehandelt haben sollte - weder als Arbeitsunfall noch als Berufskrankheit zu qualifizieren. Ein Arbeitsunfall sei ein zeitlich begrenztes von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führe. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, denn es fehle an der so genannten Plötzlichkeit des Ereignisses. Das äußere Ereignis dürfe die Dauer einer Arbeitsschicht nicht überschreiten. Auch wenn es keine eindeutige Definition gebe, werde beim Mobbing doch regelmäßig davon ausgegangen, dass es sich um fortgesetzte, über einen längeren Zeitraum (Orientierung mindestens sechs Monate) andauernde Verhaltensweisen und nicht um alltägliche Konfliktsituationen handele. Somit sei die Anerkennung als Arbeitsunfall ausgeschlossen. Eine Berufskrankheit komme nicht in Betracht, da Voraussetzung wäre, dass die Erkrankungen bzw. die daraus resultierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen in der Anlage der Berufskrankheitenverordnung (BKV) als Berufskrankheit (BK) von Gesetzgeber aufgeführt seien. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe sich nach übereinstimmenden Angaben bereits seit längerer Zeit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt gesehen, was zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt habe. Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls fehle ein plötzliches und besonders hervorstehendes Verhalten. Die Vorgänge am 17. September 2004 seien in Bezug auf den Nervenzusammenbruch als letzte einer Kette von gleichwertigen Ursachen anzusehen. Ohne selbst wesentlich zu sein, stellten diese daher nur den Auslöser dar. Der Nervenzusammenbruch sei auch nicht Folge einer BK, da psychische Belastungen am Arbeitsplatz nicht dem Krankheitsbild und den Umständen der beruflichen Tätigkeit eines Tatbestandes der Anlage zur BKV entsprächen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klägerin die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall, die Feststellung der geklagten Gesundheitsstörungen als Folge des Arbeitsunfalls sowie die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Sie hat eine Kopie des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 04. April 2005 eingereicht.
Das SG hat zunächst die Akte des Arbeitsgerichts Berlin zum Aktenzeichen 86 Ca 23080/04 beigezogen und Kopien hieraus zur Gerichtsakte genommen. Sodann hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08. Januar 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage auf Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall sei unzulässig. Die übrigen Anträge seien zwar zulässig, jedoch unbegründet. Der Begriff des Unfalls sei in § 8 Abs. 1 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) legaldefiniert als ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führe. Die Körperschädigung könne dabei sowohl durch körperlich gegenständliche Einwirkungen als auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum verursacht werden. Der Nervenzusammenbruch der Klägerin stelle den Kulminationspunkt der gesundheitlichen Beeinträchtigungen dar, unter denen sie seit langem infolge der von ihr als belastend empfundenen Differenzen und Auseinandersetzungen mit ihrer Vorgesetzten gelitten habe. Die Vorgänge am Arbeitsplatz am 17. September 2004 seien in Bezug auf den Nervenzusammenbruch als letztes Glied in einer Kette gleichwertiger Ursachen zu sehen und stellten lediglich den Auslöser einer sich seit längerem bei ihr abzeichnenden Entwicklung dar. Ihnen komme somit nicht die Qualität eines plötzlichen, als wesentlich hervorstechenden Ereignisses zu, das es rechtfertigen würde, von einem Unfall im unfallversicherungsrechtlichen Sinne auszugehen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren fort. Zur Begründung trägt sie vor, es sei nicht nachvollziehbar, wie das SG ohne weitere Ermittlungen zu seiner Auffassung gelangt sei. Ergänzend gibt sie zu den Vorgängen am 17. September 2004 an, ihr sei an diesem Tag von der Sekretärin des Personalchefs frühmorgens das Schreiben ihres Arbeitgebers vom 16. September 2004 in ihr Postfach gelegt worden. Der 17. September 2004 sei vollgepackt gewesen mit Terminen. Am Vortag sei die Archivierung geklärt worden. Allerdings sei der dafür vorgesehene Raum, als sie mit der Arbeit habe beginnen wollen, nicht frei gewesen, weshalb sie sich mit einem Kollegen im Bistro in der Betriebsstelle getroffen habe. Beim Verlassen des Bistros sei die Sekretärin gekommen und habe mitgeteilt, dass sie etwas in das Postfach gelegt habe. Bei der Kontrolle des Postfachs habe sie festgestellt, dass dieses Schreiben schon am Vortag von ihrer Anwältin per Fax erhalten habe. Sie habe dann die Archivierung vorbereitet, aber Schwierigkeiten mit der Technik gehabt. Der Datenschutzbeauftragte, der eigentlich habe behilflich sein sollen, sei nicht auffindbar gewesen, die Sekretärin habe sie ebenfalls nicht erreichen können. Dadurch sei sie immer nervöser geworden, die Zeit habe gedrängt und sie habe sich dadurch unter Druck gesetzt gefühlt. Gerade, als sie habe anfangen wollen, die Dateien auf CD zu brennen, sei die Sekretärin hereingekommen und habe ihr einen Zettel mit einer Telefonnotiz überbracht, die lautete: "Rufen Sie Frau Dr. W an. Nachricht von Frau S-W". Erneut habe sie den Datenschutzbeauftragten nicht erreichen können. Sie sei dann in ihr Büro gegangen, habe den PC hochgefahren und ihrer ehemaligen Vorgesetzten Frau S-W um 11.45 Uhr eine Email geschickt mit der Anfrage, warum sie sich bei ihrer Anwältin melden solle. Als keine Antwort von Frau S-W gekommen sei, sei sie kurz entschlossen zu ihrer Rechtsanwältin Dr. W gefahren unter Hinterlassung einer Nachricht für die Sekretärin, die außerdem Zeiterfassungsbeauftragte sei. Die um 11.52 Uhr abgeschickte Email von Frau S-W mit der Antwort "Dies wurde mit Frau Dr. W vereinbart", habe sie erst nach dem Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit in ihrem Email-Postfach gefunden. Sie habe einschließlich Fußweg etwa eine halbe Stunde zu ihrer Anwältin gebraucht und sei dort gegen 12:30 Uhr oder 13:00 Uhr angekommen. Die Rechtsanwältin habe sie bereits erwartet und ihr eine neue Übergabeerklärung von Frau S-W vorgelegt, die per Fax am selben Tag bei der Rechtsanwältin eingegangen sei. Sie könne nicht mehr genau sagen, was anschließend geschehen sei. Sie erinnere sich noch, dass sie zunächst gestanden habe. Die Anwältin habe sie aber hingesetzt und ihren Bekannten angerufen, damit dieser sie in ein Krankenhaus bringe. Sie habe geweint, der Tinnitus sei dekompensiert, Kopfschmerzen seien aufgetreten, ihr sei war schwarz vor den Augen geworden. Über Einzelheiten der Streitigkeiten mit den BWB zur Frage der Übergabe habe sie an diesem Tag nicht mehr mit ihrer Rechtsanwältin gesprochen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Anerkennung des Ereignisses vom 17. September 2004 als Arbeitsunfall zu verurteilen, ihr Verletztengeld bis zum 19. Juli 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat ermittelt durch Einholung von Befundberichten des Psychiaters Dr. E vom 13. Juli 2007 nebst Ergänzung vom 11. September 2007 und des Diplom-Psychologen P vom 26. September 2007. Bei Dr. E befand sich die Klägerin vom 11. Februar 2004 bis zum 19. April 2006 in Behandlung. Im April 2006 bestanden laut dem Bericht unter antidepressiver Therapie und Psychotherapie keine Beschwerden mehr. Als Diagnose wird eine leichte depressive Episode (ICD 10 F32.0) angegeben. Bei dem Diplom-Psychologen P absolvierte die Klägerin im Zeitraum vom 03. März 2004 bis zum 26. April 2006 eine Verhaltenstherapie. Der Bericht nennt die Diagnosen Anpassungsstörung (ICD 10 F43.2) sowie psychologische Faktoren bei Innenohrschwerhörigkeit (ICD 10 F54). Der Senat hat außerdem den Heilverfahrensentlassungsbericht der Klinik S vom 19. Juli 2005 unter anderem mit der Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode ohne somatisches Syndrom (ICD 10 F32.0) sowie die Patientenunterlagen von der MVZ O – Dr. K (vormals Allgemeinmedizinerin Dr. S) einschließlich eines MDK-Gutachtens vom 18. Januar 2005 beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld, denn das Ereignis vom 17. September 2004 stellt – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – keinen Arbeitsunfall dar.
Anspruch auf Verletztengeld besteht gemäß § 45 Abs. 1 SGB VII unter anderem dann, wenn ein Versicherter infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen hatte. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII).
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Der Gesundheitsschaden kann verursacht sein durch körperlich gegenständliche Einwirkungen (z. B. Verletzung beim Aufschlag nach Sturz), aber auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum (vgl. Urteil des BSG vom 08. Dezember 1998 – B 2 U 1/98 R -, veröffentlicht in HVBG-Info 1999, S. 238 ff; BSGE 18, 173, 175 = SozR Nr. 61 zu § 542 RVO a. F.; BSGE 61, 113, 116 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6; Ricke im Kasseler Kommentar Randnr. 20 zu § 8 SGB VII m. w. N.).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einem sachlichen Zusammenhang zwischen der konkreten Verrichtung der Klägerin zum Zeitpunkt des Nervenzusammenbruchs – nämlich dem Aufsuchen der Rechtsanwältin Dr. W und dem Gespräch mit derselben – sowie ihrer versicherten Tätigkeit als Angestellte der BWB in der OE Betriebsbeauftragte und Umweltschutz bzw. ihrer vormaligen Tätigkeit dortselbst als Innenrevisorin.
Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Bei einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII grundsätzlich versicherten Beschäftigten – wie hier der Klägerin - sind Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit und stehen mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang. Der sachliche Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit ist in der Regel unproblematisch zu bejahen, wenn ein Versicherter während der Arbeitszeit und auf der Arbeitsstätte durch eine Tätigkeit zu Schaden kommt, deren Verrichtung Inhalt der versicherten Tätigkeit, insbesondere Inhalt seines Arbeitsvertrags ist (vgl. Schmitt, Kommentar zum SGB VII, 2. Aufl. 2004, Randnr. 14 zu § 2). Dies bedeutet nicht, dass alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen so genannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt (vgl. § 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt. Insbesondere reicht es nicht aus, dass die einzelne Verrichtung losgelöst von den tragenden Umständen dem Unternehmen nützlich ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 26/88 -, SozR 2200 § 548 Reichsversicherungsordnung (RVO) Nr. 96). Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen wie z. B. Essen, oder eigenwirtschaftliche, wie z. B. Einkaufen. Sie führen zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit und damit regelmäßig auch zu einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes.
Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die subjektive Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob der versicherte Arbeitnehmer mit seiner konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine auf seinem Arbeitsvertrag beruhende, dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte (vgl. Urteile des BSG vom 10. Oktober 2006 - B 2 U 20/05 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 19 und vom 04. September 2007 – B 2 U 28/06 R -, zitiert nach juris).
Nach diesen in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Rechtsgrundsätzen lässt sich der für den Versicherungsschutz erforderliche innere Zusammenhang hier nicht ableiten. Die Klägerin befand sich zum Zeitpunkt des Ereignisses in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit den BWB. Im Zuge von Auseinandersetzungen bzw. Konflikten am Arbeitsplatz – von der Klägerin als Mobbing bezeichnet – hatte sie die Rechtsanwältin Dr. W eingeschaltet, die auch im Rahmen der Verhandlungen über die komplette Übergabe der Daten aus der klägerischen Tätigkeit in der IR tätig war. Am 17. September 2004 sollte die Klägerin die Übergabe vorbereiten. Auf eine Telefonnotiz des Inhalts "Rufen sie Frau Dr. W an. Nachricht von Frau S-W" hin verließ die Klägerin – ohne zu wissen, worum es ging - ihren Arbeitsplatz, um Frau Dr. W aufzusuchen und mit dieser zu sprechen. Im Gespräch übergab ihr Frau Dr. W das neue Faxschreiben der BWB und daraufhin kam es zum Nervenzusammenbruch. Hieraus ergibt sich nicht, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Ereignisses eine dem Unternehmen dienende Verrichtung ausführte. Die Klägerin war vielmehr in erster Linie aus privaten Motiven bestrebt, mit ihrer Anwältin Rücksprache zu halten. Frau Dr. W war allein von der Klägerin beauftragt worden und nicht von den BWB, so dass eine Rücksprache mit der Anwältin immer vorrangig dem Auftragsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin zuzuordnen ist und nicht dem Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber, den BWB. Die Telefonnotiz enthielt auch keine Anweisung von Arbeitgeberseite, den Betrieb während der Arbeitszeit zu verlassen, zu Frau Dr. W zu fahren und sich mit dieser zu besprechen. Ungeachtet ihrer Hörstörung hätte die Klägerin, ohne ihren Arbeitsplatz und damit die unmittelbare betriebliche Sphäre zu verlassen, beispielsweise ihrer Anwältin ein Fax oder eine Email schicken bzw. Kollegen bitten können, für sie anzurufen.
Die finale Handlungstendenz der Klägerin ist somit, obgleich die Beauftragung der Anwältin und das Aufsuchen derselben ohne das Beschäftigungsverhältnis wohl nicht denkbar gewesen wären, im Wesentlichen dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. Die Klägerin verfolgte mit dem Aufsuchen der Anwältin eigene Angelegenheiten. Dem Unternehmen dienlich gewesen wäre es hingegen, am Arbeitsplatz zu verbleiben und die Archivierung sowie die Datenübergabe – ohne Bedingungen – durchzuführen, wie vom Arbeitgeber angewiesen.
Diese Beurteilung steht mit dem Schutzzweck der Norm im Einklang, aus dem sich der Versicherungsschutz erschließt. Sie unterliegt der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz reicht (BSGE 38, 127, 129 = SozR 2200 § 548 Nr. 4; BSGE 58 a. a. O.). Nach diesem Beurteilungsmaßstab ist entscheidend auf den Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung abzuheben. Die gesetzliche Unfallversicherung ist darauf angelegt, den Unternehmer von der aus der Betriebstätigkeit erwachsenden Verschuldens- und Gefährdungshaftung zu befreien. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dient der Ablösung von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber. Der Gesetzgeber wollte mit der Schaffung der gesetzlichen Unfallversicherung dem geschädigten Arbeitnehmer zwecks Wahrung des Betriebsfriedens ersparen, den Arbeitgeber zu verklagen. An die Stelle eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches gegen den Arbeitgeber trat ein auf dem Grundsatz der Gefährdungshaftung aufbauender öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger. Dieser hat Leistungen zu erbringen, wenn sich Gefahren konkretisiert haben, die einen wesentlichen Entstehungsgrund in der betrieblichen Sphäre haben (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 26/88 – a. a. O.). Dieser haftungsrechtliche Verantwortungsbereich des Unternehmers findet dort seine Grenze, wo - wie hier - die betriebliche Ebene verlassen und die betriebsbedingten Umstände derart in den Hintergrund treten, dass sie gegenüber den eigenwirtschaftlichen Interessen des Arbeitnehmers rechtlich unwesentlich sind. Im Übrigen ist nicht jegliche Verrichtung, die aus den Pflichten des Arbeitsverhältnisses erwächst, mag sie auch für die Erfüllung desselben unentbehrlich sein, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. So hat beispielsweise das BSG die Meldung bei der Ausländerbehörde als nicht im wesentlichen Interesse des Arbeitgebers und somit nicht als eine dem Unternehmen dienende Verrichtung angesehen, obwohl dieser Erlaubnis für den Ausländer nicht nur Bedeutung für den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zukam, sondern sie auch Voraussetzung für die Arbeitsaufnahme war (BSGE 36, 222, 223 = SozR Nr. 41 zu § 548 RVO). Auch hat das BSG das Besorgen einer Lohnsteuerkarte (BSGE 11, 154, 155) oder eines Krankenscheins außerhalb der Arbeitszeit (BSGE 17, 11, 13 = SozR Nr. 51 zu § 542 RVO) dem unversicherten persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zugerechnet. Ebenso wurde für den an einem arbeitsfreien Sonnabend zurückgelegten Weg zur Kartenausgabestelle, um eine Arbeiterwochenkarte zu erstehen (BSGE 7, 255, 256), oder für den Weg vom Arbeitsgericht, den ein Arbeitnehmer nach Teilnahme an einer durch seine Kündigungsschutzklage veranlassten Güteverhandlung angetreten hatte (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 96), Versicherungsschutz verneint.
Darüber hinaus fehlt es an einem Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Die Definition des Unfalls enthält als wesentliches Merkmal das der zeitlichen Begrenzung. Es dient der Abgrenzung des Unfalls von der Krankheit. Danach erfüllt eine schädigende, auch psychische Einwirkung nur dann den Tatbestand eines Unfalles, wenn sie innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, höchstens innerhalb einer Arbeitsschicht geschehen ist (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 71; Ricke im Kasseler Kommentar Randnr. 23 zu § 8). Die Gesamtheit mehrerer, auf einen längeren Zeitraum verteilter Gewalteinwirkungen ist kein Unfall im rechtlichen Sinne. Schäden durch wiederholte, auf mehrere Arbeitsschichten verteilte Gewalteinwirkungen sind nur dann als Folge eines Unfalls anzusehen, wenn sich eine einzelne Gewalteinwirkung aus der Gesamtheit derart hervorhebt, dass sie nicht nur als die letzte von mehreren für den Erfolg gleichwertigen Gewalteinwirkungen erscheint (Urteile des BSG vom 08. Dezember 1998 – B 2 U 1/98 R – a. a. O. sowie vom 30. Mai 1985 – 2 RU 17/84 -, SozR 2200 § 548 Nr. 71; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 16. August 2001 – L 7 U 18/01 -, Breithaupt 2002, S. 435 ff; Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 03. April 2003 – L 5 U 86/02 -, zitiert nach juris; Keller in Hauck, Kommentar zum SGB VII, Randnr. 12 zu § 8). Andererseits ist sie nur Gelegenheit für die Vollendung, aber nicht eine wesentliche Teilursache des Erfolges (vgl. BSG vom 08. Dezember 1998 a. a. O.).
Anhand dieser Maßgaben ist im vorliegenden Fall nicht davon auszugehen, dass spezielle berufsbedingte psychische Einwirkungen gerade am 17. September 2004 zum Eintritt einer psychischen Gesundheitsstörung geführt haben.
Nach den Angaben der Klägerin und der BWB im Verwaltungsverfahren sowie nach dem Inhalt der Auszüge aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin zum Aktenzeichen 86 Ca 23080/04, dem Inhalt des Heilverfahrensentlassungsberichts der Klinik S vom 19. Juli 2005 und dem MDK-Gutachten vom 18. Januar 2005 bestand jedenfalls seit dem Jahr 2002 aus der Sicht der Klägerin eine belastende Situation am Arbeitsplatz mit Auseinandersetzungen mit der Abteilungsleiterin sowie der stellvertretenden Abteilungsleiterin. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen kam es zu mehrfacher mündlicher und schriftlicher Kritik seitens der Abteilungsleitung und der Personalabteilung sowohl an den Berichten der Klägerin in ihrer Funktion als Revisorin sowie an ihrem Verhalten. Bereits im Jahr 2003 hatten die Schwierigkeiten am Arbeitsplatz einen Grad erreicht, der zur Einschaltung einer Rechtsanwaltskanzlei durch die Klägerin führte. In einem Schreiben des Arbeitgebers vom 23. Oktober 2003 wurde sie für die Tätigkeit einer Revisorin der Vergütungsgruppe III/IIa für ungeeignet gehalten. Am 01. März 2004 wurde ihr schriftlich von der Personalabteilung der Bewährungsaufstieg zum 30. Juli 2004 versagt. Am 17. August 2004 wurde sie umgesetzt aus der OE Innenrevision in die OE Betriebsbeauftragte und Umweltschutz. Am fraglichen 17. September 2004 sollte die endgültige Übergabe sämtlicher Akten und elektronischen Medien mit Daten betreffend die abgeschlossene Tätigkeit als Innenrevisorin erfolgen. Im Rahmen der Übergabe sollte eine Übergabe- und Vollständigkeitserklärung unterzeichnet werden. Im Büro ihrer Rechtsanwältin erhielt sie Kenntnis davon, dass eine geänderte Übergabeerklärung vom Arbeitgeber übersandt worden sei. Deswegen habe die Archivierung nicht abgeschlossen und die Übergabe nicht erfolgen können. Daraufhin habe sie im Büro der Rechtsanwältin einen Nervenzusammenbruch erlebt. Nach ihren eigenen Angaben war es aufgrund der belastenden Situation bereits im Jahr 2003 im Zuge von Auseinandersetzungen über einen von ihr zu erstellenden Bericht zum Revisionsauftrag "Wirksamkeit des Internen Kontrollsystems IKS: Verfahren zur Aktivierung von Gegenständen des Anlagevermögens" zu einem – erneuten - Hörsturz sowie einem – ersten – Zusammenbruch gekommen.
Anhand der Auflistung der Arbeitsunfähigkeitszeiten durch die TKK lässt sich nachvollziehen, dass die Klägerin bereits vor dem fraglichen Ereignis im Gefolge der als psychisch belastend empfundenen Situation am Arbeitsplatz wegen psychischer Beschwerden krank geschrieben war, nämlich vom 13. November 2003 bis zum 14. November 2003 wegen "Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet F43.9" und vom 20. Februar 2004 bis zum 12. März 2004 wegen "Anpassungsstörungen F43.2". Sie befand sich auch schon vor dem 17. September 2004 in fachärztlicher Behandlung bei dem Psychiater Dr. E und machte bereits eine Verhaltenstherapie bei dem Diplom-Psychologen P. Schon im Februar 2004 wurde die Klägerin von Dr. E als depressiv, mit Antriebshemmung, suizidal und verzweifelt bei fraglichem paranoiden Erleben mit Schlafstörungen und Appetitminderung beschrieben. Sowohl Dr. E als auch Herr P vermerken in ihren Berichten eine – letztlich lediglich vorübergehende - Verstärkung der Symptomatik im September 2004. Dr. Eberhardt schildert in seinem Bericht zum Ende der Behandlung im April 2006 eine weitgehende Beschwerdefreiheit unter Behandlung.
Aus dem vorstehenden wird eine lang andauernde Entwicklung am Arbeitsplatz deutlich, die im Jahr 2002 ihren Anfang nahm und mit der Kenntnisnahme von der geänderten Übergabeerklärung ihren – vorläufigen – Endpunkt fand insofern, als danach – erneut - Arbeitsunfähigkeit eintrat, während der Konflikt am Arbeitsplatz anschließend jetzt rein auf arbeitsrechtlicher Ebene bereinigt wurde. Gegenüber den Vorgängen in der Zeit vor dem 17. September 2004 wie z. B. der schriftlichen Niederlegung der angeblichen Ungeeignetheit der Klägerin für die Tätigkeit einer Revisorin oder der Verweigerung des Bewährungsaufstiegs oder der Versetzung am 17. August 2004 war der Empfang der geänderten Übergabeerklärung nicht von solchem Gewicht, dass das den Nervenzusammenbruch auslösende Ereignis als ein in seiner Bedeutung singuläres Geschehen gewertet werden müsste. Entgegen der Vorgaben der Rechtsprechung des BSG handelt es sich nicht um eine einzelne – psychische – Gewalteinwirkung, die sich aus der Gesamtheit derart hervorhebt, dass sie nicht nur als letzte von mehreren für den Erfolg gleichwertige Ursachen erscheint. Sie stellt lediglich im Sinne der Redewendung "den letzten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt" dar und ist als solche bloßer Anlass für den Eintritt eines Gesundheitserstschadens.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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